Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 56 AL 1532/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AL 121/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen von Arbeitslosengeld aus Anlass von einer Weiterbildungsmaßnahme.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Juni 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der erstinstanzliche Tenor (im ersten Absatz) lautet: Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, dem Antragsteller ab 13. Mai 2015 Arbeitslosengeld in der täglichen Höhe von 28,37 Euro bis zur Beendigung der mit Bescheid vom 28. November 2014 genehmigten Weiterbildungsmaßnahme, längstens jedoch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens in der Hauptsache zu gewähren. Der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung wird abgelehnt. Die Antragsgegnerin erstattet dem Antragsteller auch die außergerichtlichen Kosten für das Beschwerdeverfahren.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Soweit der erstinstanzliche Tenor (im ersten Absatz) neugefasst worden ist, hat dies nur klarstellende Bedeutung.
Das Sozialgericht hat zu Recht dem Antrag des Antragstellers auf (vorläufige) Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für eine Weiterbildungsmaßnahme nach Auslaufen der Bewilligung von Alg gemäß § 136 ff. SGB III am 12. Mai 2015 stattgegeben.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Voraussetzung hierfür ist regelmäßig, dass sowohl ein Anordnungsanspruch im Sinne der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs sowie ein Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht sind. "Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich" (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – Juris Rn. 26), so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Dies gilt insbesondere, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern (BVerfG a.a.O.). Insofern stellt Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen könnten, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (BVerfG, a.a.O., Juris Rn. 24). Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch in vorstehendem Sinne mit der für dieses Verfahren erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht.
Anspruch auf Alg gemäß § 144 Abs. 1 SGB III in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung des Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III (vormals § 124a SGB III) hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt. Der Antragsteller verfügte über einen Anspruch auf Alg (nach § 136 ff. SGB III) aufgrund des Bewilligungsbescheides der Antragsgegnerin vom 27. Mai 2014 für die Dauer von 360 Tagen (bis 12. Mai 2015) mit einer täglichen Leistungshöhe von 28,73 Euro. Die Antragsgegnerin hatte ihm auch mit Bescheid vom 28. November 2014 Leistungen für die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme vom 1. Dezember 2014 bis 30. November 2015 nach §§ 81 und 83 ff. SGB III bewilligt, aber (wohl nur) mündlich am 24. April 2015 auf seinen Antrag ("Kd. hatte Antrag AlgW in September für die FbW 922/156/13 ab 1.12.14 eingestellt", siehe hierzu u.a. Vermerk vom 21. April 2015) darüber informiert, dass " kein Anspruch ALG-W besteht ". Auf einen Überprüfungsantrag des Antragstellers zum Bescheid vom 28. November 2014 ist die Antragsgegnerin dabei geblieben, dass dem Antragsteller kein Alg gemäß § 144 SGB III zu bewilligen sei, weil die Weiterbildungsmaßnahme nur berufsbegleitend bewilligt worden sei; Bescheid vom 24. April 2015; Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2015; wogegen sich nach Angaben der Antragsgegnerin auch eine Klage richtet.
Der Antragsgegnerin ist zwar zuzugeben, dass aus dem dem Antragsteller ausgehändigten Bildungsgutschein vom 5. November 2014 als Ausbildungsart "berufsbegleitend" zu entnehmen (gewesen) ist und nach der voranstehenden Rechtsgrundlage Alg aus Anlass von Weiterbildungsmaßnahmen nach §§ 81 ff. SGB III zu gewähren ist, wenn deswegen ("allein") die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Alg nicht gegeben sind. Dies deutet darauf hin, dass die Verfügbarkeit iSd § 138 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 SGB III nicht gegeben ist und diese Art des Arbeitslosengeldes gerade Teilnehmerinnen/Teilnehmern von Weiterbildungsmaßnahmen zur Verfügung stehen soll, die eine solche Maßnahme in Vollzeit ausüben. Der Antragsteller hat aber im Erörterungstermin vom 20. Juli 2015 glaubhaft machen können, dass nicht er (eigenmächtig, entgegen dem Bildungsgutschein) die Weiterbildungsmaßnahe ab 1. Dezember 2014 in Vollzeit aufgenommen hat und seitdem weiterhin in diesem zeitlichen Umfang ausübt, sondern auf Veranlassung einer Mitarbeiterin der Antragsgegnerin, die von ihm gerade "eingefordert" habe, die Maßnahme in Vollzeit aufzunehmen, da eine Förderung (der Lehrgangskosten) ansonsten nicht möglich sei. Diese vom Antragsteller gemachte Erklärung im Erörterungstermin wird dadurch verfestigt, dass er im Termin zwei Schreiben vom 27. August 2014 und 6. Oktober 2014 gerichtet an die namentlich vom Antragsteller genannte Mitarbeiterin der Antragsgegnerin vorlegen konnte, worin er ihr u.a. mitgeteilt hat, dass er die Maßnahme in Vollzeit verrichten werde. Ausgehend hiervon erscheint die Ausstellung des Bildungsgutscheines "berufsbegleitend" nicht nachvollziehbar. Die Antragsgegnerin wäre schon zu diesem Zeitpunkt gehalten gewesen, eine Weiterbildungsmaßnahme in Vollzeit abzulehnen, wenn sie dies nicht bewilligen will, kann oder darf. Dies ist dem Bildungsgutschein nicht zu entnehmen. Zudem weist die Bewilligung der Weiterbildungsmaßnahme (Bescheid vom 28. November 2014) keine Regelung oder gar nur einen Hinweis darauf aus, dass eine berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme bewilligt worden sei. Die Angabe der Maßnahmen Nr. 922/0156/2013 kann dies nicht ersetzen. Soweit der Bildungsgutschein "Leistung zum Lebensunterhalt" die Erläuterungen enthält: "Während der gemäß § 81 SGB III geförderten Maßnahme der beruflichen Weiterbildung wird das Arbeitslosengeld in der Regel weitergezahlt. Das Arbeitslosengeld wird nicht weitergezahlt, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld entfallen (z. B. Wegfall der Arbeitslosigkeit wegen der Ausübung einer Nebenbeschäftigung von 15 Stunden wöchentlich und mehr), der Anspruch auf Arbeitslosengeld zu Beginn der Maßnahme erschöpft oder wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 21 Wochen erloschen ist.", hat der Antragsteller hieraus für sich nichts vergegenwärtigen müssen. Er hatte bzw. hat keine Nebentätigkeit von mehr als 15 Stunden/Woche ausgeübt, zu Beginn der Maßnahme ist sein Alg-Anspruch nicht erschöpft gewesen und Sperrzeiten von insgesamt 21 Wochen waren gegen ihn nicht verhängt worden. Hierauf hat schon das Sozialgericht zutreffend hingewiesen, dass keiner der Fälle bei dem Antragsteller zu Beginn der Maßnahme vorgelegen hat. Der Senat nimmt insoweit ergänzend Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Beschluss; § 142 Abs. 2 S. 3 SGG. Soweit in dem Bildungsgutschein ergänzend auf das Merkblatt 6 – Förderung der beruflichen Weiterbildung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – verwiesen wird, musste der Antragsteller auch hieraus nicht entnehmen, dass ihm nach Erschöpfung seines Alg-Anspruches gemäß § 136 ff. SGB III kein Alg wegen der Weiterbildungsmaßnahme mehr zustehen würde. Dem Merkblatt ist auf Seite 22 zum Arbeitslosengeld zu entnehmen, dass "für die Zeit einer geförderten Weiterbildung ( ) Arbeitslosengeld gezahlt (wird), solange die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld vorliegen. Die Regelung für das Arbeitslosengeld gelten unverändert auch während der Weiterbildung." Auch diese Erläuterungen scheinen nicht den Fall des Antragstellers zu treffen. Vielmehr hat der Antragsteller aus dem ersten Satz entnehmen können, dass ihm auch für eine geförderte Weiterbildung Alg zustehen würde. Der Antragsteller als juristischer Laie dürfte weder aus dem eingangs wiedergegebenen Gesetzestext des § 144 SGB III noch aus den Erläuterungen erkannt haben, dass dieses Alg nur gewährt wird, wenn eine Weiterbildungsmaßnahme in Vollzeit bewilligt worden ist. Vielmehr gibt die Erläuterung im Merkblatt 6 (a.a.O.) Veranlassung, da die Anspruchsdauer des bewilligten Alg sich nicht um die Anzahl der Tage eines Leistungsbezuges mindert (148 Abs. 1 Nr. 1 SGB III), sondern in einem anderen Berechnungsmodus (§ § 148 Abs. 1 Nr. 7 SGB III) – "Während der geförderten Weiterbildung mindert sich die Anspruchsdauer für jeweils zwei Tage des Bezuges von Arbeitslosengeld nur um jeweils einen Tag." –, dass das Alg für einen deutlich längeren Zeitraum gezahlt wird, als ursprünglich in dem Alg-Bewilligungsbescheid vom 27. Mai 2014 vorgesehen war, nachdem er zum 1. Dezember 2014 die Weiterbildungsmaßnahme angetreten hatte.
Da der Antragsteller seit dem 13. Mai 2015 keine Leistungen zur Sicherung seiner existenziellen Bedürfnisse mehr erhalten hat, erscheint es geboten, ihm vorläufig Alg ab diesem Tag weiter zu gewähren. Im Erörterungstermin konnte der Antragsteller auch versichern, gegenwärtig keine Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu erhalten. Der Senat erachtet vor diesem Hintergrund einen Anordnungsgrund für gegeben.
Nach alledem ist die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen gewesen.
Der Hilfsantrag auf Aussetzung der Vollstreckung bleibt aus den vorstehenden Gründen erfolglos.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar; § 177 SGG.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Soweit der erstinstanzliche Tenor (im ersten Absatz) neugefasst worden ist, hat dies nur klarstellende Bedeutung.
Das Sozialgericht hat zu Recht dem Antrag des Antragstellers auf (vorläufige) Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) für eine Weiterbildungsmaßnahme nach Auslaufen der Bewilligung von Alg gemäß § 136 ff. SGB III am 12. Mai 2015 stattgegeben.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis statthaft, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Voraussetzung hierfür ist regelmäßig, dass sowohl ein Anordnungsanspruch im Sinne der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs sowie ein Anordnungsgrund im Sinne der Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) glaubhaft gemacht sind. "Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich" (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – Juris Rn. 26), so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Dies gilt insbesondere, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern (BVerfG a.a.O.). Insofern stellt Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen könnten, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären (BVerfG, a.a.O., Juris Rn. 24). Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch in vorstehendem Sinne mit der für dieses Verfahren erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht.
Anspruch auf Alg gemäß § 144 Abs. 1 SGB III in der ab 1. April 2012 geltenden Fassung des Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III (vormals § 124a SGB III) hat auch, wer die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit allein wegen einer nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung nicht erfüllt. Der Antragsteller verfügte über einen Anspruch auf Alg (nach § 136 ff. SGB III) aufgrund des Bewilligungsbescheides der Antragsgegnerin vom 27. Mai 2014 für die Dauer von 360 Tagen (bis 12. Mai 2015) mit einer täglichen Leistungshöhe von 28,73 Euro. Die Antragsgegnerin hatte ihm auch mit Bescheid vom 28. November 2014 Leistungen für die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme vom 1. Dezember 2014 bis 30. November 2015 nach §§ 81 und 83 ff. SGB III bewilligt, aber (wohl nur) mündlich am 24. April 2015 auf seinen Antrag ("Kd. hatte Antrag AlgW in September für die FbW 922/156/13 ab 1.12.14 eingestellt", siehe hierzu u.a. Vermerk vom 21. April 2015) darüber informiert, dass " kein Anspruch ALG-W besteht ". Auf einen Überprüfungsantrag des Antragstellers zum Bescheid vom 28. November 2014 ist die Antragsgegnerin dabei geblieben, dass dem Antragsteller kein Alg gemäß § 144 SGB III zu bewilligen sei, weil die Weiterbildungsmaßnahme nur berufsbegleitend bewilligt worden sei; Bescheid vom 24. April 2015; Widerspruchsbescheid vom 4. Mai 2015; wogegen sich nach Angaben der Antragsgegnerin auch eine Klage richtet.
Der Antragsgegnerin ist zwar zuzugeben, dass aus dem dem Antragsteller ausgehändigten Bildungsgutschein vom 5. November 2014 als Ausbildungsart "berufsbegleitend" zu entnehmen (gewesen) ist und nach der voranstehenden Rechtsgrundlage Alg aus Anlass von Weiterbildungsmaßnahmen nach §§ 81 ff. SGB III zu gewähren ist, wenn deswegen ("allein") die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Alg nicht gegeben sind. Dies deutet darauf hin, dass die Verfügbarkeit iSd § 138 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 SGB III nicht gegeben ist und diese Art des Arbeitslosengeldes gerade Teilnehmerinnen/Teilnehmern von Weiterbildungsmaßnahmen zur Verfügung stehen soll, die eine solche Maßnahme in Vollzeit ausüben. Der Antragsteller hat aber im Erörterungstermin vom 20. Juli 2015 glaubhaft machen können, dass nicht er (eigenmächtig, entgegen dem Bildungsgutschein) die Weiterbildungsmaßnahe ab 1. Dezember 2014 in Vollzeit aufgenommen hat und seitdem weiterhin in diesem zeitlichen Umfang ausübt, sondern auf Veranlassung einer Mitarbeiterin der Antragsgegnerin, die von ihm gerade "eingefordert" habe, die Maßnahme in Vollzeit aufzunehmen, da eine Förderung (der Lehrgangskosten) ansonsten nicht möglich sei. Diese vom Antragsteller gemachte Erklärung im Erörterungstermin wird dadurch verfestigt, dass er im Termin zwei Schreiben vom 27. August 2014 und 6. Oktober 2014 gerichtet an die namentlich vom Antragsteller genannte Mitarbeiterin der Antragsgegnerin vorlegen konnte, worin er ihr u.a. mitgeteilt hat, dass er die Maßnahme in Vollzeit verrichten werde. Ausgehend hiervon erscheint die Ausstellung des Bildungsgutscheines "berufsbegleitend" nicht nachvollziehbar. Die Antragsgegnerin wäre schon zu diesem Zeitpunkt gehalten gewesen, eine Weiterbildungsmaßnahme in Vollzeit abzulehnen, wenn sie dies nicht bewilligen will, kann oder darf. Dies ist dem Bildungsgutschein nicht zu entnehmen. Zudem weist die Bewilligung der Weiterbildungsmaßnahme (Bescheid vom 28. November 2014) keine Regelung oder gar nur einen Hinweis darauf aus, dass eine berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme bewilligt worden sei. Die Angabe der Maßnahmen Nr. 922/0156/2013 kann dies nicht ersetzen. Soweit der Bildungsgutschein "Leistung zum Lebensunterhalt" die Erläuterungen enthält: "Während der gemäß § 81 SGB III geförderten Maßnahme der beruflichen Weiterbildung wird das Arbeitslosengeld in der Regel weitergezahlt. Das Arbeitslosengeld wird nicht weitergezahlt, wenn die Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld entfallen (z. B. Wegfall der Arbeitslosigkeit wegen der Ausübung einer Nebenbeschäftigung von 15 Stunden wöchentlich und mehr), der Anspruch auf Arbeitslosengeld zu Beginn der Maßnahme erschöpft oder wegen des Eintritts von Sperrzeiten mit einer Dauer von insgesamt 21 Wochen erloschen ist.", hat der Antragsteller hieraus für sich nichts vergegenwärtigen müssen. Er hatte bzw. hat keine Nebentätigkeit von mehr als 15 Stunden/Woche ausgeübt, zu Beginn der Maßnahme ist sein Alg-Anspruch nicht erschöpft gewesen und Sperrzeiten von insgesamt 21 Wochen waren gegen ihn nicht verhängt worden. Hierauf hat schon das Sozialgericht zutreffend hingewiesen, dass keiner der Fälle bei dem Antragsteller zu Beginn der Maßnahme vorgelegen hat. Der Senat nimmt insoweit ergänzend Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Beschluss; § 142 Abs. 2 S. 3 SGG. Soweit in dem Bildungsgutschein ergänzend auf das Merkblatt 6 – Förderung der beruflichen Weiterbildung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – verwiesen wird, musste der Antragsteller auch hieraus nicht entnehmen, dass ihm nach Erschöpfung seines Alg-Anspruches gemäß § 136 ff. SGB III kein Alg wegen der Weiterbildungsmaßnahme mehr zustehen würde. Dem Merkblatt ist auf Seite 22 zum Arbeitslosengeld zu entnehmen, dass "für die Zeit einer geförderten Weiterbildung ( ) Arbeitslosengeld gezahlt (wird), solange die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld vorliegen. Die Regelung für das Arbeitslosengeld gelten unverändert auch während der Weiterbildung." Auch diese Erläuterungen scheinen nicht den Fall des Antragstellers zu treffen. Vielmehr hat der Antragsteller aus dem ersten Satz entnehmen können, dass ihm auch für eine geförderte Weiterbildung Alg zustehen würde. Der Antragsteller als juristischer Laie dürfte weder aus dem eingangs wiedergegebenen Gesetzestext des § 144 SGB III noch aus den Erläuterungen erkannt haben, dass dieses Alg nur gewährt wird, wenn eine Weiterbildungsmaßnahme in Vollzeit bewilligt worden ist. Vielmehr gibt die Erläuterung im Merkblatt 6 (a.a.O.) Veranlassung, da die Anspruchsdauer des bewilligten Alg sich nicht um die Anzahl der Tage eines Leistungsbezuges mindert (148 Abs. 1 Nr. 1 SGB III), sondern in einem anderen Berechnungsmodus (§ § 148 Abs. 1 Nr. 7 SGB III) – "Während der geförderten Weiterbildung mindert sich die Anspruchsdauer für jeweils zwei Tage des Bezuges von Arbeitslosengeld nur um jeweils einen Tag." –, dass das Alg für einen deutlich längeren Zeitraum gezahlt wird, als ursprünglich in dem Alg-Bewilligungsbescheid vom 27. Mai 2014 vorgesehen war, nachdem er zum 1. Dezember 2014 die Weiterbildungsmaßnahme angetreten hatte.
Da der Antragsteller seit dem 13. Mai 2015 keine Leistungen zur Sicherung seiner existenziellen Bedürfnisse mehr erhalten hat, erscheint es geboten, ihm vorläufig Alg ab diesem Tag weiter zu gewähren. Im Erörterungstermin konnte der Antragsteller auch versichern, gegenwärtig keine Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) zu erhalten. Der Senat erachtet vor diesem Hintergrund einen Anordnungsgrund für gegeben.
Nach alledem ist die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen gewesen.
Der Hilfsantrag auf Aussetzung der Vollstreckung bleibt aus den vorstehenden Gründen erfolglos.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar; § 177 SGG.
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