L 5 KR 1773/15 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 892/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 1773/15 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 07.04.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Übernahme der Fahrkosten von seinem Wohnort in N. nach M. zur Durchführung von Krankenbehandlung im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes.

Der 1941 geborene Antragsteller leidet unter einer Polymyositis. Er bedarf regelmäßiger (stationärer) Behandlungen zur intravenösen Verabreichung von Immunglobulinen in achtwöchigen Abständen.

Am 15.11.2013 beantragte er bei der Antragsgegnerin die Übernahme der Fahrkosten zur Durchführung einer Behandlung im F.-B.-I. in M ... Dort war er seit 2008 bis zuletzt im April 2013 (19. Behandlungszyklus der Immunglobulingabe im März 2013) in Behandlung.

Zur Begründung seines Antrags führte der Antragsteller aus, er habe sich wegen seiner Erkrankung ab dem 20. Behandlungszyklus in den Zeiträumen vom 22.05.2013 bis 28.05.2013, vom 17.07.2013 bis 22.07.2013 und vom 26.09.2013 bis 01.10.2013 stationär im Universitätsklinikum in F. behandeln lassen. Er fühle sich in der Uniklinik F. organisatorisch und medizinisch nicht gut aufgehoben. Die Klinik habe in seinem Krankenzimmer nicht über die für ihn erforderliche Behindertentoilette bzw. Toilettenerhöhung verfügt. Das erforderliche Medikament habe die Klinik nicht vorrätig gehabt. Die Beschaffung habe fast zwei Tage gedauert. Beim zweiten stationären Aufenthalt sei ihm aus organisatorischen Gründen ein anderes Immunglobulin infundiert worden, das jedoch nicht die erhoffte Verbesserung gebracht, sondern starke Kopfschmerzen und wochenlang nächtliche Schweißausbrüche hervorgerufen habe. Nach drei stationären Aufenthalten solle die nächste Behandlung ambulant durchgeführt werden.

Mit weiterem Schreiben vom 15.11.2013 trug er vor, die ambulante Behandlung sei am 14.11.2013 erfolgt. Er sei morgens um 7:00 Uhr von zuhause abgeholt worden, weil er um 8:00 Uhr in der Klinik einbestellt gewesen sei. Die Behandlung habe jedoch erst um 10:15 Uhr begonnen. Weil eine behindertengerechte Toilette nicht vorhanden sei, habe man ihm mitgeteilt, dass er erforderlichenfalls mit einer Urinflasche versorgt werde und die Notdurft im Behandlungsraum verrichten müsse. Da bei ihm nach ca. fünfstündiger Behandlung im Sitzen Schmerzen im Rücken- und Gesäßbereich aufgetreten seien, habe er um eine Liege gebeten. Obwohl mehrere Liegen vorhanden gewesen seien, sei ihm die Benutzung mit der Begründung verweigert worden, diese gehörten zur Ambulanz und nicht zur Tagesklinik. Er empfinde diesen Umgang als unwürdig. Er werde weitere Termine dort nicht wahrnehmen, sondern wolle ab Januar 2014 wieder nach M. zur Behandlung fahren.

Nach Einholung einer Stellungnahme des MDK, nach der als nächst erreichbare geeignete Behandlungsstelle die Universitätsklinik F. anzusehen sei und die Behandlung in jeder internistischen Klinik durchgeführt werden könne, lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 21.11.2013 die Genehmigung zur Übernahme der Fahrkosten nach M. mit der Begründung ab, Fahrkosten könnten nur bis zu nächsterreichbaren Behandlungsstätte übernommen werden.

Der Antragsteller machte mit Schreiben vom 28.09.2014 geltend, er habe versucht, die Infusionstherapie wohnortnah durchzuführen. Sowohl die neurologische Universitätsklinik F. als auch die H. Klinik in M. seien aber nicht in der Lage, eine adäquate stationäre oder teilstationäre Versorgung seiner Erkrankung zu gewährleisten. Teils sei keine fristgerechte Lieferung der Immunglobuline erfolgt, es sei eine vollstationäre Versorgung durch die Universitätsklinik F. abgelehnt worden, ihm sei kein Pflegehilfsmittel bereitgestellt worden und beide Krankenhäuser seien nicht in der Lage, eine adäquate pflegerische Versorgung über die Dauer der Infusion sicherzustellen. Seit dem 06.02.2014, wo eine letzte Infusion in der H. Klinik in N. durchgeführt worden sei, habe er keine Immunglobuline mehr erhalten. Sein Zustand habe sich seither massiv verschlechtert. Er habe deshalb einen Termin im F.-B.-I. in M. für den 29.10.2014, um in stationärer Behandlung die notwendigen Therapieeinstellungen vorzunehmen.

Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 08.10.2014 mit, aus seinem ergänzenden Schreiben hätten sich keine neuen medizinischen Anknüpfungspunkte für eine Kostenübernahme der Fahrtkosten nach M. ergeben. Sie verwies auf die Ausführungen im Bescheid vom 21.11.2013.

Am 15.10.2014 erhob der Antragsteller Widerspruch gegen die Ablehnung der Kostenübernahme. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2015 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück. Die Krankenkasse übernehme nur die aus medizinisch zwingenden Gründen notwendigen Fahrkosten. Notwendig seien in der Regel aber nur die Fahrten auf dem direkten Weg zwischen dem jeweiligen Aufenthaltsort des Versicherten und der nächsterreichbaren Behandlungsstelle. Nach dem Ergebnis der Stellungnahme des MDK sei M. nicht die nächsterreichbare geeignete Behandlungsmöglichkeit, sondern das Universitätsklinikum F.

Der Antragsteller erhob am 23.02.2015 Klage zum Sozialgericht Freiburg (S 11 KR 771/15) und beantragte am 02.03.2015 die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Zur Begründung seines Antrags machte er geltend, es bestünden zwingende Gründe, die Behandlung in M. durchzuführen, weil in F. eine ausreichende Versorgung nicht möglich sei. Das F.-B.-I. des Universitätsklinikums M. sei auf die Behandlung seiner Erkrankung spezialisiert und könne diese aufgrund der besonderen Erfahrung am besten durchführen. Seine Erkrankung habe sich zwischenzeitlich verschlechtert. Diese Verschlechterung sei in der Vergangenheit bei Behandlungen im Umkreis seines Wohnortes nicht rechtzeitig erkannt worden. Er habe die Antragsgegnerin bereits über die mangelhafte medizinische Versorgung im Universitätsklinikum F. unterrichtet. Für die beantragte einstweilige Regelung bestehe auch ein Anordnungsgrund. Der Widerspruch sei mit Widerspruchsbescheid vom 21.01.2015 zurückgewiesen worden. Als nächster Behandlungstermin in M. sei der 22.04.2015 vorgesehen. Deshalb bestehe Eilbedürftigkeit. Ein Abwarten bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren sei unzumutbar, weil er damit über einen relativ langen Zeitraum auf die medizinische Versorgung in M. verzichten müsse.

Das Sozialgericht wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 07.04.2015 ab. Es fehle bereits an der Glaubhaftmachung des erforderlichen Anordnungsgrundes. Das Vorbringen des Antragstellers, die vorläufige Regelung sei geboten, weil er sich ansonsten während der Dauer des Hauptsacheverfahrens nicht in M. behandeln lassen könne, könne nicht überzeugen. Die Übernahme der Kosten der ambulanten oder stationären Behandlung in M. sei zwischen den Beteiligten nicht streitig. Streitig sei lediglich die Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Fahrkosten. Dass es der vorläufigen Übernahme der Fahrkosten bedürfe, weil es ansonsten zu nicht wieder gut zu machenden Nachteilen kommen könne, sei nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsteller habe offensichtlich in der Zwischenzeit die in der Widerspruchsbegründung vom 28.09.2014 angekündigte Behandlung in M. durchgeführt (Befundberichte des F.-B.-I. vom 31.10.2014). Warum ohne die begehrte vorläufige Entscheidung weitere Behandlungstermine in M. nicht möglich sein sollten, ergebe sich aus seinem Vorbringen nicht. Auch das Vorliegen des Anordnungsanspruchs sei nicht glaubhaft gemacht. Nach § 60 Abs. 1 S. 1 SGB V übernehme die Krankenkasse die Kosten für Fahrten einschließlich der Transporte nach § 133 (Fahrkosten), wenn sie im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig seien. Nach § 3 Abs. 2 S. 1 der Krankentransportrichtlinien seien notwendig im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse in der Regel nur die Fahrten auf dem direkten Weg zwischen dem jeweiligen Aufenthaltsort des Versicherten und der nächsterreichbaren geeigneten Behandlungsmöglichkeit. Nach § 76 Abs. 2 SGB V habe ein Versicherter, wenn ohne zwingenden Grund ein anderer als einer der nächsterreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, Einrichtungen oder medizinischen Versorgungszentren in Anspruch genommen werde, die Mehrkosten zu tragen. Ein zwingender Grund bestehe dann, wenn kein nach seinem Teilnahmeprofil geeigneter und leistungsbereiter Behandler in der näheren Umgebung zur Verfügung stehe oder das Vertrauensverhältnis zwischen dem Versicherten und den örtlichen Behandlern tiefgreifend gestört sei, so dass deren Wahl unzumutbar erscheine. Dies sei nach dem Vorbringen zum Antrag nicht glaubhaft gemacht. Aus der vorgelegten Bescheinigung des F.-B.-I. vom 31.10.2014 ergebe sich zwar, dass es beim Antragsteller in der Zwischenzeit zu einer Verschlechterung der klinischen Symptomatik mit weiterem Kraftverlust und Fortschreiten von Paresen gekommen sei, was in den nächst erreichbaren Behandlungseinrichtungen nicht rechtzeitig erkannt worden sei. Auf welchen konkreten Feststellungen diese Aussage bezüglich eines Versagens der nächst erreichbaren Behandlungseinrichtungen beruhe, lasse sich der Bescheinigung jedoch nicht entnehmen. Die letzte Behandlung vor dem Aufsuchen des F.-B.-I. habe in der H. Klinik in N. am 06.02.2014 stattgefunden. Warum es danach zu keinen Folgebehandlungen gekommen ist und ob und inwieweit dies gegebenenfalls den Behandlungseinrichtungen in N. oder F. anzulasten sei, erschließe sich aus dieser Bescheinigung nicht. Die vom Antragsteller vorgelegte Bescheinigung des Hausarztes Dr. R. vom 16.02.2015 enthalte zwar die Aussage, die einzig sinnvolle Therapieweise sei die Behandlung im F.-B.-I. in M., ohne dies aber näher zu begründen.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 08.04.2015 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 06.05.2015 Beschwerde eingelegt. Die notwendige medizinische Versorgung könne an der Uniklinik F. nicht durchgeführt werden. Das F.-B.-I. des Klinikums der Universität M. sei auf die Behandlung seiner Erkrankung seit langem spezialisiert und könne aufgrund seiner Erfahrung die Behandlung am besten durchführen. Sein Gesundheitszustand habe sich mittlerweile verschlechtert, was bei den Behandlungen im Umkreis seines Wohnortes nicht rechtzeitig erkannt worden sei. Er könne sich nicht mehr ohne Rollstuhl fortbewegen. Ohne die Behandlung in M. werde eine weitere Verschlechterung eintreten. Er könne die Fahrtkosten nach M. aufgrund seiner Vermögensverhältnisse, die er im Einzelnen darlegte, nicht selbst finanzieren. Das D. habe die Fahrtkosten auf 800 EUR für die einfache Fahrt veranschlagt. Bis zum 03.11.2014 seien die Kosten für sämtliche Fahrten von der Antragsgegnerin übernommen worden. Er habe im Verlaufe des Verfahrens bereits zwei Termine für eine Behandlung in M. wieder absagen müssen.

Der Antragsteller legte die im Klageverfahren eingeholte Stellungnahme seines Hausarztes Dr. R. vom 04.04.2015 vor, der ausführte, der Antragsteller sei bei ihm seit 2007 in Behandlung. Die Erkrankung verlaufe progredient. Die Mobilität sei im November 2013 noch deutlich besser gewesen. Der Versuch, die Behandlungen von M. nach F. zu verlagern, sei an der Tatsache gescheitert, dass der Antragsteller dort nicht stationär aufgenommen worden sei, sondern die Infusionen lediglich ambulant erhalten habe. Dr. R. berichtet, er habe die unzureichenden Behandlungsbedingungen (keine Liege, Verrichtung der Notdurft hinter einem Paravent) dort reklamiert, was aber mit dem Hinweis auf die allgemeine Raumnot abgetan worden sei. Man habe dem Antragsteller dort keine genügende Beachtung geschenkt. Dieser zähle zu etwa 80 Patienten bundesweit mit der bestehenden speziellen Form der Polymyositis, für die es keine kausale Therapie gebe. Lediglich durch die Infusionen mit Immunglobulinen könne im günstigen Fall eine Verzögerung der Erkrankung bewirkt werden. Das F.-B.-I. in M. sei eines der wenigen Zentren in Deutschland, dass sich der Erforschung und Behandlung dieser Erkrankung verschrieben habe. Der Antragsteller seit deshalb 2008 von der Universitätsklinik in F. an das FBI überwiesen worden. Die Betreuung dort und die Ausstattung seien dort im Vergleich zur Uniklinik F. vorbildlich. Als betreuender Hausarzt habe er dort einen ständigen Ansprechpartner, wohingegen in F. zugesagte Rückrufe meistens nicht erfolgten. Aus hausärztlicher Sicht sei die zukünftige Behandlung in einer Einrichtung, die über das Wissen, den Willen und das Können zu einer medizinisch angemessenen Behandlung habe, dringend notwendig.

Der Antragsteller beantragt - sachdienlich gefasst -,

den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 07.04.2015 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Fahrkosten für die weitere Behandlung im F.-B.-I. in M. zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den Beschluss des Sozialgerichts für zutreffend und verweist auf dessen Entscheidungsgründe sowie auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend führt sie aus, der Antragsteller verfüge über monatliche Einkünfte von 3.700 EUR, so dass es ihm zumutbar sei, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten und vorab die Fahrtkosen selbst zu finanzieren. Zudem sei der Antragsteller am 25.02.2015, am 18.03.2015 sowie am 09.04.2015 wegen der Polymyositis vorstationär in der H.-Klinik M. behandelt worden, so dass eine wohnortnahe Behandlung durchaus möglich sei.

Der Antragsteller legte eine im Klageverfahren eingeholte Stellungnahme von Prof. Dr. W. vom F.-B.-I. vom 22.05.2015 vor. Diese führte aus, der Antragsteller sei dort seit Mai 2008 in zwei bis dreimonatigen Abständen stationär behandelt worden. Es habe lediglich eine ambulante Behandlung stattgefunden. Bei der ersten Immunglobulingabe im Oktober 2008 sei es zu einem schweren anaphylaktischen Schock gekommen. Im weiteren Verlauf der Behandlungen bis zuletzt im März 2013 habe sich die Muskelkraft zwar in Abhängigkeit zur Immunglobulingabe fluktuierend, jedoch nicht wesentlich progredient gezeigt. Abweichend von der Beurteilung des MDK halte sie die Uniklink F. nicht für die nächst erreichbare geeignete Behandlungsstätte, sondern das FBI. Auch wenn die Uniklinik F. ein Krankenhaus der Maximalversorgung sei, bestehe dort nicht die gleiche Expertise für die beim Antragsteller vorliegende seltene Muskelerkrankung. Ein ambulantes Setting komme wegen des bereits einmal aufgetretenen anaphylaktischen Schocks nach Immunglobulingabe nicht in Betracht und sei für den Antragsteller auch absolut ungeeignet, um eine Besserung und Stabilisierung der Symptomatik zu erreichen. Im Rahmen der stationären Therapie werde im FBI neben der Gabe von Immunglobulinen jeweils noch eine ausführliche klinische Verlaufskontrolle sowie Kontrolle von Herz-und Lungenfunktion bei bekannter COPD, neurophysiologische Untersuchungen und Laborkontrollen sowie nächtliche Pulsoxymetrie durchgeführt, die zur Beurteilung des Verlaufs und der Therapieanpassung medizinisch indiziert seien. Des Weiteren könnten die Immunglobuline im stationären Setting über einen längeren Zeitraum in langsamerer Infusionsgeschwindigkeit verabreicht werden, was Nebenwirkungen im Sinne von Kopfschmerzen reduziere.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin, die Gerichtsakten des Sozialgerichts sowie auf die Akten des Beschwerdeverfahrens Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist gem. §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.

Vorläufiger Rechtsschutz ist vorliegend gem. § 86b Abs. 2 SGG statthaft. Danach kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG (Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch oder Anfechtungsklage) nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1, Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2, Regelungsanordnung). Mit der Sicherungsanordnung soll die Rechtsstellung des Antragstellers (vorläufig) gesichert, mit der Regelungsanordnung soll sie (vorläufig) erweitert werden. Voraussetzung ist jeweils die Glaubhaftmachung (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) eines Anordnungsanspruchs und eines Anordnungsgrunds. Unter dem Anordnungsanspruch ist der materielle Anspruch zu verstehen, den der Antragsteller als Kläger im Hauptsacheverfahren geltend macht. Der Anordnungsgrund besteht in der Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung muss gerechtfertigt sein. Daher müssen Gründe vorliegen, aus denen sich ihre besondere Dringlichkeit ergibt.

Bei Auslegung und Anwendung des § 86b Abs. 2 SGG sind das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und die Pflicht zum Schutz betroffener Grundrechte zu beachten, namentlich dann, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Versagung vorläufigen Rechtsschutzes Grundrechte des Antragstellers erheblich, über den Randbereich hinaus und womöglich in nicht wieder gut zu machender Weise verletzen könnte. Ferner darf oder muss das Gericht ggf. auch im Sinne einer Folgenbetrachtung bedenken, zu welchen Konsequenzen für die Beteiligten die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bei späterem Misserfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren einerseits gegenüber der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes bei nachfolgendem Obsiegen in der Hauptsache andererseits führen würde. Schließlich kann im Wege einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nur eine vorläufige Regelung getroffen und dem Antragsteller daher nicht schon in vollem Umfang, und sei es nur für eine vorübergehende Zeit, gewährt werden, was er nur im Hauptsacheverfahren erreichen könnte. Auch in solchen Fällen ist der Erlass einer einstweiliger Anordnung allerdings möglich, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) geboten ist (zu alledem etwa Puttler, in NK-VwGO § 123 Rdnr. 94 ff.; Kopp/Schenke, VwGO § 123 Rdnr.12 ff. m.N. zur Rechtsprechung; auch etwa Senatsbeschluss vom 11.09.2012, - L 5 KR 2797/12 ER-B -).

Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass weder der erforderliche Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht sind, und nimmt auf die Ausführungen in dem Beschluss des Sozialgerichts Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG entsprechend). Im Hinblick auf den Vortrag im Beschwerdeverfahren ist noch Folgendes auszuführen:

Weder aus der Stellungnahme von Dr. R. vom 07.04.2015 noch aus der Stellungnahme von Prof. Dr. W. vom 22.05.2015 ergibt sich, dass die Behandlung im F.-B.-I. aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich ist. Nur in diesem Fall aber sind nach § 60 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V Fahrkosten in eine andere als die nächstgelegene Klinik zu erstatten.

Die Einwendungen von Dr. R. richten sich in erster Linie gegen die Modalitäten der Behandlung an der Uniklinik F., die auch der Antragsteller selbst beanstandet hat. Dr. R. äußert sich aber nicht zu den inzwischen durchgeführten Behandlungen in der wohnortnahen H.-Klinik in M. Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, der Antragsteller sei dort am 25.02.2015, am 18.03.2015 und am 09.04.2015 vorstationär behandelt worden. Der MDK hatte bereits im Verwaltungsverfahren mitgeteilt, dass die erforderliche Infusionsbehandlung in jeder internistischen Klinik durchgeführt werden könne. Weder der Antragsteller noch Dr. R. haben zu den zuletzt dort durchgeführten Behandlungen etwas vorgetragen oder hierzu Beanstandungen erhoben. Insoweit hält der Senat die Fortführung der Behandlung an der H. Klinik in M. bis zur abschließenden Entscheidung im Hauptsacheverfahren für zumutbar.

Aus der Stellungnahme von Prof. Dr. W. ergibt sich ebenfalls nicht, dass die Behandlung im F.-B.-I. zwingend medizinisch erforderlich ist. Die Behandlung mag dort zwar nach den Schilderungen von Prof. Dr. W. - der spezifischen Befassung mit dem Krankheitsbild der Polymyositis entsprechend - besonders umfassend sein. Dass die dort durchgeführten flankierenden Untersuchungen wie die Kontrollen der Herz- und Lungenfunktion, die neurophysiologischen Untersuchungen und Laborkontrollen sowie die Pulsoxymetrie nicht in Wohnortnähe durchgeführt werden können, vermag der Senat nicht zu erkennen. Es handelt sich ersichtlich nicht um besonders außergewöhnliche oder spezifische Untersuchungen, die zwingend nur im F.-B.-I. durchgeführt werden könnten.

In Anbetracht dessen, dass der Antragsteller wiederholt in der H.-Klinik offenbar ohne weitere Beanstandungen behandelt worden ist, kommt es auch nicht darauf an, ob die Umstände der medizinischen Versorgung in der Uniklinik F. die Behandlung für den Antragsteller dort unzumutbar gemacht haben. Ihm steht vielmehr mit der H.-Klinik im M. eine geeignete Behandlungsmöglichkeit wohnortnah zur Verfügung, auf die er auch in Anbetracht der Schwere seiner Erkrankung jedenfalls bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren zumutbar verwiesen werden kann.

Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz konnte deshalb keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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