L 4 R 799/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 R 2417/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 799/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. Januar 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. September 2010.

Die 1957 in A. geborene Klägerin erlernte keinen Beruf. Nach Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland im Januar 1978 war sie mit geringen Unterbrechungen durch nicht belegte Zeiten und Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld vom 16. Oktober 1991 bis 1. Juni 2009 als Kommissioniererin von Medikamenten und Raumpflegerin versicherungspflichtig beschäftigt. In den Jahren 2007 und 2008 betrieb sie außerdem ungefähr ein Jahr ein Café. Vom 2. Juni bis 22. September 2009 bezog sie Arbeitslosengeld, vom 23. September 2009 bis 2. März 2011 Krankengeld bzw. Übergangsgeld und vom 3. März 2011 bis 10. Februar 2012 erneut Arbeitslosengeld. Vom 11. Februar bis 5. März 2012 war sie arbeitslos ohne Leistungsbezug und vom 2. Mai 2012 bis 31. Dezember 2014 sind im Versicherungsverlauf vom 15. Juni 2015 Zeiten einer geringfügigen nicht versicherungspflichtigen Beschäftigung gespeichert.

In der Zeit vom 23. September bis 28. Oktober 2009 befand sich die Klägerin zur medizinischen Rehabilitation in der Z. in St. B ... Der Leitende Arzt Dr. W. diagnostizierte in seinem Rehaentlassungsbericht vom 30. Oktober 2009 eine Lumboischialgie bei Bandscheibenvorfall LWK4/5 rechts, eine Fußwurzelarthrose rechts, sonstige Reaktionen auf schwere Belastung und eine Hypercholesterinämie. Da wegen der therapieresistenten Beschwerden in der rechten Fußwurzel bei bekannter Fußwurzelarthrose eine Arthrodese geplant sei, sei eine abschließende Leistungsbeurteilung zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Das Ergebnis der Operation müsse abgewartet werden. Aus psychotherapeutischer Sicht mache die Klägerin einen psychisch ausreichend belastbaren, gestärkten, zaghaft zuversichtlichen sowie affektiv hinreichend stabilen Eindruck. Aus psychotherapeutischer Sicht werde die Klägerin als arbeits- und vollschichtig leistungsfähig ohne wesentliche Einschränkungen der geistig/psychischen Belastbarkeit von Dauer entlassen. Für ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Medikamentensortiererin wurde die Klägerin arbeitsunfähig entlassen.

Nach durchgeführter Arthrodese am 19. März 2010 beantragte die Klägerin am 31. August 2010 Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste hierauf Begutachtungen der Klägerin durch den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. J. und die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. M ... Dr. J., bei dem die Klägerin mit beidseits getragenen Unterarmgehstützen erschien und ein mit und ohne Schuhe rechts entlastungshinkend und nicht abrollendes Gangbild demonstrierte, aber noch weitgehend raumgreifend lief, diagnostizierte in seinem Gutachten vom 5. Oktober 2010 unter Berücksichtigung von Arztbriefen und Attesten sowie Laborbefunden aus den Jahren 2003 bis 2010 einen älteren Bandscheibenvorfall L4/5 mit Wurzelkontakt rechts sowie Protrusionen in den übrigen Etagen, negativer Lasègue, früherer Angabe einer Fußheberparese, jetzt nicht mehr prüfbar bei Versteifungsoperation im Sprunggelenk, insgesamt Funktionseinschränkungen und eine Arthrodese im rechten Fuß bei Arthrose und Angabe massiver Schmerzen, immer noch Angabe, an Unterarmgehstützen zu gehen, gegebene Wegefähigkeit und als Nebendiagnosen eine beginnende retropatellare Arthrose linkes Kniegelenk ohne zusätzliche Funktionseinschränkung, ein gutes operatives Ergebnis nach Sulcus-Ulnaris-Syndrom links, leichte Reibegeräusche der linken Schulter bei normaler Beweglichkeit und die Angabe massiver Schmerzen an der Spongiosaentnahme am rechten Beckenkamm bei reizloser Narbe. Die psychische Situation müsse gesondert beurteilt werden. Sie moduliere ohne Zweifel die orthopädischen Beschwerden. Dr. J. kam zu dem Ergebnis, die Klägerin könne ihre bisherige Tätigkeit als Kommissioniererin nur noch unter drei Stunden täglich verrichten. Leichte Tätigkeiten zeitweise im Gehen und Stehen und überwiegend im Sitzen seien der Klägerin aus rein orthopädischer Sicht noch sechs Stunden und mehr täglich möglich. Dr. M. nannte in ihrem Gutachten vom 18. Oktober 2010 als Diagnosen eine leichte Anpassungsstörung und den Verdacht auf eine Wurzelreizsymptomatik L5 rechts. Sie vertrat die Auffassung, dass die Klägerin ihre bisherige Tätigkeit als Kommissioniererin weiterhin sechs Stunden und mehr täglich verrichten könne und auch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Gewichten von mehr als zehn kg und ohne ständige Zwangshaltung und ständiges Bücken ebenfalls sechs Stunden und mehr täglich möglich seien. Dr. J. führte in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 21. Oktober 2010 aus, dass sich zusammenfassend (nach Kenntnis des Gutachtens der Dr. M.) keine Änderung des Leistungsvermögens ergebe. Mit Bescheid vom 26. Oktober 2010 lehnte die Beklagte daraufhin die Rentengewährung ab.

Ihren dagegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass ihre psychischen Beeinträchtigungen mit der Diagnose einer leichten Anpassungsstörung nicht ihrer tatsächlichen Art und Schwere entsprechend berücksichtigt würden. Sie leide vielmehr unter einer schweren Depression trotz medikamentöser Behandlung. Demzufolge bestehe eine erhebliche Antriebsminderung und ein ständiges Grübeln. Zunehmend ziehe sie sich außerdem aus dem sozialen Umfeld zurück und verlasse nur noch selten das Haus. Immer wieder komme es auch zu suizidalen Gedanken. Deutlich eingeschränkt sei darüber hinaus auch ihre Merk- und Konzentrationsfähigkeit und es bestünden massive Schlafstörungen. Die Ausübung einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit sei nicht mehr denkbar. Darüber hinaus ergäben sich auch erhebliche Einschränkungen ihres Leistungsvermögens infolge der orthopädischen Leiden. Aufgrund mehrerer Bandscheibenvorfälle leide sie unter ständigen, massiven Schmerzen, die insbesondere rechts bis in den Fuß ziehen würden. Laufen sei ihr nur noch unter Zuhilfenahme von Krücken möglich. Die Einnahme einer gebückten oder knienden Körperhaltung sei gar nicht mehr ausführbar. Auch längeres Sitzen sei schmerzbedingt nicht mehr möglich. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente lägen daher vor. Die Klägerin fügte das Attest des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. B. vom 19. Dezember 2010 (Diagnose: Bandscheibenvorfall L4 bis 5 rechts, Insertionstendopathie der Sehne des M. peroneus links) und des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. H. vom 22. März 2011 (diagnostisch mittel- bis schwergradige depressive Episode) vor. Die Beklagte hörte hierzu Dr. J., der unter dem 12. April 2011 ausführte, dass es bei dem bisher abgegebenen Leistungsvermögen verbleibe. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juli 2011 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück. Er, der Widerspruchsausschuss, habe sich mit allen vorgetragenen medizinischen und rechtlichen Sachverhalten auseinandergesetzt und keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch weniger als sechs Stunden (somit keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung) oder weniger als drei Stunden (somit keine Rente wegen voller Erwerbsminderung) täglich arbeiten könne. Da das sozialmedizinische Ergebnis schlüssig und nachvollziehbar sei, schließe er, der Widerspruchsausschuss, sich der Beurteilung des Sozialmedizinischen Dienstes an. Auch den rechtlichen Schlussfolgerungen, die sich daraus ergäben, stimme er, der Widerspruchsausschuss, zu. Auch die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) lägen nicht vor. In ihrer zuletzt ausgeübten Kommissionierertätigkeit sei die Klägerin weder als Facharbeiterin noch in einer gehobenen angelernten Tätigkeit beschäftigt gewesen. Daher gehöre sie zum Kreis der ungelernten Arbeiterinnen und Arbeiter und könne deshalb auf alle - gesundheitlich zumutbaren - ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden. Die konkrete Benennung einer Tätigkeit sei nicht erforderlich.

Die Klägerin erhob am 21. Juli 2011 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG). Sie trug unter Wiederholung ihres Widerspruchsvorbringens vor, dass ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen derart schwerwiegend seien, dass hier von einem deutlich unter sechs Stunden liegenden Restleistungsvermögen auszugehen sei. Die ärztliche Stellungnahme des Dr. H. sei eindeutig und bedürfe keiner weiteren Ergänzung. Arzt für Orthopädie und Chirurgie Dr. Pf. halte sie für vollerwerbsgemindert (hierzu jeweils im Folgenden). Sie reichte zunächst den vorläufigen Entlassungsbericht des Geschäftsführenden Oberarztes Dr. N., Universitäts- und Rehabilitationskliniken U., vom 3. November 2011, über ihre stationäre Behandlung vom 26. Oktober bis 4. November 2011 anlässlich derer am 27. Oktober 2011 eine Beckenkammspanentnahme links, eine Calcaneo-Cuboid-Arthrodese mit Beckenkammspan rechts, eine Osteosynthese mit Pedos-R-Platte, besetzt mit vier winkelstabilen Schrauben, und eine Spongiosaplastik rechts durchgeführt wurde, nach und führte ergänzend aus, dass eine Operation im Bereich der Wirbelsäule erst erfolgen werde, wenn der Fuß ausgeheilt sei. Ihre Depressionen hätten sich gravierend verschlechtert. Am 9. Januar 2012 beginne sie eine Psychotherapie bei Dr. H ... Letzteres berichtigte die Klägerin zunächst dahingehend, dass wegen der Operation am Fuß der Termin bei Dr. H. auf den 20. Februar 2012 verschoben worden sei, im weiteren Verlauf teilte sie mit, dass die Psychotherapie am 8. März 2012 wieder begonnen habe. In der Folge legte sie außerdem vor den Arztbrief des Oberarztes Dr. F., Universitätsklinikum U., Klinik für Orthopädie, vom 23. Februar 2012 über eine notfallmäßige Vorstellung in der Orthopädischen Ambulanz am 18. Februar 2012 wegen seit einer Woche bestehender Schmerzen im Bereich des rechten Gesäßes und eine Bescheinigung des Dr. H. vom 13. September 2012, wonach seit 13. Dezember 2010 14 Therapiestunden stattgefunden hätten.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Facharzt für Innere Medizin Dr. B. vertrat in seinen von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen vom 18. November 2011 sowie 24. Juli und 19. September 2012 die Auffassung, dass sich aus den Unterlagen keine eindeutigen neuen medizinischen Gesichtspunkte ergäben, die eine entscheidende Abweichung von der bisherigen Leistungseinschätzung nachvollziehbar begründen könnten.

Das SG hörte Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. R., Dr. B. und Dr. H. als sachverständige Zeugen. Dr. R. teilte in seiner Auskunft vom 10. Oktober 2011 mit, dass er die Klägerin einmal am 6. August 2002 und erneut vom 17. März bis 5. Juli 2011 behandelt und hierbei die Diagnosen Depression und Angst, gemischt und Lendenwirbelsäulensyndrom gestellt habe. Die Frage, ob die Klägerin leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne, bejahte er. Er fügte eigene Arztbriefe und den Arztbrief des Oberarztes Dr. K., Bezirkskrankenhaus G., Klinik für Neurochirurgie, vom 27. Juli 2011 bei. Dr. B. führte unter dem 23. Oktober 2011 aus, dass er die Klägerin erstmals am 17. August 2010 und zuletzt am 20. Oktober 2011 behandelt habe. Es zeige sich ein deutliches rechts hinkendes Gangbild. Die Beweglichkeit des unteren Sprunggelenkes betrage ein Fünftel rechts. Außerdem bestehe ein Druckschmerz paravertebral in Höhe L5 bis S1 über der abgehenden S1-Wurzel. Die trotz vorausgegangener Operation zur Ausbildung gekommene zusätzliche Arthrose des Mittelfußes werde in nächster Zeit operiert. Derzeit seien der Klägerin leichte Tätigkeiten nicht möglich. Er fügte Arztbriefe aus den Jahren 2010 und 2011 bei. Dr. H. bekundete unter dem 13. Februar 2012, dass sich die Klägerin seit 13. Dezember 2010 wegen einer mittel- bis schwergradigen depressiven Episode mit Schmerzsyndrom in seiner psychotherapeutischen Behandlung befinde. Eine von der Krankenkasse genehmigte Behandlung nehme die Klägerin seit März 2011 nicht mehr wahr. Die kombinierte Behandlung mit Psychotherapie und Medikamenten habe aus diesem Grund nicht fortgeführt werden können. Über den aktuellen Zustand der Klägerin könne er keine Auskunft geben. Ergänzend teilte Dr. H. unter dem 15. Juni 2012 mit, dass sich die Klägerin letztmalig am 30. April 2012 von ihm behandelt worden sei. Diagnostisch liege eine mittel- bis schwergradige depressive Episode vor. Es erfolge weiterhin eine psychotherapeutische Behandlung unterstützt mit Antidepressiva bislang mit dem Ergebnis einer Stabilisierung auf niedrigem Niveau.

Auf Veranlassung des SG erstattete sodann Dr. Pf. sein chirurgisch-orthopädisches Gutachten vom 18. Oktober 2012. Die Klägerin gab ihm gegenüber an, sie könne eine halbe Stunde langsam gehen. Dr. Pf. beschrieb das Gangbild der Klägerin als rechts hinkend und eher kurzschrittig bei Außendrehung des rechten Fußes und axialer Einstellung des linken Fußes. Zur Untersuchung würden orthopädische Schuhe mit Einlagenversorgung getragen. Er diagnostizierte eine lumbale Belastungsstörung und Lumboischialgie mit sensiblen Störungen und Missempfindungen bei Bandscheiben- und Wirbelgelenksdegeneration, Bandscheibenvorfall L4/L5 und Bandscheibenprotrusionen in den übrigen Segmenten, eine schmerzhafte Belastungsstörung des rechten Fußes durch Nekrose des Sprungbeines mit nachfolgenden Arthrosen im unteren Sprunggelenk bei Zustand nach Arthrodese talonavikular (Sprungbein/Kahnbein) und calcaneocuboidal (Fersenbein/Wirbelbein) und Fußfehlstellung rechts und eine mit chronifiziertem Schmerzsyndrom in Interaktion tretende rezidivierende depressive Episode bei genetischer und sozialer Disposition. Auch eine leichte Arbeit sei der Klägerin unzumutbar. Die noch möglichen Tätigkeiten könnten weniger als drei Stunden täglich durchgeführt werden. Die Gehfähigkeit der Klägerin sei ebenfalls eingeschränkt. Sie sei nicht in der Lage, mindestens viermal täglich mehr als 500 m ohne Pause zu Fuß zurückzulegen und sie sei auch nicht in der Lage, einen PKW zu führen. Öffentliche Verkehrsmittel könne sie in Begleitung während der Hauptverkehrszeiten benutzen. Die Leistungseinschränkungen bestünden seit Antragstellung. Im Gesundheitszustand der Klägerin sei eine so nachhaltige Besserung nicht zu erwarten, dass die angegebenen Leistungseinschränkungen voraussichtlich ganz oder teilweise wegfallen würden.

Facharzt für Chirurgie Dr. L. vertrat zu dem von Dr. Pf. erstatteten Gutachten in seinen von der Beklagten vorgelegten sozialmedizinischen Stellungnahmen vom 9. Januar und 6. März 2013 die Auffassung, dass sich aus dem Gutachten keine wesentlichen Abweichungen von den zuvor erhobenen Untersuchungsbefunden und damit Hinweise auf eine deutliche Verschlechterung auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet ergeben würden, sodass sich auch keine Abweichung von der bisherigen Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin ergebe.

Im Anschluss erstattete auf Veranlassung des SG Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. T. sein nervenärztliches Gutachten vom 30. September 2013. Er führte u.a. aus, die Klägerin habe expressive Wesenszüge. Aggravation, selbst Simulation könne nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden. Ihr Gangbild sei gekennzeichnet durch ausgeprägtes Schmerzschonhinken des rechten Beines, das quasi als Stelze verwendet werde, der Fuß sei in Außenrotation. Er diagnostizierte auf psychiatrischem Fachgebiet eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode. Die Klägerin könne leichte, zeitweise mittelschwere Arbeiten vorwiegend im Sitzen mit Möglichkeit zur Entlastung der Arbeitshaltung mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Nicht leistbar seien Arbeiten mit Nachtschicht, unter besonderem Zeitdruck und mit höheren Ansprüchen an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen. Außerdem sei eine verminderte Belastbarkeit der Wirbelsäule anzunehmen, weshalb Arbeiten mit überwiegend einseitiger Körperhaltung, mit häufigem Bücken und Überkopf ebenfalls zu vermeiden seien. Eine wesentliche gesundheitliche Einschränkung bedinge auch die Arthrose des rechten Fußes, diese sei allerdings rein orthopädisch zu beurteilen. Die Beurteilung der Einschränkung der Gehfähigkeit liege außerhalb seines Fachgebietes, weshalb er hierzu keine näheren Angaben machen könne. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel würde ihr bei der jetzigen Ausprägung der depressiven Störung schwer fallen, wäre bei Besserung (z.B. allein schon durch förderliche Arbeit) möglich. Aus nervenärztlicher Sicht sei die Klägerin auch in der Lage, einen PKW zu fahren. Sie habe allerdings angegeben, wegen Schmerzen im rechten Fuß die Steuerungspedale über längere Zeit nicht korrekt bedienen zu können, eine Beurteilung wäre insoweit orthopädisch zu treffen.

Unter dem 18. Oktober 2013 widersprach die Klägerin dem Gutachten unter Vorlage von (teilweise bereits zuvor eingereichten) Arztbriefen aus den Jahren 2002 bis 2011 und Unterlagen aus dem Jahr 2013 über die von ihr beantragte Durchführung eines Gutachtenverfahrens bei der Gutachterkommission für Fragen ärztlicher Haftpflicht der Bezirksärztekammer S. (im Folgenden Gutachterkommission) wegen der Behandlung ihres rechten Fußes sowohl mit Blick auf den Ablauf als auch den Inhalt des Gutachtens. Sie leide psychisch und physisch an ihren Erkrankungen.

Für die Beklagte äußerte sich zu dem Gutachten und den Ausführungen der Klägerin Internist Dr. B. unter dem 8. November 2013 zusammenfassend dahingehend, dass keine eindeutigen neuen medizinischen Gesichtspunkte vorlägen, die eine entscheidende Abweichung von der bisherigen Leistungseinschätzung nachvollziehbar begründen könnten.

Mit Urteil vom 17. Januar 2014 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Juli 2011 auf und verurteilte die Beklagte, der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe ab dem 1. September 2010 zu gewähren. Die Klägerin habe einen Anspruch auf eine volle Rente wegen Erwerbsminderung. Ob sich aus den Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet ein unter sechsstündiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ergebe, lasse die Kammer offen, denn es bestehe keine Wegefähigkeit. Die Einschränkung der Wegefähigkeit ergebe sich aus dem schlüssigen, vollständigen und widerspruchsfreien Gutachten von Dr. Pf. und ergänzend aus dem Gutachten von Dr. T. sowie der Aussage von Dr. B ... Allein das Gutachten von Dr. J. stehe dieser Einschätzung entgegen, da sich die anderen benannten medizinischen Befunde nicht mit der Wegefähigkeit befassten. Sie, die Kammer, folge dessen Auffassung nicht, da sie nicht begründet worden sei. Zudem sei der Fuß der Klägerin nach der Begutachtung noch einmal operiert worden, weshalb sich der Gesundheitszustand nach dem Gutachten noch einmal wesentlich geändert habe. Da der Leistungsfall Dr. Pf. folgend ab Antragstellung bestehe, sei die Rente ab 1. September 2010 zu gewähren. Eine befristete Rente käme nicht in Betracht, da in Bezug auf die orthopädischen Einschränkungen, die die Wegefähigkeit aufheben würden, Dr. Pf. folgend keine Besserung zu erwarten sei.

Gegen das ihr am 28. Januar 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13. Februar 2014 Berufung eingelegt. Unter Verweis auf die vorgelegten Stellungnahmen ihres Sozialmedizinischen Dienstes, Chirurg und Sozialmediziner Dr. R. vom 10. Februar 2014 sowie Chirurg Dr. L. vom 30. Juni 2014, vertritt sie die Auffassung, dass der Klägerin keine Rente wegen voller Erwerbsminderung zustehe. Eine so starke Einschränkung der Gehstrecke der Klägerin, dass eine fehlende Wegefähigkeit vorliege, sei nicht nachvollziehbar. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der nervenärztliche Gutachter Dr. T. Aggravation und selbst Simulation nicht zweifelsfrei habe ausschließen können. Auch sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin nicht in der Lage sein solle, einen PKW zu führen. Die Benutzung der orthopädischen Schuhe bewirke keine wesentliche Einschränkung für die Benutzung der Pedale beim Fahren, weshalb ihr das Führen eines PKW als zumutbar erscheine. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei der (von der Klägerin vorgelegten) Bescheinigung von Dr. B. vom 5. Juni 2014 um eine Gefälligkeitsbescheinigung gehandelt habe. Aus dem (vom Senat beigezogenen) Gutachten der Gutachterkommission vom 29. Januar 2014 ergebe sich, dass die Klägerin anscheinend entsprechende Hilfsmittel nicht oder nur in einem unbedeutenden Umfang benutzen müsse, was gegen den von ihr angegebenen Leidensdruck spreche. Auch werde das Schonhinken lediglich als "mäßig" beschrieben. Die Beklagte hat auf Anforderung des Senats den Versicherungsverlauf vom 15. Juni 2015 übersandt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 17. Januar 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend. Selbst im Falle einer Annahme von Wegefähigkeit, wäre die volle Erwerbsminderung aufgrund der von Dr. Pf. angenommenen eingeschränkten Leistungsfähigkeit anzunehmen. Sie sei nicht mehr in der Lage, Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben. Dies werde von Dr. B. in seiner Stellungnahme vom 23. Oktober 2011 bestätigt. Zum vom Senat beigezogenen Gutachten der Gutachterkommission vom 29. Januar 2014 hat sich die Klägerin dahingehend geäußert, aus der Auswertung des bildgebenden Materials ergebe sich, dass trotz knöcherner Durchbauung der Versteifungsoperationen weiterhin eine Gangbildstörung bestehe. Die Schmerzen im Rücken und im Bereich des rechten Fußes machten es ihr unmöglich, ein Pedal zu bedienen und einen PKW zu führen oder eine längere Gehstrecke zu bewältigen. Die Klägerin hat einen ärztlichen Befund des Dr. B. vom 5. Juni 2014 (aus seiner Sicht sei eine regelmäßige berufliche Tätigkeit nicht mehr möglich), weitere Arztbriefe aus den Jahren 2012 und 2014 sowie den Befundbericht des Dr. E. vom 22. Juli 2015 über die am Tag zuvor erfolgte Untersuchung vorgelegt. Dr. E. hat sich der Beurteilung des Dr. Pf. angeschlossen. Es bestehe eine deutliche Einschränkung der Leistungs-/Gehfähigkeit im rechten Bein. Die Klägerin sei nicht in der Lage, 500 m in 20 Minuten viermal täglich zu gehen. Leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien noch unter drei Stunden möglich.

Der Senat hat das Gutachten der Gutachterkommission vom 29. Januar 2014 beigezogen, wonach ein medizinischer Behandlungsfehler nicht festgestellt worden ist. Die Untersuchung der Klägerin am 12. September 2013 durch das fachgutachterliche Mitglied der Kommission (Arzt für Orthopädie, Chirurgie und Unfallchirurgie Prof. Dr. W.) habe ergeben, dass die Klägerin Konfektionsschuhwerk mit Einlagen, die passgerecht gesessen, aber nur wenig Zeichen einer regelmäßigen Benutzung aufgewiesen hätten, getragen habe. Eine Gehhilfe sei nicht mitgeführt worden. Mit dem vorhandenen Schuhwerk habe sich ein mäßiges Schmerz- und Schonhinken rechts bei gestörter Abrollung gezeigt. Barfuß auf ebenem Boden sei die Klägerin mit nach außen gedrehtem rechten Fuß bei erneut gestörter Abrollung gegangen. Zehenspitzen- und Hackengang seien rechts beeinträchtigt, der Einbeinstand sei rechts unsicher, das Einnehmen der Hockstellung sei rechts gegenüber links ebenfalls eingeschränkt. Die Klägerin habe angegeben, längere Strecken überhaupt nicht gehen zu können und nach spätestens 20 bis 30 Minuten eine Pause einlegen zu müssen. Das Bergauf- und Bergabgehen, das Treppensteigen und das Begehen von unebenem Gelände seien stark erschwert. Die Klägerin drehe, um Schmerzen beim Abrollen des Fußes zu vermeiden, mindestens zu minimieren, den Fuß im Sinne einer Schonhaltung nach außen. Die dieser Schonhaltung zugrundeliegenden Schmerzen würden durch die Schmerzen, die ihre Ursache in der stark degenerativ beeinträchtigen Wirbelsäule hätten, überlagert.

Im Auftrag des Senats hat sodann Orthopäde und Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. H. sein orthopädisches Gutachten vom 18. August 2014 erstattet. Der Sachverständige hat aufgrund der Untersuchung der Klägerin am 11. August 2014 ihr Gangbild mit weichen Konfektionsschuhen mit Abrollhilfen beidseits und weichen Einlagen als sicher und mäßig flott beschrieben. Der rechte Fuß werde etwas vermehrt zur Außenseite gedreht (ca. 15 bis 20 °). Ein eindeutiges, konstantes Schonhinken sei nicht zu beobachten. Bei der Inspektion des Barfußganges finde sich ein mäßiges Schonhinken rechts, die Außendrehung verstärke sich etwas. Die Klägerin benutze weder eine Unterarmgehstütze noch einen Paragehstock. Bei der Beobachtung des Entkleidungsvorgangs zeige sich, dass sich die Klägerin von ihrer Tochter die Schuhe öffnen und teilweise abstreifen lasse. Die restliche Entkleidung sei ohne fremde Hilfe möglich. Die Hose werde im Sitzen ausgezogen mit ungestörter Beweglichkeit der Hüft- und Kniegelenke. Das T-Shirt werde über den Kopf abgestreift, wobei hauptsächlich die rechte Hand eingesetzt werde. Es zeige sich eine annähernd seitengleiche Fußsohlenbeschwielung. Bei der Betrachtung der unteren Gliedmaßen zeige sich eine diskrete Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur rechts gegenüber links und eine deutlichere Verschmächtigung der Unterschenkelmuskulatur rechts gegenüber links. Die vorgetragenen Beschwerden und Funktionsstörungen der Klägerin ließen sich aus orthopädisch-gutachtlicher Sicht nur teilweise nachvollziehen. Es stehe außer Frage, dass die Struktur und Funktion des rechten Fußes nach zwei operativen Eingriffen dauerhaft beeinträchtigt sei. Daraus ließen sich gewisse Einschränkungen im Hinblick auf das Erwerbsleben ableiten. Ähnliches gelte für die nachgewiesenen Bandscheibenveränderungen in der Lendenwirbelsäule. Dessen ungeachtet fänden sich unübersehbare Hinweise auf eine Verdeutlichung der Beschwerdesymptomatik: Variable Einschränkung der Wirbelsäule in Abschnitte, variable Einschränkung der Hüft- und Kniebeweglichkeit, variable Einschränkung der Schulterbeweglichkeit. Der Sachverständige hat eine schmerzhafte Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule bei mäßiggradigen bis fortgeschrittenen Bandscheibendegenerationen mit kleineren Bandscheibenvorfällen ohne objektive Zeichen einer dadurch bedingten Nervenwurzelschädigung, eine schmerzhafte Funktionsstörung des rechten Fußes nach knöcherner Verletzung 1980 und operativer Behandlung von arthrotischen Veränderungen zwischen dem Sprungbein und dem Kahnbein und dem Fersenbein und dem Würfelbein, eine schmerzhafte Funktionsstörung der linken Schulter mit variablen Bewegungseinschränkungen ohne erkennbare organische Grundlage, eine schmerzhafte Funktionsstörung des linken Kniegelenkes ohne Hinweis auf eine bedeutsame strukturelle Schädigung dieses Gelenkes und chronisch wiederkehrende Schmerzen in der linken Gesichtshälfte i.V.m. Bissproblemen - möglicherweise auf dem Boden einer Kiefergelenksarthrose festgestellt. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte bis gelegentlich kurzfristig mittelschwere Tätigkeiten in unterschiedlichen Körperhaltungen, wobei die Körperhaltung wenigstens einmal stündlich gewechselt werden sollte, unter Vermeidung von häufigem und regelmäßigem mittelschweren oder gar schweren Heben und Tragen von Lasten zu verrichten. Gelegentliches kurzfristiges Anheben einer Last bis 15 kg in aufrechter Rumpfhaltung bzw. fünf kg in Rumpfvor- oder -seitneigung wäre unbedenklich. Längeres Verharren in Zwangshaltungen der Lendenwirbelsäule sei ungünstig. Gelegentliches, kurzfristiges Bücken wäre möglich. Mit geeigneter Schutzkleidung könne die Klägerin durchaus unter Einfluss von Nässe, Kälte und Zugluft arbeiten. Ein ständiger Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen sei aber ungünstig. Ungünstig sei auch das Arbeiten auf vibrierenden Fahrzeugen und Maschinen. Ungünstig seien darüber hinaus Arbeiten im Knien oder in der Hockstellung, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Arbeiten, die mit häufigem umfangreichem Treppensteigen einhergingen und Arbeiten auf sehr unebenem und rutschigem Gelände. Vermieden werden sollten Sprungbelastungen, gelegentliches Treppensteigen in einer Größenordnung von ein bis zwei Stockwerken ohne schwere Zusatzlasten sei dagegen unbedenklich. Überkopfarbeiten rechts würde er der Klägerin nicht mehr abverlangen. Auch würde er ihr grobmechanisch besonders belastende Arbeiten mit rechts (Hämmern, Bohren, Schrauben, Sägen etc.) nicht mehr zumuten. Die Gehfähigkeit der Klägerin sei durch die Fußbeschwerden rechts eingeschränkt. In Anbetracht des klinisch und radiologisch unauffälligen oberen Sprunggelenkes und in Anbetracht des aktuellen reizlosen Zustandes der operierten Region sehe er aber keinen Grund, warum die Klägerin nicht viermal arbeitstäglich Wegstrecken von über 500 m in unter 20 Minuten zu Fuß zurücklegen können sollte. Sie könne darüber hinaus auch öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten benutzen. Bei offenkundig gelungener Versteifung und relativ gut erhaltenen übrigen Fußgelenken sehe er auch keine überzeugende Begründung dafür, warum die Klägerin nicht mehr Auto fahren können sollte. Auf Nachfrage hat Dr. H. sein Gutachten unter dem 18. August 2014 dahingehend ergänzt, dass die Klägerin in der Lage sei, eine leichte Tätigkeit mit gewissen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten.

Die Einholung des von der Klägerin sodann am 11. Dezember 2014 beantragten Gutachtens des Facharztes für Orthopädie, Rehabilitation und Sozialwesen Dr. E. gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat unter dem 12. Dezember 2014 davon abhängig gemacht, dass die Klägerin die voraussichtlichen Kosten bis 30. Januar 2015 vorschießt. Innerhalb dieser Frist sowie auch danach hat die Klägerin den Vorschuss nicht eingezahlt. Unter dem 10. April 2015 hat sie beantragt, die Frist zur Einzahlung des Vorschusses bis 15. Mai 2015 zu verlängern. Diese Fristverlängerung hat der Senat nicht genehmigt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten in beiden Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Die Beklagte hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 SGG. Denn die Beklagte wendet sich gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

2. Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 26. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Juli 2011 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. September 2010 zu zahlen. Dieser Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ab 1. September 2010 hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung.

a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 1. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG; vgl. insbesondere BSG, Großer Senat, Beschluss vom 19. September 1996 - GS 2/95 -, in Juris) kann jedoch auch bei einem vollen oder nur eingeschränkten Restleistungsvermögen ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehen, wenn nämlich der für den Versicherten (noch) in Betracht kommen der Arbeitsmarkt verschlossen ist. So kann ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gegeben sein, wenn der Versicherte nur unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann oder den täglichen Weg zur Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zurücklegen kann. Ebenso besteht trotz eines noch vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, wenn der Versicherte an einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen leidet oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegt.

b) Bei der Klägerin liegen Gesundheitsstörungen auf orthopädischem und psychiatrischem Fachgebiet vor.

Auf orthopädischem Fachgebiet leidet die Klägerin an einer Lumboischialgie bei Bandscheibenvorfall LWK 4/5 mit Wurzelkontakt rechts sowie Protrusionen in den übrigen Etagen, an einer schmerzhaften Funktionsstörung des rechten Fußes und an den Folgen zweier Versteifungsoperationen zwischen dem Sprungbein und dem Kahnbein sowie dem Fersenbein und dem Würfelbein mit Fußfehlstellung und an einer schmerzhaften Funktionsstörung des linken Kniegelenkes sowie im Bereich der linken Schulter. Der Senat stützt dies auf das Gutachten von Dr. J. vom 5. Oktober 2010, das er im Wege des Urkundenbeweises verwertet, und die Gutachten von Dr. Pf. vom 18. Oktober 2012 und von Dr. H. vom 18. August 2014 sowie den Entlassungsbericht des Dr. W. vom 30. Oktober 2009, die sachverständige Zeugenauskunft des Dr. B. vom 23. Oktober 2011 und das Gutachten der Gutachterkommission vom 29. Januar 2014. Davon, dass die von Dr. H. genannten chronisch wiederkehrenden Schmerzen in der linken Gesichtshälfte in Verbindung mit Bissproblemen dauerhaft vorhanden sind, ist der Senat nicht überzeugt, nachdem aus den weiteren medizinischen Unterlagen eine solche Erkrankung nicht hervorgeht. Das von Dr. J. darüber hinaus genannte Sulcus-ulnaris-Syndrom ist erfolgreich operiert. Wegen der in Zusammenhang mit den orthopädischen Erkrankungen stehenden Schmerzen befindet sich die Klägerin nicht in schmerztherapeutischer Behandlung und nimmt ihren jüngsten Angaben Dr. H. gegenüber neben einem milderem und einem entzündungshemmenden Schmerzmittel nur abends ein mittelstarkes Schmerzmittel ein.

Auf nervenärztlichem Fachgebiet leidet die Klägerin an einer rezidivierenden depressiven Störung mit teilweise mittelgradigen und auch schwergradigen depressiven Episoden. Hierfür legt der Senat das Gutachten von Dr. T. vom 30. September 2013 und die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. R. vom 10. Oktober 2011 und des Dr. H. vom 13. Februar und 15. Juni 2012 zu Grunde. Hieraus und unter weiterer Bezugnahme auf den Entlassungsbericht des Dr. W. vom 30. Oktober 2009 und das Gutachten von Dr. M. vom 18. Oktober 2010, die sonstige Reaktionen auf schwere Belastung bzw. eine leichte Anpassungsstörung genannt haben, ergibt sich für den Senat überzeugend, dass die Klägerin nicht durchgängig unter einer mittelgradig oder gar schweren depressiven Störung leidet, die depressive Störung der Klägerin vielmehr Schwankungen unterliegt und noch nicht über Jahre chronifiziert ist. Letzteres wird daraus deutlich, dass sich die Klägerin bei Dr. R. nur einmalig im August 2002 und im Jahr 2011 lediglich für vier Monate in psychiatrischer Behandlung befand und bei Dr. H. erst seit 13. Dezember 2010 mit längerer Unterbrechung und großen Abständen die genehmigte psychotherapeutische Behandlung stattfindet. Auf Dr. W. machte die Klägerin im Oktober 2009 auch einen psychisch ausreichend belastbaren, gestärkten, zaghaft zuversichtlichen sowie affektiv hinreichend stabilen Eindruck. Im Übrigen geht auch aus der Verwendung des Begriffs Episode durch Dr. H. hervor, dass es sich nicht um einen Dauerzustand handelt. Die Notwendigkeit einer stationären psychiatrischen Behandlung wurde bisher noch nicht gesehen.

Diese Gesundheitsstörungen führen seit 1. September 2010 zu qualitativen Leistungseinschränkungen der Klägerin. Sie kann nur noch leichte bis gelegentlich kurzfristig mittelschwere Tätigkeiten in unterschiedlicher Körperhaltung, wobei die Körperhaltung wenigstens einmal stündlich gewechselt werden sollte, unter Vermeidung von häufigem und regelmäßigem mittelschweren oder gar schweren Heben und Tragen von Lasten verrichten. Längere Zwangshaltungen der Wirbelsäule sind ungünstig, ständige Zwangshaltungen sind ihr nicht mehr möglich. Ebenfalls ist ständiges Bücken und Überkopfarbeit, ein ständiger Wechsel zwischen Wärme und Kältezonen, Arbeiten auf vibrierenden Fahrzeugen und Maschinen, im Knien und in der Hockstellung, auf Leitern und Gerüsten, solche, die mit häufigem umfangreichen Treppensteigen einhergehen und Arbeiten auf sehr unebenem und rutschigem Gelände zu vermeiden. Die Klägerin sollte auch keinen Sprungbelastungen ausgesetzt sein und grobmechanisch besonders belastende Arbeiten mit rechts sind ihr nicht mehr zuzumuten. Nicht leistbar sind ihr darüber hinaus Arbeiten mit Nachtschicht, unter besonderem Zeitdruck und mit höheren Ansprüchen an das Umstellungs- und Anpassungsvermögen. Der Senat folgt insoweit den Einschätzungen von Dr. J., Dr. M., Dr. T. und Dr. H., die diese Leistungseinschränkungen für den Senat überzeugend aus den orthopädischen und nervenärztlichen Erkrankungen der Klägerin abgeleitet haben. Diese Einschätzung findet bezüglich der nervenärztlichen Erkrankung auch eine Bestätigung im Entlassungsbericht von Dr. W. und in der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. R ...

Die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen, die zu den beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen führen, bedingen indessen nach Überzeugung des Senats keine Einschränkung des Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht. Die Klägerin ist noch in der Lage, leichte Tätigkeiten unter Berücksichtigung der genannten Funktionseinschränkungen in einem Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat stützt dies auf die insgesamt schlüssige und nachvollziehbare Leistungsbeurteilung des Dr. J., der Dr. M., des Dr. T. und des Dr. H., die jeweils ein (mindestens) sechsstündiges Leistungsvermögen bestätigten.

Die gegenteilige Einschätzung von Dr. Pf. sieht der Senat durch diese Gutachten als widerlegt an. Sie ist für den Senat insbesondere auch deshalb nicht nachvollziehbar, weil Dr. Pf. keine Diagnosen, die nicht auch die übrigen Gutachter gestellt haben, nannte. Er hat sich auch nicht mit den von Dr. T. bei der Klägerin festgestellten expressiven Wesenszügen, die eine Aggravation, selbst Simulation nicht zweifelsfrei ausschlössen, und die auch Dr. H. auffielen, auseinandergesetzt. Gegen die Einschätzung spricht auch, dass die Klägerin auch bei der Untersuchung durch Dr. Pf. mit Ausnahme von orthopädischen Schuhen und Einlagen keine Hilfsmittel benutzte. Dies kann als Beleg dafür herangezogen werden, dass die Gesundheitsstörungen der Klägerin auf orthopädischem Gebiet nicht so gravierend sind, dass sie eine quantitative Leistungseinschränkung zur Folge haben.

Die - Dr. Pf. folgende - Einschätzung des Dr. E. im Befundbericht vom 22. Juli 2015 vermag ebenfalls nicht zu überzeugen. Dr. E. beschreibt keine Befunde, die nicht bereits die gehörten gerichtlichen Sachverständigen feststellten. Einer Auseinandersetzung mit den Gutachten von Dr. J., Dr. M., Dr. T. und Dr. H. erfolgt nicht.

Schließlich führt die gegenteilige Einschätzung von Dr. B. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 23. Oktober 2011 ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis, da Dr. B. diese Einschätzung unter Berücksichtigung des damaligen Zustands des Fußes der Klägerin, der eine Woche später die weitere Versteifungsoperation zur Folge hatte, abgab und er auch nur ausführte, dass "derzeit" der Klägerin leichte Tätigkeiten nicht mehr möglich seien. Ein Dauerzustand ist damit nicht nachgewiesen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem "Ärztlichen Befund" des Dr. B. vom 5. Juni 2014, in dem er nur allgemein davon spricht, dass aus seiner Sicht eine regelmäßige berufliche Tätigkeit nicht mehr möglich sei. Auf welche Tätigkeit er sich insoweit bezieht, geht aus diesem Bericht nicht hervor. Im Übrigen hat er auch keine weiteren, bisher unbekannten Diagnosen genannt und seine Einschätzung nicht etwa mit bei der Klägerin vorliegenden Funktionseinschränkungen begründet. Abgesehen davon hat er diese Einschätzung auf Veranlassung der Klägerin abgegeben, was Zweifel an der Objektivität der Aussage hervorruft. Ebenso verhält es sich mit Blick auf den Entlassungsbericht des Dr. W. vom 30. Oktober 2009, der nur wegen der bevorstehenden ersten Versteifungsoperation mit Blick hierauf keine Leistungseinschätzung abzugeben vermochte.

Auch in der Zusammenschau zwischen orthopädischen und nervenärztlichen Erkrankungen lässt sich eine zeitliche Leistungseinschränkung auf weniger als sechs Stunden täglich nicht feststellen. Die Klägerin ist zweifelsohne auf Grund ihrer orthopädischen und ihrer nervenärztlichen Erkrankungen beeinträchtigt. Diese Erkrankungen wirken sich jedoch nicht der Gestalt aufeinander aus, dass sie in der Zusammenschau eine Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin auf unter sechs Stunden täglich bedingen würden. In dieser Einschätzung bestätigt sieht sich der Senat insbesondere durch die zusammenfassende Stellungnahme des Dr. J. vom 21. Oktober 2010, der unter Berücksichtigung beider Fachgebiete zu dem Ergebnis kam, dass die Klägerin noch (mindestens) sechs Stunden täglich Arbeiten verrichten kann. Hieran ändert sich auch nichts durch die nach dieser Stellungnahme des Dr. J. vom 21. Oktober 2010 erfolgte weitere Operation im Bereich des Fußes am 27. Oktober 2011, die erfolgreich verlief und bezüglich derer - wie schon aufgrund der ersten Versteifungsoperation - eine knöcherne Durchbauung zu konstatieren ist, und die im Dezember 2010 begonnene psychotherapeutische Behandlung, die nur mit großer Unterbrechung durchgeführt wurde und bezüglich derer zwischen Dezember 2010 und September 2012 nur 14 Therapiestunden stattfanden, was gegen eine gravierende und zu berücksichtigende Verschlechterung der Erkrankung spricht.

c) Bei folglich ab 1. September 2010 weiterhin erhaltener Erwerbsfähigkeit ist der Arbeitsmarkt für die Klägerin aber auch nicht aus anderen Gründen verschlossen. Weder fehlt es der Klägerin an der erforderlichen Wegefähigkeit, noch bedarf sie unüblicher Arbeitsbedingungen. Auch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt nicht vor.

Insbesondere vermochte sich der Senat - anders als das SG - auch von einer rentenrelevanten Einschränkung der Wegefähigkeit der Klägerin nicht zu überzeugen. Neben der zeitlich ausreichenden Einsetzbarkeit eines Versicherten am Arbeitsplatz gehört zur Erwerbsfähigkeit zwar auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen. Das BSG hat dieses Vermögen nur dann für gegeben erachtet, wenn es dem Versicherten möglich ist, Entfernungen von über 500 m zu Fuß zurückzulegen, weil davon auszugehen ist, dass derartige Wegstrecken üblicherweise erforderlich sind, um Arbeitsstellen oder Haltestellen eines öffentlichen Verkehrsmittels zu erreichen (vgl. BSG, Urteil vom 13. Juli 1988 - 5/4a RJ 57/87 - , in juris). Wegefähigkeit setzt darüber hinausgehend auch voraus, dass solche Wege in noch zumutbarer Zeit bewältigt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991 - 13/5 RJ 73/90 - , in juris). Das BSG hat hierzu ausgeführt, dass für die Beurteilung dieses Zeitfaktors ein generalisierender Maßstab anzuwenden ist. Dabei kann von dem nach der Rechtsprechung des BSG zum Schwerbehindertenrecht noch üblichen Zeitaufwand von 30 Minuten für zwei Kilometer ausgegangen werden, der bereits kurze Wartezeiten und Zeiten des Herumstehens einbezieht. Umgerechnet auf 500 m ergibt sich so eine normale Gehzeit von 7,5 Minuten. Der Bereich des Zumutbaren wird dann verlassen, wenn der Gehbehinderte für 500 m mehr als das Doppelte dieser Zeit, also etwa 20 Minuten benötigt (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1991, a.a.O.; zum Ganzen siehe zuletzt auch BSG, Urteile vom 12. Dezember 2011 - B 13 R 21/10 R - und B 13 R 79/11 R - , beide in juris).

Anhand dieses Maßstabs lässt sich für die Klägerin eine Einschränkung der Wegefähigkeit nicht herleiten. Der Senat verkennt nicht, dass die Gehfähigkeit der Klägerin durch die Fußbeschwerden rechts mit zweimalig erfolgter Arthrodesenoperation auch in Zusammenhang mit den Wirbelsäulenbeschwerden eingeschränkt ist. Die Einschränkung ist jedoch Dr. J. und Dr. H. folgend nicht so gravierend, dass der Klägerin eine solche Wegstrecke nicht mehr möglich wäre. Diese übereinstimmende Einschätzung von Dr. J. und Dr. H. ist für den Senat insbesondere auf der Grundlage der hinsichtlich des Gangbildes erhobenen Befunde, der von der Klägerin in der Regel getragenen Schuhe und der in der Regel fehlenden Benutzung einer Gehhilfe überzeugend und nachvollziehbar. Die Klägerin demonstrierte bei den Untersuchungen bei Dr. J., Dr. Pf., Dr. H. und dem fachgutachterlichen Mitglied der Gutachterkommission Prof. Dr. W. ein Hinken rechts mit nach außen gedrehtem rechten Fuß und gestörter Abrollung, wobei Dr. H. ein eindeutiges konstantes Schonhinken nicht beobachtete. Sie trug Konfektionsschuhe mit Einlagen und führte keine Gehhilfen mit sich. Lediglich bei der Untersuchung durch Dr. Pf. trug sie orthopädische Schuhe und bei der Untersuchung durch Dr. J. am 1. Oktober 2010 benutzte sie Unterarmgehstützen, wobei sie angab, diese zur Sicherheit nur außer Haus zu verwenden. Die im März 2010 und im Oktober 2011 durchgeführten Arthrodeseoperationen waren auch jeweils komplikationslos. Die im Jahr 2012 durchgeführten Röntgenaufnahmen zeigten fest durchbaute Arthrodesen. Prof. Dr. W. gegenüber gab die Klägerin zur Gehdauer an, längere Strecken überhaupt nicht gehen zu können und nach spätestens 20 bis 30 Minuten eine Pause einlegen zu müssen, Bergauf- und Bergabgehen und das Gehen auf unebenem Gelände seien stark erschwert. Daraus wird deutlich, dass die Klägerin durchaus in der Lage ist, 20 bis 30 Minuten am Stück zu gehen und dass sie - wenn auch stark erschwert - sogar in der Lage ist, bergauf- und bergab zu gehen. In der Zusammenschau ist der Senat angesichts dessen - wie bereits ausgeführt - Dr. J. und Dr. H. folgend davon überzeugt, dass die Klägerin binnen 20 Minuten eine Strecke von 500 m zurückzulegen vermag und auch in der Lage ist, öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten zu benutzen. Soweit der Sachverständige Dr. Pf. meint, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, mindestens viermal täglich mehr als 500 Meter ohne Pause zu Fuß zurück zu legen, steht dies im Widerspruch zu dem von ihm erhobenen Befund bezüglich des Gangbildes, der fehlenden Benutzung von Gehhilfen und der erfolgreichen Operationen. Im Übrigen ist der Senat auch nicht davon überzeugt, dass die Klägerin - wie Dr. Pf. meint - nicht mehr in der Lage ist, Auto zu fahren. Dass sie mit dem bei Dr. Pf. getragenen orthopädischen Schuhwerk und insbesondere mit den sowohl bei der Untersuchung durch die Gutachterkommission als auch bei Dr. H. getragenen Konfektionsschuhen keine Autopedale bedienen kann, ist nicht nachvollziehbar. Auch aus neurologischen Gründen spricht nichts dafür, dass die Klägerin die Pedale nicht bedienen kann. Insoweit hat Dr. T. in seinem Gutachten ausgeführt, dass die Klägerin aus nervenärztlicher Sicht in der Lage wäre, einen PKW zu fahren. Etwas anderes ergibt sich auch nicht auf Grund der von der Klägerin Dr. T. gegenüber beklagten Schmerzen im rechten Fuß. Wenn die Schmerzen so gravierend wären, dass die Klägerin die Pedale eines Fahrzeugs nicht mehr korrekt bedienen könnte, müsste sich dies gravierender im Gehvermögen ausdrücken und insbesondere bedingen, dass die Klägerin zur Entlastung eine Gehhilfe benutzt.

Im Falle der Klägerin resultiert ein Leistungsfall der vollen Erwerbsminderung auch nicht daraus, dass sie wegen der Gesundheitsstörungen im Bereich des Fußes in Kombination mit der Wirbelsäulenerkrankung und der rezidivierenden depressiven Störungen betriebsunübliche Arbeitsbedingungen einhalten muss, denn solche werden hierdurch nicht vorgegeben.

Schließlich liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Zwar liegen bei der Klägerin auf orthopädischem und nervenärztlichem Fachgebiet unterschiedliche qualitative Leistungseinschränkungen vor. Diese ergeben jedoch in ihrer Gesamtschau kein unerfüllbares Tätigkeitsbild, sondern vielmehr insgesamt das typische Bild einer in jeder Hinsicht leichten Tätigkeit, die überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit des Wechsels der Körperhaltung zu verrichten ist. Der Große Senat des BSG hat hierzu ausdrücklich entschieden, dass für die Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit die konkrete Benennung von Verweisungstätigkeiten auch dann nicht erforderlich ist, wenn der Versicherte körperlich leichte Tätigkeiten vollschichtig nur mit weiteren Einschränkungen verrichten kann, soweit diese nicht als ungewöhnliche Einschränkung zu bezeichnen sind (BSG, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - GS2/95 - in juris). Ungewöhnliche Leistungseinschränkungen sind bei der Klägerin jedoch nicht diagnostiziert.

d) Der Senat war an einer Entscheidung auch nicht durch den Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG bei Dr. E. gehindert. Dieser Antrag ist nach § 109 Abs. 1 SGG abzulehnen. Das Gericht kann nach § 109 Abs. 1 SGG die Anhörung davon abhängig machen, dass der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt. Nach § 109 Abs. 2 SGG kann das Gericht einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht wurde. Davon ist hier auszugehen. Denn die Klägerin hat den mit gerichtlicher Verfügung vom 12. Dezember 2014 angeforderten Vorschuss in Höhe von EUR 1.200,00 innerhalb der vom Senat hierfür gesetzten Frist bis 30. Januar 2015 nicht bezahlt. Bis heute ist keine Zahlung eingegangen. Auf den erst am 10. April 2015 beim Senat eingegangenen Antrag, die Frist zur Einzahlung des Vorschusses bis zum 15. Mai 2015 zu verlängern, war die Frist nicht antragsgemäß zu verlängern, denn dieser Antrag wurde fast zweieinhalb Monate nach Ablauf der Frist gestellt. Damit hat die Klägerin auch die für eine ordnungsgemäße Prozessführung erforderliche Sorgfalt im Zusammenhang mit dem Antrag nach § 109 SGG außer Acht gelassen, weshalb der Antrag auch nach § 109 Abs. 2 SGG abzulehnen ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

4. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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