S 1 SO 4269/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SO 4269/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Keine Übernahme von Kosten für den Erwerb einer Fahrerlaubnis und den behinderungsgerechten Umbau eines PKW aus Mitteln der Eingliederungshilfe bei ausreichendem Vermögen des Ehepartners des Hilfesuchenden
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Übernahme bzw. Erstattung von Kosten für den Erwerb einer Fahrerlaubnis der Klasse "B" (= PKW) und für den behinderungsgerechten Umbau eines Kraftfahrzeugs aus Sozialhilfemitteln.

Die 19xx geborene Klägerin leidet an einer spina bifida (= offener Rücken), einer angeborenen Fehlbildung der Wirbelsäule und des Rückenmarks, mit partieller Lähmung der Beine und an einer Harn- und Stuhlinkontinenz. Sie ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 100 anerkannt; außerdem sind ihr die Nachteilsausgleiche "G", "B" und "aG" zuerkannt. Von der Deutschen Rentenversicherung Bund bezieht die Klägerin Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung.

Im August 2012 zog die Klägerin von B. nach W.-E. zu ihrem damaligen Lebensgefährten, den sie am 20.12.2013 ehelichte. Im Februar 2013 kam die gemeinsame Tochter zur Welt.

Am 13.01.2014 stellt die Klägerin beim Beklagten den Antrag, die Kosten für den Erwerb einer Fahrerlaubnis der Klasse "B" und den behinderungsgerechten Umbau eines Kfz aus Mitteln der Eingliederungshilfe nach den Bestimmungen des Sechsten Kapitels des Sozialgesetzbuchs - Sozialhilfe - (SGB XII) zu übernehmen. Hierzu trug sie vor, ihre Tochter besuche seit dem 06.03.2014 eine Kindertagesstätte. Da ihr Ehemann das Kind berufsbedingt weder morgens dorthin bringen noch nachmittags von dort abholen könne, sei sie zwingend auf ein Fahrzeug angewiesen. Ein solches benötige sie auch für die Durchführung von Einkäufen, für Arzttermine und zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Außerdem beabsichtige sie, wenn sich ihre Tochter in der Kindertagesstätte gut eingelebt habe, den Weg zurück in die Arbeitswelt zu finden. Ergänzend legte die Klägerin den Kostenvoranschlag des Mobilcenters Z. GmbH, M., über 4.951,80 EUR für den behinderungsgerechten Fahrzeugumbau vor. Am 19.03.2014 legte sie erfolgreich die Fahrprüfung ab. Für die Fahrausbildung entstanden Kosten von 3.158,90 EUR (Rechnung der Fahrschule T. vom 19.03.2014).

Der Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin könne die Aufwendungen für den Erwerb einer Fahrerlaubnis und den behinderungsgerechten Umbau des Kraftfahrzeugs in Höhe von insgesamt "8.137,70 EUR" (rechnerisch tatsächlich: 8.110,70 EUR) aus Einkommen und Vermögen der Eheleute in vollem Umfang selbst aufbringen. Sie sei deshalb nicht bedürftig (Bescheid vom 03.04.2014). Wegen der Berechnung des Vermögenseinsatzes von 11.376,33 EUR und eines Einkommenseinsatzes von 830,72 EUR wird auf die dem Bescheid beigefügte Anlage Bezug genommen.

Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruchs trug die Klägerin im Wesentlichen vor, der Beklagte habe zum Vermögenseinsatz nur eine schematische Berechnung vorgenommen, ohne die Besonderheiten des Einzelfalls ausreichend zu würdigen. Insbesondere habe er zu Unrecht eine Erhöhung von Vermögensfreibeträgen unter Berücksichtigung von Art und Dauer des Bedarfs und der besonderen Belastungssituation der Klägerin und ihrer Familie unterlassen. Der Erwerb einer Fahrerlaubnis sei eine einmalige Angelegenheit, die mit einer außergewöhnlich hohen finanziellen Belastung verbunden sei. Die insoweit von ihr begehrte Hilfeleistung sei deshalb keine Dauerleistung. Außerdem habe der Beklagte zu Unrecht die Herkunft des Vermögens unberücksichtigt gelassen: Das von ihm angerechnete Vermögen stamme allein von ihrem Ehemann und stehe ausschließlich in dessen Eigentum. Ihr Ehemann habe das Vermögen über einen längeren Zeitraum und lange, bevor er 2012 eine Lebens- und Bedarfsgemeinschaft mit ihr begründet habe, erwirtschaftet. Es sei deshalb nicht unbillig, den durch ihre Behinderung bestehenden Nachteil durch die Solidargemeinschaft auszugleichen und nicht durch die Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Ehemann. Soweit Bausparvermögen zu berücksichtigen sei, sei dieses nur in Höhe der Ansparungen seit Beginn der Bedarfsgemeinschaft im Jahr 2012, d.h. in Höhe von 1.800,00 EUR, anrechnungsfähig. Vorliegend gehe es auch nicht allein um ihre Eingliederung in die Gesellschaft, sondern vor allem darum, ihrer Tochter den Kindergartenbesuch zu ermöglichen. Die ablehnende Entscheidung des Beklagten gehe deshalb vor allem zu Lasten ihres Kindes. Der Beklagte wies den Widerspruch zurück: Aus Gründen des Nachrangs der Sozialhilfe sei im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen neben dem Einkommen und Vermögen des Hilfesuchenden auch das Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen. Hierzu gehöre auch das Bausparguthaben. Dieses sei nicht geschützt, weil es nicht nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstückes vorgesehen sei. Einer besonderen Notlage der Familie habe er insoweit Rechnung getragen, als er die Vermögensfreigrenze von 3.470,00 EUR um weitere 2.050,00 EUR für die anstehenden Kosten einer Autoreparatur, einer neuen Waschmaschine und die Ausstattung des Kinderzimmers erhöht habe. Auch habe er Vermögen für eine angemessene Lebensführung oder Alterssicherung insoweit berücksichtigt, als er den Rückkaufwert aus der Lebensversicherung des Ehemanns der Klägerin (2.081,47 EUR) nicht dem einzusetzenden Vermögen hinzugerechnet habe. Überdies seien die Kosten für die Erlangung einer Fahrerlaubnis auch von nicht behinderten Menschen aufzubringen, um einen Pkw nutzen zu können. In weiten Teilen der Gesellschaft gehöre der Erwerb eines Führerscheins zum allgemeinen Lebensstandard. Hierfür seien Ansparungen vom Einkommen und dessen Einsatz allgemein üblich. Auch von daher stelle der geforderte Vermögenseinsatz für die Klägerin und ihre Familie keine besondere Härte dar (Widerspruchsbescheid vom 17.11.2014).

Deswegen hat die Klägerin am 17.12.2014 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen ihr Widerspruchsvorbringen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 03. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. November 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnis der Klasse "B" in Höhe von 3.158,90 EUR zzgl. der Aufwendungen für den behinderungsgerechten Umbau des Kfz ihres Ehemanns in Höhe von 4.951,80 EUR aus Mitteln der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII zu übernehmen bzw. ihr zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 i.V.m. § 56 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Zu Recht hat der Beklagte den Antrag auf Übernahme der Kosten für den Erwerb einer Fahrerlaubnis und den behinderungsgerechten Umbau eines Kraftfahrzeugs aus Mitteln der Eingliederungshilfe abgelehnt, weil die Klägerin die hierfür angefallenen bzw. anfallenden Kosten aus eigenem Einkommen und Vermögen und dem Einkommen und Vermögen ihres Ehemanns in vollem Umfang selbst bestreiten kann, sie mithin nicht bedürftig ist.

1. Dass die körperlich behinderte Klägerin zu dem grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis gehört, dem Leistungen der Eingliederungshilfe nach den Bestimmungen des Sechsten Kapitels SGB XII (§§ 53 ff.) zu erbringen sind, ist unzweifelhaft und zwischen den Beteiligten zu Recht nicht umstritten. Leistungen der Eingliederungshilfe sind gem. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII u.a. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 des Sozialgesetzbuchs - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX)) und Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft (§ 55 SGB IX). Inhaltlich werden die Eingliederungshilfeleistungen weiter durch die aufgrund der Ermächtigung in § 60 SGB XII erlassenen Eingliederungshilfeverordnung (EinglHV) konkretisiert. Nach deren § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 gilt die Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Sie wird in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen ist; bei Teilhabe am Arbeitsleben findet die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) Anwendung. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 KfzHV umfasst die Kraftfahrzeughilfe Leistungen u.a. für eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung. Nach § 10 Abs. 6 EinglHV kann als Versorgung im angemessenen Umfang u.a. auch Hilfe zur Erlangung der Fahrerlaubnis gewährt werden, wenn der behinderte Mensch wegen seiner Behinderung auf die regelmäßige Nutzung dieses Kfz angewiesen ist oder angewiesen sein wird. Im Hinblick auf das bei jeder Eingliederungsmaßnahme zu prüfende Merkmal der Notwendigkeit (§ 4 Abs. 1 SGB IX) ist das Merkmal der Angewiesenheit nur zu bejahen, wenn das Kfz als grundsätzlich geeignete Eingliederungsmaßnahme unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele ist, die darin liegen, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. "Angewiesen sein" bedeutet wegen Fehlens anderweitiger Beförderungsmöglichkeiten die Notwendigkeit der wiederkehrend häufigen Nutzung eines eigenen Kfz, also nicht nur vereinzelt oder gelegentlich. Dieser Häufigkeitsgrad ist anzunehmen, wenn der behinderte Mensch nur mit Hilfe seines Kfz die Wohnung verlassen kann, wenn er also zur Teilnahme am Leben in der Gesellschaft überhaupt auf ein Auto angewiesen ist (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 10.12.2014 - L 2 SO 4058/13 -, Rand-Nr. 20 und vom 26.09.2012 - L 2 SO 1378/11 -, Rand-Nr. 43 (jeweils Juris)). Dass die Klägerin zum Erreichen der Eingliederungsziele auf die Benutzung eines Kraftfahrzeugs angewiesen ist, hat der Beklagte zuletzt im Schriftsatz vom 03.06.2015 ausdrücklich eingeräumt.

2. Die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen steht jedoch, wie alle Leistungen der Sozialhilfe, unter dem Vorbehalt, dass dem Hilfebedürftigen und u.a. seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels SGB XII nicht zuzumuten ist (§ 19 Abs. 3 SGB XII). Diese Regelung konkretisiert den allgemeinen sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1 SGB XII. Nach dieser Bestimmung erhält Sozialhilfe nicht, wer sich u.a. durch den Einsatz seines Vermögens selbst helfen kann. Dem Leistungsanspruch der Klägerin steht vorliegend das Vermögen der Eheleute in Gestalt von Guthaben auf Spar- und Girokonten sowie aus dem Bausparvertrag des Ehemanns der Klägerin bei der Bausparkasse Schwäbisch-Hall AG entgegen.

Nach § 90 Abs. 1 SGB XII ist das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Vermögen sind dabei alle beweglichen oder unbeweglichen Güter und Rechte in Geld oder in Geldeswert (vgl. BSG, FEVS 60, 109 m.w.N. und LSG Baden-Württemberg, SAR 2011, 86 ff.). Der Vermögensbegriff umfasst auch Forderungen und Ansprüche gegen Dritte (vgl. BSG SozR 4-3500 § 90 Nr. 3 und BSG vom 25.08.2011 - B 8 SO 19/11 R - (Juris)), soweit sie nicht normativ dem Einkommen zuzurechnen sind. Hierzu gehören auch Forderungen aus Spar- und Bankguthaben (vgl. BSG vom 20.02.2014 - B 14 AS 10/13 R - (Juris); ferner LSG Nordrhein-Westfalen, FEVS 60, 349 ff. und Sächs. OVG, FEVS 48, 199 ff.) sowie Guthaben aus einem Bausparvertrag (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen vom 29.10.2012 - L 20 SO 63/09 -; Sächs. LSG vom 16.04.2009 - L 3 SO 9/08 - sowie Urteil des erkennenden Gerichts vom 22.07.2011 - S 1 SO 1329/11 - (jeweils Juris)). Dass diese Vermögenswerte seit dem Zeitpunkt der Antragstellung am 13.01.2014 bis zum Zeitpunkt der Entscheidung des erkennenden Gerichts im vorliegenden Rechtsstreit Monat für Monat einem irgendwie gearteten tatsächlichen oder rechtlichen Verwertungshindernis unterlagen, ist weder vorgetragen noch aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sonst ersichtlich.

Die Sozialhilfe darf jedoch nach § 90 Abs. 2 SGB XII nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks bestimmt ist (Nr. 3), oder kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte (Nr. 9). Dabei ist eine besondere Notlage der nachfragenden Person zu berücksichtigen. Hierzu bestimmt § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 2 der Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII (DVO), dass kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte bei den Leistungen u.a. nach dem Sechsten Kapitel SGB XII 2.600,00 EUR sind (Nr. 1 Buchstabe b). Dieser Betrag erhöht sich um einen Freibetrag von 614,00 EUR für den Ehegatten, wenn - wie hier - die Sozialhilfe vom Vermögen der nachfragenden Person und ihres nicht getrennt lebenden Ehegatten abhängig ist, außerdem um einen weiteren Betrag von 256,00 EUR für jede Person, die von der nachfragenden Person oder u.a. ihrem Ehegatten überwiegend unterhalten wird (Nr. 2). Nach § 2 DVO ist der nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a) oder b) maßgebende Betrag angemessen zu erhöhen, wenn im Einzelfall eine besondere Notlage der nachfragenden Person besteht. Nach Satz 2 dieser Bestimmung sind bei der Prüfung, ob eine besondere Notlage besteht, sowie bei der Entscheidung über den Umfang der Erhöhung vor allem Art und Dauer des Bedarfs sowie besondere Belastungen zu berücksichtigen.

3. Orientiert an diesen Rechtsgrundlagen hat der Beklagte vorliegend den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für den Erwerb einer Fahrerlaubnis (= 3.158,90 EUR gem. Rechnung der Fahrschule T. vom 19.03.2014) und den behinderungsgerechten Umbau des vorhandenen Familien-Kfz (= 4.951,80 EUR gem. Angebot der Fa. Z. GmbH vom 25.02.2014) in Höhe von insgesamt 8.110,70 EUR zu Recht abgelehnt. Denn die Klägerin ist nicht bedürftig, weil sie und ihr Ehemann über vorrangig einzusetzendes (§§ 2 Abs. 1 und 19 Abs. 3 SGB XII) Vermögen verfügen, das die Vermögensfreigrenze überschritt und damit der begehrten Hilfeleistung entgegensteht. Hinsichtlich der konkreten Berechnung zum Zeitpunkt der Antragstellung am 13.01.2014 verweist die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen vollinhaltlich auf die zutreffende Darstellung des Beklagten in der Anlage zum Bescheid vom 03.04.2014.

Im Hinblick auf die Klagebegründung ist ergänzend auf Folgendes hinzuweisen:

a) Dem Einsatz des gesamten verwertbaren Vermögens auch des Ehemanns der Klägerin steht weder entgegen, dass diese Vermögensanteile allein in dessen Eigentum stehen, noch der Umstand, dass der Ehemann diese Vermögensanteile nach dem Vorbringen der Klägerin zu einem weit überwiegenden Teil bereits zu einer Zeit angespart hatte, als die Eheleute noch nicht miteinander verheiratet waren. Denn für eine solche (gesplittete) Vermögenszurechnung findet sich im SGB XII keine Rechtsgrundlage. Vielmehr ergibt sich aus dem Wortlaut der §§ 19 Abs. 3 und 90 Abs. 1 SGB XII eindeutig der vorrangige Einsatz des Vermögens des Leistungs¬berechtigten und u.a. seines nicht getrennt lebenden Ehegatten in voller Höhe. Ausnahme¬regelungen enthalten die Bestimmungen des § 90 Abs. 2 SGB XII; außerdem beinhaltet § 90 Abs. 3 SGB XII eine Härteregelung zum Vermögenseinsatz (dazu jeweils sogleich). Weitere - hier von vorn herein nicht einschlägige - Ausnahmebestimmungen finden sich §§ 92 und 92a SGB XII für Leistungen in einer teilstationären oder stationären Einrichtung sowie außerhalb von Einrichtungen für - hier nicht streitige - laufende Eingliederungshilfeleistungen.

b) Bei der Berechnung des Gesamtvermögens der Eheleute mit 18.977,80 EUR hat der Beklagte auch zu Recht das Bausparguthaben des Ehemanns der Klägerin bei der Bausparkasse XX in vollem Umfang (8.596,33 EUR) berücksichtigt. Die Ausnahmeregelung des § 90 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII ist hier nicht einschlägig. Denn es ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens nicht ersichtlich, dass dieses Vermögen tatsächlich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines angemessenen Hausgrundstücks für die Klägerin und/oder ihrer Familie dient oder dienen soll. Denn konkrete Pläne der Eheleute zum Erwerb oder Neubau eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung in absehbarer Zeit, d.h. zeitnah zum Leistungsantrag der Klägerin (vgl. Hess. LSG vom 26.01.2009 - L 9 SO 48/07 - (Juris)), sind weder vorgetragen oder ersichtlich. Das gegenteilige Vorbringen der Klägerin erschöpft sich in einer bloßen, durch keine Unterlagen (z.B. Bau- oder Finanzierungspläne) untermauerten Behauptung. Es erscheint auch angesichts der Höhe der bisher angesparten Summe nicht glaubhaft. Allein der Abschluss des Bausparvertrags reicht hierfür nicht aus; denn ein solcher Vertrag kann auch ohne Bauabsicht geschlossen werden (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 90, Rand-Nr. 42 und Zeitler, NDV 1991, 73).

c) Der Beklagte hat weiter der Rechtsvorgabe in § 2 DVO ausreichend Rechnung getragen, indem er im Rahmen der Vermögensanrechnung den Freibetrag nach § 1 DVO von 3.470,00 EUR (= 2.600,00 EUR Grundfreibetrag aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b) DVO zzgl. 614,00 EUR für den Ehemann der Klägerin und weiterer 256,00 EUR für das gemeinsame Kind gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 DVO) um den Betrag von 2.050,00 EUR erhöht und Vermögen in dieser Höhe zusätzlich unberücksichtigt gelassen hat. Bei der Prüfung und Entscheidung über den Umfang der Erhöhung sind vor allem Art und Dauer des Bedarfs und besondere Belastungen des Hilfesuchenden und der Mitglieder seiner Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Aus dem Erhöhungsbetrag von 2.050,00 EUR können die Klägerin und ihr Ehemann die in der E-Mail vom 24.03.2014 angeführten einmaligen und zusätzlichen Ausgaben in Höhe von 950,00 EUR für die Reparatur des Familien-Kfz, für die Neuanschaffung einer Waschmaschine in Höhe von 600,00 EUR und für die Ausstattung des Kinderzimmers für die Tochter der Klägerin in Höhe von 500,00 EUR in vollem Umfang bestreiten. Mit Blick auf die Berücksichtigung dieses zusätzlichen Vermögensfreibetrages geht auch der Vorwurf der Klägerin fehl, der Beklagte habe nur eine schematische Berechnung des Vermögenseinsatzes ohne Berücksichtigung von Besonderheiten des Einzelfalls vorgenommen.

d) Der Beklagte hat überdies ausreichend berücksichtigt, dass der Einsatz des gesamten vorhandenen Vermögens für die Eheleute teilweise eine Härte i.S.d. § 90 Abs. 3 SGB XII bedeuten würde. Er hat deshalb einen weiteren Betrag in Höhe von 2.081,47 EUR - dieser entspricht dem garantierten Rückkaufwert aus der Lebensversicherung des Ehemanns der Klägerin bei der XX-Lebensversicherung zum 01.03.2013 - unberücksichtigt gelassen. Eine Härte im Sinne von § 90 Abs. 3 SGB XII ist bei der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen vor allem gegeben, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert wäre (§ 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber eine Härtevorschrift regelmäßig deshalb einführt, weil er mit den Regelvorschriften - hier: der Bestimmung über das nicht anzurechnende Vermögen nach § 90 Abs. 2 SGB XII - zwar dem diesen zugrunde liegenden typischen Lebenssachverhalt gerecht werden kann, nicht aber einem atypischen (vgl. BSG, FEVS 59, 411 ff. und 61, 193 ff.; ferner Wahrendorf, a.a.O., § 90, Rand-Nr. 72 sowie Hohm in Schellhorn/Hohm/Schneider, SGB XII, 19. Auflage 2015, § 90, Rand-Nr. 91). Die Vermögensverwertung stellt aber nur dann eine Härte im Sinne dieser Bestimmung dar, wenn ihre Auswirkungen deutlich über den bloßen Vermögensverlust infolge der Verpflichtung zur Deckung des sozialhilferechtlichen Bedarfs hinausgehen. Unerheblich ist für die Anwendung des § 90 Abs. 3 SGB XII grundsätzlich die Herkunft des Vermögens (vgl. BVerwGE 47, 103, 112; 105, 199, 201 und 106, 105 ff. außerdem Hohm, a.a.O., Rand-Nr. 27).

Orientiert daran ist es von Rechts wegen nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im Rahmen der Härtefallregelung den Rückkaufwert der Lebensversicherung des Ehemanns der Klägerin bei der Vermögensanrechnung unberücksichtigt gelassen hat (zum grundsätzlichen Einsatz des Rückkaufwertes von Lebensversicherungen ohne Vereinbarung eines Verwertungsausschlusses im Sinne des § 165 Abs. 3 des Versicherungsvertragsgesetzes: vgl. BSG vom 11.12.2012 - B 4 AS 29/12 R - (Juris) und BSG, FEVS 59, 385; ferner LSG Schleswig-Holstein, FEVS 66, 333 sowie Hess. LSG vom 21.05.2010 - L 7 SO 78/06 -; LSG Niedersachsen-Bremen vom 27.10.2011 - L 8 SO 215/11 B ER - und LSG Baden-Württemberg vom 18.11.2009 - L 13 AS 5234/08 - (jeweils Juris)). Im Übrigen hat der Beklagte in der Begründung seiner Widerspruchsentscheidung zu Recht darauf hingewiesen, dass auch nicht behinderte Menschen die - regelmäßig hohen - Kosten für den Erwerb einer Fahrerlaubnis aufbringen müssen, wenn sie ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr führen wollen, und der Erwerb einer Fahrerlaubnis in weiten Teilen der Gesellschaft zum allgemein üblichen Lebensstandard gehört. Deshalb stellt der Verweis auf den Einsatz eigenen Vermögens bzw. des Vermögens des Ehemanns der Klägerin keine Härte i.S.d. § 90 abs. 3 SGB XII dar.

e) Schließlich kann das erkennende Gericht nicht unberücksichtigt lassen, dass nach den eigenen Angaben der Klägerin in ihrer E-Mail vom 24.03.2014 der Bedarf in Bezug auf die Kosten für den Erwerb der Fahrerlaubnis bereits vollständig gedeckt sind. Denn der Ehemann der Klägerin hat die Rechnung der Fahrschule T. vom 19.03.2014 danach bereits beglichen. Dass der Ehemann der Klägerin insoweit allein an Stelle des Beklagten als dem zuständigen Sozialhilfeträger eingesprungen ist und deshalb die Bedarfslage der Klägerin etwa in Form von Darlehensrückzahlungsansprüchen ihres Ehemanns fortbestünde (vgl. hierzu u.a. BVerwGE 21, 208, 209; 94, 127ff; 96, 152, 157 und Hess. LSG vom 16.06.2011 - L 9 AS 658/10 B ER - (Juris)), ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Vor diesem Hintergrund stellt sich auch die Frage eines Rechtsschutzinteresses der Klägerin insoweit, was die Kammer indes mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen nicht abschließend klären musste.

4. Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren der Klägerin erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
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