L 1 SF 2000/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 14 SO 1203/14 WA
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 SF 2000/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 29.04.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Gerichtsbescheid, mit dem seine Klage auf Wiederaufnahme eines eigenständigen Beweissicherungsverfahrens abgewiesen wurde.

Am 21.12.2013 beantragte der Kläger beim Sozialgericht Karlsruhe zur Frage seiner Prozessfähigkeit im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens ein Sachverständigengutachten gemäß den §§ 485 ff. Zivilprozessordnung (ZPO). Zur Begründung trug er vor, es sei die Frage streitig, ob er prozessfähig sei bzw. ob Nichtigkeitsgründe vorlägen und ob wirksam Zustellungen an ihn möglich seien. Das Sozialgericht K. hat das Verfahren nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 21.01.2014 an das Sozialgericht U. verwiesen.

Mit Beschluss vom 27.03.2014 (Az.: S 14 SF 337/14 BW) lehnte das Sozialgericht U. den Antrag auf Durchführung eines selbstständigen Beweissicherungsverfahrens ab, da diesem Antrag das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehle.

Mit Schreiben vom 04.04.2014, eingegangen am 08.04.2014, hat der Kläger gegen den Beschluss vom 27.03.2014 Beschwerde eingelegt und zugleich Nichtigkeitsklage erhoben.

Die Beschwerde wurde mit Beschluss des Senats vom 05.05.2014 (Az.: L 1 SF 1865/14 B) zurückgewiesen. Über die Nichtigkeitsklage hat das Sozialgericht U. mit Gerichtsbescheid vom 29.04.2014 entschieden und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beschluss vom 27.03.2014 sei mit der Beschwerde angefochten worden, sodass der Beschluss noch nicht rechtskräftig sei. Eine Wiederaufnahme käme aber nur in Betracht, wenn eine rechtskräftige Entscheidung vorliege.

Entsprechend der Rechtsmittelbelehrung hat der Kläger gegen diesen Gerichtsbescheid am 13.05.2014 Berufung eingelegt und ausgeführt, er sei nach einem Gutachten vom 08.10.2013 prozessunfähig. Deshalb sei die Nichtigkeitsklage statthaft und der Beschluss müsse aufgehoben werden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts U. vom 29.04.2014 aufzuheben und das Verfahren mit dem Aktenzeichen S 14 SF 337/14 BW wieder aufzunehmen und ein Beweissicherungsverfahren zur Frage seiner Prozessfähigkeit durchzuführen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Gericht vorliegenden Akten des Sozialgerichts U. S 14 SF 337/ 14 BW sowie auf S 14 SO 1203/14 WA und auf die Berufungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Die Nichtigkeitsklage des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts U. vom 27.03.2014 ist unzulässig. Der Senat lässt offen, ob die Erhebung einer Nichtigkeitsklage wegen Verkennens der Prozessunfähigkeit konsequenterweise durch seinen gesetzlichen Vertreter zu erfolgen hat, denn eine Klage eines (angeblich) Prozessunfähigen selbst wäre unzulässig (vgl. dazu Greger in Zöller, ZPO, 30. Aufl. § 579 Rdnr. 10). Der Senat geht allerdings davon aus, dass der Kläger prozessfähig ist, sodass es auch insoweit keiner weiteren Beweiserhebung bedarf. Der Senat folgt in Bezug auf die Prozessfähigkeit des Klägers dem Gutachten von PD Dr. N. V. vom 19.05.2014. Dieser hat beim Kläger zwar eine Persönlichkeitsstörung und eine querulatorische Entwicklung diagnostiziert, aber aus fachpsychiatrischer Sicht keine Prozessunfähigkeit feststellen können. Die Diagnose von PD Dr. V. stimmt im Übrigen mit dem Gutachten vom Ltd.-Med.-Dir. Dr. S. überein. Beide Gutachten legen schlüssig und nachvollziehbar dar, dass keine wahnhafte Erkrankung beim Kläger vorliegt und er durchaus noch in der Lage ist, sein Handeln zu steuern (vgl. zur Frage der Prozessfähigkeit des Klägers auch ausführlich: LSG Bad.-Württ. Urt. vom 30.04.2014 - L 2 SF 3694/12 EK -).

Die Wiederaufnahme (§ 578 ZPO) des rechtskräftig abgeschlossenen selbstständigen Beweissicherungsverfahrens im Wege der Nichtigkeitsklage nach § 579 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ist aber bereits deshalb unzulässig, weil dem Kläger sowohl für die Durchführung des Beweissicherungsverfahrens als auch für die Erhebung der Nichtigkeitsklage das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Auch insoweit kann der Senat offen lassen, ob das rechtskräftig abgeschlossene selbstständige Beweissicherungsverfahren und der diesbezügliche ablehnende Beschluss einem rechtskräftigen Endurteil gleichsteht, denn auf diese Frage kommt es nicht an. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt dem Kläger, weil seine Prozessfähigkeit eine zwingende Prozessvoraussetzung ist, die von jedem Gericht von Amts wegen ermittelt werden muss. Dabei ist das Gericht nicht an die förmlichen Beweismittel gebunden, sondern es gilt der Grundsatz des Freibeweises. Sowohl wegen der von Amts wegen zu ermittelnden Prozessfähigkeit als auch wegen der insoweit möglichen Beweiswürdigung im Wege des Freibeweises verändert sich die Rechtsposition auch nach Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens, wie vom Kläger beantragt, nicht. Jedes Gericht wird sich vielmehr seine eigene Auffassung zur Prozessfähigkeit des Klägers zu bilden haben. Im Übrigen ist dies dem Kläger auch bekannt, denn die bisher über ihn erhobenen Gutachten sind jeweils auf Veranlassung eines Gerichts erfolgt, das der Kläger zuvor angerufen hatte. Auch diese seine Nichtigkeitsklage ist Ausdruck seiner querulatorischen Entwicklung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe für eine Revisionszulassung vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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