Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 31 AL 214/11
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 110/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Beim Studiengang "Messe, Kongress- und Eventmanagement" an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Ravensburg, die zum Abschluss "Bachelor of Arts (B.A.)" oder "Bachelor of Science (B.Sc.)" führte, handelt es sich um einen praxisintegrierten dualen Studiengang.
2. Es ergeben sich keine verfassungsrechtlichen Bedenken dahingehend, dass die Studierenden eines dualen Studiengangs erst mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung seit dem 1. Januar 2012 als versicherungspflichtig behandelt werden, in der Zeit davor jedoch nicht (Anschluss an BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 3. Juni 2013 – 1 BvR 131/13 u. a.).
2. Es ergeben sich keine verfassungsrechtlichen Bedenken dahingehend, dass die Studierenden eines dualen Studiengangs erst mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung seit dem 1. Januar 2012 als versicherungspflichtig behandelt werden, in der Zeit davor jedoch nicht (Anschluss an BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 3. Juni 2013 – 1 BvR 131/13 u. a.).
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18. April 2013 wird zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 1. Februar 2011.
Die am 1988 geborene Klägerin nahm am 1. Oktober 2007 an der Berufsakademie B -W (seit dem 1. März 2009: Duale Hochschule B -W ) ein Studium zum Bachelor of Arts im Studiengang Messe, Kongress- und Eventmanagement auf. Das dual organisierte dreijährige Studium gliederte sich in Theorie und Praxis und teilte sich auf sechs Semester auf. In jedem Studienjahr erfolgten Studienabschnitte an der Studienakademie und in einer Ausbildungsstätte. Abhängig von der Studienjahrgangsgruppe erfolgte die Aufteilung in allen drei Studienjahren auf 24 bis 28 Wochen des Studiums an der Dualen Hochschule sowie 25 bis 28 Wochen der betriebliche Praxis in der Ausbildungsstätte.
Für die Durchführung der praktischen Ausbildungsphasen schloss die Klägerin am 4. September 2006 einen Ausbildungsvertrag mit der L Messe GmbH als Ausbildungsstätte. Der als "Ausbildungsvertrag Studienbereich Wirtschaft" bezeichnete Vertrag wurde nach dem Studienplan der Berufsakademie im Studiengang Messe, Kongress- und Eventmanagement für die Ausbildung zum Bachelor of Arts abgeschlossen und enthielt unter anderem nachfolgende Regelungen:
"A Ausbildungszeit [ ] Das Studium Bachelor of Arts (B.A.)** oder Bachelor of Science (B.Sc.)** dauert drei Jahre. Die Ausbildung beginnt am 1. Oktober 2007 und endet am 30. September 2010.
B Ausbildungsstätte [ ] Die praktischen Ausbildungsphasen werden in L durchgeführt. [ ]
C Vergütung [ ] Die monatliche Vergütung der Studierenden beträgt im 1. Ausbildungsjahr 595,00 EUR im 2. Ausbildungsjahr 650,00 EUR im 3. Ausbildungsjahr 720,00 EUR [ ] D Wöchentliche Ausbildungszeit [ ] Die regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit in der Ausbildungsstätte beträgt 40,00 Stunden.
E Urlaub [ ] Der/Die Studierende hat Anspruch auf Urlaub in Höhe von 6 Arbeitstagen im Jahr 2007 25 Arbeitstagen im Jahr 2008 25 Arbeitstagen im Jahr 2009 19 Arbeitstagen im Jahr 2010
Die Vereinbarungen auf der zweiten Seite sind Gegenstand des Vertrages und werden an-erkannt [ ]"
In der in Bezug genommenen Vereinbarung war unter anderem Folgendes geregelt.
"1. Gegenstand des Vertrages, Ausbildungszeit 1.1 (Gegenstand des Vertrages) Im Rahmen der Berufsakademie wird an der Studienakademie und in den Ausbildungsstätten (duales System) eine wissenschaftsbezogene und zugleich praxisorientierte berufliche Bildung vermittelt, deren Abschlüsse den vergleichbaren Abschlüssen an staatlichen Hochschulen gleichstehen. Gegenstand dieses Vertrages ist der Teil der Ausbildung, welcher nach dem Studienplan der Berufsakademie den betrieblichen Ausbildungsstätten obliegt. [ ] 3. Pflichten der Ausbildungsstätte Die Ausbildungsstätte verpflichtet sich, 3.1 (Eignung) [ ] - dafür zu sorgen, dass die Überwachung der Eignung der Ausbildungsstätte durch den Dualen Senat ermöglicht wird und die hierfür notwendigen Auskünfte erteilt und Unterlagen vorgelegt werden sowie die Besichtigung der Ausbildungsstätte gestattet wird; 3.2 (Ausbildungsziel) - dafür zu sorgen, dass dem/der Studierenden die Kenntnisse, Fähigkeiten und beruflichen Erfahrungen vermittelt werden, die zum Erreichen des Ausbildungsziels nach dem Studienplan der Berufsakademie in den Ausbildungsstätten erforderlich sind; - die Ausbildung nach den beigefügten Angaben zur sachlichen und zeitlichen Gliederung des Ausbildungsablaufes so durchzuführen, dass das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit erreicht werden kann [ ] 3.6 (Besuch der Studienakademie und Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte) - den Studierenden/die Studierende zum Besuch der Studienakademie anzuhalten und freizustellen. [ ] 3.7 (Ausbildungsbezogene Tätigkeiten) - dem/der Studierenden nur Tätigkeiten zu übertragen, die dem Ausbildungszweck dienen und dem Ausbildungsstand angemessen sind; [ ] 3.9 (Freistellung bei Prüfungen) den Studierenden/die Studierende für die Teilnahme an den an den Prüfungen freizustellen. 4. Pflichten des/der Studierenden Der/die Studierende hat sich zu bemühen, die Kenntnisse, Fertigkeiten und beruflichen Erfahrungen zu erwerben, die erforderlich sind, um das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit zu erreichen. Er/Sie verpflichtet sich insbesondere, [ ] 4.3 (Weisungsgebundenheit) - den Weisungen zu folgen, die ihm/ihr im Rahmen der Ausbildung vom Ausbilder und von anderen weisungsberechtigten Personen erteilt werden; [ ] 5. Vergütung [ ] 5.4 (Fortzahlung der Vergütung) Dem/der Studierenden wird die Vergütung auch gezahlt (1) für die Zeit der Freistellung gemäß Ziffiffern 3.6 und 3.9 (2) bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn er/sie a) sich für die Ausbildung bereit hält, diese aber ausfällt, b) infolge unverschuldeter Krankheit nicht an der Ausbildung teilnehmen kann c) [ ]. [ ]"
Die Klägerin absolvierte die praktischen Teile des Studiums entsprechend dem Studienplan bis zum 30. November 2010 bei der Ausbildungsstätte, die auch für die Klägerin Beiträge zur Sozialversicherung abführte. Am 24. Januar 2011 beendete sie das Studium mit dem Abschluss Bachelor of Arts. Während des Studiums bezog sie in der Zeit vom 20. August 2010 bis zum 25. Oktober 2010 Krankengeld. In der Zeit vom 1. Dezember 2010 bis zum 31. Januar 2011 war sie bei der Fa. B GmbH & Co. sozialversicherungspflichtig in Teilzeit beschäftigt.
Am 1. Februar 2011 meldete sie sich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld mit Wirkung zum gleichen Tag.
Mit Bescheid vom 2. März 2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, da sie in den letzten zwei Jahren vor dem 1. Februar 2011 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und die notwendige Anwartschaftszeit nicht erfülle.
Hiergegen legte die Klägerin am 15. März 2011 Widerspruch ein und verwies darauf, dass Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien. Zudem wies sie auf die versicherungsrechtliche Beurteilung von Teilnehmern an dualen Studiengängen des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit vom 5. Juli 2010 hin. Danach konnten auf Antrag des Versicherten oder des Arbeitgebers die in der ursprünglichen Annahme einer Versicherungspflicht wegen einer Beschäftigung gezahlten Beiträge nach Maßgabe von § 26 Abs. 2 und 3 des Sozialgesetzbuches Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) und § 351 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) erstattet werden; in diesem Fall sei das Versicherungsverhältnis rückwirkend umzustellen. Da weder die Klägerin noch ihr Arbeitgeber hiervon Gebrauch gemacht hätten, habe sie Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2011 zurück. Sie verblieb bei ihrer Auffassung, dass die Klägerin innerhalb der vom 1. Februar 2009 bis zum 31. Januar 2011 geltenden Rahmenfrist nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und nicht die notwendige Anwartschaftszeit erfülle. Während ihres Studiums sei sie weder als gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte noch als zur Berufsausbildung Beschäftigte anzusehen. Dies gelte auch für die berufspraktischen Phasen. Die im Rahmen eines praxisintegrierten Studiengangs ausgeübten Tätigkeiten vollzögen sich nicht im Rahmen betrieblicher Ausbildung und stellten keine Berufsausbildung dar. Die Praxisphasen seien im Rahmen und als Bestandteil der Hochschulausbildung absolviert worden.
Die hiergegen am 11. April 2011 erhobene Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 18. April 2013 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, da sie nicht die erforderliche Anwartschaftszeit innerhalb der Rahmenfrist erfüllt habe. Sie sei während ihres Studiums nicht versicherungspflichtig gewesen. Bei dem Studium der Klägerin habe es sich um ein sogenanntes praxisintegriertes duales Studium gehandelt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – B 12 R 4/08 R) würden diese Studiengänge und die in deren Rahmen stattfindende Praxisphasen, die als Bestandteil des Studiengangs absolviert würden, nicht vom Berufsbildungsgesetz (BBiG) erfasst. Daher bestünde auch keine Versicherungspflicht wegen einer Beschäftigung zur Berufsausbildung.
Gegen das am 11. Mai 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Juni 2012 Berufung eingelegt. Sie verbleibt bei ihrer Auffassung und verweist darauf, dass der Gesetzgeber nunmehr seit dem 1. Januar 2012 geregelt habe, dass Teilnehmer dualer Studiengänge den Auszubildenden gleichzustellen seien. Damit würden unproblematisch die Anwartschaftszeiten erfüllt würden. Es verstoße gegen den grundrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sie allein deshalb ungleich behandelt werde, weil sie ihr Studium zu einem früheren Zeitraum absolviert habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18. April 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr unter Aufhebung des Bescheids vom 2. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2011 Leistungen nach dem SGB III entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Senat konnte in Abwesenheit der nichterschienen Beteiligten verhandeln und entscheiden. Sowohl die Klägerin als auch die Beigeladenen wurden ordnungsgemäß zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladen und darauf hingewiesen, dass im Fall ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kann (vgl. § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetztes [SGG] i. V. m. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 2. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Arbeitslosengeld, da sie die hierfür erforderlichen Anwartschaftszeiten nicht erfüllt.
Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Lediglich ergänzend ist auszuführen:
1. Die Klägerin hat nicht die für die Gewährung von Arbeitslosengeld nach § 123 Abs.1 Satz 1 SGB III (in der vom 1. Januar 2004 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 65 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 [BGBl I S. 2848]) notwendigen Anwartschaftszeiten erfüllt. Danach erfüllte die Anwartschaftszeit, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hatte. Nach § 124 Abs. 1 SGB III in der vom 1. Januar 2004 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 66 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 [BGBl I S. 2848]) betrug die Rahmenfrist zwei Jahre und begann mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Vorliegend begann die Rahmenfrist am 31. Januar 2011 und reichte bis zum 1. Februar 2009. In dieser Zeit stand die Klägerin keine zwölf Monate (= 360 Tage, vgl. § 339 Satz 2 SGB III) in einem Versicherungspflichtverhältnis, da sie während ihres Studiums an der Dualen Hochschule B -W nicht versicherungspflichtig war.
Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III (in der vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 8 des Gesetzes vom 10. Dezember 2001 [BGBl. I S. 3443]) standen Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet wurden, den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu der hier maßgebenden Rechtslage (liegt keine Versicherungspflicht wegen einer Beschäftigung zur Berufsausbildung bei einem Praktikumsbetrieb vor, wenn sich im Rahmen eines sogenannten praxisintegrierten dualen Studiums die berufspraktischen Phasen infolge organisatorischer und/oder curricularer Verzahnung mit der theoretischen Hochschulausbildung als Bestandteil des Studiums darstellen. Dabei unterscheidet das Bundessozialgericht zwischen vier Varianten dualer Studiengänge: Bei einem ausbildungsintegrierten dualen Studium wird das Studium mit einer betrieblichen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf verknüpft, so dass in der Regel neben dem Studienabschluss ein Abschluss in einem Ausbildungsberuf erworben wird. Bei sogenannten berufsintegrierten dualen Studiengängen wird die bisherige Tätigkeit den Erfordernissen des Studiums angepasst. Bei der dritten Variante, dem sogenannten berufsbegleitenden Studium, wird die Ausbildung – einem Fernstudium ähnlich – neben einer Vollzeitberufstätigkeit absolviert. Das sogenannten praxisintegriertes duale Studium schließlich ist durch eine organisatorische und curriculare Verbindung zwischen "dem Lernort Hochschule und dem Lernort Betrieb" gekennzeichnet. Bei derartigen Studiengängen ist die Tätigkeit im Betrieb – unabhängig von einer finanziellen Förderung durch einen Arbeitgeber/Kooperationsbetrieb – weder eine gegen Arbeitsentgelt verrichtete Beschäftigung noch eine Berufsausbildung, da die während der Praktikumszeiten im Kooperationsbetrieb ausgeübten Tätigkeiten im Rahmen und als Bestandteil einer Hochschulausbildung vollzogen werden. Solche berufspraktischen Phasen könnten trotz Vorliegens zweier eigenständiger Verträge (z.B. Studienvertrag und Praktikantenvertrag) sozialversicherungsrechtlich nicht als abtrennbar und gesondert zu betrachtendes Rechtsverhältnis verstanden werden, wobei es unerheblich ist, ob der Einstieg ins Studium direkt über die Hochschule bzw. Berufsakademie oder durch Bewerbung bei einem Unternehmen erfolgt (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – B 12 R 4/08 R – BSGE 105, 56 ff. = SozR 4-2400 § 7 Nr. 11 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 19; so auch BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 – B 12 R 16/09 R – BSGE 109, 22 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 14, -34 = JURIS- Dokument, jeweils Rdnr. 22 in entsprechender Anwendung bei Ausbildungsgängen nichtakademischer Berufe; vgl. auch Weyand, jurisPR-ArbR 6/2011, Anm. 5).
Wesentlich für die Einbindung des Praktikums in das Studium ist, dass die Praxisphasen durch das (Fach-)Hochschulrecht geregelte Studienangelegenheiten darstellen. Ferner müsse die Inhalte der praktischen Ausbildung durch die Hochschule tatsächlich "geregelt und gelenkt" werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Inhalte der praktischen Ausbildung im Vorfeld zwischen Hochschule, Praxisbetrieb und Praktikant abgestimmt oder von der Hochschule genehmigt wurden, während der Praktikumszeit zwischen den Beteiligten Kontakt gehalten wird und der Student sich seine Aufgaben im Praxisbetrieb anhand der Vorgaben der Hochschule selbst aussuchen kann. Eine konkrete vorherige Festlegung auf bestimmte Inhalte ist nicht notwendig (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 2009, a. a. O., Rdnr. 24; Weyand, a. a. O.).
Bei dem von der Klägerin absolvierten Studiengang "Messe, Kongress- und Eventmanagement" an der Dualen Hochschule B -W in R , die zum Abschluss "Bachelor of Arts (B.A.)" oder "Bachelor of Science (B.Sc.)" führte, handelt es sich um einen praxisintegrierten dualen Studiengang im vorgenannten Sinne. Die organisatorisch und curriculare Verbindung zwischen "dem Lernort Hochschule und dem Lernort Betrieb" ergibt sich daraus, dass die Ausbildung im Dreimonatswechsel zwischen theoretischen Studienabschnitten und Praxisphase im Kooperationsunternehmen (praktische Ausbildungsphase) erfolgte. Ausweislich von § 2 Abs. 2 der Satzung der Dualen Hochschule vom 18. Mai 2009 gliederte sich das Studium in jedem Studienjahr in Studienabschnitte an der Studienakademie und in einer Ausbildungsstätte. Die Organisation des Studiums erfolgte nach § 4 Abs. 1 der Satzung auf der Grundlage der Prüfungspläne der Hochschule, für deren Inhalt nach § 4 Abs. 3 der Satzung der Hochschulrat verantwortlich war. Wie sich aus den von der Klägerin vorgelegten Studienplänen ergibt waren die zeitlichen Vorgaben für das Studium an der Dualen Hochschule (Theorie) und die betriebliche Praxis (Praxisphasen) durch den Studienplan der Hochschule vorgeben. Ausweislich des Studienverlaufsplans wurden in den Praxisphasen auch ECTS-Punkte (Credit Points) erworben und damit ein Teil der Studienleistungen erbracht. Der mit einem geeigneten Unternehmen, im Fall der Klägerin mit der L Messe GmbH, abzuschließende Studien- und Ausbildungsvertrag war Zulassungsvoraussetzung für das Studium und wurde nach Maßgabe des Studienplans der Hochschule abgeschlossen. Auch wenn Vereinbarungen zur Vergütung, wöchentliche Arbeitszeit sowie Urlaub getroffen wurden, war die Pflicht der Studierenden nicht auf die Verrichtung einer Arbeitsleistung, sondern auf den Erwerb von Kenntnissen, Fertigkeiten und beruflichen Erfahrungen gerichtet, um das Ausbildungsziel zu erreichen (vgl. Ziffer 4 des Arbeitsvertrages). Die Praxisphasen waren in das Studium eingegliedert. Für den Umstand der Eingliederung der Praxisphasen in das Studium ist unbeachtlich, dass diese die Zeiten an der Hochschule teilweise bis zu vier Wochen im Studienjahr überschritten und damit einen nennenswerten Teil des Studiums ausgemacht haben (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 2009, a. a. O., Rdnr. 23).
2. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Gesetzgeber die vorgenannten Entscheidung des Bundessozialgericht zum Anlass für eine Gesetzesänderung genommen hat (vgl. BT-Drucks. 17/6764 S. 19). Zwar ist seit 1. Januar 2012 nunmehr in § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III (vgl. Artikel 2 Nr. 2 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 [BGBl. I S. 3057]) geregelt, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen, den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III gleichstehen. Diese Gesetzesänderung findet jedoch vorliegend keine Anwendung, da sie erst nach Abschluss des Studiums der Klägerin in Kraft getreten ist.
3. Es ergeben sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dahingehend, dass die Studierenden eines dualen Studiengangs erst mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung seit dem 1. Januar 2012 als versicherungspflichtig behandelt werden, in der Zeit davor jedoch nicht. Der allgemeine Gleichheitssatz nach Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung, sondern verbietet ihm nur, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juni 2006 – 1 BvR 293/05 – BVerfGE 116, 229 [238] = JURIS-Dokument Rdnr. 41, m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2011 – 1 BvR 2035/07 – BVerfGE 129, 49-78 = JURIS-Dokument Rdnr. 63; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 3. Juni 2013 – 1 BvR 131/13 u. a. – JURIS-Dokument Rdnr. 12;).
Auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts verfügt der Gesetzgeber wegen der fortwährenden schnellen Veränderungen des Arbeits-, Wirtschafts- und Soziallebens über eine besonders weite Gestaltungsfreiheit, die nur einer eingeschränkten verfassungsrechtlicher Kontrolle obliegt. Insbesondere bei der Ordnung von Massenerscheinungen braucht der Gesetzgeber nicht um die Gleichbehandlung aller denkbaren Einzelfälle besorgt zu sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 2013, a. a. O., Rdnr. 14, m. w. N.; vgl. auch Sächs. LSG, Urteil vom 18. Januar 2007 – L 3 AL 147/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 42, m. w. N.). Auf Grund dieses weiten Gestaltungsspielraumes und der Besonderheiten des praxisintegrierten dualen Studiums im Vergleich zu den üblichen Berufsausbildungen war der Gesetzgeber nicht von Verfassungs wegen verpflichtet, die Gruppe der Studierende eines praxisintegrierten dualen Studiums in die Sozialversicherung einzubeziehen.
4. Schließlich ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld auch nicht daraus, dass der Ausbildungsbetrieb während der Dauer des dualen Studiums Sozialversicherungsbeiträge entrichtete. Da die Arbeitslosenversicherung eine Formalversicherung nicht kennt, hängt die Erfüllung der Anwartschaftszeit von einer ihrer Art nach die Anwartschaftszeit begründenden Beschäftigung, nicht hingegen von der Entrichtung von Beiträgen, ab (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2008 – B 7/7a AL 70/06 R – SozR 4-4300 § 25 Nr. 2, SozR 4-4300 § 123 Nr. 5 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 19, m. w. N.). Insoweit ist es auch ohne Belang, dass weder die Klägerin noch der Ausbildungsbetrieb von der Möglichkeit der Erstattung der gezahlten Beiträge Gebrauch gemacht haben.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
IV. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe dafür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Dr. Scheer Höhl Krewer
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 1. Februar 2011.
Die am 1988 geborene Klägerin nahm am 1. Oktober 2007 an der Berufsakademie B -W (seit dem 1. März 2009: Duale Hochschule B -W ) ein Studium zum Bachelor of Arts im Studiengang Messe, Kongress- und Eventmanagement auf. Das dual organisierte dreijährige Studium gliederte sich in Theorie und Praxis und teilte sich auf sechs Semester auf. In jedem Studienjahr erfolgten Studienabschnitte an der Studienakademie und in einer Ausbildungsstätte. Abhängig von der Studienjahrgangsgruppe erfolgte die Aufteilung in allen drei Studienjahren auf 24 bis 28 Wochen des Studiums an der Dualen Hochschule sowie 25 bis 28 Wochen der betriebliche Praxis in der Ausbildungsstätte.
Für die Durchführung der praktischen Ausbildungsphasen schloss die Klägerin am 4. September 2006 einen Ausbildungsvertrag mit der L Messe GmbH als Ausbildungsstätte. Der als "Ausbildungsvertrag Studienbereich Wirtschaft" bezeichnete Vertrag wurde nach dem Studienplan der Berufsakademie im Studiengang Messe, Kongress- und Eventmanagement für die Ausbildung zum Bachelor of Arts abgeschlossen und enthielt unter anderem nachfolgende Regelungen:
"A Ausbildungszeit [ ] Das Studium Bachelor of Arts (B.A.)** oder Bachelor of Science (B.Sc.)** dauert drei Jahre. Die Ausbildung beginnt am 1. Oktober 2007 und endet am 30. September 2010.
B Ausbildungsstätte [ ] Die praktischen Ausbildungsphasen werden in L durchgeführt. [ ]
C Vergütung [ ] Die monatliche Vergütung der Studierenden beträgt im 1. Ausbildungsjahr 595,00 EUR im 2. Ausbildungsjahr 650,00 EUR im 3. Ausbildungsjahr 720,00 EUR [ ] D Wöchentliche Ausbildungszeit [ ] Die regelmäßige wöchentliche Ausbildungszeit in der Ausbildungsstätte beträgt 40,00 Stunden.
E Urlaub [ ] Der/Die Studierende hat Anspruch auf Urlaub in Höhe von 6 Arbeitstagen im Jahr 2007 25 Arbeitstagen im Jahr 2008 25 Arbeitstagen im Jahr 2009 19 Arbeitstagen im Jahr 2010
Die Vereinbarungen auf der zweiten Seite sind Gegenstand des Vertrages und werden an-erkannt [ ]"
In der in Bezug genommenen Vereinbarung war unter anderem Folgendes geregelt.
"1. Gegenstand des Vertrages, Ausbildungszeit 1.1 (Gegenstand des Vertrages) Im Rahmen der Berufsakademie wird an der Studienakademie und in den Ausbildungsstätten (duales System) eine wissenschaftsbezogene und zugleich praxisorientierte berufliche Bildung vermittelt, deren Abschlüsse den vergleichbaren Abschlüssen an staatlichen Hochschulen gleichstehen. Gegenstand dieses Vertrages ist der Teil der Ausbildung, welcher nach dem Studienplan der Berufsakademie den betrieblichen Ausbildungsstätten obliegt. [ ] 3. Pflichten der Ausbildungsstätte Die Ausbildungsstätte verpflichtet sich, 3.1 (Eignung) [ ] - dafür zu sorgen, dass die Überwachung der Eignung der Ausbildungsstätte durch den Dualen Senat ermöglicht wird und die hierfür notwendigen Auskünfte erteilt und Unterlagen vorgelegt werden sowie die Besichtigung der Ausbildungsstätte gestattet wird; 3.2 (Ausbildungsziel) - dafür zu sorgen, dass dem/der Studierenden die Kenntnisse, Fähigkeiten und beruflichen Erfahrungen vermittelt werden, die zum Erreichen des Ausbildungsziels nach dem Studienplan der Berufsakademie in den Ausbildungsstätten erforderlich sind; - die Ausbildung nach den beigefügten Angaben zur sachlichen und zeitlichen Gliederung des Ausbildungsablaufes so durchzuführen, dass das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit erreicht werden kann [ ] 3.6 (Besuch der Studienakademie und Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen außerhalb der Ausbildungsstätte) - den Studierenden/die Studierende zum Besuch der Studienakademie anzuhalten und freizustellen. [ ] 3.7 (Ausbildungsbezogene Tätigkeiten) - dem/der Studierenden nur Tätigkeiten zu übertragen, die dem Ausbildungszweck dienen und dem Ausbildungsstand angemessen sind; [ ] 3.9 (Freistellung bei Prüfungen) den Studierenden/die Studierende für die Teilnahme an den an den Prüfungen freizustellen. 4. Pflichten des/der Studierenden Der/die Studierende hat sich zu bemühen, die Kenntnisse, Fertigkeiten und beruflichen Erfahrungen zu erwerben, die erforderlich sind, um das Ausbildungsziel in der vorgesehenen Ausbildungszeit zu erreichen. Er/Sie verpflichtet sich insbesondere, [ ] 4.3 (Weisungsgebundenheit) - den Weisungen zu folgen, die ihm/ihr im Rahmen der Ausbildung vom Ausbilder und von anderen weisungsberechtigten Personen erteilt werden; [ ] 5. Vergütung [ ] 5.4 (Fortzahlung der Vergütung) Dem/der Studierenden wird die Vergütung auch gezahlt (1) für die Zeit der Freistellung gemäß Ziffiffern 3.6 und 3.9 (2) bis zur Dauer von sechs Wochen, wenn er/sie a) sich für die Ausbildung bereit hält, diese aber ausfällt, b) infolge unverschuldeter Krankheit nicht an der Ausbildung teilnehmen kann c) [ ]. [ ]"
Die Klägerin absolvierte die praktischen Teile des Studiums entsprechend dem Studienplan bis zum 30. November 2010 bei der Ausbildungsstätte, die auch für die Klägerin Beiträge zur Sozialversicherung abführte. Am 24. Januar 2011 beendete sie das Studium mit dem Abschluss Bachelor of Arts. Während des Studiums bezog sie in der Zeit vom 20. August 2010 bis zum 25. Oktober 2010 Krankengeld. In der Zeit vom 1. Dezember 2010 bis zum 31. Januar 2011 war sie bei der Fa. B GmbH & Co. sozialversicherungspflichtig in Teilzeit beschäftigt.
Am 1. Februar 2011 meldete sie sich arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld mit Wirkung zum gleichen Tag.
Mit Bescheid vom 2. März 2011 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, da sie in den letzten zwei Jahren vor dem 1. Februar 2011 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und die notwendige Anwartschaftszeit nicht erfülle.
Hiergegen legte die Klägerin am 15. März 2011 Widerspruch ein und verwies darauf, dass Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden seien. Zudem wies sie auf die versicherungsrechtliche Beurteilung von Teilnehmern an dualen Studiengängen des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit vom 5. Juli 2010 hin. Danach konnten auf Antrag des Versicherten oder des Arbeitgebers die in der ursprünglichen Annahme einer Versicherungspflicht wegen einer Beschäftigung gezahlten Beiträge nach Maßgabe von § 26 Abs. 2 und 3 des Sozialgesetzbuches Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) und § 351 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) erstattet werden; in diesem Fall sei das Versicherungsverhältnis rückwirkend umzustellen. Da weder die Klägerin noch ihr Arbeitgeber hiervon Gebrauch gemacht hätten, habe sie Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2011 zurück. Sie verblieb bei ihrer Auffassung, dass die Klägerin innerhalb der vom 1. Februar 2009 bis zum 31. Januar 2011 geltenden Rahmenfrist nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und nicht die notwendige Anwartschaftszeit erfülle. Während ihres Studiums sei sie weder als gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte noch als zur Berufsausbildung Beschäftigte anzusehen. Dies gelte auch für die berufspraktischen Phasen. Die im Rahmen eines praxisintegrierten Studiengangs ausgeübten Tätigkeiten vollzögen sich nicht im Rahmen betrieblicher Ausbildung und stellten keine Berufsausbildung dar. Die Praxisphasen seien im Rahmen und als Bestandteil der Hochschulausbildung absolviert worden.
Die hiergegen am 11. April 2011 erhobene Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 18. April 2013 abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, da sie nicht die erforderliche Anwartschaftszeit innerhalb der Rahmenfrist erfüllt habe. Sie sei während ihres Studiums nicht versicherungspflichtig gewesen. Bei dem Studium der Klägerin habe es sich um ein sogenanntes praxisintegriertes duales Studium gehandelt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – B 12 R 4/08 R) würden diese Studiengänge und die in deren Rahmen stattfindende Praxisphasen, die als Bestandteil des Studiengangs absolviert würden, nicht vom Berufsbildungsgesetz (BBiG) erfasst. Daher bestünde auch keine Versicherungspflicht wegen einer Beschäftigung zur Berufsausbildung.
Gegen das am 11. Mai 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 11. Juni 2012 Berufung eingelegt. Sie verbleibt bei ihrer Auffassung und verweist darauf, dass der Gesetzgeber nunmehr seit dem 1. Januar 2012 geregelt habe, dass Teilnehmer dualer Studiengänge den Auszubildenden gleichzustellen seien. Damit würden unproblematisch die Anwartschaftszeiten erfüllt würden. Es verstoße gegen den grundrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sie allein deshalb ungleich behandelt werde, weil sie ihr Studium zu einem früheren Zeitraum absolviert habe.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 18. April 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr unter Aufhebung des Bescheids vom 2. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2011 Leistungen nach dem SGB III entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen der erstinstanzlichen Entscheidung.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Senat konnte in Abwesenheit der nichterschienen Beteiligten verhandeln und entscheiden. Sowohl die Klägerin als auch die Beigeladenen wurden ordnungsgemäß zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladen und darauf hingewiesen, dass im Fall ihres Ausbleibens nach Lage der Akten entschieden werden kann (vgl. § 153 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetztes [SGG] i. V. m. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 2. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. März 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Arbeitslosengeld, da sie die hierfür erforderlichen Anwartschaftszeiten nicht erfüllt.
Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Lediglich ergänzend ist auszuführen:
1. Die Klägerin hat nicht die für die Gewährung von Arbeitslosengeld nach § 123 Abs.1 Satz 1 SGB III (in der vom 1. Januar 2004 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 65 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 [BGBl I S. 2848]) notwendigen Anwartschaftszeiten erfüllt. Danach erfüllte die Anwartschaftszeit, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hatte. Nach § 124 Abs. 1 SGB III in der vom 1. Januar 2004 bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 66 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 [BGBl I S. 2848]) betrug die Rahmenfrist zwei Jahre und begann mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Vorliegend begann die Rahmenfrist am 31. Januar 2011 und reichte bis zum 1. Februar 2009. In dieser Zeit stand die Klägerin keine zwölf Monate (= 360 Tage, vgl. § 339 Satz 2 SGB III) in einem Versicherungspflichtverhältnis, da sie während ihres Studiums an der Dualen Hochschule B -W nicht versicherungspflichtig war.
Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III (in der vom 1. Januar 2002 bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung von Artikel 1 Nr. 8 des Gesetzes vom 10. Dezember 2001 [BGBl. I S. 3443]) standen Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet wurden, den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des Satzes 1 gleich.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu der hier maßgebenden Rechtslage (liegt keine Versicherungspflicht wegen einer Beschäftigung zur Berufsausbildung bei einem Praktikumsbetrieb vor, wenn sich im Rahmen eines sogenannten praxisintegrierten dualen Studiums die berufspraktischen Phasen infolge organisatorischer und/oder curricularer Verzahnung mit der theoretischen Hochschulausbildung als Bestandteil des Studiums darstellen. Dabei unterscheidet das Bundessozialgericht zwischen vier Varianten dualer Studiengänge: Bei einem ausbildungsintegrierten dualen Studium wird das Studium mit einer betrieblichen Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf verknüpft, so dass in der Regel neben dem Studienabschluss ein Abschluss in einem Ausbildungsberuf erworben wird. Bei sogenannten berufsintegrierten dualen Studiengängen wird die bisherige Tätigkeit den Erfordernissen des Studiums angepasst. Bei der dritten Variante, dem sogenannten berufsbegleitenden Studium, wird die Ausbildung – einem Fernstudium ähnlich – neben einer Vollzeitberufstätigkeit absolviert. Das sogenannten praxisintegriertes duale Studium schließlich ist durch eine organisatorische und curriculare Verbindung zwischen "dem Lernort Hochschule und dem Lernort Betrieb" gekennzeichnet. Bei derartigen Studiengängen ist die Tätigkeit im Betrieb – unabhängig von einer finanziellen Förderung durch einen Arbeitgeber/Kooperationsbetrieb – weder eine gegen Arbeitsentgelt verrichtete Beschäftigung noch eine Berufsausbildung, da die während der Praktikumszeiten im Kooperationsbetrieb ausgeübten Tätigkeiten im Rahmen und als Bestandteil einer Hochschulausbildung vollzogen werden. Solche berufspraktischen Phasen könnten trotz Vorliegens zweier eigenständiger Verträge (z.B. Studienvertrag und Praktikantenvertrag) sozialversicherungsrechtlich nicht als abtrennbar und gesondert zu betrachtendes Rechtsverhältnis verstanden werden, wobei es unerheblich ist, ob der Einstieg ins Studium direkt über die Hochschule bzw. Berufsakademie oder durch Bewerbung bei einem Unternehmen erfolgt (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – B 12 R 4/08 R – BSGE 105, 56 ff. = SozR 4-2400 § 7 Nr. 11 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 19; so auch BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 – B 12 R 16/09 R – BSGE 109, 22 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 14, -34 = JURIS- Dokument, jeweils Rdnr. 22 in entsprechender Anwendung bei Ausbildungsgängen nichtakademischer Berufe; vgl. auch Weyand, jurisPR-ArbR 6/2011, Anm. 5).
Wesentlich für die Einbindung des Praktikums in das Studium ist, dass die Praxisphasen durch das (Fach-)Hochschulrecht geregelte Studienangelegenheiten darstellen. Ferner müsse die Inhalte der praktischen Ausbildung durch die Hochschule tatsächlich "geregelt und gelenkt" werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Inhalte der praktischen Ausbildung im Vorfeld zwischen Hochschule, Praxisbetrieb und Praktikant abgestimmt oder von der Hochschule genehmigt wurden, während der Praktikumszeit zwischen den Beteiligten Kontakt gehalten wird und der Student sich seine Aufgaben im Praxisbetrieb anhand der Vorgaben der Hochschule selbst aussuchen kann. Eine konkrete vorherige Festlegung auf bestimmte Inhalte ist nicht notwendig (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 2009, a. a. O., Rdnr. 24; Weyand, a. a. O.).
Bei dem von der Klägerin absolvierten Studiengang "Messe, Kongress- und Eventmanagement" an der Dualen Hochschule B -W in R , die zum Abschluss "Bachelor of Arts (B.A.)" oder "Bachelor of Science (B.Sc.)" führte, handelt es sich um einen praxisintegrierten dualen Studiengang im vorgenannten Sinne. Die organisatorisch und curriculare Verbindung zwischen "dem Lernort Hochschule und dem Lernort Betrieb" ergibt sich daraus, dass die Ausbildung im Dreimonatswechsel zwischen theoretischen Studienabschnitten und Praxisphase im Kooperationsunternehmen (praktische Ausbildungsphase) erfolgte. Ausweislich von § 2 Abs. 2 der Satzung der Dualen Hochschule vom 18. Mai 2009 gliederte sich das Studium in jedem Studienjahr in Studienabschnitte an der Studienakademie und in einer Ausbildungsstätte. Die Organisation des Studiums erfolgte nach § 4 Abs. 1 der Satzung auf der Grundlage der Prüfungspläne der Hochschule, für deren Inhalt nach § 4 Abs. 3 der Satzung der Hochschulrat verantwortlich war. Wie sich aus den von der Klägerin vorgelegten Studienplänen ergibt waren die zeitlichen Vorgaben für das Studium an der Dualen Hochschule (Theorie) und die betriebliche Praxis (Praxisphasen) durch den Studienplan der Hochschule vorgeben. Ausweislich des Studienverlaufsplans wurden in den Praxisphasen auch ECTS-Punkte (Credit Points) erworben und damit ein Teil der Studienleistungen erbracht. Der mit einem geeigneten Unternehmen, im Fall der Klägerin mit der L Messe GmbH, abzuschließende Studien- und Ausbildungsvertrag war Zulassungsvoraussetzung für das Studium und wurde nach Maßgabe des Studienplans der Hochschule abgeschlossen. Auch wenn Vereinbarungen zur Vergütung, wöchentliche Arbeitszeit sowie Urlaub getroffen wurden, war die Pflicht der Studierenden nicht auf die Verrichtung einer Arbeitsleistung, sondern auf den Erwerb von Kenntnissen, Fertigkeiten und beruflichen Erfahrungen gerichtet, um das Ausbildungsziel zu erreichen (vgl. Ziffer 4 des Arbeitsvertrages). Die Praxisphasen waren in das Studium eingegliedert. Für den Umstand der Eingliederung der Praxisphasen in das Studium ist unbeachtlich, dass diese die Zeiten an der Hochschule teilweise bis zu vier Wochen im Studienjahr überschritten und damit einen nennenswerten Teil des Studiums ausgemacht haben (vgl. BSG, Urteil vom 1. Dezember 2009, a. a. O., Rdnr. 23).
2. Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Gesetzgeber die vorgenannten Entscheidung des Bundessozialgericht zum Anlass für eine Gesetzesänderung genommen hat (vgl. BT-Drucks. 17/6764 S. 19). Zwar ist seit 1. Januar 2012 nunmehr in § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III (vgl. Artikel 2 Nr. 2 des Gesetzes vom 22. Dezember 2011 [BGBl. I S. 3057]) geregelt, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dualen Studiengängen, den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III gleichstehen. Diese Gesetzesänderung findet jedoch vorliegend keine Anwendung, da sie erst nach Abschluss des Studiums der Klägerin in Kraft getreten ist.
3. Es ergeben sich entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken dahingehend, dass die Studierenden eines dualen Studiengangs erst mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung seit dem 1. Januar 2012 als versicherungspflichtig behandelt werden, in der Zeit davor jedoch nicht. Der allgemeine Gleichheitssatz nach Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verwehrt dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung, sondern verbietet ihm nur, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Juni 2006 – 1 BvR 293/05 – BVerfGE 116, 229 [238] = JURIS-Dokument Rdnr. 41, m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 21. Juni 2011 – 1 BvR 2035/07 – BVerfGE 129, 49-78 = JURIS-Dokument Rdnr. 63; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 3. Juni 2013 – 1 BvR 131/13 u. a. – JURIS-Dokument Rdnr. 12;).
Auf dem Gebiet des Sozialversicherungsrechts verfügt der Gesetzgeber wegen der fortwährenden schnellen Veränderungen des Arbeits-, Wirtschafts- und Soziallebens über eine besonders weite Gestaltungsfreiheit, die nur einer eingeschränkten verfassungsrechtlicher Kontrolle obliegt. Insbesondere bei der Ordnung von Massenerscheinungen braucht der Gesetzgeber nicht um die Gleichbehandlung aller denkbaren Einzelfälle besorgt zu sein (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Juni 2013, a. a. O., Rdnr. 14, m. w. N.; vgl. auch Sächs. LSG, Urteil vom 18. Januar 2007 – L 3 AL 147/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 42, m. w. N.). Auf Grund dieses weiten Gestaltungsspielraumes und der Besonderheiten des praxisintegrierten dualen Studiums im Vergleich zu den üblichen Berufsausbildungen war der Gesetzgeber nicht von Verfassungs wegen verpflichtet, die Gruppe der Studierende eines praxisintegrierten dualen Studiums in die Sozialversicherung einzubeziehen.
4. Schließlich ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld auch nicht daraus, dass der Ausbildungsbetrieb während der Dauer des dualen Studiums Sozialversicherungsbeiträge entrichtete. Da die Arbeitslosenversicherung eine Formalversicherung nicht kennt, hängt die Erfüllung der Anwartschaftszeit von einer ihrer Art nach die Anwartschaftszeit begründenden Beschäftigung, nicht hingegen von der Entrichtung von Beiträgen, ab (vgl. BSG, Urteil vom 29. Januar 2008 – B 7/7a AL 70/06 R – SozR 4-4300 § 25 Nr. 2, SozR 4-4300 § 123 Nr. 5 = JURIS-Dokument, jeweils Rdnr. 19, m. w. N.). Insoweit ist es auch ohne Belang, dass weder die Klägerin noch der Ausbildungsbetrieb von der Möglichkeit der Erstattung der gezahlten Beiträge Gebrauch gemacht haben.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
IV. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe dafür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Dr. Scheer Höhl Krewer
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