Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
28
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 28 SF 684/14 E
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Für ein von der Behörde nach Klageerhebung und Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens nachgeholtes Anhörungsverfahren kann eine Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG in der bis 31.7.2013 geltenden Fassung entstehen.
1. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 27.3.2013 wird zurückgewiesen. 2. Der Erinnerungsführer erstattet der Erinnerungsgegnerin die notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen des Erinnerungsverfahrens.
Gründe:
Die Beteiligten streiten im Wege der Erinnerung gemäß § 197 Abs. 2 SGG um die Kostenfestsetzung für ein vorausgegangenes Klageverfahren, genauer gesagt um die Festsetzung einer Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG für ein nach Klageerhebung nachgeholtes Anhörungsverfahren.
I.
1. Im Ausgangsrechtsstreit S 48 AS 5283/10 (vorher S 14 AS 5283/10 bzw. S 46 AS 5283/10) klagte die Erinnerungsgegnerin gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Erinnerungsgegners aus dem Alg-II-Leistungsverhältnis, mit dem dieser rund 1240 EUR von ihr zurückverlangte.
Nach einem Erörterungstermin am 9.11.2011 erfolgte eine mündliche Verhandlung am 11.4.2012, in dem das Klageverfahren zur Nachholung einer für die Aufhebung erforderlichen Anhörung ausgesetzt wurde. Der Erinnerungsgegner holte die Anhörung am 25.4.2012 zur beabsichtigten Aufrechnung und am 8.5.2012 zur Rücknahme und Erstattung über eine Zusendung an den Prozessbevollmächtigten nach und erließ daraufhin einen Änderungsbescheid, der eine andere Rechtsgrundlage auswies, in der Rechtsfolge aber dem ursprünglich angefochtenen Bescheid glich. Der Prozessbevollmächtigte nahm vor der Wiederaufnahme und Fortführung des Klageverfahrens zur Anhörung für die Erinnerungsgegnerin Stellung. In der mündlichen Verhandlung am 4.3.2013 haben sich die Beteiligten dann verglichen; u.a. wurde dabei eine Erstattung von 50% der notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen der Erinnerungsgegnerin vorgesehen.
2. Für das Klageverfahren wurde der Erinnerungsgegnerin Prozesskostenhilfe (PKH) rückwirkend ab Antragstellung vom 3.2.2011 gewährt. Der Prozessbevollmächtigte erhielt nach Festsetzungen vom 15.6.2011 und 9.12.2011 Vorschüsse aus der Staatskasse in Höhe von 186,24 EUR und 149,94 EUR. Nach Antrag auf PKH-Vergütungsfestsetzung vom 18.3.2013 wurde mit Beschluss vom 27.3.2013 die PKH-Vergütung auf weitere 687,22 EUR (vor Abzug der Vorschüsse 1023,40 EUR) rechtskräftig festgesetzt. Dabei wurde eine Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG (in der bis 31.7.2013 geltenden Fassung; im Folgenden: a.F.) von 350 EUR, eine Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG a.F. von 300 EUR und eine Einigungs-/Erledigungsgebühr Nr. 1006,1005 VV RVG a.F. von 190 EUR netto nebst Auslagen und Umsatzsteuer festgesetzt. Auf den Inhalt des Beschlusses vom 27.3.2013 wird verwiesen.
3. Mit weiterem Antrag vom 3.7.2014 auf Kostenfestsetzung gegenüber dem Erinnerungsführer beantragte die Erinnerungsgegnerseite die Festsetzung von 1332,80 EUR. Dabei wurden die im Klageverfahren angefallenen Gebühren und Auslagen erneut – wie gegenüber der Staatskasse festgesetzt – aufgeführt und einbezogen, daneben wurde noch für das "Verfahren über die Anhörung und Neubescheidung gemäß Gerichtsbeschluss vom 11.4.2012" eine Geschäftsgebühr Nr. 2400 a.F. in Höhe von 240 EUR nebst 20 EUR Auslagen und Umsatzsteuer abgerechnet (hierfür insgesamt 309,40 EUR). Der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsgegnerin führte hierzu aus, er sei für die Erinnerungsgegnerin im Verfahren der Anhörung und den Neuerlass des Rückforderungsbescheides tätig gewesen.
Nachdem der Erinnerungsführer die vom Gericht geforderte Stellungnahme zu dem Kostenfestsetzungsantrag nicht vornahm, setzte die Urkundsbeamtin des Gerichts die vom Erinnerungsgegner zu erstattenden Kosten mit Beschluss vom 13.10.2014 auf 154,70 EUR (50% der für das Verwaltungsverfahren geltend gemachten Kosten) fest. Dazu führte der am 14.10.2014 zugestellte Beschluss aus: Auch für diese Gebühren gelte die im Vergleich vereinbarte 50%-Quote. Da der Erinnerungsführer keine Stellung genommen habe, sei im Übrigen der anwaltlichen Bestimmung der Gebühr, die nicht unbillig erscheine, zu folgen.
4. Mit Schriftsatz vom 14.11.2014 legte der Erinnerungsführer hiergegen Erinnerung ein. Damit macht er geltend, die Gebühr Nr. 2400 VV RVG sei zu Unrecht festgesetzt worden. Denn der Klägervertreter sei nicht bereits im Widerspruchsverfahren, sondern erst im Klageverfahren tätig geworden. Soweit es sich bei der nachgeholten Anhörung um ein außerhalb des Klageverfahrens laufendes Verwaltungsverfahren handele, bestünde hierfür gemäß § 63 SGB X keine Kostenerstattungspflicht des Erinnerungsführers. Der Erinnerung stünde auch nicht entgegen, dass sich der Erinnerungsgegner zuvor im Festsetzungsverfahren "aus kapazitativen Gründen" nicht geäußert und der geltend gemachten Geschäftsgebühr nicht entgegengetreten sei.
5. Die Erinnerungsgegnerin ist der Erinnerung über ihren Prozessbevollmächtigten entgegengetreten. Das Verwaltungsverfahren sei nach dem gerichtlichen Aussetzungsbeschluss vom 11.4.2012 erfolgt, hier sei der Prozessbevollmächtigte auch tätig geworden. Der Beklagte habe wegen des Anhörungsmangels eine Neubescheidung vornehmen müssen, die nach § 96 SGG klagegegenständlich geworden sei.
6. Das Gericht hat die Akte des Ausgangsrechtsstreit nebst PKH-Heft und Kostenfestsetzungsheft beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Das Verfahren wurde schriftsätzlich geführt. Das Präsidium des Sozialgerichts Dresden hat dieses und die anderen Kostenerinnerungsverfahren aus der 48. Kammer zum 1.7.2015 der 28. Kammer zur weiteren Bearbeitung zugewiesen, nachdem die Vorsitzende der 48. Kammer das Gericht verließ und die Kammer nicht neu besetzt werden konnte.
II. Die Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der Erinnerungsgegnerin steht die festgesetzte Gebühr Nr. 2400 VV RVG zu.
a) Der Erinnerung steht nicht bereits entgegen, dass sich der Erinnerungsführer im Festsetzungsverfahren zum Kostenfestsetzungsantrag nicht geäußert hat. Zwar wird aus § 14 RVG abgeleitet, dass der Rechtsanwalt ein Bestimmungsrecht bei der Höhe der angemessenen Gebühr haben und ein Ausbleiben der Erwiderung durch den Erstattungspflichtigen dazu führen soll, dass die Höhe der Gebühr in beantragte Höhe festgesetzt wird. Ein solches Bestimmungsrecht des Anwalts gilt aber nur hinsichtlich der Gebührenhöhe, nicht hinsichtlich der Frage, welche Gebühren dem Grunde nach entstanden sind.
b) Die festgesetzte Gebühr nach Nr. 2400 VV RVG ist dem Grunde nach angefallen.
Die Geschäftsgebühren Nr. 2400, 2401 VV RVG in der hier anzuwendenden, bis 31.7.2013 geltenden Fassung entstehen für Verwaltungsverfahren laut Vorbemerkung 2.4. in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren (§ 3 RVG) entstehen. Der abgesenkte Gebührenrahmen der Nr. 2401 VV RVG kommt (insbesondere für das Widerspruchsverfahren) zur Anwendung, wenn bereits eine anwaltliche Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist.
Hier liegt der Fall nicht so, dass erst ein (abzurechnendes) Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren erfolgte, woran sich dann das Klageverfahren anschloss. Die Aussetzung des Klageverfahrens erfolgte wegen eines Anhörungsmangels, der den angefochtenen Bescheid formell rechtswidrig erscheinen ließ und zur Heilung (§ 41 SGB X) die Nachholung der Anhörung in einem eigenständigen Verwaltungsverfahren erforderte, vgl. ständige Rechtsprechung des BSG, Urteile vom 9.11.2010, B 4 AS 37/09 R; vom 7.7.2011, B 14 AS 153/10 R.
Erstattungsfähig im Sinne der Kostengrundentscheidung des Vergleiches vom 4.3.2013, die ersichtlich nach § 193 SGG aufgenommen wurde, ist die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen des Rechtsstreits. Im Rahmen von § 193 SGG ist anerkannt, dass sämtliche zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zählen, also alles, was der Beteiligte aufwenden muss, um den Rechtsstreit zu führen (Leitherer in: Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 193 Rn.4). Dazu zählen hier auch die Kosten des nachgeholten Anhörungsverfahrens, da diese zur weiteren Rechtsverfolgung erforderlich waren. Da die Rechtsgrundlage für die Erstattung hier aus § 193 SGG folgt, kann dem nicht entgegengehalten werden, dass regelmäßig keine Kosten für das Verwaltungsverfahren oder eine isolierte Anhörung von der Behörde zu erstatten sind. Dies mag zwar für den Regelfall des vorprozessualen Verwaltungsverfahrens zutreffen, weil es hierfür keine gesonderte Anspruchsgrundlage gibt und die Kosten eines vorgelagerten Verwaltungsverfahrens nicht auf den Rechtsstreit als solchen bezogen sind (Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 193 Rn. 6), sondern der Rechtsstreit gewissermaßen erst nach der behördlichen Entscheidung beginnt. Hat aber die Behörde in einem ausgesetzten Klageverfahren die nach § 24 SGB X erforderliche Anhörung im Verwaltungsverfahren nachzuholen und wurde ein Rechtsanwalt hier auftragsgemäß tätig, so zählen auch die Kosten dieser anwaltlichen Betätigung im Anhörungs- und Verwaltungsverfahren zu den erstattungsfähigen, weil ursächlichen Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 193 SGG und der darauf aufbauenden Kostengrundentscheidung. Dies erscheint auch nicht unbillig, da es der Erinnerungsführer in der Hand hat, das Verwaltungsverfahren formell rechtmäßig auszuführen, so dass Kosten hierfür bei ihm nicht als ursächliche Folge des Rechtsstreits anfallen. Die Kosten für die anwaltliche Befassung im Anhörungsverfahren erscheinen auch notwendig, zumal der Erinnerungsführer selbst die Anhörung über den Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin leitete.
c) Da das gerichtliche Verfahren ausgesetzt war, sind die Kosten auch nicht mit der bereits über die PKH abgerechneten Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG a.F. abgegolten, zumal nach § 17 Nr. 1 RVG auch verschiedene Angelegenheiten vorliegen.
d) Nachdem dieser abzurechnenden Anhörung eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren nicht vorausgegangen ist (Nr. 2401 VV RVG), richtet sich die Gebühr nach dem Gebührenrahmen Nr. 2400 VV RVG a.F ... Eine Notwendigkeit, wegen der Vorbefassung des Prozessbevollmächtigten den niedrigeren Gebührenrahmen Nr. 2401 VV RVG a.F. über den Wortlaut hinaus entsprechend anzuwenden, besteht nicht, da die Kriterien des § 14 RVG eine angemessene Gebührenbemessung im Einzelfall unter Berücksichtigung der Vorkenntnisse zulassen.
e) Auch unter Berücksichtigung der vorherigen Befassung des Prozessbevollmächtigten mit der Angelegenheit (durch das bereits anhängige Klageverfahren) erscheint die Ansetzung der Schwellengebühr Nr. 2400 VV RVG a.F.in Höhe von 240 EUR hier aber nicht unangemessen. Denn der Sachverhalt war – wie auch die umfangreichen Äußerungen der Beteiligten zeigen - jedenfalls nicht einfach, die Schwierigkeit der Angelegenheit damit nicht unterdurchschnittlich. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war angesichts der zweifachen Anhörungsschreiben und ebenso mehrfachen Stellungnahmen des Prozessbevollmächtigten auch nicht unter Durchschnitt, so dass eine Festsetzung in Höhe der Schwellengebühr von 240 EUR im Rahmen anwaltlichen Ermessens bei der Gebührenbestimmung nach § 14 RVG liegt und nicht zu beanstanden ist.
f) Danach erfolgte die Festsetzung zutreffend. Auf den Inhalt des Kostenfestsetzungsbeschlusses kann im Übrigen verwiesen werden.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und war vorzunehmen, da es sich beim Erinnerungsverfahren um einen eigenen Rechtszug handelt, vgl. SächsLSG, Beschluss vom 10.1.2013, L 8 AS 701/12 B PKH.
Gründe:
Die Beteiligten streiten im Wege der Erinnerung gemäß § 197 Abs. 2 SGG um die Kostenfestsetzung für ein vorausgegangenes Klageverfahren, genauer gesagt um die Festsetzung einer Geschäftsgebühr Nr. 2400 VV RVG für ein nach Klageerhebung nachgeholtes Anhörungsverfahren.
I.
1. Im Ausgangsrechtsstreit S 48 AS 5283/10 (vorher S 14 AS 5283/10 bzw. S 46 AS 5283/10) klagte die Erinnerungsgegnerin gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Erinnerungsgegners aus dem Alg-II-Leistungsverhältnis, mit dem dieser rund 1240 EUR von ihr zurückverlangte.
Nach einem Erörterungstermin am 9.11.2011 erfolgte eine mündliche Verhandlung am 11.4.2012, in dem das Klageverfahren zur Nachholung einer für die Aufhebung erforderlichen Anhörung ausgesetzt wurde. Der Erinnerungsgegner holte die Anhörung am 25.4.2012 zur beabsichtigten Aufrechnung und am 8.5.2012 zur Rücknahme und Erstattung über eine Zusendung an den Prozessbevollmächtigten nach und erließ daraufhin einen Änderungsbescheid, der eine andere Rechtsgrundlage auswies, in der Rechtsfolge aber dem ursprünglich angefochtenen Bescheid glich. Der Prozessbevollmächtigte nahm vor der Wiederaufnahme und Fortführung des Klageverfahrens zur Anhörung für die Erinnerungsgegnerin Stellung. In der mündlichen Verhandlung am 4.3.2013 haben sich die Beteiligten dann verglichen; u.a. wurde dabei eine Erstattung von 50% der notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen der Erinnerungsgegnerin vorgesehen.
2. Für das Klageverfahren wurde der Erinnerungsgegnerin Prozesskostenhilfe (PKH) rückwirkend ab Antragstellung vom 3.2.2011 gewährt. Der Prozessbevollmächtigte erhielt nach Festsetzungen vom 15.6.2011 und 9.12.2011 Vorschüsse aus der Staatskasse in Höhe von 186,24 EUR und 149,94 EUR. Nach Antrag auf PKH-Vergütungsfestsetzung vom 18.3.2013 wurde mit Beschluss vom 27.3.2013 die PKH-Vergütung auf weitere 687,22 EUR (vor Abzug der Vorschüsse 1023,40 EUR) rechtskräftig festgesetzt. Dabei wurde eine Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG (in der bis 31.7.2013 geltenden Fassung; im Folgenden: a.F.) von 350 EUR, eine Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG a.F. von 300 EUR und eine Einigungs-/Erledigungsgebühr Nr. 1006,1005 VV RVG a.F. von 190 EUR netto nebst Auslagen und Umsatzsteuer festgesetzt. Auf den Inhalt des Beschlusses vom 27.3.2013 wird verwiesen.
3. Mit weiterem Antrag vom 3.7.2014 auf Kostenfestsetzung gegenüber dem Erinnerungsführer beantragte die Erinnerungsgegnerseite die Festsetzung von 1332,80 EUR. Dabei wurden die im Klageverfahren angefallenen Gebühren und Auslagen erneut – wie gegenüber der Staatskasse festgesetzt – aufgeführt und einbezogen, daneben wurde noch für das "Verfahren über die Anhörung und Neubescheidung gemäß Gerichtsbeschluss vom 11.4.2012" eine Geschäftsgebühr Nr. 2400 a.F. in Höhe von 240 EUR nebst 20 EUR Auslagen und Umsatzsteuer abgerechnet (hierfür insgesamt 309,40 EUR). Der Prozessbevollmächtigte der Erinnerungsgegnerin führte hierzu aus, er sei für die Erinnerungsgegnerin im Verfahren der Anhörung und den Neuerlass des Rückforderungsbescheides tätig gewesen.
Nachdem der Erinnerungsführer die vom Gericht geforderte Stellungnahme zu dem Kostenfestsetzungsantrag nicht vornahm, setzte die Urkundsbeamtin des Gerichts die vom Erinnerungsgegner zu erstattenden Kosten mit Beschluss vom 13.10.2014 auf 154,70 EUR (50% der für das Verwaltungsverfahren geltend gemachten Kosten) fest. Dazu führte der am 14.10.2014 zugestellte Beschluss aus: Auch für diese Gebühren gelte die im Vergleich vereinbarte 50%-Quote. Da der Erinnerungsführer keine Stellung genommen habe, sei im Übrigen der anwaltlichen Bestimmung der Gebühr, die nicht unbillig erscheine, zu folgen.
4. Mit Schriftsatz vom 14.11.2014 legte der Erinnerungsführer hiergegen Erinnerung ein. Damit macht er geltend, die Gebühr Nr. 2400 VV RVG sei zu Unrecht festgesetzt worden. Denn der Klägervertreter sei nicht bereits im Widerspruchsverfahren, sondern erst im Klageverfahren tätig geworden. Soweit es sich bei der nachgeholten Anhörung um ein außerhalb des Klageverfahrens laufendes Verwaltungsverfahren handele, bestünde hierfür gemäß § 63 SGB X keine Kostenerstattungspflicht des Erinnerungsführers. Der Erinnerung stünde auch nicht entgegen, dass sich der Erinnerungsgegner zuvor im Festsetzungsverfahren "aus kapazitativen Gründen" nicht geäußert und der geltend gemachten Geschäftsgebühr nicht entgegengetreten sei.
5. Die Erinnerungsgegnerin ist der Erinnerung über ihren Prozessbevollmächtigten entgegengetreten. Das Verwaltungsverfahren sei nach dem gerichtlichen Aussetzungsbeschluss vom 11.4.2012 erfolgt, hier sei der Prozessbevollmächtigte auch tätig geworden. Der Beklagte habe wegen des Anhörungsmangels eine Neubescheidung vornehmen müssen, die nach § 96 SGG klagegegenständlich geworden sei.
6. Das Gericht hat die Akte des Ausgangsrechtsstreit nebst PKH-Heft und Kostenfestsetzungsheft beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Das Verfahren wurde schriftsätzlich geführt. Das Präsidium des Sozialgerichts Dresden hat dieses und die anderen Kostenerinnerungsverfahren aus der 48. Kammer zum 1.7.2015 der 28. Kammer zur weiteren Bearbeitung zugewiesen, nachdem die Vorsitzende der 48. Kammer das Gericht verließ und die Kammer nicht neu besetzt werden konnte.
II. Die Erinnerung ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der Erinnerungsgegnerin steht die festgesetzte Gebühr Nr. 2400 VV RVG zu.
a) Der Erinnerung steht nicht bereits entgegen, dass sich der Erinnerungsführer im Festsetzungsverfahren zum Kostenfestsetzungsantrag nicht geäußert hat. Zwar wird aus § 14 RVG abgeleitet, dass der Rechtsanwalt ein Bestimmungsrecht bei der Höhe der angemessenen Gebühr haben und ein Ausbleiben der Erwiderung durch den Erstattungspflichtigen dazu führen soll, dass die Höhe der Gebühr in beantragte Höhe festgesetzt wird. Ein solches Bestimmungsrecht des Anwalts gilt aber nur hinsichtlich der Gebührenhöhe, nicht hinsichtlich der Frage, welche Gebühren dem Grunde nach entstanden sind.
b) Die festgesetzte Gebühr nach Nr. 2400 VV RVG ist dem Grunde nach angefallen.
Die Geschäftsgebühren Nr. 2400, 2401 VV RVG in der hier anzuwendenden, bis 31.7.2013 geltenden Fassung entstehen für Verwaltungsverfahren laut Vorbemerkung 2.4. in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren (§ 3 RVG) entstehen. Der abgesenkte Gebührenrahmen der Nr. 2401 VV RVG kommt (insbesondere für das Widerspruchsverfahren) zur Anwendung, wenn bereits eine anwaltliche Tätigkeit im Verwaltungsverfahren vorausgegangen ist.
Hier liegt der Fall nicht so, dass erst ein (abzurechnendes) Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren erfolgte, woran sich dann das Klageverfahren anschloss. Die Aussetzung des Klageverfahrens erfolgte wegen eines Anhörungsmangels, der den angefochtenen Bescheid formell rechtswidrig erscheinen ließ und zur Heilung (§ 41 SGB X) die Nachholung der Anhörung in einem eigenständigen Verwaltungsverfahren erforderte, vgl. ständige Rechtsprechung des BSG, Urteile vom 9.11.2010, B 4 AS 37/09 R; vom 7.7.2011, B 14 AS 153/10 R.
Erstattungsfähig im Sinne der Kostengrundentscheidung des Vergleiches vom 4.3.2013, die ersichtlich nach § 193 SGG aufgenommen wurde, ist die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen des Rechtsstreits. Im Rahmen von § 193 SGG ist anerkannt, dass sämtliche zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zählen, also alles, was der Beteiligte aufwenden muss, um den Rechtsstreit zu führen (Leitherer in: Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 193 Rn.4). Dazu zählen hier auch die Kosten des nachgeholten Anhörungsverfahrens, da diese zur weiteren Rechtsverfolgung erforderlich waren. Da die Rechtsgrundlage für die Erstattung hier aus § 193 SGG folgt, kann dem nicht entgegengehalten werden, dass regelmäßig keine Kosten für das Verwaltungsverfahren oder eine isolierte Anhörung von der Behörde zu erstatten sind. Dies mag zwar für den Regelfall des vorprozessualen Verwaltungsverfahrens zutreffen, weil es hierfür keine gesonderte Anspruchsgrundlage gibt und die Kosten eines vorgelagerten Verwaltungsverfahrens nicht auf den Rechtsstreit als solchen bezogen sind (Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 11. Aufl. 2014, § 193 Rn. 6), sondern der Rechtsstreit gewissermaßen erst nach der behördlichen Entscheidung beginnt. Hat aber die Behörde in einem ausgesetzten Klageverfahren die nach § 24 SGB X erforderliche Anhörung im Verwaltungsverfahren nachzuholen und wurde ein Rechtsanwalt hier auftragsgemäß tätig, so zählen auch die Kosten dieser anwaltlichen Betätigung im Anhörungs- und Verwaltungsverfahren zu den erstattungsfähigen, weil ursächlichen Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 193 SGG und der darauf aufbauenden Kostengrundentscheidung. Dies erscheint auch nicht unbillig, da es der Erinnerungsführer in der Hand hat, das Verwaltungsverfahren formell rechtmäßig auszuführen, so dass Kosten hierfür bei ihm nicht als ursächliche Folge des Rechtsstreits anfallen. Die Kosten für die anwaltliche Befassung im Anhörungsverfahren erscheinen auch notwendig, zumal der Erinnerungsführer selbst die Anhörung über den Prozessbevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin leitete.
c) Da das gerichtliche Verfahren ausgesetzt war, sind die Kosten auch nicht mit der bereits über die PKH abgerechneten Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG a.F. abgegolten, zumal nach § 17 Nr. 1 RVG auch verschiedene Angelegenheiten vorliegen.
d) Nachdem dieser abzurechnenden Anhörung eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren nicht vorausgegangen ist (Nr. 2401 VV RVG), richtet sich die Gebühr nach dem Gebührenrahmen Nr. 2400 VV RVG a.F ... Eine Notwendigkeit, wegen der Vorbefassung des Prozessbevollmächtigten den niedrigeren Gebührenrahmen Nr. 2401 VV RVG a.F. über den Wortlaut hinaus entsprechend anzuwenden, besteht nicht, da die Kriterien des § 14 RVG eine angemessene Gebührenbemessung im Einzelfall unter Berücksichtigung der Vorkenntnisse zulassen.
e) Auch unter Berücksichtigung der vorherigen Befassung des Prozessbevollmächtigten mit der Angelegenheit (durch das bereits anhängige Klageverfahren) erscheint die Ansetzung der Schwellengebühr Nr. 2400 VV RVG a.F.in Höhe von 240 EUR hier aber nicht unangemessen. Denn der Sachverhalt war – wie auch die umfangreichen Äußerungen der Beteiligten zeigen - jedenfalls nicht einfach, die Schwierigkeit der Angelegenheit damit nicht unterdurchschnittlich. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war angesichts der zweifachen Anhörungsschreiben und ebenso mehrfachen Stellungnahmen des Prozessbevollmächtigten auch nicht unter Durchschnitt, so dass eine Festsetzung in Höhe der Schwellengebühr von 240 EUR im Rahmen anwaltlichen Ermessens bei der Gebührenbestimmung nach § 14 RVG liegt und nicht zu beanstanden ist.
f) Danach erfolgte die Festsetzung zutreffend. Auf den Inhalt des Kostenfestsetzungsbeschlusses kann im Übrigen verwiesen werden.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und war vorzunehmen, da es sich beim Erinnerungsverfahren um einen eigenen Rechtszug handelt, vgl. SächsLSG, Beschluss vom 10.1.2013, L 8 AS 701/12 B PKH.
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