Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
28
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 28 KA 822/15 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt mittels einer einstweiligen (Regelungs-)Anordnung die Feststellung, dass die in der zwischen den Antragsgegnern am 31.10.2014 abgeschlossenen Wirkstoffvereinbarung geregelten Generikaziele für Analgetika vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nichtig sind, hilfsweise, dass die Produkte benxxx 75 mg, 125 mg und 250 mg Zäpfchen sowie benxxx Saft 100 ml Generika im Sinne des Generikaziels für Analgetika der Wirkstoffvereinbarung sind.
Die Antragstellerin ist ein mittelständisches pharmazeutisches Unternehmen, das u.a. die benxxx-Präparate für die Behandlung nicht-entzündlicher Schmerzen und Fieber herstellt und vertreibt. Diese enthalten den Wirkstoff Paracetamol und werden u.a. als Zäpfchen (u.a. in der Dosierung 75 mg, 125 mg und 250 mg, für Säuglinge bzw. Kinder) sowie als Saft (100 ml) auf dem Markt angeboten.
Einziges Konkurrenzprodukt von benxxx 75 mg Zäpfchen auf dem Markt ist das Generikum Paracetamol-r. 75 mg Zäpfchen. Seit einer Preisreduzierung der Antragstellerin zum 01.06.2015 sind beide Präparate zum selben Preis erhältlich, der über dem Festbetrag liegt. Die Produkte benxxx 125 mg und 250 mg Zäpfchen sowie benxxx Saft 100 ml konkurrieren jeweils mit mehreren Produkten von Wettbewerbern am Markt. Fast alle Konkurrenzprodukte sind günstiger als die der Antragstellerin; sowohl bei den Paracetamol 125 mg und 250 mg Zäpfchen wie auch beim Paracetamol 100 mg Saft gibt es generische Konkurrenzprodukte, die preislich unter dem Festbetrag liegen.
Die Antragsgegner als Vertragspartner i.S.d. § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V haben am 31.10.2014 eine Wirkstoffvereinbarung geschlossen, die am 01.12.2014 in Kraft getreten ist und die Richtgrößenprüfung für Arznei- und Verbandmittel abgelöst hat (abrufbar unter http://www.kvb.de/fileadmin/kvb/dokumente/Praxis/Rechtsquellen/S-Z/KVB-RQ-Wirkstoffvereinbarung-Stand-15-01-2015.pdf). Der Schwerpunkt dieser Vereinbarung liegt gemäß Satz 2 der Präambel bezogen auf die Wirkstoffauswahl und Wirkstoffmenge im jeweiligen Anwendungsgebiet in der Steuerung. Gleichwohl ist eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise gemäß § 106 Abs. 3b SGB V vorzusehen (Satz 3 der Präambel Wirkstoffvereinbarung). Gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 Wirkstoffvereinbarung gilt diese für alle bayerischen Vertragsärztinnen und Vertragsärzte, ermächtigte Ärztinnen und Ärzte, fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen (Medizinische Versorgungszentren), ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen sowie sämtliche (Teil-)Berufsausübungsgemeinschaften aus diesen Gruppen. Gem. § 3 Abs. 1 Wirkstoffvereinbarung vereinbaren die Vertragspartner Verordnungsziele mit dem Zweck, das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte im Hinblick auf eine wirtschaftliche Verordnungsweise positiv zu beeinflussen. Dazu bestimmen die Vertragspartner für Vergleichsgruppen von Vertragsärzten für Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen Verordnungsanteile auf DDD-Basis von im Sinne dieser Vereinbarung wirtschaftlichen Arzneimitteln sowie Wirkstoffmengen (Verordnungsziele). Die Verordnungsziele gliedern sich in Wirkstoffquotenziele, Wirk-stoffmengenziel(e) sowie fachgruppenübergreifende bayernweite Verordnungsziele. Die Verordnungsziele decken die wesentlichen Anwendungsgebiete und die wesentlichen Verordnungskosten ab (§ 3 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 Wirkstoffvereinbarung). Die Verord-nungsziele je Vergleichsgruppe und die fachgruppenübergreifenden bayernweiten Ver-ordnungsziele sind in Anlage 2 aufgeführt (§ 3 Abs. 2 Satz 6 Wirkstoffvereinbarung).
In der Anlage 2 der Wirkstoffvereinbarung haben die Vertragspartner u.a. geregelt, dass bei der Festlegung von Verordnungszielen, bei den Zielerreichungskontrollen nach §§ 4 und 5 sowie bei der Wirkstoffprüfung nach Abschnitt IV als wirtschaftlich gelten "bei Generikazielen die als Generika zugelassenen Arzneimittel". Die Anlage 2, die in 30 Wirkstoffgruppen unterteilt ist, enthält bezogen auf 24 dieser Wirkstoffgruppen sog. Generikaziele sowie für sechs Wirkstoffgruppen sog. Leitsubstanzziele. Die Zielwerte variieren hinsichtlich der einzelnen Vergleichsgruppen. Bei den Analgetika (außer BTM-pflichtige Opioide) (250 DDD), zu denen auch die streitgegenständlichen benxxx-Präparate der Antragstellerin gehören, ist für die Kinder- und Jugendärzte als Generikaziel ein Zielwert i.H.v. 82,67% festgelegt.
Gem. § 3 Abs. 4 Satz 1 Wirkstoffvereinbarung passen die Vertragspartner die festgelegten Ziele und Praxisbesonderheiten an, soweit neue Gegebenheiten, insbesondere eine Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), der Markteintritt von für die Versorgung relevanten Arzneimitteln, das Auslaufen von Patenten, der Abschluss bzw. der Wegfall von Rabattverträgen eine Änderung erforderlich machen.
Die Antragsgegnerin zu 1. informiert gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Wirkstoffvereinbarung die Vertragsärzte mittels einer arztindividuellen Verordnungsstatistik auf Basis der Frühinfor-mationsdaten (§ 300 Abs. 2 Satz 3 SGB V) spätestens 8 Wochen nach Quartalsende über die Zielerreichung der vereinbarten Wirkstoffziele. Die Verordnungsstatistik enthält Aus-sagen über die vom Vertragsarzt erreichten DDD-Quoten im Vergleich zu seinen Zielwerten (§ 6 Abs. 1 Satz 2).
Hat der Vertragsarzt die Ziele insgesamt betrachtet nicht erreicht und hat er sie auch im Vorquartal nicht erreicht, ist für ihn Abschnitt IV (§§ 7 bis 12) anwendbar, es sei denn, er hat eine Reduzierung der Differenz seines IST-Gesamtergebnisses zum SOLL-Gesamtergebnis um mindestens 15 Prozent im Vergleich zum Vorquartal erreicht (§ 5 Abs. 5 Wirkstoffvereinbarung).
Gem. § 7 Abs. 1 Wirkstoffvereinbarung vereinbaren die Vertragspartner die Durchführung einer Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise von Arzneimitteln nach Wirk-stoffgruppen und Wirkstoffmengen (Wirkstoffprüfung). Die Wirkstoffprüfung wird für die nach Anlage 2 vereinbarten Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen durchgeführt (§ 7 Abs. 3 Wirkstoffvereinbarung). Die Wirkstoffprüfung wird je Verordnungsquartal durchgeführt (§ 7 Abs. 4 Wirkstoffvereinbarung). Gem. § 7 Abs. 5 Wirkstoffvereinbarung werden für jeden Vertragsarzt, der nach Absatz 2 in die Wirkstoffprüfung einbezogen wird, nur diejenigen Wirkstoffgruppen betrachtet, in denen er mehr als die für die jeweilige Wirkstoffgruppe definierte Mindestmenge in DDD nach Anlage 2 im Verordnungsquartal verordnet hat. Die Übergangsvorschrift des § 13 Abs. 2 Wirkstoffvereinbarung regelt, dass § 5 Abs. 5 erst-malig für das Quartal 3/2015 im Vergleich zum Quartal 3/2014 angewendet wird. Für die Verordnungsquartale bis 2/2015 wird auch bei Nichterreichung der Verordnungsziele nach § 4 keine arztindividuelle Wirkstoffprüfung durchgeführt (§ 13 Abs. 5 Wirkstoffvereinba-rung).
Nr. 2 ("Steuerung der Wirtschaftlichkeit über Generika-Anteile") der Anlage 7 zur Wirkstoffvereinbarung lautet: "Die Zuordnung der Arzneimittel erfolgt nach der Generikakennung des WIdO. Wenn einzelne patentfreie Originale kostengünstiger als die jeweiligen Generika sind und preislich auf oder unter dem Festbetrag liegen, werden sie wie Generika behandelt. Die Vertragspartner führen eine gemeinsame PZN-bezogene Liste der vor-genommenen Anpassungen."
Mit Schreiben vom 24.03.2015 wandte sich die Antragstellerin an die Antragsgegnerin zu 1. und bat u.a. um Überprüfung der in der Praxis der Wirkstoffvereinbarung erfolgten Klassifizierung der benxxx Produkte als Originale. Mit Antwortschreiben vom 11.05.2015 teilte die Antragsgegnerin zu 1. der Antragstellerin mit, dass die gewünschte Umstufung insbesondere der benxxx 75 mg Zäpfchen zu einem "Generikum" nicht in Betracht kom-me. Die Voraussetzungen hierfür gem. Anlage 7 Nr. 2 der Wirkstoffvereinbarung lägen nicht vor. Die Vertragspartner seien ermächtigt gewesen, die Regelung der Anlage 7 Nr. 2 wie geschehen auszugestalten. § 106 Abs. 3b Satz 4 SGB V verweise auf § 73 Abs. 8 Satz 1 SGB V, wonach neben den Kassenärztlichen Vereinigungen speziell auch die Krankenkassen vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen zu informieren hätten. Dieser Informationspflicht sei zu entnehmen, dass Vereinbarungen nach § 106 Abs. 3b SGB V jedenfalls auch das wirtschaftliche Interesse der Mitglieder der Krankenkassen zu berücksichtigen hätten. Entsprechend sei es nicht ausreichend, auf die Kostenbelastung der Krankenkassen durch Festbeträge abzustellen. Auch ein weiteres Schreiben der Antragstellerin vom 05.06.2015 beantwortete die Antragsgegnerin zu 1. am 19.06.2015 ablehnend.
Die Antragstellerin hat am 24.06.2015 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG beim Sozialgericht München gestellt. Sie ist der Auffassung, dass es sich bei der von den Antragsgegnern abgeschlossenen Wirkstoffvereinbarung nicht um eine Regelung im Sinne von § 106 Abs. 3b Satz 1 SGB V handelt und sie daher mangels Rechtsgrundlage nichtig ist. Denn die Wirkstoffvereinbarung steuere nicht das ärztliche Verordnungsverhalten hinsichtlich der Wirkstoffauswahl, sondern die (logisch erst danach erfolgende) ärztliche Auswahlentscheidung, ob von einem ausgewählten Wirkstoff ein Generikum oder ein Original verordnet werden solle. Daneben verletze die Behandlung der von der Antragstellerin vertriebenen Paracetamol-Produkte als Originalpräparate ihren Anspruch aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG auf unverzerrten Wettbewerb. Die von der Antragstellerin vertriebenen Paracetamol-Produkte seien als Generika zu klassifizieren. Dies ergebe sich mittelbar aus § 130a Abs. 3b SGB V. Bei der bibliographischen Zulassung von benxxx handele es sich zudem wertungsmäßig um eine generische Zulassung. Durch die Einstufung von benxxx als Originalprodukt werde Un-gleiches ohne rechtfertigenden Grund gleich behandelt. Bibliographische Zulassungen seien als Aliud zu Zulassungen von Originalpräparaten anzusehen. Zum anderen liege auch eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem vor, da die benxxx-Produkte wesentlich gleich zu "klassisch" als Generika zugelassenen Arzneimitteln seien. Für diese (Un-)Gleichbehandlungen liege kein hinreichend gewichtiger sachlicher Grund vor. Insbe-sondere rechtfertige das Wirtschaftlichkeitsgebot vorliegend nicht die vorgenommene Dif-ferenzierung. Bei sämtlichen streitgegenständlichen Produkten der Antragstellerin sowie bei sämtlichen generischen Wettbewerbsprodukten entstünden den gesetzlichen Kran-kenkassen Kosten in Höhe des jeweils anwendbaren Festbetrags. Die Kostenbelastung der Kassen sei somit identisch. Im Fall des für die Antragstellerin wirtschaftlich besonders bedeutsamen Produkts benxxx 75 mg Zäpfchen verursache das einzige Konkurrenzpro-dukt sogar identische Kosten oberhalb des Festbetrags, so dass auch die Patientenauf-zahlung jeweils gleich hoch sei. Auch die Ausnahmeregelung in Anlage 7 Nr. 2 der Wirkstoffvereinbarung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da keine Rechtfertigung ersichtlich sei, warum für eine Gleichbehandlung von patentfreiem Original und Generikum nicht Kostengleichheit genüge und warum patentfreie Originale preislich auf oder unter einem Festbetrag liegen müssten, Generika aber nicht. Auch ein Anordnungsgrund liege vor. Die Klassifizierung von benxxx als Originalpräparat führe bayernweit zu einem erwarteten Umsatzverlust von 180.133 EUR pro Jahr. Bei einem Gesamtumsatz in Deutschland i.H.v. knapp 4.000.000 EUR betrage der Unternehmens-Gesamtumsatzverlust ca. 5 %. Die Prognose des Umsatzverlustes stütze sich auf die Monate März bis Mai 2015 im Vergleich zu März bis Mai 2014. Die Antragstellerin verweist auf Trendmeldungen der Antragsgegnerin zu 1., in denen die Vertragsärzte über ihre individuellen Zielerreichungen via Ampelsystem informiert werden. Die finanziellen Auswirkungen seien für die Antragstellerin existenzgefährdend. Bei dem geschätzten Verordnungsrückgang in Bayern werde sich der Unternehmensgewinn von 339.000 EUR/Jahr halbieren. Hinzu komme, dass sich die Steuerung über die Wirkstoffvereinbarung noch in einer Testphase befunden habe und erst mit Beginn des Quartals 3/2015 hinsichtlich etwaiger Prüfungen "scharf gestellt" werde. Bei einer Interessenabwägung sei zudem zu berücksichtigen, dass die verordnungssteuernde Wirkung zu massiven Verlusten bei der Antragstellerin führen würde, ohne dass dem je-doch Einsparungen auf Seiten der gesetzlichen Krankenkassen gegenüber stünden.
Die Antragstellerin beantragt,
festzustellen, dass die in der zwischen den Antragsgegnern am 31.10.2014 abgeschlossenen Wirkstoffvereinbarung geregelten Generikaziele für Analgetika vorläu-fig bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nichtig sind,
hilfsweise festzustellen, dass die folgenden Produkte Generika im Sinne des Generikaziels für Analgetika der zwischen den Antragsgegnern am 31.10.2014 abge-schlossenen Wirkstoffvereinbarung sind: benxxx 75 mg Zäpfchen 10 St (PZN: 02684876) benxxx 125 mg Zäpfchen 10 St (PZN: 1260890) benxxx 250 mg Zäpfchen 10 St (PZN: 0116642) benxxx Saft 100 ml (PZN: 4993736)
Die Antragsgegner zu 1., 2., 4. und 5. beantragen,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Die Antragsgegner zu 3., 6. und 7. haben keine Anträge gestellt.
Die Antragsgegner haben insbesondere ausgeführt, dass im Jahr 2014 die Ärzte in Bayern die streitgegenständlichen Präparate mit einem Anteil von nur 1,82 % der Verordnungen der betreffenden Wirkstoffgruppe verordnet haben. Nur 8,38 % der Verordnungen der Wirkstoffgruppe seien auf Arzneimittel mit dem Wirkstoff Paracetamol entfallen. Beide Umstände bedeuteten - jeweils für sich -, dass alle Ärzte auch weiterhin die streitgegen-ständlichen Präparate in unveränderter Häufigkeit ohne Gefährdung ihrer Zielerreichung verordnen könnten. Die Wirkstoffgruppen der Wirkstoffvereinbarung seien so gebildet worden, dass sie patentgeschützte ebenso wie patentfreie Wirkstoffe umfassten. Für die Wirkstoffgruppen mit einem Generikaziel bedeute eine Erhöhung des Generikaanteils eine Umsteuerung weg von den patentgeschützten Wirkstoffen. Folglich beziehe sich die Steuerung sehr wohl auf die Wirkstoffauswahl. Ein Generikum sei dadurch charakterisiert, dass sich bereits ein wirkstoffgleiches anderes Arzneimittel auf dem Markt befinde (vgl. auch § 24b AMG). Als benxxx auf den deutschen Markt gekommen sei, habe es kein anderes, benxxx entsprechendes Präparat gegeben. Eine bibliographische Zulassung unterfalle, da in § 22 AMG geregelt, der Zulassung für Originalpräparate. Im vorliegenden Fall sei das Referenzarzneimittel des Konkurrenzproduktes von r. (Paracetamol-r. 75 mg Zäpfchen) benxxx 75 mg/125 mg. Selbst wenn eine Ungleichbehandlung unterstellt wer-den würde, wäre diese gerechtfertigt. Ziel der Wirkstoffvereinbarung sei eine wirtschaftliche Verordnungsweise und das Vermeiden von unnötigen Arzneimittelkosten. Die von der Antragstellerin dargestellten Umsatzeinbußen seien kaum nachvollziehbar. Selbst für den (nicht denkbaren) Fall, dass durch die Wirkstoffvereinbarung nennenswerte Umsatzein-bußen erfolgen sollten, habe das BVerfG klargestellt, dass die Sicherung der finanziellen Stabilität der GKV als Gemeinwohlaufgabe auch soweit gehen könne, dass z.B. auch Berufsausübungsregelungen gerechtfertigt seien. Im Übrigen sei durch Verschreibungen bayerischer Ärzte zu Lasten der GKV im Jahr 2014 ein Umsatzvolumen der Antragstellerin hinsichtlich der vier streitgegenständlichen benxxx-Präparate i.H.v. 77.580,96 EUR begründet worden. Würden die Präparate von bayerischen Vertragsärzten überhaupt nicht mehr zu Lasten der GKV verordnet werden – wofür nichts spreche -, würde der Antragstellerin ein Umsatzvolumen in dieser Höhe verloren gehen. Ausweislich des Jahresabschlusses der Antragstellerin habe diese im Jahr 2013 einen Umsatz i.H.v. 11.737.255,63 EUR erzielt. Damit seien weniger als ein Prozent des Umsatzvolumens der Antragstellerin überhaupt von der Wirkstoffvereinbarung betroffen.
Die Antragsgegnerin zu 1. hat ergänzend ausgeführt, dass sich die Ausnahmeregelung der Anlage 7 Ziffer 2, nach der ein Abgabepreis auf oder unter Festbetrag gefordert werde, mit Blick auf die Vorschrift des § 130a Abs. 3b Satz 3 SGB V deutlich im Rahmen dessen bewege, was im Gesetz selbst zur Förderung einer wirtschaftlicheren Versorgung zulässigerweise angelegt sei. Es würde dem Charakter und der Intention der Wirkstoffvereinbarung vollständig zuwider laufen, allein aufgrund einer geringfügigen Preisreduzierung für das Produkt benxxx 75mg dieses wie ein Generikum zu behandeln. Dies hätte verheerende Folgen für ähnliche Konstellationen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf die Akten des Sozialgerichts sowie der Antragsgegnerin zu 1. verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Ein solcher Antrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86b Abs. 3 SGG).
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen allesamt vor.
In der Hauptsache wäre eine andere Klageart als die Anfechtungsklage statthaft; statthafte Klageart wäre hier die Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Ein solcher Rechtsschutz gegen untergesetzliche Rechtsnormen ist nach der Rechtsprechung des BSG ausnahmsweise in den Fällen zulässig, in denen – wie hier - die Betroffenen ansonsten keinen effektiven Rechtsschutz erreichen können, etwa weil ihnen nicht zuzumuten ist, auf Vollzugsakte zur Umsetzung der untergesetzlichen Norm zu warten, oder die Wirkung der Norm ohne anfechtbare Vollzugsakte eintritt (BSG, Urteil vom 31.05.2006, Az. B 6 KA 13/05 R, Rn. 27; BSG, Urteil vom 12.09.2012, Az. B 3 KR 10/12 R, Rn. 24).
Voraussetzung ist hierfür ein Feststellungsinteresse, das nach der Rechtsprechung des BSG vorliegend zu bejahen ist (vgl. BSG, Urteil vom 31.05.2006, Az. B 6 KA 13/05 R, Rn. 30 ff.). Hier ist zwar die Wirkstoffvereinbarung an Dritte, nämlich an die bayerischen Ver-tragsärzte, gerichtet, jedoch besteht eine hinreichend enge Beziehung zwischen der Grundrechtsposition der Antragstellerin und den in der Wirkstoffvereinbarung geregelten Generikaziele für Analgetika. Durch die intendierte Steuerung der Wirkstoffvereinbarung weg von der Verordnung von Originalpräparaten hin zur Verordnung von mehr Generika haben die Analgetika-Generikaziele der Wirkstoffvereinbarung im Hinblick auf die grund-rechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin grundsätzlich objektiv berufsregelnde Tendenz. Auch wenn das Ausmaß der Betroffenheit der Antragstellerin durch die Generikaziele der Wirkstoffvereinbarung entscheidend davon abhängt, inwiefern die Vertragsärzte ihr Verordnungsverhalten ändern, ist von einem Eingriff auszugehen, da den Vertragsärzten im Fall der Nichteinhaltung u.a. der Generikaziele Wirtschaftlichkeits-prüfungen und ggf. Regresse drohen (vgl. auch die Übergangsvorschrift § 13 Abs. 5 Wirkstoffvereinbarung, wonach ab Verordnungsquartal 3/2015 arztindividuelle Wirkstoffprüfungen durchgeführt werden können).
Die Antragstellerin ist wegen etwaiger Verletzung von Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG auch antragsbefugt.
Die Antragstellerin hat zudem ein Rechtsschutzinteresse; insbesondere hatte sie sich zuvor an die Antragsgegnerin zu. 1 gewandt. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist das Vorliegen eines Anord-nungsanspruches sowie eines Anordnungsgrundes (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 ZPO). Die Entscheidung über diese Regelungsanordnung richtet sich nach folgenden Grundsätzen: Ist die Klage im Hauptsacheverfahren offensichtlich unzulässig oder unbe-gründet, ist ein zu schützendes Recht nicht vorhanden; der Antrag auf eine einstweilige Anordnung ist in diesem Fall, auch wenn ein Anordnungsgrund vorliegt, abzulehnen. Wenn die Klage im Hauptsacheverfahren offensichtlich zulässig und begründet ist, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in der Regel stattzugeben. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist eine Interessenabwägung erforderlich. Die einstweilige Anord-nung wird dann erlassen, wenn dem Antragsteller unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.02.2005, L 5 ER 5/05 KR, Rn. 11). Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen zu beurteilen. Die Antragstellerin beanstandet, dass anhand der in der Wirkstoffvereinbarung festgesetz-ten Generikaziele nicht das ärztliche Verordnungsverhalten hinsichtlich der Wirkstoffaus-wahl gesteuert wird, sondern die logisch erst nach der Auswahl des Wirkstoffs erfolgende ärztliche Auswahlentscheidung, ob von einem ausgewählten Wirkstoff ein Generikum oder ein Original verordnet werden soll. Hierfür fehle eine Rechtsgrundlage. Die Antragstellerin macht darüber hinaus geltend, dass die Behandlung der von ihr vertriebenen streit-gegenständlichen benxxx-Produkte als Originalpräparate sie in ihren Rechten aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG verletzt.
Bei der auf der Grundlage von § 106 Abs. 3, 3b SGB V abgeschlossenen Wirkstoffverein-barung handelt es sich um einen Normvertrag auf der Ebene des Gesamtvertrags (vgl. BSG vom 23.02.2005, Az. B 6 KA 72/03 R, Rn. 27). Soweit Vorschriften der Prüfvereinba-rung nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt sind oder gegen höherrangiges Recht verstoßen, insbesondere mit den bundesrechtlichen Vorgaben zur effektiven Über-wachung der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Leistungserbringer nicht vereinbar sind, sind sie nach den allgemeinen Regeln der Normenhierarchie nichtig (vgl. BSG vom 23.02.2005, Az. B 6 KA 72/03 R, Rn. 27 m.w.N.).
§ 106 Abs. 3 SGB V regelt die grundsätzliche Ermächtigung der Vertragspartner zum Er-lass von Prüfvereinbarungen.
§ 106 Abs. 3b SGB V lautet: "Durch Vereinbarung nach Absatz 3 kann eine arztbezogene Prüfung ärztlich verordneter Leistungen, bezogen auf die Wirkstoffauswahl und die Wirkstoffmenge, im jeweiligen An-wendungsgebiet vorgesehen werden. Dafür sind insbesondere für Wirkstoffe und Wirk-stoffgruppen Verordnungsanteile und Wirkstoffmengen in den Anwendungsgebieten für Vergleichsgruppen von Ärzten zu bestimmen. Dabei sind Regelungen für alle Anwen-dungsgebiete zu treffen, die für die Versorgung und die Verordnungskosten in der Arzt-gruppe von Bedeutung sind. Regelungen nach Satz 2 sind unter Beachtung der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2, der Vereinbarungen nach den §§ 84, 130b oder 130c und der Hinweise nach § 73 Absatz 8 Satz 1 zu treffen. Eine Vereinbarung nach Satz 1 ist zu veröffentlichen. Sie löst die Richtgrößenprüfungen nach Absatz 2 ab. In der Vereinbarung nach Satz 1 sind Regelungen über den auszugleichenden Betrag bei Nichteinhaltung der Zielvorgaben zu vereinbaren. Praxisbesonderheiten sind entsprechend Absatz 5a anzuer-kennen, sofern in der Vereinbarung nach Satz 1 nichts anderes vorgesehen ist. Liegt eine Vereinbarung nach Satz 1 vor, kann auf den Abschluss einer Vereinbarung nach § 84 Absatz 6 verzichtet werden. Die Vertragsparteien vereinbaren Regelungen darüber, wie viele Ärzte zu prüfen sind; Absatz 2 Satz 7 erster Halbsatz gilt entsprechend. Die Verein-barung nach Satz 1 gilt in diesem Fall auch nach ihrer Kündigung bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung nach Satz 1 oder nach § 84 Absatz 6 fort."
In der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 106 Abs. 3b SGB V heißt es, dass die Selbstverwaltung die Möglichkeit erhält, "die Richtgrößen- und die Zufälligkeitsprüfung durch eine Prüfung der Einhaltung von Anforderungen an die Wirkstoffauswahl und die Wirkstoffmenge in den jeweiligen Anwendungsgebieten abzulösen. ( ) Damit wird die Verantwortung der Ärzte für die Einhaltung medizinisch begründeter Regelungen für die Verordnung beschränkt. Die Verantwortung für Preise und Morbiditätsentwicklung geht auf die Krankenkassen über" (BT-Drs. 17/2413, S. 28).
Die Antragsgegner haben in der Anlage 2 der Wirkstoffvereinbarung 30 Wirkstoffgruppen gebildet; das Gericht unterstellt im Rahmen seiner summarischen Prüfung, dass diese alle Anwendungsgebiete umfassen, die i.S.d. § 106 Abs. 3b Satz 3 SGB V für die Versorgung und die Verordnungskosten der Vergleichsgruppen von Bedeutung sind. Für 24 dieser Wirkstoffgruppen haben die Antragsgegner sog. Generikaziele festgesetzt, während sie für sechs Wirkstoffgruppen sog. Leitsubstanzziele aufgestellt haben. Das Gericht geht davon aus, dass die Festsetzung solcher Generikaziele grundsätzlich im Rahmen einer Prüfvereinbarung gem. § 106 Abs. 3b SGB V möglich ist. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus § 106 Abs. 3b Satz 4 SGB V, wonach bei Erstellung der Regelungen nach § 106 Abs. 3b Satz 2 SGB V u.a. die Vereinbarungen nach § 84 SGB V zu beachten sind. Im Rahmen von Arzneimittelvereinbarungen gem. § 84 Abs. 1 SGB V können Generikaziele als Ver-sorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele (§ 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V) vereinbart werden (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.03.2009, Az. L 11 KA 28/08, Rn. 30). Frag-lich könnte daher lediglich sein, ob es, unter Berücksichtigung der Ermächtigungsgrundla-ge des § 106 Abs. 3b SGB V sowie des gesetzlichen Überwachungsauftrags der Antrags-gegner gem. § 106 Abs. 1 SGB V, zulässig ist, für die überwiegende Anzahl dieser Wirk-stoffgruppen gemäß Anlage 2 Wirkstoffvereinbarung ausschließlich Generikaziele festzu-legen, ohne dass diese von weiteren Zielen ergänzt werden, die unmittelbar die Wirkstoff-auswahl und die Wirkstoffmenge gem. § 106 Abs. 3b Satz 1 SGB V zum Gegenstand haben. Insbesondere könnte hinterfragt werden, ob anhand der Generikaziele, wie vom Gesetzgeber ausweislich der dargestellten Gesetzesbegründung beabsichtigt, "die Einhal-tung medizinisch begründeter Regelungen" durch die Ärzte gesteuert bzw. geprüft wird. Die Antragsgegner haben in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Wirk-stoffgruppen so gebildet worden seien, dass sie patentgeschützte ebenso wie patentfreie Wirkstoffe umfassten. Durch die vereinbarten Generikaziele innerhalb der einzelnen Wirk-stoffgruppen erfolge eine Umsteuerung weg von den patentgeschützten Wirkstoffen hin zu den generikafähigen Wirkstoffen. Da es hierbei um medizinische, die Wirkstoffauswahl betreffende Fragestellungen geht, geht das Gericht nach vorläufiger Einschätzung davon aus, dass die Generikaziele gem. Anlage 2 der Wirkstoffvereinbarung, zu denen auch die streitgegenständlichen Generikaziele für Analgetika zählen, auch eine – jedenfalls mittel-bare - Steuerungsfunktion bezogen auf die Wirkstoffauswahl und die Wirkstoffmenge i.S.d. § 106 Abs. 3b Satz 1 SGB V enthalten. Auch wenn somit aufgrund summarischer Prüfung aus Sicht des Gerichts mehr dafür spricht, dass eine Rechtsgrundlage für die Festlegung der Generikaziele (u.a. für Analgetika) besteht, ist der Ausgang des Haupt-sacheverfahrens insoweit als offen einzustufen.
Auch soweit die Antragstellerin Verstöße gegen Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geltend macht, sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache als offen zu bezeichnen.
Grundsätzlich besitzen die Antragsgegner als Normgeber der Wirkstoffvereinbarung bei der Ausgestaltung der Prüfvereinbarung einen weiten Gestaltungsspielraum. Den zur Normsetzung befugten Körperschaften ist es ungeachtet des Gleichbehandlungsgebots des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, im Interesse der Überschaubarkeit und Praktikabilität zu verallgemeinern, zu typisieren und zu pauschalieren. Besondere Verhältnisse von Ein-zelfällen müssen keine Berücksichtigung finden. Jeder Typisierung wohnt das Risiko inne, dass nicht alle in jedem Einzelfall wichtigen Unterscheidungsmerkmale erfasst und prob-lematische Abgrenzungen nicht gänzlich vermieden werden können. Der Gestaltungs-spielraum des Normgebers wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die jeweilige Ge-staltung in Anbetracht des Zwecks der konkreten Ermächtigung unvertretbar oder unver-hältnismäßig ist (vgl. ausführlich Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Mai 2014, § 85 Rn. 163ff. m.w.N. zur Ausgestaltung des Honorarverteilungsvertrages).
Regelungen, die den Wettbewerb der Unternehmen untereinander verfälschen, können im Einzelfall die Berufsfreiheit beeinträchtigen. Art. 12 Abs. 1 GG begründet ein Recht der Unternehmen auf Teilhabe am Wettbewerb, was zwar nicht vor der Zulassung von Konkurrenten, wohl aber vor ungerechtfertigter staatlicher Begünstigung von Konkurrenten schützt (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2004, Az. B 3 KR 10/04 R, Rn. 18 m.w.N.). Im Fall eines ungerechtfertigten Eingriffs in den Wettbewerb wäre das Grundrecht auf freie Be-rufsausübung i.V.m. dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt (BSG, ebenda, Rn. 24).
Vorliegend ist die Vorgehensweise der Antragsgegner, im Rahmen der Wirkstoffvereinba-rung Generikaziele festzusetzen, geeignet, den Wettbewerb zwischen Herstellern von Originalpräparaten sowie von Generikapräparaten zu beeinflussen. Die von der Antragstellerin vorgelegten exemplarischen Trendmeldungen der Antragsgegnerin zu 1., in denen den Vertragsärzten u.a. namentlich diejenigen Arzneimittel (ohne Differenzierung hinsichtlich Darreichungsform und Dosierung) genannt werden, die einer Zielerreichung im Sinne der Wirkstoffvereinbarung entgegen stehen können, belegen, wie zielgerichtet und arztindividuell das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte tatsächlich gesteuert werden soll (vgl. hierzu auch § 2 Abs. 1, 2 sowie § 6 Abs. 1 Wirkstoffvereinbarung). Abhängig vom Verordnungsverhalten der bayerischen Vertragsärzte wird der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG im Sinne einer objektiven Berufsausübungsbeschränkung mehr oder weniger stark beeinträchtigt. Der Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist jedoch grundsätzlich gerecht-fertigt. Die Festsetzung der Generikaziele dient dem Zweck der Gewährleistung des Wirt-schaftlichkeitsgebots gem. § 12 SGB V und damit im Ergebnis dazu, die finanzielle Stabili-tät und als deren Folge die Funktionstüchtigkeit und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährleisten (Engelhard in: jurisPK, Stand 01.04.2012, § 12 Rn. 23 m.w.N.). Die von den Antragsgegnern vorgenommene typisie-rende Differenzierung, wonach die als Generika zugelassenen Arzneimittel – anders als Originalpräparate - als wirtschaftlich gelten (vgl. auch Anlage 2 zur Wirkstoffvereinbarung), ist auch geeignet, die Arzneimittelkosten im Rahmen der GKV möglichst niedrig zu halten. Denn typischerweise sind Generika günstiger als Originalpräparate. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass gem. Anlage 7 Nr. 2 der Wirkstoffvereinbarung die Zuordnung der Arzneimittel nach der Generikakennung des WIdo erfolgt, dem Wissenschaftlichen Institut der AOK. Nach summarischer Prüfung begegnet es insbesondere keinen Bedenken, wenn das WIdo bzw. die Antragsgegner grundsätzlich – wie vorliegend - auf den Zulassungsstatus der Arzneimittel abstellen.
Fraglich erscheint aus Sicht des Gerichts, ob die zwischen Generika- und Originalpräparaten typisierende Differenzierung eine Härtefallklausel bzw. eine Ausnahmeregelung erforderlich macht. Diese Fragestellung dürfte jedoch im vorliegenden Fall allein hinsichtlich des Präparats benxxx 75 mg Zäpfchen von Bedeutung sein. Hier besteht die beson-dere Fallkonstellation, dass benxxx 75 mg Zäpfchen und das (bei dieser Dosierung) ein-zige Konkurrenzprodukt Paracetamol r. Zäpfchen 75 mg – nach der Preisreduzierung der Antragstellerin zum 01.06.2015 - beide zum selben Preis (oberhalb des Festbetrages) erhältlich sind. Bezüglich der anderen drei streitgegenständlichen Präparate benxxx 125 mg und 250 mg Zäpfchen sowie benxxx 100 ml Saft gibt es hingegen jeweils einzelne generische Konkurrenzprodukte, die nicht nur günstiger als die Produkte der Antragstellerin sind, sondern deren Preis auch unterhalb des jeweiligen Festbetrages liegt. Bei diesen Präparaten liegt ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG fern, da hier die konkrete Kostenersparnis der gesetzlichen Krankenkassen den Eingriff rechtfertigen dürfte.
Gegen das Erfordernis einer Härtefallklausel bzw. einer Ausnahmeregelung könnte spre-chen, dass die Antragsgegner in der Wirkstoffvereinbarung im Rahmen der Generikaziele nur Zielwerte festgesetzt haben und die Vertragsärzte zu einer bestimmten Quote auch Originalpräparate ohne Regressrisiko verordnen können. Diese Zielwerte basieren zudem lt. Auskunft der Antragsgegner auf Berechnungen des tatsächlichen Verordnungsgeschehens in Bayern, so dass davon auszugehen ist, dass zahlreiche bayerische Vertragsärzte ihr Verordnungsverhalten hinsichtlich der Auswahl von Generika- bzw. Originalpräparaten grundsätzlich nicht ändern müssen bzw. müssten. Im konkreten Fall haben im Übrigen nach Mitteilung der Antragsgegner die Ärzte in Bayern im Jahr 2014 die streitgegenständ-lichen Präparate mit einem Anteil von nur 1,82 % der Verordnungen der betreffenden Wirkstoffgruppe verordnet. Danach entfielen nur 8,38 % der Verordnungen der Wirkstoffgruppe auf Arzneimittel mit dem Wirkstoff Paracetamol. Auf der anderen Seite zeigt gera-de der vorliegende Fall von benxxx 75 mg Zäpfchen, dass die Typisierung auch zu Belas-tungen führen kann, ohne dass diese Kostenersparnisse der Krankenkassen (oder zu-mindest der Versicherten) zur Folge hätte. Dabei wäre jedoch noch näher zu klären, wie atypisch die vorliegende Fallkonstellation ist und wie der Umstand zu werten ist, dass die Antragstellerin die Situation durch die zum 01.06.2015 vorgenommene Preisreduzierung ein Stück weit erst selbst geschaffen hat.
Sollte eine Ausnahmeregelung erforderlich sein, stellt sich die Frage, welchen Anforde-rungen diese genügen muss und ob die Ausgestaltung der Regelung der Anlage 7 Nr. 2 der Wirkstoffvereinbarung diesen genügt.
Die Antragsgegner haben gem. Anlage 7 Nr. 2 der Wirkstoffvereinbarung für die Fälle, in denen einzelne patentfreie Originale kostengünstiger als die jeweiligen Generika sind und preislich auf oder unter dem Festbetrag liegen, vereinbart, dass diese wie Generika be-handelt werden. Unstreitig liegen beide Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelung hin-sichtlich des Präparates benxxx 75 mg Zäpfchen nicht vor.
Nach dieser Vorschrift ist eine "Umstufung" in ein Generikum im Sinne der Wirkstoffver-einbarung somit nicht möglich, wenn einzelne patentfreie Originale gleich viel wie Generika kosten, sondern erst dann, wenn sie kostengünstiger sind. Die Antragsgegner verweisen darauf, dass mit Hilfe dieser Regelung Wirtschaftlichkeitsreserven gehoben werden sollen. Das Erfordernis, dass zudem die patentfreien Originale preislich auf oder unter dem Festbetrag liegen müssen, begründen die Antragsgegner damit, dass aufgrund § 106 Abs. 3b Satz 4 i.V.m. § 73 Abs. 8 Satz 1 SGB V Vereinbarungen nach § 106 Abs. 3b SGB V auch das wirtschaftliche Interesse der Mitglieder der Krankenkassen zu berücksichtigen haben. Danach soll auch die Frage der Versichertenaufzahlung von der gesetzlichen Ermächtigung umfasst sein.
Ob die Ausnahmeregelung, sofern erforderlich, verhältnismäßig ist und die ihr zugrunde liegenden Erwägungen vom Gestaltungsspielraum der Antragsgegner (noch) mitumfasst werden, lässt sich aus Sicht des Gerichts im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht abschließend beantworten. Für die Orientierung am Festbetrag, dessen Regelung eine besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots darstellt (BSG, Urteil vom 17.12.2009, Az. B 3 KR 20/08 R, Rn. 23), könnte aber sprechen, dass der Gesetzgeber selbst sogar nur diejenigen Arzneimittel vom Herstellerabschlag ausnimmt, deren Abga-bepreis mindestens 30% niedriger als der jeweilige Festbetrag ist (§ 130a Abs. 3b Satz 3 SGB V). Die Antragsgegner schließen hieraus, dass die Regelung der Anlage 7 Nr. 2 der Wirkstoffvereinbarung sich im Rahmen dessen bewegt, was im Gesetz selbst zur Förde-rung einer wirtschaftlicheren Versorgung angelegt ist. Zudem kann § 130a Abs. 3b SGB V als Beispiel dafür angeführt werden, dass auch der Gesetzgeber Anreize zur Preissenkung schafft. Hieraus könnte geschlussfolgert werden, dass auch die Vertragspartner gem. § 106 Abs. 3, 3b SGB V solche Ziele verfolgen dürfen.
Indem die Antragsgegner in § 3 Abs. 4 Wirkstoffvereinbarung die Möglichkeit der Anpas-sung der festgelegten Ziele und Praxisbesonderheiten geregelt haben (vgl. daneben auch § 14 Abs. 2 Wirkstoffvereinbarung, wonach die Anlagen der Wirkstoffvereinbarung, ohne dass es einer Kündigung der Vereinbarung bedarf, von den Vertragspartnern einvernehm-lich schriftlich angepasst werden können), können sie im Übrigen im Rahmen ihrer Be-obachtungspflicht auf relevante neue Gegebenheiten reagieren.
Nach alledem sind hinsichtlich der Frage des Anordnungsanspruchs die Erfolgsaussichten sowohl des Haupt- wie auch des Hilfsantrags als offen einzustufen.
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
Sie trägt vor, dass sich ihr Unternehmensgewinn in Höhe von 339.000 EUR/Jahr infolge des aus der Wirkstoffvereinbarung resultierenden Verordnungsrückgangs in Bayern halbieren werde. Die Antragsgegnerin zu 2. hat hingegen unwidersprochen darauf hingewiesen, dass sich im Jahr 2014 ein Umsatzvolumen der Antragstellerin i.H.v. 77.580,96 EUR aus den Verordnungen der vier streitgegenständlichen Präparate durch bayerische Vertragsärzte zu Lasten der GKV errechnete. Folglich wäre ein jährliches Umsatzminus von 77.580,96 EUR der größtmögliche (zu prognostizierende) Schaden, der der Antragstellerin in dem Fall, dass alle bayerischen Vertragsärzte statt der vier streitgegenständlichen benxxx-Produkte nur mehr Generika verordnen würden, entstehen könnte. Ein über den Betrag von 77.580,96 EUR hinaus gehender Schaden, wie ihn die Antragstellerin geltend macht, ist für das Gericht nicht ersichtlich und von der Antragstellerin auch nicht glaubhaft gemacht worden. Angesichts der hohen Bekanntheit der Marke der Antragstellerin kann insbeson-dere nicht davon ausgegangen werden, dass ein Weniger an vertragsärztlichen Verord-nungen zu Lasten der GKV dazu führen würde, dass Apotheken die benxxx-Produkte der Antragstellerin weniger vorrätig halten, mit der Folge, dass diese weniger Produkte an Selbstzahler oder an privat versicherte Patienten veräußern (können).
Aber selbst ein (Total-)Verlust der Antragstellerin i.H.d. GKV-Umsatzes von 77.580,96 EUR infolge der in der Wirkstoffvereinbarung geregelten Analgetika-Generikaziele erscheint nicht realistisch. Zwar hängt die tatsächliche Umsatzentwicklung im GKV-Bereich vom (künftigen) Verordnungsverhalten der bayerischen Vertragsärzte ab und lässt sich daher kaum prognostizieren. Dafür, dass die Vertragsärzte auch weiterhin benxxx-Präparate zu Lasten der GKV verschreiben, spricht aber, dass auch schon bisher die Verordnung von zu vielen Originalpräparaten im Rahmen der Prüfung der ärztlichen Verordnungsweise – Bereich Arzneimittel – zu Lasten der Vertragsärzte beanstandet (und regressiert) werden konnte. Zum anderen belässt die Wirkstoffvereinbarung den Kinder- und Jugendmedizi-nern in der Wirkstoffgruppe Analgetika eine Quote i.H.v. 17,33%, innerhalb derer sie ohne Regressrisiko Originalpräparate verordnen können. Die Antragsgegner haben zudem da-rauf hingewiesen, dass im Jahr 2014 die Ärzte in Bayern die streitgegenständlichen Prä-parate mit einem Anteil von nur 1,82 % der Verordnungen der betreffenden Wirkstoffgrup-pe verordnet haben. Nur 8,38 % der Verordnungen der Wirkstoffgruppe sind danach auf Arzneimittel mit dem Wirkstoff Paracetamol entfallen.
Selbst wenn man aber den für die Antragstellerin ungünstigsten Fall unterstellen würde, dass kein bayerischer Vertragsarzt mehr die vier streitgegenständlichen benxxx-Produkte zu Lasten der GKV verordnen würde, würde das Umsatzminus von 77.580,96 EUR in Relation zum Gesamtumsatz i.H.v. 11.737.255,63 EUR nur 0,66 % betragen. Bei einem Umsatzverlust in dieser Höhe kann nicht davon ausgegangen werden, dass wesentliche Nachteile i.S.d. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG vorliegen (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.12.2010, Az. L 11 KA 54/10 B ER, Rn. 65 m.w.N.). Ebenso wenig könnte eine hohe Eingriffsintensität in die geschützten Grundrechte der Antragstellerin angenommen werden.
Der Antragstellerin ist vorliegend auch unter Berücksichtigung der Interessen aller Betei-ligten zuzumuten, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Abzuwägen sind die Folgen, die auf der einen Seite entstehen würden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung nicht erließe, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch besteht, und auf der anderen Seite entstünden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung erließe, sich aber im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch nicht besteht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86b Rn. 29a).
Die Antragstellerin hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass – hinsichtlich der für die Antragstellerin umsatzmäßig besonders relevanten benxxx 75 mg Zäpfchen - im Fall des Erlasses der begehrten Regelungsanordnung den Krankenkassen keine höheren Kosten entstünden, da diese durch den Festbetrag begrenzt sind. Etwas anderes gilt für die an-deren drei streitgegenständlichen benxxx-Präparate; hier gibt es jeweils einzelne generi-sche Konkurrenzprodukte, die unterhalb des Festbetrages liegen. Zudem wäre bei den Präparaten benxxx 125 mg und 250 mg Zäpfchen sowie benxxx 100 ml Saft das voraus-sichtliche Mehr an Aufzahlungen der Versicherten zu berücksichtigen, wenn die Rege-lungsanordnung wie beantragt ergehen sollte, der Anspruch der Antragstellerin aber im Ergebnis nicht bestehen sollte. Für alle streitgegenständlichen benxxx-Präparate gilt jedoch, dass im Fall des Erlasses der begehrten Regelungsanordnung die von den Antragsgegnern mit der Wirkstoffvereinbarung verfolgten Ziele der Steuerung bezogen auf Wirkstoffauswahl und –menge sowie insbesondere auch der Schaffung von Anreizen zur Preissenkung (letzteres dient auch der Gewährleistung des Wirtschaftlichkeitsgebots), ausgesetzt werden würden. Auch unter Berücksichtigung der Intensität der drohenden Grundrechtsverletzung der Antragstellerin, die, selbst wenn man den größtmöglichen GKV-Umsatzverlust i.H.v. 77.580,96 EUR im Jahr unterstellt, als eher gering einzustufen ist, liegen aufgrund einer Interessenabwägung die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung nicht vor.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt mittels einer einstweiligen (Regelungs-)Anordnung die Feststellung, dass die in der zwischen den Antragsgegnern am 31.10.2014 abgeschlossenen Wirkstoffvereinbarung geregelten Generikaziele für Analgetika vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache nichtig sind, hilfsweise, dass die Produkte benxxx 75 mg, 125 mg und 250 mg Zäpfchen sowie benxxx Saft 100 ml Generika im Sinne des Generikaziels für Analgetika der Wirkstoffvereinbarung sind.
Die Antragstellerin ist ein mittelständisches pharmazeutisches Unternehmen, das u.a. die benxxx-Präparate für die Behandlung nicht-entzündlicher Schmerzen und Fieber herstellt und vertreibt. Diese enthalten den Wirkstoff Paracetamol und werden u.a. als Zäpfchen (u.a. in der Dosierung 75 mg, 125 mg und 250 mg, für Säuglinge bzw. Kinder) sowie als Saft (100 ml) auf dem Markt angeboten.
Einziges Konkurrenzprodukt von benxxx 75 mg Zäpfchen auf dem Markt ist das Generikum Paracetamol-r. 75 mg Zäpfchen. Seit einer Preisreduzierung der Antragstellerin zum 01.06.2015 sind beide Präparate zum selben Preis erhältlich, der über dem Festbetrag liegt. Die Produkte benxxx 125 mg und 250 mg Zäpfchen sowie benxxx Saft 100 ml konkurrieren jeweils mit mehreren Produkten von Wettbewerbern am Markt. Fast alle Konkurrenzprodukte sind günstiger als die der Antragstellerin; sowohl bei den Paracetamol 125 mg und 250 mg Zäpfchen wie auch beim Paracetamol 100 mg Saft gibt es generische Konkurrenzprodukte, die preislich unter dem Festbetrag liegen.
Die Antragsgegner als Vertragspartner i.S.d. § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V haben am 31.10.2014 eine Wirkstoffvereinbarung geschlossen, die am 01.12.2014 in Kraft getreten ist und die Richtgrößenprüfung für Arznei- und Verbandmittel abgelöst hat (abrufbar unter http://www.kvb.de/fileadmin/kvb/dokumente/Praxis/Rechtsquellen/S-Z/KVB-RQ-Wirkstoffvereinbarung-Stand-15-01-2015.pdf). Der Schwerpunkt dieser Vereinbarung liegt gemäß Satz 2 der Präambel bezogen auf die Wirkstoffauswahl und Wirkstoffmenge im jeweiligen Anwendungsgebiet in der Steuerung. Gleichwohl ist eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise gemäß § 106 Abs. 3b SGB V vorzusehen (Satz 3 der Präambel Wirkstoffvereinbarung). Gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 Wirkstoffvereinbarung gilt diese für alle bayerischen Vertragsärztinnen und Vertragsärzte, ermächtigte Ärztinnen und Ärzte, fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen (Medizinische Versorgungszentren), ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtungen sowie sämtliche (Teil-)Berufsausübungsgemeinschaften aus diesen Gruppen. Gem. § 3 Abs. 1 Wirkstoffvereinbarung vereinbaren die Vertragspartner Verordnungsziele mit dem Zweck, das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte im Hinblick auf eine wirtschaftliche Verordnungsweise positiv zu beeinflussen. Dazu bestimmen die Vertragspartner für Vergleichsgruppen von Vertragsärzten für Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen Verordnungsanteile auf DDD-Basis von im Sinne dieser Vereinbarung wirtschaftlichen Arzneimitteln sowie Wirkstoffmengen (Verordnungsziele). Die Verordnungsziele gliedern sich in Wirkstoffquotenziele, Wirk-stoffmengenziel(e) sowie fachgruppenübergreifende bayernweite Verordnungsziele. Die Verordnungsziele decken die wesentlichen Anwendungsgebiete und die wesentlichen Verordnungskosten ab (§ 3 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 Wirkstoffvereinbarung). Die Verord-nungsziele je Vergleichsgruppe und die fachgruppenübergreifenden bayernweiten Ver-ordnungsziele sind in Anlage 2 aufgeführt (§ 3 Abs. 2 Satz 6 Wirkstoffvereinbarung).
In der Anlage 2 der Wirkstoffvereinbarung haben die Vertragspartner u.a. geregelt, dass bei der Festlegung von Verordnungszielen, bei den Zielerreichungskontrollen nach §§ 4 und 5 sowie bei der Wirkstoffprüfung nach Abschnitt IV als wirtschaftlich gelten "bei Generikazielen die als Generika zugelassenen Arzneimittel". Die Anlage 2, die in 30 Wirkstoffgruppen unterteilt ist, enthält bezogen auf 24 dieser Wirkstoffgruppen sog. Generikaziele sowie für sechs Wirkstoffgruppen sog. Leitsubstanzziele. Die Zielwerte variieren hinsichtlich der einzelnen Vergleichsgruppen. Bei den Analgetika (außer BTM-pflichtige Opioide) (250 DDD), zu denen auch die streitgegenständlichen benxxx-Präparate der Antragstellerin gehören, ist für die Kinder- und Jugendärzte als Generikaziel ein Zielwert i.H.v. 82,67% festgelegt.
Gem. § 3 Abs. 4 Satz 1 Wirkstoffvereinbarung passen die Vertragspartner die festgelegten Ziele und Praxisbesonderheiten an, soweit neue Gegebenheiten, insbesondere eine Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA), der Markteintritt von für die Versorgung relevanten Arzneimitteln, das Auslaufen von Patenten, der Abschluss bzw. der Wegfall von Rabattverträgen eine Änderung erforderlich machen.
Die Antragsgegnerin zu 1. informiert gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Wirkstoffvereinbarung die Vertragsärzte mittels einer arztindividuellen Verordnungsstatistik auf Basis der Frühinfor-mationsdaten (§ 300 Abs. 2 Satz 3 SGB V) spätestens 8 Wochen nach Quartalsende über die Zielerreichung der vereinbarten Wirkstoffziele. Die Verordnungsstatistik enthält Aus-sagen über die vom Vertragsarzt erreichten DDD-Quoten im Vergleich zu seinen Zielwerten (§ 6 Abs. 1 Satz 2).
Hat der Vertragsarzt die Ziele insgesamt betrachtet nicht erreicht und hat er sie auch im Vorquartal nicht erreicht, ist für ihn Abschnitt IV (§§ 7 bis 12) anwendbar, es sei denn, er hat eine Reduzierung der Differenz seines IST-Gesamtergebnisses zum SOLL-Gesamtergebnis um mindestens 15 Prozent im Vergleich zum Vorquartal erreicht (§ 5 Abs. 5 Wirkstoffvereinbarung).
Gem. § 7 Abs. 1 Wirkstoffvereinbarung vereinbaren die Vertragspartner die Durchführung einer Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungsweise von Arzneimitteln nach Wirk-stoffgruppen und Wirkstoffmengen (Wirkstoffprüfung). Die Wirkstoffprüfung wird für die nach Anlage 2 vereinbarten Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen durchgeführt (§ 7 Abs. 3 Wirkstoffvereinbarung). Die Wirkstoffprüfung wird je Verordnungsquartal durchgeführt (§ 7 Abs. 4 Wirkstoffvereinbarung). Gem. § 7 Abs. 5 Wirkstoffvereinbarung werden für jeden Vertragsarzt, der nach Absatz 2 in die Wirkstoffprüfung einbezogen wird, nur diejenigen Wirkstoffgruppen betrachtet, in denen er mehr als die für die jeweilige Wirkstoffgruppe definierte Mindestmenge in DDD nach Anlage 2 im Verordnungsquartal verordnet hat. Die Übergangsvorschrift des § 13 Abs. 2 Wirkstoffvereinbarung regelt, dass § 5 Abs. 5 erst-malig für das Quartal 3/2015 im Vergleich zum Quartal 3/2014 angewendet wird. Für die Verordnungsquartale bis 2/2015 wird auch bei Nichterreichung der Verordnungsziele nach § 4 keine arztindividuelle Wirkstoffprüfung durchgeführt (§ 13 Abs. 5 Wirkstoffvereinba-rung).
Nr. 2 ("Steuerung der Wirtschaftlichkeit über Generika-Anteile") der Anlage 7 zur Wirkstoffvereinbarung lautet: "Die Zuordnung der Arzneimittel erfolgt nach der Generikakennung des WIdO. Wenn einzelne patentfreie Originale kostengünstiger als die jeweiligen Generika sind und preislich auf oder unter dem Festbetrag liegen, werden sie wie Generika behandelt. Die Vertragspartner führen eine gemeinsame PZN-bezogene Liste der vor-genommenen Anpassungen."
Mit Schreiben vom 24.03.2015 wandte sich die Antragstellerin an die Antragsgegnerin zu 1. und bat u.a. um Überprüfung der in der Praxis der Wirkstoffvereinbarung erfolgten Klassifizierung der benxxx Produkte als Originale. Mit Antwortschreiben vom 11.05.2015 teilte die Antragsgegnerin zu 1. der Antragstellerin mit, dass die gewünschte Umstufung insbesondere der benxxx 75 mg Zäpfchen zu einem "Generikum" nicht in Betracht kom-me. Die Voraussetzungen hierfür gem. Anlage 7 Nr. 2 der Wirkstoffvereinbarung lägen nicht vor. Die Vertragspartner seien ermächtigt gewesen, die Regelung der Anlage 7 Nr. 2 wie geschehen auszugestalten. § 106 Abs. 3b Satz 4 SGB V verweise auf § 73 Abs. 8 Satz 1 SGB V, wonach neben den Kassenärztlichen Vereinigungen speziell auch die Krankenkassen vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen zu informieren hätten. Dieser Informationspflicht sei zu entnehmen, dass Vereinbarungen nach § 106 Abs. 3b SGB V jedenfalls auch das wirtschaftliche Interesse der Mitglieder der Krankenkassen zu berücksichtigen hätten. Entsprechend sei es nicht ausreichend, auf die Kostenbelastung der Krankenkassen durch Festbeträge abzustellen. Auch ein weiteres Schreiben der Antragstellerin vom 05.06.2015 beantwortete die Antragsgegnerin zu 1. am 19.06.2015 ablehnend.
Die Antragstellerin hat am 24.06.2015 Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG beim Sozialgericht München gestellt. Sie ist der Auffassung, dass es sich bei der von den Antragsgegnern abgeschlossenen Wirkstoffvereinbarung nicht um eine Regelung im Sinne von § 106 Abs. 3b Satz 1 SGB V handelt und sie daher mangels Rechtsgrundlage nichtig ist. Denn die Wirkstoffvereinbarung steuere nicht das ärztliche Verordnungsverhalten hinsichtlich der Wirkstoffauswahl, sondern die (logisch erst danach erfolgende) ärztliche Auswahlentscheidung, ob von einem ausgewählten Wirkstoff ein Generikum oder ein Original verordnet werden solle. Daneben verletze die Behandlung der von der Antragstellerin vertriebenen Paracetamol-Produkte als Originalpräparate ihren Anspruch aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG auf unverzerrten Wettbewerb. Die von der Antragstellerin vertriebenen Paracetamol-Produkte seien als Generika zu klassifizieren. Dies ergebe sich mittelbar aus § 130a Abs. 3b SGB V. Bei der bibliographischen Zulassung von benxxx handele es sich zudem wertungsmäßig um eine generische Zulassung. Durch die Einstufung von benxxx als Originalprodukt werde Un-gleiches ohne rechtfertigenden Grund gleich behandelt. Bibliographische Zulassungen seien als Aliud zu Zulassungen von Originalpräparaten anzusehen. Zum anderen liege auch eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem vor, da die benxxx-Produkte wesentlich gleich zu "klassisch" als Generika zugelassenen Arzneimitteln seien. Für diese (Un-)Gleichbehandlungen liege kein hinreichend gewichtiger sachlicher Grund vor. Insbe-sondere rechtfertige das Wirtschaftlichkeitsgebot vorliegend nicht die vorgenommene Dif-ferenzierung. Bei sämtlichen streitgegenständlichen Produkten der Antragstellerin sowie bei sämtlichen generischen Wettbewerbsprodukten entstünden den gesetzlichen Kran-kenkassen Kosten in Höhe des jeweils anwendbaren Festbetrags. Die Kostenbelastung der Kassen sei somit identisch. Im Fall des für die Antragstellerin wirtschaftlich besonders bedeutsamen Produkts benxxx 75 mg Zäpfchen verursache das einzige Konkurrenzpro-dukt sogar identische Kosten oberhalb des Festbetrags, so dass auch die Patientenauf-zahlung jeweils gleich hoch sei. Auch die Ausnahmeregelung in Anlage 7 Nr. 2 der Wirkstoffvereinbarung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da keine Rechtfertigung ersichtlich sei, warum für eine Gleichbehandlung von patentfreiem Original und Generikum nicht Kostengleichheit genüge und warum patentfreie Originale preislich auf oder unter einem Festbetrag liegen müssten, Generika aber nicht. Auch ein Anordnungsgrund liege vor. Die Klassifizierung von benxxx als Originalpräparat führe bayernweit zu einem erwarteten Umsatzverlust von 180.133 EUR pro Jahr. Bei einem Gesamtumsatz in Deutschland i.H.v. knapp 4.000.000 EUR betrage der Unternehmens-Gesamtumsatzverlust ca. 5 %. Die Prognose des Umsatzverlustes stütze sich auf die Monate März bis Mai 2015 im Vergleich zu März bis Mai 2014. Die Antragstellerin verweist auf Trendmeldungen der Antragsgegnerin zu 1., in denen die Vertragsärzte über ihre individuellen Zielerreichungen via Ampelsystem informiert werden. Die finanziellen Auswirkungen seien für die Antragstellerin existenzgefährdend. Bei dem geschätzten Verordnungsrückgang in Bayern werde sich der Unternehmensgewinn von 339.000 EUR/Jahr halbieren. Hinzu komme, dass sich die Steuerung über die Wirkstoffvereinbarung noch in einer Testphase befunden habe und erst mit Beginn des Quartals 3/2015 hinsichtlich etwaiger Prüfungen "scharf gestellt" werde. Bei einer Interessenabwägung sei zudem zu berücksichtigen, dass die verordnungssteuernde Wirkung zu massiven Verlusten bei der Antragstellerin führen würde, ohne dass dem je-doch Einsparungen auf Seiten der gesetzlichen Krankenkassen gegenüber stünden.
Die Antragstellerin beantragt,
festzustellen, dass die in der zwischen den Antragsgegnern am 31.10.2014 abgeschlossenen Wirkstoffvereinbarung geregelten Generikaziele für Analgetika vorläu-fig bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren nichtig sind,
hilfsweise festzustellen, dass die folgenden Produkte Generika im Sinne des Generikaziels für Analgetika der zwischen den Antragsgegnern am 31.10.2014 abge-schlossenen Wirkstoffvereinbarung sind: benxxx 75 mg Zäpfchen 10 St (PZN: 02684876) benxxx 125 mg Zäpfchen 10 St (PZN: 1260890) benxxx 250 mg Zäpfchen 10 St (PZN: 0116642) benxxx Saft 100 ml (PZN: 4993736)
Die Antragsgegner zu 1., 2., 4. und 5. beantragen,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Die Antragsgegner zu 3., 6. und 7. haben keine Anträge gestellt.
Die Antragsgegner haben insbesondere ausgeführt, dass im Jahr 2014 die Ärzte in Bayern die streitgegenständlichen Präparate mit einem Anteil von nur 1,82 % der Verordnungen der betreffenden Wirkstoffgruppe verordnet haben. Nur 8,38 % der Verordnungen der Wirkstoffgruppe seien auf Arzneimittel mit dem Wirkstoff Paracetamol entfallen. Beide Umstände bedeuteten - jeweils für sich -, dass alle Ärzte auch weiterhin die streitgegen-ständlichen Präparate in unveränderter Häufigkeit ohne Gefährdung ihrer Zielerreichung verordnen könnten. Die Wirkstoffgruppen der Wirkstoffvereinbarung seien so gebildet worden, dass sie patentgeschützte ebenso wie patentfreie Wirkstoffe umfassten. Für die Wirkstoffgruppen mit einem Generikaziel bedeute eine Erhöhung des Generikaanteils eine Umsteuerung weg von den patentgeschützten Wirkstoffen. Folglich beziehe sich die Steuerung sehr wohl auf die Wirkstoffauswahl. Ein Generikum sei dadurch charakterisiert, dass sich bereits ein wirkstoffgleiches anderes Arzneimittel auf dem Markt befinde (vgl. auch § 24b AMG). Als benxxx auf den deutschen Markt gekommen sei, habe es kein anderes, benxxx entsprechendes Präparat gegeben. Eine bibliographische Zulassung unterfalle, da in § 22 AMG geregelt, der Zulassung für Originalpräparate. Im vorliegenden Fall sei das Referenzarzneimittel des Konkurrenzproduktes von r. (Paracetamol-r. 75 mg Zäpfchen) benxxx 75 mg/125 mg. Selbst wenn eine Ungleichbehandlung unterstellt wer-den würde, wäre diese gerechtfertigt. Ziel der Wirkstoffvereinbarung sei eine wirtschaftliche Verordnungsweise und das Vermeiden von unnötigen Arzneimittelkosten. Die von der Antragstellerin dargestellten Umsatzeinbußen seien kaum nachvollziehbar. Selbst für den (nicht denkbaren) Fall, dass durch die Wirkstoffvereinbarung nennenswerte Umsatzein-bußen erfolgen sollten, habe das BVerfG klargestellt, dass die Sicherung der finanziellen Stabilität der GKV als Gemeinwohlaufgabe auch soweit gehen könne, dass z.B. auch Berufsausübungsregelungen gerechtfertigt seien. Im Übrigen sei durch Verschreibungen bayerischer Ärzte zu Lasten der GKV im Jahr 2014 ein Umsatzvolumen der Antragstellerin hinsichtlich der vier streitgegenständlichen benxxx-Präparate i.H.v. 77.580,96 EUR begründet worden. Würden die Präparate von bayerischen Vertragsärzten überhaupt nicht mehr zu Lasten der GKV verordnet werden – wofür nichts spreche -, würde der Antragstellerin ein Umsatzvolumen in dieser Höhe verloren gehen. Ausweislich des Jahresabschlusses der Antragstellerin habe diese im Jahr 2013 einen Umsatz i.H.v. 11.737.255,63 EUR erzielt. Damit seien weniger als ein Prozent des Umsatzvolumens der Antragstellerin überhaupt von der Wirkstoffvereinbarung betroffen.
Die Antragsgegnerin zu 1. hat ergänzend ausgeführt, dass sich die Ausnahmeregelung der Anlage 7 Ziffer 2, nach der ein Abgabepreis auf oder unter Festbetrag gefordert werde, mit Blick auf die Vorschrift des § 130a Abs. 3b Satz 3 SGB V deutlich im Rahmen dessen bewege, was im Gesetz selbst zur Förderung einer wirtschaftlicheren Versorgung zulässigerweise angelegt sei. Es würde dem Charakter und der Intention der Wirkstoffvereinbarung vollständig zuwider laufen, allein aufgrund einer geringfügigen Preisreduzierung für das Produkt benxxx 75mg dieses wie ein Generikum zu behandeln. Dies hätte verheerende Folgen für ähnliche Konstellationen.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts wegen der Einzelheiten auf die Akten des Sozialgerichts sowie der Antragsgegnerin zu 1. verwiesen.
II.
Der Antrag ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Ein solcher Antrag ist schon vor Klageerhebung zulässig (§ 86b Abs. 3 SGG).
Die Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen allesamt vor.
In der Hauptsache wäre eine andere Klageart als die Anfechtungsklage statthaft; statthafte Klageart wäre hier die Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Ein solcher Rechtsschutz gegen untergesetzliche Rechtsnormen ist nach der Rechtsprechung des BSG ausnahmsweise in den Fällen zulässig, in denen – wie hier - die Betroffenen ansonsten keinen effektiven Rechtsschutz erreichen können, etwa weil ihnen nicht zuzumuten ist, auf Vollzugsakte zur Umsetzung der untergesetzlichen Norm zu warten, oder die Wirkung der Norm ohne anfechtbare Vollzugsakte eintritt (BSG, Urteil vom 31.05.2006, Az. B 6 KA 13/05 R, Rn. 27; BSG, Urteil vom 12.09.2012, Az. B 3 KR 10/12 R, Rn. 24).
Voraussetzung ist hierfür ein Feststellungsinteresse, das nach der Rechtsprechung des BSG vorliegend zu bejahen ist (vgl. BSG, Urteil vom 31.05.2006, Az. B 6 KA 13/05 R, Rn. 30 ff.). Hier ist zwar die Wirkstoffvereinbarung an Dritte, nämlich an die bayerischen Ver-tragsärzte, gerichtet, jedoch besteht eine hinreichend enge Beziehung zwischen der Grundrechtsposition der Antragstellerin und den in der Wirkstoffvereinbarung geregelten Generikaziele für Analgetika. Durch die intendierte Steuerung der Wirkstoffvereinbarung weg von der Verordnung von Originalpräparaten hin zur Verordnung von mehr Generika haben die Analgetika-Generikaziele der Wirkstoffvereinbarung im Hinblick auf die grund-rechtlich geschützte Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin grundsätzlich objektiv berufsregelnde Tendenz. Auch wenn das Ausmaß der Betroffenheit der Antragstellerin durch die Generikaziele der Wirkstoffvereinbarung entscheidend davon abhängt, inwiefern die Vertragsärzte ihr Verordnungsverhalten ändern, ist von einem Eingriff auszugehen, da den Vertragsärzten im Fall der Nichteinhaltung u.a. der Generikaziele Wirtschaftlichkeits-prüfungen und ggf. Regresse drohen (vgl. auch die Übergangsvorschrift § 13 Abs. 5 Wirkstoffvereinbarung, wonach ab Verordnungsquartal 3/2015 arztindividuelle Wirkstoffprüfungen durchgeführt werden können).
Die Antragstellerin ist wegen etwaiger Verletzung von Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG auch antragsbefugt.
Die Antragstellerin hat zudem ein Rechtsschutzinteresse; insbesondere hatte sie sich zuvor an die Antragsgegnerin zu. 1 gewandt. Der Antrag ist jedoch unbegründet. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist das Vorliegen eines Anord-nungsanspruches sowie eines Anordnungsgrundes (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 ZPO). Die Entscheidung über diese Regelungsanordnung richtet sich nach folgenden Grundsätzen: Ist die Klage im Hauptsacheverfahren offensichtlich unzulässig oder unbe-gründet, ist ein zu schützendes Recht nicht vorhanden; der Antrag auf eine einstweilige Anordnung ist in diesem Fall, auch wenn ein Anordnungsgrund vorliegt, abzulehnen. Wenn die Klage im Hauptsacheverfahren offensichtlich zulässig und begründet ist, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist in der Regel stattzugeben. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist eine Interessenabwägung erforderlich. Die einstweilige Anord-nung wird dann erlassen, wenn dem Antragsteller unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 15.02.2005, L 5 ER 5/05 KR, Rn. 11). Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen zu beurteilen. Die Antragstellerin beanstandet, dass anhand der in der Wirkstoffvereinbarung festgesetz-ten Generikaziele nicht das ärztliche Verordnungsverhalten hinsichtlich der Wirkstoffaus-wahl gesteuert wird, sondern die logisch erst nach der Auswahl des Wirkstoffs erfolgende ärztliche Auswahlentscheidung, ob von einem ausgewählten Wirkstoff ein Generikum oder ein Original verordnet werden soll. Hierfür fehle eine Rechtsgrundlage. Die Antragstellerin macht darüber hinaus geltend, dass die Behandlung der von ihr vertriebenen streit-gegenständlichen benxxx-Produkte als Originalpräparate sie in ihren Rechten aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 3 GG verletzt.
Bei der auf der Grundlage von § 106 Abs. 3, 3b SGB V abgeschlossenen Wirkstoffverein-barung handelt es sich um einen Normvertrag auf der Ebene des Gesamtvertrags (vgl. BSG vom 23.02.2005, Az. B 6 KA 72/03 R, Rn. 27). Soweit Vorschriften der Prüfvereinba-rung nicht von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt sind oder gegen höherrangiges Recht verstoßen, insbesondere mit den bundesrechtlichen Vorgaben zur effektiven Über-wachung der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Leistungserbringer nicht vereinbar sind, sind sie nach den allgemeinen Regeln der Normenhierarchie nichtig (vgl. BSG vom 23.02.2005, Az. B 6 KA 72/03 R, Rn. 27 m.w.N.).
§ 106 Abs. 3 SGB V regelt die grundsätzliche Ermächtigung der Vertragspartner zum Er-lass von Prüfvereinbarungen.
§ 106 Abs. 3b SGB V lautet: "Durch Vereinbarung nach Absatz 3 kann eine arztbezogene Prüfung ärztlich verordneter Leistungen, bezogen auf die Wirkstoffauswahl und die Wirkstoffmenge, im jeweiligen An-wendungsgebiet vorgesehen werden. Dafür sind insbesondere für Wirkstoffe und Wirk-stoffgruppen Verordnungsanteile und Wirkstoffmengen in den Anwendungsgebieten für Vergleichsgruppen von Ärzten zu bestimmen. Dabei sind Regelungen für alle Anwen-dungsgebiete zu treffen, die für die Versorgung und die Verordnungskosten in der Arzt-gruppe von Bedeutung sind. Regelungen nach Satz 2 sind unter Beachtung der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2, der Vereinbarungen nach den §§ 84, 130b oder 130c und der Hinweise nach § 73 Absatz 8 Satz 1 zu treffen. Eine Vereinbarung nach Satz 1 ist zu veröffentlichen. Sie löst die Richtgrößenprüfungen nach Absatz 2 ab. In der Vereinbarung nach Satz 1 sind Regelungen über den auszugleichenden Betrag bei Nichteinhaltung der Zielvorgaben zu vereinbaren. Praxisbesonderheiten sind entsprechend Absatz 5a anzuer-kennen, sofern in der Vereinbarung nach Satz 1 nichts anderes vorgesehen ist. Liegt eine Vereinbarung nach Satz 1 vor, kann auf den Abschluss einer Vereinbarung nach § 84 Absatz 6 verzichtet werden. Die Vertragsparteien vereinbaren Regelungen darüber, wie viele Ärzte zu prüfen sind; Absatz 2 Satz 7 erster Halbsatz gilt entsprechend. Die Verein-barung nach Satz 1 gilt in diesem Fall auch nach ihrer Kündigung bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung nach Satz 1 oder nach § 84 Absatz 6 fort."
In der Gesetzesbegründung zur Einführung des § 106 Abs. 3b SGB V heißt es, dass die Selbstverwaltung die Möglichkeit erhält, "die Richtgrößen- und die Zufälligkeitsprüfung durch eine Prüfung der Einhaltung von Anforderungen an die Wirkstoffauswahl und die Wirkstoffmenge in den jeweiligen Anwendungsgebieten abzulösen. ( ) Damit wird die Verantwortung der Ärzte für die Einhaltung medizinisch begründeter Regelungen für die Verordnung beschränkt. Die Verantwortung für Preise und Morbiditätsentwicklung geht auf die Krankenkassen über" (BT-Drs. 17/2413, S. 28).
Die Antragsgegner haben in der Anlage 2 der Wirkstoffvereinbarung 30 Wirkstoffgruppen gebildet; das Gericht unterstellt im Rahmen seiner summarischen Prüfung, dass diese alle Anwendungsgebiete umfassen, die i.S.d. § 106 Abs. 3b Satz 3 SGB V für die Versorgung und die Verordnungskosten der Vergleichsgruppen von Bedeutung sind. Für 24 dieser Wirkstoffgruppen haben die Antragsgegner sog. Generikaziele festgesetzt, während sie für sechs Wirkstoffgruppen sog. Leitsubstanzziele aufgestellt haben. Das Gericht geht davon aus, dass die Festsetzung solcher Generikaziele grundsätzlich im Rahmen einer Prüfvereinbarung gem. § 106 Abs. 3b SGB V möglich ist. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus § 106 Abs. 3b Satz 4 SGB V, wonach bei Erstellung der Regelungen nach § 106 Abs. 3b Satz 2 SGB V u.a. die Vereinbarungen nach § 84 SGB V zu beachten sind. Im Rahmen von Arzneimittelvereinbarungen gem. § 84 Abs. 1 SGB V können Generikaziele als Ver-sorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele (§ 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V) vereinbart werden (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.03.2009, Az. L 11 KA 28/08, Rn. 30). Frag-lich könnte daher lediglich sein, ob es, unter Berücksichtigung der Ermächtigungsgrundla-ge des § 106 Abs. 3b SGB V sowie des gesetzlichen Überwachungsauftrags der Antrags-gegner gem. § 106 Abs. 1 SGB V, zulässig ist, für die überwiegende Anzahl dieser Wirk-stoffgruppen gemäß Anlage 2 Wirkstoffvereinbarung ausschließlich Generikaziele festzu-legen, ohne dass diese von weiteren Zielen ergänzt werden, die unmittelbar die Wirkstoff-auswahl und die Wirkstoffmenge gem. § 106 Abs. 3b Satz 1 SGB V zum Gegenstand haben. Insbesondere könnte hinterfragt werden, ob anhand der Generikaziele, wie vom Gesetzgeber ausweislich der dargestellten Gesetzesbegründung beabsichtigt, "die Einhal-tung medizinisch begründeter Regelungen" durch die Ärzte gesteuert bzw. geprüft wird. Die Antragsgegner haben in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass die Wirk-stoffgruppen so gebildet worden seien, dass sie patentgeschützte ebenso wie patentfreie Wirkstoffe umfassten. Durch die vereinbarten Generikaziele innerhalb der einzelnen Wirk-stoffgruppen erfolge eine Umsteuerung weg von den patentgeschützten Wirkstoffen hin zu den generikafähigen Wirkstoffen. Da es hierbei um medizinische, die Wirkstoffauswahl betreffende Fragestellungen geht, geht das Gericht nach vorläufiger Einschätzung davon aus, dass die Generikaziele gem. Anlage 2 der Wirkstoffvereinbarung, zu denen auch die streitgegenständlichen Generikaziele für Analgetika zählen, auch eine – jedenfalls mittel-bare - Steuerungsfunktion bezogen auf die Wirkstoffauswahl und die Wirkstoffmenge i.S.d. § 106 Abs. 3b Satz 1 SGB V enthalten. Auch wenn somit aufgrund summarischer Prüfung aus Sicht des Gerichts mehr dafür spricht, dass eine Rechtsgrundlage für die Festlegung der Generikaziele (u.a. für Analgetika) besteht, ist der Ausgang des Haupt-sacheverfahrens insoweit als offen einzustufen.
Auch soweit die Antragstellerin Verstöße gegen Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG geltend macht, sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache als offen zu bezeichnen.
Grundsätzlich besitzen die Antragsgegner als Normgeber der Wirkstoffvereinbarung bei der Ausgestaltung der Prüfvereinbarung einen weiten Gestaltungsspielraum. Den zur Normsetzung befugten Körperschaften ist es ungeachtet des Gleichbehandlungsgebots des Art. 3 Abs. 1 GG nicht verwehrt, im Interesse der Überschaubarkeit und Praktikabilität zu verallgemeinern, zu typisieren und zu pauschalieren. Besondere Verhältnisse von Ein-zelfällen müssen keine Berücksichtigung finden. Jeder Typisierung wohnt das Risiko inne, dass nicht alle in jedem Einzelfall wichtigen Unterscheidungsmerkmale erfasst und prob-lematische Abgrenzungen nicht gänzlich vermieden werden können. Der Gestaltungs-spielraum des Normgebers wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die jeweilige Ge-staltung in Anbetracht des Zwecks der konkreten Ermächtigung unvertretbar oder unver-hältnismäßig ist (vgl. ausführlich Engelhard in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Mai 2014, § 85 Rn. 163ff. m.w.N. zur Ausgestaltung des Honorarverteilungsvertrages).
Regelungen, die den Wettbewerb der Unternehmen untereinander verfälschen, können im Einzelfall die Berufsfreiheit beeinträchtigen. Art. 12 Abs. 1 GG begründet ein Recht der Unternehmen auf Teilhabe am Wettbewerb, was zwar nicht vor der Zulassung von Konkurrenten, wohl aber vor ungerechtfertigter staatlicher Begünstigung von Konkurrenten schützt (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2004, Az. B 3 KR 10/04 R, Rn. 18 m.w.N.). Im Fall eines ungerechtfertigten Eingriffs in den Wettbewerb wäre das Grundrecht auf freie Be-rufsausübung i.V.m. dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt (BSG, ebenda, Rn. 24).
Vorliegend ist die Vorgehensweise der Antragsgegner, im Rahmen der Wirkstoffvereinba-rung Generikaziele festzusetzen, geeignet, den Wettbewerb zwischen Herstellern von Originalpräparaten sowie von Generikapräparaten zu beeinflussen. Die von der Antragstellerin vorgelegten exemplarischen Trendmeldungen der Antragsgegnerin zu 1., in denen den Vertragsärzten u.a. namentlich diejenigen Arzneimittel (ohne Differenzierung hinsichtlich Darreichungsform und Dosierung) genannt werden, die einer Zielerreichung im Sinne der Wirkstoffvereinbarung entgegen stehen können, belegen, wie zielgerichtet und arztindividuell das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte tatsächlich gesteuert werden soll (vgl. hierzu auch § 2 Abs. 1, 2 sowie § 6 Abs. 1 Wirkstoffvereinbarung). Abhängig vom Verordnungsverhalten der bayerischen Vertragsärzte wird der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG im Sinne einer objektiven Berufsausübungsbeschränkung mehr oder weniger stark beeinträchtigt. Der Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GG ist jedoch grundsätzlich gerecht-fertigt. Die Festsetzung der Generikaziele dient dem Zweck der Gewährleistung des Wirt-schaftlichkeitsgebots gem. § 12 SGB V und damit im Ergebnis dazu, die finanzielle Stabili-tät und als deren Folge die Funktionstüchtigkeit und Leistungsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewährleisten (Engelhard in: jurisPK, Stand 01.04.2012, § 12 Rn. 23 m.w.N.). Die von den Antragsgegnern vorgenommene typisie-rende Differenzierung, wonach die als Generika zugelassenen Arzneimittel – anders als Originalpräparate - als wirtschaftlich gelten (vgl. auch Anlage 2 zur Wirkstoffvereinbarung), ist auch geeignet, die Arzneimittelkosten im Rahmen der GKV möglichst niedrig zu halten. Denn typischerweise sind Generika günstiger als Originalpräparate. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass gem. Anlage 7 Nr. 2 der Wirkstoffvereinbarung die Zuordnung der Arzneimittel nach der Generikakennung des WIdo erfolgt, dem Wissenschaftlichen Institut der AOK. Nach summarischer Prüfung begegnet es insbesondere keinen Bedenken, wenn das WIdo bzw. die Antragsgegner grundsätzlich – wie vorliegend - auf den Zulassungsstatus der Arzneimittel abstellen.
Fraglich erscheint aus Sicht des Gerichts, ob die zwischen Generika- und Originalpräparaten typisierende Differenzierung eine Härtefallklausel bzw. eine Ausnahmeregelung erforderlich macht. Diese Fragestellung dürfte jedoch im vorliegenden Fall allein hinsichtlich des Präparats benxxx 75 mg Zäpfchen von Bedeutung sein. Hier besteht die beson-dere Fallkonstellation, dass benxxx 75 mg Zäpfchen und das (bei dieser Dosierung) ein-zige Konkurrenzprodukt Paracetamol r. Zäpfchen 75 mg – nach der Preisreduzierung der Antragstellerin zum 01.06.2015 - beide zum selben Preis (oberhalb des Festbetrages) erhältlich sind. Bezüglich der anderen drei streitgegenständlichen Präparate benxxx 125 mg und 250 mg Zäpfchen sowie benxxx 100 ml Saft gibt es hingegen jeweils einzelne generische Konkurrenzprodukte, die nicht nur günstiger als die Produkte der Antragstellerin sind, sondern deren Preis auch unterhalb des jeweiligen Festbetrages liegt. Bei diesen Präparaten liegt ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG fern, da hier die konkrete Kostenersparnis der gesetzlichen Krankenkassen den Eingriff rechtfertigen dürfte.
Gegen das Erfordernis einer Härtefallklausel bzw. einer Ausnahmeregelung könnte spre-chen, dass die Antragsgegner in der Wirkstoffvereinbarung im Rahmen der Generikaziele nur Zielwerte festgesetzt haben und die Vertragsärzte zu einer bestimmten Quote auch Originalpräparate ohne Regressrisiko verordnen können. Diese Zielwerte basieren zudem lt. Auskunft der Antragsgegner auf Berechnungen des tatsächlichen Verordnungsgeschehens in Bayern, so dass davon auszugehen ist, dass zahlreiche bayerische Vertragsärzte ihr Verordnungsverhalten hinsichtlich der Auswahl von Generika- bzw. Originalpräparaten grundsätzlich nicht ändern müssen bzw. müssten. Im konkreten Fall haben im Übrigen nach Mitteilung der Antragsgegner die Ärzte in Bayern im Jahr 2014 die streitgegenständ-lichen Präparate mit einem Anteil von nur 1,82 % der Verordnungen der betreffenden Wirkstoffgruppe verordnet. Danach entfielen nur 8,38 % der Verordnungen der Wirkstoffgruppe auf Arzneimittel mit dem Wirkstoff Paracetamol. Auf der anderen Seite zeigt gera-de der vorliegende Fall von benxxx 75 mg Zäpfchen, dass die Typisierung auch zu Belas-tungen führen kann, ohne dass diese Kostenersparnisse der Krankenkassen (oder zu-mindest der Versicherten) zur Folge hätte. Dabei wäre jedoch noch näher zu klären, wie atypisch die vorliegende Fallkonstellation ist und wie der Umstand zu werten ist, dass die Antragstellerin die Situation durch die zum 01.06.2015 vorgenommene Preisreduzierung ein Stück weit erst selbst geschaffen hat.
Sollte eine Ausnahmeregelung erforderlich sein, stellt sich die Frage, welchen Anforde-rungen diese genügen muss und ob die Ausgestaltung der Regelung der Anlage 7 Nr. 2 der Wirkstoffvereinbarung diesen genügt.
Die Antragsgegner haben gem. Anlage 7 Nr. 2 der Wirkstoffvereinbarung für die Fälle, in denen einzelne patentfreie Originale kostengünstiger als die jeweiligen Generika sind und preislich auf oder unter dem Festbetrag liegen, vereinbart, dass diese wie Generika be-handelt werden. Unstreitig liegen beide Voraussetzungen dieser Ausnahmeregelung hin-sichtlich des Präparates benxxx 75 mg Zäpfchen nicht vor.
Nach dieser Vorschrift ist eine "Umstufung" in ein Generikum im Sinne der Wirkstoffver-einbarung somit nicht möglich, wenn einzelne patentfreie Originale gleich viel wie Generika kosten, sondern erst dann, wenn sie kostengünstiger sind. Die Antragsgegner verweisen darauf, dass mit Hilfe dieser Regelung Wirtschaftlichkeitsreserven gehoben werden sollen. Das Erfordernis, dass zudem die patentfreien Originale preislich auf oder unter dem Festbetrag liegen müssen, begründen die Antragsgegner damit, dass aufgrund § 106 Abs. 3b Satz 4 i.V.m. § 73 Abs. 8 Satz 1 SGB V Vereinbarungen nach § 106 Abs. 3b SGB V auch das wirtschaftliche Interesse der Mitglieder der Krankenkassen zu berücksichtigen haben. Danach soll auch die Frage der Versichertenaufzahlung von der gesetzlichen Ermächtigung umfasst sein.
Ob die Ausnahmeregelung, sofern erforderlich, verhältnismäßig ist und die ihr zugrunde liegenden Erwägungen vom Gestaltungsspielraum der Antragsgegner (noch) mitumfasst werden, lässt sich aus Sicht des Gerichts im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht abschließend beantworten. Für die Orientierung am Festbetrag, dessen Regelung eine besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots darstellt (BSG, Urteil vom 17.12.2009, Az. B 3 KR 20/08 R, Rn. 23), könnte aber sprechen, dass der Gesetzgeber selbst sogar nur diejenigen Arzneimittel vom Herstellerabschlag ausnimmt, deren Abga-bepreis mindestens 30% niedriger als der jeweilige Festbetrag ist (§ 130a Abs. 3b Satz 3 SGB V). Die Antragsgegner schließen hieraus, dass die Regelung der Anlage 7 Nr. 2 der Wirkstoffvereinbarung sich im Rahmen dessen bewegt, was im Gesetz selbst zur Förde-rung einer wirtschaftlicheren Versorgung angelegt ist. Zudem kann § 130a Abs. 3b SGB V als Beispiel dafür angeführt werden, dass auch der Gesetzgeber Anreize zur Preissenkung schafft. Hieraus könnte geschlussfolgert werden, dass auch die Vertragspartner gem. § 106 Abs. 3, 3b SGB V solche Ziele verfolgen dürfen.
Indem die Antragsgegner in § 3 Abs. 4 Wirkstoffvereinbarung die Möglichkeit der Anpas-sung der festgelegten Ziele und Praxisbesonderheiten geregelt haben (vgl. daneben auch § 14 Abs. 2 Wirkstoffvereinbarung, wonach die Anlagen der Wirkstoffvereinbarung, ohne dass es einer Kündigung der Vereinbarung bedarf, von den Vertragspartnern einvernehm-lich schriftlich angepasst werden können), können sie im Übrigen im Rahmen ihrer Be-obachtungspflicht auf relevante neue Gegebenheiten reagieren.
Nach alledem sind hinsichtlich der Frage des Anordnungsanspruchs die Erfolgsaussichten sowohl des Haupt- wie auch des Hilfsantrags als offen einzustufen.
Die Antragstellerin hat einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
Sie trägt vor, dass sich ihr Unternehmensgewinn in Höhe von 339.000 EUR/Jahr infolge des aus der Wirkstoffvereinbarung resultierenden Verordnungsrückgangs in Bayern halbieren werde. Die Antragsgegnerin zu 2. hat hingegen unwidersprochen darauf hingewiesen, dass sich im Jahr 2014 ein Umsatzvolumen der Antragstellerin i.H.v. 77.580,96 EUR aus den Verordnungen der vier streitgegenständlichen Präparate durch bayerische Vertragsärzte zu Lasten der GKV errechnete. Folglich wäre ein jährliches Umsatzminus von 77.580,96 EUR der größtmögliche (zu prognostizierende) Schaden, der der Antragstellerin in dem Fall, dass alle bayerischen Vertragsärzte statt der vier streitgegenständlichen benxxx-Produkte nur mehr Generika verordnen würden, entstehen könnte. Ein über den Betrag von 77.580,96 EUR hinaus gehender Schaden, wie ihn die Antragstellerin geltend macht, ist für das Gericht nicht ersichtlich und von der Antragstellerin auch nicht glaubhaft gemacht worden. Angesichts der hohen Bekanntheit der Marke der Antragstellerin kann insbeson-dere nicht davon ausgegangen werden, dass ein Weniger an vertragsärztlichen Verord-nungen zu Lasten der GKV dazu führen würde, dass Apotheken die benxxx-Produkte der Antragstellerin weniger vorrätig halten, mit der Folge, dass diese weniger Produkte an Selbstzahler oder an privat versicherte Patienten veräußern (können).
Aber selbst ein (Total-)Verlust der Antragstellerin i.H.d. GKV-Umsatzes von 77.580,96 EUR infolge der in der Wirkstoffvereinbarung geregelten Analgetika-Generikaziele erscheint nicht realistisch. Zwar hängt die tatsächliche Umsatzentwicklung im GKV-Bereich vom (künftigen) Verordnungsverhalten der bayerischen Vertragsärzte ab und lässt sich daher kaum prognostizieren. Dafür, dass die Vertragsärzte auch weiterhin benxxx-Präparate zu Lasten der GKV verschreiben, spricht aber, dass auch schon bisher die Verordnung von zu vielen Originalpräparaten im Rahmen der Prüfung der ärztlichen Verordnungsweise – Bereich Arzneimittel – zu Lasten der Vertragsärzte beanstandet (und regressiert) werden konnte. Zum anderen belässt die Wirkstoffvereinbarung den Kinder- und Jugendmedizi-nern in der Wirkstoffgruppe Analgetika eine Quote i.H.v. 17,33%, innerhalb derer sie ohne Regressrisiko Originalpräparate verordnen können. Die Antragsgegner haben zudem da-rauf hingewiesen, dass im Jahr 2014 die Ärzte in Bayern die streitgegenständlichen Prä-parate mit einem Anteil von nur 1,82 % der Verordnungen der betreffenden Wirkstoffgrup-pe verordnet haben. Nur 8,38 % der Verordnungen der Wirkstoffgruppe sind danach auf Arzneimittel mit dem Wirkstoff Paracetamol entfallen.
Selbst wenn man aber den für die Antragstellerin ungünstigsten Fall unterstellen würde, dass kein bayerischer Vertragsarzt mehr die vier streitgegenständlichen benxxx-Produkte zu Lasten der GKV verordnen würde, würde das Umsatzminus von 77.580,96 EUR in Relation zum Gesamtumsatz i.H.v. 11.737.255,63 EUR nur 0,66 % betragen. Bei einem Umsatzverlust in dieser Höhe kann nicht davon ausgegangen werden, dass wesentliche Nachteile i.S.d. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG vorliegen (vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.12.2010, Az. L 11 KA 54/10 B ER, Rn. 65 m.w.N.). Ebenso wenig könnte eine hohe Eingriffsintensität in die geschützten Grundrechte der Antragstellerin angenommen werden.
Der Antragstellerin ist vorliegend auch unter Berücksichtigung der Interessen aller Betei-ligten zuzumuten, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Abzuwägen sind die Folgen, die auf der einen Seite entstehen würden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung nicht erließe, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch besteht, und auf der anderen Seite entstünden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung erließe, sich aber im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass der Anspruch nicht besteht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 86b Rn. 29a).
Die Antragstellerin hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass – hinsichtlich der für die Antragstellerin umsatzmäßig besonders relevanten benxxx 75 mg Zäpfchen - im Fall des Erlasses der begehrten Regelungsanordnung den Krankenkassen keine höheren Kosten entstünden, da diese durch den Festbetrag begrenzt sind. Etwas anderes gilt für die an-deren drei streitgegenständlichen benxxx-Präparate; hier gibt es jeweils einzelne generi-sche Konkurrenzprodukte, die unterhalb des Festbetrages liegen. Zudem wäre bei den Präparaten benxxx 125 mg und 250 mg Zäpfchen sowie benxxx 100 ml Saft das voraus-sichtliche Mehr an Aufzahlungen der Versicherten zu berücksichtigen, wenn die Rege-lungsanordnung wie beantragt ergehen sollte, der Anspruch der Antragstellerin aber im Ergebnis nicht bestehen sollte. Für alle streitgegenständlichen benxxx-Präparate gilt jedoch, dass im Fall des Erlasses der begehrten Regelungsanordnung die von den Antragsgegnern mit der Wirkstoffvereinbarung verfolgten Ziele der Steuerung bezogen auf Wirkstoffauswahl und –menge sowie insbesondere auch der Schaffung von Anreizen zur Preissenkung (letzteres dient auch der Gewährleistung des Wirtschaftlichkeitsgebots), ausgesetzt werden würden. Auch unter Berücksichtigung der Intensität der drohenden Grundrechtsverletzung der Antragstellerin, die, selbst wenn man den größtmöglichen GKV-Umsatzverlust i.H.v. 77.580,96 EUR im Jahr unterstellt, als eher gering einzustufen ist, liegen aufgrund einer Interessenabwägung die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung nicht vor.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved