L 3 SB 4485/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 574/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 4485/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 7. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten im Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

Die Kosten des auf Antrag der Klägerin erhobenen Gutachtens von Dr. L. vom 27. März 2015 werden nicht auf die Staatskasse übernommen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung).

Bei der 1934 geborenen, im Inland wohnhaften Klägerin waren zuletzt ein Grad der Behinderung (GdB) von 90 sowie das Merkzeichen "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) festgestellt worden (Bescheid vom 14.02.2011). Das damals ebenfalls begehrte Merkzeichen "aG" lehnte das Landratsamt A. (LRA) ab. Dieser Entscheidung lag die gutachtliche Stellungnahe des OMedR B. vom 11.02.2011 zugrunde. Danach bestanden bei der Klägerin folgende Funktionsbeeinträchtigungen: Herzleistungsminderung, Lungenfunktionseinschränkung (Einzel-GdB 60), Funktionsbehinderung beider Kniegelenke, Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform, Polyarthrose, Restless-legs-Syndrom und Polymyalgie, chronisches Schmerzsyndrom (Einzel-GdB 50), Funktionsbehinderung des rechten Schultergelenks, Teillähmung des rechten Armnervengeflechts (Einzel-GdB 30), Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen (Einzel-GdB 20), chronisch-venöse Insuffizienz beidseits (Einzel-GdB 10). Der Gesamt-GdB betrage 90. Die Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" hielt OMedR B. nicht für gegeben. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagten nach Auswertung des Befundberichts von Dr. C., Facharzt für Orthopädie, vom 10.03.2011 durch seinen Ärztlichen Dienst (gutachtliche Stellungnahme des Dr. D. vom 03.05.2011) mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2011 zurück. Eine außergewöhnliche, mit Rollstuhlabhängigkeit vergleichbare Einschränkung des Gehvermögens auf das Schwerste liege nicht vor. Mit der von ärztlicher Seite angegebenen Gehstrecke von zwei Kilometern mit Stockhilfe lasse sich die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" nicht begründen. Die dagegen zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhobene Klage nahm die Klägerin zurück.

Am 10.06.2013 beantragte die Klägerin erneut beim LRA die Feststellung des Merkzeichens "aG". Sie legte das Attest des Dr. E. vom 29.05.2015 vor, wonach das Gehvermögen der Klägerin nach mehrfachen Operationen (Knietotalendoprothese rechts 2013, Hüfttotalendoprothese links 2012, Dekompression einer Spinalkanalstenose 2011) in den letzten zwei Jahren erheblich beeinträchtigt sei. Für längere Gehstrecken seien Unterarmgehstützen erforderlich. Im aktenkundigen Entlassbericht der Klinik am F. vom 23.03.2013 über die in der Zeit vom 04.03.2013 bis 23.03.2013 durchgeführte Anschlussheilbehandlung nach Implantation der Knietotalendoprothese am 20.02.2013 heißt es, die klinische Untersuchung zeige ein relativ flüssiges, sicheres Gangbild an zwei Unterarmgehstützen. Der Beklagte holte einen Befundbericht bei Dr. E. ein, der am 30.08.2013 einging. Dieser teilte darin mit, die Beweglichkeit betrage für das rechte Kniegelenk für Extension/Flexion 0/0/100 Grad, für das linke Hüftgelenk für Extension/Flexion 0/0/95 Grad und Abduktion 30 Grad. Das Gangbild erscheine etwas unsicher, die maximale Gehstrecke betrage 300 Meter, danach sei eine Pause notwendig. OMedR B. kam in Auswertung dieser Unterlagen zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" keinesfalls vorlägen (gutachtliche Stellungnahme vom 16.10.2013). Daraufhin lehnte das LRA mit Bescheid vom 18.10.2013 die Zuerkennung des begehrten Merkzeichens ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte nach Einholung einer weiteren gutachtlichen Stellungnahme bei Dr. H., welche dieser unter dem 21.11.2013 erstattete, mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2013 zurück. Es bestehe ein völlig reguläres postoperatives Ergebnis nach Implantation einer Knieprothese rechts und einer Hüftprothese links. Die Beweglichkeit der Hüftgelenke sei gut. Die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" lasse sich somit nicht begründen.

Die Klägerin hat am 18.02.2014 Klage zum SG erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Vergabevoraussetzungen für das Merkzeichen "aG" seien in ihrem Fall erfüllt. In dem von der Klägerin vorgelegten Attest der Dr. I., Fachärztin für Neurochirurgie, vom 01.09.2014, hat diese ausgeführt, neben einer Spondylolisthese L 4/5 bestünden deutliche degenerative Veränderungen der LWS, weswegen in Folge der dadurch verursachten starken Schmerzen sowohl das Gehvermögen als auch die Gehstrecke erheblich eingeschränkt seien.

Das SG hat sachverständige Zeugenauskünfte bei Dr. J., Arzt für Allgemeinmedizin und bei Dr. K., Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin, Orthopädie und Unfallchirurgie eingeholt. Dr. J. hat unter dem 15.04.2014 ausgeführt, die Klägerin sei ohne fremde Hilfe und Gehstützen nur in der Lage, kurze Strecken zu bewältigen. Über längere Strecken benötige sie Gehstöcke oder Hilfe durch Begleitpersonen. Dr. K. hat in seiner Auskunft vom 30.05.2014 ausgeführt, es sei eine wesentliche Verschlimmerung im Gesundheitszustand der Klägerin im Zeitraum zwischen Juni 2013 und April 2014 festzustellen. Die Gehstrecke habe sich von 500 Meter auf 200 Meter reduziert; die Klägerin habe zuletzt eine Gehhilfe benutzen müssen. Die Beschwerden der Wirbelsäule hätten zugenommen und die Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule abgenommen. Bei der Klägerin liege zwar eine Gehbehinderung vor, aber keine außergewöhnliche Gehbehinderung. Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 07.10.2014 die Klage abgewiesen. Unter Darlegung der rechtlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" hat es ausgeführt, die sachverständigen Zeugenauskünfte des Dr. K. und Dr. J. begründeten nicht die Vergabe des Merkzeichens "aG". Diese Einschätzung werde auch durch den Entlassbericht der Klinik am F. vom 23.03.2013 bestätigt. Auch das Attest der Dr. I. biete keine Anhaltspunkte, dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" erfüllt sein könnten.

Gegen diesen Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 28.10.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt und an ihrer Ansicht festgehalten, sie sei außergewöhnlich gehbehindert.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 7. Oktober 2014 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Oktober 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2013 zu verurteilen, das Vorliegen der Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung) ab 10. Juni 2013 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erachtet den angefochtenen Gerichtsbescheid sowie seine Entscheidungen für zutreffend.

Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin hat der Senat das orthopädische Gutachten von Dr. L., Facharzt für Orthopädie, vom 27.03.2015 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, die Gehfähigkeit der Klägerin sei durch Gelenkersatz-Operationen im Bereich der linken Hüfte und des rechten Kniegelenkes sowie durch eine Schwächung der linken Wadenmuskulatur und Achillessehnenruptur beeinträchtigt. Die bestehende Gangunsicherheit erkläre sich durch Missempfindung im Bereich beider Unterschenkel, wohl als Folge einer venösen Insuffizienz. Eine Gehstrecke von 100 Metern sei der Klägerin zumutbar; ein wesentlicher Begrenzungsfaktor sei eine Atemnot, die wohl als Folge der Lungenhypertonie objektivierbar sei. Die von der Klägerin beschriebenen chronischen Schmerzsyndrome, die Folge der degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule und im Bereich der Füße seien, führten nicht zu einer Einschränkung der Gehfähigkeit wie beispielsweise bei Doppeloberschenkelamputierten.

Die Klägerin, die an ihrem Berufungsbegehren festhält, hat sich mit Schriftsatz vom 09.06.2015 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Der Beklagte hat sein Einverständnis unter dem 15.06.2015 mitgeteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )) eingelegte Berufung, über die der Senat nach dem erteilten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig und statthaft (§ 143 SGG).

Die Berufung führt jedoch für die Klägerin nicht zum Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen; der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 18.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Anspruchsgrundlage für die begehrte Feststellung ist § 69 Abs. 4 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX). Hiernach stellen die zuständigen Behörden neben einer Behinderung auch gesundheitliche Merkmale fest, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen für schwerbehinderte Menschen sind. Zu diesen Merkmalen gehört die außergewöhnliche Gehbehinderung im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 14 Straßenverkehrsgesetz (StVG) oder entsprechender straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften, für die in dem Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen "aG" einzutragen ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Schwerbehindertenausweis-Verordnung ( SchwbAuswV )).

a) Ausgangspunkt für die Feststellung der außergewöhnlichen Gehbehinderung ist Abschnitt II Nr. 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung (VwV-StVO). Dies ist, obwohl nach Art. 84 Abs. 2 Grundgesetz (GG) erlassene Verwaltungsvorschriften keine unmittelbare Außenwirkung entfalten, ständige höchstrichterliche Rechtsprechung (zuletzt in Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 05.07.2007, B 9/9a SB 5/06 R, juris). Danach ist außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG, wer sich wegen der Schwere seines Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb seines Kraftfahrzeuges bewegen kann (Abschnitt II Nr. 1 Satz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO). Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außer Stande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind (Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 1 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO), sowie andere Schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch auf Grund von Erkrankungen, dem vorstehenden Personenkreis gleichzustellen sind (Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 Halbsatz 2 zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 VwV-StVO). Ein Betroffener ist gleichzustellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 erster Halbsatz VwV-StVO zu § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO aufgeführten schwerbehinderten Menschen oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (vgl. BSG, Urteil vom 29.03.2007, B 9a SB 5/05 R, juris). Dabei ist zu beachten, dass die maßgebenden straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften nicht darauf abstellen, über welche Wegstrecken ein schwerbehinderter Mensch sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges zumutbar noch bewegen kann, sondern darauf, unter welchen Bedingungen ihm dies nur noch möglich ist, nämlich nur noch mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung. Wer diese Voraussetzungen - praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an - erfüllt, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich auch dann, wenn er gezwungenermaßen auf diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2002, B 9 SB 7/01 R, juris).

Der zum 01.01.2009 in Kraft getretenen Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG vom 10.12.2008 - BGBl. I. S. 2412 (VersMedV) mit den in ihrer Anlage 2 normierten Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG) ließen sich bislang im Ergebnis keine weiteren Beurteilungskriterien für die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des begehrten Merkzeichens "aG" entnehmen. Die in den VG enthaltenen Regelungen zu - unter anderem - diesem Merkzeichen waren als unwirksam anzusehen, da es insoweit an einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung fehlte. Eine solche Ermächtigung fand sich weder in § 30 Abs. 17 BVG in der Fassung bis zum 30.6.2011 beziehungsweise § 30 Abs. 16 BVG in der Fassung ab dem 01.07.2011 noch in sonstigen Regelungen des BVG oder des SGB IX (vgl. Beschluss des Senats vom 15.12.2014, L 3 SB 3922/13; Urteil des Senats vom 28.05.2013, L 3 SB 5383/12, juris). Dies hat sich zwar mit Wirkung ab 15.01.2015 mit Einführung des § 70 Abs. 2 SGB IX geändert. Danach wird das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die medizinische Bewertung des GdB und die medizinischen Voraussetzungen für die Vergabe von Merkzeichen maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind. Jedoch hat der Gesetzgeber von dieser Verordnungsermächtigung noch keinen Gebrauch gemacht. Allerdings hat der Gesetzgeber ebenfalls mit Wirkung ab 15.01.2015 in § 159 Abs. 7 SGB IX eine Übergangsregelung erlassen. Danach sollen, soweit noch keine Verordnung nach § 70 Abs. 2 SGB IX erlassen ist, die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG und der auf Grund des § 30 Abs. 16 BVG erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend gelten. Der Senat lässt es offen, ob der Gesetzgeber damit wirksam und in Übereinstimmung mit verfassungsrechtlichen Grundsätzen für die mit Wirkung zum 01.01.2009 erlassene VersMedV - quasi nachträglich - eine Verordnungsermächtigung hat schaffen können (für eine ausreichende Rechtsgrundlage in Bezug auf die Feststellung des Merkzeichens "aG" siehe LSG, Urteil vom 22.05.2015, L 8 SB 70/13, juris, LSG Urteil vom 21.04.2015, L 6 SB 3121/14, juris). Der Senat stellt daher auf die von der Rechtsprechung für die Feststellung des Merkzeichens "aG" entwickelten Kriterien ab, zumal ein Abstellen auf die VG zu keinem für die Klägerin günstigeren Ergebnis führen würde, denn die dort geregelten Kriterien entsprechen jenen des Straßenverkehrsrechts und eine Erweiterung bzw. Konkretisierung der gleichgestellten behinderten Menschen findet sich dort nur in Bezug auf innere Erkrankungen wie Herzschäden mit schweren Dekompensationserscheinungen oder Ruheinsuffizienz oder wie Atemerkrankungen mit Einschränkungen der Lungenfunktion schweren Grades.

b) Die Klägerin ist nicht außergewöhnlich gehbehindert, insbesondere ist ihr Restgehvermögen nicht wie bei einem doppeloberschenkelamputierten Menschen eingeschränkt. Der Senat folgt der Beurteilung des SG in vollem Umfang. Auch die weitere Beweisaufnahme im Berufungsverfahren hat eine außergewöhnliche Gehbehinderung nicht bestätigen können. Der auf Antrag der Klägerin mit einer Begutachtung beauftragte Dr. L. hat zwar eine Beeinträchtigung der Gehfähigkeit durch Gelenkersatz-Operationen im Bereich der linken Hüfte und des rechten Kniegelenkes sowie durch eine Schwächung der linken Wadenmuskulatur und der stattgehabten Achillessehnenruptur beschrieben. Ferner hat er eine Gangunsicherheit festgestellt, die sich durch Missempfindung im Bereich beider Unterschenkel, verursacht durch eine venöse Insuffizienz, erklärt. Gleichwohl hat er keinen Zweifel daran gelassen, dass der Klägerin eine Gehstrecke von 100 Metern noch zumutbar möglich ist. Dabei hat er darauf hingewiesen, dass Lähmungen der unteren Extremitäten oder dauerhafte Druckschädigungen auf die Nervenwurzeln im Bereich der LWS nicht zu objektivieren sind. Auch die chronischen Schmerzsyndrome als Folge von degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule und der Füße führen dem Sachverständigen zufolge nicht zu derartigen Einschränkungen der Gehfähigkeit, wie sie beispielsweise bei Doppeloberschenkelamputierten bestehen. Die Leistungsbegrenzung der Gehfähigkeit auf 100 Meter hat Dr. L. im Übrigen nicht mit Funktionsbeeinträchtigungen im Bewegungsapparat begründet, sondern der bei der Klägerin bestehenden Atemnot zugeschrieben, die (wohl) als Folge der Lungenhypertonie zu objektivieren ist. Anhaltspunkte dafür, dass bei der Klägerin ein Herzschaden mit schwerer Dekompensationserscheinung oder eine Erkrankung der Atemorgane mit Einschränkung der Lungenfunktion schweren Grades besteht, sind nicht vorhanden, sodass auch insoweit die Klägerin nicht dem ausdrücklich genannten Personenkreis der außergewöhnlich Gebehinderten gleich gestellt werden kann.

2. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG. Die Kosten des nach § 109 Abs. 1 SGG erhobenen Gutachtens von Dr. L. konnten nicht auf die Staatskasse übernommen werden. Dieses Gutachten hat den Rechtsstreit nicht wesentlich gefördert, da auch er eine außergewöhnliche Gehbehinderung nicht festgestellt hat.

3. Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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