L 6 U 3058/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 U 327/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 3058/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Rechtsmittelführende sind beschwert, wenn die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung hinter ihrem Begehren zurückbleibt, was auch der Fall ist, wenn unter Verstoß gegen § 123 SGG teilweise nicht entschieden worden ist.
2. Ein Überfall außerhalb der Betriebsstätte und der Arbeitszeit ist bei einem betriebsbezogenen Tatmotiv als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Mai 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist, ob das Ereignis vom 17. Februar 2010 ein Arbeitsunfall ist.

Der 1952 geborene Kläger ist bei der Beklagten als Unternehmer pflichtversichert (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VII - in Verbindung mit § 41 Abs. 1 ihrer Satzung in der bis 31. Dezember 2010 geltenden Fassung). Er ist verheiratet und hat vier Kinder, jeweils zwei Töchter (R., geb. 1979, und die etwa vier Jahre jüngere A.) und Söhne (M., geb. 1977, und S., geb. 1987). Anfang 2010 wohnte nur noch S., gelernter Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk (Fleischerei), im Elternhaus in A., Ortsteil Sch., im Landkreis W ... Zu jener Zeit leistete er Zivildienst in der Fachklinik St. G. in H ... Von Aschermittwoch, dem 17. Februar bis Freitag, 19. Februar 2010 hatte er Urlaub, den er in der Woche davor beantragt hatte. Die Ehefrau des Klägers hielt sich seit dem zweiten Februarwochenende bei der Tochter A. auf, die im nordwestlich von A. gelegenen A. lebte. Sie beabsichtigte, am Samstag, 20. Februar 2010 nach Hause zurückzukehren. Die Tochter R. wohnte in V.-Sch ... Der ältere Sohn M. hatte seinen Wohnsitz in A. im schweizerischen K. Th., wo er seit November 2008 für die ATRU-M. AG, einem Architekturbüro, als Verkäufer arbeitete.

Der Kläger absolvierte nach dem Besuch der Hauptschule eine Ausbildung zum Betriebsmechaniker. Ab 1987 war er selbstständig tätig. Er betrieb zunächst am jetzigen Wohnsitz ein Gewerbe für Textilien und Geschenkartikel sowie einen Handel mit Pelzkonfektion und Pelztierzucht. 1991 kam eine Windschutzscheibenreparatur dazu. Im August 2002 meldete er dort die Gewerbe Groß- und Einzelhandel für Geschenkartikel, Schreib- und Spielwaren, Textilreinigung, Import/Export sowie Postagentur mit der Hauptniederlassung am Wohnsitz und einer Betriebsstätte in der Sch. 5 in A. an. Gegenüber der Gemeinde M. meldete er im April 2004 das Gewerbe Groß- und Einzelhandel für Geschenkartikel, Schreib- und Spielwaren, Postagentur sowie Toto-Lotto an, welches dort in der R. 2 betrieben wurde. In A. waren die Ehefrau des Klägers, als weitere, in Teilzeit beschäftigte Person U. G. und die Auszubildende N. S. tätig. Das Geschäft im davon etwa elf Kilometer entfernt liegenden M. führte der Kläger mit der Vollzeitbeschäftigten S. Sch., die gelegentlich auch in A. aushalf, der Teilzeitbeschäftigten R. B. St. und der Mutter von S. Sch. als Aushilfskraft selbst. In A. und M. befanden sich jeweils mittels Schlüssel abschließbare Tresore, wobei der Schlüssel für denjenigen in M. vor Ort in einem kleinen, durch ein Ziffernschloss gesicherten Safe aufbewahrt wurde.

Am 17. Februar 2010 teilte der Kläger gegen 21:20 Uhr der Polizei über die Notrufnummer "110" mit, er befinde sich in seinem Geschäft in M., wo unbekannte Täter den Tresor leer gemacht hätten. Er sei zu Hause in Sch. unter Androhung von Gewalt abgeholt worden und habe mit drei unbekannten Tätern in deren Fahrzeug zuerst zu seinem Geschäft nach A. und dann nach M. mitfahren müssen. Dort habe er jeweils den Tresor öffnen und das Bargeld herausgeben müssen. Die Nachfrage, ob er verletzt sei, verneinte er. Es gehe ihm einigermaßen gut. Die Frage, wie er überfallen worden sei, mit einer Pistole oder niedergeschlagen, verneinte er ebenfalls. Auf die Nachfrage, ob er etwas zu den Personen sagen könne, gab er an, es seien drei Personen im Auto gesessen.

Zwei Polizeibeamte, Kriminalkommissar (KK) E. und Polizeiobermeister (POM) W., die um 21:39 Uhr bei dem Geschäft in M. eingetroffen waren, fanden den Kläger dort auf dem Boden liegend vor. Er habe im Wesentlichen seine Angaben, die er während des Notrufes gemacht habe, wiederholt und eine erste Täterbeschreibung abgegeben. Nach dem Vermerk von KK E. vom 22. Februar 2010 habe der Kläger angegeben, dass lediglich ein Täter mit in der Postagentur gewesen sei und er selbst alleine alles habe aufschließen und aufhalten müssen. Der Täter habe keinerlei Gegenstände angefasst. Er sei vermummt gewesen und habe Handschuhe getragen. Die Täter hätten ihn an seiner Wohnanschrift aufgesucht und dort geklingelt. Er habe die Tür geöffnet, sei durch einen der Täter, vermutlich unter Vorhalt einer Waffe, bedroht und gezwungen worden, in einen dunklen Personenkraftwagen (Pkw) einzusteigen. Im Fahrzeug hätten zwei weitere, ebenfalls vermummte Personen gesessen. Er habe hinter dem Beifahrer einsteigen müssen. Sie seien zur Postagentur nach M. gefahren. Dort sei er von einem Täter gezwungen worden, das Geschäft und in der Folgezeit den Tresor zu öffnen. Der Täter habe dann aus dem Tresor Bargeld in unbekannter Höhe entnommen. Dieses habe sich der Täter in die Innentasche seiner Jacke gesteckt.

Bei seiner Vernehmung als Geschädigter bei der Kriminalinspektion 1 - Deliktspezifische Ermittlungen der Polizeidirektion W.-T. am 17. Februar 2010 gegen 23:30 Uhr gab der Kläger gegenüber Kriminaloberkommissar (KOK) A. laut Protokoll an, es habe an der Haustür geklingelt, woraufhin er geöffnet habe. Da habe einer draußen gestanden und eine Hand in der Jackentasche gehabt. Die sei so ausgebeult gewesen, als wenn eine Pistole darin gewesen wäre. Außerdem habe der Täter einen Zettel in der Hand gehalten. Auf diesem habe gestanden, dass er mitkommen und die Schlüssel zu dem Tresor mitnehmen solle. Dann sei er wieder ein Stück in sein Wohnhaus hineingegangen, wobei ihm der Täter gefolgt sei. Er habe zu seinem Sohn S. gesagt, er müsse noch irgendwo hingehen. Der Täter selbst habe dabei neben ihm gestanden. Dann seien sie vom Wohnhaus aus hoch zur Hauptstraße gegangen. Anschließend sei ein Auto gekommen, in das er habe einsteigen müssen. Sie seien erst nach A. gefahren, wo die Täter herumgekurvt seien, und dann dort, wo die Zahnarztfrauen ihre Praxis hätten, hochgefahren. Anschließend habe er aussteigen müssen. Der eine Täter sei mit ihm gelaufen. Er habe die Tür zu seiner Postagentur aufgemacht und den Tresor aufgeschlossen. Der eine Täter habe das Geld haben wollen, welches er dann eingesteckt habe. Er habe den Tresor wieder zugemacht und sei gegangen. Sie seien in Richtung des Autos gelaufen, welches schon angefahren gekommen sei. Er habe dort einsteigen müssen. Dann seien sie nach M. gefahren. Sie seien nicht bei der Bäckerei hineingefahren, sondern unten bei der Ampel. Sie seien ein Stück runtergefahren. Er habe schließlich aussteigen müssen, wobei der eine Täter wiederum mitgekommen sei. In M. habe er ebenfalls den Tresor öffnen und das Geld dem Täter geben müssen. Dann habe er Kreislaufprobleme bekommen. Anschließend wisse er nichts mehr.

Auf Nachfrage habe der Kläger mitgeteilt, das Auto habe eine ungarische oder rumänische Nummer oder so etwas gehabt. Er glaube, er habe das Nationalitätskennzeichen "HR" erkannt, und zwar hintendrauf. Als es an der Wohnungstüre geklingelt habe, habe er am Computer gesessen. Er habe seine E-Mails aus dem Postfach abgeholt und noch gespielt. Der Täter, der geklingelt habe, habe etwa seine Größe gehabt. Er schätze ihn auf 1,70 bis 1,75 Meter. Er sei etwas fester als er gewesen, er habe schon ein paar Kilo mehr gehabt. Auf Nachfrage habe der Kläger geäußert, er sei schon etwas untersetzt gewesen, habe auch einen Bauchansatz gehabt. Der Täter habe Schnürschuhe getragen. Die Jacke, was solle er sagen, die sei so kariert gewesen, so dunkel, so mit Streifen drin. Eine Brille habe er schon getragen. Es dürfte eine Sonnenbrille gewesen sei. Dann habe er noch so eine Kappe aufgehabt. Eine Strickmütze oder so etwas Ähnliches sei es gewesen. Das Gesicht sei bis zur Höhe des Mundes bedeckt gewesen. Der Kragen der Jacke sei hochgeklappt gewesen. Der Täter, der an der Wohnungstüre geklingelt habe, habe nichts gesagt. Im Auto hätten die Täter ausländisch miteinander gesprochen. Auf Nachfrage habe der Kläger angegeben, es sei ein Zettel gewesen, wobei er, der Kläger, die Größe eines Din A4-Blattes angedeutet habe. Auf Vorhalt, dass dies kein Zettel, sondern ein Din A4-Blatt sei, habe der Kläger kundgetan, ja, so ein Din A4-Blatt habe der Täter in der Hand gehalten, ein weißes. Was er gelesen habe, wisse er nicht mehr. Auf Bitte zu versuchen, sich zu erinnern, habe der Kläger gesagt, dass es ein Überfall sei und dass er mitkommen solle. Aber wie es genau geschrieben gewesen sei, wisse er nicht. Es sei entweder mit dem Computer oder mit der Schreibmaschine verfasst worden. Nein, in einwandfreiem Hochdeutsch sei es nicht geschrieben gewesen. Es sei ein wenig durcheinander formuliert gewesen. Die Buchstaben seien nicht alle genau gleich gewesen, wie sie es hätten sein sollen. Es habe darauf gestanden, dass er mitkommen solle, dass es ein Überfall sei und dass er den Schlüssel für den Tresor mitnehmen solle. Den Tresorschlüssel habe er in seiner Jacke gehabt. Diese habe am Stuhl im Arbeitszimmer gehangen, wo er am Computer gehockt sei. Ja, er sei von der Haustür wieder zurück in die Wohnung bis ins Arbeitszimmer gegangen, um seine Jacke zu holen. Der Täter sei ihm hierbei gefolgt. Bis zu dem Arbeitszimmer seien es etwa zwei, drei Meter. Es sei gleich das erste Zimmer links. Seine Ehefrau sei bei der gemeinsamen Tochter in F. gewesen. Dort habe sie sich seit vergangenen Samstag, also dem 13. Februar, aufgehalten. Der Schwiegersohn habe eine Schule besucht und die Tochter habe eine Fußverletzung erlitten gehabt, weshalb der Fuß geschient worden sei. Seine Ehefrau habe geholfen, das eineinhalbjährige Enkelkind zu versorgen. Beabsichtigt gewesen sei, dass sie am 20. Februar, einem Samstag, zurückkehre.

Also, es sei so gewesen, dass geklingelt worden sei, woraufhin er die Tür geöffnet habe. Der Täter habe ihm einen Zettel hingehalten, dass er mitkommen solle und dies ein Überfall sei und so. Dann sei er reingegangen, habe die Jacke geholt, sei dann zu seinem Sohn gegangen und habe zu ihm gesagt, er müsse noch irgendwo hin. Die Jacke habe er beim Rausgehen angezogen. Ins Wohnzimmer sei er nicht hineingegangen. Er sei nur an der Tür gewesen. Er habe nur mitbekommen, dass sein Sohn S. und dessen Freundin sich einen Film angeschaut hätten. Er wisse nicht, was für einen. Die Tür habe er beim Verlassen des Hauses nur zugezogen, nicht abgeschlossen. Der Täter habe ihm mit der Hand ein Zeichen gegeben, dass er in Richtung Hauptstraße laufen solle. Das habe er schließlich gemacht. Der Täter sei hinter ihm hergelaufen. Eine Waffe habe er nicht gesehen. Oben an der Hauptstraße sei dann von links ein Auto herangefahren, in das er sich habe begeben müssen. Er sei hinter dem Beifahrer eingestiegen. Der Täter, der ihn an der Wohnung abgeholt habe, sei auf der anderen Seite eingestiegen. Im Auto seien noch zwei weitere Personen gewesen. Die hätten vorne gesessen. Gesprochen habe nur die Person, die ihn am Wohnhaus abgeholt habe. Nachdem sie schließlich die Sch. in Richtung der Ortsmitte von A. benutzt hätten, habe der Wagen in der Nähe der Praxis von zwei Zahnärztinnen geparkt. Dann habe er aussteigen müssen. Der eine Täter habe ein paar Worte deutsch gekonnt. Er habe zu ihm gesagt: "Aussteigen!". Während der Fahrt sei nichts gesprochen worden, erst nachdem das Auto angehalten habe. Auf Nachfrage habe der Kläger mitgeteilt, derjenige, der hinten gesessen habe, sei ausgestiegen, habe die Türe aufgemacht und so etwas zu ihm gesagt wie: "Raus, aussteigen!". Richtiges deutsch sei es keines gewesen, irgendein ausländischer Dialekt oder ein Akzent. Dann sei er zu Fuß zu der Postagentur gelaufen. Das seien so etwa 40, vielleicht 50 Meter gewesen. Auf dem Weg dorthin habe man niemanden angetroffen. Die Agentur sei durch die Eingangstüre betreten worden. Er habe aufgeschlossen. Dann seien sie hineingegangen, geradeaus nach hinten und dann habe er Licht gemacht. Er habe den Tresor mit dem Schlüssel aufgeschlossen. Nein, der Täter habe nichts dagegen gehabt, dass er Licht angemacht habe. Das Licht befinde sich nicht am Eingang, sondern hinten, wo der Tresor stehe. Darin seien etwa 12.000 EUR oder 13.000 EUR gewesen, vielleicht auch 14.000 EUR. Er habe den Tresor aufmachen müssen. Der Täter habe ihm mit der Hand ein entsprechendes Zeichen gegeben, woraufhin er ihm das Geld gegeben habe. Ein Teil des Scheingeldes habe sortiert in einem Schubladeneinsatz gelegen. Der andere Teil des Geldes habe sich gebündelt so im Tresor befunden. Er habe es ihm auf mehrere Male gegeben. Der Täter habe das Geld in seine Jacke gestopft, und zwar vorne rein. Er habe den Tresor schließlich zugemacht und wieder abgeschlossen. Er habe mit dem Täter den Raum und schließlich das Geschäft verlassen, welches er wieder abgeschlossen habe. Das Licht in dem Raum mit dem Tresor habe er zuvor ausgemacht. Sie seien dann in Richtung des Autos hochgelaufen, welches dann schon wieder herangefahren worden sei. In der Postagentur in A. habe der Täter seine Hände aus der Jacke genommen. Ob er noch eine Pistole bei sich gehabt habe, habe er natürlich nicht gewusst. Als er ihm das Geld gegeben habe, habe er dies mit seiner rechten Hand in seine Jacke getan. Auf dem Rückweg zum Auto habe er auf der Straße niemanden gesehen. Nach M. seien sie auf der Bundesstraße gefahren. Dort, wo die Tankstelle sei, seien sie links eingebogen, wo auch die Unterführung sei und sich eine Ampel befinde. Vom Industriegebiet aus komme man zur Postagentur, wenn man die Straße hinten herumfahre. Diese liege kurz hinter dem Bahnübergang. Unten am Rhein, wo diese Wirtschaft sei, habe er aussteigen und mit dem Täter zu seinem Geschäft hochlaufen müssen. Er habe aufgeschlossen und beide seien hineingegangen. Auf dem Weg dorthin seien ihnen Gymnastikfrauen entgegengekommen. Da habe er stehenbleiben müssen. Diese Frauen trieben in einem Raum hinter seinem Geschäft Sport. Diese seien von dort gekommen. Er glaube nicht, dass ihn von den Frauen jemand gesehen habe. Der Täter habe ihn am Arm festgehalten, weshalb er habe stehenbleiben müssen. Nachdem die Gymnastikfrauen mit dem Auto weggefahren seien, habe er weiterlaufen müssen. Wie viele Frauen es gewesen seien, wisse er nicht. Sie seien jedenfalls mit zwei Autos weggefahren. Er sei dann mit dem Täter zu seinem Geschäft gelaufen und habe die Tür aufgeschlossen. Sie seien hineingegangen. Er habe den Tresor öffnen müssen. Auf Nachfrage habe der Kläger geäußert, er habe aufgeschlossen und beide seien reingegangen. Dann habe der Täter einen Zettel in der Hand gehabt. Es sei irgendetwas darauf gestanden, er wisse nicht mehr genau was. Der Zettel sei ihm hingehalten worden. Er habe ihn lesen können, da er das Licht in seinem Geschäft angemacht habe. Auf dem Zettel habe etwas mit dem Geld gestanden, dass der Täter eben Geld wolle. Genau wisse er es nicht mehr. Er habe dann den Tresor aufgemacht und ihm das Geld gegeben. Er wisse nicht mehr, wie er dem Täter das Geld gegeben habe, da habe sein Kreislauf schon begonnen zu spinnen. Das erste Geld, also das aus dem Schubladeneinsatz, habe er ihm gegeben, das wisse er. Er meine, etwa 23.000 EUR hätten sich in dem Tresor befunden. Nur Scheingeld, die Münzen seien noch drin. Ja, in A. habe er dem Täter auch keine Münzen gegeben. Der Täter habe das Geld, wie in A., in seiner Jacke verstaut. Dann sei der Täter verschwunden. Er wisse nichts. Ihm fehle ein Stück. Als er wieder zu sich gekommen sei, habe er gleich telefoniert. Er habe die Polizei angerufen, also den Notruf gewählt. Die zwei Personen im Auto könne er nicht beschreiben. Finanzielle Probleme habe er nicht, weder privater noch geschäftlicher Art. Ja, beide Geschäfte gingen gut.

KOK A. hielt dem Kläger vor, ihm komme die ganze Geschichte doch etwas eigenartig vor. Er könne nicht verhehlen, dem Kläger nicht unbedingt zu glauben, was dieser ihm heute erzählt habe. Daraufhin habe jener angegeben, es sei so gewesen, wie er es geschildert habe. Auf Vorhalt, wegen der Schulden, die er von seinem Sohn M. übernommen habe, doch in finanzielle Schwierigkeiten gekommen zu sein, habe der Kläger gesagt, ja, es stimme, er wolle sehen, dass er diese wieder wegkriege. Er habe bereits einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Die Schulden seien seinem Sohn aus einem Fischvertrieb entstanden. Diese beliefen sich auf einen Betrag zwischen 150.000 EUR und 200.000 EUR. Hiervon habe er vor eineinhalb Jahren 40.000 EUR oder 60.000 EUR übernommen. Das Geld habe er bei der Bank aufgenommen.

Auf Vorhalt von KOK A., dass vor etwa zwei Wochen jemand von der D. P. AG vor Ort gewesen sei und dem Kläger eröffnet habe, in den Postagenturen würden Alarmanlagen installiert, habe jener ausweichend geantwortet. Wenn er Pech habe, müsse er den Schaden des letzten Einbruches selbst bezahlen, weil er den Schlüssel im Geschäft habe liegen lassen. Bis jetzt habe die Versicherung 5.000 EUR bezahlt. Der Schaden habe bei 11.000 EUR gelegen. Heute, am 17. Februar sei die Postagentur in M. um 17:30 Uhr geschlossen worden, in A. bereits um 12 Uhr. Das Geschäft in A. habe er als Letzter verlassen und abgeschlossen. Anwesend sei auch noch die Auszubildende N. gewesen. In M. hätten morgens Frau St. und Frau Sch. gearbeitet, mittags B. Sch., die Mutter von S. Sch ... In M. sei er heute nicht gewesen. Von den 23.000 EUR im Tresor wisse er, da er vorher auf dem Zettel nachgesehen habe; als er in M. gewesen sei und sich die Polizei dort bereits aufgehalten habe. Auf Vorhalt von KOK A. habe der Kläger kundgetan, er habe sich nicht in Ruhe von seinem Sohn verabschiedet. Er habe bloß zu ihm gesagt, er müsse irgendwo hingehen. Warum er nicht seinen Namen gerufen habe, dass sei eine gute Frage. Ein Zeichen habe er ihm nicht gegeben, weil die Freundin dabei gewesen sei. Hätte der Täter eine Pistole dabei gehabt, hätte er nicht wissen können, was dann geschehen wäre.

Nachdem er das Geschäft in A. gegen Mittag abgeschlossen habe, sei er zuerst zu Hause gewesen und habe das Holz im Keller "umgebogen", weil am Freitag der Kaminfeger dagewesen sei. Dann sei er nach L. zur Firma D. gefahren, um dort Schwämme einzukaufen. Er mache noch etwas mit Lederpflege. Dort sei er um 15 Uhr gewesen. Er sei mit seinem Renault, Modell Jumpy, einem Kastenwagen, dort gewesen. Dann sei er wieder nach Hause gefahren. Er habe seine Einkäufe ausgeladen und sei den ganzen Mittag zu Hause gewesen. Sein Sohn S. und dessen Freundin seien schon dort gewesen. Nach dem Anruf bei der Polizei bis zum Eintreffen der Polizeibeamten habe er auf dem Boden gehockt, hinten. Außer der Polizei habe er noch seinen Sohn S. angerufen. Zu ihm habe er gesagt, er solle runterkommen. Er wisse nicht mehr, was er sonst noch gesagt habe. Ja, er sei speziell versichert, bei der AXA-Versicherung und der Z.-Versicherung.

In der Nacht vom 17. auf den 18. Februar 2010 wurden die Söhne des Klägers, M. und S. H., sowie die damalige Freundin des jüngeren Sohnes, J. K., polizeilich als Zeugen und Zeugin vernommen.

S. H. gab nach dem Protokoll an, am Abend des 17. Februar gegen 21:40 Uhr zu Hause von seinem Vater angerufen und gebeten worden zu sein, nach M. auf das Postamt zu kommen. Als er dort angekommen sei, sei die Polizei bereits vor Ort gewesen. Seinen Vater habe er am 17. Februar um 12:30 Uhr das erste Mal gesehen. Er sei von der Arbeit gekommen. Um 13:15 Uhr habe sein Vater gesagt, dass er noch nach L. müsse, um Schwämme zu holen. Aus diesem Grund habe er seinen Pkw genommen. Er selbst besitze einen weißen Lieferwagen der Marke Citroën. Dieser habe nur vorne Fenster, hinten Blech und auch nur eine Blechschiebetüre. Mit diesem Fahrzeug sei sein Vater dann weggefahren und gegen 14 Uhr zurückgekehrt. Von da an sei er ununterbrochen in der Wohnung gewesen. Sein Vater habe selbst zwei Kraftfahrzeuge (Kfz). Bei dem einen handele es sich um einen Mazda und bei dem anderen um einen Toyota. Der Mazda müsse zu Hause stehen. Der Toyota sei gerade bei einem Kollegen, der ihn für den TÜV fertig mache. Er selbst habe sich am 17. Februar den ganzen Tag in der Wohnung aufgehalten. Um 15 Uhr sei seine Freundin gekommen. Sie hätten sich ins Wohnzimmer gesetzt und DVD geschaut. Ab 14 Uhr sei sein Vater ebenfalls durchgängig im Wohnhaus gewesen. Er habe sich in seinem Arbeitszimmer aufgehalten. Vom Hauseingang gesehen befinde sich dieses direkt nach dem Eingang links. Über die zweite Türe links könne das Wohnzimmer betreten werden. Er habe zwischen 18:30 Uhr und 18:45 Uhr das Abendessen gekocht. Mitgegessen hätten sein Vater, seine Freundin und er selbst. Nach dem Essen, so etwa gegen 19:30 Uhr, seien sie zu dritt ins Wohnzimmer gegangen. Etwa gegen 20 Uhr habe sich sein Vater ins Arbeitszimmer zurückgezogen. Vor dem Abendessen hätten sie mit der Mutter telefoniert. Es sei nur kurz darum gegangen, ob er morgen den Mazda nutzen könne. Gegen 20:30 Uhr habe es an der Haustüre geklingelt. Als er gerade habe aufstehen wollen, um vom Wohnzimmer in den Flur zu gehen, habe er erkennen können, dass sein Vater bereits aus dem Arbeitszimmer getreten und zur Türe gegangen sei. Ohne dass sie miteinander gesprochen hätten, habe er gewendet, sei ins Wohnzimmer zurückgegangen und habe sich aufs Sofa gesetzt. Er habe dann noch gehört, wie die Zwischentür, so eine Art Windfang, von seinem Vater geöffnet worden und dieser dann zur Hauseingangstür gegangen sei. Eine Stimme habe er nicht gehört, als sein Vater an der Tür gewesen sei. Das Haus sei etwas hellhörig. Werde an der Haustür gesprochen, sei dies zu hören. Er habe wirklich nichts gehört. Er habe nicht am Türrahmen zum Wohnzimmer gestanden. Er sei bereits in diesen Raum zurückgekehrt gewesen und habe auf dem Sofa Platz genommen gehabt. Eine Unterredung habe er nicht mitbekommen. Normalerweise sei eine solche zu hören. Wenige Augenblicke später, es seien keine zwei Minuten gewesen, sei sein Vater plötzlich an der Wohnzimmertür erschienen und habe eine Jacke in der Hand gehalten. Es sei ihm komisch vorgekommen. Irgendwie habe er gedacht, sein Vater sei etwas "eingeengt" gewesen. Er sei einfach nicht so gewesen, wie er sich normalerweise verhalte, so locker und frei. Er habe ihn aber nicht gefragt, was los sei. Sein Vater habe seine Regenjacke in der rechten Hand gehabt, in der linken habe er die Türfalle gehalten. Plötzlich habe dieser gesagt: "Ich gehe nochmal kurz weg." Unmittelbar bevor es geklingelt habe, habe er gehört, wie ein Auto am Straßenrand geparkt habe. Er habe allerdings nicht rausgeschaut. Er habe gehört, dass ein Auto vorgefahren sei. Kurz danach habe es an der Tür geklingelt. Als die Haustür wieder geschlossen worden sei, habe er gehört, dass kurz darauf ein Auto weggefahren sei. Seiner Ansicht nach sei der Motor neu gestartet worden. In welche Richtung das Kfz weggefahren sei, könne er nicht wirklich sagen. Es habe drei Möglichkeiten zum Wegfahren gegeben, einerseits ins K., nach H. oder in Richtung Dorf. Ohne dass er sich festlegen wolle, sei er der Ansicht, das Auto sei aus Richtung Dorf herangefahren. Er meine jetzt, dass es in Richtung K. oder H. wieder weggefahren sei. Wenn das Fahrzeug bei ihnen gedreht hätte, hätte er den Motor vermutlich auch länger gehört.

M. H. sagte ausweislich des Protokolls aus [Bl. 83-26 ff. V-Akte], von dem Vorfall durch einen Anruf seiner Mutter erfahren zu haben. Er sei zu Hause gewesen und habe "Champions League" geschaut. Er sei gleich ins Auto gestiegen und nach A. gefahren. Die Fahrzeit habe etwa eineinhalb Stunden betragen. Während der Fahrt habe er mehrfach mit seiner Mutter und mit seiner Schwester telefoniert. Seine Mutter sei seit Sonntagmorgen bei seiner Schwester in A. gewesen. In A. habe es bereits im Oktober oder November 2009 einen Einbruch gegeben. Davor habe ein Raubüberfall im Jahre 2002 stattgefunden. In M. habe es einen solchen Vorfall schätzungsweise 2006 gegeben, auf jeden Fall sei es während eines Dezembermonats gewesen. Da sein Vater viele Schulden von ihm übernommen habe, sehe es finanziell bei diesem eng aus. Sein Vater habe von ihm etwa 160.000 EUR an Schulden übernommen. Seine Mutter sage, sie könne sich nichts Großes leisten, aber es gehe immer so Null auf Null auf. Im Gespräch sei gewesen, dass sein Vater noch die Postagentur in L. übernehme. Er habe heute am 17. Februar bis 17:30 Uhr bei der ATRU-M. AG in A. gearbeitet. Dann sei er kurz einkaufen gewesen, habe sich Brötchen geholt. Anschließend habe er sich zwei Stunden in die Badewanne gelegt und einen Krimi gelesen. Um 20:45 Uhr habe er sich dann das "Champions League-Spiel" angeschaut. Bayern München habe gegen den AC Florenz gespielt. Er habe das Spiel etwa 25 Minuten lang gesehen. Zu diesem Zeitpunkt habe es 0:0 gestanden. Nach einem Blick auf das Display seines Handys äußerte der Zeuge weiter, seine Mutter habe ihn um 21:50 Uhr angerufen. Der Anruf habe 51 Sekunden gedauert. Seine Mutter habe ihm nur kurz gesagt, dass ein Überfall stattgefunden habe. Dann habe er sich fertig gemacht und sei in die Tiefgarage gegangen, um sein Auto zu holen. Nach einem Vermerk von KOK Sch., der M. H. als Zeugen vernommen hatte, habe er wegen eines während der Vernehmung geführten Telefonats vergessen in das Protokoll aufzunehmen, dass dieser angegeben habe, die Übertragung des Fußballspieles auf seinen Recorder aufgenommen zu haben. Er sei länger als der Spielbeginn in der Badewanne gewesen und habe daher fünfzehn Minuten des Spieles verpasst gehabt. Er habe sich dieses dann zeitversetzt angesehen. Er habe geschätzt, dass er das Spiel etwa 25 Minuten angesehen habe, bevor seine Mutter angerufen habe. Auf telefonische Nachfrage von KOK A. am Morgen des 19. Februar 2010 habe M. H. angegeben, der Kläger habe in der Tatnacht eine "Überdosis" seiner Tabletten eingenommen gehabt; einmal drei und ein weiteres Mal vier Stück. Deswegen habe jener keine Erinnerung mehr an die Vorgänge.

Die damals 16-jährige J. K. äußerte laut Protokoll, nachdem es an der Tür geklingelt habe, sei R. dorthin gegangen. Stimmen habe man keine gehört. Der R. sei dann ganz komisch ins Wohnzimmer gekommen und habe die Wohnzimmertür zu sich gezogen, jedoch nicht ganz geschlossen, und habe gesagt, dass er noch kurz weggehe. Sie schätze, dass es so gegen 20:30 Uhr gewesen sei.

B. H. von der Z.-Versicherung AG teilte mit E-Mail vom 16. Juni 2010 mit, am 27. Mai 2010 sei er zusammen mit seinem Kollegen S. beim Kläger gewesen. Der Kläger habe relativ emotionslos geschildert, dass er am 17. Februar 2010 zu Hause im Büro gesessen habe, als es an der Tür klingelte. Sein Sohn und dessen Freundin seien im Wohnzimmer gesessen und hätten ferngesehen. Er sei zur Tür gegangen. Dort habe ein Mann gestanden, den er wie folgt beschrieben habe: 1,70 Meter groß, dunkler Rollkragenpullover, der bis unter die Nase gezogen gewesen sei, blaue Baseballmütze, Sonnenbrille mit großen Gläsern. Er habe ferner eine graue Winterjacke aus Nylon getragen. An der linken Hand habe er einen schwarzen Lederhandschuh gehabt. Die rechte Hand sei in der Jackentasche, die etwas ausgebeult gewesen sei, verstaut gewesen. Trotz mehrfacher Nachfragen, was der Mann gesagt und was auf dem Zettel gestanden habe, den jener in der linken Hand gehalten und dem Kläger gezeigt habe, sei dieser ständig in die indirekte Rede verfallen und sei nur sehr schwer dazu zu bewegen gewesen, sich konkret festzulegen: "Der Mann sagte, dass ich mitkommen soll. Auf dem Zettel stand, dass dies ein Überfall ist. Er sagte, ich solle die Schlüssel mitnehmen, dass ich mitkommen soll." Schließlich habe sich der Kläger festgelegt, dass auf dem Zettel, der DIN A4 groß gewesen sei, das Wort "Überfall" gestanden habe. Der Mann habe in gebrochenem Deutsch gesagt: "Mitkommen und Schlüssel mitnehmen von Tresore.". Der Kläger habe zu dem Mann gesagt, er hole seine Jacke und die Schlüssel und sei ins Arbeitszimmer gegangen. Der Mann sei ihm bis zur Schwelle des Arbeitszimmers gefolgt. Er habe sich wegen der Ausbeulung in der rechten Jackentasche bedroht gefühlt. Er habe nicht gesehen, was es gewesen sei. Es habe eine Waffe, aber auch nur ein Finger sein können. Dann sei er zur Wohnzimmertür gegangen und habe zu seinem Sohn gesagt, er gehe nochmals fort und habe die Tür geschlossen. Dann habe er mit dem Mann das Haus verlassen. Vor dem Haus habe dieser gesagt "Dort hoch!" und sei dann neben oder hinter ihm gelaufen. Oben an der Hauptstraße sei ein schwarzer Pkw mit ausländischem Kennzeichen - schwarze Zahlen auf weißem Grund, keine Buchstaben - von links herangefahren und habe angehalten. Die vordere rechte Türe sei geöffnet worden. Der Kläger habe einsteigen müssen. Der andere Mann sei hinten rechts eingestiegen. Hinten links habe schon jemand gesessen, den er aber nicht beschreiben könne. Der Fahrer sei etwas stämmig gewesen und habe eine Sonnenbrille getragen. Er sei gefahren wie ein Besoffener, im Slalom; vermutlich habe er wegen der Brille schlecht gesehen. Der Fahrer habe eine karierte Jacke angehabt. Der Fahrer und der Mann hinten links hätten sich kurz unterhalten. Es habe sich osteuropäisch angehört. Es könne kroatisch gewesen sein. Der Kläger habe angegeben, er vermute, das Auto sei ein Skoda gewesen. Ihm sei das Zeichen auf dem Lenkrad und auf der Motorhaube aufgefallen. Seine Tochter habe auch so ein Zeichen, die fahre Skoda. Der Fahrer sei selbstständig zur Agentur nach A. gefahren und habe dort an einer dunklen Ecke angehalten. Der Täter hinten rechts sei ausgestiegen und habe ihm die Tür geöffnet. Jetzt habe er gesehen, dass dieser an beiden Händen Handschuhe trage. Eine Waffe habe er nicht gesehen. Weder zu Hause noch in A. habe er irgendwelche Passanten auf der Straße bemerkt. Er habe mit dem Täter die Agentur betreten. Der Täter habe ihn angewiesen, zum Tresor zu gehen und diesen zu öffnen. Er habe einen Bargeldinhalt von etwa 15.000 EUR übergeben. Der Täter habe die Scheine in seine Jackeninnentasche gesteckt. Anschließend habe er sich selbstständig Briefmarken genommen. Sie seien zurück zum Auto gegangen und er habe sich vorne rechts hineingesetzt. Der Fahrer habe den Motor gestartet und sei nach M. gefahren. Auf der gesamten Fahrt sei nicht gesprochen worden. In M. habe der Fahrer das Auto unterhalb der Agentur im Bereich der zweiten Querstraße abgestellt. Dann sei ihm wieder die Tür geöffnet worden und er sei mit dem Täter zur Agentur gelaufen. Unterwegs habe ihn der Täter angehalten und ihn angewiesen zu warten. Vor der Agentur hätten zwei Autos geparkt. Diese seien gerade weggefahren worden. Danach seien sie weitergelaufen.

Die gesamte Schilderung des Klägers sei anfänglich, so B. H., ziemlich emotions- und farblos gewesen. Danach sei ein "Bruch" aufgetreten und der Kläger habe seine eigene Darstellung verkompliziert. Seiner Ansicht nach würden solche "Ecken und Kanten" eher dafür sprechen, dass es sich tatsächlich so zugetragen habe. Der Kläger habe dem Täter gesagt, er habe den Tresorschlüssel nicht dabei. Der Täter habe gesagt: "Öffnen!". Dann habe der Kläger den Schlüsselsafe mit Zahlenkombination aufgemacht, den Tresorschlüssel entnommen und den Tresor geöffnet. Der Kläger habe die offenen Scheine und den Kasseninhalt übergeben. Er habe einen Schlag auf den Hinterkopf bekommen und sei bewusstlos geworden. Als er wieder zu sich gekommen sei, habe er zuerst die Polizei und dann seinen Sohn S. angerufen. Vom Überfall habe er ihm nichts erzählt.

Der Kläger habe ihnen den Einzelverbindungsnachweis gezeigt, auf dem zwar nicht das Gespräch mit der Polizei vermerkt gewesen sei, aber das Telefonat mit seinem Sohn S. um 21:39 Uhr. Weiter habe der Kläger angegeben, dass im Tresor auch die Bündel mit den großen Scheinen gefehlt hätten. Diese hätten unter den Briefmarken gelegen und er sei sich sicher gewesen, dass er diese nicht übergeben habe. Ebenso habe der Geldbeutel mit dem "Lottogeld" und den Briefmarken gefehlt. Diesen habe er ebenfalls nicht überreicht.

R. H., Sachbearbeiter der D. Post AG im Bereich Informationstechnik und für die Vorarbeiten zur Installation von Sicherungseinrichtungen bei Postagenturen zuständig, wurde telefonisch befragt. Er sei am 2. Februar 2010 in der Postagentur in A. tätig gewesen. Zu seinen Aufgaben gehörten die Inaugenscheinnahme der Örtlichkeiten, die Feststellung der möglichen Orte für Bewegungs- und Überfallmelder sowie die Fertigung von entsprechenden Plänen. Die Ausführungen der Arbeiten erfolgten durch ein anderes Unternehmen, vorliegend durch die RTS E. S. GmbH aus W ... Für die Postagentur in A. sei vorgesehen gewesen, einen Bewegungsmelder im Tresorraum sowie einen Überfallmelder mittels Knopf und eine Sicherheitsschaltung an der Personaleingangstür anzubringen. Dies sei dem Kläger auch so gesagt worden. Bezüglich des Einbauzeitpunktes habe er diesem gegenüber keine Angaben machen können, da der Termin durch die RTS E. S. GmbH bestimmt worden sei und mit dieser habe abgesprochen werden müssen. In der Regel erfolgten die Arbeiten vier bis sechs Wochen nach der Besichtigung durch ihn, was allerdings nur als Anhaltswert anzusehen sei. Er könne sich nicht daran erinnern, ob er dies dem Kläger gegenüber kundgetan habe. Die genannten Sicherungseinrichtungen würden seitens der D. Post AG deutschlandweit kostenlos angeboten. Eine Verpflichtung zur Installation bestehe nicht. Offensichtlich habe sich der Kläger für den Einbau entschieden gehabt.

Auf telefonische Nachfrage bei M. G. von der RTS E. S. GmbH teilte dieser mit, die Erhebungsdaten der D. Post AG seien am 5. Februar 2010 eingegangen. Die Arbeiten in A. seien am 16. März 2010 ausgeführt worden. Wann dieser Termin dem Kläger bekannt gegeben worden sei, könne nicht mehr nachvollzogen werden. Dies dürfte Anfang März gewesen sein. In aller Regel sei es so, dass zwischen den Vorbereitungen seitens der D. Post AG und der Ausführung etwa drei bis sechs Wochen lägen. Wegen des Vorfalles am 17. Februar 2010 sei der Einbautermin vorgezogen worden.

Nach Auskunft einer Mitarbeiterin der D. Post AG, welche die Postagenturen vor Ort betreute, I. F., sei am 18. Februar 2010 bei einem durchgeführten Soll-Ist-Vergleich festgestellt worden, dass in A. Bargeld in Höhe von 13.545,51 EUR und Postwertzeichen in einer Größenordnung von 1.049,50 EUR sowie in M. Bargeld in Höhe von 21.614,03 EUR und Briefmarken im Wert von 546,45 EUR gefehlt hätten. In A. dürfe Bargeld in Höhe von 25.300 EUR und in M. in Höhe von 39.000 EUR vorhanden sein. Der tatsächliche Bestand am 17. Februar 2010 habe nach der Abrechnung und vor dem fraglichen Ereignis in A. 14.309,25 EUR und in M. 22.389,69 EUR betragen. Ob das Geld in der Höhe tatsächlich vorhanden gewesen sei, lasse sich jedoch nicht feststellen, da beim täglichen Kassenabschluss der Bestand nicht gezählt werde. Mittels E-Mail vom 5. Mai 2010 gab sie die weitere Auskunft, die Ehefrau des Klägers habe ihr gegenüber erklärt, dieser halte mehrere unauffällige Verpackungen leicht versteckt an verschiedenen Plätzen, etwa auch im Tresor, bereit, was sich schon bewährt habe. Dieser Umstand sei ihr, Frau F., bereits aus einem früheren Überfall bekannt gewesen. Der den Kläger im gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahren vertretende Rechtsanwalt B. teilte der Polizeidirektion W.-T. mit Schriftsatz vom 28. April 2010 mit, der Kläger habe sich daran erinnert, im Rahmen des Überfalles ein Bündel mit Geldscheinen mit der Absicht, dieses vor dem Zugriff der Täter zu retten, weggeworfen habe. Dieses Bündel sei bei der Nachschau durch die Kinder des Klägers aufgefunden worden.

R. H. schilderte gegenüber KK E., dass sie am 17. Februar 2010 gegen 10 Uhr die Postagentur in A. aufgesucht habe. Sie habe, nachdem sie im Sommer 2009 Schwierigkeiten gehabt habe, 200 EUR oder 300 EUR von ihrem Postgirokonto abzuheben, zum Kläger gesagt, sie würde in der Postagentur sicher keine 4.000 EUR bekommen. Dieser habe ihr entgegnet, ihm sei es Recht, wenn sie diesen Betrag in W. abholte. Nach telefonischer Rücksprache bei dem Gebietsleiter der D. Post AG, Herr Sch., ergab sich, dass für die Postagentur in A. eine Auszahlungshöchstgrenze von 1.500 EUR vorgesehen sei. Dem Kläger sei es nicht gestattet, einen diesen Wert übersteigenden Betrag auszuzahlen.

Nach dem Kriminaltechnischen Bericht konnten lediglich in der Verkaufsstätte in A. zwei verschiedene, bedingt auswertbare Schuhlaufflächenspuren gesichert werden, die nicht unbedingt den Tätern hätten zugeordnet werden können. Von den Schuhen des Klägers stammten sie hingegen nicht. Hinweise auf das Fabrikat oder den Sohlenhersteller hätten sich nicht gefunden. Mit Einverständnis des Klägers erfolgte noch in der Nacht vom 17. auf den 18. Februar 2010 eine Durchsuchung seines Wohnhauses, die gegen 3 Uhr ergebnislos abgebrochen wurde. Zu diesem Zeitpunkt seien erst der Keller und das Büro sowie der Pkw durchsucht worden. Zur Weiterführung der Maßnahme hätte eine größere Anzahl von Beamtinnen und Beamten hinzugezogen werden müssen, die nicht zur Verfügung gestanden habe. Nach dem Vermerk von KOK A. sei im Rahmen dieser Durchsuchung gegen 2:10 Uhr festgestellt worden, dass der Computer im Arbeitszimmer ausgeschaltet gewesen sei. S. H. und J. K. hätten hierzu befragt ausgesagt, festgestellt zu haben, dass im Büro noch Licht gebrannt habe und der Computer eingeschaltet gewesen sei. Daraufhin hätten sie diesen heruntergefahren. Auf dem Bildschirm sei der Windows-Desktop zu sehen gewesen. Ferner sei das Computerspiel "Spider Solitaire", ein Kartenspiel, geöffnet gewesen. Weitere Ermittlungen, insbesondere Befragungen in der Nachbarschaft und eine Öffentlichkeitsfahndung, erbrachten keine weiteren konkreten Hinweise. Ebenso erbrachte die Vornahme von Durchfahrtskontrollen an zwei Kontrollstellen keine Ansätze für weitere Ermittlungen.

Neben einem Ermittlungsverfahren gegen unbekannt (Az. 12 UJs 594/10) wurde ein solches gegen den Kläger und dessen älteren Sohn M. wegen des Verdachts der Untreue (§ 266 Strafgesetzbuch - StGB) und des Vortäuschens einer Straftat (§ 145d StGB) geführt (Az. 12 Js 1073/10). Dieses war bereits am 18. Februar 2010 eingeleitet, schlussendlich aber mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt worden (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Strafprozessordnung - StPO). Als Motiv waren finanzielle Schwierigkeiten des Klägers angenommen worden, wie sich nach der polizeilichen Auswertung der Kontounterlagen gezeigt habe. So sei er im Februar 2010 Forderungen in Höhe von insgesamt etwa 95.000 EUR ausgesetzt gewesen. Diese resultierten im Wesentlichen aus der Übernahme von Schulden im Zusammenhang mit der Insolvenz seines Sohnes M. im August 2008, der damals als Einzelkaufmann einen Fischvertrieb führte. Dieser wurde deswegen auch als möglicher Mittäter in Betracht gezogen.

In Bezug auf die Verkaufsstätte in A. war der Kläger bei der AXA-Versicherung AG gegen Raub und Einbruch mit einer Versicherungssumme von 20.000 EUR für den Verlust von Bargeld, welches im Tresor verwahrt ist, versichert. Die Versicherung wurde am 2. Februar 2009 abgeschlossen. Zuvor war der Kläger deswegen bei der S. I. Allgemeine Versicherung AG versichert; das Vertragsverhältnis war Ende November 2008 durch den Kläger beendet worden. Eine inhaltsgleiche Versicherung bestand für das Geschäft in M. bei der Z.-Versicherung AG.

Nach dem Ermittlungsbericht von KOK A. sei der erste Überfall auf die Verkaufsstätte in A. am 31. Dezember 2001 erfolgt. M. H. habe sich damals dort allein aufgehalten und sei vor dem Tresor kniend hinterrücks niedergeschlagen worden. Er sei wenige Minuten später von dem aus der Tiefgarage hinzukommenden Kläger gefunden worden. Zu dieser Sache wurden die Brüder V. und J. H., die früher mit ihren Eltern in der Nachbarschaft des Klägers und seiner Familie lebten, am 1. und 20. März 2010 als Zeugen vernommen. V. H. sagte aus, er erinnere sich, dass S. H. im Zusammenhang mit dem Fall, als sein Vater oder sein Bruder M. von hinten "eins über die Rübe" bekommen habe, eine Äußerung dahingehend gemacht habe, dass das beide zusammen gemacht, also etwas miteinander "gedreht" hätten. Das habe S. auf einem Spielplatz erzählt. Mit der Aussage seines Bruder konfrontiert, gab J. H. an, das habe er vor einer ganzen Weile im Jugendclub oder auf dem Spielplatz in Sch. gehört. Der Kläger und dessen älterer Sohn hätten im damaligen Café W. Karten gespielt und verloren. Dann hätten sie die P. überfallen. Der Vater habe dem Sohn wohl auf den Kopf geschlagen, dann hätten sie das Geld geklaut.

Der Kläger habe nach dem Ermittlungsbericht von KOK A. auch am 8. Dezember 2005 einen Raubüberfall auf das Geschäft in M. angezeigt gehabt, welches sich damals in einer anderen Räumlichkeit befunden habe. Der Kläger habe angegeben, beim Verlassen des Gebäudes durch die Hintertür von einer unbekannten Person abgepasst worden zu sein, die ihm etwas Hartes in die Seite gesteckt habe und ihn so in das Geschäft habe zurückdrängen können. Der Kläger habe den Tresor geöffnet und dem Täter nach und nach das Bargeld gegeben. Danach sei er ohnmächtig geworden. Damals sei routinemäßig ebenfalls wegen des Verdachts des Vortäuschens einer Straftat ermittelt worden. Letztendlich sei trotz gewisser Verdachtsmomente von einem tatsächlichen Überfall ausgegangen worden. Die Versicherungsleistungen seien umfänglich erbracht worden.

In der Nacht vom 30. auf den 31. Oktober 2009 sei nach dem Ermittlungsbericht von KOK A. wiederum in die Verkaufsstätte in A. eingebrochen worden. Der Täter habe sich offensichtlich ausgekannt. Er habe zielgerichtet den Tresorschlüssel gesucht und letztendlich auch gefunden. Ein "Fremdtäter" sei nach Sachlage auszuscheiden gewesen. Der Gesamtschaden habe sich auf etwa 27.000 EUR belaufen. Versicherungsleistungen seien hingegen lediglich in einem Umfang von 5.000 EUR erbracht worden, da der Tresorschlüssel entgegen den Versicherungsbedingungen im Geschäftsraum aufbewahrt gewesen sei.

Nach dem Durchgangsarztbericht des Chefarztes der Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie des Spitals W., Dr. P., habe ein Sohn des Klägers diesen wegen einer stattgehabten Bewusstlosigkeit am 18. Februar 2010 gegen 3:15 Uhr in die Klinik gebracht, wo er sich stationär bis zum Folgetag aufgehalten habe. Es sei eine Commotio cerebri, eine leichte Prellung im Lendenwirbelsäulenbereich und eine vorbekannte posttraumatische Verarbeitungsstörung diagnostiziert worden. Am Parietalschädel rechts habe sich eine kleine Prellmarke gefunden. Der Wert nach der Glasgow-Coma-Skala (GCS) habe zum Untersuchungszeitpunkt 15 betragen. Die Pupillen seien isokor, also beidseits gleich groß gewesen. Sie hätten prompt auf Licht reagiert. Fokal-neurologische Defizite hätten sich nicht gefunden. Der Reflexstatus sei symmetrisch mittellebhaft auslösbar gewesen. Über der Lendenwirbelsäule habe ein geringer Druck- und Klopfschmerz bestanden. Ausfälle nach peripher seien nicht festgestellt worden. Bei dem Kläger sei eine posttraumatische Verarbeitungsstörung mit rezidivierenden Angstzuständen nach einem früheren Überfall im Jahre 2005 bekannt. Diesbezüglich sei mehrfach eine psychologische und psychotherapeutische Behandlung erfolgt. Psychopharmaka seien in Form des Präparats Sertralin 100 mg zum Einsatz gekommen. Dr. R., Oberarzt in der Abteilung für Innere Medizin des Spitals W., wo sich der Kläger am 18. Februar 2010 kurzzeitig stationär befand, führte im Verlegungsbericht aus, bei der Aufnahme in ihrer Abteilung sei eine kleine, 1 bis 2 EUR-große Prellmarke am parietalen Schädel festgestellt worden. Der Kläger sei psychisch geschockt gewesen. Ursache der Symptomatik sei eine Commotio cerebri, anamnestisch im Rahmen einer Gewalteinwirkung auf den Schädel. Klinisch-neurologisch seien keine fokalen Defizite bei psychischem Erregungszustand festgestellt worden. Nach dem Entlassungsbericht von Dr. P. sei aus rein unfallchirurgischer Sicht wegen der erlittenen Commotio cerebri Arbeitsunfähigkeit bis 24. Februar 2010 bescheinigt worden.

Über das Ereignis vom 17. Februar 2010 hatte die Ehefrau des Klägers die Beklagte am Folgetag telefonisch unterrichtet. Der Kläger sei zu Hause aufgesucht und mit einer Pistole gezwungen worden mitzukommen. Er sei mit dem Auto zu seinem Geschäft gefahren. Darin hätten noch drei weitere Personen gesessen. Im Geschäft sei er dann gezwungen worden, seine Einnahmen herauszugeben. Der Kläger könne sich allerdings nicht an alles erinnern. Vermutlich sei er niedergeschlagen worden.

Der Kläger gab in der Unfallanzeige, die der Beklagten am 21. April 2010 zuging, an, zu Hause überfallen worden zu sein. Sie seien mit ihm in das Geschäft nach A. gefahren, wo er ihnen den Tresor habe öffnen müssen. Danach sei es weiter in sein zweites Geschäft in M. gegangen, wo er den Tresor ebenfalls habe aufschließen müssen. Er sei eine Zeit lang bewusstlos gewesen, dann habe er die Polizei angerufen.

Wie schon nach dem Vorfall am 8. Dezember 2005 in dem Geschäft in M. wurde der Kläger erneut von einem Diplom-Psychologen der H. C. GmbH aus K. aufgesucht. Nach dem Bericht von Prof. Dr. phil. L., psychologischer Psychotherapeut, der den Kläger am 20. Februar 2010 zur psychologischen Akutintervention nach einem Gewaltereignis kontaktiert hatte, sei es durch die psychische Belastung wegen des Gewaltereignisses zu einer akuten Belastungsreaktion (ICD-10 F 43.0) mit intrusiver, vermeidender, affektiver und Übererregungssymptomatik sowie einem erhöhten Risiko zur Entwicklung einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10 F 43.1) gekommen. Prognostisch gesehen sei eher von einem ungünstigen Verlauf auszugehen, da der Kläger schon einmal überfallen worden sei und ihm zudem seitens der Polizei nicht geglaubt werde. Sein Weltbild sei erschüttert. Auch tauchten die Bilder des früheren Überfalles wieder auf, so dass es zu einer Retraumatisierung gekommen sei. Eine stationäre psychotherapeutische Weiterbetreuung erscheine sinnvoll. In einem Telefonat am 22. Februar 2010 teilte Prof. Dr. L. der Beklagten mit, der Kläger sei wegen einer hohen Dosis Psychopharmaka kaum anzusprechen und völlig ruhig gestellt gewesen.

Die Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. V. führte auf eine Untersuchung des Klägers am 24. Februar 2010 hin aus, es sei eine posttraumatische Belastungsstörung nach erneutem Überfall diagnostiziert worden. der Kläger habe berichtet, in der Vorwoche erneut überfallen worden zu sein. Der Kläger sei verzweifelt-herabgestimmt gewesen, habe gezittert und von erheblichen Ängsten nach erneutem Überfall berichtet. Sie habe ihm empfohlen, das in der Vergangenheit bewährte Amitriptylin 100 mg dreimal täglich (1/2-1/2-1) weiter einzunehmen; weiterhin zusätzlich Sertralin 100 mg morgens.

Vom 6. April bis 18. Mai 2010 hielt sich der Kläger stationär in der H. Klinik in B. G. auf. Nach dem Entlassungsbericht von Dr. W., Chefarzt der Akut- und Rehabilitationsklinik für psychosomatische Medizin, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sei unter anderem eine posttraumatische Belastungsstörung nach einem Überfall im Februar 2010 (ICD-10 F 43.1) festgestellt worden. Die Ärztin für Psychotherapie Dr. K.-B. diagnostizierte nach ihrem Befundbericht vom 9. Juni 2010 eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F 43.1). Der Kläger habe angegeben, mit Waffengewalt von zu Hause abgeholt und gezwungen worden zu sein, in beiden Postfilialen die Tresore zu öffnen und Geld herauszugeben. Danach sei er sehr wahrscheinlich kollabiert. In ihrem Abschlussbefundbericht vom 20. Juli 2010 teilte sie mit, bei dem stark misstrauischen Kläger dienten die Sitzungen vorrangig dazu, Vertrauen aufzubauen und eine Stabilisierung zu erreichen. Dies werde dadurch erschüttert, dass inzwischen nochmals zweimal versucht worden sei, an den Eingangstüren der Postagenturen zu manipulieren.

Mit Bescheid vom 7. Oktober 2010 lehnte die Beklagte "die Entschädigung [des] Unfalles vom 16.02.2010 ab". Am Unfalltag sei der Kläger zu Hause in seinem Wohnhaus gewesen. Die Tätigkeit im Büro habe mit seiner Arbeitstätigkeit nicht im Zusammenhang gestanden, da er am Computer gespielt habe. Zu diesem Zeitpunkt habe es sich um eine eigenwirtschaftliche private Tätigkeit gehandelt. Aufgrund der vom Kläger gemachten Angaben zum Hergang und der Tatumstände sei ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren wegen Vortäuschens einer Straftat eingeleitet worden. Der Nachweis einer strafbaren Handlung des Klägers oder mit ihm in Verbindung stehender Personen habe im Ergebnis zwar nicht geführt werden können. Das Ermittlungsverfahren sei deswegen auch eingestellt worden. Daraus ergebe sich allerdings nicht, dass damit automatisch die vom Kläger gemachten Angaben glaubhaft seien oder gar der Nachweis für den geschilderten Tathergang erbracht sei. Der nachfolgende, vom Kläger beschriebene Überfall habe durch umfangreiche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht nachvollzogen und bestätigt werden können. Es sei damit nicht bewiesen, dass er zu dem von ihm angegebenen Zeitpunkt einer versicherten Tätigkeit nachgegangen sei. Es liege eine so genannte "Beweislosigkeit" vor. Diese gehe zu Lasten des Klägers, da er aus dem Nachweis einer versicherten Tätigkeit Rechte herleiten wolle. Das Vorliegen eines Arbeitsunfalles werde abgelehnt. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung könnten nicht gewährt werden. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2010 zurückgewiesen; zugestellt wurde er den vormaligen Bevollmächtigten des Klägers am 20. Dezember 2010.

Hiergegen hat der Kläger am 20. Januar 2011 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben, die er Anfang Oktober 2011 unter anderem damit begründet hat, vor der geöffneten Haustür sei ein Mann gestanden, der in bedroht und gezwungen habe, mitzukommen. Von dieser männlichen Person sei ihm ein Zettel mit der Aufschrift "Raubüberfall, Schlüssel für Tresor mitnehmen" hingehalten worden. Seinem Sohn habe er schließlich mitgeteilt, noch kurz weg zu müssen. Im Auto des Täters hätten noch zwei weitere Personen gesessen, die ihn gezwungen hätten, zur P.filiale nach A. zu fahren. Durch den Arbeitsunfall habe er eine gravierende Gesundheitsschädigung erfahren, die eine Erwerbsunfähigkeit von 100 vom Hundert (v. H.) nach sich gezogen habe. Daher sei die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Rente zu gewähren.

In einer nichtöffentlichen Sitzung am 13. März 2014 hat das SG den Kläger persönlich gehört. Er habe heute noch eine Postagentur auf seinen Namen laufen. Diese werde aber von seiner Frau geführt, er selbst könne nicht mehr arbeiten. Ein Teil des Schadens, der ihm durch den Vorfall am 17. Februar 2010 entstanden sei, sei inzwischen von den Versicherungen übernommen worden. Der Schaden belaufe sich insgesamt auf 33.000 EUR. Die Versicherungen hätten 30.000 EUR übernommen. Der Schaden sei nicht in vollem Umfang übernommen worden, da er in Bezug auf einen der Tatorte zu viel an Bargeld im Tresor liegen gehabt habe. Am 17. Februar 2010 sei er zu Hause im Büro gewesen und habe sich mit der Buchhaltung beschäftigt. Der Computer sei eingeschaltet gewesen. Die Polizei habe dies so ausgelegt, als ob er dort gespielt habe. Dieser habe er aber auch gesagt, dass er die Buchhaltung gemacht habe. Im Vernehmungsprotokoll stehe davon hingegen nichts. Das Büro befinde sich etwa vier bis fünf Meter von der Eingangstür entfernt. Es handele sich um das erste Zimmer links nach dieser Tür. Kurz nach 20 Uhr habe es geklingelt. Er habe die Tür geöffnet. Es habe einer draußen gestanden, der einen Zettel in der Hand gehalten habe. Auf diesem habe gestanden, dass es ein Überfall sei und dass er kommen solle. Bei dem Zettel habe es sich um ein DIN A4-Blatt gehandelt. Der Täter habe zu ihm gesagt, er solle den Schlüssel mitnehmen. Er sei dann ins Büro gegangen, um den Schlüssel zu holen. Er habe dies alles gemacht, weil der Täter eine Hand in der Jackentasche gehabt habe, so als ob ein Revolver darin wäre. Ob dies tatsächlich der Fall gewesen sei, wisse er nicht. Er sei sich sicher, dass der Täter gesagt habe, er solle den Schlüssel für den Tresor mitnehmen. Er habe den Täter nichts gefragt, weil es normal heiße, man solle machen, was die Täter wollten. Er habe ausländisch gesprochen. Welche Sprache, wisse er nicht. Warum der Täter ihm den Zettel hingehalten und dann doch etwas gesagt habe, wisse er nicht. Er habe dann jedenfalls den Schlüssel geholt. Den habe er im Büro in seiner Jacke gehabt. Er habe diese geholt. Dann sei er kurz noch ins Wohnzimmer zu seinem Sohn gegangen und habe ihm gesagt, er müsse wohin. Warum er zu seinem Sohn gelaufen sei, wisse er nicht. Danach sei er mit dem Täter rausgegangen. Der habe ihn zu einer Kapelle hochgeschickt. Und dann sei ein Auto gekommen. Als dieses angefahren gekommen sei, sei er etwa 100 Meter vom Haus entfernt gewesen. Dann habe der Täter die vordere Tür aufgemacht. Er habe vorne einsteigen und sich auf den Beifahrersitz setzen müssen. Der Täter, der zu ihm ins Haus gekommen sei, sei hinten eingestiegen, hinten auf den Rücksitz. Insgesamt könne er sich an zwei Täter erinnern, denjenigen, der ihn zu Hause abgeholt habe, und an den Fahrer. Ob noch ein weiterer dabei gewesen sei, wisse er nicht. Was in dem Protokoll über seine polizeiliche Vernehmung als Geschädigter stehe, also dass zwei Täter im Auto gesessen hätten und der Täter, der ihn am Haus abgeholt habe, auf der Beifahrerseite eingestiegen sei, und er hinter diesem auf dem Rücksitz Platz genommen habe, könne nicht sein. Nach dem Vorfall habe er eine Gehirnerschütterung gehabt. Woher der Täter gewusst habe, wo er wohne, und dass er zwei Postagenturen betreibe, wisse er nicht. Er habe eine Vermutung, könne diese aber nicht beweisen.

Das SG hat die Klage - nach Einverständnis der Beteiligten (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ohne mündliche Verhandlung - durch Urteil vom 27. Mai 2014 abgewiesen. Zwischen den Beteiligten sei streitig, ob eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalles sei. Der Kläger habe sinngemäß beantragt, unter Aufhebung des Bescheides vom 7. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2010 festzustellen, dass eine posttraumatische Belastungsstörung Folge eines am 17. Februar 2010 erlittenen Arbeitsunfalles sei. Die Klage sei zwar zulässig, da mit ihr die Feststellung begehrt werden könne, ob eine Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalles sei, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung habe. Die Klage sei jedoch nicht begründet. Ein Anspruch auf die begehrte Feststellung bestehe nicht. Das Vorliegen eines Arbeitsunfalles stehe nicht fest. Es verblieben Zweifel am Geschehensablauf.

Gegen die seinem jetzigen Prozessbevollmächtigten am 23. Juni 2014 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 22. Juli 2014 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, das SG habe verkannt, dass es ganz normal sei, dass er sich wegen der psychischen Belastung in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung an den Geschehensablauf nicht genau erinnern könne. Wäre er hierzu in der Lage, wäre dies sehr ungewöhnlich. Insbesondere sei im Spital W. festgestellt worden, dass er psychisch geschockt gewesen sei. Da die Vernehmung bei der Kriminalpolizei an eben diesem Tag stattgefunden habe, liege es auf der Hand, dass zu diesem Zeitpunkt Erinnerungslücken vorhanden gewesen und Widersprüche aufgetreten seien. Aus der umfangreichen Dokumentation der ihn behandelnden Ärzte ergebe sich darüber hinaus nicht nur, dass er durch den Vorfall vom 17. Februar 2010 eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten habe, sondern auch, dass sich der Ablauf tatsächlich so zugetragen habe, wie er von ihm geschildert worden sei. Davon sei vielleicht nicht mit absoluter Gewissheit, so aber doch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszugehen. Da die Beweggründe der Täter darauf abgezielt hätten, die Postagenturen zu überfallen, sei ein betriebsbezogenes Tatmotiv belegt, weshalb er zum Unfallzeitpunkt einer versicherten Tätigkeit nachgegangen sei.

Nachdem der Kläger zunächst sinngemäß begehrt hat, unter Aufhebung des Urteils des SG und der dem gerichtlichen Verfahren vorausgegangenen Verwaltungsentscheidung festzustellen, dass eine posttraumatische Belastungsstörung Folge des Ereignisses vom 17. Februar 2010 ist, und die Beklagte zu verurteilen, wegen der Unfallfolgen Verletztenrente zu gewähren, beantragt er zuletzt - in der mündlichen Verhandlung am 30. Juli 2015 - noch,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 27. Mai 2014 und den Bescheid vom 7. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2010 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 17. Februar 2010 ein Arbeitsunfall ist, hilfsweise, ein psychiatrisches Sachverständigengutachten zum Nachweis seiner Glaubwürdigkeit und der Glaubhaftigkeit seiner Angaben einzuholen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet das Begehren des Klägers weiterhin nicht für begründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte der Beklagten (2 Bände) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden sowie im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG), aber unbegründet.

Das Begehren des Klägers, unter Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung festzustellen, dass das Ereignis vom 17. Februar 2010 ein Arbeitsunfall ist, konnte Gegenstand des Berufungsverfahrens werden. Rechtsmittelführende sind beschwert, wenn die angefochtene Entscheidung hinter ihrem Begehren zurückbleibt. Das ist der Fall, wenn die Entscheidung etwas versagt, was sie ausdrücklich beantragt haben, aber auch, wenn das Ausgangsgericht unter Verstoß gegen § 123 SGG teilweise nicht entschieden hat (vgl. BSG, Urteil vom 21. Januar 1959 - 11/8 RV 181/57 -, BSGE 9, 80 (82); Wagner, in Hennig, Kommentar zum SGG, Stand: Oktober 2005, § 123 Rz. 47 f.; E.z, in Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl. 2012, § 143 Rz. 12). Nach dieser Norm entscheidet das Gericht über die erhobenen prozessualen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Ein Klageantrag ist unter Berücksichtigung des "Meistbegünstigungsprinzips" (vgl. BSG Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R -, BSGE 97, 217 (219 m. w. N.)) unabhängig vom Wortlaut unter Berücksichtigung des wirklichen Willens so auszulegen, dass das Klagebegehren möglichst weitgehend zum Tragen kommt. Die Gerichte haben sich nicht daran zu orientieren, was als Klageantrag zulässig ist, sondern was nach dem klägerischen Vorbringen begehrt wird, soweit vernünftige Antragstellende mutmaßlich ihren Antrag bei entsprechender Beratung anpassen würden und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen (vgl. BSG, a. a. O.). Auch für die Auslegung von Prozesshandlungen einschließlich der Klageanträge ist die Auslegungsregel des § 133 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) entsprechend anzuwenden (BSG, Urteil vom 22. März 1988 - 8/5a RKn 11/87 -, BSGE 63, 93 (94); BSG, Urteil vom 13. März 1991 - 6 RKa 20/89 -, BSGE 68, 190 (191)). Danach ist nicht an dem Wortlaut einer Erklärung zu haften, sondern der wirkliche Wille zu erforschen und zu berücksichtigen, soweit er für das Gericht und die Beteiligten erkennbar ist. Dabei muss der für diese erkennbare, gesamte Klagevortrag einschließlich der Verwaltungsvorgänge herangezogen werden (BSG, Urteil vom 22. März 1988 - 8/5a RKn 11/87 -, BSGE 63, 93 (94 f.); Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 92 Rz. 12).

Der Kläger hat vor dem SG den Bescheid vom 7. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2010 angefochten und der Sache nach die Verurteilung der Beklagten begehrt, ihm wegen des Ereignisses vom 17. Februar 2010 Rente nach einer MdE von 100 v. H. zu gewähren. Die Feststellung eines Rechts hierauf hat er wegen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf psychiatrischem Fachgebiet für gerechtfertigt gehalten. Diese hat er auf das Ereignis vom 17. Februar 2010 zurückgeführt, welches er als Arbeitsunfall angesehen hat. Auf das Vorliegen der Voraussetzungen eines solchen Versicherungsfalles im Sinne von § 7 Abs. 1 Alt. 1, § 8 Abs. 1 SGB VII ist er im Schriftsatz vom 30. September 2011, mit dem die Klage begründet worden ist, eingehend eingegangen. Ferner hat er für den geschilderten Unfallhergang verschiedentlich Beweis angeboten. Damit hat sich der Kläger erkennbar dagegen wehren wollen, dass die Beklagte mit der angefochtenen Verwaltungsentscheidung in seine Rechtssphäre eingegriffen hat. Mit dem Bescheid vom 7. Oktober 2010 wurde allerdings kein Anspruch auf eine Verletztenrente wegen eines (angenommenen) Arbeitsunfalles versagt. Demgegenüber wurde nur unbestimmt "die Entschädigung" wegen des vorliegend fraglichen Ereignisses am 17. Februar 2010 abgelehnt. Die Verwaltungsentscheidung schließt auch mit dem Passus, dass das Vorliegen eines Arbeitsunfalles abgelehnt wird. Der Klageantrag des Klägers, ihm wegen eines Arbeitsunfalles vom 17. Februar 2010 Verletztenrente zu gewähren, musste vor diesem Hintergrund, damit das Begehren möglichst weitgehend zum Tragen kommt, so ausgelegt werden, dass damit auch und zunächst die Feststellung des Ereignisses vom 17. Februar 2010 als Arbeitsunfall beansprucht worden ist. Das SG hat eine dahingehende Auslegung des Klageantrages nicht vorgenommen, sondern es als sachgerecht angesehen, das Begehren dahingehend zu fassen, festzustellen, dass die posttraumatische Belastungsstörung Folge eines Arbeitsunfalles vom 17. Februar 2010 ist. Damit hat es, da mit der Verwaltungsentscheidung eine damit korrespondierende negative Feststellung ebenfalls nicht getroffen worden ist, unter Verstoß gegen § 123 SGG nicht über diesen Anspruch entschieden. Eine Ergänzung des Urteils des SG im Sinne von § 140 SGG ist demgegenüber nicht in Betracht gekommen. Der Anwendungsbereich dieser Norm ist nur eröffnet, wenn mit einer gerichtlichen Entscheidung ein erhobener Anspruch versehentlich ganz oder teilweise übergangen worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 21. Januar 1959 - 11/8 RV 181/57 -, juris, Rz. 15 m. w. N.; BSG, Terminbericht Nr. 10/15 vom 19. März 2015, Ziff. 1 zu B 2 U 3/14 R, im Internet unter "http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/termine.py?Gericht=bsg&Art=tm"). Mit der vom SG vorgenommenen Auslegung hat dieses hingegen verneint, dass der Kläger zumindest sinngemäß einen Anspruch auf Feststellung des Ereignisses vom 17. Februar 2010 als Arbeitsunfall erhoben hat.

Die Neufassung des Antrages des Klägers, einschließlich einer Teilrücknahme der Berufung im Übrigen (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. September 2009 - L 8 U 5884/08 -, juris, Rz. 32 ff. zu einer Teilrücknahme der Klage durch spätere Antragsbeschränkung), im Termin zur mündlichen Verhandlung beim LSG am 30. Juli 2015 hat damit keine Klageänderung im Sinne des § 99 SGG dargestellt. Die erfolgte Konkretisierung aufgrund des rechtlichen Hinweises der Senatsvorsitzenden gemäß § 106 Abs. 1 SGG ist eine Klarstellung des schon ursprünglich Gewollten gewesen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 13. März 1991 - 6 RKa 20/89 -, BSGE 68, 190 (191); BSG, Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 119/10 R -, BSGE 108, 86 (93, Rz. 30)).

Die Berufung ist hingegen unbegründet, da die gemäß §§ 54 Abs. 1 Satz 1, 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erhobene Klage zwar zulässig, aber unbegründet ist.

Die Sachentscheidungsvoraussetzungen dieser Klagearten liegen vor. Insbesondere ist, bezogen auf die Anfechtungsklage, der Kläger auch klagebefugt im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Insoweit reicht es aus, dass eine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist und der Kläger die Beseitigung einer in seine Rechtssphäre eingreifenden Verwaltungsmaßnahme anstrebt, von der er behauptet, sie sei nicht rechtmäßig (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2007 - B 9/9a SGB 2/06 R -, SozR 4-3250 § 69 Nr. 5, Rz. 18). An der Klagebefugnis fehlt es demgegenüber, wenn eine Verletzung subjektiver Rechte nicht in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 14. November 2002 - B 13 RJ 19/01 R -, BSGE 90, 127 (130)), weil hinsichtlich des Klagebegehrens eine gerichtlich überprüfbare Verwaltungsentscheidung nicht vorliegt (BSG, Urteil vom 21. September 2010 - B 2 U 25/09 R -, juris, Rz. 12). Nach Auslegung des Bescheides vom 7. Oktober 2010 hat die Beklagte festgestellt, dass das Ereignis vom 17. Februar 2010 kein Arbeitsunfall ist. Dabei ist Maßstab der Auslegung der "Empfängerhorizont" verständiger Beteiligter, die die Zusammenhänge berücksichtigen, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§ 133 BGB) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2008 - B 5a/5 R 20/06 R -, BSGE 100, 1, (2, Rz. 11 m. w. N.)). Gemessen daran hat die Beklagte durch den Verfügungstenor, mit dem unbestimmt "die Entschädigung" wegen des "Unfalles vom 16.02.2010" abgelehnt worden ist, sowie dem Satz im letzten Absatz des Bescheides "Das Vorliegen eines Arbeitsunfalles wird abgelehnt.", die Regelung getroffen, dass das Ereignis vom 17. Februar 2010 kein Arbeitsunfall ist. Bei der Benennung des 16. Monatstages handelt es sich um eine offenbare Unrichtigkeit (vgl. § 38 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X), da ein für einen Versicherungsfall im Sinne von § 7 Abs. 1 Alt. 1, § 8 Abs. 1 SGB VII in Frage kommendes Ereignis an diesem Tag nie in Rede stand, sondern nur am Folgetag, dem Aschermittwoch des Jahres 2010.

Der Kläger hat hingegen keinen Anspruch auf Feststellung des Ereignisses vom 17. Februar 2010 als Arbeitsunfall.

Versicherte können von der zuständigen Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 102 SGB VII die Feststellung eines Versicherungsfalles, hier eines Arbeitsunfalles, beanspruchen, wenn ein solcher eingetreten ist (vgl. BSG, Urteil vom 5. Juli 2011 - B 2 U 17/10 R -, SozR 4-2700 § 11 Nr. 1, Rz. 15 f.). Die Voraussetzungen hierfür liegen jedoch nicht vor.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung der Versicherten zur Zeit des Unfalles einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung wesentlich ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) verursacht hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis wesentlich einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität; vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2011 - B 2 U 10/11 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 42; BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 2 U 9/10 R -, BSGE 107, 197; BSG, Urteil vom 18. November 2008 - B 2 U 27/07 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 30, Rz. 10 m. w. N.).

Hinsichtlich des Beweismaßstabes gilt für die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen bei der Tatsachenfeststellung, dass die Tatsachen, die die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalles", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" erfüllen sollen im Grad des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen müssen. Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 2. April 2009 - B 2 U 30/07 R -, BSGE 103, 45).

Auch ein Überfall kann als Arbeitsunfall anzuerkennen sein, wenn dieser während einer versicherten Tätigkeit erfolgt und in sachlichem Zusammenhang mit ihr steht, also nicht etwa wesentlich auf einer persönlichen Feindschaft beruht (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2013 - B 2 U 10/12 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 47; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. März 2011 - L 3 U 169/10 -, juris; vgl. auch BSG, Urteil vom 18. November 2008 - B 2 U 27/07 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 30, Rz. 23 ff.). Dieser sachliche Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit könnte vorliegend darin begründet sein, dass der Kläger eigenen Angaben zufolge gezwungen worden war, seine Betriebstätten mit den Tresoren aufzusuchen.

Für den Senat steht aber bereits nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass sich, wie vom Kläger behauptet, am 17. Februar 2010 ein Unfall, also ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis zugetragen hat. Es ist nicht erwiesen, dass jemand am Abend des 17. Februar 2010 am Wohnhaus des Klägers klingelte, diesen zwang in einen Pkw zu steigen und mit weiteren Tatbeteiligten zunächst zur Verkaufsstätte in A. und danach zum Geschäft nach M. zu fahren, um jeweils Bargeld aus den jeweiligen Tresoren zu entwenden, sowie dem Kläger anschließend noch auf den Kopf schlug.

Auch wenn sich nach den polizeilichen und staatsanwaltlichen Ermittlungen kein hinreichender Tatverdacht für das Vortäuschen einer Straftat gemäß § 145d StGB ergeben hat und das Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 Satz 1 StPO eingestellt worden ist, sind für den Senat solche Zweifel erhalten geblieben, dass ein Unfall nur als möglich erscheint. Die Angaben des Klägers haben zwar nicht eindeutig widerlegt werden können. So musste dieser nach den Erkenntnissen der ermittelnden Kriminalpolizeibeamten einen Mittäter gehabt haben, wenn der Überfall nur vorgetäuscht worden wäre. Sonst ließe sich nicht erklären, wie der Kläger von seinem Wohnsitz aus nach M. gekommen sei, zumal die auf ihn zugelassenen Kfz zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung am 18. Februar 2010 gegen 2 Uhr, die abgebrochen wurde, ohne dass sich weitere Ermittlungsansätze ergaben, alle vor Ort hätten aufgefunden werden können. Als Mittäter in Verdacht geriet M. H., da er für die fragliche Tatzeit kein Alibi hat. Seine Angaben dazu, wo er sich am Abend des 17. Februar 2010 aufhielt und was er machte, haben jedoch nicht entkräftet werden können. Auch der Umstand, dass der Kläger der Kundin R. H. auf ihre Äußerung hin, dass sie sicher keine 4.000 EUR in der Postagentur in A. bekommen würde, entgegnete, ihm wäre es Recht, wenn sie diesen Betrag in W. abholen würde, ist kein Indiz dafür, dass der Kläger den Überfall nur vorgetäuscht hat. Zwar spräche dieser Umstand vordergründig durchaus dafür, dass es dem Kläger darum gegangen ist, den Bargeldbestand nicht zu schmälern, um der Versicherung einen möglichst hohen Schaden melden zu können. Dieser Aspekt wird jedoch bereits dadurch entkräftet, dass der Gebietsleiter der D. Post AG, Herr Sch., auf Nachfrage von KOK A. angab, die Auszahlungshöchstgrenze in der Postagentur in A. habe bei 1.500 EUR gelegen. Der Kläger habe einen Geldbetrag, der diesen Wert übersteige, nicht auszahlen dürfen.

Gleichwohl hat sich beim Senat nicht die Überzeugung gebildet, dass sich von den vom Kläger im Laufe der Zeit in Teilbereichen unterschiedlich geschilderten Abläufen ein bestimmter Unfallhergang mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tatsächlich so zugetragen hat. Die Zweifel gründen auf widersprüchlichen und inkonsistenten Angaben des Klägers, auf von ihm dargestellte, nicht plausible Vorgänge, sowie auf Ungereimtheiten, die sich mit den geschilderten Abläufen nicht in Einklang haben bringen lassen.

Inkonsistent sind die Angaben des Klägers dazu gewesen, wie ihm der angeführte Täter verdeutlich haben soll, was er von ihm wollte. Der Kläger gab bei der kriminalpolizeilichen Vernehmung in der Nacht vom 17. auf den 18. Februar 2010 an, der an der Tür klingelnde Täter habe einen Zettel in der Hand gehalten, auf dem gestanden habe, es finde ein Überfall statt und er solle mitkommen. Auf Nachfrage äußerte er, was er auf dem DIN A4-Blatt, als solches hatte er den Zettel nunmehr eingeordnet, gelesen habe, wisse er nicht mehr. Auf Bitte zu versuchen, sich zu erinnern, sagte er aus, dass es ein Überfall sei und dass er mitkommen solle. Es sei mit dem Computer oder der Schreibmaschine geschrieben gewesen. Es habe zudem noch darauf gestanden, dass er den Schlüssel für den Tresor mitnehmen solle. Der Täter, der an der Wohnungstüre geklingelt habe, habe nichts gesagt. B. H. von der Z.-Versicherung AG, der den Kläger zusammen mit seinem Arbeitskollegen S. Ende Mai 2010 aufgesucht hatte, schilderte in seiner an die Beklagte gerichtet E-Mail, der Kläger sei ständig in die indirekte Rede gefallen und nur sehr schwer dazu zu bewegen gewesen, sich konkret festzulegen. Der Mann habe gesagt, dass er mitkommen solle. Auf dem Zettel habe gestanden, dass dies ein Überfall sei. Er habe gesagt, er solle die Schlüssel mitnehmen, dass er mitkommen solle. Schließlich hatte sich der Kläger dahingehend festgelegt, dass auf dem Zettel, der DIN A4 groß gewesen sei, das Wort "Überfall" gestanden habe. Der Mann habe in gebrochenem Deutsch gesagt: "Mitkommen und Schlüssel mitnehmen von Tresore.". Demgegenüber hat der Kläger zur Begründung seiner Klage Ende September 2011 davon abweichend vorgetragen, ihm sei lediglich ein Zettel mit den Worten "Raubüberfall, Schlüssel für Tresor mitnehmen" hingehalten worden; also nicht mehr auch, dass er mitkommen soll, mit anderer Wortwahl und nun auch nicht mehr in unreiner deutscher Schriftsprache. In der nichtöffentlichen Sitzung beim SG im März 2014 hat der Kläger wiederum, anders als er bei seiner polizeilichen Vernehmung angab und zur Klagebegründung vorgetragen hat, der Täter, der ihn im Wohnhaus abgeholt habe, habe ihm gesagt, er solle den Schlüssel mitnehmen. Er hat noch betont, er sei sicher, der Täter habe mit ihm gesprochen. Gegenüber B. H. teilte der Kläger zwar auch mit, der Täter habe etwas gesagt; allerdings nicht nur, er solle den Schlüssel mitnehmen, sondern auch, dass er mitkommen solle. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass eine Person, die der Kläger als Täter bezeichnet hat, ihm gegenüber mit einem Blatt Papier auftritt, auf dem auch gestanden hätte, dass der Kläger mitkommen und den Tresorschlüssel mitnehmen solle, erscheint es nicht plausibel, dass begleitend dazu dieses Ansinnen auch ausgesprochen wird. Die Vorgehensweise mit dem geschriebenen Text dient im Zusammenhang mit einem behaupteten Eigentumsdelikt ersichtlich dazu, zu vermeiden, dass der Kläger die Stimme des Täters wahrnimmt. Wenn es davon abweichend dem Täter doch wichtig gewesen sein sollte, das Geschriebene auch mündlich zu formulieren, so hätte er nachvollziehbarer Weise alles, was auf dem Blatt Papier gestanden hat, auch mündlich formuliert, also nicht nur einen Teil davon; vorliegend also auch, dass es sich um einen Überfall handelt, was das Kernelement des angeblich Formulierten gewesen wäre. Dass an der Wohnungstür etwas gesprochen worden sein soll, erscheint eher ausgeschlossen. S. H. und J. K. sagten bei ihrer polizeilichen Vernehmung übereinstimmend aus, dass sie keine Stimmen wahrgenommen hatten. Insbesondere S. H. schilderte, dass er keine Stimme hörte als sein Vater an der Tür war. Das Haus betrachtete er als hellhörig. Wenn an der Haustür gesprochen wird, ist dies nach der Einschätzung von S. H. zu hören. Er bekräftigte bei seiner Vernehmung, wirklich nichts gehört zu haben. Er hatte zwar nicht mehr am Türrahmen zum Wohnzimmer gestanden, sondern war bereits in diesen Raum zurückgekehrt und hatte wieder auf dem Sofa Platz genommen. Eine Unterredung hätte er allerdings mitbekommen, da eine solche, so S. H., normalerweise zu hören ist.

Dem Senat erscheint auch der vom Kläger geschilderte Ablauf nicht plausibel, wonach er, ohne tatsächlich eine Waffe des Täters gesehen zu haben sowie ohne weitere Nachfrage und Überprüfung, die Aufforderung, die Tresorschlüssel an sich zu nehmen und mitzukommen, befolgt haben will, jedoch vor dem Verlassen des Wohnhauses dem im zum Flur benachbarten Wohnzimmer sitzenden Sohn S. noch zugerufen zu haben, er müsse noch irgendwo hin. Einerseits will der Kläger aufgrund des Auftretens des Täters so eingeschüchtert gewesen sein, dass er ohne irgendeine Nachfrage und ohne Überprüfung die Anweisungen befolgt habe. Andererseits will er aber vor dem Verlassen der Wohnung noch daran gedacht haben, sich von seinem Sohn S. zu verabschieden. Eine Begründung für dieses widersprüchliche Verhalten hat der Kläger nicht gegeben. Ein Grund erschließt sich dem Senat auch nicht. Dass ein Täter eine solch unbeobachtete Kontaktaufnahme mit Familienmitgliedern mit dem Risiko, dass die Polizei informiert wird oder sich der Kläger Hilfe holt, überhaupt zulässt, erscheint überdies nicht vorstellbar.

Eine die Glaubwürdigkeit des Klägers in Frage stellende Ungereimtheit ergibt sich des Weiteren daraus, dass der Kläger angegeben hat, mit einem der Täter das Wohnhaus verlassen zu haben und etwa 50 Meter bis zur Hauptstraße hochgegangen zu sein, wo von links ein Pkw herangefahren sei, in den er habe einsteigen müssen. Demgegenüber hat S. H. bei seiner polizeilichen Vernehmung glaubhaft ausgesagt, unmittelbar bevor es klingelte, hörte er, dass ein Auto vorfuhr, welches am Straßenrand geparkt wurde. Kurz darauf läutete es dann an der Haustür. Als diese wieder geschlossen worden war, hörte er, dass das Auto kurz darauf weggefahren wurde. Seiner Ansicht nach wurde der Motor neu gestartet. Er schloss zudem nachvollziehbar aus, dass das Fahrzeug vor dem Wohnhaus gedreht hatte. Sonst hätte er es, wie er kundtat, länger gehört. Sollte es sich bei dem von S. H. wahrgenommenen Kfz um das Fahrzeug der angeblichen Täter gehandelt haben, wären die Angaben des Klägers falsch. Andernfalls hätte er es beim Verlassen des Wohnhauses bemerken müssen, wovon er hingegen nichts erwähnt hat. Der Kläger hat überdies erst vier Jahre nach dem angeblichen Vorfall in der nichtöffentlichen Sitzung beim SG angegeben, nach Verlassen des Wohnhauses zu einer Kapelle hochgeschickt worden zu sein. Diese fand als Zielpunkt zuvor nie Erwähnung, demgegenüber erwähnte der Kläger, etwa bei seiner polizeilichen Vernehmung, einzig, ihm sei bedeutet worden, dass er in Richtung Hauptstraße laufen solle.

Nicht konsistent sind die Äußerungen des Klägers dazu gewesen, wie vielen Tätern er ausgesetzt gewesen sein soll und wo er im beschriebenen Tatfahrzeug gesessen haben will. Bei seinem Notruf aus dem Geschäft in M. gegen 21:20 Uhr berichtete er von drei unbekannten Tätern, in deren Fahrzeug er zuerst zu seinem Geschäft nach A. und dann in dasjenige nach M. habe mitfahren müssen. Auch auf Nachfrage, ob er etwas zu den Personen sagen könne, gab er an, es seien drei Personen im Auto gesessen. Gegenüber den um 21:39 Uhr eintreffenden Polizeibeamten KK E. und POM W. äußerte der Kläger, im Fahrzeug, in welches er habe einsteigen müssen, hätten zwei weitere Personen gesessen, die wie der Täter, der ihn am Wohnhaus abgeholt habe, vermummt gewesen seien. Er habe hinter dem Beifahrer einsteigen müssen. Im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung gegen Mitternacht hatte der Kläger ebenfalls angegeben, er habe, nachdem er am Wohnhaus abgeholt worden sei, hinter dem Beifahrer einsteigen müssen. Im Auto hätten bereits zwei weitere Täter gesessen. Die Anzahl von drei Tätern berichtete der Kläger offensichtlich auch seiner Ehefrau, die der Beklagten am 18. Februar 2010 telefonisch mitteilte, ihr Ehemann könne sich zwar nicht an alles erinnern. In dem Auto, mit dem er zu seinem Geschäft gefahren worden sei, hätten jedoch, neben ihm, noch drei weitere Personen gesessen. Gegenüber B. H. und dessen Kollegen S. von der Z.-Versicherung AG berichtete der Kläger ebenfalls von drei Personen. So sei oben an der Hauptstraße ein schwarzer Pkw mit ausländischem Kennzeichen von links herangefahren und habe angehalten. Die vordere rechte Tür sei geöffnet worden. Er habe einsteigen müssen. Der andere Mann - gemeint war ersichtlich derjenige, der mit ihm das Wohnhaus verlassen haben soll - sei hinten rechts eingestiegen. Hinten links habe schon jemand gesessen. Nach seiner Aussage in der nichtöffentlichen Sitzung beim SG im März 2014 hat er sich ausweislich der Niederschrift hingegen insgesamt nur zwei Tätern ausgesetzt gesehen. Zudem hat er, wie erstmals gegenüber B. H. und dessen Kollegen S., vorgetragen, auf der Beifahrerseite eingestiegen zu sein. Auf den Vorhalt seiner Angaben im Rahmen der polizeilichen Vernehmung durch den Kammervorsitzenden des SG in diesem Termin auf hat er zwar kundgetan, es treffe nicht zu, dass es einen Beifahrer gegeben und er angegeben habe, auf dem Rücksitz Platz genommen zu haben. Demgegenüber hat er allerdings noch in der Klagebegründung vom 30. September 2011 den vermeintlichen Tatablauf so dargestellt gehabt, wie er ihn bereits eineinhalb Jahre zuvor den im Geschäft in M. eintreffenden Polizeibeamten und während der anschließenden kriminalpolizeilichen Vernehmung durch KOK A. berichtete. Danach sollen insbesondere im Auto, außer dem Täter, der ihn an der Wohnungstür abgeholt habe, zwei weitere Personen gesessen haben.

Nicht plausibel ist, dass der Kläger ein ausländisches Nationalitätskennzeichen, "R" oder "HR", "hintendrauf", also auf der Rückseite des Autos, in dem er habe mitfahren müssen, gesehen haben will. Der Kläger hat angegeben, am Wohnort in den Pkw eingestiegen zu sein, als das Fahrzeug von links herangefahren sei. In A. sei er ausgestiegen und zu Fuß zur Verkaufsstätte gegangen. Anschließend sei er auf der Sch. eingestiegen, als das Kfz herangefahren sei. In M. sei er ausgestiegen und zu Fuß zu seinem Geschäft gegangen, wo er später von den Polizeibeamten KK E. und POM W. aufgefunden worden sei. Danach hätte er, da er sich nach seinen Einlassungen nie hinter dem Pkw aufgehalten hatte, überhaupt nicht sehen können, was am Heck des Fahrzeuges angebracht war.

Nicht konsistent sind des Weiteren die Angaben zum Raubgut selbst und zu der Art und Weise gewesen, wie dieses an die Täter gelangt sein soll. Während seines Notrufes teilte der Kläger mit, in A. und M. habe er jeweils den Tresor öffnen und das Bargeld herausgeben müssen. Bereits gegenüber den im Geschäft in M. eintreffenden Polizeibeamten KK E. und POM W. äußerte er demgegenüber, die Täter seien mit ihm zur Postagentur nach M. gefahren. Dort sei er von einem Täter gezwungen worden, das Geschäft und in der Folgezeit den Tresor zu öffnen. Der eine Täter habe dann aus dem Tresor Bargeld in unbekannter Höhe entnommen. Dieser habe es sich in die Innentasche seiner Jacke gesteckt. Bei der polizeilichen Vernehmung zwei Stunden später durch KOK A. gab der Kläger wiederum an, er habe die Tür zu seiner Postagentur in A. aufgemacht und den Tresor aufgeschlossen. Der eine Täter habe das Geld haben wollen, welches er dann eingesteckt habe. Er habe den Tresor wieder zugemacht und sei gegangen. In M. habe er ebenfalls den Tresor öffnen und das Geld dem Täter geben müssen. Gegenüber B. H. und dessen Kollegen S. von der Z.-Versicherung AG tat der Kläger kund, in A. habe ihn der Täter angewiesen, zum Tresor zu gehen und diesen zu öffnen. Er habe einen Bargeldinhalt von 15.000 EUR übergeben. Der Täter habe die Scheine in seine Jackentasche gesteckt. Anschließend habe er sich Briefmarken genommen. Diese Postwertzeichen, deren Fehlbestand am 18. Februar 2010 von I. F. nach einem durchgeführten Soll-Ist-Vergleich für A. mit 1.049,50 EUR und für M. mit 546,45 EUR, also mit insgesamt annähernd 1.600 EUR, festgestellt wurde, erwähnte der Kläger als Raubgut erstmals bei der Befragung Ende Mai 2010 durch B. H. und dessen Kollegen S ... Davor, insbesondere bei der polizeilichen Vernehmung, führte er ausschließlich an, ihm sei Geld entwendet worden.

Widersprüchlich sind die Angaben des Klägers zu den Tresorschlüsseln gewesen. Bei seiner polizeilichen Vernehmung gab er an, der Täter habe, als er ihn am Wohnhaus aufgesucht habe, verlangt, dass er diese Schüssel mitnehmen soll. Er habe sie in seiner Jacke gehabt, die sich im Arbeitszimmer befunden habe. Dieses Kleidungsstück habe er geholt, wobei ihm der Täter gefolgt sei. Gegenüber B. H. und dessen Kollegen S. von der Z.-Versicherung AG schilderte er, er habe dem Täter im Geschäft in M. gesagt, den Tresorschlüssel nicht dabei zu haben. Auf die Aufforderung des Täters "Öffnen!" hin, habe er den Schlüsselsafe mit Zahlenkombination aufgemacht, den Tresorschlüssel entnommen und den Tresor geöffnet. Danach hätte sich der Täter entweder bereits am Wohnsitz des Klägers wundern müssen, dass der Kläger nur einen Schlüssel einsteckte, oder in M., als der Kläger äußerte, den Schlüssel nicht dabei zu haben, obwohl dieser an seinem Wohnsitz vorgab, ihn eingesteckt zu haben. Nichts davon hat der Kläger erwähnt.

Im Durchgangsarztbericht von Dr. P., der den Kläger am 18. Februar 2010 gegen 3:15 Uhr untersucht hatte, ist ausgeführt, der Kläger habe offensichtlich einen Schlag auf den Schädel erhalten. Es konnte eine kleine Prellmarke am Parietalschädel rechts festgestellt werden, die Dr. R. im Bericht über die Verlegung auf die Abteilung für Innere Medizin am selben Tag als 1 bis 2 EUR-groß beschrieben hat. Ausweislich der polizeilichen Abschrift des vom Kläger getätigten Notrufes am 17. Februar 2010 gegen 21:20 Uhr hatte der Kläger hingegen die Frage des den Anruf entgegennehmenden Polizeibeamten, ob er niedergeschlagen wurde, verneint. Auf die Nachfrage, ob er verletzt ist, antwortete er, dass es ihm einigermaßen gut geht. Auch bei der zum behaupteten Unfallereignis zeitnahen polizeilichen Vernehmung durch KOK A. in der Nacht vom 17. auf den 18. Februar 2010 erwähnte er nichts von einem Schlag auf seinen Kopf. Dies steht im Widerspruch zu dem von Dr. P. erhobenen Befund und der Beschreibung von Dr. R ... Hätte der Kläger tatsächlich von einer ihm fremden Person und ohne sein Einverständnis einen Schlag auf den Kopf bekommen, wäre zu erwarten gewesen, dass er ein solches gravierendes Ereignis bereits bei dem nur kurze Zeit danach erfolgten Notruf erwähnt.

Zwar ist nach den telefonischen Befragungen von R. H. und M. G. nicht nachgewiesen, dass dem Kläger der konkrete Zeitpunkt für die bevorstehende Installation von Sicherheitsvorkehrungen in der Verkaufsstätte in A. genannt wurde. Der Einbau der Sicherungsanlagen, dessen Kosten die D. Post AG getragen hat, ist hingegen auf Veranlassung des Klägers erfolgt, weshalb ihm der Vorgang als solcher nicht unbekannt gewesen sein konnte. R. H. nahm die Verkaufsstätte in A. am 2. Februar 2010 in Augenschein und prüfte mögliche Orte für Bewegungs- und Überfallmelder. Damit hat der Kläger zwar nicht wissen können, wann der Einbau erfolgt. Ihm ist allerdings durchaus bewusst gewesen, dass er alsbald ansteht.

Die Widersprüchlichkeit und die Inkonsistenz der Angaben des Klägers sowie die aufgetretenen Ungereimtheiten erklären sich nicht dadurch, wie der Kläger meint, dass er einer psychischen Belastung ausgesetzt gewesen sei, weshalb er Erinnerungslücken habe. Eine retrograde Amnesie, also eine Form des Gedächtnisverlustes, bei der die betroffene Person nicht mehr in der Lage ist, sich an Informationen zu erinnern, die vor einem bestimmten Ereignis aufgenommen wurden, oder eine anterograde Amnesie, bei der, ausgelöst durch Traumata, die Merkfähigkeit für neue Bewusstseinsinhalte massiv reduziert ist (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 262. Aufl. 2011, Stichworte "Amnesie", "anterograd" und "retrograd"), wird in keinem der vorliegenden medizinischen Unterlagen aufgeführt. Dass Dr. R., zumal als Facharzt für Innere Medizin fachfremd, angeführt hat, der Kläger sei bei der Verlegung auf die Abteilung für Innere Medizin am 18. Februar 2010 psychisch geschockt gewesen, erklärt dessen behauptete Erinnerungslücken und die Widersprüchlichkeit in seinem Vortrag damit nicht. Davon abgesehen gründen die Zweifel des Senats nicht darauf, der Kläger habe angegeben, sich an etwas nicht erinnern zu können. Sie resultieren demgegenüber daraus, dass der Kläger verschiedentlich Geschehensabläufe, welche dieselben Zeitabschnitte betreffen, beschrieben, sie also mit Inhalt gefüllt hat, und sich hieraus Ungereimtheiten ergeben haben.

Verschiedene weitere Umstände vermögen zwar nicht auszuschließen, dass sich am 17. Februar 2010 tatsächlich ein Unfall ereignete, wie ihn der Kläger umschrieben hat. Diese sind hingegen auch nicht geeignet gewesen, bestehende Zweifel zu beseitigen. Ein Motiv für eine Tat zum Nachteil der A.-Versicherung AG und der Z.-Versicherung AG könnte in der Verschuldung des Klägers zu sehen sein, die sich nach der polizeilichen Auswertung seiner Kontounterlagen gezeigt hat. So war dieser Anfang 2010 Forderungen in Höhe von etwa 95.000 EUR ausgesetzt. Weiter haben trotz weitreichender Befragungen in der Nachbarschaft zu den Geschäften, insbesondere in M., einer Öffentlichkeitsfahndung und der Einrichtung von zwei Durchfahrtskontrollstellen noch am späten Abend des 17. Februar 2010 weder Fremdtäter ermittelt werden können noch haben sich Hinweise auf konkrete Personen ergeben, die hierfür in Betracht gekommen wären. Der Kläger selbst hat aktiv nicht daran mitgewirkt, einen möglichen Ansatz hierfür zu liefern. In der nichtöffentlichen Sitzung beim SG hat er auf die Frage des Kammervorsitzenden, woher der Täter gewusst habe, wo er wohne, und dass der Kläger zwei Postagenturen betreibe, geantwortet, er wisse es nicht, habe aber eine Vermutung, die er aber nicht beweisen könne. Was er vermutet, hat er nie kundgetan. Ferner soll die Verkaufsstätte in A. bereits an Silvester 2001 und Ende Oktober 2009 mit fast identischem Ablauf überfallen worden sein. Bezogen auf den ersten angeblichen Überfall sagten die Brüder V. und J. H., die damals mit ihren Eltern in der Nachbarschaft des Klägers und seiner Familie wohnten, übereinstimmend aus, dass ihnen von S. H. berichtet worden sei, hinter dem angeblichen Überfall hätten der Kläger und M. H. gesteckt. Als möglichen Grund hierfür hat J. H. Spielschulden angeführt. Nach der Einschätzung der ermittelnden Kriminalbeamten sei beim Überfall Ende Oktober 2009 ein Fremdtäter nach der Sachlage auszuscheiden gewesen. Der Täter habe sich offensichtlich ausgekannt und zielgerichtet nach dem Tresorschlüssel gesucht. Der vermeintliche Raubüberfall im Dezember 2005 auf das Geschäft in M., welches sich damals noch in einer anderen Räumlichkeit befand, gleicht in seinem groben Ablauf auffällig dem jetzt vom Kläger dargestellten Tatgeschehen. Damals hatte dieser angegeben, beim Verlassen des Gebäudes durch die Hintertür von einer unbekannten Person abgepasst worden zu sein, die ihm etwas Hartes in die Seite gesteckt habe und ihn so in das Geschäft habe zurückdrängen können. Er habe den Tresor geöffnet und dem Täter nach und nach das Bargeld gegeben. Danach sei er ohnmächtig geworden.

Die von Dr. V., Dr. K.-B. und Dr. W. jeweils gestellte Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10 F 43.1), von Dr. V. allerdings ohne Diagnoseschlüssel, sowie die von Prof. Dr. phil. L. diagnostizierte akute Belastungsreaktion (ICD-10 F. 43.0), die auf einen Überfall im Februar 2010 zurückgeführt worden sind, ist nach den zugrunde liegenden Arztberichten durchweg auch auf die Angaben des Klägers gestützt worden, wonach er gezwungen worden sei, mitzukommen, in beiden Postagenturen die Tresore zu öffnen und das Geld herauszugeben. Von diesem Tatgeschehen hat sich der Senat hingegen nicht überzeugen können, weshalb die in diesen Dokumenten aufgeführten Diagnosen, anders als der Kläger meint, für die Überzeugungsbildung, ob sich das behauptete Unfallereignis tatsächlich so zugetragen hat, keinen Aufschluss bringen können.

Dem hilfsweise gestellten Antrag des Klägers, ein psychiatrisches Sachverständigengutachten zum Nachweis seiner Glaubwürdigkeit und der Glaubhaftigkeit seiner Angaben einzuholen, musste der Senat nicht nachkommen. Die Würdigung der Angaben des Klägers, einschließlich seiner Glaubwürdigkeit, ist ureigene Aufgabe des Gerichts im Rahmen seiner Überzeugungsbildung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG. Der Sachverständigenbeweis ist demgegenüber nur erforderlich, wenn das Gericht nicht selbst über die erforderliche eigene Sachkunde verfügt (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 14. Oktober 2008 - B 13 R 407/08 B -, juris, Rz. 15, Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl. 2014, § 103 Rz. 7b), was in Bezug auf die Bewertung der Glaubwürdigkeit des Klägers und der Frage, ob seine Angaben glaubhaft sind, nicht der Fall ist.

Bereits mangels "Unfall" sind damit die Anspruchsvoraussetzungen für die Feststellung eines Arbeitsunfalles im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB VII nicht erfüllt, weshalb die Berufung zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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