Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AS 727/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Anwendbarkeit des Leistungsausschlusses für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt.
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. April bis 30. September 2015.
Die 1963 geborene Klägerin ist portugiesische Staatsangehörige. Sie übt keine Erwerbstätigkeit aus und wohnt zusammen mit ihrem Lebensgefährten und Prozessbevollmächtigten. Dieser bezieht vom Beklagten neben seinem Einkommen aus Beschäftigung ergänzend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Im Weiterbewilligungsantrag vom 2. Februar 2015 gab er an, die Klägerin sei im Februar 2015 zu ihm gezogen, und beantragte auch für sie Leistungen.
Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 13. April 2015 der Bedarfsgemeinschaft Leistungen vom 1. April bis zum 30. September 2015 in Höhe von 525 EUR monatlich für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt.
Der Widerspruch wandte sich gegen die Nichtberücksichtigung der Klägerin.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2015 zurückgewiesen. Die Klägerin sei nicht erwerbstätig. Sie habe nur bei ausreichendem Krankenversicherungsschutz und ausreichenden Existenzmitteln ein Recht auf Aufenthalt. Das sei hier nicht gegeben. Damit sei die Klägerin von Leistungen ausgeschlossen.
Dagegen hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 7. Juli 2015 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Es sei unverständlich, weshalb die Klägerin vom Leistungsbezug ausgeschlossen sei. Sie habe einen Deutschkurs belegt und sich um eine Krankenversicherung bemüht. Sie sei Unionsbürgerin und habe deswegen Anspruch auf Leistungen. Der EuGH meine, dass Unionsbürger mit Verbindungen zum Arbeitsmarkt nicht von Leistungen ausgenommen sein dürften, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern. Der Prozessbevollmächtigte habe eine Beschäftigung und die Klägerin sei ebenfalls erwerbsfähig, so dass Leistungen zu erbringen seien. Die Klägerin könne dann rasch in den Arbeitsmarkt integriert werden. Auch sei die Klägerin Angehörige eines Staates, der das Europäische Fürsorgeabkommen unterzeichnet habe. Diese sei innerstaatliches Recht und laufe dem Leistungsausschluss zuwider.
Mit Bescheid vom 4. August 2015 hat der Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 13. April 2015 die Leistungen für die Monate Juli und August neu berechnet.
Für die Klägerin wird beantragt:
Der Beklagte wird unter Abänderung seines Bescheids vom 13. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juli 2015 und des Änderungsbescheids vom 4. August 2015 verpflichtet, auch der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. April bis zum 30. September 2015 zu bewilligen.
Für den Beklagten wird beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 13. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juli 2015 und des Änderungsbescheids vom 4. August 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn die Klägerin hat im streitigen Zeitraum vom 1. April bis zum 30. September 2015 keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten.
Die Klägerin erfüllt zwar im streitgegenständlichen Zeitraum die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchen- de - (SGB II) und bildet mit ihrem Prozessbevollmächtigten eine Bedarfsgemeinschaft im Sinn des § 7 Abs. 2 und 3 SGB II. Allerdings ist die Klägerin nicht leistungsberechtigt, weil auf sie der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II Anwendung findet.
Die Klägerin ist als portugiesische Staatsangehörige Ausländerin und ihr Aufenthaltsrecht ergibt sich allenfalls allein aus dem Zweck der Arbeitsuche. Wie in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden ist, hat die Klägerin seit ihrem Zuzug nach Deutschland keine Beschäftigung gefunden. Auf eine solche besteht nach klägerischer Darstellung wegen der Krebserkrankung der Klägerin auch kaum Aussicht. Demnach kann die Klägerin ein Aufenthaltsrecht allein aus § 2 Abs. 2 Nr. 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU (FreizügG/EU) herleiten. Dass die Klägerin - wie vom Beklagten zugrunde gelegt - wegen § 4 FreizügG/EU gar nicht freizügigkeitsberechtigt ist, nimmt das Gericht nicht an. Zudem ist der Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nicht gemäß § 6 FreizügG/EU festgestellt.
Das Gericht hält die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auch für anwendbar, weil es keinen Verstoß gegen höherrangiges Recht annimmt (so auch LSG Baden-Württem- berg, Beschluss vom 29. Juni 2015, L 1 AS 2338/15 ER-B, L 1 AS 2358/15 B; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Juni 2015, L 31 AS 100/14; Beschluss vom 17. Februar 2015, L 31 AS 3100/14 B ER, L 31 AS 60/15 B ER PKH; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 4. Februar 2015, L 2 AS 14/15 B ER). Insbesondere ist keine Kollision mit der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (RL 2004/38/EG) erkennbar. Soweit etwa das Bayer. Landessozialgericht (Urteil vom 19. Juni 2013, L 16 AS 847/12) geurteilt hat, der Leistungsausschluss verstoße gegen Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG, kann das Gericht dem nicht folgen. Vielmehr sind auch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als "Sozialhilfe"-Leistungen bzw. als Fürsorgeleistungen im Sinn der RL 2004/38/EG zu qualifizieren. Die betroffenen Leistungen des SGB II verfolgen nicht primär den Zweck, den Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Sie sollen maßgeblich das menschenwürdige Existenzminimum sichern. Auch hat der Gerichtshof der Europäischen Union (Urteil vom 11. November 2014, Rs. C 333/13) inzwischen dahin entschieden, dass die RL 2004/38/EG nationalen Regelungen der Mitgliedstaaten nicht entgegensteht, nach denen Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten im Gegensatz zu Inländern von besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen ausgeschlossen sind.
Gleiches gilt deswegen in Bezug auf die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (anders aber noch: BayLSG, Beschluss vom 5. August 2014, L 16 AS 513/14 B ER).
Der demnach jedenfalls erforderliche tatsächliche Bezug zum innerstaatlichen (hier also deutschen) Arbeitsmarkt ist bei der Klägerin nie gegeben gewesen und auch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Seit sie in Deutschland ist, hatte die Klägerin keine Erwerbstätigkeit und sie verneint auch konkrete Aussichten auf eine solche wegen ihrer Erkrankung.
Das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) steht der Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ebenfalls nicht entgegen. Deutschland und Portugal sind zwar Signatarstaaten, das EFA ist jedoch auf das SGB II nicht anwendbar. Deutschland hat nämlich im Dezember 2011 (Bekanntmachung vom 31. Januar 2012, BGBl. II S. 144, und Bekanntmachung vom 3. April 2012, BGBl. II S. 470) einen Vorbehalt gemäß Art. 16 Buchstabe b EFA in Bezug auf das SGB II erklärt. Das Gericht geht mit dem Bundessozialgericht (BSG) davon aus, dass der Vorbehalt wirksam ist (vgl. BSG, Beschluss vom 12. Dezember 2013, B 4 AS 9/13 R; so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Juni 2015, L 31 AS 100/14). Bei den Regelungen des EFA handelt es sich darüber hinaus auch nicht um die Kodifizierung bzw. den Ausdruck einer allgemeinen Regel des Völkerrechts, die nach Art. 25 des Grundgesetzes Vorrang vor dem SGB II hätte.
Somit unterfällt die Klägerin dem Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. SGB II und ist demzufolge von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.
Die Klage ist deshalb abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. April bis 30. September 2015.
Die 1963 geborene Klägerin ist portugiesische Staatsangehörige. Sie übt keine Erwerbstätigkeit aus und wohnt zusammen mit ihrem Lebensgefährten und Prozessbevollmächtigten. Dieser bezieht vom Beklagten neben seinem Einkommen aus Beschäftigung ergänzend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Im Weiterbewilligungsantrag vom 2. Februar 2015 gab er an, die Klägerin sei im Februar 2015 zu ihm gezogen, und beantragte auch für sie Leistungen.
Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 13. April 2015 der Bedarfsgemeinschaft Leistungen vom 1. April bis zum 30. September 2015 in Höhe von 525 EUR monatlich für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Im Übrigen wurde der Antrag abgelehnt.
Der Widerspruch wandte sich gegen die Nichtberücksichtigung der Klägerin.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 2015 zurückgewiesen. Die Klägerin sei nicht erwerbstätig. Sie habe nur bei ausreichendem Krankenversicherungsschutz und ausreichenden Existenzmitteln ein Recht auf Aufenthalt. Das sei hier nicht gegeben. Damit sei die Klägerin von Leistungen ausgeschlossen.
Dagegen hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 7. Juli 2015 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Es sei unverständlich, weshalb die Klägerin vom Leistungsbezug ausgeschlossen sei. Sie habe einen Deutschkurs belegt und sich um eine Krankenversicherung bemüht. Sie sei Unionsbürgerin und habe deswegen Anspruch auf Leistungen. Der EuGH meine, dass Unionsbürger mit Verbindungen zum Arbeitsmarkt nicht von Leistungen ausgenommen sein dürften, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern. Der Prozessbevollmächtigte habe eine Beschäftigung und die Klägerin sei ebenfalls erwerbsfähig, so dass Leistungen zu erbringen seien. Die Klägerin könne dann rasch in den Arbeitsmarkt integriert werden. Auch sei die Klägerin Angehörige eines Staates, der das Europäische Fürsorgeabkommen unterzeichnet habe. Diese sei innerstaatliches Recht und laufe dem Leistungsausschluss zuwider.
Mit Bescheid vom 4. August 2015 hat der Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 13. April 2015 die Leistungen für die Monate Juli und August neu berechnet.
Für die Klägerin wird beantragt:
Der Beklagte wird unter Abänderung seines Bescheids vom 13. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juli 2015 und des Änderungsbescheids vom 4. August 2015 verpflichtet, auch der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom 1. April bis zum 30. September 2015 zu bewilligen.
Für den Beklagten wird beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 13. April 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. Juli 2015 und des Änderungsbescheids vom 4. August 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Denn die Klägerin hat im streitigen Zeitraum vom 1. April bis zum 30. September 2015 keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Beklagten.
Die Klägerin erfüllt zwar im streitgegenständlichen Zeitraum die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchen- de - (SGB II) und bildet mit ihrem Prozessbevollmächtigten eine Bedarfsgemeinschaft im Sinn des § 7 Abs. 2 und 3 SGB II. Allerdings ist die Klägerin nicht leistungsberechtigt, weil auf sie der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II Anwendung findet.
Die Klägerin ist als portugiesische Staatsangehörige Ausländerin und ihr Aufenthaltsrecht ergibt sich allenfalls allein aus dem Zweck der Arbeitsuche. Wie in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden ist, hat die Klägerin seit ihrem Zuzug nach Deutschland keine Beschäftigung gefunden. Auf eine solche besteht nach klägerischer Darstellung wegen der Krebserkrankung der Klägerin auch kaum Aussicht. Demnach kann die Klägerin ein Aufenthaltsrecht allein aus § 2 Abs. 2 Nr. 1a des Freizügigkeitsgesetzes/EU (FreizügG/EU) herleiten. Dass die Klägerin - wie vom Beklagten zugrunde gelegt - wegen § 4 FreizügG/EU gar nicht freizügigkeitsberechtigt ist, nimmt das Gericht nicht an. Zudem ist der Verlust des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nicht gemäß § 6 FreizügG/EU festgestellt.
Das Gericht hält die Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auch für anwendbar, weil es keinen Verstoß gegen höherrangiges Recht annimmt (so auch LSG Baden-Württem- berg, Beschluss vom 29. Juni 2015, L 1 AS 2338/15 ER-B, L 1 AS 2358/15 B; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Juni 2015, L 31 AS 100/14; Beschluss vom 17. Februar 2015, L 31 AS 3100/14 B ER, L 31 AS 60/15 B ER PKH; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 4. Februar 2015, L 2 AS 14/15 B ER). Insbesondere ist keine Kollision mit der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (RL 2004/38/EG) erkennbar. Soweit etwa das Bayer. Landessozialgericht (Urteil vom 19. Juni 2013, L 16 AS 847/12) geurteilt hat, der Leistungsausschluss verstoße gegen Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG, kann das Gericht dem nicht folgen. Vielmehr sind auch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als "Sozialhilfe"-Leistungen bzw. als Fürsorgeleistungen im Sinn der RL 2004/38/EG zu qualifizieren. Die betroffenen Leistungen des SGB II verfolgen nicht primär den Zweck, den Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Sie sollen maßgeblich das menschenwürdige Existenzminimum sichern. Auch hat der Gerichtshof der Europäischen Union (Urteil vom 11. November 2014, Rs. C 333/13) inzwischen dahin entschieden, dass die RL 2004/38/EG nationalen Regelungen der Mitgliedstaaten nicht entgegensteht, nach denen Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten im Gegensatz zu Inländern von besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen ausgeschlossen sind.
Gleiches gilt deswegen in Bezug auf die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und Art. 45 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (anders aber noch: BayLSG, Beschluss vom 5. August 2014, L 16 AS 513/14 B ER).
Der demnach jedenfalls erforderliche tatsächliche Bezug zum innerstaatlichen (hier also deutschen) Arbeitsmarkt ist bei der Klägerin nie gegeben gewesen und auch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Seit sie in Deutschland ist, hatte die Klägerin keine Erwerbstätigkeit und sie verneint auch konkrete Aussichten auf eine solche wegen ihrer Erkrankung.
Das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) steht der Anwendung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ebenfalls nicht entgegen. Deutschland und Portugal sind zwar Signatarstaaten, das EFA ist jedoch auf das SGB II nicht anwendbar. Deutschland hat nämlich im Dezember 2011 (Bekanntmachung vom 31. Januar 2012, BGBl. II S. 144, und Bekanntmachung vom 3. April 2012, BGBl. II S. 470) einen Vorbehalt gemäß Art. 16 Buchstabe b EFA in Bezug auf das SGB II erklärt. Das Gericht geht mit dem Bundessozialgericht (BSG) davon aus, dass der Vorbehalt wirksam ist (vgl. BSG, Beschluss vom 12. Dezember 2013, B 4 AS 9/13 R; so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Juni 2015, L 31 AS 100/14). Bei den Regelungen des EFA handelt es sich darüber hinaus auch nicht um die Kodifizierung bzw. den Ausdruck einer allgemeinen Regel des Völkerrechts, die nach Art. 25 des Grundgesetzes Vorrang vor dem SGB II hätte.
Somit unterfällt die Klägerin dem Anwendungsbereich des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. SGB II und ist demzufolge von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen.
Die Klage ist deshalb abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
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