L 2 SO 3214/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SO 649/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 3214/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob der Kläger zu einem Kostenbeitrag für die Einnahme des Mittagessens in der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM), in der er beschäftigt ist, herangezogen werden kann.

Der Kläger besucht seit Jahren eine WfbM. Er bezieht eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (laufender Zahlbetrag ab 1. Juli 2012 738,70 EUR). Daneben verfügt er seit dem Eintritt in den Werkstattbereich der WfbM über ein monatliches Entgelt aus der dortigen Beschäftigung in Höhe von brutto 325,00 EUR, netto 323,69 EUR. Für die vom Kläger angemietete Unterkunft beträgt die monatliche Kaltmiete 295,00 EUR zuzüglich einem monatlichen Betrag in Höhe von 85,00 EUR für Heiz- und Betriebskosten, insgesamt 380,00 EUR. Seit dem 1. September 2014 beträgt die Miete insgesamt 434,00 EUR (Kaltmiete 309,00 EUR und Nebenkosten 125,00 EUR).

Bereits mit Bescheid vom 3. Dezember 2003 hatte der Landeswohlfahrtsverband (LWV) einen Kostenbeitrag des Klägers für die Einnahme des Mittagessens in der WfbM in Höhe von 3,00 EUR täglich festgesetzt.

Mit Schreiben vom 21. August 2012 beantragte der Kläger bei der seit 1. Januar 2005 als Rechtsnachfolgerin des LWV zuständigen Beklagten die Befreiung von der Heranziehung zum Kostenbeitrag zum Mittagessen. Mit Bescheid vom 1. Oktober 2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger verfüge über ein Einkommen in Höhe von insgesamt 1.032,50 EUR (Rente 738,70 EUR und zu berücksichtigendes WfbM-Einkommen 293,80 EUR). Bei der Erhebung des Kostenbeitrags sei auch berücksichtigt worden, dass ihm weiterhin ein notwendiger und angemessener Lebensbedarf zur Verfügung stehe. Ausgehend von den der Beklagten bekannten Daten sei ein fiktiver Grundsicherungsbedarf des Klägers in Höhe von 824,24 EUR ermittelt worden (die hier maßgebliche Regelbedarfsstufe einschließlich eventueller Mehrbedarfe und Aufwendungen für Unterkunft und Heizung). Demgegenüber stehe ein anzurechnendes Einkommen in Höhe von monatlich 915,20 EUR (Rente 738,70 EUR sowie zu berücksichtigendes WfbM-Einkommen nach Absetzung des Freibetrags bei Grundsicherungsbezug in Höhe von 176,50 EUR). Damit übersteige sein Einkommen den Grundsicherungsbedarf um monatlich 90,96 EUR. Reduziere man darüber hinaus die Regelleistung im Bereich der fiktiven Grundsicherung um den auf die Ernährung, das Mittagessen entfallenden Anteil in Höhe von aktuell 22,80 EUR pro Monat, übersteige sein Einkommen die Grundsicherungsleistung sogar um 113,76 EUR. Dem stünden ein Kostenbeitrag in Höhe von 51,00 EUR gegenüber. Damit verbliebe ihm auch nach Inanspruchnahme noch ein monatlicher Betrag in Höhe von 62,76 EUR über dem fiktiven Grundsicherungsanspruch.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, dass sein Einkommen die Einkommensgrenze des § 85 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) nicht überschreite. § 92 Abs. 2 SGB XII sei nicht die gegenüber § 85 Abs. 1 SGB XII speziellere und abschließende und daher einschlägige Regelung. § 92 Abs. 2 SGB XII schaffe keine außerhalb der allgemeinen Einkommensgrenze stehende Sonderregelung, sondern stelle eine Einschränkung des § 92 Abs. 1 SGB XII dar. Den dort Ersatzpflichtigen werde lediglich zugemutet, die Kosten für den Lebensunterhalt aufzubringen, sofern sie überhaupt nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII (§§ 85 ff. SGB XII) zu einem Kostenbeitrag herangezogen würden. Der Kläger verwies hierzu auf die Rechtsprechung des LSG Niedersachsen-Bremen in seinen Urteilen vom 24. September 2009 - L 8 SO 154/07 - und vom 25. Februar 2010 - L 8 SO 5/08 -. Sein Einkommen liege unter der allgemeinen Einkommensgrenze des § 85 SGB XII, da nicht nur der zweifache Regelsatz, sondern zusätzlich auch noch die Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen seien. Die Einkommensgrenze betrage somit 748,00 EUR plus 380,00 EUR und damit 1.128,00 EUR, sein Einkommen betrage lediglich 1.063,70 EUR.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie verwies darauf, dass es sich bei den Leistungen im Arbeitsbereich der WfbM um eine Maßnahme nach § 41 SGB IX i.V.m. § 54 SGB XII handele, die in § 92 Abs. 2 Nr. 7 SGB XII genannt sei. Gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 7 SGB XII und § 92 Abs. 2 Satz 3 und 4 SGB XII seien die Kosten des Lebensunterhalts bei den in § 19 Abs. 3 SGB XII genannten Personen nur für die Kosten des ersparten häuslichen Lebensunterhaltes anzusetzen, im Fall des Werkstattsbesuchs gemäß Nr. 7 nur dann, wenn das Einkommen des behinderten Menschen den zweifachen Regelsatz der Bedarfsstufe I übersteige. Im maßgeblichen Zeitraum habe der zweifache Regelsatz der Bedarfsstufe I 748,00 EUR betragen. Das bereinigte Nettoeinkommen des Klägers habe 915,20 EUR betragen, sodass der zweifache Regelsatz nicht unterschritten worden sei. Bei der pflichtgemäßen Ausübung des Ermessens bei der Festsetzung des Kostenbeitrags sei auch geprüft worden, ob dem Kläger das Zahlen eines Kostenbeitrags zumutbar sei und ihm weiterhin ein notwendiger und angemessener Lebensbedarf zur Verfügung stehe. Deshalb sei ein fiktiver Grundsicherungsbedarf ermittelt worden. Im Ergebnis sei festgestellt worden, dass das Einkommen den ermittelten fiktiven Grundsicherungsbedarf um 90,96 EUR übersteige. Selbst nach Abzug eines Kostenbeitrags in Höhe von 51,00 EUR, der einer durchschnittlichen Einnahme des Mittagessens in der WfbM an 17 Tagen entsprechen würde, verbleibe noch ein den fiktiven Grundsicherungsanspruch übersteigendes Einkommen. Die vom Kläger zitierten Urteile seien aufgrund einer anderen Fallgestaltung ergangen und würden nicht den hier zugrunde liegenden Fall eines volljährigen Menschen, der in der WfbM beschäftigt sei, betreffen. Ein Verzicht auf die Kostenbeitragserhebung würde unter Anwendung der Einkommensgrenze des § 85 SGB XII bei einem deutlich über einer Grundsicherungsleistung nach Kapitel 4 SGB XII liegenden Einkommen im Vergleich zu den in der WfbM beschäftigten Menschen im Grundsicherungsbezug zu einer nicht zu vertretenden Ungleichbehandlung und Besserstellung führen. Dieser Personenkreis, der über deutlich niedrigere Leistungen für den Lebensbedarf verfüge, müsse sich an den Kosten für ein Mittagessen der WfbM mit einem Abzug vom Regelsatz für eine häusliche Ersparnis beteiligen.

Dagegen hat der Kläger am 6. März 2013 Klage vor dem Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und im Wesentlichen wie bereits im Widerspruchsverfahren vorgetragen.

Mit Urteil vom 17. Juni 2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, maßgebliche Rechtsgrundlage für die Erhebung des hier streitigen Kostenbeitrages sei § 92 SGB XII. Gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB XII seien die Leistungen für eine stationäre Einrichtung, für eine Tageseinrichtung für behinderte Menschen oder für ärztliche oder ärztlich verordnete Maßnahmen auch dann in vollem Umfang zu erbringen, wenn den in § 19 Abs. 3 genannten Personen die Aufbringung der Mittel zu einem Teil zuzumuten sei. In Höhe dieses Teiles hätten sie zu den Kosten der erbrachten Leistungen beizutragen. Mehrere Verpflichtete würden als Gesamtschuldner haften (§ 92 Abs.1 Satz 2 SGB XII). Den in § 19 Abs. 3 genannten Personen - zu denen auch der Kläger gehöre - sei die Aufbringung der Mittel nur für die Kosten des Lebensunterhaltes zuzumuten bei Leistungen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen nach § 41 SGB IX und in vergleichbaren sonstigen Beschäftigungsstätten (§§ 56, 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 SGB XII). Die Aufbringung der Mittel nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und Nr. 8 SGB XII sei aus dem Einkommen nicht zumutbar, wenn das Einkommen des behinderten Menschen insgesamt einen Betrag in Höhe des Zweifachen der Regelbedarfsstufe I nach der Anlage zu §18 nicht übersteige (§ 92 Abs. 2 Satz 4 SGB XII). Entgegen der Auffassung des Klägers handele es sich bei der beschränkten Heranziehung zu einem Kostenbeitrag für das Mittagessen in einer WfbM nach § 92 Abs. 2 SGB XII um eine spezielle abschließende Regelung, die die allgemeinen Regelungen über die Anrechnung von Einkommen verdränge (mit Hinweis u.a. auf Urteil des VG Halle (Saale) vom 6. Oktober 2004 - 4 A 177/02 - zur nahezu gleichlautenden Vorgängernorm § 43 Abs. 2 BSHG, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Dezember 2013 - L 7 SO 402/11 -). Nach Auffassung des SG konkretisiere die Vorschrift für die dort geregelten Fälle den Begriff der Zumutbarkeit. Der Zumutbarkeitsmaßstab der §§ 82, 85 SGB XII sei nicht heranzuziehen. Dies ergäbe sich zum einen aus dem Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang, dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte der Norm. § 92 Abs. 2 Satz 1 SGB XII beschränke die kostenbeitragspflichtigen Sozialhilfeaufwendungen für bestimmte, in den dortigen Nrn. 1 bis 8 aufgeführte Maßnahmen im Sinne einer Obergrenze auf die Kosten des Lebensunterhalts. Eine Beteiligung an den Kosten der Eingliederungshilfemaßnahme selbst sei für diese enummerativ aufgeführten Fälle ausgeschlossen. Damit könnten die Maßnahmen nach § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis Nr. 6 SGB XII unabhängig von jeglicher Einkommensgrenze beansprucht werden; die Kostenbeteiligung sei dort auf die häusliche Ersparnis beschränkt. Zweck dieser Regelung sei es, die Eltern behinderter Kinder in ihrer aktiven Mitwirkung an der Eingliederung ihrer Kinder zu unterstützen; dieses Allgemeininteresse an der Eingliederung solle nicht durch wirtschaftliche Überlegungen der Eltern gefährdet werden (mit Hinweis zur nahezu gleichlautenden Vorgängernorm § 43 Abs. 2 Satz 1 BSHG auf Bundesverwaltungsgericht in BVerwGE 48, 228, 243). Durch die Regelung in § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und 8 SGB XII hätten sich die in einer WfbM beschäftigten Menschen nunmehr ebenfalls nur an den Kosten für den Lebensunterhalt zu beteiligen. Hierbei verdeutliche die in § 92 Abs. 2 Satz 3 SGB XII eingefügte Einschränkung der ersparten häuslichen Aufwendungen auf die Nrn. 1 bis 6 der Vorschrift, dass der Lebensunterhalt in einer WfbM lediglich in der Zurverfügungstellung eines Mittagsessens bestehe (mit Hinweis auf Bundestagsdrucksache - BT-Drs. -14/1574 S. 124 f. zur gleichlautenden Vorgängernorm § 43 BSHG). Nach den gesetzgeberischen Motiven hätten Auseinandersetzungen über die tatsächliche Ersparnis in diesen Fällen vermieden werden sollen, zugleich habe aber mit dieser besonderen Regelung auch erreicht werden sollen, dass mit dem Verzicht auf die Bedürftigkeitsprüfung die vollen Leistungen allen in einer WfbM Beschäftigten in vollem Umfang zur Verfügung gestellt würden und nur die einen Kostenbeitrag zum Essen zu leisten hätten, die über entsprechende Eigenmittel, z.B. Rentenleistungen verfügten (Hinweis auf BT-Drs. 14/5074 S.125). Als Ergebnis der damaligen Ausschussberatungen sei in den § 43 Abs. 2 BSHG ferner der Gesetz gewordene Satz 3 (nahezu inhaltsgleich zum hier maßgeblichen § 92 Abs. 2 Satz 4 SGB XII) eingefügt worden. Die Änderung habe der Klarstellung gedient, dass eine Beteiligung der im Arbeitsbereich einer WfbM beschäftigten Menschen nicht - auch nicht in Höhe des Kostenbeitrags für das Mittagsessen - in Betracht komme, wenn diese nur Einkommen bis zum doppelten Regelsatz eines Haushaltsvorstandes erzielen würden (BT-Drs. 14/5800 S 35). Hieraus ergebe sich zur Überzeugung des SG, dass die Zumutbarkeit des Einkommenseinsatzes bei der Heranziehung zu einem Kostenbeitrag für das Mittagessen von Beschäftigten im Arbeitsbereich einer WfbM - wie beim Kläger - alleine an § 92 Abs. 2 Satz 1 und 4 SGB XII zu messen sei. Eine weitere Bedürftigkeitsprüfung nach § 92 Abs. 1 i.V.m. den §§ 82, 85 SGB XII finde nicht statt. Das SG ist nicht der in Teilen der Rechtsprechung sowie der Literatur vertretenen Auffassung gefolgt, die ausgehend vom Zumutbarkeitsbegriff in § 92 Abs. 1 SGB XII für die Fälle des § 92 Abs. 2 SGB XII eine ergänzende Heranziehung der Regelung zum Einsatz von Einkommen und Vermögen (§§ 82, 85 f. SGB XII) verlangen würden (mit Hinweis auf LSG Niedersachsen-Bremen Urteile vom 24. September 2009 und 25. Februar 2010). Daher sei, nachdem die Beklagte fehlerfrei die Einkommensgrenzen wie auch die Höhe des Kostenbeitrages ermittelt habe, der Kläger zur Leistung des Kostenbeitrages in der genannten Höhe verpflichtet und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat gegen das seinem Bevollmächtigten am 1. Juli 2004 mit Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil am 31. Juli 2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht der Klägerbevollmächtigte geltend, entgegen der Auffassung des SG handele es sich bei § 92 Abs. 2 SGB XII keineswegs um eine spezielle abschließende Regelung. Dies zeige sich schon bei der Überlegung, dass nach dieser Ansicht ein in einer WfbM Beschäftigter auch dann zu den Kosten des Mittagsessens herangezogen werden könnte, wenn sein Einkommen den doppelten Regelbedarf übersteige, er aber eine Miete mit Nebenkosten zu zahlen habe, die über dem einfachen Regelbedarf liege, sodass ihm bei einer Heranziehung zu den Kosten des Mittagessens weniger als der einfache Regelbedarf verbliebe. Damit würde aber der Beschäftigte in einer WfbM, der eigenes Einkommen beziehe, über die Heranziehung zu den Kosten demjenigen gleichgestellt, der Grundsicherungsleistungen beziehe. Dies sei aber nicht die Absicht des Gesetzgebers bei Schaffung der Regelung in § 92 Abs. 2 SGB XII gewesen. Um diese Konsequenz zu vermeiden, die sich aus der vom SG geteilten Ansicht der Beklagten ergebe, führe die Beklagte eine Vergleichsberechnung durch und damit eine durch das Gesetz nicht vorgesehene weitere Einkommensgrenze ein, indem sie den fiktiven Grundsicherungsbedarf des Klägers ermittle und diesen dem Einkommen des Klägers gegenüberstelle und prüfe, ob bei einer Heranziehung zu den Kosten des Mittagessens der Grundsicherungsbedarf unterschritten werde. Mit dieser Vergleichsberechnung würden die Wohnkosten bei der Einkommensgrenze berücksichtigt, obwohl nach der vom SG und der Beklagten vertretenen Rechtsansicht, wonach § 92 Abs. 2 SGB XII eine abschließende und spezielle Regelung darstelle, die Wohnkosten völlig außer Betracht zu bleiben hätten, da dort nur auf den Betrag in Höhe des zweifachen der Regelbedarfsstufe I nach der Anlage zu § 28 abgestellt werde. Auch dies zeige, dass die vom Kläger vertretene Ansicht des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen zutreffend sei, wonach zunächst zu prüfen sei, ob der Beschäftigte in einer WfbM überhaupt nach den Vorschriften des Elften Kapitels des SGB XII (§§ 85 ff.) zu einem Kostenbeitrag herangezogen werden könne. Da der Kläger diese Einkommensgrenze nicht übersteige, sei er nicht zu einem Kostenbeitrag verpflichtet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 17. Juni 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Oktober 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2013 und den Bescheid des Landeswohlfahrtsverbandes vom 3. Dezember 2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Im Hinblick auf den Antrag des Klägers vom Juni 2012 auf Befreiung vom Kostenbeitrag für das Mittagessen in der WfbM sei dieser aufgefordert worden, notwendige Nachweise zur Überprüfung vorzulegen. Der Kläger habe aufgrund seiner Rente sowie dem Einkommen aus der Beschäftigung in der WfbM insgesamt über monatliche Einnahmen in Höhe von 1.032,50 EUR verfügt. Daher sei mit Bescheid vom 1. Oktober 2012 weiterhin der Kläger zum Kostenbeitrag in Höhe von 3,00 EUR für das dort eingenommene Mittagessen herangezogen worden. Durchschnittlich habe er 17 Mittagessen pro Monat nach Kenntnis der Beklagten eingenommen. Mit dem SG sei auch der Beklagte der Auffassung, § 92 Abs. 2 Satz 4 SGB XII stelle eine spezielle und abschließende Regelung für die Festsetzung des Kostenbeitrags dar. Andernfalls hätte es einer solchen Regelung nicht bedurft, wenn der Gesetzgeber auch in diesen Fällen die Einkommensgrenze nach § 85 SGB XII vorgesehen und gewollt hätte. Auch die Zumutbarkeit des Einkommenseinsatzes sei an dieser gesetzlichen Regelung zu messen. Der Kostenbeitrag in Höhe von 3,00 EUR für ein eingenommenes Mittagessen sei angemessen, da er den tatsächlichen finanziellen Wert und Abgabepreis eines Mittagessens in der WfbM nicht übersteige. Ausgehend von einer Mittagsverpflegung an durchschnittlich 17 Tagen pro Monat entstehe dem Kläger durch den Kostenbeitrag ein monatlicher Aufwand in Höhe von 51,00 EUR, dem wiederum eine häusliche Ersparnis entgegenzurechnen sei. Das monatliche Einkommen des Klägers mit 1.032,50 EUR habe zum Zeitpunkt des Kostenbeitragsbescheides vom 1. Oktober 2012 die Einkommensgrenze gemäß § 92 Abs. 2 Satz 4 SGB XII um 284,50 EUR überstiegen. Um die Zumutbarkeit des Kostenbeitrags zu beurteilen, sei eine Vergleichsberechnung zu einem fiktiven Grundsicherungsbedarf des Klägers vorgenommen worden. Auch danach übersteige das Einkommen des Klägers einen fiktiven Grundsicherungsbedarf, einschließlich eines Freibetrages für Erwerbstätigkeit um monatlich 90,96 EUR. Das Verdeutlichen der Angemessenheit und Zumutbarkeit des Kostenbeitrages in Höhe von 3,00 EUR für ein eingenommenes Mittagessen in der WfbM über die Vergleichsberechnung stelle keine weitere Einkommensgrenze dar. Das Heranziehen eines fiktiven Grundsicherungsanspruches, bei dem in der Tat auch Wohnkosten berücksichtigt würden, zeige vielmehr, dass der Verzicht auf einen Kostenbeitrag eine Ungleichbehandlung gegenüber einem Grundsicherungsbezieher darstellen würde. Entsprechend der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11. Dezember 2007 (B 8/9b SO 21/06 R) sei der Sozialhilfeträger grundsätzlich befugt, bei einem Empfänger von Grundsicherungsleistungen eine häusliche Ersparnis wegen eines kostenlosen Mittagessens in der WfbM in Ansatz zu bringen. Da die gewährte Regelleistung von einer vollen Verpflegung ausgehe, würde sich bei einer regelmäßigen Mittagsverpflegung in der WfbM nach den örtlichen Regelungen aktuell ein Abzug der Regelleistung für Ernährung im Regelbedarf Stufe I um 22,50 EUR ergeben, der, soweit der Kläger Grundsicherungsleistungen beziehen würde, in Abzug gebracht werden würde. Ein Verzicht auf den Kostenbeitrag beim Kläger würde angesichts seines deutlich über einer Grundsicherung liegenden Einkommens im Vergleich zu den in der WfbM beschäftigten Menschen im Grundsicherungsbezug zu einer nicht vertretbaren Ungleichbehandlung und zu einer Besserstellung führen.

Die Beteiligten wurden mit Schreiben vom 13. Januar 2015 darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit bestehe, dass der Senat die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweise, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Den Beteiligten war Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 und Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form-und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten, die für den Senat keinen Anlass zu einem anderen Verfahren gegeben hat, gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Zutreffend hat das SG auf der Grundlage und unter Darstellung der hier maßgeblichen gesetzlichen Regelung in § 92 Abs. 2 SGB XII und gestützt auf das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 12. Dezember 2013 (L 7 SO 402/11) die Inanspruchnahme des Klägers für das ihm in der Werkstatt für behinderte Menschen gewährte Mittagessen bestätigt und die Klage zu Recht abgewiesen. Auch nach Einschätzung des Senates handelt es sich bei der Regelung in § 92 Abs. 2 SGB XII um eine spezielle abschließende Regelung, die die allgemeinen Regelungen über die Anrechnung von Einkommen (§§ 85 f. SGB XII) verdrängt. Es wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen wie auch die bereits zitierte Entscheidung des LSG Baden-Württemberg vom 12. Dezember 2013 Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe hier abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Soweit der Kläger neben dem die Befreiung vom Kostenbeitrag für die Einnahme des Mittagessens ablehnenden Bescheid vom 1. Oktober 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2013 darüber hinaus auch die Aufhebung des Bescheides vom 3. Dezember 2003 des LWV beantragt, scheitert dieses Begehren schon daran, dass der Antrag des Klägers vom 21. August 2012 offensichtlich nur eine Befreiung vom Kostenbeitrag zum Mittagessen für die Zukunft betraf, keineswegs aber eine Überprüfung für die Vergangenheit nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) beantragt worden war und insoweit eine Verwaltungsentscheidung auch nicht ergangen ist. Ganz abgesehen davon, dass bei einem solchen Verfahren ohnehin nur rückwirkend für ein Jahr überhaupt eine entsprechende Befreiung in Betracht käme (vgl. § 116a SGB XII), würden auch in der Sache selbst die Voraussetzungen aus den oben genannten Gründen auch hierfür nicht vorliegen.

Aus diesen Gründen ist daher die Berufung zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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