Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 3255/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 U 2631/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12.05.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger die Berufskrankheit (BK) Nr. 2402 ("Erkrankungen durch ionisierende Strahlen") der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), hilfsweise die BK 1318 ("Erkrankungen des Blutes, des blutbildenden und des lymphatischen Systems durch Benzol") anzuerkennen ist.
Der 1953 geborene Kläger durchlief von 1968 bis 1971 in der ehemaligen DDR die Ausbildung zum Rohrleitungsmonteur/Chemieanlagenbauer mit Schweißerausbildung und war in der Folgezeit, unterbrochen von Zeiten des Wehrdienstes bei der Nationalen Volksarmee, als Schlosser und/oder Schweißer im Chemieanlagenbau, Betonbau, in den Leunawerken und im Dampferzeugerbau tätig. Nach seinem Umzug nach Westdeutschland 1990 arbeitete der Kläger - nach einer kurzen Zeit als Leiharbeitnehmer für die Firma Schwörer-Haus (Fertighausbau) - als Vorrichter und Schweißer für die Firma Kraftanlagen Nukleartechnik GmbH H ... Seit Juni 1998 ist er bei der Firma K. Straßenbau im Straßenbau beschäftigt.
Nach Diagnose einer chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) beim Kläger zeigte Dr. A. , Chefarzt im Krankenhaus F. , vor dem Hintergrund der früheren klägerischen Beschäftigung in Kernkraftwerken im April 2009 den Verdacht einer Berufskrankheit an. Im beigefügten Befundbericht stellte Dr. A. die Diagnose einer CLL vom B-Zell-Typ mit Erstdiagnose März 2009. Die Leukozytenzahl des Klägers sei bereits vor drei Jahren erhöht gewesen. Auf Grund der Anamnese sei davon auszugehen, dass bereits vor drei Jahren das Krankheitsbild vorgelegen habe. Die Beklagte erstreckte das daraufhin eingeleitete Verwaltungsverfahren zur Feststellung einer Berufskrankheit auch auf die BK 1318, nachdem der Kläger im Rahmen der Ermittlungen zu seinen früheren Berufstätigkeiten Angaben zu Expositionen gegenüber Benzol gemacht hatte.
Der Präventionsdienst der Berufsgenossenschaft E., T., E. errechnete in seiner Stellungnahme vom Juli 2009 anhand der Strahlenpässe des Klägers eine Berufslebensdosis von insgesamt 29,3 Millisievert (mSv). Demgegenüber stünde eine Belastung von 113 mSv aus natürlichen Strahlenquellen bis zum 54. Lebensjahr des Klägers, was zeige, dass die beruflich bedingte Dosis als gering einzustufen sei. Anhand der vorliegenden epidemiologischen Daten sei es unwahrscheinlich, dass die CLL durch ionisierende Strahlung induziert werden könne.
Der Präventionsdienst der Beklagten ermittelte anhand von Gesprächen mit dem Kläger und Ermittlungen bei den ehemaligen Arbeitgebern Benzolexpositionen im Rahmen der Ausbildung zum Rohrleitungsmonteur/Chemieanlagenbauer im VEB Metallleichtbaukombinat, Werk H. , mit Kontakt zu Waschbenzin zu Reinigungszwecken (September 1968 bis August 1971 mit einer Expositionsdauer von 0,4 Jahren mit extremer Belastungsintensität) und für die Dauer der Beschäftigung in den Leuna-Werken (April 1974 bis Januar 1983 mit einer kumulativen Exposition von 3 ppm-Jahren).
Mit Bescheid vom 15.04.2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 2402 ab. Auch eine BK 1318 könne nicht anerkannt werden. Die beim Kläger vorliegende Benzolexposition genüge nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht, um mit Wahrscheinlichkeit die beim Kläger vorliegende CLL zu verursachen. Ein Anspruch auf Entschädigungsleistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe daher nicht. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2010 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 06.10.2010 Klage zum Sozialgericht Reutlingen erhoben. Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat zunächst der Facharzt für Allgemeinmedizin K. , behandelnder Hausarzt des Klägers, im September 2011 ein Gutachten erstattet. Der Kläger sei in verschiedenen Chemieanlagen der ehemaligen DDR tätig gewesen und es sei sehr wahrscheinlich, dass er dabei Kontakt zu krebserregenden Stoffen hatte; welche dies seien, sei ihm aber nicht bekannt. Im Hinblick auf die Ursächlichkeit sei eine Wertung für ihn nicht möglich. Ihm sei eine kompetente Beantwortung der gutachterlichen Fragestellung nicht möglich, weshalb er bitte, einen Spezialisten zu beauftragen.
Auf den weiteren Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat Prof. Dr. T. in seinem Gutachten, beruhend u.a. auf ambulanter Untersuchung des Klägers im August 2013, eine CLL vom B-Zell-Typ mit Erstdiagnose im März 2009, anamnestisch 2006 bei Immunchemotherapie 2010 und aktuell im Stadium der Remission befindlich, diagnostiziert. Die Ätiologie der CLL sei ungeklärt. Die Schlussfolgerung, ob Benzol generell in der Lage ist, eine CLL zu verursachen, sei wissenschaftlich umstritten; es könne nicht bestätigt werden, dass die abgeschätzten Benzol-Belastungen in einer Größenordnung liegen, die tatsächlich mit einem BK-relevanten Erkrankungsrisiko assoziiert sind. Insbesondere der zeitliche Ablauf nach Expositionsende unter Berücksichtigung der nur geringen Benzolbelastung spreche eher gegen als für die Annahme einer Kausalität. Im Hinblick auf die BK 2402 sei zu berücksichtigen, dass die CLL in keinem ursächlichen Zusammenhang mit einer beruflichen Strahlenexposition stehe, weshalb schädigenden Einwirkungen der beruflichen Tätigkeit für die CLL mit Wahrscheinlichkeit keine Bedeutung zukomme.
Mit Urteil vom 12.05.2014 hat das Sozialgericht Reutlingen, im Wesentlichen gestützt auf das Gutachten des Prof. Dr. T. , die Klage abgewiesen. Abgesehen von den Unklarheiten des konkreten Umfangs der beruflichen Benzolexposition des Klägers sprächen gewichtige Gründe gegen einen Kausalzusammenhang. Denn es bestehe bereits kein wissenschaftlich zwingender Nachweis dafür, dass Benzol grundsätzlich in der Lage wäre, bei Menschen eine CLL zu verursachen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass ein Zusammenhang grundsätzlich möglich sei, könne eine wissenschaftliche Basis für die Dosis-Wirkungs-Beziehung nicht genannt werden. Umgekehrt sprächen die Latenzzeit, die Expositionsdauer und die Interimszeit gegen einen Kausalzusammenhang. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 1318 seien zur Überzeugung der Kammer daher nicht gegeben. Gleiches gelte hinsichtlich der BK 2402: Es gäbe keine medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse dafür, dass eine CLL durch ionisierende Strahlen hervorgerufen werden könne.
Gegen das dem Kläger am 22.05.2014 zugestellte Urteil hat dieser am 20.06.2014 Berufung eingelegt und ausgeführt, er bestreite, dass die bei ihm aufgetretene CLL nach internationalem wissenschaftlichem Konzens nicht zu den typischen Spätfolgen einer Strahlenexposition gehöre. Beim Kläger könne nicht ausgeschlossen werden, dass doch eine Berufskrankheit vorliege.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12.05.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 15.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung, hilfsweise nach Nr. 1318 anzuerkennen und Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf den Inhalt der Akten und das aus ihrer Sicht zutreffende erstinstanzliche Urteil. Beim Kläger seien bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erfüllt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Geltendmachung der Anerkennung der BK 2404, hilfsweise 1318, im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Anerkennung der streitigen BK ablehnenden Verwaltungsentscheidungen. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 3) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung einer BK als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles und damit auf eine Berufskrankheit übertragbar BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 20).
Soweit der Kläger daneben die Verurteilung der Beklagten zur Erbringung "gesetzlicher Leistungen" begehrt, ist die Klage unzulässig (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 35/03 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 6, auch zum Nachfolgenden), weil sie nicht auf konkrete Leistungen, sondern allgemein auf Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten gerichtet ist. Über sie kann auch nicht durch Grundurteil entschieden werden. Denn die in § 130 SGG vorgesehene Möglichkeit zum Erlass eines Grundurteils ist auf Fälle beschränkt, in denen der Kläger eine oder mehrere ihrer Art nach feststehende Geldleistungen begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Nicht die Leistung als solche, sondern nur ihre Höhe kann in diesem Fall vom Gericht offen gelassen und der Berechnung durch den Sozialleistungsträger überlassen werden. Geht es nur um die Frage, ob ein bestimmter Unfall Arbeitsunfall ist oder eine bestimmte BK vorliegt sowie um die Feststellung der Entschädigungspflicht dem Grunde nach, steht im Entscheidungszeitpunkt nicht fest, welche der in Frage kommenden Leistungen (Krankenbehandlung, Rehabilitation, Verletztengeld, Verletztenrente u.a.) im konkreten Fall tatsächlich beansprucht werden können und für welchen Zeitraum sie ggf. zu erbringen sind. Auch handelt es sich nur teilweise um Geldleistungen und im Übrigen um Sachleistungen, die einer Zuerkennung durch Grundurteil von vornherein nicht zugänglich sind.
Der Verfügungssatz des Bescheides enthält zwar (auch) die Aussage, dass Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht zu erbringen seien. Dieser Verfügungssatz mag insofern für sich genommen, missverständlich sein. Bei der Auslegung von Verwaltungsakten ist in Anwendung der für Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätze (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches) vom objektiven Sinngehalt ihrer Erklärungen auszugehen, wie sie der Empfänger bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalls objektiv verstehen musste, wobei der der Bestandskraft (Bindungswirkung) zugängliche Verfügungssatz zu Grunde zu legen und zur Klärung seines Umfangs die Begründung des Bescheides zu berücksichtigen ist (BSG, Urteil vom 16.11.2005, B 2 U 28/04 R). Die in Rede stehenden Leistungen sind im Verwaltungsverfahren vom Kläger weder beantragt noch von der Beklagten konkret und für den Empfänger der Bescheide erkennbar geprüft worden und sie sind in den Bescheiden auch nicht erwähnt worden. Bei dieser Sachlage konnte für einen verständigen Empfänger der Bescheid kein Zweifel bestehen, dass die Beklagte allein über das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2402 bzw. 1318 entscheiden wollte und etwaige Leistungsansprüche nicht in Erwägung zog (so in einem vergleichbaren Fall auch BSG, Urteil vom 16.11.2005, B 2 U 28/04 R). Letztendlich kommt es indes hierauf nicht maßgeblich an, denn der Kläger hat schon keinen Anspruch auf eine Anerkennung der BK 2402 bzw. der BK 1318, weshalb hierauf gestützte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung von vornherein nicht in Betracht kommen.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für den hier vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Anerkennung der BK 2404 bzw. 1318 dargelegt und gestützt auf Prof. Dr. T. die Anerkennung einer BK 2402 angesichts fehlender genereller Eignung ionisierender Strahlung zur Verursachung von CLL nach derzeitigem Stand der Wissenschaft (s. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 1181) - ungeachtet der Frage, inwiefern der Kläger überhaupt einer erhöhten beruflichen Strahlenexposition ausgesetzt gewesen ist - zutreffend verneint. Ebenso zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für die BK 1318 nicht erfüllt, weil - wie Prof. Dr. T. schlüssig und nachvollziehbar herausgearbeitet hat - selbst bei unterstellter genereller Eignung zur Verursachung einer CLL jedenfalls die nur kurze Expositionsdauer gegenüber Benzol und die lange Interimszeit von 23 Jahren zwischen Expositionsende und frühestem Krankheitsbeginn gegen die Annahme einer Kausalität sprechen (nicht aber die Latenzzeit, vgl. Prof. Dr. T. in seinem Gutachten) Die Frage einer grundsätzlichen Eignung einer Benzolexposition für die Verursachung einer CLL, die der Sachverständige mit beachtlichen Argumenten, insbesondere unter Bezugnahme auf eine breitbasige aktuelle Studienlage, verneint hat, bedarf daher keiner Klärung. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den oben zusammengefassten Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Eine andere Beurteilung ist auch durch das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren nicht gerechtfertigt. Substantielle Einwendungen gegen das auf seinen Antrag gemäß § 109 SGG hin in Auftrag gegebene Gutachten des Prof. Dr. T. hat der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht erhoben. Soweit der Kläger bestreitet, dass die bei ihm aufgetretene CLL nicht zu den typischen Spätfolgen einer Exposition gegenüber ionisierenden Strahlen gehört, verkennt er, dass der Sachverständige auch insoweit den durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen aktuellen Erkenntnisstand wiedergibt, der von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt wird (vgl. hierzu bereits die ausführliche Stellungnahme der Präventionsabteilung der Berufsgenossenschaft E, T, E. zur BK 2402 vom Juli 2009, Bl. 38 ff. VA; vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O.).
Soweit der Kläger Prof. Dr. T. vorwirft "mit Wahrscheinlichkeiten" zu arbeiten und umgekehrt hieraus schlussfolgert, es könne jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass beim Kläger doch eine BK vorliegt, verkennt er grob die bereits vom Sozialgericht ausführlich dargelegten Beweisanforderungen hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkungen sowie die Beweislasttragung. Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11). Nach diesen Grundsätzen wirkt sich der Umstand, dass eine Ursächlichkeit der Strahlenbelastung bzw. der Benzolexposition für die CLL nicht nur nicht wahrscheinlich ist, sondern sogar umgekehrt mehr dagegen als dafür spricht, dass die beruflichen Schadstoffexpositionen ursächlich für die Erkrankung sind, zu Lasten des Klägers aus.
Nur der Vollständigkeit halber verweist der Senat darauf, dass sich ein dem Kläger günstigeres Ergebnis auch nicht aus der nur sehr kurzen Stellungnahme des Facharztes für Allgemeinmedizin K. ergibt. Denn dieser hat selbst in seiner Stellungnahme klargestellt, er könne eine Wertung hinsichtlich der Ursächlichkeit des Zusammenhangs nicht vornehmen und die Frage nach dem Vorliegen einer BK nicht kompetent beantworten.
Nachdem der Sachverhalt geklärt ist, ist die Einholung eines weiteren Gutachtens zur Beurteilung der vom Kläger behaupteten BKen nicht erforderlich. Den Antrag des Klägers auf Einholung eines Gutachtens nach §§ 103, 106 SGG lehnt der Senat daher ab. Das Antragsrecht nach § 109 SGG wiederum ist entgegen der Einschätzung des Klägers verbraucht. Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG muss auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Einer wiederholten Antragstellung muss jedoch nur gefolgt werden, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen. Ein solcher besonderer Umstand kann darin liegen, dass es sich bei den Ärzten jeweils um Spezialisten handelt, wobei jeder für sein Sachgebiet Stellung nehmen soll. Sind für einzelne Gesundheitsstörungen mehrere Facharztgruppen zuständig, kann aber nicht pauschal vorgebracht werden, ein Vertreter der jeweils anderen Facharztgruppen verfüge über eine größere Sachkunde, vielmehr muss im Einzelfall dargetan werden, warum der neue Gutachter in dem konkreten Fall zusätzliche entscheidende Erkenntnisse vorbringen kann. Jedenfalls bei verwandten Fachrichtungen ist in der Regel kein Grund für ein weiteres Gutachten gegeben (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 109 Rdnr. 10b). Vorliegend ist in der ersten Instanz auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers u.a. ein arbeitsmedizinisches Gutachten durch Prof. Dr. T. , Arzt für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin erfolgt. Der Kläger begehrt in der Berufung zusätzlich gem. § 109 SGG eine Begutachtung durch Prof. Dr. D. , Erlangen. Neben den hier nicht relevanten Facharztanerkennungen "Haut- und Geschlechtskrankheiten" und "Allergologie" handelt es sich auch bei Prof. Dr. D. um einen Facharzt der Fachrichtung Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin. Eine besondere medizinische Spezifikation die im vorliegenden Falle von Relevanz sein könnte und die nicht bereits in der Gestalt des erstinstanzlichen Gutachters nach § 109 vorgelegen hat, ist demnach nicht zu ersehen. Sonstige Gründe, die eine wiederholte Begutachtung nach § 109 SGG rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Die vom Kläger zitierte Fundstelle für einen Antrag nach § 109 SGG bei zu erwartender negativer Entscheidung (Wenner, in: Kreikebohm, Spellbrink, Watermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Auflage 2013, SGG § 109 Rdnr. 9) betrifft nicht die Frage wiederholter Antragstellung, sondern stellt eine Handlungsanleitung für den Kläger bzw. Rechtsanwalt in Bezug auf den richtigen Zeitpunkt zur Antragstellung dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob beim Kläger die Berufskrankheit (BK) Nr. 2402 ("Erkrankungen durch ionisierende Strahlen") der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV), hilfsweise die BK 1318 ("Erkrankungen des Blutes, des blutbildenden und des lymphatischen Systems durch Benzol") anzuerkennen ist.
Der 1953 geborene Kläger durchlief von 1968 bis 1971 in der ehemaligen DDR die Ausbildung zum Rohrleitungsmonteur/Chemieanlagenbauer mit Schweißerausbildung und war in der Folgezeit, unterbrochen von Zeiten des Wehrdienstes bei der Nationalen Volksarmee, als Schlosser und/oder Schweißer im Chemieanlagenbau, Betonbau, in den Leunawerken und im Dampferzeugerbau tätig. Nach seinem Umzug nach Westdeutschland 1990 arbeitete der Kläger - nach einer kurzen Zeit als Leiharbeitnehmer für die Firma Schwörer-Haus (Fertighausbau) - als Vorrichter und Schweißer für die Firma Kraftanlagen Nukleartechnik GmbH H ... Seit Juni 1998 ist er bei der Firma K. Straßenbau im Straßenbau beschäftigt.
Nach Diagnose einer chronischen lymphatischen Leukämie (CLL) beim Kläger zeigte Dr. A. , Chefarzt im Krankenhaus F. , vor dem Hintergrund der früheren klägerischen Beschäftigung in Kernkraftwerken im April 2009 den Verdacht einer Berufskrankheit an. Im beigefügten Befundbericht stellte Dr. A. die Diagnose einer CLL vom B-Zell-Typ mit Erstdiagnose März 2009. Die Leukozytenzahl des Klägers sei bereits vor drei Jahren erhöht gewesen. Auf Grund der Anamnese sei davon auszugehen, dass bereits vor drei Jahren das Krankheitsbild vorgelegen habe. Die Beklagte erstreckte das daraufhin eingeleitete Verwaltungsverfahren zur Feststellung einer Berufskrankheit auch auf die BK 1318, nachdem der Kläger im Rahmen der Ermittlungen zu seinen früheren Berufstätigkeiten Angaben zu Expositionen gegenüber Benzol gemacht hatte.
Der Präventionsdienst der Berufsgenossenschaft E., T., E. errechnete in seiner Stellungnahme vom Juli 2009 anhand der Strahlenpässe des Klägers eine Berufslebensdosis von insgesamt 29,3 Millisievert (mSv). Demgegenüber stünde eine Belastung von 113 mSv aus natürlichen Strahlenquellen bis zum 54. Lebensjahr des Klägers, was zeige, dass die beruflich bedingte Dosis als gering einzustufen sei. Anhand der vorliegenden epidemiologischen Daten sei es unwahrscheinlich, dass die CLL durch ionisierende Strahlung induziert werden könne.
Der Präventionsdienst der Beklagten ermittelte anhand von Gesprächen mit dem Kläger und Ermittlungen bei den ehemaligen Arbeitgebern Benzolexpositionen im Rahmen der Ausbildung zum Rohrleitungsmonteur/Chemieanlagenbauer im VEB Metallleichtbaukombinat, Werk H. , mit Kontakt zu Waschbenzin zu Reinigungszwecken (September 1968 bis August 1971 mit einer Expositionsdauer von 0,4 Jahren mit extremer Belastungsintensität) und für die Dauer der Beschäftigung in den Leuna-Werken (April 1974 bis Januar 1983 mit einer kumulativen Exposition von 3 ppm-Jahren).
Mit Bescheid vom 15.04.2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 2402 ab. Auch eine BK 1318 könne nicht anerkannt werden. Die beim Kläger vorliegende Benzolexposition genüge nach medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht, um mit Wahrscheinlichkeit die beim Kläger vorliegende CLL zu verursachen. Ein Anspruch auf Entschädigungsleistung aus der gesetzlichen Unfallversicherung bestehe daher nicht. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2010 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 06.10.2010 Klage zum Sozialgericht Reutlingen erhoben. Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat zunächst der Facharzt für Allgemeinmedizin K. , behandelnder Hausarzt des Klägers, im September 2011 ein Gutachten erstattet. Der Kläger sei in verschiedenen Chemieanlagen der ehemaligen DDR tätig gewesen und es sei sehr wahrscheinlich, dass er dabei Kontakt zu krebserregenden Stoffen hatte; welche dies seien, sei ihm aber nicht bekannt. Im Hinblick auf die Ursächlichkeit sei eine Wertung für ihn nicht möglich. Ihm sei eine kompetente Beantwortung der gutachterlichen Fragestellung nicht möglich, weshalb er bitte, einen Spezialisten zu beauftragen.
Auf den weiteren Antrag des Klägers nach § 109 SGG hat Prof. Dr. T. in seinem Gutachten, beruhend u.a. auf ambulanter Untersuchung des Klägers im August 2013, eine CLL vom B-Zell-Typ mit Erstdiagnose im März 2009, anamnestisch 2006 bei Immunchemotherapie 2010 und aktuell im Stadium der Remission befindlich, diagnostiziert. Die Ätiologie der CLL sei ungeklärt. Die Schlussfolgerung, ob Benzol generell in der Lage ist, eine CLL zu verursachen, sei wissenschaftlich umstritten; es könne nicht bestätigt werden, dass die abgeschätzten Benzol-Belastungen in einer Größenordnung liegen, die tatsächlich mit einem BK-relevanten Erkrankungsrisiko assoziiert sind. Insbesondere der zeitliche Ablauf nach Expositionsende unter Berücksichtigung der nur geringen Benzolbelastung spreche eher gegen als für die Annahme einer Kausalität. Im Hinblick auf die BK 2402 sei zu berücksichtigen, dass die CLL in keinem ursächlichen Zusammenhang mit einer beruflichen Strahlenexposition stehe, weshalb schädigenden Einwirkungen der beruflichen Tätigkeit für die CLL mit Wahrscheinlichkeit keine Bedeutung zukomme.
Mit Urteil vom 12.05.2014 hat das Sozialgericht Reutlingen, im Wesentlichen gestützt auf das Gutachten des Prof. Dr. T. , die Klage abgewiesen. Abgesehen von den Unklarheiten des konkreten Umfangs der beruflichen Benzolexposition des Klägers sprächen gewichtige Gründe gegen einen Kausalzusammenhang. Denn es bestehe bereits kein wissenschaftlich zwingender Nachweis dafür, dass Benzol grundsätzlich in der Lage wäre, bei Menschen eine CLL zu verursachen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass ein Zusammenhang grundsätzlich möglich sei, könne eine wissenschaftliche Basis für die Dosis-Wirkungs-Beziehung nicht genannt werden. Umgekehrt sprächen die Latenzzeit, die Expositionsdauer und die Interimszeit gegen einen Kausalzusammenhang. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 1318 seien zur Überzeugung der Kammer daher nicht gegeben. Gleiches gelte hinsichtlich der BK 2402: Es gäbe keine medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse dafür, dass eine CLL durch ionisierende Strahlen hervorgerufen werden könne.
Gegen das dem Kläger am 22.05.2014 zugestellte Urteil hat dieser am 20.06.2014 Berufung eingelegt und ausgeführt, er bestreite, dass die bei ihm aufgetretene CLL nach internationalem wissenschaftlichem Konzens nicht zu den typischen Spätfolgen einer Strahlenexposition gehöre. Beim Kläger könne nicht ausgeschlossen werden, dass doch eine Berufskrankheit vorliege.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12.05.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 15.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Berufskrankheit nach Nr. 2402 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung, hilfsweise nach Nr. 1318 anzuerkennen und Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist zur Begründung auf den Inhalt der Akten und das aus ihrer Sicht zutreffende erstinstanzliche Urteil. Beim Kläger seien bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erfüllt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Geltendmachung der Anerkennung der BK 2404, hilfsweise 1318, im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Anerkennung der streitigen BK ablehnenden Verwaltungsentscheidungen. Nach der Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG, vgl. hierzu u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 3) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung einer BK als Element eines jeglichen Leistungsanspruchs im Wege der Verpflichtungsklage verlangen (Urteil vom 05.07.2011, B 2 U 17/10 R in SozR 4-2700 § 11 Nr. 1 mit weiteren Ausführungen zur Anspruchsgrundlage; speziell zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles und damit auf eine Berufskrankheit übertragbar BSG, Urteil vom 15.05.2012, B 2 U 8/11 R in SozR 4-2700 § 2 Nr. 20).
Soweit der Kläger daneben die Verurteilung der Beklagten zur Erbringung "gesetzlicher Leistungen" begehrt, ist die Klage unzulässig (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 35/03 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 6, auch zum Nachfolgenden), weil sie nicht auf konkrete Leistungen, sondern allgemein auf Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten gerichtet ist. Über sie kann auch nicht durch Grundurteil entschieden werden. Denn die in § 130 SGG vorgesehene Möglichkeit zum Erlass eines Grundurteils ist auf Fälle beschränkt, in denen der Kläger eine oder mehrere ihrer Art nach feststehende Geldleistungen begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Nicht die Leistung als solche, sondern nur ihre Höhe kann in diesem Fall vom Gericht offen gelassen und der Berechnung durch den Sozialleistungsträger überlassen werden. Geht es nur um die Frage, ob ein bestimmter Unfall Arbeitsunfall ist oder eine bestimmte BK vorliegt sowie um die Feststellung der Entschädigungspflicht dem Grunde nach, steht im Entscheidungszeitpunkt nicht fest, welche der in Frage kommenden Leistungen (Krankenbehandlung, Rehabilitation, Verletztengeld, Verletztenrente u.a.) im konkreten Fall tatsächlich beansprucht werden können und für welchen Zeitraum sie ggf. zu erbringen sind. Auch handelt es sich nur teilweise um Geldleistungen und im Übrigen um Sachleistungen, die einer Zuerkennung durch Grundurteil von vornherein nicht zugänglich sind.
Der Verfügungssatz des Bescheides enthält zwar (auch) die Aussage, dass Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht zu erbringen seien. Dieser Verfügungssatz mag insofern für sich genommen, missverständlich sein. Bei der Auslegung von Verwaltungsakten ist in Anwendung der für Willenserklärungen maßgeblichen Grundsätze (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches) vom objektiven Sinngehalt ihrer Erklärungen auszugehen, wie sie der Empfänger bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalls objektiv verstehen musste, wobei der der Bestandskraft (Bindungswirkung) zugängliche Verfügungssatz zu Grunde zu legen und zur Klärung seines Umfangs die Begründung des Bescheides zu berücksichtigen ist (BSG, Urteil vom 16.11.2005, B 2 U 28/04 R). Die in Rede stehenden Leistungen sind im Verwaltungsverfahren vom Kläger weder beantragt noch von der Beklagten konkret und für den Empfänger der Bescheide erkennbar geprüft worden und sie sind in den Bescheiden auch nicht erwähnt worden. Bei dieser Sachlage konnte für einen verständigen Empfänger der Bescheid kein Zweifel bestehen, dass die Beklagte allein über das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2402 bzw. 1318 entscheiden wollte und etwaige Leistungsansprüche nicht in Erwägung zog (so in einem vergleichbaren Fall auch BSG, Urteil vom 16.11.2005, B 2 U 28/04 R). Letztendlich kommt es indes hierauf nicht maßgeblich an, denn der Kläger hat schon keinen Anspruch auf eine Anerkennung der BK 2402 bzw. der BK 1318, weshalb hierauf gestützte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung von vornherein nicht in Betracht kommen.
Das Sozialgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für den hier vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Anerkennung der BK 2404 bzw. 1318 dargelegt und gestützt auf Prof. Dr. T. die Anerkennung einer BK 2402 angesichts fehlender genereller Eignung ionisierender Strahlung zur Verursachung von CLL nach derzeitigem Stand der Wissenschaft (s. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 1181) - ungeachtet der Frage, inwiefern der Kläger überhaupt einer erhöhten beruflichen Strahlenexposition ausgesetzt gewesen ist - zutreffend verneint. Ebenso zutreffend hat das Sozialgericht ausgeführt, dass der Kläger die Voraussetzungen für die BK 1318 nicht erfüllt, weil - wie Prof. Dr. T. schlüssig und nachvollziehbar herausgearbeitet hat - selbst bei unterstellter genereller Eignung zur Verursachung einer CLL jedenfalls die nur kurze Expositionsdauer gegenüber Benzol und die lange Interimszeit von 23 Jahren zwischen Expositionsende und frühestem Krankheitsbeginn gegen die Annahme einer Kausalität sprechen (nicht aber die Latenzzeit, vgl. Prof. Dr. T. in seinem Gutachten) Die Frage einer grundsätzlichen Eignung einer Benzolexposition für die Verursachung einer CLL, die der Sachverständige mit beachtlichen Argumenten, insbesondere unter Bezugnahme auf eine breitbasige aktuelle Studienlage, verneint hat, bedarf daher keiner Klärung. Der Senat sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den oben zusammengefassten Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Eine andere Beurteilung ist auch durch das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren nicht gerechtfertigt. Substantielle Einwendungen gegen das auf seinen Antrag gemäß § 109 SGG hin in Auftrag gegebene Gutachten des Prof. Dr. T. hat der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht erhoben. Soweit der Kläger bestreitet, dass die bei ihm aufgetretene CLL nicht zu den typischen Spätfolgen einer Exposition gegenüber ionisierenden Strahlen gehört, verkennt er, dass der Sachverständige auch insoweit den durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen aktuellen Erkenntnisstand wiedergibt, der von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt wird (vgl. hierzu bereits die ausführliche Stellungnahme der Präventionsabteilung der Berufsgenossenschaft E, T, E. zur BK 2402 vom Juli 2009, Bl. 38 ff. VA; vgl. auch Schönberger/Mehrtens/Valentin a.a.O.).
Soweit der Kläger Prof. Dr. T. vorwirft "mit Wahrscheinlichkeiten" zu arbeiten und umgekehrt hieraus schlussfolgert, es könne jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass beim Kläger doch eine BK vorliegt, verkennt er grob die bereits vom Sozialgericht ausführlich dargelegten Beweisanforderungen hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkungen sowie die Beweislasttragung. Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u. a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84 in SozR 2200 § 555a Nr. 1). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R in SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R in SozR 3-2200 § 551 Nr. 16). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87 in SozR 2200 § 548 Nr. 91). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11). Nach diesen Grundsätzen wirkt sich der Umstand, dass eine Ursächlichkeit der Strahlenbelastung bzw. der Benzolexposition für die CLL nicht nur nicht wahrscheinlich ist, sondern sogar umgekehrt mehr dagegen als dafür spricht, dass die beruflichen Schadstoffexpositionen ursächlich für die Erkrankung sind, zu Lasten des Klägers aus.
Nur der Vollständigkeit halber verweist der Senat darauf, dass sich ein dem Kläger günstigeres Ergebnis auch nicht aus der nur sehr kurzen Stellungnahme des Facharztes für Allgemeinmedizin K. ergibt. Denn dieser hat selbst in seiner Stellungnahme klargestellt, er könne eine Wertung hinsichtlich der Ursächlichkeit des Zusammenhangs nicht vornehmen und die Frage nach dem Vorliegen einer BK nicht kompetent beantworten.
Nachdem der Sachverhalt geklärt ist, ist die Einholung eines weiteren Gutachtens zur Beurteilung der vom Kläger behaupteten BKen nicht erforderlich. Den Antrag des Klägers auf Einholung eines Gutachtens nach §§ 103, 106 SGG lehnt der Senat daher ab. Das Antragsrecht nach § 109 SGG wiederum ist entgegen der Einschätzung des Klägers verbraucht. Nach § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG muss auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Einer wiederholten Antragstellung muss jedoch nur gefolgt werden, wenn besondere Umstände dies rechtfertigen. Ein solcher besonderer Umstand kann darin liegen, dass es sich bei den Ärzten jeweils um Spezialisten handelt, wobei jeder für sein Sachgebiet Stellung nehmen soll. Sind für einzelne Gesundheitsstörungen mehrere Facharztgruppen zuständig, kann aber nicht pauschal vorgebracht werden, ein Vertreter der jeweils anderen Facharztgruppen verfüge über eine größere Sachkunde, vielmehr muss im Einzelfall dargetan werden, warum der neue Gutachter in dem konkreten Fall zusätzliche entscheidende Erkenntnisse vorbringen kann. Jedenfalls bei verwandten Fachrichtungen ist in der Regel kein Grund für ein weiteres Gutachten gegeben (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage 2014, § 109 Rdnr. 10b). Vorliegend ist in der ersten Instanz auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers u.a. ein arbeitsmedizinisches Gutachten durch Prof. Dr. T. , Arzt für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin erfolgt. Der Kläger begehrt in der Berufung zusätzlich gem. § 109 SGG eine Begutachtung durch Prof. Dr. D. , Erlangen. Neben den hier nicht relevanten Facharztanerkennungen "Haut- und Geschlechtskrankheiten" und "Allergologie" handelt es sich auch bei Prof. Dr. D. um einen Facharzt der Fachrichtung Arbeitsmedizin, Sozialmedizin und Umweltmedizin. Eine besondere medizinische Spezifikation die im vorliegenden Falle von Relevanz sein könnte und die nicht bereits in der Gestalt des erstinstanzlichen Gutachters nach § 109 vorgelegen hat, ist demnach nicht zu ersehen. Sonstige Gründe, die eine wiederholte Begutachtung nach § 109 SGG rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Die vom Kläger zitierte Fundstelle für einen Antrag nach § 109 SGG bei zu erwartender negativer Entscheidung (Wenner, in: Kreikebohm, Spellbrink, Watermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Auflage 2013, SGG § 109 Rdnr. 9) betrifft nicht die Frage wiederholter Antragstellung, sondern stellt eine Handlungsanleitung für den Kläger bzw. Rechtsanwalt in Bezug auf den richtigen Zeitpunkt zur Antragstellung dar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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