L 13 AL 2071/15 NZB

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 1320/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AL 2071/15 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. April 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Stuttgart (SG) vom 16. April 2015 ist zulässig (vgl. § 145 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Sie ist jedoch nicht begründet; die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG, in der hier anwendbaren und ab 1. April 2008 geltenden Fassung, bedarf die Berufung der Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Diese Regelung findet nur dann keine Anwendung, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dieser Beschwerdewert wird vorliegend nicht erreicht; der Ausnahmetatbestand des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG liegt nicht vor. Gegenstand des Klageverfahrens S 3 AL 1320/15 war der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 21. November 2014 mit dem die Beklagte einen Widerspruch des Klägers vom 15. Oktober 2014 gegen das Mahnschreiben vom 13. Oktober 2014 zurückwies. Hierin mahnte die Beklagte den Kläger zur Begleichung einer offenen Forderung, der eine teilweise Leistungsrückforderung für den Zeitraum von Januar 2007 bis Februar 2008 in Höhe von 477,52 EUR zugrunde lag, und setzte zugleich eine - mittlerweile wieder aufgehobene - Mahngebühr von 2,65 EUR fest. Damit ergibt sich für den Kläger aus dem klageabweisenden Urteil unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine Beschwer von über 750,00 EUR; auch sind nicht Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen. Nicht streitgegenständlich war eine Überprüfung der Aufhebungs- und Erstattungsbescheide, weder direkt noch im Wege des § 44 SGB X. Nicht Teil dieses Verfahrens ist ferner die Zahlungsaufforderung des Hauptzollamts Heilbronn vom 18. Mai 2015.

Da das SG die Berufung nicht zugelassen hat, bedarf eine Berufung der Zulassung durch Beschluss des Landessozialgerichts (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts (BSG) oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor. Der Rechtssache kommt zunächst keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn ihre Entscheidung über den Einzelfall hinaus dadurch an Bedeutung gewinnt, dass die Einheit und Entwicklung des Rechts gefördert wird oder dass für eine Anzahl ähnlich liegender Fälle eine Klärung erfolgt (ständige Rechtsprechung des BSG seit BSGE 2, 121, 132 zur entsprechenden früheren Vorschrift des § 150 Nr. 1 SGG). Die Streitsache muss mit anderen Worten eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwerfen, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern; die entscheidungserhebliche Rechtsfrage muss klärungsbedürftig und klärungsfähig sein (so Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 144 Rdnr. 28; vgl. dort auch § 160 Rdnr. 6 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Eine klärungsbedürftige Rechtsfrage in diesem Sinn wirft die Streitsache nicht auf. Zwischen den Beteiligten ist lediglich die Mahnung einer bereits feststehenden Forderung streitig. Die insoweit anzustellenden Erwägungen und Überlegungen sind auf den Einzelfall bezogen und werfen keine klärungsbedürftigen Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung auf. Eine solche liegt insbesondere nicht darin, dass die Beklagte - nach der Behauptung der Klägers - Fakten übersehen habe. Weder dieser Umstand noch das Vorbringen im Klageverfahren lassen eine grundsätzliche Bedeutung erkennen. Der Kläger verkennt im Übrigen, dass Erwägungen zur Richtigkeit der Entscheidung des SG für die Frage der grundsätzlichen Bedeutung bereits systematisch verfehlt und irrelevant sind (Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 145 Rdnr. 5).

Darüber hinaus liegt auch eine Divergenz im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht vor. Eine solche Divergenz ist anzunehmen, wenn tragfähige abstrakte Rechtssätze, die einer Entscheidung des SG zugrunde liegen, mit denjenigen eines der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte nicht übereinstimmen. Das SG muss seiner Entscheidung also einen Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit der Rechtsprechung jener Gerichte nicht übereinstimmt (vgl. hierzu Leitherer, a.a.O., § 160 Rdnr. 13 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung zur Frage der Revisionszulassung). Einen Rechtssatz in diesem Sinn hat das SG in seinem Urteil nicht aufgestellt, so dass eine Divergenz nicht in Betracht kommt. Letztlich ist auch ein wesentlicher Mangel des gerichtlichen Verfahrens im Sinne des dritten Zulassungsgrundes nicht erfolgreich geltend gemacht worden.

Soweit der Kläger geltend macht, an der an der Teilnahme bei der mündlichen Verhandlung am 16. April 2015 beim SG wegen Krankheit der Tochter bzw. einem unfallbedingten Stau auf dem Anfahrtsweg gehindert gewesen zu sein, weshalb ihm prozessuale Nachteile entstanden seien, finden sich hierzu in der SG-Akte S 3 AL 1320/15 keine Anhaltspunkte. Die Kammer des SG hat mit der Eröffnung der Termins auch zureichend 20 Minuten gewartet, denn dem Kläger war mit der Ladung vom 9. März 2015 - ihm zugegangen am 12. März 2015 - freigestellt worden, zum Termin der mündlichen Verhandlung um 9:00 Uhr zu erscheinen. Eine (telefonische) Ankündigung eines - verspäteten - Erscheinens oder ein Antrag auf Verlegung des Termins ist nicht dokumentiert. Auch bei Beendigung des Termins um 9:30 Uhr war der Kläger nicht erschienen. Ein weiteres Zuwarten oder Verlegung des Termins war daher nicht geboten (vgl. hierzu BSG, Beschluss v. 31. März 2004 B 4 RA 126/03, juris).

Die Eröffnung und Durchführung der mündlichen Verhandlung am SG in Abwesenheit des Klägers stellt daher keinen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs und damit keinen wesentlichen Mangel des gerichtlichen Verfahrens dar.

Der Senat hat dem Kläger ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Nachdem der Kläger am 20. Juli 2015 sinngemäß beantragt hatte, der Senat möge mit einer Entscheidung zuwarten, er beabsichtige einen Anwalt zu konsultieren und werde weiter Stellung nehmen, ist eine weiter Stellungnahme des Klägers nicht erfolgt, obwohl der Senat dem Kläger mit Schreiben vom 24. Juli 2015 mitgeteilt hat, dass der Senat nicht vor dem 5. August 2015 entscheiden werde.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 SGG.

Diese Entscheidung kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).

Das angefochtene Urteil des SG wird hiermit rechtskräftig (vgl. § 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved