L 2 R 531/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 3088/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 531/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 13. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Streit.

Die Klägerin ist gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau und war in diesem Beruf bis 1984 tätig. In der Folgezeit widmete sie sich der Erziehung ihrer beiden danach geborenen Töchter. Von ihrem Ehemann lebt sie seit 1992 getrennt. Bei der Klägerin liegen Pflichtbeitragszeiten (für Kindererziehung) bis Mai 1989 vor, danach Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung bis Mai 1998 (wegen der Einzelheiten siehe Bl. 82 ff Verwaltungsakte - VA -).

Am 23. Juni 2010 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte holte daraufhin bei Dr. E. das internistische Gutachten vom 1. August 2010 ein. Dr. E. stellte aufgrund der Untersuchung vom 22. Juli 2010 als Diagnosen ein histologisch gesichertes Grönblad-Strandberg-Syndrom, den dringenden Verdacht auf Anorexia nervosa im Erwachsenenalter, Diuretikumabusus bei Anorexie, ausgeprägte Hypokaliämie bei Diuretikumabusus, Hyperurikämie leichteren Grades bei Diuretikumabusus, konstante Blutbildveränderungen bei laufender Kortisoneinnahme, Osteoporose, Hyperthyreose, substituiert, Gesichtsfeldeinschränkung unklarer Genese, Nachtblindheit bei Grönblad-Strandberg-Syndrom, Hypercholesterinämie. Das Leistungsvermögen schätzte Dr. E. dahingehend ein, dass die Klägerin ihre letzte berufliche Tätigkeit wie auch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nach wie vor sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausüben könne. Des Weiteren hatte die Beklagte bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. W.das Gutachten vom 12. August 2010 (Untersuchung am 30. Juli 2010) eingeholt. Dr. W.stellte als Diagnosen eine chronische Schmerzkrankheit bei Pseudoxanthoma elasticum, chronische Erschöpfungssymptomatik, Niereninsuffizienz mit chronischer Pyeleonephritis, Autoimmunthereoiditis Typ Hashimoto, chronische Lymphödöme. Das Leistungsvermögen schätzte er sowohl hinsichtlich der Tätigkeit als kaufmännische Angestellte als auch bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt auf unter drei Stunden seit 1987 ein. Der beratende Arzt der Beklagten Dr. H. gelangte in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 18. August 2010 letztlich zum Ergebnis, dass die Klägerin noch in der Lage sei, sowohl in ihrem erlernten Beruf als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumindest leichte Tätigkeiten vollschichtig ausüben zu können. Hinsichtlich des Gutachtens von Dr. W.vertrat er die Auffassung, dieses sei nicht schlüssig mangels aussagekräftiger medizinischer Unterlagen.

Mit Bescheid vom 24. September 2010 wies die Beklagte sodann den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zurück und führte aus, dass sowohl die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen als auch die medizinischen Voraussetzungen nicht vorliegen würden.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und führte zur Begründung an, sie bezweifle, dass sämtliche vorgelegte medizinischen Unterlagen berücksichtigt worden seien und auch, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zutreffend geprüft worden seien.

Die Beklagte forderte sodann Befundberichte des behandelnden Urologen Dr. Sch., des behandelnden Hautarztes Dr. Sp. und des behandelnden Orthopäden Dr. B. an. Auf Grundlage dessen gelangte Dr. Dr. P. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 5. August 2011 zu der Einschätzung, dass das Leistungsvermögen der Klägerin in ihrer letzten beruflichen Tätigkeit sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei drei bis unter sechs Stunden liege, allerdings erst seit der Rentenantragstellung am 23. Juni 2010. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2011 wies die Beklagte sodann hierauf gestützt den Widerspruch zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 7. November 2011 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Konstanz erhoben. Zur Begründung hat ihr Bevollmächtigter geltend gemacht, wegen ihrer Bindegewebserkrankung (Pseudoxanthoma elasticum/Grönblad-Strandberg-Syndrom) sei sie seit Jahren in ständiger ärztlicher, auch hautärztlicher Kontrolle. Sie habe seit Entdeckung der Erkrankung mehrmals wöchentlich über mehrere Stunden andauernde Arztbesuche tätigen und eine Vielzahl von Medikamenten einnehmen müssen. Der Versicherungsfall sei bereits 1986 eingetreten.

Die Beklagte ist dem entgegen getreten und hat unter Bezugnahme auf ihren Widerspruchsbescheid geltend gemacht, bereits die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung würden nicht vorliegen, diese seien letztmalig für einen Eintritt der Erwerbsminderung am 30. Juni 2000 erfüllt gewesen.

Das SG hat sodann bei dem Hausarzt Dr. E. wie auch dem Urologen Dr. Sch. sämtliche dort vorhandene Befundunterlagen angefordert. Auch die Klägerin hat weitere umfangreiche Unterlagen vorgelegt. Des Weiteren hat das SG die Akte aus einem früheren Klageverfahren gegen die Krankenversicherung im Zusammenhang mit einer Akkupunkturbehandlung bezüglich einer chronischen Schmerzstörung vor dem SG beigezogen (Aktenzeichen: S 2 KR 2125/00). Das SG hat als Weiteres bei Dr. M. das internistische Gutachten nach Aktenlage vom 21. Juli 2012 eingeholt. Nach Einschätzung von Dr. M. hätten bei der Klägerin bis längstens 30. Juni 2000 chronisch rezidivierende Cervicocephalgien bei degenerativem Wirbelsäulenschaden, eine chronisch rezidivierende Lumbago bei Spondylose und Spondylarthrose L5/S1, eine Fibromyalgie ohne ausreichende Tenderpoints, eine somatoforme Störung, eine anorektische Störung, ein Pseudoxanthoma elasticum am rechten Ellenbogen ohne Organbeteiligung, eine Nachtsehschwäche, eine Follikulitis decalvans der Kopfhaut mit konsekutiver Alopecia areata, eine primäre Hypothyreose sowie ein Schmerzmittel- und Diuretikaabusus mit sekundärem Hyperparathyreoidismus und Hypokaliämie vorgelegen. Die Klägerin sei vom Leistungsvermögen noch bis spätestens 30. Juni 2000 in der Lage gewesen den Beruf der Kauffrau sowie leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig (acht Stunden arbeitstäglich), ohne Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 7,5 Kilogramm, ohne häufiges Bücken/Knien/Hocken/Arbeiten in Zwangshaltungen sowie Überkopfarbeiten, im Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen, ohne erhöhte Anforderung an das Konzentrationsvermögen, ohne Nässe/Zugluft/Allergene und stark schwankende Temperaturen sowie ohne Zeitdruck und Akkordarbeiten zu verrichten.

Die Beklagte hat in dem Zusammenhang auch einen Auszug aus dem Berufsgruppenkatalog für Kauffrau/Kaufmann im Groß- und Außenhandel vorgelegt. Nach Auffassung der Beklagten sei die Klägerin auf die Tätigkeit einer Kauffrau im Groß- und Außenhandel im Büroinnendienst verweisbar.

Im Weiteren hat das SG auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das hautärztliche Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. vom 9. Februar 2014 eingeholt. Prof. Dr. Dr. W. ist auf Grund der ambulanten Untersuchung der Klägerin zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin im Juni 2000 eine papillare dermale Elastolyse (erworbenes Pseudoxanthoma elasticum), diffeR.ialdiagnostisch: Pseudoxanthoma elasticum (abortive Form) sowie ein Restzustand einer narbig abgeheilten Follikulitis decalvans vorgelegen habe. Durch die Hauterscheinungen sei sie weder in der allgemeinen beruflichen Leistungsfähigkeit noch bezüglich der Tätigkeit als Kauffrau eingeschränkt gewesen und habe vollschichtig (acht Stunden arbeitstäglich) arbeiten können.

Auf Antrag der Klägerin hat das SG im Weiteren das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Dr. W. vom 13. Oktober 2014 eingeholt. Dr. W. hat auf der Grundlage der vorliegenden Aktenunterlagen wie auch der persönlichen Untersuchung der Klägerin Erkrankungen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet für die Zeit bis 30. Juni 2000 verneint. Dies gelte insbesondere für die diskutierte Anorexie nervosa. Laut Dr. W. würden auch keine auffälligen neurologisch-psychiatrischen Befunde vorliegen, die eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung begründen würden. Damit bestünden auch keine Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin.

Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 8. Dezember 2014 hat das SG sodann mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2015 die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass zunächst maßgebliche Rechtsgrundlage § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung sei, da der Rentenantrag erst im Juni 2010 gestellt worden sei, und zwar auch dann, wenn der Versicherungsfall zum 30. Juni 2000 eingetreten wäre (Hinweis auf § 300 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI). Gemäß § 43 SGB VI müssten neben der Erwerbsminderung auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein, das bedeute, der Versicherte müsse in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung müsse die allgemeine Wartezeit erfüllt sein. Hinsichtlich der in § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen i.V.m. § 43 Abs. 4 und Abs. 5 SGB VI und unter Berücksichtigung der Übergangsregelung nach § 242 Abs. 2 SGB VI sei festzustellen, dass auch bei Berücksichtigung der Verlängerungstatbestände nach § 43 Abs. 4 SGB VI die Erwerbsminderung der Klägerin spätestens zum 30. Juni 2000 eingetreten sein müsste, damit die Klage Erfolg habe. Darüber hinaus müsse die Erwerbsminderung auch weiterhin in der Zeit seit dem 1. Januar 2007 bestanden haben, denn Ansprüche für die Zeit davor seien verjährt. Den hier notwendigen entsprechenden Nachweis habe die Klägerin jedoch nicht erbringen können. Nach Überzeugung des SG sei sie zum maßgeblichen Zeitpunkt in der Lage gewesen, leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden arbeitstäglich auszuüben. Das Gericht hat sich hierbei auf die Gutachten von Dr. M. wie auch die Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. und Dr. W. gestützt. So habe Dr. M. in seinem Gutachten nachvollziehbar und schlüssig auf der Grundlage der von ihm auch festgestellten Diagnosen und Befunde dargetan, dass hier keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Klägerin auch quantitativ in ihrem Leistungsvermögen gehindert gewesen wäre, leichte körperliche Tätigkeiten noch sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten. Allein aus der Häufigkeit der Arztbesuche lasse sich im Übrigen eine Erwerbsminderung nicht ableiten. Vielmehr müsse eine manifeste Erkrankung zu Grunde liegen und müssten sich die Arztbesuche nicht mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von bis zu sechs Stunden täglich vereinbaren lassen. Nicht gefolgt werden könne auch dem Gutachten von Dr. W ... Denn ein Teil der von ihm angenommenen internistischen Erkrankungen sei medikamentös kompensiert, wie Dr. M. dargelegt habe. Außerdem habe Dr. W.weder Befunde noch Diagnosen auf nervenärztlichem Fachgebiet benannt, die seine Leistungseinschätzung begründen könnten. Dies habe im Ergebnis auch zu Recht sowohl bereits Dr. Dr. P. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme als auch Dr. W. in seinem Gutachten bemängelt. Schließlich würden etwaige Erkrankungen auf hautärztlichem Fachgebiet, wie das Gutachten von Prof. Dr. Dr. W. bestätigt habe, keine Auswirkungen auf die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin gehabt haben. Schließlich gebe es auch keine Hinweise auf eine Erkrankung auf nervenärztlichem Fachgebiet von einigem Gewicht. Auch dies habe Dr. W. in seinem Gutachten bestätigt. Das bei der Klägerin von Dr. M. angemerkte heftige Rentenbegehren, welches sich auch im Erörterungstermin dargestellt habe, vermöge einen Leistungsanspruch nicht zu begründen. Darüber hinaus bestehe bei der Klägerin auch kein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI. Denn zur Überzeugung des SG sei die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt auch noch in der Lage gewesen, als Kauffrau tätig zu sein. Ein regelmäßiges Heben, Tragen und Bewegen von Lasten über 7,5 Kilogramm präge dieses Berufsbild, das sich nach dem von der Beklagten vorgelegten Berufsgruppenkatalog für Kauffrau/Kaufmann im Groß- und Außenhandel durch eine Vielzahl unterschiedlicher Erscheinungsformen darstelle, ebenso wenig wie häufiges Bücken/Knien/Hocken oder Arbeiten in Zwangshaltungen und Überkopfarbeiten. Dass solche Verrichtungen gelegentlich, eher ausnahmsweise anfallen würden, hindere die Klägerin an der Ausübung der Tätigkeit als Kauffrau im Büroinnendienst nicht. Der im Gutachten von Dr. M. geforderte Wechsel von Stehen, Gehen und Sitzen lasse sich mit dem Beruf der Kauffrau gut vereinbaren. Weitere Ermittlungen von Amts wegen habe es nach Auffassung des SG nicht bedurft, da der Sachverhalt geklärt sei. Die maßgeblichen Befundunterlagen seien von der Klägerin vorgelegt bzw. vom Gericht beigezogen worden. Bereits aus dem Verwaltungsgutachten von Dr. E. werde deutlich, dass die Klägerin den Eindruck vermittle, sie schließe aus dem Umfang der vorgelegten ärztlichen Unterlagen auf die Schwere ihrer Erkrankung.

Die Klägerin hat gegen das ihrem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 14. Januar 2015 zugestellte Urteil am 16. Februar 2015 (Montag) Berufung eingelegt. Zur Begründung macht der Klägerbevollmächtigte geltend, es seien bisher nicht sämtliche Gesichtspunkte ausreichend beleuchtet worden. So habe die ganze Auseinandersetzung bisher zu sehr einen internistischen Einschlag aufgewiesen, nicht zuletzt deswegen, weil die Klägerin selbst primär mit ihrer Bindegewebserkrankung argumentiert habe. Das SG habe leider davon abgesehen, sachverständige Zeugenauskünfte einzuholen, obwohl dies auf Grund der Problematik mit dem notwendigen Versicherungsfall hier dringend nahegelegen hätte. Es sei nicht so, dass die Klägerin nicht in den Jahren vor 2000, im Jahr 2000 und auch danach in fortlaufender ärztlicher Behandlung gewesen wäre, wie bereits in der ersten Instanz von der Klägerin eingereichte Liste über ärztliche Behandlungen und Untersuchungen belege. So habe bereits der behandelnde Arzt Dr. E. im Attest vom 19. Januar 2010 bestätigt, dass er die Klägerin bereits seit 1993 durchgehend behandelt habe und diese fortlaufend für arbeitsunfähig halte. In die gleiche Richtung gehe das Attest des Orthopäden Dr. B. vom 1. Februar 2010, wo insbesondere bemerkenswert erscheine, dass hier bereits das wohl weiter zu diskutierende chronische Schmerzsyndrom erwähnt werde. Von Relevanz erscheine die Schmerzproblematik vor allem deswegen, weil nicht zuletzt auch der Sachverständige Dr. W. in seinem Gutachten vom 13. Oktober 2014 eine chronische Schmerzstörung der Klägerin durchaus bestätigt (Bl. 16 des Gutachtens) und weiter ausgeführt habe, dass gegebenenfalls auch eine somatoforme Schmerzstörung diskutiert werden müsse. Soweit im Gutachten von Dr. W. beanstandet werde, dass in der Vorgeschichte keine Symptome auf neurologisch/psychiatrischem Fachgebiet dokumentiert worden seien, mag diese Feststellung auch darin begründet sein, dass das SG wie bereits ausgeführt von der ansonsten aus guten Gründen üblichen Anforderung von sachverständigen Zeugenauskünften der langjährig behandelnden Ärzte verzichtet habe. Es könne jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass bei deren Einholung doch weitere beurteilungsrelevante Tatsachen zu Tage gefördert worden wären, sodass beantragt werde, Entsprechendes nachzuholen. Wie im Übrigen aus dem Verfahren gegen die Techniker Krankenkasse auf Übernahme von Kosten einer Akkupunkturbehandlung (Aktenzeichen: S 2 KR 2125/00) aus dem Jahr 2000 hervorgehe, habe die Klägerin im September 1998 bis April 2001 alleine für die Akkupunkturbehandlung einen Betrag von 11.268,00 EUR ausgegeben, was ohne entsprechende Schmerzbelastung sicherlich nicht gemacht worden sei. Im dortigen Verfahren ist jedenfalls von Dr. E. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 12. August 2001 ausgeführt worden, dass Schmerzzustände der Klägerin ungeklärter Ursache diskutiert würden. Auch Dr. R. in seiner Auskunft vom 15. August 2001 ebenso wie Dr. B. in der Auskunft vom 5. September 2001 bestätigten eine durchgehende Schmerzbehandlung seit 20. Juli 1997.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 13. Januar 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24. September 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin vom 15. Juli 2015 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Der Senat konnte auf Grund der Zustimmung der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung verneint, da die Voraussetzungen für die Annahme einer vollen Erwerbsminderung spätestens zum 30. Juni 2000 (dem Zeitpunkt zu dem zuletzt noch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen vorgelegen haben) nicht festgestellt werden können. Der Senat nimmt insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG unter Darstellung der maßgeblichen gesetzlichen Normen und Würdigung der hier vorliegenden medizinischen Unterlagen und Gutachten Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung ab (§ 153 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist hinsichtlich des Vortrages im Berufungsverfahren ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass nach Überzeugung des Senates der Sachverhalt vollständig bereits vom SG ermittelt worden ist. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass das SG nicht bei sämtlichen von der Klägerin in ihrer Entbindungserklärung benannten behandelnden Ärzte noch Arztauskünfte eingeholt hat, sondern sich vielmehr darauf beschränkt hat, bei den behandelnden Ärzten entsprechende Befundunterlagen einzuholen um diese den Gutachtern als Entscheidungsgrundlage zu der hier maßgeblichen Frage, ob spätestens zum 30. Juni 2000 der Leistungsfall eingetreten war, vorzulegen. Soweit insbesondere von Klägerseite geltend gemacht wird, es seien nicht alle behandelnden Ärzte befragt worden und hieraus könnten sich möglicherweise noch neue Umstände ergeben, die eine Erwerbsminderung zum maßgeblichen Zeitpunkt begründen könnten, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Denn zwar hat das SG unter anderem nicht die noch von der Klägerin benannte Augenärztin Dr. T. befragt. Aber bereits von Dr. E. in seinem Gutachten im Rahmen des Verwaltungsverfahrens wird in dem Zusammenhang eine Gesichtsfeldeinschränkung unklarer Genese wie auch eine Nachtblindheit bei Grönblad-Strandberg-Syndrom als Diagnose gestellt. Diese Gesundheitsstörungen können des Weiteren zwar qualitative Leistungseinschränkungen begründen, aber keinesfalls eine quantitative Leistungseinschränkung. Ebenso wenig bestand Anlass bei dem Internisten Dr. H., bei dem die Klägerin 1986/1987 in Behandlung war, Unterlagen anzufordern. Entsprechende Berichte lagen ausweislich der Angaben der Klägerin in ihrer Entbindungserklärung bereits Dr. E. vor. Schließlich hatte das SG die von den behandelnden Ärzten beigezogenen ärztlichen Unterlagen (bzw. die von der Klägerin direkt vorgelegten Unterlagen von Dr. E.) auch voll umfänglich den Gutachtern jeweils zur Verfügung gestellt. Auch hinsichtlich der noch von Klägerseite im Erörterungstermin am 15. Juli 2015 thematisierten Anorexie ist darauf zu verweisen, dass sich bereits Dr. E. damit auseinandergesetzt hat und im Hinblick auf das Untergewicht der Klägerin zwar - bezogen auf Juli 2010 (Zeitpunkt der Begutachtung) - von einer reduzierten körperlichen Leistungsfähigkeit, aber dennoch von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für jedenfalls leichte körperliche Tätigkeiten ausgegangen ist. Zuletzt hat sich auch Dr. W. damit ausdrücklich auseinandergesetzt und u.a. in seinem Gutachten (Bl. 15 des Gutachtens - 137 SG-Akte) ausgeführt, dass die Klägerin im Hinblick auf ihr Gewicht ihm gegenüber geschildert habe, dass das Gewicht schwankend sei, sie keine Körperschemastörung geschildert habe, keine Vermeidung von hochkalorischen Speisen, kein selbstinduziertes Erbrechen oder Abführen und auch keine übertriebenen körperlichen Aktivitäten. Letztlich konnte Dr. W. auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet insgesamt keine sichere Gesundheitsstörung feststellen.

Im Ergebnis bleibt damit festzuhalten, dass sich der Senat auf der Grundlage der vorliegenden medizinischen Unterlagen einschließlich der eingeholten Gutachten nicht davon überzeugen kann, dass die Klägerin spätestens zum 30. Juni 2000 voll erwerbsgemindert war. Ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente ausgehend von einem Leistungsfall (spätestens) 30. Juni 2000 kommt damit nicht in Betracht, weshalb die Berufung zurückzuweisen ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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