L 5 KR 4945/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 3619/13
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4945/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil das Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.08.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Gewährung von Krankengeld im Zeitraum von 19.06.2013 bis 31.12.2013.

Ab 19.01.1999 war der 1961 geborene Kläger aufgrund einer Beschäftigung als Maschinenbediener bei der Firma B. GmbH & Co. KG (nachfolgend: B. KG) Mitglied der Beklagten. Am 24.04.2013 wurde sein Arbeitsverhältnis, in dem er nach den vorgelegten Entgeltabrechnungen in den Monaten von Januar bis März 2013 ein Nettogehalt zwischen EUR 2132,75 und EUR 2283,98 erzielte, durch einen Auflösungsvertrag zum 30.04.2013 beendet. Ebenfalls am 24.04.2013 stellte der behandelnde Arzt des Klägers, Arzt für Allgemeinmedizin Dr. B., dessen Arbeitsunfähigkeit fest (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht bei den Akten). Weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen datieren nach Aufstellung der Beklagten vom 25.04. und 21.05.2013. Der Kläger erhielt von der Beklagten Krankengeld ab 01.05.2013.

Dr. B. gab in dem von ihm am 03.06.2013 ausgestellten Auszahlschein an, dass der Kläger auf den 24.06.2013 wieder einbestellt sei. Arbeitsunfähigkeit liege bis auf weiteres vor. Ein weitere Auszahlschein datiert vom 24.06.2013, in dem ein voraussichtliches Ende der Arbeitsunfähigkeit nicht genannt wird und als nächster Termin der 08.07.2013 angegeben wird. Im Auszahlschein vom 08.07.2013 ist als voraussichtliches Ende der Arbeitsunfähigkeit der 28.07.2013 vermerkt, als nächster Praxisbesuch ist der 29.07.2013 angegeben. Im nächsten, am 30.07.2013 ausgestellten Auszahlschein ist wieder noch bestehende Arbeitsunfähigkeit attestiert, als nächster Praxisbesuch ist der 19.08.2013 vorgesehen. Im bereits am 16.08.2013 ausgestellten Auszahlschein ist das Ende der Arbeitsunfähigkeit offengelassen und als nächster Termin der 08.09.2013 aufgeführt. Am 09.09.2013 fand der nächste Praxisbesuch statt. Mit Auszahlschein vom 09.09.2013 wurde noch bestehende Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Als nächster Termin wurde der 22.09.2013 angegeben. Der nächste Auszahlschein datiert vom 23.09.2013, worin als nächster Praxisbesuch der 10.11.2013 genannt ist. Er bestätigt noch bestehende Arbeitsunfähigkeit. Der Auszahlschein vom 11.11.2013 nennt als letzten Vorstellungstermin den 11.11.2013, bescheinigt erneut Arbeitsunfähigkeit bis auf weiteres und nennt den 22.11.2013 als nächsten Termin. Im Auszahlschein vom 22.11.2013, bei dem als "nächster Praxisbesuch" das Datum 06.12.2013 genannt wird, ist weiterhin Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Dem Auszahlschein vom 09.12.2013 ist zu entnehmen, dass die letzte Vorstellung des Klägers am 09.12.2013 erfolgte und der 09.12.2013 der letzte Tag der Arbeitsunfähigkeit sei. Als Diagnose gibt Dr. B. in den aufgeführten Auszahlscheinen jeweils "idem" an.

Die Beklagte veranlasste eine Kurzbegutachtung nach Aktenlage. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) führte am 29.05.2013 aus, dass der Kläger unter chronischen Erkrankungen, nämlich einer koronaren Herzkrankheit, einem degenerativen Wirbelsäulensyndrom und einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung leide. Dies sei mit einer mittelschweren Tätigkeit vereinbar; der Kläger könne sich der Agentur für Arbeit zur Verfügung stellen.

Mit Gutachten vom 17.06.2013, nach persönlicher Untersuchung des Klägers, stellte Dr. B., MDK, fest, dass der Kläger ab 18.06.2013 wieder arbeitsfähig für seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenarbeiter sei. Mittelschwere körperliche oder geistige Arbeiten könne er ausüben.

Mit Bescheid vom 18.06.2013 teilte die Beklagte dem Kläger das Ende der Arbeitsunfähigkeit und die Beendigung der Krankengeldzahlung zum 18.06.2013 mit.

Hiergegen erhob der Kläger am 21.06.2013 Widerspruch, wobei er zur Begründung auf ein Attest seines Hausarztes Dr. B. verwies. Im Attest vom 24.06.2013 heißt es wörtlich: "in Kombination von schwergradiger COPD belastungsabhängiger AP bei schwergradiger KHK besteht klinisch a.m.S. keinerlei Belastbarkeit für leichte Tätigkeiten".

Mit weiterem Gutachten nach Aktenlage vom 03.07.2013 bestätigte M. F.-E., MDK, dass die Arbeitsunfähigkeit des Klägers mit dem 18.06.2013 beendet gewesen sei. Die vom Hausarzt dargestellte schwergradige COPD und KHK könne nicht nachvollzogen werden. Es bestehe keine Angina Pectoris und keine Dyspnoe in Ruhe und bei leichter Belastung. Eine antianginöse Therapie werde nicht durchgeführt und eine medikamentöse Behandlung der COPD sei nicht erforderlich. Bei der körperlichen Untersuchung des Klägers am 17.06.2013 hätten sich keine kardialen Dekompensationszeichen gezeigt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Der Einschätzung des MDK, dass der Kläger seit 18.06.2013 in der Lage sei, die bisherige Tätigkeit als Maschinenarbeiter wieder vollschichtig auszuüben, sei zu folgen. Dem MDK hätten die Befunde des Hausarztes Dr. B. vorgelegen. Die Einstellung der Krankengeldzahlung zum 18.06.2013 sei zu Recht erfolgt.

Hiergegen erhob der Kläger am 18.10.2013 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Er trug vor, entgegen den Feststellungen des MDK sei er weiterhin arbeitsunfähig gewesen.

Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf das Gutachten des Dr. B., MDK, vom 17.06.2013 entgegen.

Das SG richtete eine Anfrage an den ehemaligen Arbeitgeber des Klägers, die B. KG, und befragte ihn zu den Anforderungen des Arbeitsverhältnisses. Für diesen führte der Personalreferent L. M. unter dem 13.03.2014 aus, dass der Kläger als Maschinenbediener beschäftigt gewesen sei. Er habe in Wechselschicht (6 Uhr bis 14.15 Uhr bzw. 14.15 Uhr bis 22.30 Uhr) im wöchentlichen Wechsel gearbeitet. Er habe in seinem Arbeitsbereich leichte körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis maximal fünf Kilogramm verrichten müssen. Die Tätigkeit sei überwiegend im Stehen, zeitweise auch im Gehen im Einzelakkord erfolgt.

Im Anschluss daran hörte das SG die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen zu ihren während der Behandlung des Klägers getroffenen Feststellungen. Der Orthopäde Dr. D. (Auskunft vom 05.04.2014) teilte mit, dass der Kläger vollschichtig dazu in der Lage sei, eine Tätigkeit als Produktionsmitarbeiter/ Maschinenbediener zu verrichten. Der Allgemeinmediziner Dr. B. führte unter dem 11.04.2014 aus, dass er aufgrund einer Kombination von koronarer Herzkrankheit, COPD und degenerativem Wirbelsäulensyndrom die frühere Tätigkeit des Klägers allenfalls versuchsweise und ohne Akkordschichtbelastung für durchführbar halte. Er fügte u.a. Befundberichte des Internisten Dr. B. vom 07.03.2013 (Diagnosen: Nichtinvasiv kein Anhalt auf KHK, CVRF: Arterielle Hypertonie, Fettstoffwechselstörung, Nikotinabusus, Geringe Aortenklappeninsuffizienz, Mitralklappeninszuffizienz 1. Grades; bei Farbcodierter Echokardiographie Beurteilung: Innerhalb der Messtoleranzen identischer Befund zur Voruntersuchung; Belastungs-EKG: 75 Watt 20 Sekunden, Abbruch wegen Beschwerden im Bewegungsapparat) und vom 08.10.2013 (Diagnosen wie im Bericht vom 07.03.2013 sowie zusätzlich eine leichtgradig eingeschränkte linksventrikuläre Pumpfunktion) bei.

Die Beklagte legte die ärztlichen Unterlagen dem MDK zur nochmaligen Begutachtung vor. Für diesen führte M. F.-E. unter dem 28.05.2014 aus, in den neu vorgelegten Unterlagen seien keine Beeinträchtigungen beschrieben, die nicht bereits ausreichend im Vorgutachten berücksichtigt worden seien, sodass sich auch keine Änderung der Beurteilung ergebe. Für die geklagten Thoraxschmerzen sei eine schwerwiegende kardiale oder orthopädische Ursache ausgeschlossen worden. Eine medikamentöse Schmerztherapie sowie weitere ambulante Behandlungsmaßnahmen seien nicht erforderlich.

In der mündlichen Verhandlung vom 14.08.2014 teilte der Kläger auf Frage zu einer Veränderung seines Gesundheitszustands mit, dass er sich ab 01.01.2014 arbeitssuchend gemeldet habe, nachdem er seinem Arzt mitgeteilt habe, dass er sich eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorstellen könne. Der Arzt habe ihn daraufhin nicht mehr arbeitsunfähig geschrieben.

Mit Urteil vom 14.08.2014 wies das SG die Klage ab. Die zulässige Klage sei nicht begründet. Ein Anspruch auf Gewährung von Krankengeld über den 18.06.2013 hinaus bis 31.12.2013 liege nicht vor. Versicherte hätten gemäß § 44 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig mache oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus-, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt würden. Arbeitsunfähigkeit liege nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) vor, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls konkret ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur auf die Gefahr hin, seinen Zustand zu verschlimmern, verrichten könne. Ende nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit das Beschäftigungsverhältnis, ändere sich der rechtliche Maßstab insofern, als für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit nicht nur die konkreten Verhältnisse am letzten Arbeitsplatz maßgebend seien, sondern abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen sei. Der Versicherte dürfe dann auf gleiche oder ähnlich gelagerte Tätigkeiten verwiesen werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Krankengeldes eng zu ziehen sei. Eine solche Verweisungstätigkeit müsse was die Art der Verrichtung, die körperlichen und geistigen Anforderungen, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Höhe der Entlohnung angehe, mit der bisher verrichteten Arbeit im Wesentlichen übereinstimmen, sodass der Versicherte sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung ausführen könne. Hieran gemessen sei der Kläger spätestens ab dem 19.06.2013 nicht mehr arbeitsunfähig gewesen. Ab diesem Zeitpunkt sei er wieder in der Lage gewesen, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maschinenbediener bzw. eine ähnlich gelagerte Tätigkeit zu verrichten. Nach der Auskunft des Arbeitgebers habe es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um eine körperlich leichte Tätigkeit mit Heben und Tragen von Lasten bis maximal fünf Kilogramm gehandelt, die überwiegend im Stehen zeitweise im Gehen zu verrichten sei. Die Tätigkeit finde an laufenden Maschinen im Einzelakkord und in Schichtarbeit statt und sei mit zeitweiligem Bücken verbunden. Die beim Kläger bestehenden Krankheiten hätten der Ausübung einer solchen Tätigkeit ab dem 19.06.2013 nicht mehr entgegen gestanden. Beim Kläger bestehe eine koronare Herzkrankheit, eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) bei Nikotinabusus und ein Wirbelsäulensyndrom. Hieraus resultierten Schmerzen im Bewegungsapparat, Brustschmerzen und Atemwegsbeschwerden. Entgegen der Ansicht des Hausarztes Dr. B. sei die Ausführung der letzten Erwerbstätigkeit des Klägers hierdurch jedoch nicht ausgeschlossen. Hinsichtlich der koronaren Herzerkrankung stütze sich die Kammer insbesondere auf die Arztbriefe des Dr. B. vom 07.03.2013 und vom 08.10.2013. Dieser habe bei seiner Untersuchung am 04.03.2013 festgestellt, dass kein Anhalt für eine Progression der koronaren Dreigefäßerkrankung bei lediglich geringer Aortenklappeninsuffizienz, einer Mitralklappeninsuffizienz und einer nur leichtgradig eingeschränkten linksventrikulären Pumpfunktion bestehe. Beim Belastungs-EKG habe der Kläger 75 Watt erreicht. Der Abbruch sei nicht wegen kardialer Beschwerden, sondern wegen Beschwerden am Bewegungsapparat erfolgt. Ein ähnliches Bild habe sich bei der am 02.10.2013 durchgeführten Untersuchung gezeigt. Ergometrisch seien Herzanfälle in Form von Brustkorbschmerzen nicht nachweisbar gewesen. Die Einschätzung des MDK sei damit für die Kammer gut nachvollziehbar. Der MDK habe zudem festgestellt, dass der Kläger kardial kompensiert sei. Der Blutdruck habe bei der Untersuchung am 17.06.2013 im Normalbereich gelegen. Im Zusammenhang mit der COPD, die nicht medikamentös behandelt worden sei, sei über der Lunge lediglich bei verstärkter Atmung ein Pfeifen aufgefallen. Angesichts der bei der kardiologischen Untersuchung nur festgestellten leichten Funktionseinschränkungen sei die Verrichtung der letzten Erwerbstätigkeit des Klägers, bei der es sich - auch wenn sie in Akkord- und Schichtarbeit zu erbringen gewesen sei - insgesamt nur um eine leichte körperliche Arbeit gehandelt habe, zumutbar. Auch die orthopädischen Beschwerden stünden der zuletzt ausgeübten Tätigkeit nicht entgegen. Dies belege die Aussage des Dr. D ... Nach dessen Einschätzung hätten sich aus den bei ihm erhobenen Befunden keine Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens ergeben. Die von Dr. B. bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeiten seien nach alledem nicht plausibel begründbar. Eine schwergradige COPD und schwergradige KHK lasse sich mit fachärztlich erhobenen Befunden nicht belegen.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 14.11.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.12.2014 Berufung eingelegt. Die Voraussetzungen für den Krankengeldanspruch lägen im gesamten Zeitraum vom 19.06.2013 bis 31.12.2013 vor. Er sei gesundheitlich derart eingeschränkt gewesen, dass er nicht habe arbeiten können. Im Verfahren L 3 SB 2788/14 sei er mittlerweile durch den Internisten und Kardiologen Dr. H. begutachtet worden. Die Arbeitsunfähigkeit sei durch das - beigefügte - Gutachten des Dr. H. plausibel begründbar.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14.08.2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2013 zu verurteilen, ihm Krankengeld über den 18.06.2013 hinaus bis zum 31.12.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für richtig.

Nachdem der Senat mitteilte, dass aus dem am 25.11.2014 erstatteten internistisch-kardiologischen Gutachten des Dr. H. zum Grad der Behinderung kein Beleg für die Arbeitsunfähigkeit des Klägers im Zeitraum von Juni bis Dezember 2013 hergeleitet werden könne, hat der Kläger die Erstattung eines internistisch-kardiologischen Gutachtens bei Dr. H. nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beantragt.

Der Senat hat hierauf Dr. H. mit der Erstattung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 04.05.2015 nach Untersuchung des Klägers ausgeführt, dass beim Kläger ab April 2013 bis Ende Dezember 2013 eine koronare Dreigefäßerkrankung mit Zustand nach Bypassoperation 2007, eine Linksherzinsuffizienz (leichtgradig), eine arterielle Hypertonie sowie eine Hyperlipidämie vorgelegen habe. Eine Verschlechterung der Befunde im Jahr 2013 sei nicht nachweisbar. Eine Änderung im Verlauf lasse sich dann erst 2014 durch eine Verschlechterung im EKG mit Entwicklung einer linksventrikulären Hypertrophie und der Herzinsuffizienz feststellen. Die körperliche Belastbarkeit des Klägers sei aufgrund der eingeschränkten Herzfunktion reduziert. Schwere und mittelschwere körperliche Arbeiten seien ihm daher nicht mehr möglich. Anhaltspunkte für eine relevante koronare Minderperfusion hätten sich anhand der kardiologischen Untersuchungen jetzt nicht mehr erkennen lassen. Im zu beurteilenden Zeitraum ab Juni 2013 seien dem Kläger leichte körperliche Arbeiten ohne Akkord, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 Kilogramm, ohne Schichtarbeit und Exposition gegen Kälte, Wärme und Nässe wieder zumutbar gewesen. Mittelschwere körperliche Arbeiten halte er entgegen der Auffassung des MDK allerdings für nicht mehr durchführbar.

Die Beklagte hat sich hierzu dahingehend geäußert, dass die von Dr. H. gestellten Anforderungen an den Arbeitsplatz mit Ausnahme des Ausschlusses von Schichtarbeit mit dem Arbeitsplatz übereinstimmten, den der Kläger vor der Auflösung seines Arbeitsverhältnisses innegehabt habe. Selbst für den Fall, dass der Kläger die konkrete Schichtarbeit nicht mehr hätte ausführen können, bildeten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der ausgeübten ungelernten Arbeit ähnliche oder gleichwertige Tätigkeiten als Maschinenbediener den Bezugspunkt der Arbeitsunfähigkeit. Nach einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.04.2014 (10 AZR 637/13, in juris) habe ein Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber auch einen Anspruch auf Beschäftigung ohne Schichtarbeit.

Mit Schreiben vom 26.06.2015 hat die Berichterstatterin die Beteiligten darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung des Senats nach § 153 Abs. 4 SGG in Betracht komme. Eine Entscheidung werde nicht vor dem 28.07.2015 ergehen.

Der Kläger hat hierauf am 28.07.2015 mitgeteilt, dass er durch seinen behandelnden Kardiologen Dr. B. in ein Krankenhaus überwiesen worden sei. Dies zeige, dass die in der Vergangenheit geschilderten Beschwerden begründet gewesen seien. Den Entlassbericht werde er seinem Prozessbevollmächtigtem am 29.07.2015 vorlegen, der ihn nach Vorliegen übersenden und weitere Ausführungen machen werde. Ein Eingang liegt bis heute nicht vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die Akte des SG sowie die vorgelegte Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

II.

1. Der Senat konnte über die Berufung nach § 153 Abs. 4 Satz 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden. Er hält die Berufung einstimmig für unbegründet. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats auch keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden. Dass der Kläger unter dem 28.07.2015 die Übersendung eines seinem Prozessbevollmächtigten am 29.07.2015 zur Verfügung zu stellenden Krankenhausentlassungsberichts sowie weitere Ausführungen ankündigte, hindert, nachdem bis heute, und damit nach Zuwarten von nahezu vier Wochen, kein weiterer Vortrag erfolgte, eine Entscheidung durch Beschluss nicht.

2. Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ohne Zulassung durch das Sozialgericht statthaft. Insbesondere ist angesichts des eingeklagten Krankengeldes für über 6 Monate und eines Nettoentgelts von etwa EUR 2.000,00 monatlich, aus dem sich der Krankengeldanspruch errechnet, auch zweifellos der Wert des Beschwerdegegenstandes von EUR 750,00 (§ 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG) überschritten.

3. Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Anfechtungs- und Leistungsklage als unbegründet abgewiesen. Die Beklagte hat die Gewährung von Krankengeld mit dem angefochtenen Bescheid vom 18.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.09.2013 für die streitige Zeit zu Recht abgelehnt; der Kläger hat darauf keinen Anspruch.

a) Das SG hat zutreffend dargelegt, nach welchen Rechtsvorschriften sich die Gewährung von Krankengeld richtet, und weshalb der Kläger danach Krankengeld für die streitige Zeit vom 19.06.2013 bis 31.12.2013 nicht beanspruchen kann. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Darauf, ob die Arbeitsunfähigkeit des Klägers durchgehend festgestellt war, kommt es deshalb nicht an.

b) Ergänzend ist insbesondere im Hinblick auf das Berufungsvorbringen und die Ermittlungen im Berufungsverfahren lediglich anzumerken:

aa) Eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers im Zeitraum von 18.06.2013 bis 31.12.2013 ist auch unter Berücksichtigung des nach § 109 SGG erhobenen Gutachtens von Dr. H. nicht festzustellen. Der Kläger litt unzweifelhaft unter gesundheitlichen Einschränkungen nach der Bypass-Operation 2007 sowie unter COPD und orthopädischen Beschwerden. Dies ergibt sich bereits aus den Gutachten des MDK, mit denen Übereinstimmung besteht. Lediglich die aus den gefundenen Beschwerden resultierenden Leistungseinschränkungen beurteilt der Gutachter etwas anders als der MDK. Selbst wenn man von diesen weitergehenden Leistungseinschränkungen des Klägers ausgeht, die Dr. H. ins Feld führt, begründen diese seine Arbeitsunfähigkeit für den maßgeblichen Bezugsberuf aber nicht.

Bei Versicherten, die im Zeitpunkt der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit i. S. d. § 44 Abs. 1 SGB V in einem Arbeitsverhältnis stehen und einen Arbeitsplatz innehaben, liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn diese Versicherten die an ihren Arbeitsplatz gestellten beruflichen Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen können. Eine Krankenkasse darf diese Versicherten, solange das Arbeitsverhältnis besteht, nicht auf Tätigkeiten bei einem anderen Arbeitgeber "verweisen", die sie gesundheitlich noch ausüben könnten. Dem krankenversicherten Arbeitnehmer soll durch die Krankengeldgewährung nämlich gerade die Möglichkeit offen gehalten werden, nach Beseitigung des Leistungshindernisses seine bisherige Arbeit wieder aufzunehmen (vgl. BSG, Beschluss vom 16. Dezember 1981 – GS 3/78, GS 4/78 –, in juris). Diese bestimmte Arbeit hat ihre Eigentümlichkeiten, die in vielfältiger Weise in Erscheinung treten können, sei es in der Qualifikation, in den besonderen Verhältnissen des Arbeitsplatzes (z. B. dadurch geprägt, dass Werkzeuge und Maschinen vorhanden sind, die den körperlichen Krafteinsatz minimieren, Trage- oder Hebelasten verringern oder gänzlich aufheben oder ob gerade solche Erleichterungen am Arbeitsplatz nicht vorhanden sind), durch die Arbeitszeitregelung (z. B. Schichtarbeit). Bei der Prüfung, ob Arbeitsunfähigkeit vorliegt, bedarf es daher der Feststellung, welche Arbeit der Versicherte zuletzt verrichtet hat und ob er in der Lage ist, diese Arbeit unter Berücksichtigung seines Gesundheitszustandes weiter (oder wieder) zu verrichten. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ändert sich der rechtliche Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit insofern, als dafür nicht mehr die konkreten Verhältnisse am (früheren) Arbeitsplatz maßgebend sind, sondern nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen ist. Der Versicherte darf gemäß der ständigen Rechtsprechung des BSG nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Krankengeldes eng zu ziehen ist (BSG, Urteil vom 08. Februar 2000 – B 1 KR 11/99 R –, in juris). Handelt es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit um einen anerkannten Ausbildungsberuf, so scheidet eine Verweisung auf eine außerhalb dieses Berufs liegende Beschäftigung aus. Auch eine Verweisungstätigkeit innerhalb des Ausbildungsberufs muss, was die Art der Verrichtung, die körperlichen und geistigen Anforderungen, die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie die Höhe der Entlohnung angeht, mit der bisher verrichteten Arbeit im Wesentlichen übereinstimmen, so dass der Versicherte sie ohne größere Umstellung und Einarbeitung ausführen kann. Dieselben Bedingungen gelten bei ungelernten Arbeiten, nur dass hier das Spektrum der zumutbaren Tätigkeiten deshalb größer ist, weil die Verweisung nicht durch die engen Grenzen eines Ausbildungsberufs eingeschränkt ist. Für die Beurteilung ist unerheblich, ob der Versicherte sich arbeitslos meldet und sein Einverständnis mit einer Vermittlung in einen anderen Beruf erklärt (BSG, Urteil vom 14. Februar 2001 – B 1 KR 30/00 R –, in juris).

Demzufolge ist vorliegend - angesichts der Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei der B. KG zum 30.04.2013 - neben der konkreten dort zuletzt ausgeübten ungelernten leichten Tätigkeit des Klägers als Maschinenbediener im Schichtdienst und Einzelakkord auch eine ähnlich gelagerte Tätigkeit des Klägers als Maschinenbediener als Bezugspunkt der Arbeitsunfähigkeit heranzuziehen. Hierbei ist von einer leichten Tätigkeit auszugehen, die mit dem Heben von Gegenständen bis 5 kg einhergeht, die im Wechsel von Stehen und Gehen zu verrichten ist und die nicht in Wechselschicht oder im Akkord verrichtet werden muss. Eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers für eine solche Bezugstätigkeit ist auch unter Berücksichtigung des Gutachtens von Dr. H. nicht festzustellen. Dr. H. geht davon aus, dass dem Kläger in der Zeit von 18.06. bis 31.12.2013 noch eine leichte Tätigkeit ohne Schicht- oder Akkordarbeit vollschichtig möglich war. Dahinstehen kann, ob die Einschränkung mit Blick auf Schicht- und Akkordtätigkeit sich plausibel aus den getroffenen Feststellungen ergibt. Denn die Tätigkeit als Maschinenbediener ist nicht zwingend mit Schicht- und Akkordtätigkeit verbunden. Es gibt Tätigkeiten als Maschinenbediener ohne diese Bedingungen.

bb) Der Rechtsstreit ist auch entscheidungsreif. Die aktuelle Behandlung des Klägers während des Berufungsverfahrens lässt - entgegen der Auffassung des Klägers - keine Rückschlüsse darauf zu, ob er in dem hier streitigen Zeitraum des Jahres 2013 (bereits) arbeitsunfähig war. Das Vorliegen und der Verlauf seiner Erkrankungen im entscheidungserheblichen Zeitraum ist hinreichend ermittelt und dokumentiert. Danach bedingten sie keine Arbeitsunfähigkeit. Eine weitere aktuelle Verschlechterung des Gesundheitszustands führt zu keiner Änderung der früheren Lage, zumal eine Verschlechterung der KHK im Jahr 2014 - und damit nach dem streitigen Zeitraum - bereits dokumentiert ist.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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