Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 8 R 385/11
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 273/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 5/15 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 15. Juli 2013 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Beklagten in beiden Instanzen. Kosten der übrigen Beteiligten sind nicht zu erstatten.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 91.368,87 Euro festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2009 für den Beigeladenen zu 1) in seiner Funktion als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin.
Die Klägerin ist ein in der Rechtsform der GmbH betriebenes Unternehmen, welches mit pflanzlichen Ölen (Rizinus, Leinöl, Holzöl) und Derivaten handelt.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung ab dem 29. August 2008 überprüfte die Beklagte u.a. den sozialversicherungsrechtlichen Status des Geschäftsführers der Klägerin, des Beigeladenen zu 1). Nach dem im Rahmen der Prüfung vorgelegten Gesellschaftsvertrag (GV) vom 17. August 1987 beträgt das Stammkapital der Gesellschaft 50.000 DM. Hiervon haben als Stammeinlagen übernommen:
die Gesellschaft für industrielle Beteiligungen
(D.) mbH 25.500 DM (51%),
der Beigeladene zu 1) 1.000 DM,
Herr A. A. 500 DM und
Herr C. C. senior 23.000 DM.
Bei der D. mbH handelt es sich um ein Unternehmen zur Betreuung und Verwaltung von eigenen und fremden Vermögenswerten und zur Bearbeitung von Finanzierungsangelegenheiten jeder Art. Treugeber des Beteiligungskapitals an die Klägerin ist die E. GmbH mit Sitz in E-Stadt, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrags noch als Deutsche FG-fabrik E. GmbH & Co KG (FG.) firmierte.
Nach einer Absichtserklärung vom 19. Juni 1987 – verfasst von A., den Kaufleuten C. und der FG. – sollte die Gesellschaft gegründet werden, um die bisher von der Firma A. getätigten Eigenhandelsgeschäfte mit Rizinusöl, welches von FG. an A. ab Fabrik EF Stadt verkauft worden war, weiterzuführen. Hintergrund war laut Klägerin Zahlungsschwierigkeiten von A. gegenüber FG. FG. verpflichtete sich, der Klägerin Rizinusöl mindestens im Rahmen des bisherigen Geschäftsvolumens mit A. zu marktgerechten Preisen anzubieten. FG. sollte Gesellschafter – ggf. vertreten durch einen Treuhänder – mit einer Einlage von mehr als 50 % werden. "Die Geschäftsführung obliegt A. und C. gemäß einer Geschäftsführungsordnung, die im Einzelnen zu verhandeln ist. Finanzielle Verfügungen haben in jedem Fall unter Mitwirkung von C. zu erfolgen. Der ausgewiesene Reingewinn steht C. und A. gemäß noch zu beschließender Verteilung zu, FG. erhebt keinen Anspruch auf Gewinnbeteiligung ".
Der letztlich beschlossene GV bestimmte, dass Gesellschafterbeschlüsse der Klägerin mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden; 100 DM eines Geschäftsanteiles gewähren eine Stimme (§ 5 GV). Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer, die verpflichtet sind, die Weisungen der Gesellschafter zu befolgen, insbesondere eine von den Gesellschaftern aufgestellte Geschäftsordnung zu beachten und von den Gesellschaftern als zustimmungspflichtig bezeichnete Geschäfte nur mit deren Zustimmung vorzunehmen (§ 6 GV).
Mit Geschäftsführervertrag (GfV) ebenfalls vom 17. August 1987 wurde der Beigeladene zu 1) mit Wirkung zum 1. Juli 1987 zum alleinigen Geschäftsführer der GmbH bestellt und zur Vertretung der Gesellschaft nach Maßgabe der Vorschriften des Gesellschaftsvertrags, der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung und nach Anweisung der Gesellschafter berechtigt. Der Beigeladene zu 1) darf auf eigene Rechnung weitere Tätigkeiten außer der Geschäftsführung der Klägerin betreiben (§ 1 Abs. 4 GfV). Die Bestellung zum Geschäftsführer kann durch Beschluss der Gesellschafter jederzeit widerrufen werden; der Widerruf gilt als Kündigung des Vertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt (§ 2 Abs. 6 GfV). Der Beigeladene zu 1) erhält ausschließlich eine erfolgsbezogene Vergütung in Höhe von 40 % des Rohertrags der Gesellschaft, welche einvernehmlich neu festgesetzt werden kann, wenn sich herausstellt, dass die Erträge der Gesellschaft nicht ausreichen, die Kosten zu decken und einen angemessenen Gewinn der Gesellschaft zu gewährleisten (§ 3 Abs. 1 und 2 GfV). Auch bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit des Beigeladenen zu 1) durch Krankheit oder aus einem anderen von ihm nicht zu vertretenden Grund bleibt es bei dieser Berechnung der Vergütung (§ 4 GfV). Der Beigeladene zu 1) unterliegt einem Verbot hinsichtlich der Beteiligung an bzw. der Tätigkeit für Wettbewerbsunternehmen (§ 5 GfV).
Ebenfalls am 17. August 1987 teilte die D. im Auftrag ihres Treugebers, der Deutschen FG-fabrik E. GmbH & Co KG, dem Beigeladenen zu 1) mit, dass im Zusammenhang mit der beabsichtigten Beendigung des Handelsvertretervertrages mit A. und der Gewährung einer Altersversorgung an Herrn A. A. durch den Beigeladenen zu 1) einer Regelung zugestimmt werde, wonach ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Handelsvertretervertrags mit A. der Beigeladene zu 1) für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH einen Anteil von bis zu 85 % des Rohertrags der Gesellschaft nach Abzug der Zahlung des Ausgleichsanspruchs an Herrn A. A. erhalte.
Im von der Beklagten übersandten Fragebogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH verwies der Beigeladene zu 1) darauf, dass seine Mutter als Rechtsnachfolgerin von C. C. senior 46 % der Stammeinlagen und er selbst 2 % halte. Einem Weisungsrecht der Gesellschaft hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterliege er nicht.
Mit Schreiben vom 19. März 2009 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von ca. 72.000 Euro u.a. wegen der angenommenen Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) an. Mit Bescheid vom 25. Juni 2009 forderte die Beklagte wegen – vorliegend nicht streitiger – Tatbestände sodann eine Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 4.192,30 Euro und verwies zugleich darauf, dass hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung der Tätigkeit des Geschäftsführers ein weiterer Bescheid ergehen werde.
Mit Schreiben vom 2. Juli 2009 wandte sich die Klägerin gegen die Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) und verwies auf sein aus der Vergütungsregelung folgendes unternehmerisches Risiko. Auf Nachfrage der Beklagten legte der Beigeladene zu 1) eine von der C. C. & Co KG zugunsten der Klägerin übernommene Bürgschaftserklärung vom 25. Juni 2002 für die Erfüllung von Kaufpreisforderungen der E. GmbH in unbeschränkter Höhe vor und verwies weiter darauf, dass er der Gesellschaft auch Kredite gewährt habe. Zwar sei er nicht ausdrücklich vom Selbstkontrahierungsverbot befreit gewesen, dies aber seit über 20 Jahren beanstandungsfrei so gehandhabt worden. Er sei nicht in eine fremde Ordnung integriert, sondern habe die betriebliche Ordnung höchstpersönlich geschaffen. Mit Bescheid vom 19. Februar 2010 forderte die Beklagte von der Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge, Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) und Insolvenzgeldumlage in Höhe von 91.368,87 Euro für die Zeit 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2009 wegen Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Renten- und Arbeitslosenversicherung nach. Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung habe wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze dagegen nicht bestanden.
Die Klägerin erhob am 25. Februar 2010 Widerspruch. Die Firma E. GmbH teilte der Beklagten mit Schreiben vom 23. März 2010 mit, der Beigeladene zu 1) sei seit Gründung der Gesellschaft – auch wenn in ihrem Hause know-how im Handel mit Rizinusöl existiere – aufgrund der besonderen Gegebenheiten des Marktes, den die Klägerin bediene, allein in der Lage die Geschicke des Unternehmens zu leiten. Aus diesem Grunde werde sie – als Treugeber der D. – von dem Recht, dem Beigeladenen zu 1) Weisungen zu erteilen, absehen, erst Recht hinsichtlich Zeit, Dauer, Ausgestaltung, Umfang und Ort der Arbeitsausführung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Beigeladene zu 1) sei als abhängig Beschäftigter anzusehen. Seine gesellschaftsrechtliche Stellung mache ihn nicht zum Selbständigen, da er keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft kraft eines entsprechenden Anteils am Stammkapital habe. Sein Kapitalanteil an der Gesellschaft betrage – selbst wenn die Anteile seiner Mutter auf ihn übertragen würden – in jedem Fall weniger als 50 %. Er sei an Weisungen der Gesellschafter gebunden. Gesellschafterbeschlüsse würden mit der einfachen Mehrheit der Stimmen gefasst, es gebe keine Sperrminorität. Als Minderheitsgesellschafter habe er zwar einem klassischen Weisungsrecht nicht unterstanden. Jedoch sei die von ihm verrichtete Arbeitsleistung in der von der Gesellschaft vorgegebenen Ordnung aufgegangen. Es sei weder zu erkennen, dass der Beigeladene zu 1) die übrigen Gesellschafter dominiert habe noch dass diese von ihm wirtschaftlich abhängig gewesen seien.
Mit der am 22. September 2011 zum Sozialgericht Wiesbaden erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Beklagte verkenne, dass der Beigeladene zu 1) seit der Gründung der Klägerin die tragende Unternehmerpersönlichkeit sei, mit der das Unternehmen stehe und falle. Er sei als einzige fachkundige Person für den Handel mit Naturölen völlig frei in der Gestaltung seiner Tätigkeit, neben der er auch noch Tätigkeiten als persönlich haftender Gesellschafter der C. und Co. KG und als Geschäftsführer der H. GmbH ausübe. Seit Gründung der Gesellschaft habe es keine einzige Gesellschafterversammlung gegeben. Die Mitgesellschafterin sei lediglich eine Treuhänderin ohne geschäftliches Wissen und de facto nur eine stille Gesellschafterin. Der Beigeladene zu 1) verfüge faktisch über 48 % der Geschäftsanteile, nur noch 1 % des Stammkapitals liege bei dem früheren Unternehmensgründer A. Unzweifelhaft könne durch die Treuhänderin, die selbst Rizinus vermarkte, aus der gesellschaftlichen Position theoretisch Einfluss genommen werden. Daran bestehe nur überhaupt kein Interesse.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Beigeladene zu 1) verschiedene Darlehensverträge zu den Akten gereicht und dazu ausgeführt, es handele sich um Darlehen, die er persönlich der Klägerin gewährt habe.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 15. Juli 2013 die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben, soweit darin Beiträge für die Jahre 2004 und 2005 erhoben worden sind; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Renten- und Arbeitslosenversicherung festgestellt; insoweit hat sich das Gericht auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid bezogen und ergänzend ausgeführt, die noch vorgelegten Unterlagen führten zu keiner anderen Einschätzung. Die Darlehensverträge zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) aus den Jahren 1998 und 2003 seien lediglich weitergeleitete Lieferantenkredite, bei denen der Beigeladene zu 1) die Kreditsumme nicht selbst aufgebracht habe. Letztlich sei dies nicht entscheidend, da der Beigeladene zu 1) die Geschicke der Klägerin nicht alleine lenken könne. Er verfüge zwar über die notwendige Fachkunde und die beste Erfahrung auf dem örtlichen Markt, auf dem die Klägerin tätig werde. Aber auch der Mehrheitsgesellschafter als Hauptlieferant der vertriebenen Produkte verfüge über eine ausreichende Fachkunde und Erfahrung, um die Geschäfte steuern zu können, wobei es nicht entscheidend sei, dass er hiervon bislang noch keinen Gebrauch gemacht habe.
Allerdings seien die Beiträge für die Jahre 2004/2005 verjährt. Es gelte die 4-jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 SGB IV, die sich allerdings um die Zeit der sog. Ablaufhemmung (Hemmung der Verjährung während der Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber) verlängere. Die Betriebsprüfung sei am 18. März 2009 beendet gewesen. Die Beklagte habe auch nicht darauf hingewiesen, dass sie die Betriebsprüfung wieder aufgenommen habe. Die Hemmung habe daher gemäß § 25 Abs. 4 S. 1 SGB IV sechs Monate nach Abschluss der Prüfung und damit noch im Jahr 2009 geendet, so dass unter Beachtung der 4jährigen Verjährungsfrist die Beiträge für 2004 und 2005 bei Bescheiderteilung am 19. Februar 2010 bereits verjährt gewesen seien.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 26. Juli 2013 zugestellte Urteil am 20. August 2013, die Klägerin gegen das ihr am 23. Juli 2013 zugestellte Urteil am 21. August 2013 Berufung eingelegt.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das Sozialgericht unterliege einem Rechtsirrtum, wenn es davon ausgehe, dass bei der Größenordnung des Geschäftsanteils der Mehrheitsgesellschafterin von 51 % eine Einstufung als Selbständiger nicht möglich sei. Das widerspreche der Rechtsprechung des BSG und der einschlägigen Literatur. Entscheidend müsse die absolute unternehmerische Position des Beigeladenen zu 1) sein, der bspw. Mitarbeiter einstelle und Filialen eröffne, ohne dass irgendeine Kontrolle oder Aufsicht erfolge. Bedeutsam sei auch die allein erfolgsbezogene Vergütung. Der Beigeladene zu 1) habe der Gesellschaft zudem persönlich Kredite gegeben und für diese gebürgt. Soweit im Urteil von einem "Lieferantenkredit" gesprochen werde, sei das eine freie Erfindung des Gerichts.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 15. Juli 2013 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 19. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. August 2011 in vollen Umfang aufzuheben,
sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 15. Juli 2013 abzuändern und die Klage in vollen Umfang abzuweisen,
sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Sozialgerichts hinsichtlich der Beurteilung der Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1). Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei eine teilweise Verjährung der Beitragsforderung aber nicht eingetreten. Mit Beginn der Betriebsprüfung am 29. August 2008 habe die Verjährungshemmung begonnen und bis zum Erlass des Bescheids vom 19. Februar 2010 angedauert. Am 19. März 2009 habe lediglich eine Anhörung der Klägerin stattgefunden, aber noch keine endgültige Beendigung der Betriebsprüfung in Bezug auf den Beigeladenen zu 1). Vielmehr habe man die Rückäußerung der Klägerin zum Anlass für eine weitergehende Sachverhaltsermittlung genommen, die – was die Beklagte im Einzelnen ausführt – bis zum Erlass des Bescheids vom 19. Februar 2010 fortgeführt worden sei. Im Übrigen habe das Sozialgericht nicht beachtet, dass die Beiträge für Dezember 2005 erst am 15. Januar 2006 fällig geworden seien.
Der Senat hat mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt und hierbei den Beigeladenen zu 1) persönlich befragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Rechtsstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten, der Gegenstand der Beratung des Senats war, Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§§ 152, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen zu 1) für die Jahre 2006 bis 2009 zu Recht abgewiesen, denn der Beigeladene zu 1) war im streitgegenständlichen Zeitraum versicherungspflichtig in der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Dagegen ist die Berufung der Beklagten begründet und führt dazu, dass das Urteil des Sozialgerichts insoweit aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen ist. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sind die Beiträge für die Jahre 2004 und 2005 nicht verjährt.
1. Der Beigeladene zu 1) unterlag in dem streitgegenständlichem Zeitraum als abhängig Beschäftigter der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S. 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S. 2).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. zum Ganzen z.B. BSG SozR 4-2400 § 28e Nr. 4 Rdnr. 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 6 Rdnr. 14 m.w.N.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 19 S 69 f, Nr. 13 S. 31 f. und Nr. 4 S. 13, jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R –, BSGE 111, 257-268, Rdnr. 16).
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Die Versicherungspflicht des Geschäftsführers einer GmbH, der zugleich deren Gesellschafter ist, hängt davon ab, ob wegen seiner Kapitalbeteiligung noch ein Verhältnis der persönlichen Abhängigkeit vorliegt. Hat ein solcher Geschäftsführer aufgrund seiner Kapitalbeteiligung einen so maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, dass er jeden ihm nicht genehmen Beschluss verhindern kann, so fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit (BSG, Urteil vom 14. Dezember 1999, B 2 U 48/98 R, juris). Dies ist immer der Fall, wenn der Geschäftsführer Mehrheitsgesellschafter ist, er also über die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft oder mehr verfügt (BSGE 23, 83, 84 = SozR a.a.O.; BSGE 42, 1, 2 = SozR 2200 § 723 Nr. 1; BSG SozR Nr. 30 zu § 539 RVO), und zwar auch dann, wenn er von der ihm zustehenden Rechtsmacht tatsächlich keinen Gebrauch macht und die Entscheidung anderen überlässt (BSG SozR 3-4100 § 168 Nrn. 5 und 8; BSGE 66, 69, 71 = SozR 4100 § 104 Nr. 19). Unter Umständen genügt aber schon ein geringerer Kapitalanteil, insbesondere wenn er über eine Sperrminorität verfügt, die sich u.a. darauf erstreckt, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern (vgl. BSG SozR 3-4100 § 104 Nr. 8; SozR 3-4100 § 168 Nr. 8).
Der Umkehrschluss, dass mangels eines durch die Kapitalbeteiligung hervorgerufenen beherrschenden Einflusses auf die Gesellschaft regelmäßig ein Abhängigkeitsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers anzunehmen ist, ist allerdings in dieser allgemeinen Form nicht zulässig. In solchen Fällen hängt das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses wesentlich davon ab, ob der Geschäftsführer nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit einem seine persönliche Abhängigkeit begründenden Weisungsrecht der GmbH unterliegt. Denn auch wenn der geschäftsführende Gesellschafter über keine Mehrheit am Stammkapital und auch nicht über eine Sperrminorität verfügt, kann eine abhängige Beschäftigung weiter dann ausgeschlossen sein, wenn es ihm sein tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der GmbH gestattet, nicht genehme Weisungen der genannten Art zu verhindern (vgl. BSG SozR 2100 § 7 Nr. 7; SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Dies kann z.B. der Fall sein, wenn er in der GmbH "schalten und walten" kann wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG, Urteil vom 14. Dezember 1999, B 2 U 48/98 R, juris). Allerdings machen auch weitreichende Entscheidungsbefugnisse einen "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, aus diesem noch keinen Selbständigen (BSG, Urteil vom 30. April 2013, B 12 KR 19/11 R, juris Rdnr. 29).
Ausgangspunkt für die Prüfung, ob eine abhängige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, ist nach diesen Grundsätzen zunächst der Geschäftsführervertrag zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 2013, B 12 KR 19/11 R, juris Rdnr. 17). Dieser Vertrag sieht insoweit in einer für einen angestellten Geschäftsführer typischen Formulierung – vor, dass der Beigeladene zu 1) seine Geschäftsführertätigkeit "nach Anweisungen der Gesellschafter" ausführt (§ 1 Abs. 1 und 3 GfV). Nach der gesellschaftsvertraglichen Formulierung ist diese Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1) auch nicht – wie sonst häufig - auf einzelne, besonders bedeutende oder herausgehobene Geschäfte für die Gesellschaft beschränkt (wie z.B. Erwerb oder Veräußerung von Grundstücken, Verpflichtungsgeschäfte ab einem bestimmten Betrag), sondern umfassend.
Im Übrigen enthält der Vertrag des Beigeladenen zu 1) allerdings einige Regelungen, die arbeitnehmeruntypisch sind. So enthält der Vertrag weder Regelungen zur Arbeitszeit noch zu einem Urlaubsanspruch des Beigeladenen zu 1). Der Beigeladene zu 1) schuldet seine Arbeitskraft auch nicht ausschließlich der Klägerin, sondern ist berechtigt, daneben noch andere Geschäfte zu betreiben; tatsächlich ist der Beigeladene noch mit zwei weiteren Firmen beruflich tätig. Am auffälligsten ist aber die für einen Arbeitnehmer völlig untypische Vergütungsregelung. Der Beigeladene zu 1) erhält nach § 3 GfV keinerlei feste Vergütung, sondern einen Anteil von 40 % des Rohertrags der Gesellschaft. Diese Vergütungsregelung ist durch die Zusage der Treugeberin der Mehrheitsgesellschafterin vom 17. August 1987 zwischenzeitlich zugunsten des Beigeladenen zu 1) weiter dahingehend geändert worden, dass der Beigeladene zu 1) für seine Tätigkeit als Geschäftsführer Anspruch auf einen Anteil von bis zu 85 % des Rohertrags der Gesellschaft nach Abzug der Zahlung des Ausgleichanspruchs an Herrn A. A. hat. Angesichts dessen arbeitet der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer der Klägerin faktisch nicht für fremde, sondern für eigene Rechnung.
Zu berücksichtigen ist weiter, dass der Beigeladene zu 1) in der tatsächlichen Ausgestaltung seiner täglichen Arbeit von Weisungen unabhängig ist. Nach seiner glaubhaften Darstellung, die sich mit der Stellungnahme der Firma E. GmbH deckt und durch weitere Umstände, insbesondere das jahrelange Nichtabhalten von Gesellschafterversammlungen, belegt wird, führt der Beigeladene zu 1) das Geschäft der Klägerin faktisch wie ein selbständiger Unternehmer. Er trifft sämtliche Sach- und Personalentscheidungen allein. So hat er bspw. in alleiniger Verantwortung und ohne Rücksprache mit den Gesellschaftern für die Klägerin eine Filiale in J-Stadt eröffnet.
All dies reicht jedoch nicht aus, um den Beigeladenen zu 1) als Selbständigen zu beurteilen. Denn die Unternehmensträgerschaft liegt nicht bei ihm. Er hat rechtlich keinen beherrschenden Einfluss auf die Unternehmensleitung. Sein Kapitalanteil an der Gesellschaft beträgt lediglich 2 %. Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein weiterer Anteil des Stammkapitals von 46 % im Wege der Erbfolge auf seine Mutter übergegangen und davon auszugehen ist, dass diese im Streitfall mit ihrem Sohn stimmen würde, kann der Beigeladene zu 1) ihm unliebsame Weisungen der Gesellschaft durch entsprechende Gesellschafterbeschlüsse daher nicht verhindern. Denn nach dem Gesellschaftsvertrag werden Gesellschafterbeschlüsse mit der (einfachen) Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht Gesetz oder Gesellschaftsvertrag eine größere Mehrheit vorsehen. Mithin kann die Mehrheitsgesellschafterin mit ihrem Stammkapitalanteil von 51 % jeden von ihr gewünschten Beschluss durchsetzen. Der Beigeladene zu 1) verfügt auch nicht über eine Sperrminorität oder eine sonstige, Mehrheitsentscheidungen verhindernde Rechtsposition.
Der Einwand des Beigeladenen zu 1), das Weisungsrecht bestehe lediglich auf dem Papier und habe in der Realität der Gesellschaft keinerlei Bedeutung, weil ihm der Mehrheitsgesellschafter seit der Gründung völlig freie Hand lasse und auf jede Einflussnahme auf die Geschäftsführung verzichte, führt zu keinem anderen Ergebnis. Das BSG weist zu Recht darauf hin, dass die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht sich an der Rechtsmacht orientieren muss. Dabei kann ein und dasselbe Versicherungsverhältnis nicht danach unterschieden werden, ob der faktische Spielraum des Beschäftigten zu einem bestimmten Zeitpunkt größer oder kleiner ist. Eine "Schönwetterselbstständigkeit", welche maßgeblich auf den Einfluss des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers in ruhigen, wirtschaftlich erfolgreichen Zeiten abstellt, ist abzulehnen. Entscheidend ist und bleibt die Befugnis der Mehrheitsgesellschafterin, gerade bei einer ihr nicht genehmen Entwicklung der Geschäfte auf die Tätigkeit des Geschäftsführers einzuwirken. So liegt der vorliegende Fall. Die Gesellschafter könnten dem Beigeladenen zu 1) nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag und im Geschäftsführervertrag ins Einzelne gehende Weisungen erteilen. Dass dies ein nicht nur theoretisches Gedankenspiel ist, zeigt die Absichtserklärung zur Gründung der Gesellschaft vom 19. Juni 1987. Aus dieser wird deutlich, dass zum damaligen Zeitpunkt und offensichtlich vor dem Hintergrund der vorher in der Geschäftsbeziehung zu A. entstandenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten seitens der Firma E. GmbH eine enge Führung der Geschäfte der neu gegründeten GmbH beabsichtigt war; denn dort werden konkrete Bedingungen für das Tätigwerden am Markt formuliert, Spekulationsgeschäfte ausdrücklich verboten und eine Geschäftsführung " auf das Sparsamste" gefordert. Entsprechende Vorgaben könnte die Mehrheitsgesellschafterin kraft ihrer Rechtsmacht auch heute durchsetzen. Ebenso wäre sie aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelungen in der Lage, den Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer abzuberufen.
Aus der im Widerspruchverfahren der Beklagten vorgelegten Erklärung der Firma E. GmbH vom 23. März 2010, wonach diese "von dem qua Gesellschaftsvertrag und/oder Geschäftsführervertrag ableitbaren Recht, ihm (dem Beigeladenen zu 1)) Weisungen zu erteilen, absehen" wird, ergibt sich nichts anderes. Denn darin liegt kein durch den Beigeladenen zu 1) in seiner Funktion als Geschäftsführer rechtlich durchsetzbarer Verzicht der Mehrheitsgesellschafterin auf das Weisungsrecht. Die Beaufsichtigung und Anleitung der Geschäftsführer ist kein Geschäft eines einzelnen Gesellschafters, sondern aller Gesellschafter. Diese sind von Gesetzes wegen frei, in jeder beliebigen Geschäftsführungsangelegenheit zu entscheiden und damit den Geschäftsführer zu binden (Roth/ Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl. 2012, § 45 Rdnr. 6). Diese Befugnisse sind durch den Gesellschaftsvertrag begründet und könnten dementsprechend nur durch Änderung des Gesellschaftsvertrags in den dafür gesetzlich vorgeschriebenen Formen (§ 53 GmbHG) abbedungen werden. Das ist hier nicht erfolgt.
Die Klägerin kann auch nicht mit dem Einwand gehört werden, eine Einflussnahme der Mehrheitsgesellschafterin scheide wegen ihrer fehlenden fachlichen Erfahrung und der überlegenen Sachkunde des Beigeladenen zu 1) auf dem Markt der von ihr gehandelten pflanzlichen Öle aus.
Ganz allgemein rechtfertigt allein eine vermeintliche "faktische Machtposition" des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht die Annahme seiner Selbstständigkeit. Auch geschuldete Dienste höherer Art werden im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen. Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter im Rechtssinne entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Regelungen zum Nichtbestehen von Versicherungspflicht bei den Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung und im Recht der Arbeitsförderung (§ 1 S. 4 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III). Diese Personen sind insoweit sozialversicherungsrechtlich den für Beschäftigte geltenden Regelungen unterworfen, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft des Unternehmens Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr, vgl. BSGE 65, 113, 116 f; SozR 3-2400 § 7 Nr. 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr. 3, Rdnr. 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr. 6, Rdnr. 14). Denn sie bleiben von der Entscheidungsbefugnis der Organe der Gesellschaft abhängig. Daher machen auch weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, diesen nicht zu einem Selbstständigen, selbst wenn er innerhalb des Betriebs als "Chef" angesehen wird (BSG, Urteil vom 30. April 2013 B 12 KR 19/11 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21, Rdnr. 29). Auch dann, wenn einer mit dem Firmeninhaber nicht identischen Person in der betrieblichen Realität ein weitreichender Einfluss auf die Firmenleitung eingeräumt ist, bleibt die Rechtsmacht des Betriebsinhabers maßgeblich, etwa im Fall eines Zerwürfnisses die betreffende Person zu entlassen und an seiner Stelle eine andere Arbeitskraft mit entsprechendem Fachwissen einzustellen, ohne dass der "Betriebsleiter" die Rechtsmacht hat, dem mit Erfolgsaussicht entgegenzutreten (BSG a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R, Rdnr. 32).
Vor diesem Hintergrund hält der Senat zunächst die von der Klägerin (unter Bezugnahme auf Kaufmann/Kleemann, BB 2014, 825) vertretene Rechtsansicht, bei einer GmbH, bei der die Gesellschaftsbeteiligung für einen oder mehrere Gesellschafter eine reine Geldanlage sei, müsse entscheidend auf die tatsächlichen Machtverhältnisse abgestellt werden, für unzutreffend. Die Behauptung, eine Einmischung des Investors in das operative Geschäft sei in solchen Fällen weder beabsichtigt noch aufgrund oftmals fehlender Branchenkenntnis überhaupt möglich, erscheint in dieser Allgemeinheit im Übrigen schon deshalb als zweifelhaft, weil sich derartige Geldgeber für die Investitionsentscheidung in vielen Fällen entsprechenden Sachverstand besorgen werden. Im Übrigen ist es naheliegend, dass bei einem nicht den Erwartungen entsprechenden Verlauf der Firmenentwicklung gerade ein externer Geldgeber das operative Geschäft intensiv prüfen und versuchen wird, durch Weisungen an die Geschäftsführer oder auch deren Abberufung Kapitalverlust zu vermeiden. Die Frage wird in solchen Fällen – insbesondere bei Firmenneugründungen, bei denen Startkapital für eine neue Geschäftsidee akquiriert wird - eher sein, ob der Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer aufgrund spezieller Branchen- und Sachkunde tatsächlich allein in der Lage ist, das Geschäftsmodell in die Tat umzusetzen, eine Fortführung der Gesellschaft ohne seine Person und sein spezielles Wissen also faktisch ausscheidet.
Von einer solchen Fallgestaltung ist vorliegend allerdings nicht auszugehen. Denn Trägerin des Mehrheitsanteils an der Klägerin – über die D. als Treuhänder – ist die Firma E. GmbH, also ein Unternehmen, welches auf dem einschlägigen Markt zumindest in einem Teilbereich, nämlich dem Handel mit Rizinusöl, selbst tätig ist. Diese Firma ist also kein reiner Geldgeber ohne jede Fachkenntnis, sondern sie wäre, was die Klägerin selbst einräumt, mit ihrem geschäftlichen know-how in der Lage, das Tätigwerden des Beigeladenen zu 1) zu kontrollieren und zu beeinflussen. Ebenso könnte sie kraft ihrer gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht bei Unzufriedenheit mit der Geschäftsführung des Beigeladenen zu 1) seine Abberufung veranlassen und ihn durch einen anderen Geschäftsführer ersetzen. Es gibt für den Senat insoweit auch keinen durchschlagenden Anhalt dafür, dass das Geschäft der Klägerin mit der Person des Beigeladenen zu 1) "steht und fällt". Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Handelsgeschäft der Klägerin auch von einer anderen Person, die in diesem Segment bereits Erfahrungen gemacht hat, fortgeführt werden könnte, auch wenn diese möglicherweise nicht mit demselben Erfolg wie der Beigeladene zu 1) tätig werden würde.
Eine Vergleichbarkeit des Beigeladenen zu 1) mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ergibt sich schließlich auch nicht unter dem Aspekt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten. Der Beigeladene zu 1) hat insoweit auf die von der C. C. & Co KG (mit ihm als persönlich haftendem Gesellschafter) zugunsten der Klägerin übernommene Bürgschaftserklärung vom 25. Juni 2002 für die Erfüllung von Kaufpreisforderungen der E. GmbH in unbeschränkter Höhe sowie auf von ihm der Gesellschaft gewährten Kredite verwiesen. Hierauf kommt es aus Sicht des Senats jedoch nicht an. Die Bürgschaftsübernahme bzw. die Hingabe von Darlehen war nicht verbunden mit den geschuldeten Diensten als Geschäftsführer der Klägerin. Vielmehr liegt insoweit ein eigenständiges Rechtsgeschäft neben dem Geschäftsführervertrag vor. Der Beigeladene zu 1) hat damit zwar ein zusätzliches Risiko übernommen, jedoch ohne dass erkennbar wäre, dass sich hierdurch seine rechtlichen oder tatsächlichen Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit entscheidend verändert hätten (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012, B 12 KR 25/10 R, juris Rdnr. 26).
Der Senat ist sich bewusst, dass die von ihm vertretene Auslegung im Ergebnis dazu führt, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der nur einen Minderheitsgesellschaftsanteil hält, in aller Regel der Sozialversicherungspflicht unterliegt, sofern nicht einer der angesprochenen Ausnahmefälle (Sperrminorität; alleinige und unverzichtbare Sachkunde) vorliegt. Er hält dieses Ergebnis aber insbesondere unter dem Aspekt der Rechtssicherheit für notwendig. Denn die Katalogmerkmale, anhand derer im Rahmen der Prüfung von § 7 SGB IV ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis und eine selbständige (unternehmerische) Tätigkeit voneinander abgegrenzt werden, zeichnen sich in ihrer Anwendung in der Rechtspraxis häufig durch ein gewisses Maß an Unsicherheit und Beliebigkeit aus. Dies hat sich in der Vergangenheit in einer durchaus widersprüchlichen Entscheidungspraxis auch der Gerichte bei der Beurteilung insbesondere der Versicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern gezeigt (vgl. etwa BSG, Urteil vom 8. August 1990 – 11 RAr 77/89 –, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Aus der Sicht des Senats ist daher der stärker als früher an der Rechtsmacht im Unternehmen orientierten Rechtsprechung des BSG zu folgen, weil sie den Weg zu einer einheitlichen und damit auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz eher entsprechenden Rechtsanwendung ebnet.
Mithin fordert die Beklagte als Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag von der Klägerin als Arbeitgeberin zu Recht Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung nach (vgl. §§ 28d, 28e Abs. 1 Satz 1, 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen; sie entscheidet nicht nur über die Versicherungspflicht, sondern auch über die Beitragshöhe (§ 28h Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Maßgeblich ist dabei das dem Beigeladenen zu 1) zugewandte Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IV. Insoweit hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid in nicht zu beanstandender Weise die Beiträge aus dem an den Beigeladenen zu 1) gezahlten Arbeitsentgelt zuzüglich geldwerter Vorteile aus privater Firmenwagennutzung, Sonderzahlungen sowie der Übernahme von Steuerbeträgen durch den Arbeitgeber errechnet. Die Berechnungsgrundlage wie auch die Höhe der Beitragsnachforderung hat die einschlägig fachkundig beratene Klägerin nicht beanstandet; auch für den Senat ergeben sich insoweit keine Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung.
Ebenso ist die Nachforderung der sog. U1 – und U2-Umlage nach § 7 AAG für die Zeit ab dem 1. Januar 2006 als auch der Umlage nach § 358 SGB III für das Insolvenzgeld für das Jahr 2009 durch die Beklagte rechtmäßig. Insoweit nimmt der Senat auf die ausführlichen Darlegungen der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid Bezug und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Begründung ab (§ 136 Abs. 3 SGG).
2. Die Berufung der Beklagten hat dagegen Erfolg. Die Beitragsansprüche für die Jahre 2004/2005 sind nicht verjährt. Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des BGB sinngemäß (§ 25 Abs. 2 SGB IV).
Hiernach scheitert der Eintritt von Verjährung – was das Sozialgericht nicht beachtet hat - bereits daran, dass die Klägerin sich auf Verjährung zu keinem Zeitpunkt berufen hat. Die Verjährung ist nicht schon von Amts wegen zu beachten, sondern muss als Einrede erhoben sein. Zwar wurde vor Inkrafttreten des § 25 SGB IV am 1. Juli 1977 die damals geltende zweijährige Verjährung (§ 29 Abs. 1 RVO) nach Praxis und Rechtsprechung (vgl. BSGE 22, 173, 176 ff. = SozR Nr. 8 zu § 1399 RVO; BSGE 25, 73, 74 f = SozR Nr. 12 zu § 29 RVO) von Amts wegen berücksichtigt. Hieran ist aber zur Überzeugung des Senats angesichts einer geänderten Gesetzeslage nicht festzuhalten, nachdem für die Wirkung der - nunmehr vierjährigen - Verjährung das Gesetz ausdrücklich auf die Vorschriften des BGB verweist und damit auch auf § 222 Abs. 1 BGB, wonach der Schuldner lediglich zur Leistungsverweigerung berechtigt ist (ebenso Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 11. September 2008 – L 8 AL 236/06 –, Rn. 51, juris; offen gelassen in BSGE 56, 266, 269 = SozR 2200 § 1418 Nr. 8). Von einem solchen Leistungsverweigerungsrecht hat die Klägerin jedoch, wie sie auch im Erörterungstermin vor dem Senat bestätigt hat, keinen Gebrauch gemacht. Angesichts dessen kann es der Senat dahinstehen lassen, ob dem Sozialgericht hinsichtlich seiner Auffassung zur Berechnung der Verjährung zu folgen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a SGG, § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Beklagten in beiden Instanzen. Kosten der übrigen Beteiligten sind nicht zu erstatten.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 91.368,87 Euro festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2009 für den Beigeladenen zu 1) in seiner Funktion als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin.
Die Klägerin ist ein in der Rechtsform der GmbH betriebenes Unternehmen, welches mit pflanzlichen Ölen (Rizinus, Leinöl, Holzöl) und Derivaten handelt.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung ab dem 29. August 2008 überprüfte die Beklagte u.a. den sozialversicherungsrechtlichen Status des Geschäftsführers der Klägerin, des Beigeladenen zu 1). Nach dem im Rahmen der Prüfung vorgelegten Gesellschaftsvertrag (GV) vom 17. August 1987 beträgt das Stammkapital der Gesellschaft 50.000 DM. Hiervon haben als Stammeinlagen übernommen:
die Gesellschaft für industrielle Beteiligungen
(D.) mbH 25.500 DM (51%),
der Beigeladene zu 1) 1.000 DM,
Herr A. A. 500 DM und
Herr C. C. senior 23.000 DM.
Bei der D. mbH handelt es sich um ein Unternehmen zur Betreuung und Verwaltung von eigenen und fremden Vermögenswerten und zur Bearbeitung von Finanzierungsangelegenheiten jeder Art. Treugeber des Beteiligungskapitals an die Klägerin ist die E. GmbH mit Sitz in E-Stadt, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrags noch als Deutsche FG-fabrik E. GmbH & Co KG (FG.) firmierte.
Nach einer Absichtserklärung vom 19. Juni 1987 – verfasst von A., den Kaufleuten C. und der FG. – sollte die Gesellschaft gegründet werden, um die bisher von der Firma A. getätigten Eigenhandelsgeschäfte mit Rizinusöl, welches von FG. an A. ab Fabrik EF Stadt verkauft worden war, weiterzuführen. Hintergrund war laut Klägerin Zahlungsschwierigkeiten von A. gegenüber FG. FG. verpflichtete sich, der Klägerin Rizinusöl mindestens im Rahmen des bisherigen Geschäftsvolumens mit A. zu marktgerechten Preisen anzubieten. FG. sollte Gesellschafter – ggf. vertreten durch einen Treuhänder – mit einer Einlage von mehr als 50 % werden. "Die Geschäftsführung obliegt A. und C. gemäß einer Geschäftsführungsordnung, die im Einzelnen zu verhandeln ist. Finanzielle Verfügungen haben in jedem Fall unter Mitwirkung von C. zu erfolgen. Der ausgewiesene Reingewinn steht C. und A. gemäß noch zu beschließender Verteilung zu, FG. erhebt keinen Anspruch auf Gewinnbeteiligung ".
Der letztlich beschlossene GV bestimmte, dass Gesellschafterbeschlüsse der Klägerin mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden; 100 DM eines Geschäftsanteiles gewähren eine Stimme (§ 5 GV). Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer, die verpflichtet sind, die Weisungen der Gesellschafter zu befolgen, insbesondere eine von den Gesellschaftern aufgestellte Geschäftsordnung zu beachten und von den Gesellschaftern als zustimmungspflichtig bezeichnete Geschäfte nur mit deren Zustimmung vorzunehmen (§ 6 GV).
Mit Geschäftsführervertrag (GfV) ebenfalls vom 17. August 1987 wurde der Beigeladene zu 1) mit Wirkung zum 1. Juli 1987 zum alleinigen Geschäftsführer der GmbH bestellt und zur Vertretung der Gesellschaft nach Maßgabe der Vorschriften des Gesellschaftsvertrags, der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung und nach Anweisung der Gesellschafter berechtigt. Der Beigeladene zu 1) darf auf eigene Rechnung weitere Tätigkeiten außer der Geschäftsführung der Klägerin betreiben (§ 1 Abs. 4 GfV). Die Bestellung zum Geschäftsführer kann durch Beschluss der Gesellschafter jederzeit widerrufen werden; der Widerruf gilt als Kündigung des Vertrages zum nächstmöglichen Zeitpunkt (§ 2 Abs. 6 GfV). Der Beigeladene zu 1) erhält ausschließlich eine erfolgsbezogene Vergütung in Höhe von 40 % des Rohertrags der Gesellschaft, welche einvernehmlich neu festgesetzt werden kann, wenn sich herausstellt, dass die Erträge der Gesellschaft nicht ausreichen, die Kosten zu decken und einen angemessenen Gewinn der Gesellschaft zu gewährleisten (§ 3 Abs. 1 und 2 GfV). Auch bei einer vorübergehenden Arbeitsunfähigkeit des Beigeladenen zu 1) durch Krankheit oder aus einem anderen von ihm nicht zu vertretenden Grund bleibt es bei dieser Berechnung der Vergütung (§ 4 GfV). Der Beigeladene zu 1) unterliegt einem Verbot hinsichtlich der Beteiligung an bzw. der Tätigkeit für Wettbewerbsunternehmen (§ 5 GfV).
Ebenfalls am 17. August 1987 teilte die D. im Auftrag ihres Treugebers, der Deutschen FG-fabrik E. GmbH & Co KG, dem Beigeladenen zu 1) mit, dass im Zusammenhang mit der beabsichtigten Beendigung des Handelsvertretervertrages mit A. und der Gewährung einer Altersversorgung an Herrn A. A. durch den Beigeladenen zu 1) einer Regelung zugestimmt werde, wonach ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Handelsvertretervertrags mit A. der Beigeladene zu 1) für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH einen Anteil von bis zu 85 % des Rohertrags der Gesellschaft nach Abzug der Zahlung des Ausgleichsanspruchs an Herrn A. A. erhalte.
Im von der Beklagten übersandten Fragebogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH verwies der Beigeladene zu 1) darauf, dass seine Mutter als Rechtsnachfolgerin von C. C. senior 46 % der Stammeinlagen und er selbst 2 % halte. Einem Weisungsrecht der Gesellschaft hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterliege er nicht.
Mit Schreiben vom 19. März 2009 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von ca. 72.000 Euro u.a. wegen der angenommenen Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) an. Mit Bescheid vom 25. Juni 2009 forderte die Beklagte wegen – vorliegend nicht streitiger – Tatbestände sodann eine Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 4.192,30 Euro und verwies zugleich darauf, dass hinsichtlich der versicherungsrechtlichen Beurteilung der Tätigkeit des Geschäftsführers ein weiterer Bescheid ergehen werde.
Mit Schreiben vom 2. Juli 2009 wandte sich die Klägerin gegen die Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) und verwies auf sein aus der Vergütungsregelung folgendes unternehmerisches Risiko. Auf Nachfrage der Beklagten legte der Beigeladene zu 1) eine von der C. C. & Co KG zugunsten der Klägerin übernommene Bürgschaftserklärung vom 25. Juni 2002 für die Erfüllung von Kaufpreisforderungen der E. GmbH in unbeschränkter Höhe vor und verwies weiter darauf, dass er der Gesellschaft auch Kredite gewährt habe. Zwar sei er nicht ausdrücklich vom Selbstkontrahierungsverbot befreit gewesen, dies aber seit über 20 Jahren beanstandungsfrei so gehandhabt worden. Er sei nicht in eine fremde Ordnung integriert, sondern habe die betriebliche Ordnung höchstpersönlich geschaffen. Mit Bescheid vom 19. Februar 2010 forderte die Beklagte von der Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge, Umlagen nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG) und Insolvenzgeldumlage in Höhe von 91.368,87 Euro für die Zeit 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2009 wegen Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Renten- und Arbeitslosenversicherung nach. Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung habe wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze dagegen nicht bestanden.
Die Klägerin erhob am 25. Februar 2010 Widerspruch. Die Firma E. GmbH teilte der Beklagten mit Schreiben vom 23. März 2010 mit, der Beigeladene zu 1) sei seit Gründung der Gesellschaft – auch wenn in ihrem Hause know-how im Handel mit Rizinusöl existiere – aufgrund der besonderen Gegebenheiten des Marktes, den die Klägerin bediene, allein in der Lage die Geschicke des Unternehmens zu leiten. Aus diesem Grunde werde sie – als Treugeber der D. – von dem Recht, dem Beigeladenen zu 1) Weisungen zu erteilen, absehen, erst Recht hinsichtlich Zeit, Dauer, Ausgestaltung, Umfang und Ort der Arbeitsausführung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Beigeladene zu 1) sei als abhängig Beschäftigter anzusehen. Seine gesellschaftsrechtliche Stellung mache ihn nicht zum Selbständigen, da er keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft kraft eines entsprechenden Anteils am Stammkapital habe. Sein Kapitalanteil an der Gesellschaft betrage – selbst wenn die Anteile seiner Mutter auf ihn übertragen würden – in jedem Fall weniger als 50 %. Er sei an Weisungen der Gesellschafter gebunden. Gesellschafterbeschlüsse würden mit der einfachen Mehrheit der Stimmen gefasst, es gebe keine Sperrminorität. Als Minderheitsgesellschafter habe er zwar einem klassischen Weisungsrecht nicht unterstanden. Jedoch sei die von ihm verrichtete Arbeitsleistung in der von der Gesellschaft vorgegebenen Ordnung aufgegangen. Es sei weder zu erkennen, dass der Beigeladene zu 1) die übrigen Gesellschafter dominiert habe noch dass diese von ihm wirtschaftlich abhängig gewesen seien.
Mit der am 22. September 2011 zum Sozialgericht Wiesbaden erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, die Beklagte verkenne, dass der Beigeladene zu 1) seit der Gründung der Klägerin die tragende Unternehmerpersönlichkeit sei, mit der das Unternehmen stehe und falle. Er sei als einzige fachkundige Person für den Handel mit Naturölen völlig frei in der Gestaltung seiner Tätigkeit, neben der er auch noch Tätigkeiten als persönlich haftender Gesellschafter der C. und Co. KG und als Geschäftsführer der H. GmbH ausübe. Seit Gründung der Gesellschaft habe es keine einzige Gesellschafterversammlung gegeben. Die Mitgesellschafterin sei lediglich eine Treuhänderin ohne geschäftliches Wissen und de facto nur eine stille Gesellschafterin. Der Beigeladene zu 1) verfüge faktisch über 48 % der Geschäftsanteile, nur noch 1 % des Stammkapitals liege bei dem früheren Unternehmensgründer A. Unzweifelhaft könne durch die Treuhänderin, die selbst Rizinus vermarkte, aus der gesellschaftlichen Position theoretisch Einfluss genommen werden. Daran bestehe nur überhaupt kein Interesse.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Beigeladene zu 1) verschiedene Darlehensverträge zu den Akten gereicht und dazu ausgeführt, es handele sich um Darlehen, die er persönlich der Klägerin gewährt habe.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 15. Juli 2013 die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben, soweit darin Beiträge für die Jahre 2004 und 2005 erhoben worden sind; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1) in der Renten- und Arbeitslosenversicherung festgestellt; insoweit hat sich das Gericht auf die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid bezogen und ergänzend ausgeführt, die noch vorgelegten Unterlagen führten zu keiner anderen Einschätzung. Die Darlehensverträge zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) aus den Jahren 1998 und 2003 seien lediglich weitergeleitete Lieferantenkredite, bei denen der Beigeladene zu 1) die Kreditsumme nicht selbst aufgebracht habe. Letztlich sei dies nicht entscheidend, da der Beigeladene zu 1) die Geschicke der Klägerin nicht alleine lenken könne. Er verfüge zwar über die notwendige Fachkunde und die beste Erfahrung auf dem örtlichen Markt, auf dem die Klägerin tätig werde. Aber auch der Mehrheitsgesellschafter als Hauptlieferant der vertriebenen Produkte verfüge über eine ausreichende Fachkunde und Erfahrung, um die Geschäfte steuern zu können, wobei es nicht entscheidend sei, dass er hiervon bislang noch keinen Gebrauch gemacht habe.
Allerdings seien die Beiträge für die Jahre 2004/2005 verjährt. Es gelte die 4-jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 SGB IV, die sich allerdings um die Zeit der sog. Ablaufhemmung (Hemmung der Verjährung während der Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber) verlängere. Die Betriebsprüfung sei am 18. März 2009 beendet gewesen. Die Beklagte habe auch nicht darauf hingewiesen, dass sie die Betriebsprüfung wieder aufgenommen habe. Die Hemmung habe daher gemäß § 25 Abs. 4 S. 1 SGB IV sechs Monate nach Abschluss der Prüfung und damit noch im Jahr 2009 geendet, so dass unter Beachtung der 4jährigen Verjährungsfrist die Beiträge für 2004 und 2005 bei Bescheiderteilung am 19. Februar 2010 bereits verjährt gewesen seien.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 26. Juli 2013 zugestellte Urteil am 20. August 2013, die Klägerin gegen das ihr am 23. Juli 2013 zugestellte Urteil am 21. August 2013 Berufung eingelegt.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Das Sozialgericht unterliege einem Rechtsirrtum, wenn es davon ausgehe, dass bei der Größenordnung des Geschäftsanteils der Mehrheitsgesellschafterin von 51 % eine Einstufung als Selbständiger nicht möglich sei. Das widerspreche der Rechtsprechung des BSG und der einschlägigen Literatur. Entscheidend müsse die absolute unternehmerische Position des Beigeladenen zu 1) sein, der bspw. Mitarbeiter einstelle und Filialen eröffne, ohne dass irgendeine Kontrolle oder Aufsicht erfolge. Bedeutsam sei auch die allein erfolgsbezogene Vergütung. Der Beigeladene zu 1) habe der Gesellschaft zudem persönlich Kredite gegeben und für diese gebürgt. Soweit im Urteil von einem "Lieferantenkredit" gesprochen werde, sei das eine freie Erfindung des Gerichts.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 15. Juli 2013 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 19. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. August 2011 in vollen Umfang aufzuheben,
sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 15. Juli 2013 abzuändern und die Klage in vollen Umfang abzuweisen,
sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Sozialgerichts hinsichtlich der Beurteilung der Sozialversicherungspflicht des Beigeladenen zu 1). Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei eine teilweise Verjährung der Beitragsforderung aber nicht eingetreten. Mit Beginn der Betriebsprüfung am 29. August 2008 habe die Verjährungshemmung begonnen und bis zum Erlass des Bescheids vom 19. Februar 2010 angedauert. Am 19. März 2009 habe lediglich eine Anhörung der Klägerin stattgefunden, aber noch keine endgültige Beendigung der Betriebsprüfung in Bezug auf den Beigeladenen zu 1). Vielmehr habe man die Rückäußerung der Klägerin zum Anlass für eine weitergehende Sachverhaltsermittlung genommen, die – was die Beklagte im Einzelnen ausführt – bis zum Erlass des Bescheids vom 19. Februar 2010 fortgeführt worden sei. Im Übrigen habe das Sozialgericht nicht beachtet, dass die Beiträge für Dezember 2005 erst am 15. Januar 2006 fällig geworden seien.
Der Senat hat mit den Beteiligten einen Erörterungstermin durchgeführt und hierbei den Beigeladenen zu 1) persönlich befragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Rechtsstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten, der Gegenstand der Beratung des Senats war, Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet über die Berufung ohne mündliche Verhandlung, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§§ 152, 124 Abs. 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen für den Beigeladenen zu 1) für die Jahre 2006 bis 2009 zu Recht abgewiesen, denn der Beigeladene zu 1) war im streitgegenständlichen Zeitraum versicherungspflichtig in der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Dagegen ist die Berufung der Beklagten begründet und führt dazu, dass das Urteil des Sozialgerichts insoweit aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen ist. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sind die Beiträge für die Jahre 2004 und 2005 nicht verjährt.
1. Der Beigeladene zu 1) unterlag in dem streitgegenständlichem Zeitraum als abhängig Beschäftigter der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung.
Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S. 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S. 2).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. zum Ganzen z.B. BSG SozR 4-2400 § 28e Nr. 4 Rdnr. 17; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 6 Rdnr. 14 m.w.N.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 19 S 69 f, Nr. 13 S. 31 f. und Nr. 4 S. 13, jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit BVerfG SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 KR 25/10 R –, BSGE 111, 257-268, Rdnr. 16).
Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Die Versicherungspflicht des Geschäftsführers einer GmbH, der zugleich deren Gesellschafter ist, hängt davon ab, ob wegen seiner Kapitalbeteiligung noch ein Verhältnis der persönlichen Abhängigkeit vorliegt. Hat ein solcher Geschäftsführer aufgrund seiner Kapitalbeteiligung einen so maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, dass er jeden ihm nicht genehmen Beschluss verhindern kann, so fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit (BSG, Urteil vom 14. Dezember 1999, B 2 U 48/98 R, juris). Dies ist immer der Fall, wenn der Geschäftsführer Mehrheitsgesellschafter ist, er also über die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft oder mehr verfügt (BSGE 23, 83, 84 = SozR a.a.O.; BSGE 42, 1, 2 = SozR 2200 § 723 Nr. 1; BSG SozR Nr. 30 zu § 539 RVO), und zwar auch dann, wenn er von der ihm zustehenden Rechtsmacht tatsächlich keinen Gebrauch macht und die Entscheidung anderen überlässt (BSG SozR 3-4100 § 168 Nrn. 5 und 8; BSGE 66, 69, 71 = SozR 4100 § 104 Nr. 19). Unter Umständen genügt aber schon ein geringerer Kapitalanteil, insbesondere wenn er über eine Sperrminorität verfügt, die sich u.a. darauf erstreckt, ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern (vgl. BSG SozR 3-4100 § 104 Nr. 8; SozR 3-4100 § 168 Nr. 8).
Der Umkehrschluss, dass mangels eines durch die Kapitalbeteiligung hervorgerufenen beherrschenden Einflusses auf die Gesellschaft regelmäßig ein Abhängigkeitsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers anzunehmen ist, ist allerdings in dieser allgemeinen Form nicht zulässig. In solchen Fällen hängt das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses wesentlich davon ab, ob der Geschäftsführer nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit einem seine persönliche Abhängigkeit begründenden Weisungsrecht der GmbH unterliegt. Denn auch wenn der geschäftsführende Gesellschafter über keine Mehrheit am Stammkapital und auch nicht über eine Sperrminorität verfügt, kann eine abhängige Beschäftigung weiter dann ausgeschlossen sein, wenn es ihm sein tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der GmbH gestattet, nicht genehme Weisungen der genannten Art zu verhindern (vgl. BSG SozR 2100 § 7 Nr. 7; SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Dies kann z.B. der Fall sein, wenn er in der GmbH "schalten und walten" kann wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG, Urteil vom 14. Dezember 1999, B 2 U 48/98 R, juris). Allerdings machen auch weitreichende Entscheidungsbefugnisse einen "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, aus diesem noch keinen Selbständigen (BSG, Urteil vom 30. April 2013, B 12 KR 19/11 R, juris Rdnr. 29).
Ausgangspunkt für die Prüfung, ob eine abhängige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, ist nach diesen Grundsätzen zunächst der Geschäftsführervertrag zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) (vgl. BSG, Urteil vom 30. April 2013, B 12 KR 19/11 R, juris Rdnr. 17). Dieser Vertrag sieht insoweit in einer für einen angestellten Geschäftsführer typischen Formulierung – vor, dass der Beigeladene zu 1) seine Geschäftsführertätigkeit "nach Anweisungen der Gesellschafter" ausführt (§ 1 Abs. 1 und 3 GfV). Nach der gesellschaftsvertraglichen Formulierung ist diese Weisungsgebundenheit des Beigeladenen zu 1) auch nicht – wie sonst häufig - auf einzelne, besonders bedeutende oder herausgehobene Geschäfte für die Gesellschaft beschränkt (wie z.B. Erwerb oder Veräußerung von Grundstücken, Verpflichtungsgeschäfte ab einem bestimmten Betrag), sondern umfassend.
Im Übrigen enthält der Vertrag des Beigeladenen zu 1) allerdings einige Regelungen, die arbeitnehmeruntypisch sind. So enthält der Vertrag weder Regelungen zur Arbeitszeit noch zu einem Urlaubsanspruch des Beigeladenen zu 1). Der Beigeladene zu 1) schuldet seine Arbeitskraft auch nicht ausschließlich der Klägerin, sondern ist berechtigt, daneben noch andere Geschäfte zu betreiben; tatsächlich ist der Beigeladene noch mit zwei weiteren Firmen beruflich tätig. Am auffälligsten ist aber die für einen Arbeitnehmer völlig untypische Vergütungsregelung. Der Beigeladene zu 1) erhält nach § 3 GfV keinerlei feste Vergütung, sondern einen Anteil von 40 % des Rohertrags der Gesellschaft. Diese Vergütungsregelung ist durch die Zusage der Treugeberin der Mehrheitsgesellschafterin vom 17. August 1987 zwischenzeitlich zugunsten des Beigeladenen zu 1) weiter dahingehend geändert worden, dass der Beigeladene zu 1) für seine Tätigkeit als Geschäftsführer Anspruch auf einen Anteil von bis zu 85 % des Rohertrags der Gesellschaft nach Abzug der Zahlung des Ausgleichanspruchs an Herrn A. A. hat. Angesichts dessen arbeitet der Beigeladene zu 1) als Geschäftsführer der Klägerin faktisch nicht für fremde, sondern für eigene Rechnung.
Zu berücksichtigen ist weiter, dass der Beigeladene zu 1) in der tatsächlichen Ausgestaltung seiner täglichen Arbeit von Weisungen unabhängig ist. Nach seiner glaubhaften Darstellung, die sich mit der Stellungnahme der Firma E. GmbH deckt und durch weitere Umstände, insbesondere das jahrelange Nichtabhalten von Gesellschafterversammlungen, belegt wird, führt der Beigeladene zu 1) das Geschäft der Klägerin faktisch wie ein selbständiger Unternehmer. Er trifft sämtliche Sach- und Personalentscheidungen allein. So hat er bspw. in alleiniger Verantwortung und ohne Rücksprache mit den Gesellschaftern für die Klägerin eine Filiale in J-Stadt eröffnet.
All dies reicht jedoch nicht aus, um den Beigeladenen zu 1) als Selbständigen zu beurteilen. Denn die Unternehmensträgerschaft liegt nicht bei ihm. Er hat rechtlich keinen beherrschenden Einfluss auf die Unternehmensleitung. Sein Kapitalanteil an der Gesellschaft beträgt lediglich 2 %. Selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein weiterer Anteil des Stammkapitals von 46 % im Wege der Erbfolge auf seine Mutter übergegangen und davon auszugehen ist, dass diese im Streitfall mit ihrem Sohn stimmen würde, kann der Beigeladene zu 1) ihm unliebsame Weisungen der Gesellschaft durch entsprechende Gesellschafterbeschlüsse daher nicht verhindern. Denn nach dem Gesellschaftsvertrag werden Gesellschafterbeschlüsse mit der (einfachen) Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht Gesetz oder Gesellschaftsvertrag eine größere Mehrheit vorsehen. Mithin kann die Mehrheitsgesellschafterin mit ihrem Stammkapitalanteil von 51 % jeden von ihr gewünschten Beschluss durchsetzen. Der Beigeladene zu 1) verfügt auch nicht über eine Sperrminorität oder eine sonstige, Mehrheitsentscheidungen verhindernde Rechtsposition.
Der Einwand des Beigeladenen zu 1), das Weisungsrecht bestehe lediglich auf dem Papier und habe in der Realität der Gesellschaft keinerlei Bedeutung, weil ihm der Mehrheitsgesellschafter seit der Gründung völlig freie Hand lasse und auf jede Einflussnahme auf die Geschäftsführung verzichte, führt zu keinem anderen Ergebnis. Das BSG weist zu Recht darauf hin, dass die Beurteilung der Sozialversicherungspflicht sich an der Rechtsmacht orientieren muss. Dabei kann ein und dasselbe Versicherungsverhältnis nicht danach unterschieden werden, ob der faktische Spielraum des Beschäftigten zu einem bestimmten Zeitpunkt größer oder kleiner ist. Eine "Schönwetterselbstständigkeit", welche maßgeblich auf den Einfluss des Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführers in ruhigen, wirtschaftlich erfolgreichen Zeiten abstellt, ist abzulehnen. Entscheidend ist und bleibt die Befugnis der Mehrheitsgesellschafterin, gerade bei einer ihr nicht genehmen Entwicklung der Geschäfte auf die Tätigkeit des Geschäftsführers einzuwirken. So liegt der vorliegende Fall. Die Gesellschafter könnten dem Beigeladenen zu 1) nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag und im Geschäftsführervertrag ins Einzelne gehende Weisungen erteilen. Dass dies ein nicht nur theoretisches Gedankenspiel ist, zeigt die Absichtserklärung zur Gründung der Gesellschaft vom 19. Juni 1987. Aus dieser wird deutlich, dass zum damaligen Zeitpunkt und offensichtlich vor dem Hintergrund der vorher in der Geschäftsbeziehung zu A. entstandenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten seitens der Firma E. GmbH eine enge Führung der Geschäfte der neu gegründeten GmbH beabsichtigt war; denn dort werden konkrete Bedingungen für das Tätigwerden am Markt formuliert, Spekulationsgeschäfte ausdrücklich verboten und eine Geschäftsführung " auf das Sparsamste" gefordert. Entsprechende Vorgaben könnte die Mehrheitsgesellschafterin kraft ihrer Rechtsmacht auch heute durchsetzen. Ebenso wäre sie aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelungen in der Lage, den Beigeladenen zu 1) als Geschäftsführer abzuberufen.
Aus der im Widerspruchverfahren der Beklagten vorgelegten Erklärung der Firma E. GmbH vom 23. März 2010, wonach diese "von dem qua Gesellschaftsvertrag und/oder Geschäftsführervertrag ableitbaren Recht, ihm (dem Beigeladenen zu 1)) Weisungen zu erteilen, absehen" wird, ergibt sich nichts anderes. Denn darin liegt kein durch den Beigeladenen zu 1) in seiner Funktion als Geschäftsführer rechtlich durchsetzbarer Verzicht der Mehrheitsgesellschafterin auf das Weisungsrecht. Die Beaufsichtigung und Anleitung der Geschäftsführer ist kein Geschäft eines einzelnen Gesellschafters, sondern aller Gesellschafter. Diese sind von Gesetzes wegen frei, in jeder beliebigen Geschäftsführungsangelegenheit zu entscheiden und damit den Geschäftsführer zu binden (Roth/ Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl. 2012, § 45 Rdnr. 6). Diese Befugnisse sind durch den Gesellschaftsvertrag begründet und könnten dementsprechend nur durch Änderung des Gesellschaftsvertrags in den dafür gesetzlich vorgeschriebenen Formen (§ 53 GmbHG) abbedungen werden. Das ist hier nicht erfolgt.
Die Klägerin kann auch nicht mit dem Einwand gehört werden, eine Einflussnahme der Mehrheitsgesellschafterin scheide wegen ihrer fehlenden fachlichen Erfahrung und der überlegenen Sachkunde des Beigeladenen zu 1) auf dem Markt der von ihr gehandelten pflanzlichen Öle aus.
Ganz allgemein rechtfertigt allein eine vermeintliche "faktische Machtposition" des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht die Annahme seiner Selbstständigkeit. Auch geschuldete Dienste höherer Art werden im Rahmen einer (abhängigen) Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, weil sie in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes aufgehen. Wie weit die Lockerung des Weisungsrechts in der Vorstellung des Gesetzgebers gehen kann, ohne dass deswegen die Stellung als Beschäftigter im Rechtssinne entfällt, zeigen beispielhaft die gesetzlichen Regelungen zum Nichtbestehen von Versicherungspflicht bei den Vorstandsmitgliedern einer Aktiengesellschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung und im Recht der Arbeitsförderung (§ 1 S. 4 SGB VI sowie § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB III). Diese Personen sind insoweit sozialversicherungsrechtlich den für Beschäftigte geltenden Regelungen unterworfen, auch wenn sie die Gesellschaft in eigener Verantwortung zu leiten haben und gegenüber der Belegschaft des Unternehmens Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (stRspr, vgl. BSGE 65, 113, 116 f; SozR 3-2400 § 7 Nr. 18 S 66 f; BSGE 100, 62 = SozR 4-2600 § 1 Nr. 3, Rdnr. 16; BSGE 107, 185 = SozR 4-2600 § 1 Nr. 6, Rdnr. 14). Denn sie bleiben von der Entscheidungsbefugnis der Organe der Gesellschaft abhängig. Daher machen auch weitreichende Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, diesen nicht zu einem Selbstständigen, selbst wenn er innerhalb des Betriebs als "Chef" angesehen wird (BSG, Urteil vom 30. April 2013 B 12 KR 19/11 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21, Rdnr. 29). Auch dann, wenn einer mit dem Firmeninhaber nicht identischen Person in der betrieblichen Realität ein weitreichender Einfluss auf die Firmenleitung eingeräumt ist, bleibt die Rechtsmacht des Betriebsinhabers maßgeblich, etwa im Fall eines Zerwürfnisses die betreffende Person zu entlassen und an seiner Stelle eine andere Arbeitskraft mit entsprechendem Fachwissen einzustellen, ohne dass der "Betriebsleiter" die Rechtsmacht hat, dem mit Erfolgsaussicht entgegenzutreten (BSG a.a.O. unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R, Rdnr. 32).
Vor diesem Hintergrund hält der Senat zunächst die von der Klägerin (unter Bezugnahme auf Kaufmann/Kleemann, BB 2014, 825) vertretene Rechtsansicht, bei einer GmbH, bei der die Gesellschaftsbeteiligung für einen oder mehrere Gesellschafter eine reine Geldanlage sei, müsse entscheidend auf die tatsächlichen Machtverhältnisse abgestellt werden, für unzutreffend. Die Behauptung, eine Einmischung des Investors in das operative Geschäft sei in solchen Fällen weder beabsichtigt noch aufgrund oftmals fehlender Branchenkenntnis überhaupt möglich, erscheint in dieser Allgemeinheit im Übrigen schon deshalb als zweifelhaft, weil sich derartige Geldgeber für die Investitionsentscheidung in vielen Fällen entsprechenden Sachverstand besorgen werden. Im Übrigen ist es naheliegend, dass bei einem nicht den Erwartungen entsprechenden Verlauf der Firmenentwicklung gerade ein externer Geldgeber das operative Geschäft intensiv prüfen und versuchen wird, durch Weisungen an die Geschäftsführer oder auch deren Abberufung Kapitalverlust zu vermeiden. Die Frage wird in solchen Fällen – insbesondere bei Firmenneugründungen, bei denen Startkapital für eine neue Geschäftsidee akquiriert wird - eher sein, ob der Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer aufgrund spezieller Branchen- und Sachkunde tatsächlich allein in der Lage ist, das Geschäftsmodell in die Tat umzusetzen, eine Fortführung der Gesellschaft ohne seine Person und sein spezielles Wissen also faktisch ausscheidet.
Von einer solchen Fallgestaltung ist vorliegend allerdings nicht auszugehen. Denn Trägerin des Mehrheitsanteils an der Klägerin – über die D. als Treuhänder – ist die Firma E. GmbH, also ein Unternehmen, welches auf dem einschlägigen Markt zumindest in einem Teilbereich, nämlich dem Handel mit Rizinusöl, selbst tätig ist. Diese Firma ist also kein reiner Geldgeber ohne jede Fachkenntnis, sondern sie wäre, was die Klägerin selbst einräumt, mit ihrem geschäftlichen know-how in der Lage, das Tätigwerden des Beigeladenen zu 1) zu kontrollieren und zu beeinflussen. Ebenso könnte sie kraft ihrer gesellschaftsrechtlichen Rechtsmacht bei Unzufriedenheit mit der Geschäftsführung des Beigeladenen zu 1) seine Abberufung veranlassen und ihn durch einen anderen Geschäftsführer ersetzen. Es gibt für den Senat insoweit auch keinen durchschlagenden Anhalt dafür, dass das Geschäft der Klägerin mit der Person des Beigeladenen zu 1) "steht und fällt". Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Handelsgeschäft der Klägerin auch von einer anderen Person, die in diesem Segment bereits Erfahrungen gemacht hat, fortgeführt werden könnte, auch wenn diese möglicherweise nicht mit demselben Erfolg wie der Beigeladene zu 1) tätig werden würde.
Eine Vergleichbarkeit des Beigeladenen zu 1) mit einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ergibt sich schließlich auch nicht unter dem Aspekt tatsächlicher wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten. Der Beigeladene zu 1) hat insoweit auf die von der C. C. & Co KG (mit ihm als persönlich haftendem Gesellschafter) zugunsten der Klägerin übernommene Bürgschaftserklärung vom 25. Juni 2002 für die Erfüllung von Kaufpreisforderungen der E. GmbH in unbeschränkter Höhe sowie auf von ihm der Gesellschaft gewährten Kredite verwiesen. Hierauf kommt es aus Sicht des Senats jedoch nicht an. Die Bürgschaftsübernahme bzw. die Hingabe von Darlehen war nicht verbunden mit den geschuldeten Diensten als Geschäftsführer der Klägerin. Vielmehr liegt insoweit ein eigenständiges Rechtsgeschäft neben dem Geschäftsführervertrag vor. Der Beigeladene zu 1) hat damit zwar ein zusätzliches Risiko übernommen, jedoch ohne dass erkennbar wäre, dass sich hierdurch seine rechtlichen oder tatsächlichen Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit entscheidend verändert hätten (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012, B 12 KR 25/10 R, juris Rdnr. 26).
Der Senat ist sich bewusst, dass die von ihm vertretene Auslegung im Ergebnis dazu führt, dass ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der nur einen Minderheitsgesellschaftsanteil hält, in aller Regel der Sozialversicherungspflicht unterliegt, sofern nicht einer der angesprochenen Ausnahmefälle (Sperrminorität; alleinige und unverzichtbare Sachkunde) vorliegt. Er hält dieses Ergebnis aber insbesondere unter dem Aspekt der Rechtssicherheit für notwendig. Denn die Katalogmerkmale, anhand derer im Rahmen der Prüfung von § 7 SGB IV ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis und eine selbständige (unternehmerische) Tätigkeit voneinander abgegrenzt werden, zeichnen sich in ihrer Anwendung in der Rechtspraxis häufig durch ein gewisses Maß an Unsicherheit und Beliebigkeit aus. Dies hat sich in der Vergangenheit in einer durchaus widersprüchlichen Entscheidungspraxis auch der Gerichte bei der Beurteilung insbesondere der Versicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern gezeigt (vgl. etwa BSG, Urteil vom 8. August 1990 – 11 RAr 77/89 –, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4). Aus der Sicht des Senats ist daher der stärker als früher an der Rechtsmacht im Unternehmen orientierten Rechtsprechung des BSG zu folgen, weil sie den Weg zu einer einheitlichen und damit auch dem Gleichbehandlungsgrundsatz eher entsprechenden Rechtsanwendung ebnet.
Mithin fordert die Beklagte als Einzugsstelle für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag von der Klägerin als Arbeitgeberin zu Recht Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung nach (vgl. §§ 28d, 28e Abs. 1 Satz 1, 28h Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Beitragsansprüche, die nicht rechtzeitig erfüllt worden sind, hat die Einzugsstelle geltend zu machen; sie entscheidet nicht nur über die Versicherungspflicht, sondern auch über die Beitragshöhe (§ 28h Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Satz 1 SGB IV). Maßgeblich ist dabei das dem Beigeladenen zu 1) zugewandte Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 Abs. 1 SGB IV. Insoweit hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid in nicht zu beanstandender Weise die Beiträge aus dem an den Beigeladenen zu 1) gezahlten Arbeitsentgelt zuzüglich geldwerter Vorteile aus privater Firmenwagennutzung, Sonderzahlungen sowie der Übernahme von Steuerbeträgen durch den Arbeitgeber errechnet. Die Berechnungsgrundlage wie auch die Höhe der Beitragsnachforderung hat die einschlägig fachkundig beratene Klägerin nicht beanstandet; auch für den Senat ergeben sich insoweit keine Zweifel an der Richtigkeit der Berechnung.
Ebenso ist die Nachforderung der sog. U1 – und U2-Umlage nach § 7 AAG für die Zeit ab dem 1. Januar 2006 als auch der Umlage nach § 358 SGB III für das Insolvenzgeld für das Jahr 2009 durch die Beklagte rechtmäßig. Insoweit nimmt der Senat auf die ausführlichen Darlegungen der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid Bezug und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Begründung ab (§ 136 Abs. 3 SGG).
2. Die Berufung der Beklagten hat dagegen Erfolg. Die Beitragsansprüche für die Jahre 2004/2005 sind nicht verjährt. Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des BGB sinngemäß (§ 25 Abs. 2 SGB IV).
Hiernach scheitert der Eintritt von Verjährung – was das Sozialgericht nicht beachtet hat - bereits daran, dass die Klägerin sich auf Verjährung zu keinem Zeitpunkt berufen hat. Die Verjährung ist nicht schon von Amts wegen zu beachten, sondern muss als Einrede erhoben sein. Zwar wurde vor Inkrafttreten des § 25 SGB IV am 1. Juli 1977 die damals geltende zweijährige Verjährung (§ 29 Abs. 1 RVO) nach Praxis und Rechtsprechung (vgl. BSGE 22, 173, 176 ff. = SozR Nr. 8 zu § 1399 RVO; BSGE 25, 73, 74 f = SozR Nr. 12 zu § 29 RVO) von Amts wegen berücksichtigt. Hieran ist aber zur Überzeugung des Senats angesichts einer geänderten Gesetzeslage nicht festzuhalten, nachdem für die Wirkung der - nunmehr vierjährigen - Verjährung das Gesetz ausdrücklich auf die Vorschriften des BGB verweist und damit auch auf § 222 Abs. 1 BGB, wonach der Schuldner lediglich zur Leistungsverweigerung berechtigt ist (ebenso Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 11. September 2008 – L 8 AL 236/06 –, Rn. 51, juris; offen gelassen in BSGE 56, 266, 269 = SozR 2200 § 1418 Nr. 8). Von einem solchen Leistungsverweigerungsrecht hat die Klägerin jedoch, wie sie auch im Erörterungstermin vor dem Senat bestätigt hat, keinen Gebrauch gemacht. Angesichts dessen kann es der Senat dahinstehen lassen, ob dem Sozialgericht hinsichtlich seiner Auffassung zur Berechnung der Verjährung zu folgen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a SGG, § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz.
Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.
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