S 14 AS 304/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 14 AS 304/15
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist unzulässig. Der Rechtsstreit wird an das zuständige Verwaltungsgericht Aachen verwiesen. Die Streitwert- und Kostenentscheidung bleiben dem zuständigen Verwaltungsgericht vorbehalten.

Gründe:

I.

Streitgegenstand ist die Festsetzung der Zuweisung von Landesmitteln durch den Beklagten für den Kläger auf der Grundlage des § 7 Abs. 3, 4 des Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land Nordrhein-Westfalen (AG-SGB II NRW) für das Jahr 2011.

Mit Bescheid vom 05.07.2011 setzte der Beklagte fest, dass der Kläger gem. § 7 Abs. 3, 4 AG-SGB II keine Zuweisungen erhält. Ferner stellte er eine Überzahlung von Zuweisungen für die Jahre 2007 bis 2009 fest, die jeweils zu einem Achtel von den Zuweisungsbeträgen für die Jahre 2011 bis 2018 abgezogen würden. Mit Bescheid vom 29.07.2011 ergänzte der Beklagte den Bescheid vom 05.07.2011dahingehend, dass die im Jahr 2011 abzuziehende Zuweisungsüberzahlung auf das Folgejahr übertragen werde.

Der Widerspruch des Klägers vom 11.07.2011 umfasste beide Bescheide und wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11.03.2015 durch die Bezirksregierung Köln als unbegründet zurückgewiesen. Der Bescheid enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung über die Möglichkeit einer Klage beim Sozialgericht Aachen.

Eine entsprechende Klage haben die Kläger-Bevollmächtigten am 10.04.2015 erhoben.

Das Gericht hat die Beteiligten unter dem 13.05.2015 gebeten zur Rechtswegzuständigkeit Stellung zu nehmen und sie unter dem 11.06.2015 zu einer Verweisung des Rechtsstreites an das Verwaltungsgericht Aachen angehört.

Der Kläger ist der Auffassung, der Rechtsstreit falle in die Zuständigkeit der Verwaltungs-gerichtsbarkeit, da das vorliegende Rechtsverhältnis seine Regelung nicht im Sozialge-setzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) finde und ein enger sachlicher Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Aufgaben nach dem SGB II nicht bestehe.

Die Bevollmächtigten des Klägers beantragt, den Rechtsstreit gemäß § 202 SGG i.V.m. §§ 17 a, 17 b GVG wegen Unzulässigkeit des Sozialrechtsweges an den zuständigen Verwaltungsrechtsweg zu verweisen.

Die Bevollmächtigten des Beklagten beantragen sinngemäß, die Zulässigkeit des Sozialrechtsweges vorab auszusprechen.

Sie sind der Ansicht das streitige Verhältnis finde sine Rechtsgrundlage (historisch in § 46 Abs. 5) letztlich im SGB II. Die Ausführungsvorschrift im AG-SGB II NRW sei Teil eines Finanzierungssystems, welches dem Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu-zurechnen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten der streitigen Ansichten wird auf den Inhalt der Ge-richtsakte verwiesen.

II:

Für die erhobene Klage ist der gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Aus diesem Grund ist der Rechtsstreit gemäß § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen, mithin das nach § 52 Nr. 3 Satz 2 VwGO zuständige Verwaltungsgericht Aachen.

Für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch ist der Rechtsweg zu den Verwal-tungsgerichten gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO eröffnet. Der Rechtstreit ist öffent-lich-rechtlicher Natur und nichtverfassungsrechtlicher Art. Er ist auch nicht durch Bundes-gesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen, insbesondere fällt er nicht nach § 51 SGG in den Zuständigkeitsbereich der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit.

1. Die Zulässigkeit des Rechtsweges richtet sich nach dem Streitgegenstand. Dieser wird durch den geltend gemachten prozessualen Anspruch, d.h. durch den Klageantrag und den Klagegrund im Sinne eines bestimmten Sachverhalts bestimmt (vgl. hierzu BSG Beschluss vom 04.04.2012 - B 12 SF 1/10 R m.w.N.).

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind die Bescheide des Beklagten vom 05.07.2011 und 29.07.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2015 mit denen er die Zuweisung über die Verteilung der Landesersparnis bei Wohngeldausgaben an den Kläger für das Jahr 2011 gemäß § 7 Abs. 3 und 4 Gesetzes zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuches für das Land Nordrhein-Westfalen (AG-SGB II NRW) vom 16.12.2004 (GV.NRW.S 821), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.2014 (GV.NRW. S. 954) mit 0,00 EUR festgesetzt hat. Der Kläger begehrt die Aufhebung der Bescheide und eine Neufestsetzung seines Anspruches aus § 7 Abs. 1 AG-SGB II. Streitentscheidende Norm ist § 7 AG-SGB II NRW.

Nach Abs. 1 der Norm erhalten die Kreise und kreisfreien Städte im Zusammenhang mit der Umsetzung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt jährlich Zuweisungen nach Maßgabe des AG-SGB II NRW. Die Gesamthöhe der Zuweisungen ermittelt sich dabei gem. § 7 Abs. 2 AG-SGB IINRW wie folgt: Von der sich im Zusam-menhang mit der Umsetzung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Ar-beitsmarkt ergebenden Landesersparnis bei den Wohngeldausgaben in Höhe von 523.666.000 Euro wird der jeweilige Finanzierungsanteil des Landes Nordrhein-Westfalen an den Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen gemäß § 11 Abs. 3a Finanzaus-gleichsgesetz (interkommunaler Entlastungsausgleich zugunsten der Kommunen der neuen Länder) abgezogen. Der danach für das jeweilige Auszahlungsjahr verbleibende Betrag (Basisbetrag) wird entsprechend dem Verhältnis der jahresdurchschnittlichen Anzahl der Bedarfsgemeinschaften des Vorvorjahres des Auszahlungsjahres zur jahres-durchschnittlichen Anzahl der Bedarfsgemeinschaften im Jahre 2006 (Basisjahr) angepasst. Maßgeblich ist jeweils die nach § 6 Abs. 2 bis zum 28. Februar für das Vorjahr gemeldete Anzahl von Bedarfsgemeinschaften.

§ 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW regelt vor diesem Hintergrund, dass die Gesamthöhe der Zuweisungen auf die Kreise und kreisfreien Städte unter Berücksichtigung der jeweiligen Be- und Entlastungen durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt verteilt wird. Ziel ist es dabei, dass bei jedem Kreis und jeder kreisfreien Stadt Belastungen durch das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vermieden und Entlastungen erreicht werden. Zur Ermittlung des Verteilungsmaßstabes werden von den Belastungsdaten gemäß Absatz 4 die in Anlage A enthaltenen Entlastungsdaten der Kreise und kreisfreien Städte und ein Betrag für die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß Satz 4 abgezogen. Der Betrag für die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft und Heizung errechnet sich ab dem Jahr 2011 aus 26,4 vom Hundert von den nach § 46 Abs. 5 Zweites Buch Sozialgesetzbuch maßgeblichen Daten der Leistungen für Unterkunft und Heizung. Ergibt sich für einen Kreis oder eine kreisfreie Stadt ein Belastungsbetrag, wird dieser vorab aus der Gesamthöhe der Zuweisungen ausgeglichen. Der danach verbleibende Betrag der Gesamthöhe der Zu-weisungen wird im Verhältnis der nach § 6 Abs. 2 bis zum 28. Februar für das Vorjahr gemeldeten Aufwendungen, auf deren Grundlage das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Zahlungen gem. § 46 Abs. 8 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch geleistet hat, auf die Kreise und kreisfreien Städte verteilt. Übersteigt die Summe der Belas-tungsbeträge die Gesamthöhe der Zuweisungen, erfolgt die Verteilung in dem Verhältnis des nach Satz 1 bis 5 ermittelten Belastungsbetrages zur Gesamthöhe der Zuweisungen. Der Zuweisungsbetrag nach Satz 1 bis 7 wird durch die Bezirksregierungen auf der Grundlage der durch das zuständige Ministerium ermittelten Beträge spätestens zum 30. November des Auszahlungsjahres endgültig festgesetzt. Soweit sich unter Zugrundelegung der Regelungen des Absatzes 3 Satz 4 und des Absatzes 4 Satz 3 ergibt, dass einzelne Kreise und kreisfreie Städte zu hohe oder zu niedrige Zuweisungen nach Absatz 1 erhalten haben, wird die Differenz der bereits erhaltenen Zuweisungsbeträge und der Zuweisungsbeträge, die sich unter Zugrundelegung der Regelungen des Absatzes 3 Satz 4 und des Absatzes 4 Satz 3 ergibt, mit der nächsten Zahlung verrechnet.

Nach § 7 Abs. 4 AG-SGB II sind im Jahre 2007 die in Anlage B aufgeführten Belastungsdaten der Kreise und kreisfreien Städte maßgeblich. Ab dem Jahre 2008 werden die Belastungen für die Kreise und kreisfreien Städte aus den nach § 6 Abs. 2 bis zum 28. Februar für das Vorjahr gemeldeten Aufwendungen, soweit auf deren Grundlage das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Zahlungen gem. § 46 Abs. 8 Satz 1 bis 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch geleistet hat, sowie einem Zuschlag von 12 vom Hundert von diesen Aufwendungen für weitere Belastungen ermittelt. Korrekturen der Kreise und kreisfreien Städte an den gemeldeten Aufwendungen gemäß Absatz 3 Satz 6 bis zum Vorvorjahr des Auszahlungsjahres fließen in die Berechnung der Belastungsdaten gemäß Satz 2 ein.

a) Da diese streitentscheidende Norm ausschließlich Träger hoheitlicher Gewalt berechtigt und verpflichtet (modifizierte Subjektstheorie) ist der vorliegende Rechtsstreit öffent-lich-rechtlicher Natur, zumal der Beklagte eine hoheitliche Regelung (Verwaltungsakt) ge-troffen hat (vgl. Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 9. Aufl.2013, § 11, Rn. 17 ff.).

b) Die Streitigkeit ist nichtverfassungsrechtlicher Art, weil keine Verfassungsorgane ver-fahrensbeteiligt sind und die Streitigkeit nicht auf Grund verfassungs- oder einfachgesetz-licher Rechtsvorschriften in die Kompetenz der Verfassungsgerichte fällt und auch die Auslegung und Anwendung verfassungsrechtlicher Normen nicht den Kern des Rechtstreites bilden bzw. das streitige Rechtsverhältnis nicht entscheidend vom Verfassungsrecht geformt wird (vgl. BSG Beschluss vom 04.04.2012 - B 12 SF 1/10 R m.w.N.).

c) Der Verwaltungsrechtsweg ist auch nicht wegen einer abdrängenden Sonderzuweisung an ein anderes Gericht ausgeschlossen.

Eine Zuständigkeit der Sozialgerichte nach § 51 SGG ergibt sich nicht. Das AG-SGB II NRW, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 2014 (GV. NRW. S. 954), enthält keine eigenständige Rechtswegzuweisung zu den Sozialgerichten im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 10 SGG.

Auch sonstige gesetzliche Zuweisungen an die Sozialgerichtsbarkeit liegen nicht vor. Insbesondere handelt es sich vorliegend nicht um eine "Angelegenheit der Grundsicherung für Arbeitsuchende" im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG. Nach dieser Vorschrift ent-scheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Von der Zuweisung in § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG erfasst sind die Rechtsstreitigkeiten, bei denen die Möglichkeit besteht, dass die von dem Beklagten getroffene Entscheidung bzw. die vom Kläger hergeleitete Rechtsfolge ihre rechtliche Grundlage in den Vorschriften des SGB II findet oder in einem engen rechtlichen oder sachlichen Zusammenhang mit der Verwaltungstätigkeit nach dem SGB II steht (vgl. zu § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG: BSG Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 R und Urteil 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL; zu § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG: BSG Beschlüsse vom 25.09.2013 - B 8 SF 1/13 R m.w.N. und vom 26.10.2010 - B 8 AY 1/09 R; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 21, Rn. 29 a).

Dies ist nach Auffassung der Kammer vorliegend nicht gegeben.

aa) Die Beteiligten streiten nicht um Rechtsfolgen aus der Anwendung von Normen des SGB II.

Rechtsgrundlage für den Erlass der streitgegenständlichen Bescheide bildet § 7 Abs. 3, 4 AG-SGB II NRW. Das durch die streitentscheidende Norm des § 7 AG-SGB II NRW her-gestellte Rechtsverhältnis findet auch keine inhaltliche Ausgestaltung in den Normen des Zweiten Sozialgesetzbuches. Insbesondere sind nicht die im SGB II enthaltenen Regelungen der Zuständigkeiten und des Verfahrens, der örtlichen Zusammenarbeit der Träger, der Kooperation, der Finanzierung und Aufsicht (§§ 6, 6a, 6b, §§ 18-18e, §§ 22a-22b, §§ 44b - 44k, §§ 46-49 SGB II) einschlägig. Diese Bestimmungen regeln im Wesentlichen die in Art. 91e GG für die Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende zugelassene Mischverwaltung (vgl. hierzu BVerfG Urteil vom 07.01.2014 - 2 BvR 1641/11), insbesondere die Zusammenarbeit in einer gemeinsamen Einrichtung i.S.v. § 44b SGB II sowie den Umfang der Aufgabenfinanzierung durch Bundesmittel (§§ 6b Abs. 2, 46 SGB II), die sich hieraus ergebenden Kontroll- und Aufsichtsrechte des Bundes und etwaige Erstattungsansprüche des Bundes (§ 6 b Abs. 5 SGB II).

Das SGB II enthält keine Regelung hinsichtlich der Finanzierung der auf den kommunalen Träger entfallenden Aufgaben nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II. Diese Aufgaben stellen gem. § 1 AG-SGB II NRW Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung dar, die kommunale Träger als eigene Angelegenheit wahrnehmen und für die sie daher im Grundsatz nach dem Prinzip der Konnexität von Verwaltungsaufgabe und -ausgabe (vgl. Art. 78 Abs. 3 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen [LVerf NRW]) auch die Finanzverantwortung tragen. Soweit § 46 Abs. 5 ff. SGB II einen Ausgleich für die Belastung mit der Aufgabenzuweisung durch einen zweckgebundenen Bundeszuschuss an den Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II vorsieht, erfolgt die Erstattung seitens des Bundes nicht an die kommunalen Träger, sondern an die Länder. Denn bei der Aufgabenwahrnehmung der kommunalen Träger nach §§ 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 22 SGB II handelt es sich um die Ausführung eines Gesetzes als eigene Angelegenheit der Länder, zu denen die Kommunen zählen (Art. 84 GG; vgl. Harich in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 46 Rn. 5 ff., 27). Den Ländern bleibt es überlassen, den Ausgleich landesrechtlich umzusetzen (vgl. § 6 ff. AG-SGB II NRW).

bb) Die Streitigkeit über die Rechtsmäßigkeit der Festsetzung einer Zuweisung nach § 7 AG-SGB II NRW steht auch nicht in einem engen rechtlichen oder sachlichen Zusam-menhang mit der Verwaltungstätigkeit (des Klägers) nach dem SGB II.

Die Regelungen des § 7 AG-SGB II NRW stehen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ("Hartz IV", BGBl. I S. 2954) (vgl. § 7 Abs. 1 AG-SGB II NRW), durch das die staatlichen Leistungen der Ar-beitslosenhilfe und der Sozialhilfe für erwerbsfähige Hilfebedürftige mit Wirkung vom 1. Januar 2005 zu einer einheitlichen Leistung, der Grundsicherung für Arbeitssuchende, zusammengeführt worden. Die kommunalen Träger (Kreise und kreisfreie Städte) tragen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II insbesondere die Aufwendungen für die Kosten für Unterkunft und Heizung der Leistungsberechtigten nach dem SGB II. Das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt war begleitet von einer Reform des Wohngeldrechts (einer Rechtsmaterie in klassisch verwaltungsgerichtlicher Zuständigkeit) die zu einer Re-duzierung der Länderausgaben für das Wohngeld führte (vgl. BT-Drs. 15/1516, S. 4). Die für den Landeshaushalt NRW erwartete Entlastung (405 Mio. EUR) sollte dauerhaft den Kommunen zu Gute kommen. Ab dem Haushaltsjahr 2006 ist die Verteilung der finanziellen Entlastung des Landes bei den Wohngeldzahlungen auf die kommunalen Träger im Gesetz zur Ausführung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für das Land Nordrhein-Westfalen (AG-SGB II NRW) vom 16. Dezember 2004 (GV. NRW. S. 821), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.12.2010 (GV. NRW. S. 692 – auch § 7) geregelt.

§ 7 Abs. AG-SGB II NRW weist insofern keinen spezifisch rechtlichen Zusammenhang zum SGB II auf, sondern betrifft das Rechtsverhältnis zwischen dem Land NRW und den ihm angehörenden Städte und Gemeinden im Rahmen eines durch das Vierte Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt erforderlich gewordenen Finanzausgleiches. Dies verdeutlicht die Gesetzesbegründung des § 7 AG-SGB II NRW (LT NRW Drs. 14/1072, S. 10 f.), die das im SGB II geregelte Verhältnis des Leistungsträgers zum Hilfeempfänger unberührt lässt (vgl. zu diesem Aspekt: OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2013 – 12 E 1091/13 –, Rn. 16, Beschl. vom 22. August 2013 – 12 E 755/13 –, Rn. 14, juris), vielmehr das Bestreben einer dem kommunalen Gleichbehandlungsgebot (Art. 78 Abs. 1 LVerf NRW) gerecht werdenden Finanzausstattung der Städte und Gemeinden durch das Land erkennbar werden lässt (siehe dazu VerfGH NRW Urteil vom 26. Mai 2010 – 17/08 – juris; Begründung des Widerspruchsbescheides vom 11.03.2015).

Vor diesem Hintergrund hat der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen die Norm des § 7 AG-SGB II NRW auch zutreffend als "eine Regelung zur Verteilung von Landesmitteln auf Kreise und kreisfreie Städte" charakterisiert (Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26. Mai 2010 – 17/08 –, Rn. 32, Rn. 33: "Ver-teilungssystems für die Zuweisung von Finanzmitteln"). Dieses Finanzierungssystem zählt nicht zu den "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende". (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2013 – 12 E 1091/13 –, Rn. 8, juris)

Allein die Tatsache, dass hierbei Mittel betroffen sind, die die Kommunen zur Erfüllung der ihnen auferlegten Aufgaben nach dem SGB II aufgewendet haben, stellen diesen Fi-nanzausgleich auch nicht in einen untrennbar sachlichen Zusammenhang mit der Verwal-tungstätigkeit nach dem SGB II. Vorrangig ist bei der Prüfung der Sachnähe bzw. des Sachzusammenhangs darauf abzustellen, ob die Vorschriften, die zur Klärung der streitigen Rechtsfragen heranzuziehen und auszulegen sind, zumindest im Grundsatz im SGB ge-regelt sind (BSG Beschluss vom 04.04.2012 - B 12 SF 1/10 R m.w.N.). Dies ist vorliegend ersichtlich nicht der Fall. Die Finanzausstattung der Kommunen bleibt nach der Finanz-verfassung dem Landesgesetzgeber vorbehalten, dem Bundesgesetzgeber fehlt hierzu im die Ermächtigung. Anspruchsgrundlage und Ausgestaltung der hier begehrten Finanzmit-telzuweisungen sind in § 7 AG-SGB II NRW geregelt, finden indes keine normative An-knüpfung im SGB II.

Mit den Ausführungen des Klägers ist ferner festzustellen, dass die Kommunen die Auf-wendungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II im Wesentlichen aus dem allgemeinen Kom-munalhaushalt bestreiten und die Finanzierungslast bei den allgemeinen Finanzzuweisungen an die Gemeinden durch das Land im Gemeindesfinanzierungsgesetz (GfG) NRW ein Faktor für die Verteilung der Finanzzuweisungen ist (vgl. §§ 8 Abs. 5, 27 Abs. 6 (5) GfG 2014 (2013)). Die Finanzzuweisung des Landes gem. § 7 AG-SGB II NRW erfolgt in gleicher Weise ohne Zweckbindung und fließt in den allgemeinen Kommunalhaushalt ein. Lediglich der hier gerade nicht in Streit stehende zweckgebundene Bundeszuschuss nach § 46 Abs. 5 ff. SGB II (BSG vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL und vom 02.07.2013 - B 4 AS 72/12 R) wird durch das Land gesondert und zweckgebunden (siehe § 6a Abs. 1 S. 2 AG-SGB II NRW) für die durch die Kommunen zu tragenden Aufwendungen nach dem SGB II weitergeleitet.

Insoweit begründen die sich ergebenden Fragen des Finanzausgleiches die Sachnähe zur allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die Regelung des § 7 AG-SGB II NRW hat ihren deutlichen Schwerpunkt im Lastenausgleich zwischen dem Land NRW und dessen Kommunen bzw. der dem kommunalen Gleichbehandlungsgebot genügenden Verteilung (vgl. VerfGH NRW a.a.O) im Landeshaushalt eingesparter Mittel, also im Haushalts- bzw. Kommunalrecht, während die generelle Kostenaufteilung zwischen Bund und den kom-munalen Trägern als Teil der Landesorganisation, wie sie aus § 46 SGB II hervorgeht, nicht berührt wird. (vgl. OVG NRW Beschlüsse vom 25.11. 2013 - 12 E 1091/13 - sowie vom 22.08.2013 - 12 E 756/13 - und - 12 E 757/13 -; LSG NRW, Beschluss vom 11. Februar 2015 – L 19 AS 2204/14 B –, Rn. 28, juris; vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 23.01.2006 - L 23 B 1080/705 SO; a. A.: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 25. Februar 2010 - L 7 SF 2/09 -, NdsRpfl. 2010, 299, juris).

Es bleibt daher bei der allgemeinen Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO (so bereits überzeugend SG Aachen, Beschluss vom 30.06.2015 – S 11 AS 303/15; ferner SG Köln, Beschluss vom 11.08.2011 – S 7 AS 333/11; a. A.: Wolff-Dellen in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 51, Rn. 79).

cc) Die Kammer schließt sich vor dem Hintergrund des dargelegten der seitens des Be-klagten aufgegriffenen Auffassung, dass von einem speziellen, den Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende zuzurechnenden Finanzierungskonzept auszugehen ist und damit für sämtliche Fragen betreffend die Finanzierung der Aufgaben nach dem SGB II, unabhängig in welchem Rechtsverhältnis sie auftreten, z. B. Bund - Kommunale Träger (BSG vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL und vom 02.07.2013 - B 4 AS 72/12 R), Land - Kommunale Träger (LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 25.02.2010 - L 7 SF 2/09), oder Kreis - kreisangehörige Gemeinde (VG Düsseldorf Beschluss vom 03.07.2013 - 21 K 3828/13), der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben sei, nicht an. Ein solches Verständnis missachtet, dass die entscheidungserheblichen Fragen im Grundsatz im SGB II geregelt sein müssen oder jedenfalls zumindest der Wille des Gesetzes aus dem Gesamtgehalt der Regelungen und dem Sachzusammenhang in Verbindung mit der Sachnähe eindeutig und logisch zwingend eine Zuordnung zu den Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende diktiert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 1986 - 4 B 92/86 - NJW 1986, 2845; BSG, Beschl. vom 01. April 2009 – B 14 SF 1/08 R –, SozR 4-1500 § 51 Nr. 6, SozR 4-1720 § 17a Nr. 7, Rn. 15) vgl. auch BGHZ 67, 81 (87), GmSOGB BVerwGE 37, 369 (372); GmSOGB BSGE 37, 292 (296) - SozR 1500 § 51 Nr. 2;; vgl. auch LSG NRW, Beschluss vom 11. Juli 2013 – L 7 AS 695/13 B –, Rn. 11, juris; mit guten Gründen kritisch wegen des Grundsatzes der Rechtswegklarheit Ehlers in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand März 2008, § 40 Rn. 490 ff. (492 f.) und überdehnt darin den Wortsinn des § 51 Abs. 1 Nr. 4 SGG.

dd) Soweit sich die Beklagte darauf beruft, bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit sei der Streitwert wegen § 52 Abs. 4 Nr. 2 GKG begrenzt, kann dies auf die Frage der Rechtswegzuständigkeit offensichtlich keinen Einfluss haben.

2. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten, § 17b Absatz 2 GVG.

3. Die Festsetzung des Streitwerts hat ebenso durch das Gericht des zuständigen Rechtswegs zu erfolgen (VerfGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 31.07.1991 – 5 S 1874/91 - juris).
Rechtskraft
Aus
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