L 23 SO 268/12

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 49 SO 1232/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 SO 268/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten höhere Leistungen für Beiträge zu einer Kranken- und Pflegeversicherung.

Die 1953 geborene Klägerin ist an MS erkrankt. Bei ihr ist ein Grad der Behinderung von 80 anerkannt sowie das Merkzeichen G. Sie bezog in dem hier streitigen Zeitraum ab Juni 2010 eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 462,82 Euro. Bei der Klägerin waren auch die Voraussetzungen für das Merkzeichen aG anerkannt. Die Klägerin war privat gegen die Risiken der Krankheit und bei Pflegebedürftigkeit bei der I V versichert und entrichtete einen monatlichen Beitrag von 811,30 Euro.

Der Klägerin wurden laufend Leistungen nach dem 4. Kapitel SGB XII gewährt, wobei bis zum 31. Mai 2010 für Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gemäß § 42 SGB XII in Verbindung mit § 32 SGB XII ein Bedarf von 770,20 Euro zugrunde gelegt wurde (Bescheid vom 15. März 2010). Auf den Weiterbewilligungsantrag aus Mai 2010 (Einreichung Kontoauszüge auf das Schreiben des Beklagten vom 17. Mai 2010) gewährte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 4. Juni 2010 weiterhin Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kap. SGB XII für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 31. Mai 2011 in Höhe von monatlich 975,97 Euro. Dabei wurde der Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 1. Juni 2010 auf monatlich 320,63 Euro festgelegt. Am 7. Juni 2010 beantragte die Klägerin beim Sozialgericht Berlin den Beklagten vorläufig zu verpflichten, über den 31. Mai 2010 hinaus Leistungen nach dem SGB XII in der bisher geleisteten Höhe zu erbringen und machte geltend, dass die Beiträge zur privaten Krankenversicherung nicht nur gekürzt zu berücksichtigen seien.

Am 11. Juni 2010 erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 4. Juni 2010 Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2010 zurückgewiesen wurde. Nach § 32 Abs. 5 SGB XII würden Beiträge zu einer Krankenversicherung übernommen, soweit sie angemessen und die sonstigen Voraussetzungen erfüllt seien. Angemessen seien Kosten im Basistarif der privaten Krankenversicherung. Höhere Aufwendungen könnten nur anerkannt werden, wenn die Leistungsberechtigung nach dem SGB XII voraussichtlich nur von kurzer Dauer wäre und deshalb die Versicherung im bisherigen Umfang aufrechterhalten werden solle. Die Klägerin habe vorgetragen, dass ihr einen Wechsel in den Basistarifvertrag nicht zumutbar sei, da mit dem Tarifwechsel eine Vielzahl von Leistungen entfalle, die eine Gefährdung ihres Gesundheitszustandes zur Folge habe. Unterstützt werde diese Einschätzung durch die die Klägerin seit Jahren behandelnden Ärzte. Die Reduzierung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge auf eine sozialhilferechtlich angemessene Höhe fordere der Sozialhilfeträger bereits seit Jahren. Nicht nachvollzogen werden könne, warum die Klägerin durch die Herabsetzung des Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrages Mietrückstände ansammeln sollte. Die Klägerin sei aufgefordert, einen Nachweis über den Tarifwechsel und die konkrete Höhe des Basistarifs vorzulegen, da Faktoren, wie die Dauer der Versicherungszugehörigkeit, Altersrückstellungen der Versicherung, die Höhe des Basistarifs (Absenken) beeinflussen könnten.

Mit Beschluss vom 28. Juni 2010 hat das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung höherer Leistungen für Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung abgelehnt (S 49 SO 1232/10 ER), die hiergegen erhobene Beschwerde ist vom 15. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 25. August 2010 zurückgewiesen worden.

Am 4. August 2010 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt hat.

Im Klageverfahren hat die Klägerin geltend gemacht, aus der fachärztlichen Stellungnahme des die Klägerin behandelnden Arztes vom 21. Mai 2007 ergäbe sich die weitere Notwendigkeit der zu bewilligenden Leistungen für die Kranken- und Pflegeversicherung. Der Basistarif decke nicht die notwendigen Behandlungen ab. Der so genannte Off-Label-Use sei zwar laut Bundessozialgericht - BSG - nicht grundsätzlich in der gesetzlichen Krankenversicherung auszuschließen, werde aber andererseits in der Praxis nicht gewährt. Aufgrund der schwerwiegenden Erkrankungen und aufgrund ihrer langjährigen Mitgliedschaft in der privaten Krankenversicherung könne die Klägerin nicht auf den Basistarif verwiesen werden. Im Januar 2010 sei noch aufgrund des bereits benannten einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zugunsten der Klägerin entschieden worden. Auch früher seien weitaus höhere Leistungen bewilligt worden. Die Zuzahlungen würden von der Klägerin zurzeit selbst getragen.

Der Beklagte hat der Klägerin mit Bescheid vom 6. September 2010 für den Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis einschließlich 31. Mai 2011 Leistungen in Höhe von monatlich 1.037,32 Euro gewährt und dabei einen Mehrbedarf im Hinblick auf die Zuerkennung des Merkzeichens "G" berücksichtigt und gleichzeitig Leistungen hierfür rückwirkend ab 1. Januar 2006 bis 30. September 2010 in Höhe von 3.395,07 Euro geleistet. Im Übrigen hat der Beklagte seine mit dem Widerspruchsbescheid vertretene Rechtsauffassung weiter vertreten.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 27. September 2012 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe für den streitigen Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis zum 31. Mai 2011 keinen Anspruch auf höhere Leistungen unter Berücksichtigung höherer Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Zur Begründung hat es auf die Ausführungen mit dem Beschluss des Sozialgerichts vom 28. Juni 2010 in dem Rechtsstreit S 49 SO 1232/10 ER verwiesen.

Gegen den am 5. Oktober 2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 5. November 2012 eingelegte Berufung, mit der das Begehren weiterverfolgt wird. Der Entscheidung des Sozialgerichts fehlten Entscheidungsgründe. Ein Verweis nach § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG - analog auf die Gründe des Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutzverfahren sei nicht zulässig.

Sie, die Klägerin, begehre weiterhin die Leistungen für die Entrichtung von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 720,20 Euro monatlich. Allein der gewählte Tarif sei im konkreten Fall angemessen. Ein Wechsel sei nicht zumutbar. Hierzu sei bereits erstinstanzlich ausgeführt worden. Der ursprüngliche Bescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil die Klägerin nicht vorab auf die Absenkung der Leistungen hinsichtlich des Krankenkassenbeitrages hingewiesen worden sei.

Sie habe sich Geld von Freunden und Bekannten geliehen, damit sie die weiteren Beiträge an die Kranken- und Pflegeversicherung zahlen könne.

Die Klägerin beantragt nach ihrem Vorbringen im Berufungsverfahren sinngemäß

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. September 2012 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 4. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2010 in der Fassung des Bescheides vom 6. September 2010 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 31. Mai 2011 weitere Leistungen nach dem SGB XII für Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von monatlich 449,57 Euro zu zahlen.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt des Verwaltungsvorganges des Beklagten (Band V und VI) sowie auf den Inhalt der Verfahrensakte und der beigezogenen Gerichtsakten des Sozialgerichts Berlin zu den Aktenzeichen S 49 SO 401/10, S 49 SO 3124/09 ER, S 49 SO 2204/09 ER sowie S 49 SO 1232/10 ER/L 15 SO 133/10 B ER verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben, §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der geltend gemachte Anspruch, weitere Leistungen für Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis 31. Mai 2011 zu gewähren. Dieses Begehren verfolgt die Klägerin in zulässiger Weise mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage, wobei Gegenstand der Anfechtungsklage der Bescheid des Beklagten vom 4. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2010, in der Fassung des nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens gewordenen Bescheid vom 6. September 2010, ist.

Zulässigerweise hat die Klägerin auch den Gegenstand des Streitverfahrens insoweit begrenzt auf (weitere) Leistungen für Beiträge. Worauf bereits der 15. Senat in der Entscheidung vom 25. August 2010 hingewiesen hat, ist eine Beschränkung des Streitgegenstandes bei Sozialhilfeleistungen allein auf die Höhe der Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung zulässig (BSG, Urteil vom 26. August 2008 - B 8/9b SO 10/06 R -, Juris; vom 19. Mai 2009 - B 8 SO 8/08 R - Juris, Rn. 13).

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Dabei mangelt das Urteil nicht schon daran, dass es etwa keine Entscheidungsgründe enthält. Ein Urteil ist nach § 202 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 547 Nr. 6 Zivilprozessordnung - ZPO - dann nicht mit Gründen versehen, wenn es keine Gründe enthält oder die Gründe in einem extremen Maß mangelhaft sind und insgesamt ihre Funktion, nämlich die Unterrichtung der Beteiligten über die wesentlichen Erwägungen für das Urteil, nicht gerecht werden können (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 136, Rn. 7e). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Unabhängig davon, ob eine Verweisung des Sozialgerichts in den Entscheidungsgründen auf die Gründe der Kammer in der einstweiligen Anordnung vom 28. Juni 2010 auf eine entsprechende Anwendung des § 136 Abs. 3 SGG gestützt werden kann (vgl. hierzu: Keller, a.a.O., Rn. 7d), folgt hier schon aus der allgemeinen Bezugnahme der Kammer auf die Entscheidungsgründe seiner früheren Entscheidung die Nachvollziehbarkeit der Gründe für die nunmehr in der Hauptsache ergangene Entscheidung und lässt daher nachvollziehbare Urteilsgründe erkennen.

Zutreffend hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet erachtet.

Die Klägerin hatte in dem streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf weitere Leistungen für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach dem SGB XII.

Nach § 42 Nr. 2 SGB XII in Verbindung mit § 32 Abs. 5 Satz 1 SGB XII werden Aufwendungen für eine bei einem privaten Versicherungsunternehmen bestehende Versicherung übernommen soweit sie angemessen sind. Dies gilt nach § 32 Abs. 5 Satz 5 SGB XII gleichfalls für die zu übernehmenden Aufwendungen für die Pflegeversicherung.

Die Klägerin war vorliegend bei einem privaten Versicherungsunternehmen gegen die Risiken Krankheit und Pflege versichert.

Angemessen im Sinne des § 32 Abs. 5 SGB XII sind Beiträge, die für Verträge im Standardtarif (Basistarif) zu leisten sind (Flint in: Grube/Warendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 32 Rn. 14; Bieritz-Harder in LPK-SGB XII, § 32 Rn. 24). Im Anwendungsbereich des SGB XII ist der nach § 12 Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen-Versicherungsaufsichtsgesetz - VAG - ergebende Beitragssatz als angemessen zu bewerten.

Nach § 12 Abs. 1b VAG war der private Versicherer verpflichtet, auch der Klägerin eine Versicherung im Basistarif zu gewähren, so dass die Klägerin die Möglichkeit zu einem Abschluss eines Versicherungsvertrages zu günstigeren Bedingungen nach dem Gesetz hatte. Nach § 12 Abs. 1c VAG darf der Beitrag für den Basistarif ohne Selbstbehalt den Höchstbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übersteigen. Dieser Höchstbetrag ergibt sich aus der Multiplikation des allgemeinen Beitragssatzes zuzüglich des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V - mit der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieser Beitrag vermindert sich bei einer Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB XII um die Hälfte. Der maximale, nicht reduzierte Beitragssatz im Basistarif betrug ab 1. Januar 2010 578,75 Euro und ab 1. Januar 2011 575,44 Euro (cecu.de-portalfürfinanzenundversicherungen-basistarif-private-krankenversicherung.html). Die Höchstbeiträge für die soziale Pflegeversicherung betrugen monatlich 2010 73,13 Euro bzw. 72,39 Euro im Jahr 2011 (http://www.bkk-deutsche-bank.de/content/beitraege 2010.html). Nach den Regelungen in § 12 VAG und § 110 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI - (Höchstbeitrag bei Hilfebedürftigkeit ½ des Höchstbeitrages) betrug dabei die angemessene Beitragslast im Basistarif zuzüglich Pflegeversicherungsbeitrag im Jahr 2010 für die Klägerin 631,88 Euro (558,75 Euro zuzüglich 73,13 Euro), hiervon waren vom Träger der Sozialhilfe ½ zu berücksichtigen, also maximal 315,94 Euro. Im Jahr 2011 betrug die Summe aus Basistarif und Höchstbeitrag in der gesetzlichen Pflegeversicherung 647,83 Euro. Hiervon waren maximal 323,95 Euro zu übernehmen.

Damit hat die Klägerin keinen weiteren Anspruch auf Übernahme von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung, weil der Beklagte mit den gewährten 320,63 Euro monatlich insgesamt für den hier streitigen Zeitraum vom 1. Juni 2010 bis 31. Mai 2011 die maximal möglichen Leistungen für Beiträge übernommen hat. Zwar hat der Beklagte 2011 für die Monate Januar bis einschließlich Mai 2011 mit den gewährten 320,63 Euro monatlich, monatlich 3,29 Euro zu wenig übernommen und damit insgesamt 16,45 Euro zu wenig für die Monate Januar bis einschließlich Mai 2011 geleistet. Dagegen hat der Beklagte jedoch für die Monate Juni 2010 bis einschließlich Dezember 2010 (sieben Monate) 320,63 Euro monatlich berücksichtigt, obwohl ein Betrag von 315,94 Euro angemessen gewesen wäre. Damit war die Klägerin um 4,69 Euro überzahlt, insgesamt mit einem Betrag von 32,83 Euro.

Da die Klägerin vorliegend nur noch einen Kostenerstattungsanspruch geltend machen kann, da sie einen Bedarf für einen zurückliegenden Zeitraum geltend macht (hierzu später näher), hat sie keinen Anspruch mehr, weil insgesamt bezüglich der geforderten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung eine Überzahlung vorliegt.

Die Leistungen der Krankenversicherung im Basistarif entsprechen denen der gesetzlichen Krankenversicherung, die Beziehern von Leistungen der Sozialhilfe zumutbar sind. Der Klägerin als Bezieherin von Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel SGB XII war es daher - trotz ihrer schweren Erkrankung - auch zumutbar, in den Basistarif zu wechseln, denn sie hatte darüber Anspruch auf die notwendige Versorgung bei Krankheit- und Pflegebedürftigkeit. Den Umfang der in ihrer konkreten Situation notwendig zu erbringenden Krankenversorgung z.B. mit Heilmitteln hatte die Klägerin ggf. mit der Krankenkasse zu klären, auch einen etwaigen Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln nach den Grundsätzen zum Off-Label-Use. Der pauschale Hinweis der Klägerin, dass nach diesen Grundsätzen ein Leistungsanspruch nicht immer gegeben sei, führt vorliegend nicht zu einem weitergehenden Anspruch gegen den Beklagten. Liegen nämlich für begehrte Arzneimittel die Voraussetzungen der Leistungsgewährung nach den Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung (einschließlich der Grundsätze des Off-Label-Use und/oder des Systemversagens, vgl. hierzu BSG v. 21.03.2007 - B 1 KR 17/06 R - juris) nicht vor, besteht kein anerkennenswerter Anspruch auf die (Sach-)Leistung, so dass auch kein Grund dafür ersichtlich ist, einen weitergehenden Versicherungsschutz im Rahmen der Sozialhilfe anzuerkennen.

Nach allem hat die Klägerin keinen weiteren Anspruch.

Zudem scheitert der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung der begehrten weiteren Leistungen für Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung daran, dass die Klägerin diesen Anspruch für die Vergangenheit geltend macht und nicht dargelegt ist, dass noch Beitragsschulden bei der Krankenversicherung bzw. Pflegeversicherung bestehen. Die Klägerin begehrt rückwirkend eine bedarfsdeckende Leistung, wofür die Voraussetzungen nicht vorliegen. Denn Leistungen nach dem SGB XII werden grundsätzlich bedarfsdeckend erbracht und nicht für nicht gedeckte Bedarfe im Nachhinein. Aufgabe der Sozialhilfe ist es nicht, nachträglich Leistungen zu bewilligen, wenn ein Bedarf entfallen oder in der Vergangenheit ungedeckt geblieben ist (BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - Juris, Rn. 1; vgl. ausführlich: Grube in: Grube/Warendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, Einleitung, Rn. 139 ff., 157 ff.). Deshalb ist es erforderlich, dass ein in der Vergangenheit dem Sozialhilfeträger zur Kenntnis gegebener Bedarf durch Selbstbeschaffung gedeckt worden ist und hieraus zum Zeitpunkt der nunmehr geltend gemachten Leistungen noch eine ungedeckte Bedarfslage resultiert (BSG vom 29. 09. 2009 - B 8 SO 16/08 R - Juris, Rn. 14). Da bei den hier geltend gemachten Beiträgen eine im Entstehungszeitraum durch Selbstbeschaffung gedeckte Bedarfslage nur dann noch fortdauern kann, wenn hierfür eigene Mittel (Schonvermögen nach § 90 SGB XII) oder Darlehensmittel eingesetzt worden sind, ist dieses für die Bedarfslage auch darzulegen. Bei andauernder Bedarfslage kann zwar eine tatsächliche Bedarfsdeckung in der Vergangenheit durch Selbstbeschaffung aus den pauschaliert gewährten Leistungen ohne weitere Nachweise unterstellt werden. Dies gilt aber nur für Leistungen, die nicht nur die Höhe des mit ihnen zu deckenden Bedarfs typisierend pauschalieren (wie die Regelbedarfsleistungen nach § 20 SGB II oder Leistungen der Regelbedarfe nach § 27a SGB XII), nicht jedoch für etwaige Mehrbedarfe nach § 30 Abs. 5 SGB XII oder solche Sonderbedarfe nach § 32 Abs. 5 SGB XII. Für den letzteren Sonderbedarf, der hier streitig ist, gilt im Übrigen auch, dass dieser allein wegen der Höhe nicht aus den Regelsätzen bzw. Ansparbeiträgen gedeckt werden kann.

Die Klägerin hat nicht angegeben, dass bei der Kranken- und Pflegekasse Beitragsschulden bestehen. Den Vortrag, dass sie sich Geldmittel von Freunden und Bekannten zur Bestreitung der Beitragsschulden geliehen habe, hat sie nicht weiter substantiiert (keine Angaben von Namen, Einreichung von Darlehensverträgen). Daher konnte der Senat nicht davon ausgehen, dass die Klägerin überhaupt noch mit Forderungen für die Begleichung weiterer Beitragsforderungen belastet ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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