S 79 KA 258/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
79
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 79 KA 258/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die der Klägerin erteilte Anstellungsgenehmigung für die Nachbesetzung einer Arztstelle mit einer Einschränkung versehen werden darf.

Die Klägerin ist ein in der Rechtsform einer GbR geführtes MVZ, das mit Wirkung von 1. Juli 2006 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist und u. a. Ärzte der Fachgruppen Or-thopädie und Chirurgie beschäftigt. Für diese Arztgruppen ist der Planungsbereich wegen Überversorgung gesperrt. Im September 2012 beantragte die Klägerin die Genehmigung der Anstellung von Herrn P. – einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie oder Orthopäde und Unfallchirurg - in Nachfolge des angestellten Facharztes für Chirurgie Dr. H. S., dessen Dienstvertrag zum 31. Oktober 2012 im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst wurde. Dr. S. war zunächst von Juli 2006 bis August 2011 bei der Klägerin angestellt und hatte dann seine Anstellung in eine Zulassung umgewandelt. Die frei werdende Stelle wurde mit einer Fachärztin für Orthopädie und Unfallchirurgie nachbesetzt. Ein hiergegen anhängiges Klageverfahren hatte keinen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Dezember 2012 – S 71 KA 462/11). Vom 1. September 2011 bis 31. März 2012 war Dr. S. mit Praxissitz unter der Anschrift der Klägerin in Berlin tätig. Ab 1. April 2012 bis Ende Oktober 2012 war er erneut bei der Klägerin angestellt. Nach den Angaben der Klägerin war Dr. S., der nicht berechtigt war, die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie zu führen, ausschließlich in der Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates bzw. unfallchirurgisch tätig. Auf Antrag der Klägerin genehmigte der Zulassungsausschuss mit Bescheid vom 21. November 2012 die Anstellung von Herrn P. mit Wirkung zum 15. Dezember 2012, jedoch mit der Maßgabe zur ausschließli-chen Tätigkeit auf dem Gebiet der Unfallchirurgie (Ziffer 1 des Tenors). Unter Ziffer 5 des Te-nors heißt es: Die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung umfasst die Erbringung und Ab-rechnung ambulanter ärztlicher und ggf. psychotherapeutischer Leistungen für die Versicherten der GKV auf der Grundlage der geltenden berufsrechtlichen und vertrag-lichen Regelungen der angestellten Ärzte. Fachgruppe Orthopädie ... Fachgruppe Hausärzte All./Int ... Fachgruppe Chirurgie ... 3.) Herr P. (Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, darf nur unfallchirur-gisch tätig werden, da Dr. S. als Vorgänger schwerpunktmäßig als Unfallchirurg tätig war. Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein. Sie ist der Ansicht, dass die Nachbesetzung entsprechend der Facharztanerkennung von Herrn P. für das Gebiet der Orthopädie und Un-fallchirurgie genehmigt werden müsse und hält die Beschränkung der Tätigkeit von Herrn P. auf den Bereich der Unfallchirurgie für rechtswidrig. Der Beklagte genehmigte mit Beschluss vom 27. März 2013 unter Zurückweisung des Wider-spruchs die Anstellung von Herrn P. bei der Klägerin unter Zuordnung zum Gebiet der Chirurgie (Ziffer 1) und stellte das Enden der Anstellung von Dr. S. zum 30. November 2011 fest (Ziffer 2). Unter Ziffer 4 des Beschlusses heißt es: Im Übrigen verbleibt es bei den Festlegungen des Beschlusses vom 21. November 2012 zu Ziff. 3 bis 6. In der Begründung wird ausgeführt, für die Nachbesetzung einer angestellten Arztstelle sei grundsätzlich eine fachliche Identität zwischen dem ausscheidenden und dem hierfür anzustellenden Leistungserbringer erforderlich, die hier nicht vorliege. Zur Nachbesetzung stehe nur eine vorhandene Arztstelle für das Fachgebiet Chirurgie zur Verfügung, weshalb nur die Anstellung eines Arztes der gleichen Fachrichtung genehmigt werden könne. Eine Rechtsgrundlage für die Nachbesetzung der frei gewordenen Arztstelle mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sei nicht vorhanden. Die Klägerin hat am 27. Mai 2013 Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass die erteilte Anstel-lungsgenehmigung für das Gebiet Orthopädie und Unfallchirurgie erteilt werden müsse und die vom Beklagten vorgenommene Begrenzung der Tätigkeit unzulässig sei. Dies habe das Sozialgericht Berlin bereits im Zusammenhang mit der ersten Nachbesetzung der Angestell-tenstelle von Dr. S. im Dezember 2012 entschieden. Auch nach der Rspr. sei die Nachbeset-zung eines Vertragsarztsitzes für Chirurgie mit einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchi-rurgie möglich.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung der Ziffern 1 und 4 seines Beschlusses vom 27. März 2013 zu verurteilen, die Anstellung von Herrn P., Facharzt für Orthopädie und Unfall-chirurgie ohne die vorgenommen inhaltliche Beschränkung der Tätigkeit auf das Gebiet der Unfallchirurgie zu genehmigen. hilfsweise, die mit dem Beschluss des Beklagten vom 27. März 2013 ausgesprochene Nebenbe-stimmung der Anstellungsgenehmigung von Herrn P., Facharzt für Orthopädie und Un-fallchirurgie, auf die ausschließliche Tätigkeit auf dem Gebiet der Unfallchirurgie auf-zuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er geht von der Rechtmäßigkeit seiner Entscheidung aus. Dem Urteil des SG Berlin vom 19. Dezember 2012 liege ein abweichender Sachverhalt zugrunde, weil die erteilte Nachbeset-zungsgenehmigung erst nachträglich mit einer Einschränkung versehen worden sei. Nach den Bedarfsplanungsrichtlinien (BedarfsplRL) gehörten die Fachärzte für Orthopädie und Unfall-chirurgie nicht zu der Arztgruppe der Chirurgen. Die Regelungen über die Praxisnachfolge (§ 16 BedarfsplRL) könnten bei der Nachbesetzung einer Angestelltenstelle keine Anwendung finden, denn die Arztstelle verbleibe bei dem bisherigen Inhaber, dem MVZ, nur auf der Tätig-keitsebene erfolge ein Wechsel. Der Versorgungsauftrag bleibe unverändert so, wie ihn der Zulassungsinhaber (Arztstelleninhaber) besitze. Bei der Praxisnachfolge werde die Zulassung in andere Hände gegeben, also ein endgültiger Wechsel vollzogen. Bedarfsplanungsrechtlich stelle es einen Unterschied dar, ob eine Arztstelle in einem MVZ der Arztgruppe der Chirurgen oder derjenigen der Orthopädie zuzuordnen sei. Für den Beklagten gehe es darum, den be-darfsplanungsrechtlichen Status zu erhalten. Selbst für den Fall der Praxisnachfolge habe das BSG die Bedeutung des bisherigen Leistungsspektrums und dessen Erhalt bestätigt.

Die Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt. Sie ist der Ansicht, dass grundsätzlich Facharztsitze nur durch Fachärzte derselben Fachgruppe nachbesetzt werden könnten. Die Nachbesetzung der Arztstelle eines Facharztes für Chirurgie mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie komme in dem hier zu entscheidenden Fall nicht in Betracht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Inhalt der Beklagtenakte, die vorlag und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Vertragsärzte und der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine An-gelegenheit des Vertragsarztrechts nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) han-delt. Das Gericht konnte in Abwesenheit des Klägers und der Beigeladenen zu 1 – 5) verhandeln und entscheiden, weil diese ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen und auf die Möglichkeit einer Entscheidung in ihrer Abwesenheit hingewiesen wurden, §§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126 SGG.

Die Klage ist zulässig. Gegenstand des Verfahrens ist nur der Beschluss des Beklagten vom 8. August 2012. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG beschränkt sich bei Entschei-dungen in Zulassungssachen die gerichtliche Kontrolle grundsätzlich auf den das Verwal-tungsverfahren abschließenden Bescheid des Beklagten (vgl. Urteil des BSG vom 17. Oktober 2012 – B 6 KA 49/11 R – RdNr. 18 mwN, zitiert nach Juris). Die Aufhebung des Beschlusses des Beklagten führt nicht zu einer Wiederherstellung des Ausgangsbescheides, vielmehr ist die Entscheidung des Zulassungsausschusses in der Entscheidung des Berufungsausschusses aufgegangen. Die Klage hat jedoch weder mit dem Haupt- noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Es kann hier offen bleiben, ob die vom Beklagten vorgenommene Beschränkung der erteilten Anstellungsgenehmigung isoliert anfechtbar ist oder nicht. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Nachbesetzung der frei gewordenen Arztstelle des Facharztes für Chirurgie Dr. S. mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, weshalb die Beschränkung der Tätigkeit von Herrn P. auf das Gebiet der Unfallchirurgie in dem hier zu entscheidenden Fall nicht zu beanstanden ist.

Rechtliche Grundlage für die Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ trotz angeordneter Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung ist § 103 Abs. 4 a Satz 3 Sozialgesetz-buch, Fünftes Buch (SGB V). Für eine solche Nachbesetzung ist zunächst erforderlich, dass der anzustellende Arzt im Arztregister eingetragen ist und der fachübergreifende Charakter des MVZ (§ 95 Abs. 1 Satz 2 bis 4 SGB V) erhalten bleibt (vgl. Urteil des BSG vom 19. Oktober 2011 – B 6 KA 23/11 R -). In zeitlicher Hinsicht unterliegt die Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ einer Begrenzung. Nach der Rspr. des BSG ist § 103 Abs. 4 a Satz 5 SGB V auch auf für Nachbesetzungen heranzuziehen. Danach ist eine Nachbesetzung innerhalb von sechs Monaten vorzunehmen (vgl. Beschluss des BSG vom 14. Mai 2014 – B 6 KA 67/13 B – RdNr. 9, zitiert nach Juris mwN). Das Vorliegen der genannten Voraussetzungen ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Das Nachbesetzungsrecht ist nur im zeitlichen Umfang der Beschäftigung des ausgeschiedenen angestellten Arztes gegeben und darf den Umfang der bisherigen Besetzung nicht überschreiten. Erforderlich bei der Nachbesetzung einer Arztstelle in einem MVZ ist ferner, dass diese nur mit einem Arzt derselben Arztgruppe im Sinne der Bedarfsplanung erfolgen kann. Dies ist zwar nicht ausdrücklich geregelt, folgt aber nach der Rspr. des BSG aus dem Umstand, dass § 103 Abs. 4 a Satz 3 SGB V als Sonderregelung zur Zulassungsbeschränkung bei Überversorgung – wie sie im vorliegenden Fall sowohl für die Fachgruppe der Fachärzte für Chirurgie als auch der Fachärzte für Orthopädie besteht - nach § 103 Abs. 1 bis 3 SGB V ausgestaltet ist (vgl. Urteil des BSG vom 2. Juli 2014 – B 6 KA 23/13 R - RdNr. 16, zitiert nach Juris). Wie das BSG in dem genannten Urteil ausgeführt hat, wird aus der Verwendung des Begriffs "Nachbesetzung" deutlich, dass es ausschließlich darum geht, die Fortführung des MVZ in seiner bestehenden Struktur zu ermöglichen. Diesem Ziel wird umfassend dadurch Rechnung getragen, dass auf der Stelle des Arztes, der aus dem MVZ ausscheidet, ein Arzt beschäftigt werden kann, der bedarfsplanungsrechtlich derselben Arztgruppe zuzuordnen ist. Das Erfordernis, dass grundsätzlich eine Übereinstimmung zwischen Vorgänger und Nachfolger bezogen auf die Zugehörigkeit zur Arztgruppe im bedarfsplanungsechtlichen Sinne (nicht jedoch auf das ärztliche Fachgebiet) vorhanden sein muss, ergibt sich nach den Ausführungen des BSG aus § 16 Satz 1 BedarfsplRL Ärzte in der seit dem 1. Januar 2013 geltenden Fassung vom 20. Dezember 2012 unter Heranziehung der tragenden Gründe zu des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zu der Vorgängerregelung (§ 4 Abs. 7 BedarfsplRL). Für die Pra-xisnachfolge ist geregelt, dass die Praxis auch für Ärzte ausgeschrieben werden kann, welche ganz oder teilweise in einem Fachgebiet tätig sind, welches mit dem alten Fachgebiet über-einstimmt. Wie sich aus den tragenden Gründen ergibt, sollten mit dieser Regelung Änderungen in der Berufsordnung mit Auswirkungen auf die Zuordnung der Arztgruppen entstehen. Obgleich in dem Urteil des BSG in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie (nach neuem Weiterbildungsrecht) die Möglichkeit eröffnet wird, die Praxis eines Facharztes für Chirurgie mit der Schwer-punktbezeichnung Unfallchirurgie (nach altem Weiterbildungsrecht) fortzuführen, obwohl Chi-rurgen und Orthopäden gemäß § 12 Abs. 1 Nr. und 7 BedarfsplRL Ärzte bei der Feststellung des Versorgungsgrades unterschiedlichen Arztgruppen zugeordnet werden, liegen die Vo-raussetzungen für eine Nachbesetzung der Arztstelle von Dr. S. mit dem Facharzt für Ortho-pädie und Unfallchirurgie P. Fall im vorliegenden Fall nicht vor. Ob jedoch der Entscheidung des SG Stuttgart zu folgen ist, das die Anwendung von § 16 Be-darfsplRL, der für die Praxisnachfolge gilt, für Nachbesetzungen von Arztstellen in einem MVZ in direkter wie in analoger Anwendung verneint hat, erscheint zweifelhaft (SG Stuttgart, Beschluss vom 20. November 2014 – S 11 KA 5763/14 ER -, zitiert nach Juris), da es in der Entscheidung des BSG vom 2. Juli 2014 heißt "für die Nachbesetzung einer Stelle in einem MVZ, die für die Bedarfsplanung in gleicher Weise von Bedeutung ist, kann nichts anderes gelten (vgl. RdNr. 19). Letztlich kann die Frage für den hier zu entscheidenden Fall offen blei-ben. Denn die von der Klägerin begehrte Nachbesetzung der Arztstelle des ausgeschiedenen Facharztes für Chirurgie Dr. S. mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie scheitert daran, dass Dr. S. nicht über die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie verfügte und bereits deshalb eine aus bedarfsplanungsrechtlicher Sicht neutrale Nachbesetzung durch einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nicht möglich ist. Das Vorhandensein der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie als Bindeglied zwischen dem Facharzt für Chirurgie (nach altem Weiterbildungsrecht) und dem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie (nach neuem Weiterbildungsrecht) ist aber nach Ansicht der Kammer zwingend erforderlich. Der ausgeschiedene Facharzt für Chirurgie Dr. S. war mit seiner Qualifikation nach den Über-gangsbestimmungen für das Gebiet der Chirurgie in der Weiterbildungsordnung der Berliner Ärztekammer in der Fassung vom 1. März 2012 lediglich berechtigt, die Facharztbezeichnung Allgemeine Chirurgie zu führen, über eine Schwerpunktbezeichnung verfügte er nicht. Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 der BedarfsplRL gehören zu der Arztgruppe der Chirurgen die Fachärzte für allgemeine Chirurgie, die Fachärzte für Kinderchirurgie, die Fachärzte für Plastische Chirurgie, die Fachärzte für Plastische und Ästhetische Chirurgie, die Fachärzte für Gefäßchirurgie und die Fachärzte für Viszeralchirurgie. Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie gehören nicht zu der Fachgruppe. Die Musterweiterbildungsordnung (MWBO) 2003 in der Fassung vom 28. Juni 2013 regelt unter Ziffer 7. in den speziellen Übergangsbestimmungen für das Gebiet der Chirurgie, dass lediglich Kammerangehörige, die bei Inkrafttreten dieser Weiterbildungsordnung im Besitz der Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie sind, die Facharztbezeichnung Orthopädie und Unfallchirurgie innerhalb einer Frist von drei Jahren beantragen können, wenn sie mindestens zwei Jahre Weiterbildung im Gebiet der Orthopädie nachweisen. Hiernach wäre Dr. S. nicht berechtigt gewesen, die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie zu führen. Deshalb kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen Vorgänger (Dr. S.) und Nachfolger (Herrn P.) ein im wesentlichen übereinstimmendes Tätigkeitsfeld vorliegt, wie es von der Rspr. gefordert wird (vgl. Urteil des BSG vom 19. Oktober 2011 – B 6 KA 23/11 R – RdNr. 20, zitiert nach Juris). Auch wenn das Vorbringen der Klägerin zutreffend ist und Dr. S. ausschließlich in der Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates bzw. unfallchirurgisch tätig war, kann dies allein nicht dazu führen, dass die von der Klägerin begehrten Nachbesetzung zu genehmigen wäre. Neben der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit muss auch ein Bezug zwischen dem Fachgebiet nach altem Weiterbildungsrecht und dem Fachgebiet neuen Weiterbildungsrecht gegeben sein. Dies ist im vorliegenden Fall die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie, die der ausgeschiedene Arzt nicht führen konnte. Würde im Sinne der Klägerin entschieden, führte dies dazu, dass letztlich jede Arztstelle eines Facharztes für Chirurgie, wenn dieser sich für einen gewissen Zeitraum auf die unfallchirurgi-sche Tätigkeit und die Behandlung von Erkrankungen des Bewegungsapparates beschränkt hatte, mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie ohne Ausschreibung durch die Beigeladene zu 1) und Bewerberauswahl durch den Zulassungsausschuss nachbesetzt werden könnte. Ein derartiges Vorgehen entspricht nicht der Intention des Gesetzgebers. Dieser wollte durch die Regelungen über die Nachbesetzung von Arztstellen in einem MVZ trotz an-geordneter Zulassungssperren das "Ausbluten" von MVZ verhindern, nicht jedoch ermöglichen, dass Tätigkeitfelder erweitert und auf andere Fachgebiete erstreckt werden, wie dies aber im vorliegenden Fall durch die Nachbesetzung mit Herrn P. der Fall wäre. Durch die (erneute) Nachbesetzung der von Dr. S. aus der privilegierten Zulassung gemäß § 103 Abs. 4 a Satz 2 1. Halbsatz SGB V erneut in das MVZ der Klägerin eingebrachten chirurgischen Arztstelle mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie käme es (erneut) zu einer Erweiterung bzw. Verlagerung der Tätigkeitsfelder der Klägerin in das Gebiet Orthopädie, obwohl insoweit eine Überversorgung besteht. Folge hiervon wären Verwerfungen in der Bedarfsplanung, weil ein weiteres Mal unter Umgehung der Bedarfsplanung der Arztsitz eines Facharztes für Chirurgie in einen Arztsitz eines Facharztes für Orthopädie und Unfallchirurgie umgewandelt würde, ohne dass Fachärzten für Chirurgie die Möglichkeit zur Bewerbung eröffnet worden wäre. Derartige Nachbesetzungen führen zwangsläufig dazu, dass es zu Versorgungsengpässen insbesondere im Bereich der Allgemeinchirurgie kommt. Dies wiederum könnte dazu führen, dass Sonderbedarfsermächtigungen erteilt werden müssten. Die Kammer hält es daher für erforderlich, dass die Nachbesetzung eines ausscheidenden Facharztes für Chirurgie (nach altem Weiterbildungsrecht) mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie (nach neuem Weiterbildungsrecht) nur dann erfolgen kann, wenn der ausscheidende Arzt über die Schwerpunktbezeichnung Unfallchirurgie verfügt. Nur dann kann sicher angenommen werden, dass sich die Tätigkeitsfelder von Vorgänger und Nachfolgearzt sich im Wesentlichen entsprechen und eine aus Sicht der Bedarfsplanung neutrale Nachbesetzung erfolgt. Dies ist in dem hier zu entscheidenden Fall nicht gegeben. Soweit die Klägerin auf das Urteil des Sozial-gerichts Berlin vom 19. Dezember 2012 (S 71 KA 462/12) verweist und den geltend gemachten Anspruch aus der Urteilsbegründung herleiten möchte, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar ging es in dem Verfahren ebenfalls um die Nachbesetzung des Arztsitzes von Dr. S., der – wie aus dem Tatbestand ersichtlich – bereits in dem Zeitraum von Juli 2006 bis August 2011 tätig war und im Anschluss daran seine Anstellung in eine Zulassung umgewandelt hatte. Jedoch hatte das Gericht – anders als in dem hier zu entscheidenden Fall – lediglich darüber zu entscheiden, ob eine zunächst erteilte Nachbesetzungsgenehmigung nachträglich beschränkt werden darf. Dies hat das Gericht verneint. Da somit ein Anspruch auf Nachbesetzung der Arztstelle von Dr. S. mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nicht besteht, besteht erst recht kein Anspruch darauf, dass die gleichwohl für Dr. P. erteilte Anstellungsgenehmigung ohne die vom Beklagten vorgenommenen Einschränkungen erteilt wurde. Die Klage war daher abzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 b Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 154 Verwal-tungsgerichtsordnung (VwGO) und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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