Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 17 U 5185/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 5058/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 31.10.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. infolge seines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls am 04.01.2013.
Der 1957 geborene Kläger war auf dem Schlachthof Färber in F. als Metzger beschäftigt. Während seiner Arbeitsschicht am 04.01.2013 stolperte er um 3:40 Uhr auf der Laderampe und stürzte auf die linke Schulter. Wegen Schmerzen am linken Schultergelenk suchte er am gleichen Tag um 10:58 Uhr den Durchgangsarzt Prof. Dr. S. auf, der dem von ihm veranlassten Röntgenbefund keine knöchernen Verletzungen entnehmen konnte und eine Schulterprellung links diagnostizierte (Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. S. vom 08.01.2013). Er ging von einer wieder erlangten Arbeitsfähigkeit ab 09.01.2013 aus.
Bei der Wiedervorstellung des Klägers am 15.01.2013 wegen fortbestehender Schmerzen zeigte sich eine gute Bewegung im Schultergelenk mit nur endgradig eingeschränkter Elevation, Ante- und Retroversion. Hinweise auf eine Rotatorenmanschettenruptur fanden sich nicht (Zwischenbericht von Prof. Dr. S. vom 16.01.2013). Nach konservativer Therapie und Krankengymnastik stellte sich keine Besserung ein, weshalb eine Magnetresonanz-Arthrographie der linken Schulter am 24.01.2013 durchgeführt wurde. Prof. Dr. S. diagnostizierte daraufhin eine schwere Schulterprellung links bei massiv degenerativen Vorschädigungen mit fortgeschrittener Acromioklavikular(AC-)Gelenksarthrose, Ruptur der langen Bizepssehne, Ruptur der Supraspinatus-Subskapularissehne mit völliger Degeneration und Retraktion der Muskelbäuche und Pulley-Läsion IV nach Habermeyer (Zwischenbericht vom 06.02.2013). Am 07.03.2013 wurde operativ eine diagnostische Arthroskopie und arthroskopische Tenotomie der restlichen langen Bizepssehne, eine Refixation der Supraspinatussehne und Teilresektion der hypertrophen Synovia und eine arthroskopische subacromiale Dekompression und Resektion der Bursa subacromialis vorgenommen (OP-Bericht vom 07.03.2013; Zwischenbericht/Entlassungsbericht von Prof. Dr. S. vom 09.03.2013 über die stationäre Behandlung vom 07.03.2013 bis 09.03.2013). Prof. Dr. S. führte als Diagnosen in seinem Zwischenbericht/Entlassungsbericht vom 09.03.2013 u.a. an: nichttraumatische Supraspinatussehnenruptur links, akromioklavikular-Gelenkarthrose (AC) o.n.A. links, nichttraumatische proximale Bizepssehnenruptur links, subacromiales Impingement Schultergelenk links, Bursitis subacromialis links, Rotatorenmanschettenruptur traumatisch supraspinal und subskapular links.
Die Beklagte holte in dem von ihr eingeleiteten Feststellungsverfahren vom Kläger dessen Angaben vom 16.03.2013 in dem ihm übersandten Vordruck ein. Zum Ablauf des Unfallgeschehens gab er an, beim Ausladen der Lieferung sei er auf der fettigen und nassen Rampe ausgerutscht und auf die linke Schulter gefallen und mit ihr aufgeprallt. Es sei ganz schnell gegangen, er habe sich nicht mehr abstützen können. Seine Schulter habe immer mehr wehgetan, sodass er nicht mehr habe weiter arbeiten können. Und er sei dann direkt zum Arzt gegangen. Beim Arzt sei er um 8:30 Uhr gewesen.
Der Sachbearbeiter der Beklagten erstellte einen Sachstandsbericht über die Aktendokumentation zum Unfallhergang, Verhalten des Verletzten nach dem Unfall und zu den medizinischen Befunden und besprach mit Beratungsarzt Dr. F. am 14.05.2013 den Vorgang. Danach habe das Ereignis zu einer Schulterprellung ohne nachweisbaren Körperschaden geführt, die gesamte Behandlung und Arbeitsunfähigkeit sei Ausdruck eines unfallunabhängigen Leidens. Dem Unfallereignis komme lediglich die Bedeutung eines austauschbaren, rechtlich unwesentlichen Anlassgeschehens zu (Aktenvermerk vom 14.05.2013, Blatt 35-36 der Beklagtenakte).
Mit Bescheid vom 12.06.2013 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente oder sonstigen Leistungen ab, denn der Arbeitsunfall habe keine MdE in rentenberechtigendem Grade oder Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit verursacht. Die vorliegenden Beschwerden und Veränderungen im Bereich der linken Schulter sowie die daraus resultierende Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nach dem Ereignis vom 04.01.2013 seien Folgen der arthroskopisch nachgewiesenen Vorschädigung der Rotatorenmanschette, der Bizepssehne und der AC Gelenksarthrose mit Impingement.
Der Kläger legte hiergegen am 05.07.2013 über seinen Bevollmächtigten Widerspruch ein (Schriftsatz vom 05.07.2013), der nach erfolgter Akteneinsicht (Blatt 75 und 76 der Verwaltungsakte der Beklagten) trotz Erinnerung nicht begründet wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2013 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Der Kläger erhob am 18.11. 2013 Klage vor dem Sozialgericht Freiburg (SG). Sein Bevollmächtigter beantragte in seiner Klageschrift vom 18.11.2013 die Beklagte zu verpflichten, eine MdE mit 50 v.H. festzustellen.
Antragsgemäß wurde mit richterlicher Verfügung vom 04.12.2013 dem Prozessbevollmächtigten des Klägers Akteneinsicht gewährt (Blatt 10 der SG-Akte). Mit gerichtlichen Schreiben vom 28.02.2014, 04.07.2014 und 22.08.2014 wurde an die Vorlage der Klagebegründung und der Erklärung zur Entbindung der ärztlichen Schweigepflicht erinnert und schließlich mit richterlicher Verfügung vom 29.08.2015 auf die Absicht, über den Rechtsstreit mit Gerichtsbescheid zu entscheiden hingewiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 31.10.2014 wurde die Klage abgewiesen. Das SG verwies zur Begründung auf die als zutreffend erachtete Begründung in den angefochtenen Bescheiden der Beklagten und führte ergänzend aus, die mit Feststellungsantrag erhobene Klage sei nicht lediglich unbegründet, sondern auch unzulässig. Wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage sei ein besonderes Feststellungsinteresse nach § 55 Abs. 1 SGG Voraussetzung. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid sei die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt worden, weshalb der Rentenanspruch mit vorrangiger Leistungsklage zu verfolgen sei. Die Feststellungsklage hinsichtlich einer bestimmten MdE stelle sich als unzulässige Elementenfeststellungsklage dar. Medizinische Ermittlungen seien auch nicht möglich gewesen, denn eine Entbindungserklärung sei bis zuletzt nicht vorgelegt worden. Aber auch so sei gegen die Auffassung der Beklagten, ein unfallbedingter Zusammenhang zwischen Sturz und diversen Sehnenrupturen bestehe nicht, rechtlich nichts einzuwenden. Der direkte Sturz auf die Schulter werde üblicherweise als in diesem Sinne ungeeignet angesehen. Es sei letztlich davon auszugehen, dass entweder die bereits zuvor vorhandenen stummen Sehnenrupturen erstmals aus Anlass der Prellung symptomatisch geworden seien oder dass die Rupturen zwar aus Anlass der Prellung erfolgt seien, dies aber nur wegen der degenerativen Vorschäden möglich gewesen sei. In beiden Fällen sei nicht von einem ursächlichen Zusammenhang nach unfallversicherungsrechtlichen Grundsätzen auszugehen.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis am 07.11.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger über seinen Bevollmächtigten am Montag, den 08.12.2014, vor dem Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und Anträge und Berufungsbegründung in einem gesonderten Schriftsatz angekündigt.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 04.03.2015 ist an die Vorlage der Berufungsbegründung erinnert worden, mit richterlicher Verfügung vom 13.05.2015 ist zur Kenntnisnahme durch den Klägerbevollmächtigten die Beklagte aufgefordert worden, die Akten mit einstweiliger Berufungserwiderung und Antragstellung vorzulegen (Blatt 14, 14 R der Senatsakte). Unter Hinweis auf die Ausschlusswirkung gemäß § 106a Abs. 3 SGG ist der Klägerbevollmächtigten mit richterlicher Verfügung vom 29.05.2015 unter Setzung einer Nachfrist bis 15.06.2015 aufgefordert worden, 1. mitzuteilen, mit welchem Antrag das Verfahren fortgesetzt werden soll und 2. anzugeben, in welchen tatsächlichen und/oder rechtlichen Aspekten der angefochtene Gerichtsbescheid des SG Freiburg gerügt wird (Blatt 16 der Senatsakte).
Am 15.06.2015 hat der Klägerbevollmächtigte beantragt, die Frist zur Fertigung der Berufungsbegründung um weitere drei Wochen zu verlängern und hat zudem vorsorglich Akteneinsicht beantragt. Mit richterlicher Verfügung vom 16.06.2015 ist unter Hinweis auf den mehr als sechs Monate umfassenden Zeitraum nach Einlegung der Berufung mit hinreichender Gelegenheit zur Mandantenbesprechung der Antrag auf erneute Nachfristsetzung sowie die Gewährung von Akteneinsicht angesichts bereits im Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren genommener Akteneinsicht abgelehnt worden. Es ist der Hinweis erteilt worden, dass der Rechtsstreit für einen Termin zur mündlichen Verhandlung vorgemerkt ist
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat eine Berufungserwiderung für den Fall angekündigt, dass die Berufung begründet wird.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz der Beklagten vom 24.06.2015 und des Klägerbevollmächtigten vom 19.08.2015).
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Akte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden können, denn die Beteiligten haben dem zugestimmt und der Senat hat eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten.
Der Senat ist nicht gehindert gewesen, in der Sache zu entscheiden. Dem Kläger war mit Präklusionsfrist gemäß § 106a Abs. 3 SGG aufgegeben worden, den angekündigten Klageantrag im Berufungsverfahren zu stellen und die tatsächlichen oder rechtlichen Rügen an dem angefochtenen Gerichtsbescheid mitzuteilen. Im Hinblick darauf, dass trotz gewährter Akteneinsicht weder der Widerspruch noch die Klage begründet worden ist, hat der Senat keinen Anlass gesehen über die Verfügung des Vorsitzenden vom 17.06.2015 hinaus dem Klägerbevollmächtigten Akteneinsicht zu gewähren und erneut eine Nachfrist zu setzen. Der Klägerbevollmächtigte hatte Gelegenheit zum Vortrag auch nach Ablauf der gesetzten Nachfrist am 15.06.2015. Vorliegend beurteilt auch der Senat das Gesuch um Akteneinsicht als rechtsmissbräuchlich und daher nicht geeignet, eine weitere Nachfristsetzung zu begründen. Außerdem hat der Klägerbevollmächtigte gegen die ihm mitgeteilten Erwägungen des Senatsvorsitzenden, weshalb weder eine neue Frist noch eine wiederholte Akteneinsicht gewährt wird (dazu vgl. auch SG Nordhausen Urt. vom 14.12.2011 S 12 AS 7416/10 -, juris), überhaupt Einwendungen erhoben, geschweige denn Besonderheiten, die eine nochmalige Akteneinsicht oder nochmalige Fristsetzung ausnahmsweise begründen könnten, in der bis zum anberaumten Termin verbleibenden Zeit dargelegt.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet. Der Senat beurteilt die Berufung nicht bereits deshalb als unzulässig, weil die mit der Berufungsschrift angekündigte Antragstellung nicht erfolgt ist. Ein noch hinreichend erkennbares Berufungsbegehren ist der Berufungsschrift, die den konkret bezeichneten Gerichtsbescheid des SG umfassend angefochten hat, gleichwohl zu entnehmen. Nach sachdienlicher Auslegung geht der Senat davon aus, dass der Kläger und Berufungsführer sein vor dem SG verfolgtes Klageziel mit der Berufung weiter verfolgt.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids die für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsanwendungsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt und angewendet. Der Senat gelangt nach eigener Prüfung zum selben Ergebnis. Er nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids in vollem Umfang Bezug, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Berufungsverfahren haben sich keine Gesichtspunkte ergeben, die Anlass für eine andere Entscheidung geben. Der anwaltlich vertretene Kläger hat seine Berufung trotz Aufforderung nicht begründet. Der Senat hat außerdem im Rahmen der ihm obliegenden Amtsermittlungspflicht den Akten keine sich aufdrängenden Ermittlungsansätze oder eine rechtsfehlerhafte Bearbeitung und Entscheidungsfindung entnehmen können.
Die Berufung ist bereits deshalb unbegründet, weil die mit der Berufung verfolgte Feststellungsklage unzulässig ist, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Die Feststellung einer unfallbedingten MdE ist kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Die Höhe der unfallbedingten MdE ist ein Tatbestandsmerkmal des Anspruchs auf Gewährung einer Verletztenrente nach § 56 SGB VII. Bei der hierauf gerichteten Feststellungsklage handelt es sich somit um eine unzulässige Elementenfeststellungsklage, wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat.
Darüber hinaus wäre auch eine etwaige Umstellung des Feststellungsantrags auf einen Leistungsantrag, nämlich auf Zahlung einer Verletztenrente, nach § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. § 99 Rn. 4) nicht als Klageänderung anzusehen, da der Rechtsgrund beibehalten wäre. Auch insoweit wäre die Berufung jedoch unbegründet. Dies entnimmt der Senat den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. S. in seinem Zwischenbericht/Entlassungsbericht vom 09.03.2013 unter Bezugnahme auf den Operationsbericht vom 07.03.2013 und der Beurteilung des Beratungsarztes der Beklagten Dr. F., wie dies im Aktenvermerk vom 14.05.2013 dokumentiert ist.
Die im MRT-Befund vom 24.01.2013 beschriebenen Veränderungen im linken Schultergelenk des Klägers mit einer fortgeschrittenen AC-Gelenksarthrose und einengendem Sporn in den Subacromialraum sind degenerative Veränderungen, die nicht innerhalb der drei Wochen seit dem Arbeitsunfall am 04.01.2013 eingetreten sein konnten. Die in dem eingeengten Gelenkraum verlaufenden Supraspinatus- und Subskapularissehnen waren daher bereits vor dem Unfall bei willkürlichen Bewegungen mechanischen Belastungen durch den Knochensporn ausgesetzt, was nach ärztlichem Erfahrungswissen zu häufigen Entzündungen – eine Bursitis subacromialis war auch von Prof. Dr. S. diagnostiziert worden – und sukzessiver Gewebeausdünnung führt. Ein Knochenmarködem war bei unauffälliger Signalgebung im MRT nicht zu diagnostizieren, sodass eine sturzbedingte Überdehnung der genannten Sehnen durch traumatisch bedingtes Verrenken des Oberarmkopfes mit Verlassen der Gelenkpfanne nicht nahe liegt. Ebenso spricht die erkennbare Sehnenretraktion und die gewebliche Veränderung mit fettiger Degeneration für eine bereits vorbestehende Funktionsbeeinträchtigung, was auch Teil- bzw. gänzliche Rupturen der Sehnen beinhaltet. Die Beurteilung von Prof. Dr. S., dass es sich um nichttraumatische Sehnenrupturen, auch hinsichtlich der Bizepssehnenruptur, handelt, ist für den Senat daher nachvollziehbar. Hinzu kommt, dass nach Angaben des Klägers ein direkter Aufprall auf die linke Schulter erfolgte, eine irgendwie geartete Abstützreaktion, bei der es zu einer Zugbelastung der betreffenden Sehnen gekommen sein könnte, hat der Kläger ausdrücklich ausgeschlossen. Ebenso spricht die vom Kläger selbst angegebene Erstsymptomatik nach dem Sturz gegen eine erst jetzt erfolgte Sehnenruptur, denn der Kläger hat, wenn auch mit Schmerzen, weitergearbeitet, die im zeitlichen Verlauf zugenommen haben, sodass der Kläger erst einige Stunden nach dem Sturz den Arzt aufgesucht hat. Durchgangsarzt Prof. Dr. S. hat bei seiner Erstuntersuchung auch kein typisches drop-Arm-Syndrom (zu diesem Indiz vgl. Urteil des Senats vom 01.07.2011 – L 8 U 197/11 – juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de) erhoben, denn der linke Arm konnte bis 90° aktiv angehoben werden (Durchgangsarztbericht vom 08.01.2013). Damit ist bereits nicht nachgewiesen, dass der Unfall überhaupt conditio sine qua non der später diagnostizierten Sehnenrupturen war. Für vorbestehende, weitgehend funktionell kompensierte Rupturen spricht, dass im Behandlungsverlauf von Prof. Dr. S. sogar eine Besserung gegenüber den Bewegungseinschränkungen am Unfalltag dokumentiert ist. Bereits am 15.01.2013 war die Schulterbeweglichkeit nur noch endgradig eingeschränkt (Zwischenbericht vom 16.01.2013), was auf eine wiedererlangte unfallvorbestehende Kompensationsfähigkeit schließen lässt.
Doch selbst wenn die naturwissenschaftliche Kausalität im Sinne einer conditio sine qua non bejaht würde, ist nach den getroffenen Feststellungen des Senats, die mit denen des SG übereinstimmen, ein wesentlicher Zusammenhang der dann nur mitursächlich gewordenen unfallbedingten Einwirkung für die eingetretenen Rupturen nicht zu bejahen, da allein wesentlicher Faktor für die – unterstellten – frischen Sehnenverletzungen das Ausmaß der Vorschädigung der Sehnen war. Dies folgt für den Senat aus dem nachgewiesenen Umfang der Vorschädigung und der für den Verletzungsmechanismus anzunehmenden nur geringen Krafteinwirkung auf die Sehnen, die eine die Alltagsbelastung übersteigende Intensität nicht ausgewiesen hatte, was der Senat den gutachterlichen Einschätzungen von Prof. Dr. S. und Dr. F. entnehmen kann. Maßgebend zur Bewertung einer Alltagsbelastung ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht das Unfallereignis als solches (z. B. die Tatsache eines Sturzes) bzw. der generell zum Tragen gekommene Kraftaufwand, sondern die Intensität der Einwirkungen auf das verletzte Organ (vgl. Urteil des Senats vom 01.07.2011 a.a.O.). Eine Alltagsbelastung ist nicht nach der individuellen Lebensführung des Versicherten zu beurteilen, sondern abstrakt danach, welche Verhaltensweisen in der Lebensführung in der Bevölkerung verbreitet vorzufinden sind und nach allgemeiner Anschauung als alltägliche, nur mäßiggradig belastende Verrichtungen gelten (vgl. Urteil des Senats vom 23.03.2012 – L 8 U 884/11 –, juris, www.sozialgerichts-barkeit.de). Die über den Muskelmantel der Schulter quer zur Verlaufsrichtung der betroffenen Sehnen einwirkende Kraft kann nach den anatomischen Gegebenheiten keine Zugbelastung im relevanten Umfang begründen. Eine nach Kraftrichtung und Kraftentfaltung über eine Alltagsbelastung hinausgehende Intensität der unfallbedingten, über die Muskulatur flächig verteilte Aufprallenergie auf die Sehne ist damit bei vergleichender Betrachtung nicht festzustellen. Es kann wegen der beschriebenen anatomischen Verhältnisse nicht zu einer – wenn überhaupt – belangvollen Längsdehnung der Sehnen kommen (vgl. Urteil des Senats vom 25.04.2014 ¬ L 8 U 2322/11 ¬, unveröffentlicht). Bei wertender Betrachtung des Senats ist der durch den Sturz auf die Sehnen einwirkende Impuls mit keiner höheren Belastung verbunden als die, die bei anderen Bewegungsabläufen mit Beteiligung der genannten Sehnen im Alltag auch sonst vorkommt, denn die geringfügige Beanspruchung der Sehne ist vergleichbar mit dem Heben von geringen bis mittleren Lastgewichten (z.B. Einkäufe, Getränkekiste etc.) oder sonstigen Zugbelastungen (z.B. Bewegen eines Einkaufswagens), die in dieser Größenordnung bei vielfältigen Gelegenheiten im Alltag auftreten. Dieses Ergebnis liegt offensichtlich auch der Einschätzung von Beratungsarzt Dr. F. zu Grunde, der einen geeigneten Hergang für die geltend gemachte Verletzung laut Aktenvermerk der Beklagten verneinte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. infolge seines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls am 04.01.2013.
Der 1957 geborene Kläger war auf dem Schlachthof Färber in F. als Metzger beschäftigt. Während seiner Arbeitsschicht am 04.01.2013 stolperte er um 3:40 Uhr auf der Laderampe und stürzte auf die linke Schulter. Wegen Schmerzen am linken Schultergelenk suchte er am gleichen Tag um 10:58 Uhr den Durchgangsarzt Prof. Dr. S. auf, der dem von ihm veranlassten Röntgenbefund keine knöchernen Verletzungen entnehmen konnte und eine Schulterprellung links diagnostizierte (Durchgangsarztbericht von Prof. Dr. S. vom 08.01.2013). Er ging von einer wieder erlangten Arbeitsfähigkeit ab 09.01.2013 aus.
Bei der Wiedervorstellung des Klägers am 15.01.2013 wegen fortbestehender Schmerzen zeigte sich eine gute Bewegung im Schultergelenk mit nur endgradig eingeschränkter Elevation, Ante- und Retroversion. Hinweise auf eine Rotatorenmanschettenruptur fanden sich nicht (Zwischenbericht von Prof. Dr. S. vom 16.01.2013). Nach konservativer Therapie und Krankengymnastik stellte sich keine Besserung ein, weshalb eine Magnetresonanz-Arthrographie der linken Schulter am 24.01.2013 durchgeführt wurde. Prof. Dr. S. diagnostizierte daraufhin eine schwere Schulterprellung links bei massiv degenerativen Vorschädigungen mit fortgeschrittener Acromioklavikular(AC-)Gelenksarthrose, Ruptur der langen Bizepssehne, Ruptur der Supraspinatus-Subskapularissehne mit völliger Degeneration und Retraktion der Muskelbäuche und Pulley-Läsion IV nach Habermeyer (Zwischenbericht vom 06.02.2013). Am 07.03.2013 wurde operativ eine diagnostische Arthroskopie und arthroskopische Tenotomie der restlichen langen Bizepssehne, eine Refixation der Supraspinatussehne und Teilresektion der hypertrophen Synovia und eine arthroskopische subacromiale Dekompression und Resektion der Bursa subacromialis vorgenommen (OP-Bericht vom 07.03.2013; Zwischenbericht/Entlassungsbericht von Prof. Dr. S. vom 09.03.2013 über die stationäre Behandlung vom 07.03.2013 bis 09.03.2013). Prof. Dr. S. führte als Diagnosen in seinem Zwischenbericht/Entlassungsbericht vom 09.03.2013 u.a. an: nichttraumatische Supraspinatussehnenruptur links, akromioklavikular-Gelenkarthrose (AC) o.n.A. links, nichttraumatische proximale Bizepssehnenruptur links, subacromiales Impingement Schultergelenk links, Bursitis subacromialis links, Rotatorenmanschettenruptur traumatisch supraspinal und subskapular links.
Die Beklagte holte in dem von ihr eingeleiteten Feststellungsverfahren vom Kläger dessen Angaben vom 16.03.2013 in dem ihm übersandten Vordruck ein. Zum Ablauf des Unfallgeschehens gab er an, beim Ausladen der Lieferung sei er auf der fettigen und nassen Rampe ausgerutscht und auf die linke Schulter gefallen und mit ihr aufgeprallt. Es sei ganz schnell gegangen, er habe sich nicht mehr abstützen können. Seine Schulter habe immer mehr wehgetan, sodass er nicht mehr habe weiter arbeiten können. Und er sei dann direkt zum Arzt gegangen. Beim Arzt sei er um 8:30 Uhr gewesen.
Der Sachbearbeiter der Beklagten erstellte einen Sachstandsbericht über die Aktendokumentation zum Unfallhergang, Verhalten des Verletzten nach dem Unfall und zu den medizinischen Befunden und besprach mit Beratungsarzt Dr. F. am 14.05.2013 den Vorgang. Danach habe das Ereignis zu einer Schulterprellung ohne nachweisbaren Körperschaden geführt, die gesamte Behandlung und Arbeitsunfähigkeit sei Ausdruck eines unfallunabhängigen Leidens. Dem Unfallereignis komme lediglich die Bedeutung eines austauschbaren, rechtlich unwesentlichen Anlassgeschehens zu (Aktenvermerk vom 14.05.2013, Blatt 35-36 der Beklagtenakte).
Mit Bescheid vom 12.06.2013 lehnte die Beklagte die Gewährung von Rente oder sonstigen Leistungen ab, denn der Arbeitsunfall habe keine MdE in rentenberechtigendem Grade oder Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit verursacht. Die vorliegenden Beschwerden und Veränderungen im Bereich der linken Schulter sowie die daraus resultierende Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nach dem Ereignis vom 04.01.2013 seien Folgen der arthroskopisch nachgewiesenen Vorschädigung der Rotatorenmanschette, der Bizepssehne und der AC Gelenksarthrose mit Impingement.
Der Kläger legte hiergegen am 05.07.2013 über seinen Bevollmächtigten Widerspruch ein (Schriftsatz vom 05.07.2013), der nach erfolgter Akteneinsicht (Blatt 75 und 76 der Verwaltungsakte der Beklagten) trotz Erinnerung nicht begründet wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2013 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Der Kläger erhob am 18.11. 2013 Klage vor dem Sozialgericht Freiburg (SG). Sein Bevollmächtigter beantragte in seiner Klageschrift vom 18.11.2013 die Beklagte zu verpflichten, eine MdE mit 50 v.H. festzustellen.
Antragsgemäß wurde mit richterlicher Verfügung vom 04.12.2013 dem Prozessbevollmächtigten des Klägers Akteneinsicht gewährt (Blatt 10 der SG-Akte). Mit gerichtlichen Schreiben vom 28.02.2014, 04.07.2014 und 22.08.2014 wurde an die Vorlage der Klagebegründung und der Erklärung zur Entbindung der ärztlichen Schweigepflicht erinnert und schließlich mit richterlicher Verfügung vom 29.08.2015 auf die Absicht, über den Rechtsstreit mit Gerichtsbescheid zu entscheiden hingewiesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 31.10.2014 wurde die Klage abgewiesen. Das SG verwies zur Begründung auf die als zutreffend erachtete Begründung in den angefochtenen Bescheiden der Beklagten und führte ergänzend aus, die mit Feststellungsantrag erhobene Klage sei nicht lediglich unbegründet, sondern auch unzulässig. Wegen der Subsidiarität der Feststellungsklage sei ein besonderes Feststellungsinteresse nach § 55 Abs. 1 SGG Voraussetzung. Mit dem streitgegenständlichen Bescheid sei die Gewährung einer Verletztenrente abgelehnt worden, weshalb der Rentenanspruch mit vorrangiger Leistungsklage zu verfolgen sei. Die Feststellungsklage hinsichtlich einer bestimmten MdE stelle sich als unzulässige Elementenfeststellungsklage dar. Medizinische Ermittlungen seien auch nicht möglich gewesen, denn eine Entbindungserklärung sei bis zuletzt nicht vorgelegt worden. Aber auch so sei gegen die Auffassung der Beklagten, ein unfallbedingter Zusammenhang zwischen Sturz und diversen Sehnenrupturen bestehe nicht, rechtlich nichts einzuwenden. Der direkte Sturz auf die Schulter werde üblicherweise als in diesem Sinne ungeeignet angesehen. Es sei letztlich davon auszugehen, dass entweder die bereits zuvor vorhandenen stummen Sehnenrupturen erstmals aus Anlass der Prellung symptomatisch geworden seien oder dass die Rupturen zwar aus Anlass der Prellung erfolgt seien, dies aber nur wegen der degenerativen Vorschäden möglich gewesen sei. In beiden Fällen sei nicht von einem ursächlichen Zusammenhang nach unfallversicherungsrechtlichen Grundsätzen auszugehen.
Gegen den dem Klägerbevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis am 07.11.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger über seinen Bevollmächtigten am Montag, den 08.12.2014, vor dem Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und Anträge und Berufungsbegründung in einem gesonderten Schriftsatz angekündigt.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 04.03.2015 ist an die Vorlage der Berufungsbegründung erinnert worden, mit richterlicher Verfügung vom 13.05.2015 ist zur Kenntnisnahme durch den Klägerbevollmächtigten die Beklagte aufgefordert worden, die Akten mit einstweiliger Berufungserwiderung und Antragstellung vorzulegen (Blatt 14, 14 R der Senatsakte). Unter Hinweis auf die Ausschlusswirkung gemäß § 106a Abs. 3 SGG ist der Klägerbevollmächtigten mit richterlicher Verfügung vom 29.05.2015 unter Setzung einer Nachfrist bis 15.06.2015 aufgefordert worden, 1. mitzuteilen, mit welchem Antrag das Verfahren fortgesetzt werden soll und 2. anzugeben, in welchen tatsächlichen und/oder rechtlichen Aspekten der angefochtene Gerichtsbescheid des SG Freiburg gerügt wird (Blatt 16 der Senatsakte).
Am 15.06.2015 hat der Klägerbevollmächtigte beantragt, die Frist zur Fertigung der Berufungsbegründung um weitere drei Wochen zu verlängern und hat zudem vorsorglich Akteneinsicht beantragt. Mit richterlicher Verfügung vom 16.06.2015 ist unter Hinweis auf den mehr als sechs Monate umfassenden Zeitraum nach Einlegung der Berufung mit hinreichender Gelegenheit zur Mandantenbesprechung der Antrag auf erneute Nachfristsetzung sowie die Gewährung von Akteneinsicht angesichts bereits im Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren genommener Akteneinsicht abgelehnt worden. Es ist der Hinweis erteilt worden, dass der Rechtsstreit für einen Termin zur mündlichen Verhandlung vorgemerkt ist
Der Kläger hat keinen Antrag gestellt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat eine Berufungserwiderung für den Fall angekündigt, dass die Berufung begründet wird.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Schriftsatz der Beklagten vom 24.06.2015 und des Klägerbevollmächtigten vom 19.08.2015).
Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Akte des SG beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Akte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden können, denn die Beteiligten haben dem zugestimmt und der Senat hat eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten.
Der Senat ist nicht gehindert gewesen, in der Sache zu entscheiden. Dem Kläger war mit Präklusionsfrist gemäß § 106a Abs. 3 SGG aufgegeben worden, den angekündigten Klageantrag im Berufungsverfahren zu stellen und die tatsächlichen oder rechtlichen Rügen an dem angefochtenen Gerichtsbescheid mitzuteilen. Im Hinblick darauf, dass trotz gewährter Akteneinsicht weder der Widerspruch noch die Klage begründet worden ist, hat der Senat keinen Anlass gesehen über die Verfügung des Vorsitzenden vom 17.06.2015 hinaus dem Klägerbevollmächtigten Akteneinsicht zu gewähren und erneut eine Nachfrist zu setzen. Der Klägerbevollmächtigte hatte Gelegenheit zum Vortrag auch nach Ablauf der gesetzten Nachfrist am 15.06.2015. Vorliegend beurteilt auch der Senat das Gesuch um Akteneinsicht als rechtsmissbräuchlich und daher nicht geeignet, eine weitere Nachfristsetzung zu begründen. Außerdem hat der Klägerbevollmächtigte gegen die ihm mitgeteilten Erwägungen des Senatsvorsitzenden, weshalb weder eine neue Frist noch eine wiederholte Akteneinsicht gewährt wird (dazu vgl. auch SG Nordhausen Urt. vom 14.12.2011 S 12 AS 7416/10 -, juris), überhaupt Einwendungen erhoben, geschweige denn Besonderheiten, die eine nochmalige Akteneinsicht oder nochmalige Fristsetzung ausnahmsweise begründen könnten, in der bis zum anberaumten Termin verbleibenden Zeit dargelegt.
Die gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig aber unbegründet. Der Senat beurteilt die Berufung nicht bereits deshalb als unzulässig, weil die mit der Berufungsschrift angekündigte Antragstellung nicht erfolgt ist. Ein noch hinreichend erkennbares Berufungsbegehren ist der Berufungsschrift, die den konkret bezeichneten Gerichtsbescheid des SG umfassend angefochten hat, gleichwohl zu entnehmen. Nach sachdienlicher Auslegung geht der Senat davon aus, dass der Kläger und Berufungsführer sein vor dem SG verfolgtes Klageziel mit der Berufung weiter verfolgt.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids die für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgeblichen Rechtsvorschriften und Rechtsanwendungsgrundsätze vollständig und zutreffend dargestellt und angewendet. Der Senat gelangt nach eigener Prüfung zum selben Ergebnis. Er nimmt zur Begründung seiner eigenen Entscheidung auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Gerichtsbescheids in vollem Umfang Bezug, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen verweist (§ 153 Abs. 2 SGG).
Im Berufungsverfahren haben sich keine Gesichtspunkte ergeben, die Anlass für eine andere Entscheidung geben. Der anwaltlich vertretene Kläger hat seine Berufung trotz Aufforderung nicht begründet. Der Senat hat außerdem im Rahmen der ihm obliegenden Amtsermittlungspflicht den Akten keine sich aufdrängenden Ermittlungsansätze oder eine rechtsfehlerhafte Bearbeitung und Entscheidungsfindung entnehmen können.
Die Berufung ist bereits deshalb unbegründet, weil die mit der Berufung verfolgte Feststellungsklage unzulässig ist, wie das SG zutreffend ausgeführt hat. Die Feststellung einer unfallbedingten MdE ist kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG). Die Höhe der unfallbedingten MdE ist ein Tatbestandsmerkmal des Anspruchs auf Gewährung einer Verletztenrente nach § 56 SGB VII. Bei der hierauf gerichteten Feststellungsklage handelt es sich somit um eine unzulässige Elementenfeststellungsklage, wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat.
Darüber hinaus wäre auch eine etwaige Umstellung des Feststellungsantrags auf einen Leistungsantrag, nämlich auf Zahlung einer Verletztenrente, nach § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. § 99 Rn. 4) nicht als Klageänderung anzusehen, da der Rechtsgrund beibehalten wäre. Auch insoweit wäre die Berufung jedoch unbegründet. Dies entnimmt der Senat den überzeugenden Ausführungen von Prof. Dr. S. in seinem Zwischenbericht/Entlassungsbericht vom 09.03.2013 unter Bezugnahme auf den Operationsbericht vom 07.03.2013 und der Beurteilung des Beratungsarztes der Beklagten Dr. F., wie dies im Aktenvermerk vom 14.05.2013 dokumentiert ist.
Die im MRT-Befund vom 24.01.2013 beschriebenen Veränderungen im linken Schultergelenk des Klägers mit einer fortgeschrittenen AC-Gelenksarthrose und einengendem Sporn in den Subacromialraum sind degenerative Veränderungen, die nicht innerhalb der drei Wochen seit dem Arbeitsunfall am 04.01.2013 eingetreten sein konnten. Die in dem eingeengten Gelenkraum verlaufenden Supraspinatus- und Subskapularissehnen waren daher bereits vor dem Unfall bei willkürlichen Bewegungen mechanischen Belastungen durch den Knochensporn ausgesetzt, was nach ärztlichem Erfahrungswissen zu häufigen Entzündungen – eine Bursitis subacromialis war auch von Prof. Dr. S. diagnostiziert worden – und sukzessiver Gewebeausdünnung führt. Ein Knochenmarködem war bei unauffälliger Signalgebung im MRT nicht zu diagnostizieren, sodass eine sturzbedingte Überdehnung der genannten Sehnen durch traumatisch bedingtes Verrenken des Oberarmkopfes mit Verlassen der Gelenkpfanne nicht nahe liegt. Ebenso spricht die erkennbare Sehnenretraktion und die gewebliche Veränderung mit fettiger Degeneration für eine bereits vorbestehende Funktionsbeeinträchtigung, was auch Teil- bzw. gänzliche Rupturen der Sehnen beinhaltet. Die Beurteilung von Prof. Dr. S., dass es sich um nichttraumatische Sehnenrupturen, auch hinsichtlich der Bizepssehnenruptur, handelt, ist für den Senat daher nachvollziehbar. Hinzu kommt, dass nach Angaben des Klägers ein direkter Aufprall auf die linke Schulter erfolgte, eine irgendwie geartete Abstützreaktion, bei der es zu einer Zugbelastung der betreffenden Sehnen gekommen sein könnte, hat der Kläger ausdrücklich ausgeschlossen. Ebenso spricht die vom Kläger selbst angegebene Erstsymptomatik nach dem Sturz gegen eine erst jetzt erfolgte Sehnenruptur, denn der Kläger hat, wenn auch mit Schmerzen, weitergearbeitet, die im zeitlichen Verlauf zugenommen haben, sodass der Kläger erst einige Stunden nach dem Sturz den Arzt aufgesucht hat. Durchgangsarzt Prof. Dr. S. hat bei seiner Erstuntersuchung auch kein typisches drop-Arm-Syndrom (zu diesem Indiz vgl. Urteil des Senats vom 01.07.2011 – L 8 U 197/11 – juris, www.sozialgerichtsbarkeit.de) erhoben, denn der linke Arm konnte bis 90° aktiv angehoben werden (Durchgangsarztbericht vom 08.01.2013). Damit ist bereits nicht nachgewiesen, dass der Unfall überhaupt conditio sine qua non der später diagnostizierten Sehnenrupturen war. Für vorbestehende, weitgehend funktionell kompensierte Rupturen spricht, dass im Behandlungsverlauf von Prof. Dr. S. sogar eine Besserung gegenüber den Bewegungseinschränkungen am Unfalltag dokumentiert ist. Bereits am 15.01.2013 war die Schulterbeweglichkeit nur noch endgradig eingeschränkt (Zwischenbericht vom 16.01.2013), was auf eine wiedererlangte unfallvorbestehende Kompensationsfähigkeit schließen lässt.
Doch selbst wenn die naturwissenschaftliche Kausalität im Sinne einer conditio sine qua non bejaht würde, ist nach den getroffenen Feststellungen des Senats, die mit denen des SG übereinstimmen, ein wesentlicher Zusammenhang der dann nur mitursächlich gewordenen unfallbedingten Einwirkung für die eingetretenen Rupturen nicht zu bejahen, da allein wesentlicher Faktor für die – unterstellten – frischen Sehnenverletzungen das Ausmaß der Vorschädigung der Sehnen war. Dies folgt für den Senat aus dem nachgewiesenen Umfang der Vorschädigung und der für den Verletzungsmechanismus anzunehmenden nur geringen Krafteinwirkung auf die Sehnen, die eine die Alltagsbelastung übersteigende Intensität nicht ausgewiesen hatte, was der Senat den gutachterlichen Einschätzungen von Prof. Dr. S. und Dr. F. entnehmen kann. Maßgebend zur Bewertung einer Alltagsbelastung ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats nicht das Unfallereignis als solches (z. B. die Tatsache eines Sturzes) bzw. der generell zum Tragen gekommene Kraftaufwand, sondern die Intensität der Einwirkungen auf das verletzte Organ (vgl. Urteil des Senats vom 01.07.2011 a.a.O.). Eine Alltagsbelastung ist nicht nach der individuellen Lebensführung des Versicherten zu beurteilen, sondern abstrakt danach, welche Verhaltensweisen in der Lebensführung in der Bevölkerung verbreitet vorzufinden sind und nach allgemeiner Anschauung als alltägliche, nur mäßiggradig belastende Verrichtungen gelten (vgl. Urteil des Senats vom 23.03.2012 – L 8 U 884/11 –, juris, www.sozialgerichts-barkeit.de). Die über den Muskelmantel der Schulter quer zur Verlaufsrichtung der betroffenen Sehnen einwirkende Kraft kann nach den anatomischen Gegebenheiten keine Zugbelastung im relevanten Umfang begründen. Eine nach Kraftrichtung und Kraftentfaltung über eine Alltagsbelastung hinausgehende Intensität der unfallbedingten, über die Muskulatur flächig verteilte Aufprallenergie auf die Sehne ist damit bei vergleichender Betrachtung nicht festzustellen. Es kann wegen der beschriebenen anatomischen Verhältnisse nicht zu einer – wenn überhaupt – belangvollen Längsdehnung der Sehnen kommen (vgl. Urteil des Senats vom 25.04.2014 ¬ L 8 U 2322/11 ¬, unveröffentlicht). Bei wertender Betrachtung des Senats ist der durch den Sturz auf die Sehnen einwirkende Impuls mit keiner höheren Belastung verbunden als die, die bei anderen Bewegungsabläufen mit Beteiligung der genannten Sehnen im Alltag auch sonst vorkommt, denn die geringfügige Beanspruchung der Sehne ist vergleichbar mit dem Heben von geringen bis mittleren Lastgewichten (z.B. Einkäufe, Getränkekiste etc.) oder sonstigen Zugbelastungen (z.B. Bewegen eines Einkaufswagens), die in dieser Größenordnung bei vielfältigen Gelegenheiten im Alltag auftreten. Dieses Ergebnis liegt offensichtlich auch der Einschätzung von Beratungsarzt Dr. F. zu Grunde, der einen geeigneten Hergang für die geltend gemachte Verletzung laut Aktenvermerk der Beklagten verneinte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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