L 8 SO 87/12 KL

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 87/12 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Notwendigkeit und Umfang der Plausibilitätskontrolle im Rahmen der Vergütungsfestsetzung durch eine Schiedsstelle nach § 80 SGB XII
1. Bei der Vergütungsfestsetzung in der Sozialhilfe kann auf die zur Vergütungsfestsetzung in der Pflegeversicherung entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Danach ist einem ersten Schritt die Plausibilität der voraussichtlichen Gestehungskosten des Leistungserbringers zu prüfen (Plausibilitätskontrolle); diese sind anschließend in einem zweiten Schritt mit den Vergütungen anderer vergleichbarer Leistungserbringer ins Verhältnis zu setzen (externer Vergleich) und müssen dabei in einer angemessenen und nachvollziehbaren Relation zu letzteren stehen.
2. Das Sozialhilferecht bietet nicht nur für einen externen Vergleich in § 75 Abs. 2 Satz 3 SGB XII einen normativen Anhalt, sondern verlangt auch über den Grundsatz der Leistungsfähigkeit in § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII die Berücksichtigung der Gestehungskosten des Leistungserbringers.
3. Der Grundsatz der Leistungsfähigkeit (§ 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII) beinhaltet die Leistungsgerechtigkeit der Vergütung und bedeutet insoweit, dass bei der Vergütungsfestsetzung die Gestehungskosten des Leistungserbringers nicht völlig unberücksichtigt bleiben dürfen, soweit sie plausibel dargelegt sind und dem
Vergleich mit anderen Leistungserbringern standhalten.
4. Vor Durchführung eines externen Vergleichs ist die vom Leistungserbringer vorgelegte Kostenkalkulation auf ihre Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit zu prüfen.
5. Eine frühere Vergütungsvereinbarung trägt nicht für spätere Vergütungszeiträume die Vermutung der
Richtigkeit für die ihr zugrunde liegenden Kostensätze in sich.
6. Auch im Sozialhilferecht muss die Vergütung dem Leistungserbringer bei wirtschaftlicher Betriebsführung die Möglichkeit bieten, Gewinne zu erzielen, die ihm als Überschuss verbleiben können.
I. Der Beschluss der Beigeladenen vom 6. Juni 2012, Az. 44-5011.50/309, wird aufgehoben.

II. Die Beklagte trägt Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Schiedsspruch zur Vergütung von Leistungen der Eingliederungshilfe.

Die Beklagte betreibt in J die Wohnstätte "Haus F ", in der geistig und mehrfach behinderte erwachsene Menschen leben und betreut werden. Die Einrichtung bietet Kapazitäten für 60 Bewohner.

Für die Einrichtung galt zuletzt eine Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung vom 08.01.2007. Darin waren für die Zeit vom 08.01.2007 bis 31.12.2007 folgende Vergütungssätze festgelegt: Zielgruppe: erwachsene geistig und/oder mehrfachbehinderte grundsätzlich nicht werkstattfähige Menschen, die interne tagesstrukturierende Maßnahmen im Heim erhalten HBG I HBG II HBG III HBG IV HBG V Gesamtvergütung 68,27 EUR/BT 77,22 EUR/BT 86,98 EUR/BT 96,95 EUR/BT 106,17 EUR/BT davon Maßnahme-pauschale 50,01 EUR 58,96 EUR 68,72 EUR 78,69 EUR 87,91 EUR Grundpauschale 15,07 EUR Investitionsbetrag 3,19 EUR HBG = Hilfebedarfsgruppe BT = Betreuungstag

Auf Aufforderung des klagenden überörtlichen Sozialhilfeträgers vom 02.08.2010 verhandelten die Beteiligten die Leistungen und Vergütungen der Einrichtung neu. Einigkeit erzielten sie zu allen Punkten der Leistungsvereinbarung sowie bei den Vergütungen zu den Punkten Sachkosten, Investitionsbeitrag, Auslastungsgrad und zu den angesetzten Personalnebenkosten. Lediglich zu den Durchschnittspersonalkosten konnte eine Einigung nicht erreicht werden. Zwischen den Beteiligten bestand in diesem Zusammenhang Streit darüber, ob die Beklagte zur Vorlage detaillierter Angaben im Hinblick auf die Vergütung der Mitarbeiter verpflichtet sei.

Der Kläger beantragte daraufhin am 01.03.2011 bei der beigeladenen Schiedsstelle die Festsetzung der Vergütung für die Zeit vom 01.03.2011 bis zum 29.02.2012 in folgender Höhe: Leistungstyp: Wohnen für erwachsene Menschen mit geistiger / Mehrfachbehinderung im Heim HBG I HBG II HBG III HBG IV HBG V 1. Zielgruppe: erwachsene geistig und/oder mehrfachbehinderte grundsätzlich nicht werkstattfähige Menschen, die interne tagesstrukturierende Maßnahmen im Heim erhalten Gesamtvergütung 57,03 EUR/BT 63,57 EUR/BT 70,73 EUR/BT 78,03 EUR/BT 84,78 EUR/BT davon Maßnahme-pauschale 39,23 EUR 45,77 EUR 52,93 EUR 60,23 EUR 66,98 EUR Grundpauschale 14,61 EUR Investitionsbetrag 3,19 EUR 2. Zielgruppe: erwachsene geistig und/oder mehrfachbehinderte Menschen, die externe tagesstrukturierende Maßnahmen i.d.R. in einer WfbM erhalten Gesamtvergütung 25,34 EUR/BT 31,88 EUR/BT 39,04 EUR/BT 46,34 EUR/BT 53,09 EUR/BT davon Maßnahme-pauschale 12,89 EUR 19,43 EUR 26,59 EUR 33,89 EUR 40,64 EUR Grundpauschale 9,26 EUR Investitionsbetrag 3,19 EUR Leistungstyp: Wohnen für schwerstverhaltensauffällige Menschen mit geistiger Behinderung (im Heim) 3. Zielgruppe: erwachsene geistig behinderte und schwerstverhaltensauffällige Menschen, die interne tagesstrukturierende Maßnahmen im Heim erhalten Gesamtvergütung 133,96 EUR/BT davon Maßnahme-pauschale 115,31 EUR Grundpauschale 15,46 EUR Investitionsbetrag 3,19 EUR Leistungstyp: Tagesbetreuung für nicht WfbM-fähige Behinderte (im Heim) 4. Zielgruppe: in der Häuslichkeit wohnende erwachsene geistig und / oder mehrfachbehinderte grundsätzlich nicht werkstattfähige Menschen, die tagesstrukturierende Maßnahmen erhalten Gesamtvergütungen 33,31 EUR/BT davon Maßnahme-pauschale 23,49 EUR Grundpauschale 6,63 EUR Investitionsbetrag 3,19 EUR Der Kläger begründete seinen Antrag damit, dass die Beklagte ihrer Pflicht zum Nachweis der Gestehungskosten nicht nachgekommen sei. Die Berufung auf generelle Kostenerhöhungen reiche nicht aus; es müsse vielmehr ein Nachweis anhand konkreter Fakten – hier der tatsächlich an die Mitarbeiter ausgereichten Löhne – erfolgen. Ihm – dem Kläger – lägen Informationen vor, wonach die tatsächlich gezahlten Löhne die bislang vereinbarten Vergütungen deutlich unterschritten. Ihm seien von Mitarbeitern der Beklagten 10 aktuelle Arbeitsverträge anonym zugesandt worden. Danach lägen die tatsächlichen Lohnzahlungen teilweise deutlich (zwischen 40 und 50 %) unter den Personalkosten, die den bislang vereinbarten Vergütungen zugrunde gelegt worden seien. Daher liege die Vermutung nahe, dass dies auch bei den übrigen Mitarbeitern der Beklagten der Fall sei. Insoweit habe er bereits mehrfach erfolglos um Vorlage der aktuellen Arbeitsverträge oder anderer Nachweise gebeten. Solange das bislang vereinbarte Vergütungsniveau nicht ausgeschöpft sei, könne eine Steigerung nicht nachvollzogen werden.

Die Beklagte trat dem Antrag des Klägers entgegen und beantragte die Festsetzung folgender Vergütung: Leistungstyp: Wohnen für erwachsene Menschen mit geistiger / Mehrfachbehinderung im Heim HBG I HBG II HBG III HBG IV HBG V 1. Zielgruppe: erwachsene geistig und/oder mehrfachbehinderte grundsätzlich nicht werkstattfähige Menschen, die interne tagesstrukturierende Maßnahmen im Heim erhalten Gesamtvergütung 71,47 EUR/BT 80,81 EUR/BT 90,97 EUR/BT 101,34 EUR/BT 110,94 EUR/BT davon Maßnahme-pauschale 52,17 EUR 61,51 EUR 71,67 EUR 82,04 EUR 91,64 EUR Grundpauschale 16,11 EUR Investitionsbetrag 3,19 EUR 2. Zielgruppe: erwachsene geistig und/oder mehrfachbehinderte Menschen, die externe tagesstrukturierende Maßnahmen i.d.R. in einer WfbM erhalten Gesamtvergütung 29,29 EUR/BT 38,61 EUR/BT 48,81 EUR/BT 59,21 EUR/BT 68,83 EUR/BT davon Maßnahme-pauschale 16,23 EUR 25,55 EUR 35,75 EUR 46,15 EUR 55,77 EUR Grundpauschale 9,87 EUR Investitionsbetrag 3,19 EUR Leistungstyp: Wohnen für schwerstverhaltensauffällige Menschen mit geistiger Behinderung (im Heim) 3. Zielgruppe: erwachsene geistig behinderte und schwerstverhaltensauffällige Menschen, die interne tagesstrukturierende Maßnahmen im Heim erhalten Gesamtvergütung 178,38 EUR/BT davon Maßnahme-pauschale 158,23 EUR Grundpauschale 16,96 EUR Investitionsbetrag 3,19 EUR Leistungstyp: Tagesbetreuung für nicht WfbM-fähige Behinderte (im Heim) 4. Zielgruppe: in der Häuslichkeit wohnende erwachsene geistig und / oder mehrfachbehinderte grundsätzlich nicht werkstattfähige Menschen, die tagesstrukturierende Maßnahmen erhalten Gesamtvergütung 37,39 EUR/BT davon Maßnahme-pauschale 30,05 EUR Grundpauschale 7,34 EUR Investitionsbetrag 3,19 EUR Die Beklagte begründete die von ihr beantragte Vergütungserhöhung ausgehend von den Werten der Vergütungsvereinbarung vom 08.01.2007 mit zwischenzeitlichen Kostensteigerungen um 4 %. Seit dem Jahr 2007 habe sich der Grundlohn um 4,74 % erhöht. Mit ihrem Begehren halte sie sich unter der tariflichen Steigerung, welche bei 9,5 % liege. Sie zahle zwar keinen Tariflohn, kalkuliere aber seit Jahren in Anlehnung an den Tarifvertrag. Ihre Kalkulation basiere auf der Zahlung ortsüblicher Gehälter. Die Vermutung des Klägers, sie zahle lediglich 40 – 50 % der kalkulierten Personalkosten, sei falsch. Eine Verwertung der dem Kläger angeblich vorliegenden Arbeitsverträge – die dieser nicht in das Schiedsstellenverfahren eingeführt habe – sei nicht zulässig. Der Kläger habe nicht substantiiert auf Unschlüssigkeiten hingewiesen oder konkret dargelegt, dass die vorgelegte Kalkulation der voraussichtlichen Gestehungskosten nicht plausibel sei. Infolgedessen gelte nach wie vor die Vermutung der Richtigkeit der Vorvereinbarung.

Am 07.12.2011 fand eine mündliche Verhandlung vor der beigeladenen Schiedsstelle statt. Erörtert wurde unter anderem die Frage, ob die dem Kläger vorliegenden Arbeitsverträge verwertet werden dürfen. Dem Kläger wurde bedeutet, dass dies nur dann möglich sei, wenn er die Verträge vorlege und diese auch der Beklagten zur Verfügung stellte. Zudem erfolgte der Hinweis, dass der Kostenaufwand für die Vergütungsveränderungen plausibel dargelegt werden müsse. Thematisiert wurde die Vorlage geeigneter Unterlagen zum Nachweis der Gestehungskosten unter Benennung konkreter Fakten wie zum Beispiel Stellenbesetzung und Eingruppierung. Die Beklagte lehnte dies allerdings ab und verwies darauf, dass die Bezahlung ihrer Mitarbeiter allein leistungsbezogen und nicht altersabhängig erfolge. Im Rahmen einer weiteren mündlichen Verhandlung vom 07.03.2012 wurde wiederum keine Einigung zur Frage der Notwendigkeit der Vorlage weiterer Daten zum beschäftigten Personal und der damit verbundenen Kosten erzielt. Ein von der Beklagten unterbreiteter Vergleichsvorschlag auf Basis der von ihr beantragten Vergütung mit einem um ein Jahr später festgelegten Geltungszeitraum wurde vom Kläger abgelehnt. Dieser stellte klar, dass er die ihm vorliegenden Arbeitsverträge nicht ins Verfahren einführen werde, da er die betreffenden Mitarbeiter vor etwaigen arbeitsrechtlichen Konsequenzen schützen wolle, und bat die Beigeladene um Ermittlung einer gesicherten Datenbasis.

Aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 06.06.2012 hat die Beigeladene mit Schiedsspruch vom selben Tag den Antrag des Klägers abgewiesen und die Vergütung für die Wohnstätte "Haus F " für die Zeit vom 01.03.2011 bis zum 29.02.2012 so, wie von der Beklagten beantragt, festgesetzt. Dem Antrag des Klägers, der Beklagten die Vorlage weiterer Personalunterlagen aufzugeben, habe nicht Folge geleistet werden können. Zwar hätten die Schiedsstelle und deren Vorsitzender das Recht, die Vorlage von Unterlagen oder Auskünften anzuordnen. Dies setze jedoch voraus, dass eine entsprechende Verpflichtung der Partei dazu bestehe. Die vom Kläger angesprochenen Arbeitsverträge, die angeblich eine deutlich niedrigere tatsächliche Vergütung dokumentierten, als nach der Vergütungsvereinbarung von 2007 anzunehmen sei, könnten keine Zweifel an der Plausibilität der bisherigen Vergütungsvereinbarung begründen, da sie nicht ins Schiedsverfahren eingebracht worden seien. Die Beklagte habe andererseits alle nach dem Rahmenvertrag beizubringenden Unterlagen vorgelegt. Für den Abschluss der Vergütungsvereinbarung im Jahr 2007 hätten diese Unterlagen auch dem Kläger ausgereicht. Damit habe die Beklagte die Basis für die beantragte Vergütungsfestsetzung plausibel dargelegt. Auch die beantragte Erhöhung um 4 % sei mit den Angaben zu den Grundlohnsteigerungen plausibel begründet worden.

Gegen den vorab per E-Mail am 24.08.2012 übersandten und mit einfacher Post am 07.09.2012 dem Kläger zugegangenen Schiedsspruch wendet sich dieser mit seiner am 19.09.2012 beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) erhobenen Klage. Der Schiedsspruch sei rechtswidrig und verletze ihn in seinen Rechten als Leistungs- und Kostenträger. Die beigeladene Schiedsstelle hätte im Rahmen ihrer umfassenden Aufklärungspflicht von der Beklagten detaillierte, aussagefähige Unterlagen verlangen müssen, um die tatsächlichen Personalkosten transparent zu machen. Die Berechtigung hierzu folge bereits aus den gesetzlichen Vorgaben, nur Leistungen und Vergütungen zu vereinbaren, die die Leistungsfähigkeit der Einrichtung gewährleisteten, dabei aber auch wirtschaftlich und sparsam seien sowie das Maß des Notwendigen nicht überstiegen. Zudem sei die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum Pflegeversicherungsrecht auf das Vereinbarungsrecht des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB XII) übertragbar. Dem sog. externen Vergleich sei daher eine Plausibilitätsprüfung voranzustellen. Die von ihm – dem Kläger – im Schiedsverfahren konkret geäußerten Zweifel an der tatsächlichen Auszahlung der bisher vereinbarten Vergütung hätten Zweifel an der Plausibilität der bisherigen Vergütungsvereinbarung und der beantragten Erhöhung begründet. Das BSG habe eine Nachweispflicht des Leistungsträgers bei jedweder Vergütungssteigerung bejaht. Dies müsse umso mehr gelten, wenn der Abschluss der letzten Vergütungsvereinbarung länger zurück liege und damals keine substantiierte Darlegung der Personalkosten oder ein Nachweis erfolgt sei. Die Beigeladene habe dementsprechend in anderen Verfahren die Vorlage konkreter Unterlagen zu den tatsächlichen Personalaufwendungen in Gestalt von Arbeitsverträgen und Eingruppierungsvereinbarungen verfügt und bei Abweichen der tatsächlichen von den geltend gemachten Personalkosten den Antrag des Leistungserbringers abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Entscheidung der Schiedsstelle für Vergütungen in der Sozialhilfe im Verfahren 44-5011.50/309 vom 6. Juni 2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie habe ihren Antrag unter Verwendung der Kalkulationsblätter für die jeweiligen Leistungstypen nachvollziehbar begründet und ihre Forderung auf der vorherigen Vergütungsvereinbarung aufgebaut. Sie habe die Vollzeitkräfte einschließlich der Vergütung für alle Bereiche benannt. Dem Kläger sei die Personalstruktur bekannt. Die begehrte Steigerung sei mit der Grundlohnsummensteigerung plausibel begründet worden. Die Plausibilitätsprüfung sei eine Überprüfung auf Schlüssigkeit, nicht jedoch eine Überprüfung der gemachten Angaben bis ins Einzelne. Nur bei substantiierter Erschütterung der Kalkulation durch den Kostenträger sei ein Auskunftsanspruch auf Vorlage der "Ist-Kosten" gegeben. Dieser Fall liege jedoch hier nicht vor, denn weder sei die Kalkulation als rechnerisch nicht nachvollziehbar noch als unerklärlich überhöht angegriffen worden. Die vom Kläger angesprochenen Arbeitsverträge seien nicht aussagekräftig, da sie – die Beklagte – leistungsbezogen vergüte und sich ein Gehalt bereits nach Ablauf der Probezeit ändern könne. Zudem sei in § 15 Abs. 4 des Rahmenvertrags gemäß § 79 Abs. 1 SGB XII ohnehin festgelegt, dass mit den bundesweit aktuellen tariflichen Vergütungen zu kalkulieren sei. Schließlich sei die vollständige Übertragbarkeit der Rechtsprechung zur Offenlegungspflicht im Pflegeversicherungsrecht fraglich, da es in den §§ 75 ff. SGB XII eine dem § 85 Abs. 3 Satz 3 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) entsprechende Regelung nicht gebe.

Dem Senat haben die Verwaltungsakten des Klägers, die Akten der Beigeladenen sowie die Gerichtsakten vorgelegen. Hierauf und auf die in den Gerichtsakten enthaltenen Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig (1.) und begründet (2.).

1. Für die erhobene Klage gegen die Entscheidung der Beigeladenen, einer Schiedsstelle nach § 80 SGB XII (vgl. § 1 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über die Schiedsstelle gem. § 81 Abs. 2 SGB XII [SchiedVergSozVO]), ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet (§ 77 Abs. 1 Satz 4 SGB XII). Das LSG ist im ersten Rechtszug zuständig (§ 29 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 57 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die beklagte Einrichtungsträgerin ihren Sitz im Freistaat S hat.

Zutreffend richtet sich die Klage nicht gegen die Schiedsstelle, sondern gegen die andere Vertragspartei (§ 77 Abs. 1 Satz 5 SGB XII). Die Schiedsstelle war zwar nicht notwendig beizuladen; der Senat hat jedoch aus Gründen der Praktikabilität eine einfache Beiladung vorgenommen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 3/13 R - juris RdNr. 17; Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 77 RdNr. 84).

Richtige Klageart ist die isolierte Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG. Bei dem Spruch der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII handelt es sich um einen vertragsgestaltenden Verwaltungsakt (BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 11; Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 77 RdNr. 71 ff.; Neumann in: Hauck/Noftz, § 77 SGB XII RdNr. 17; Flint in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 80 RdNr. 10; Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl., § 80 RdNr. 7; ebenso zum Bundessozialhilfegesetz [BSHG]: Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Beschluss vom 28.02.2002 - 5 C 25/01 - juris RdNr. 10 sowie Urteil vom 01.12.1998 - 5 C 17/97 - juris RdNr. 16 und zum Pflegeversicherungsrecht: BSG, Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - juris RdNr. 18). Denn wie auch sonst im Sozialrecht hat der Schiedsspruch eine Doppelnatur: Gegenüber den Parteien des Schiedsverfahrens ist er ein Verwaltungsakt, weil er die fehlende Einigung der Parteien über eine Sachentscheidung (hier Vergütungsfestsetzung) ersetzt und damit in deren Kompetenz eingreift, die Sachentscheidung nur in gegenseitigem Einvernehmen (hier durch vertragliche Vereinbarung) zu treffen; die Sachentscheidung als solche hat dagegen denselben Rechtscharakter, wie wenn sie von den Parteien einvernehmlich getroffen worden wäre (Wahl in: jurisPK-SGB XI, § 76 RdNr. 34). Eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage wäre unzulässig, da sie auf die Verurteilung des Beklagten zum Erlass eines Schiedsspruches zielte, die Schiedsstelle nach § 77 Abs. 1 Satz 5 SGB XII aber nicht beklagt sein kann (BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 12 – anders dagegen im Pflegeversicherungsrecht: BSG, Urteil vom 12.09.2012 - B 3 P 5/11 R - juris RdNr. 13; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 20; Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 8/07 R - juris RdNr. 11; Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - juris RdNr. 18; generell für die Statthaftigkeit allein der isolierten Anfechtungsklage indessen: BSG, Urteil vom 04.03.2014 - B 1 KR 16/13 R - juris RdNr. 21 ff.; Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 27/11 R - juris RdNr. 13 ff.). Hat die Anfechtungsklage – wie hier – Erfolg, ist nach Aufhebung des Schiedsspruchs das Schiedsverfahren wiedereröffnet (BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 12; BVerwG, Beschluss vom 28.02.2002 - 5 C 25.01 - juris RdNr. 21). An die Begründung eines Anfechtungsausspruchs ist die Schiedsstelle kraft ihrer Beiladung gebunden, ohne dass es einer gesonderten Feststellung bedarf. Ob eine hierauf gerichtete Feststellungsklage zulässig wäre (bejahend Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 77 RdNr. 87; verneinend LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.12.2013 - L 23 SO 38/10 KL - juris RdNr. 33), kann offen bleiben, da hier neben dem Anfechtungsantrag kein Feststellungsantrag gestellt wurde.

Einer Nachprüfung der Entscheidung der Schiedsstelle in einem Vorverfahren bedurfte es nicht (§ 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGG i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 6 SGB XII). Der Kläger hat auch die für Anfechtungsklagen geltende einmonatige Klagefrist des § 87 Abs. 1 SGG mit der Erhebung der Klage am 19.09.2012 gewahrt. Die in § 12 Abs. 4 SchiedVergSozVO für den Schiedsspruch vorgeschriebene Zustellung ist nicht formwirksam erfolgt. Die Zusendung per E-Mail vom 24.08.2012 stellt keine Zustellung auf andere Weise im Sinne von § 5 Abs. 4 Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) i.V.m. § 4 Abs. 1 Sächsisches Verwaltungsverfahrens- und Verwaltungszustellungsgesetz (SächsVwVfZG) und § 65 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar, da das dafür notwendige Empfangsbekenntnis der E-Mail nicht beigefügt war. Mit dem tatsächlichen Zugang beim Kläger, der den Schiedsspruch mit einfacher Post am 07.09.2012 erhalten hat, sind jedoch nach § 8 VwZG i.V.m. § 4 Abs. 1 SächsVwVfZG, § 65 Abs. 2 SGB X die Zustellungsmängel geheilt und gilt der Schiedsspruch zu diesem Zeitpunkt als zugestellt.

2. Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Schiedsspruch ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

a) Rechtsgrundlage des angefochtenen Schiedsspruchs ist in formeller Hinsicht § 80 SGB XII i.V.m. § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII. Danach entscheidet die Schiedsstelle mit der Mehrheit ihrer Mitglieder (§ 80 Abs. 3 Satz 4 SGB XII) über die Gegenstände, über die keine Einigung erreicht werden konnte, wenn eine Vereinbarung nach § 76 Abs. 2 SGB XII innerhalb von sechs Wochen nach schriftlicher Aufforderung zur Verhandlung nicht zustande gekommen ist. Materielle Grundlage des angefochtenen Schiedsspruchs sind § 75 Abs. 2 und 3, § 76 Abs. 2, § 77 Abs. 1 SGB XII. Danach müssen auch die von der Schiedsstelle festgesetzten Vereinbarungen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen (§ 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII). Vereinbarungen sind vorrangig mit Trägern abzuschließen, deren Vergütung bei vergleichbarem Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung nicht höher ist als diejenige anderer Träger (§ 75 Abs. 2 Satz 3 SGB XII). Die Vergütung ist prospektiv zu verhandeln (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) und hat mindestens aus den Pauschalen für Unterkunft und Verpflegung (Grundpauschale) und für die Maßnahmen – die eigentliche Hilfeleistung – (Maßnahmenpauschale) sowie aus einem Betrag für betriebsnotwendige Anlagen einschließlich ihrer Ausstattung (Investitionsbetrag) zu bestehen (§ 76 Abs. 2 SGB XII).

Entscheidungen der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII unterliegen nur in eingeschränktem Umfang der gerichtlichen Kontrolle (BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 3/13 R - juris RdNr. 20; Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 14; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.12.2013 - L 23 SO 38/10 KL - juris RdNr. 44; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2013 - L 7 SO 2513/09 KL - juris RdNr. 26; Bayerisches LSG, 24.04.2013 - L 8 SO 18/12 KL - juris RdNr. 47; Thüringer LSG, Urteil vom 12.03.2014 - L 8 SO 1034/13 KL - juris RdNr. 43; Flint in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 80 SGB XII RdNr. 31; Jaritz/Eicher in: jurisPK SGB XII, 2. Aufl., § 77 SGB XII RdNr. 92; Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl., § 80 SGB XII RdNr. 4; so schon zum BSHG: BVerwG, Urteil vom 01.12.1998 - 5 C 17/97 - juris RdNr. 13 f.). Denn zum einen hat das Gesetz der weisungsfreien, mit Vertretern der betroffenen Gruppen paritätisch besetzten Schiedsstelle als mit der zu regelnden Materie vertrautem und zu einer vermittelnden Zusammenführung von gegenläufigen Interessen der Beteiligten berufenem Gremium eine besondere Beurteilungskompetenz zugemessen. Zum anderen ist die Entscheidung der Schiedsstelle ebenso wie die durch sie ersetzte Vereinbarung der vorrangig dazu berufenen Parteien auf Interessenausgleich angelegt und hat Kompromisscharakter; daher muss sich auch der Entscheidungsspielraum der Schiedsstelle am Vereinbarungsspielraum der Vertragsparteien messen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 3/13 R - juris RdNr. 20). Gerichtlich zu überprüfen ist allein, ob die Schiedsstelle die widerstreitenden Interessen der Vertragsparteien ermittelt, alle für die Abwägung erforderlichen tatsächlichen Erkenntnisse gewonnen und ihre Abwägung frei von Einseitigkeiten in einem fairen und willkürfreien Verfahren sowie inhaltlich orientiert an den Vorgaben des Leistungserbringerrechts vorgenommen hat (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 14; BVerwG, Urteil vom 01.12.1998 - 5 C 17/97 - juris RdNr. 20; Flint in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 80 SGB XII RdNr. 31; Münder in: LPK-SGB XII, 9. Aufl., § 77 RdNr. 18 – siehe auch BSG, Urteil vom 04.03.2014 - B 1 KR 16/13 R - juris RdNr. 27; Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 27/11 R - juris RdNr. 27; Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 42; Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - juris RdNr. 22). Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle sind somit die Richtigkeit und Vollständigkeit der Einschätzungsbasis, die methodische Korrektheit und Stimmigkeit der Wertung, die Einhaltung rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze und die Beachtung geltenden Rechts (Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 77 RdNr. 94).

b) Die beigeladene Schiedsstelle war für die Entscheidung zuständig, da die Einrichtung, für die eine Entscheidung über die Vergütungssätze der Personalkosten begehrt wurde, im Bereich dieser Schiedsstelle belegen ist.

Am Schiedsverfahren war der richtige Sozialhilfeträger beteiligt. Denn der Kläger war für den Abschluss der Vergütungsvereinbarung mit der Beklagten zuständig. Hierzu stellt § 77 Abs. 1 Satz 2 SGB XII auf den Sitz des für die Einrichtung zuständigen Trägers der Sozialhilfe ab, trifft dabei indessen nur eine Regelung über die örtliche, nicht aber über die sachliche Zuständigkeit. Diese ergibt sich hier aus § 97 Abs. 2 SGB XII i.V.m. § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Sächsischen Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches (SächsAGSGB). Danach ist der überörtliche Sozialhilfeträger sachlich zuständig für alle stationären und teilstationären Leistungen an Personen, die das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet haben, mit Ausnahme der Leistungen des 5. Kapitels des SGB XII (Hilfe zur Gesundheit). Hierunter fallen die von der Beklagten angebotenen stationären Leistungen der Eingliederungshilfe.

Das Schiedsverfahren war ordnungsgemäß eingeleitet worden. Der Kläger hat seinen Antrag an die Schiedsstelle zulässigerweise erst nach Ablauf der sechswöchigen Verhandlungsfrist des § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII gestellt.

Die Beigeladene hat ihre Entscheidungszuständigkeit auch zutreffend eingegrenzt, indem sie sich auf die Vergütung der Personalkosten beschränkt hat, da allein diese streitig waren (und nicht auch die Sachkosten, der Investitionsbetrag, der Auslastungsgrad und die Personalnebenkosten). Denn die Schiedsstelle ist nur zur Entscheidung jener Punkte berufen, die in den vorangegangenen Vergütungsverhandlungen streitig geblieben sind (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 3 letzter Halbsatz SGB XII). Sie muss demgemäß alle Sachverhaltselemente, über welche die Vertragsparteien vorab eine einvernehmliche Regelung getroffen haben oder die aus anderen Gründen nicht mehr umstritten sind, ihrem Schiedsspruch ohne eigene Prüfung zugrunde legen. Gleiches gilt für jene Vergütungsbestimmungen, die von den Vertragsparteien in der Vergangenheit einvernehmlich angewandt und auch für den bevorstehenden Vergütungszeitraum von vornherein außer Streit gestellt worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 74; Bayerisches LSG, Urteil vom 24.04.2013 - L 8 SO 18/12 KL - juris RdNr. 50; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2013 - L 7 SO 2513/09 KL - juris RdNr. 27; Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 77 RdNr. 54).

c) Der Schiedsspruch ist jedoch rechtswidrig, weil die Beigeladene die materiellen Vorgaben für die Vergütungsfestsetzung nicht ausreichend beachtet, deswegen erforderliche Ermittlungen unterlassen und daher auf unzureichender Tatsachengrundlage entschieden hat.

(1) Materielle Vorgaben für die Festsetzung der Vergütung macht das Gesetz vor allem mit den bei allen Vereinbarungen zu beachtenden Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit (§ 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII). Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit gebietet eine Optimierung des Verhältnisses zwischen eingesetzten Mitteln und erzieltem Nutzen. Das anzustrebende Optimum kann entweder darin bestehen, mit den gegebenen Mitteln den größtmöglichen Nutzen zu erzielen (Maximalprinzip), oder darin, einen festgelegten Nutzen mit dem geringstmöglichen Aufwand zu erreichen (Minimalprinzip). Dem Grundsatz der Sparsamkeit entspricht letzteres. Daher stimmen die Grund¬sätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Sinne des Minimalprinzips überein (Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 102; Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl., § 75 RdNr. 38; Neumann in: Hauck/Noftz, § 75 SGB XII RdNr. 34). Während diese Grundsätze der Vergütung eine Obergrenze setzen, ergibt sich aus dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit eine Untergrenze. Denn Leistungsfähigkeit meint die Fähigkeit des Leistungserbringers, mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die jeweiligen Hilfeleistungen ordnungsgemäß zu erbringen (Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 75 und 103; Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl., § 75 RdNr. 43; Neumann in: Hauck/Noftz, § 75 SGB XII RdNr. 17 und 34). Die Leistungsfähigkeit beinhaltet – wie in der Pflegeversicherung (vgl. § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 84 Abs. 2 Satz 1, § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB XI) – die Leistungsgerechtigkeit der Vergütung und bedeutet insoweit, dass bei der Vergütungsfestsetzung die Gestehungskosten des Leistungserbringers nicht völlig unberücksichtigt bleiben dürfen, soweit sie plausibel dargelegt sind und dem Vergleich mit anderen Leistungserbringern standhalten (Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 103 f.). Dieser Vergleich wird zwar nicht unmittelbar in § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII angesprochen; seine Erforderlichkeit ergibt sich aber aus § 75 Abs. 2 Satz 3 SGB XII (Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 105).

Hierfür kann auf die zur Pflegeversicherung entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (Thüringer LSG, Urteil vom 12.03.2014 - L 8 SO 1034/13 KL - juris RdNr. 45; LSG Saarland, Urteil vom 30.01.2014 - L 11 SO 1/12 KL - juris RdNr. 43; Bayerisches LSG, Urteil vom 24.04.2013 - L 8 SO 18/12 KL - juris RdNr. 51; LSG Hamburg, Urteil vom 30.10.2012 - L 4 SO 33/10 KL - juris RdNr. 31; LSG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 30.08.2012 - L 9 SO 5/11 KL - juris RdNr. 29 ff.; Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 106 ff.; Flint in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 76 RdNr. 25 f.; Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl., § 75 RdNr. 42 – anderer Ansicht Münder in: LPK-SGB XII, 9. Aufl., § 75 RdNr. 28). Denn trotz der unterschiedlichen Regelungsdichte weisen das Vergütungsvereinbarungsrecht im SGB XI und SGB XII ausreichend strukturelle Gemeinsamkeiten auf. So ist nach der Abschaffung des Selbstkostendeckungsprinzips zuerst im Sozialhilferecht für die Frage, ob Vereinbarungen den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen, auf einen externen Vergleich abgestellt worden (BVerwG, Urteil vom 01.12.1998 - 5 C 17/97 - juris RdNr. 25). Dem ist dann das BSG für das Pflegeversicherungsrecht und die dort verlangte Leistungsgerechtigkeit der Vergütung gefolgt (BSG, Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - juris RdNr. 24). Pflegeversicherungs- und Sozialhilferecht stellen beide auf den Grundsatz der Leistungsgerechtigkeit bzw. Leistungsfähigkeit (§ 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 84 Abs. 2 Satz 1, § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB XI einerseits, § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII andererseits) und auf den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit (§ 4 Abs. 3, § 29 Abs. 1, § 70 Abs. 1 SGB XI einerseits, § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII andererseits) ab. Die unterschiedliche Finanzierung der Leistungen steht einem Rückgriff nicht entgegen. Denn es ist kein Grund erkennbar, warum mit den Beitragsmitteln der Versicherten (Pflegeversicherung) großzügiger umgegangen werden dürfte als mit dem Steueraufkommen des Staates (Sozialhilfe) – zumal das Sozialhilferecht keinen Finanzkraftvorbehalt kennt (Schellhorn in: Schellhorn/Hohm/Scheider, SGB XII, 19. Aufl., § 75 RdNr. 41), das Pflegeversicherungsrecht aber den Grundsatz der Beitragssatzstabilität (§ 70 SGB XI) als besondere Ausprägung der Wirtschaftlichkeitsgebots. Die stärkere Detailliertheit des Vergütungsvereinbarungsrechts im SGB XI hängt damit zusammen, dass die Pflegeversicherung nach ihrer Grundkonstruktion – anders als die Sozialhilfe – nur einen Teil des Hilfebedarfs decken will (zur bloßen Ergänzungsfunktion der Pflegeversicherung: Udsching in: ders., SGB XI, 4. Aufl., § 4 RdNr. 6). Auch wenn folglich im Sozialhilferecht auf die zum Pflegeversicherungsrecht entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden kann, so dürfen diese doch nicht unbesehen auf das Sozialhilferecht übertragen werden, sondern nur soweit sie mit dessen Vorgaben vereinbar sind (Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 108).

Nach den zum Pflegeversicherungsrecht entwickelten Grundsätzen (BSG, Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 22; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 50; Urteil vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - juris RdNr. 14) ist kein reiner (externer) Vergleich mit der Vergütung anderer Leistungserbringer anzustellen (anders noch BSG, Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - juris RdNr. 24). Vielmehr ist zunächst in einem ersten Schritt die Plausibilität der voraussichtlichen Gestehungskosten des Leistungserbringers zu prüfen (Plausibilitätskontrolle). Diese sind anschließend in einem zweiten Schritt mit den Vergütungen anderer vergleichbarer Leistungserbringer ins Verhältnis zu setzen (externer Vergleich) und müssen dabei in einer angemessenen und nachvollziehbaren Relation zu letzteren stehen (BSG, Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 22; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 50; Urteil vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - juris RdNr. 14). Dieses zweigliedrige Prüfungsschema ist auf das Sozialhilferecht übertragbar (so auch Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 111, die allerdings den zweiten Schritt aufspalten und zwischen dem reinen Vergleich und dessen Bewertung unterscheiden). Denn das Sozialhilferecht bietet nicht nur seit jeher – anders als das Pflegeversicherungsrecht bis zur Einfügung des § 84 Abs. 2 Satz 8 SGB XI durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz vom 28.05.2008 (BGBl. I S. 874) – für einen externen Vergleich in § 75 Abs. 2 Satz 3 SGB XII einen normativen Anhalt, sondern verlangt auch über den Grundsatz der Leistungsfähigkeit in § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII die Berücksichtigung der Gestehungskosten des Leistungserbringers.

(2) Diese Vorgaben hat die Beigeladene bei der auf der ersten Prüfungsstufe durchzuführenden Plausibilitätskontrolle nicht hinreichend beachtet.

Im Rahmen dieses Schrittes ist die Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit der vom Leistungserbringer vorgelegten Kostenkalkulation zu prüfen (Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 112). Die voraussichtlichen Gestehungskosten müssen plausibel und nachvollziehbar sein, also die Kostenstruktur der Einrichtung erkennen und eine Beurteilung seiner Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit im Einzelfall zulassen. Deshalb obliegt es zunächst dem Einrichtungsträger, geeignete Nachweise beizubringen; die Vorlage einer reinen Kostenkalkulation reicht in der Regel nicht aus. Die Kostenkalkulation ist vielmehr hinreichend zu belegen und muss tatsächlich nachvollziehbar sein (so zum Pflegeversicherungsrecht: BSG, Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 25; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 53; zum Sozialhilferecht: Bayerisches LSG, Urteil vom 24.11.2011 - L 8 SO 135/10 KL - juris RdNr. 42). Ist dies nicht der Fall, haben die Kostenträger den Einrichtungsträger substantiiert auf Unschlüssigkeiten im eigenen Vorbringen hinzuweisen, woraufhin die Einrichtung weitere Belege dafür beibringen muss, dass ihre Vergütungsforderung auf einer plausiblen Kalkulation der voraussichtlichen Gestehungskosten beruht; Entsprechendes gilt für das Schiedsverfahren (BSG, Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 39; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 65). Die Beschränkung dieses Prüfungsschrittes auf eine Plausibilitätskontrolle rührt daher, dass detaillierte Angaben über Kostenstrukturen und betriebswirtschaftliche Kennzahlen im allgemeinen Geschäftsverkehr üblicherweise nicht zu offenbaren sind (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 55).

Diese zum Pflegeversicherungsrecht entwickelten Maßstäbe sind auf das Sozialhilferecht übertragbar. Dabei ist im Auge zu behalten, dass das BSG in seiner Rechtsprechung zum Vergütungsvereinbarungsrecht des SGB XI die Gestehungskosten des Anbieters ursprünglich für grundsätzlich unbeachtlich gehalten hatte, weil es nach der gesetzgeberischen Abkehr vom Selbstkostendeckungsprinzip für die Bestimmung der leistungsgerechten Vergütung auf die Gestehungskosten im Allgemeinen nicht ankomme, sondern auf den jeweiligen Marktpreis und daher – im Anschluss an die Rechtsprechung des BVerwG zum Sozialhilferecht – der externe Vergleich die Methode der Wahl sei (BSG, Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - juris RdNr. 24 und 26). Nachdem sich die Erwartungen an dieses Marktpreismodell nicht erfüllt hatten, insbesondere dieses eher Kosten treibend gewirkt hatte, hat das BSG seine Rechtsprechung modifiziert: Zwar kann weiterhin keine Vergütung nach einem reinen Selbstkostendeckungsprinzip beansprucht werden. Doch sind die Gestehungskosten bei der Vergütungsbemessung in zweifacher Hinsicht von Bedeutung: Zum einen sind die voraussichtlichen Gestehungskosten immer Gegenstand der im ersten Schritt durchzuführenden Plausibilitätskontrolle; zum anderen sind besondere Gestehungskosten infolge der Tarifbindung des Einrichtungsträgers in der im zweiten Schritt mit dem externen Vergleich vorzunehmenden Angemessenheitsprüfung zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 18 ff.; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 49 ff.). Während die Betrachtung der Gestehungskosten auf der ersten Prüfungsstufe kostendämpfend – mithin sozialhilferechtlich im Sinne des Grundsatzes der Sparsamkeit (§ 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII) – wirkt, hat sie auf der zweiten Stufe die gegenteilige Wirkung. Sinn und Zweck ihrer Beachtung bei der im Rahmen des externen Vergleichs durchzuführenden Angemessenheitsprüfung ist es, eine Vergütungsspirale nach unten zu Lasten der Qualität der Leistungen und auf Kosten von unter das ortsübliche Maß abgesunkenen Arbeitsentgelten zu vermeiden (BSG, Urteil vom 25.11.2010 - B 3 KR 1/10 R - juris RdNr. 40; Urteil vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - juris RdNr. 16 f.) – was sozialhilferechtlich dem Grundsatz der Leistungsfähigkeit (§ 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII) entspricht. Die in § 75 Abs. 3 Satz 2 SGB XII niedergelegten Grundsätze sprechen nicht nur dafür, die voraussichtlichen Gestehungskosten überhaupt bei der Vergütungsbemessung zu berücksichtigen, sondern auch dafür, vor Durchführung eines externen Vergleichs die vom Leistungserbringer vorgelegte Kostenkalkulation auf ihre Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit zu prüfen. Einer Übertragung der zum Pflegeversicherungsrecht entwickelten Maßstäbe für die Plausibilitätskontrolle steht nicht entgegen, dass das Sozialhilferecht keine ähnlich detaillierten Regelungen über die Auskunfts- und Nachweispflichten des Leistungserbringers enthält wie das Pflegeversicherungsrecht in § 85 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 SGB XI. Denn Offenbarungspflichten des Leistungserbringers sind, wie § 75 Abs. 2 Satz 3 SGB XII zeigt, dem Sozialhilferecht keineswegs fremd. Richtig ist allerdings, dass nur am Leistungssystem des SGB XII Beteiligte weitergehenden Auskunfts- und Nachweispflichten unterliegen können und dass im Sozialhilferecht die Systembeteiligung erst durch Abschluss einer Leistungsvereinbarung begründet wird (vgl. Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 75 RdNr. 107). In diesem Sinne systembeteiligt ist die Beklagte indessen hier, weil sie nicht nur bereits eine Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung mit dem Kläger abgeschlossen hatte, sondern die Vertragsparteien auch bei deren Neuverhandlung zu allen Punkten der Leistungsvereinbarung Einigkeit erzielen konnten. Daher bedarf es keiner weiteren Vertiefung, ob nicht auch das schon vor dem erstmaligen Abschluss einer Leistungsvereinbarung bestehende Vertragsanbahnungsverhältnis ausreichende Grundlage für Auskunfts- und Nachweispflichten im Hinblick auf eine parallel verhandelte Vergütungsvereinbarung bietet.

Indem die beigeladene Schiedsstelle – trotz der vom Kläger vorgebrachten Einwände – die Plausibilität der von der Beklagten geltend gemachten Kostensteigerung ausgehend von den der Vergütungsvereinbarung vom 08.01.2007 zugrunde liegenden Kostensätzen ohne die Anforderung weiterer erläuternder Unterlagen bejaht hat, ist sie den Anforderungen an eine Plausibilitätskontrolle nicht gerecht geworden.

(3) Die Kostensätze aus der letzten Vergütungsvereinbarung durften von der Beigeladenen dem Schiedsspruch nicht als unstreitige Kalkulationsgrundlage zugrunde gelegt werden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten trägt eine frühere Vergütungsvereinbarung nicht für spätere Vergütungszeiträume die Vermutung der Richtigkeit für die ihr zugrunde liegenden Kostensätze in sich. Eine solche Vermutung gibt es nicht. Von ihr ist bisher lediglich in einem vereinzelt gebliebenen Urteil des LSG Baden-Württemberg (vom 05.03.2010 - L 4 P 4532/08 KL - juris RdNr. 72) die Rede gewesen – allerdings bezeichnenderweise in Anführungszeichen. Denn damit sollte lediglich der Gedanke aus Urteilen des BSG (vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 53 und vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 25) kurz zusammengefasst werden, wonach die Erhöhung von Kostenansätzen, die in den Vorjahren aufgrund fehlerhafter Kalkulation oder sogar bewusst zu niedrig angesetzt worden sind, zwar nicht von vornherein als unplausibel ausgeschlossen ist, aber eine besonders substantiierte Begründung des Leistungserbringers erfordert. Dem liegt indessen nicht der Gedanke einer in die Zukunft wirkenden Richtigkeitsgewähr früherer vertraglicher Regelungen samt ihrer Tatsachenbasis zugrunde, sondern der Gedanke, dass sich eine Vertragspartei bei längerdauernden Vertragsbeziehungen an ihren eigenen früheren Angaben festhalten lassen muss. Im Rahmen der Plausibilitätskontrolle sind daher die aktuellen Angaben des Leistungserbringers zu den Gestehungskosten auch mit seinen früheren Angaben zu vergleichen und an diese Angaben ist der Leistungserbringer grundsätzlich gebunden, da er von ihnen nur mit besonderer Begründung abweichen kann. Von einer – auch gegenüber den Kostenträgern wirkenden – Vermutung der Richtigkeit der einer früheren Vergütungsvereinbarung zugrunde liegenden Kostensätze kann damit im Vergütungsvereinbarungsrecht des SGB XI und demzufolge auch des SGB XII keine Rede sein. Ebenso wenig findet eine solche Vermutung eine Stütze in der Rechtsprechung des BSG zum Vertragsarztrecht, wonach nach Art einer Vermutung davon auszugehen ist, dass die Höhe der im Vorjahr vereinbarten oder gesetzlich festgelegten Gesamtvergütung angemessen ist (Vermutung der Angemessenheit – dazu BSG, Urteil vom 13.08.2014 - B 6 KA 6/14 R - juris RdNr. 40; Urteil vom 27.04.2005 - B 6 KA 42/04 R - juris RdNr. 17; Urteil vom 16.07.2003 - B 6 KA 29/02 R - juris RdNr. 31; Urteil vom 30.10.1963 - 6 RKa 4/62 - juris RdNr. 70 und 73), dass diese Gesamtvergütung deshalb im darauf folgenden Jahr als maßgeblicher Ausgangspunkt zugrunde zu legen ist und dass bei der neuen Vereinbarung allein die eingetretenen Veränderungen bezogen auf die gesetzlich vorgegebenen Kriterien zu berücksichtigen sind (Prinzip der Vorjahresanknüpfung – grundlegend BSG, Urteil vom 16.07.2003 - B 6 KA 29/02 R - juris RdNr. 31; siehe auch BSG, Urteil vom 23.06.2010 - B 6 KA 4/09 R - juris RdNr. 25; Urteil vom 09.04.2008 - B 6 KA 29/07 R - juris RdNr. 14; Urteil vom 27.04.2005 - B 6 KA 42/04 R - juris RdNr. 16). Diese Rechtsprechung ist auf das Vergütungsvereinbarungsrecht im SGB XII nicht übertragbar, da sich das Leistungserbringungsrecht des SGB XII und das Vertragsarztrecht gravierend strukturell unterscheiden – insbesondere ist dem Sozialhilferecht (wie auch dem Pflegeversicherungsrecht) eine Gesamtvergütung, die von den Kostenträgern für sämtliche von den Leistungserbringern in einem Bezirk erbrachten Leistungen mit befreiender Wirkung an deren Verband gezahlt wird (vgl. § 85 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch), fremd.

Selbst wenn eine frühere Vergütungsvereinbarung die Vermutung der Richtigkeit für die ihr zugrunde liegenden Kostensätze in sich trüge, reichten die vom Kläger insoweit geäußerten Zweifel aus, um diese Vermutung zu erschüttern. Zwar hat der Kläger letztlich davon abgesehen, die ihm vorliegenden Arbeitsverträge von Beschäftigten der Beklagten in das Schiedsverfahren einzuführen. Er hat aber ausdrücklich gerügt, dass die Kostensätze aus der letzten Vergütungsvereinbarung vom 08.01.2007 nicht mit den tatsächlichen Personalkosten der Einrichtung der Beklagten in Vergangenheit und Gegenwart korrespondieren. Diese Zweifel müssen genügen. Denn die Frage, inwieweit mit Vergütungen die Kosten der Einrichtung bestritten werden können, betrifft Umstände aus der Sphäre der betroffenen Einrichtung, die der Kostenträger begriffsnotwendig nicht substantiiert in Frage stellen kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 05.03.2010 - L 4 P 4532/08 KL - juris RdNr. 72). Jedenfalls seit dem Jahr 2009 hat der Kläger erfolglos versucht, von der Beklagten Informationen zu den tatsächlichen Personalkosten der Einrichtung zu erhalten. Da die Beklagte auf diese Auskunftsverlangen bisher konkrete Informationen verweigert hat, ist dem Kläger ein substantiierter Vortrag zu den Tatsachen, die allein in der Sphäre der Beklagten wurzeln, nicht möglich. Aufgrund der Abgrenzung der Verantwortungsbereiche der Beteiligten ist es zwingend notwendig, es – nachdem der Kläger Bedenken im Hinblick auf die der letzten Vergütungsvereinbarung zugrunde liegenden Kostensätze vorgebracht hat – der Beklagten aufzuerlegen, die von ihr angesetzten Zahlen weiter zu begründen und zu substantiieren. Insoweit handelt es sich nämlich um Interna der Beklagten, welche allein diese mitteilen und belegen kann. Vor diesem Hintergrund reicht der Vortrag des Klägers aus, um die Vermutung der Richtigkeit der früheren Vergütungsvereinbarung zu erschüttern. Die Beigeladene durfte deshalb die Kostensätze aus der Vergütungsvereinbarung vom 08.01.2007 ihrem Schiedsspruch nicht einfach zugrunde legen.

Zu keinem anderen Ergebnis führt es, dass – wie bereits ausgeführt – die Schiedsstelle im Schiedsverfahren nicht befugt ist, Sachverhaltselemente zu prüfen, über welche die Vertragsparteien vorab eine einvernehmliche Regelung getroffen haben oder die aus anderen Gründen nicht umstritten oder außer Streit gestellt worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 74; Bayerisches LSG, Urteil vom 24.04.2013 - L 8 SO 18/12 KL - juris RdNr. 50; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.07.2013 - L 7 SO 2513/09 KL - juris RdNr. 27; Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 80 RdNr. 41). Denn bezogen auf die Vergütungsvereinbarung vom 08.01.2007 liegen diese Voraussetzungen gerade nicht vor. Zwar haben die Beteiligten diese Vereinbarung in der Vergangenheit einvernehmlich angewandt. Doch hat der Kläger gerade deswegen neue Verhandlungen initiiert, weil er für die Zukunft eine abweichende Vergütung erreichen wollte, da seiner Ansicht nach Anhaltspunkte dafür bestanden, dass das bisher vereinbarte Vergütungsniveau zum großen Teil nicht an die Mitarbeiter weitergegeben wurde. Damit hat der Kläger bereits zu Beginn des Schiedsstellenverfahrens zum Ausdruck gebracht, dass er nicht auf den früheren Vereinbarungen aufbauen will, sondern dass er eine Modifikation der Vergütung erreichen möchte (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 24.04.2013 - L 8 SO 18/12 KL - juris RdNr. 50). Insoweit liegt also kein Fall vor, in dem die früheren Vereinbarungen von den Parteien auch für die Zukunft einvernehmlich außer Streit gestellt worden sind und die Schiedsstelle diese ungeprüft ihren Erwägungen zugrunde legen darf.

(4) Die Gestehungskosten sind mit den von der Beklagten bislang vorgelegten Unterlagen allein nicht plausibel begründet.

Zwar hat die Beklagte ihrem Antrag auf Festsetzung der Vergütung für die Wohnstätte "Haus F " Übersichten über die Kalkulation der Vergütungsbestandteile, die Berechnung der Vergütung laut Rahmenvertrag, Übersichten über den Personalaufwand und die funktionelle Gliederung der in der Übersicht angegebenen Mitarbeiter beigefügt. Doch hat sie sich der Vorlage konkreter tatsächlicher Belege (z.B. anonymisierte Personallisten für alle Leistungsbereiche mit Vollzeitkraft-Anteilen und aktuell angefallenen Personalkosten sowie Personalnebenkosten) verweigert. Die Beklagte hat den vorgelegten Kalkulationsunterlagen auch nicht – wie in anderen, dem Senat bekannten Fällen üblich – das Testat eines unabhängigen Wirtschaftsprüfers über die Prüfung und Bestätigung der Kalkulation der Personalkosten beigefügt. Diese sind daher bislang nicht plausibel. Denn die Vorlage einer reinen Kostenkalkulation reicht zur Plausibilisierung der Gestehungskosten in aller Regel nicht aus; erforderlich sind vielmehr darüber hinaus tatsächliche Angaben, die die Kostenkalkulation hinreichend belegen (vgl. BSG, Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 25; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 53).

Zutreffend weist die Beklagte allerdings darauf hin, dass eine Plausibilitätskontrolle nur eine Prüfung auf Schlüssigkeit und keine Überprüfung bis ins Einzelne ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11.11.2011 - L 4 P 1221/10 KL - juris RdNr. 63). Mit den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen ist indessen auch eine Schlüssigkeitsprüfung der Personalkosten nicht möglich. Denn die Beklagte hat die tatsächlich an die Mitarbeiter gezahlten Entgelte in keiner Weise offen gelegt. Es geht vorliegend nicht um eine Überprüfung der gemachten Angaben bis ins Einzelne (etwa – wie in dem soeben zitierten Urteil des LSG Baden-Württemberg – um die richtige tarifliche Eingruppierung jedes einzelnen Mitarbeiters), sondern nur um eine Schlüssigkeitsprüfung dahingehend, ob die von der Beklagten als Kalkulationsgrundlage genannten Personalkosten mit den bei ihr tatsächlich anfallenden Personalkosten in Übereinstimmung zu bringen sind. Diese Plausibilitätskontrolle ist mit den bislang vorliegenden Unterlagen nicht möglich.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Beklagte bei ihrem Antrag die Kalkulationsblätter verwandt hat, die von der Kommission nach § 26 des Rahmenvertrages gemäß § 79 Abs. 1 SGB XII für den Freistaat S beschlossen worden sind. Diese von den Rahmenvertragsparteien gebildete Kommission ist für die Fortentwicklung, Änderung und Ergänzung des Rahmenvertrages zuständig (§ 26 Abs. 2 des Rahmenvertrages). Die Beschlüsse dieser Kommission, die von den in sie entsandten Vertretern der Rahmenvertragsparteien nur einstimmig gefasst werden können (§ 26 Abs. 6 Satz 2 des Rahmenvertrages), können zwar dieselbe Wirkung haben wie die von den Rahmenvertragsparteien vertraglich vereinbarten Regelungen. Doch dienen die von der Kommission beschlossenen Formblätter – und damit auch die Kalkulationsblätter – allein der Strukturierung und Vereinheitlichung der Angaben der Einrichtungsträger (vgl. § 15 Abs. 1 des Rahmenvertrages). Durch die Kalkulationsblätter soll die Prüfung der Vergütungsforderungen erleichtert werden. Die gesetzlichen Anforderungen an diese Prüfung können durch diese Formblätter und die Pflicht, sie zu verwenden, indessen nicht abgeändert werden, da hierzu die Rahmenvertragsparteien nicht berechtigt sind (vgl. § 79 Abs. 1 Satz 1 SGB XII). Die Beklagte ist daher nicht schon dadurch ihren Obliegenheiten im Rahmen der Plausibilitätskontrolle gerecht geworden, dass sie eine reine Kostenkalkulation unter Verwendung des von der Kommission beschlossenen Kalkulationsblatts vorgelegt hat.

Der vorliegende Fall bietet Anlass darauf hinzuweisen, dass die von der Kommission nach § 26 des Rahmenvertrages beschlossenen Formblätter insoweit kaum mit höherrangigem Recht vereinbar erscheinen, als sie keinen Raum für die Ausweisung eines unternehmerischen Gewinns lassen. So erlaubt das Kalkulationsblatt allein Angaben zum Personalaufwand, zum Sachaufwand und zum Investitionsbetrag, also zu den Gestehungskosten; die Kalkulation eines Gewinns sieht es dagegen nicht vor. Wie zum Vergütungsvereinbarungsrecht im SGB XI indessen geklärt ist, muss die Vergütung so bemessen sein, dass sie bei wirtschaftlicher Betriebsführung die Kosten einer Einrichtung hinsichtlich der voraussichtlichen Gestehungskosten unter Zuschlag einer angemessenen Vergütung ihres Unternehmerrisikos und eines etwaigen zusätzlichen persönlichen Arbeitseinsatzes sowie einer angemessenen Verzinsung ihres Eigenkapitals deckt (BSG, Urteil vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - juris RdNr. 25 f.; Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 24; Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 19/00 R - juris RdNr. 21). Zwar muss jeder Einrichtungsträger ein Verlustrisiko tragen, etwa als Folge von Überangeboten am Markt, von unwirtschaftlichem Verhalten, infolge eines unzureichenden Leistungsangebots oder wegen seiner unternehmerischen Fehlentscheidungen. Umgekehrt muss die Vergütung dem Einrichtungsträger aber auch die Möglichkeit bieten, Gewinne zu erzielen, die ihm als Überschuss verbleiben können. Wie diese Gewinnchance zu bemessen ist, hat der Gesetzgeber nicht vorgezeichnet, sondern der Aushandlung der Vertragsparteien und im Streitfall der Schiedsstelle überlassen; denkbar ist ein fester umsatzbezogener Prozentsatz oder eine Steuerung über die Auslastungsquote (BSG, Urteil vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - juris RdNr. 26). Dies hat auch für das Vergütungsvereinbarungsrecht im SGB XII zu gelten. Denn auch dieses unterwirft seit Abschaffung des Selbstkostendeckungsprinzips den Einrichtungsträger nicht nur einem Verlustrisiko, sondern eröffnet ihm eine Gewinnchance. Folgerichtig soll der in § 77 Abs. 1 Satz 1 SGB XII zum Ausdruck gebrachte Grundsatz der Prospektivität der Verhandlungen verhindern, dass Vergütungen nachträglich nach den bereits entstandenen Kosten abgerechnet werden, also ein Gewinn- oder Verlustausgleich ohne Rücksicht auf die im Leistungszeitpunkt gültigen Vereinbarungen durchgeführt wird (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 16). Muss somit auch in der Sozialhilfe die Vergütung dem Einrichtungsträger eine Gewinnchance bieten, geht es nicht an, wenn er gezwungen ist, den von ihm angestrebten Gewinn in den voraussichtlichen Gestehungskosten zu verstecken.

(5) Auch mit der seit dem Jahr 2007 durchschnittlich eingetretenen Grundlohn- und Tariflohnsteigerung lässt sich die Vergütungsforderung der Beklagten nicht plausibel begründen.

Zum einen ist bereits der Ausgangspunkt einer solchen Vergütungserhöhung – die der 2007 vereinbarten Vergütung zugrunde liegenden Kostensätze – zwischen den Beteiligten nicht unstreitig. Des Weiteren steht mangels konkreter Angaben zur Höhe der tatsächlichen Gestehungskosten nicht fest, ob die Beklagte ortsüblich oder tarifnah entlohnt. Insoweit ist der Verweis der Beklagten auf § 15 Abs. 4 des Rahmenvertrages nicht zielführend. Dort ist bestimmt: "Personalaufwand umfasst Vergütungen, Löhne und sonstige Leistungen in Geld oder Geldeswert, die grundsätzlich nach den auf Bundesebene geltenden Tarifverträgen, Arbeitsbedingungen oder Arbeitsvertragsrichtlinien bei funktionsgerechter Eingruppierung entstehen." Diese Bestimmung enthält weder eine Fiktion noch entfaltet sie eine Vermutungswirkung im Hinblick auf die Höhe der tatsächlich an die Mitarbeiter einer Einrichtung gezahlten Arbeitsentgelte. Vielmehr will die Bestimmung die Berücksichtigungsfähigkeit der tatsächlich anfallenden Arbeitsentgelte in Anlehnung an das zuwendungsrechtliche Besserstellungsverbot (dazu BVerwG, Urteil vom 17.07.2009 - 5 C 25/08 - juris RdNr. 39) auf das sich grundsätzlich aus den Tarifverträgen ergebende Entgeltniveau einschränken – wobei hier offenbleiben kann, ob dies mit höherrangigem Recht vereinbar ist.

Zum anderen kann sich die Beklagte auf den Grundsatz, dass die Einhaltung der Tarifbindung grundsätzlich immer als wirtschaftlich angemessen anzusehen ist (BSG, Urteil vom 29.01.2009 - B 3 P 7/08 R - juris RdNr. 28; Urteil vom 17.12.2009 - B 3 P 3/08 R - juris RdNr. 56; Urteil vom 16.05.2013 - B 3 P 2/12 R - juris RdNr. 21), nicht berufen, da sie gar nicht tarifgebunden ist (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 24.04.2013 - L 8 SO 18/12 KL - juris RdNr. 63). Dieser für die zweite Prüfungsstufe (externer Vergleich samt Angemessenheitsprüfung) entwickelte Grundsatz kann zudem keinerlei Auswirkungen auf der ersten Prüfungsstufe (Plausibilitätskontrolle der Gestehungskosten) entfalten. Denn es gibt keine Vermutung dahingehend, dass nicht tariflich gebundene Unternehmen – wie die Beklagte – tarifnah oder jedenfalls ortsüblich vergüten. Insoweit müsste die Beklagte zunächst mit geeigneten Unterlagen die Höhe der an ihre Beschäftigten gezahlten Arbeitsentgelte belegen. Erst nachdem dies plausibel gemacht worden ist, kann die Ortsüblichkeit zur Begründung dafür dienen, dass die Vergütung nicht als unwirtschaftlich einzustufen ist.

(6) Um die zwischen den Beteiligten streitige Frage der Höhe der tatsächlich in der Einrichtung anfallenden Personalkosten aufzuklären, hätte die Beigeladene die Beklagte zur Vorlage weiterer Unterlagen auffordern müssen.

Die beigeladene Schiedsstelle war insoweit zur Aufklärung verpflichtet. Denn im Schiedsverfahren gilt für die zwischen den Vertragsparteien streitig gebliebenen vertragsrelevanten Sachverhaltselemente der Untersuchungsgrundsatz nach § 20 SGB X, weil die Schiedsstelle als Behörde tätig wird (vgl. BSG, Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris RdNr. 11; LSG Saarland, Urteil vom 30.01.2014 - L 11 SO 1/12 KL - juris RdNr. 46; Bayerisches LSG, Urteil vom 24.04.2013 - L 8 SO 18/12 KL juris RdNr. 55; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 05.10.2011 - L 2 SO 5659/08 KL - juris RdNr. 37; Hessisches LSG, Urteil vom 25.02.2011 - L 7 SO 237/10 KL - juris RdNr. 49; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.09.2008 - L 20 SO 92/06 - juris RdNr. 55; Flint in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 80 RdNr. 18; Münder in: LPK-SGB XII, 9. Aufl., § 80 RdNr. 8; Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 80 RdNr. 41). Ist das Vorbringen der Vertragsparteien nicht ausreichend, um den Sachverhalt ausreichend zu beurteilen, muss die Schiedsstelle die Vertragsparteien durch Erteilung von Auflagen zu weiterer Darlegung und Substantiierung auffordern. Sind die Vertragsparteien ihren Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachgekommen, müssen die noch offenen vertragsrelevanten Gesichtspunkte durch die Schiedsstelle von Amts wegen ermittelt werden. Angesichts der Besonderheiten des Schiedsverfahrens wird im Regelfall die Einholung einer Auskunft bei den Vertragsparteien oder die Vernehmung von Sachverständigen und/oder Zeugen in Betracht kommen. Möglich ist aber auch die Beziehung von Urkunden und Akten auf der Grundlage von § 21 Abs. 1 SGB X. Die Pflicht zur Amtsermittlung trifft die Schiedsstelle umso mehr, als eine dem § 85 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 SGB XI vergleichbare detaillierte Bestimmungen zum Nachweis von Art, Inhalt und Kosten der Leistungen durch geeignete Unterlagen im SGB XII fehlt (vgl. Jaritz/Eicher in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 80 RdNr. 41). Dementsprechend ist in § 2 Satz 2 und Satz 3 der Geschäftsordnung der Schiedsstelle gemäß § 16 SchiedVergSozVO geregelt, dass der Vorsitzende darauf hinzuwirken hat, dass bis zur mündlichen Verhandlung sämtliche Unterlagen vollständig vorliegen. Zu diesem Zweck kann er insbesondere um die Vorlage von Urkunden und Aufzeichnungen bitten, Auskünfte jeder Art einholen und andere beiladen.

Dieser Pflicht zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen ist die Beigeladene nicht nachgekommen. Der Schiedsspruch vom 06.06.2012 wurde mithin auf eine unzutreffende Tatsachengrundlage gestützt.

Hat die Schiedsstelle somit ihren Entscheidungsspielraum überschritten, weil sie die materiellen Vorgaben für die Vergütungsfestsetzung nicht ausreichend beachtet, deswegen erforderliche Ermittlungen unterlassen und daher auf unzureichender Tatsachengrundlage entschieden hat, ist der Schiedsspruch materiell rechtswidrig und daher aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Kosten der Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, da sie keinen Antrag gestellt hat (vgl. BSG, Urteil vom 31.05.2006 - B 6 KA 62/04 R - juris RdNr. 19).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) bestehen nicht.

Stinshoff Dr. Wahl zugleich für die urlaubsbedingt an der Unterschriftsleistung gehinderte Richterin Voigt
Rechtskraft
Aus
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