L 25 AS 3036/14 B PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
25
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 134 AS 11399/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 AS 3036/14 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 8. Oktober 2014 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das sozialgerichtliche Klageverfahren abgelehnt. In diesem hat die Klägerin – unter Aufhebung des Bescheides über die Ablehnung von Eingliederungsleistungen vom 21. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2010 sowie des Überprüfungsbescheides des Beklagten vom 12. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2013 – die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung der Eingliederungsleistung begehrt.

1. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Prozessbeteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht und nicht mutwillig erscheint. Bei der Abwägung, ob einer Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg zukommt, gebietet Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) i. V. m. dem in Artikel 20 Abs. 3 GG allgemein niedergelegten Rechtsstaatsgrundsatz und der in Artikel 19 Abs. 4 GG verankerten Rechtsschutzgarantie gegen Akte der öffentlichen Gewalt eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. In der Folge dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überzogen werden, weil das Prozesskostenhilfeverfahren den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bietet, sondern ihn erst zugänglich macht (ständige Rechtsprechung, vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 6. Mai 2009 – 1 BvR 439/08 – zitiert nach juris -; vom 14. März 2003 – 1 BvR 1998/02 – in NJW 2003, 2976; vom 7. April 2000 – 1 BvR 81/00 – in NJW 2000, 1936). Damit muss der Erfolg des Rechtsschutzbegehrens nicht gewiss sein; hinreichende Aussicht auf Erfolg ist nur dann zu verneinen, wenn diese nur entfernt oder schlechthin ausgeschlossen ist. Die hinreichende Erfolgsaussicht ist daher gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Ist eine Rechtsfrage aufgeworfen, die in der Rechtsprechung noch nicht geklärt, aber klärungsbedürftig ist, muss ebenfalls Prozesskostenhilfe bewilligt werden. Zutreffend führt die Klägerin daher in der Beschwerdeschrift aus, dass bei der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf die Einschätzung der Erfolgsaussichten zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife dieses Gesuchs abzustellen ist und nicht auf den Erkenntnisstand bei Entscheidung der Hauptsache.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze bot die erstinstanzliche Rechtsverfolgung – auch zum Zeitpunkt der Bewilligungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs – keine hinreichenden Erfolgsaussichten.

Dabei dürfte das Klagebegehren hier so auszulegen sein, dass es der Klägerin darum gegangen ist, den Beklagten zur Rücknahme des Ablehnungsbescheides vom 21. Juli 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2010 zu verpflichten, da nur der Behörde die Kompetenz zukommt, im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) bestandskräftige Bescheide zurückzunehmen (Steinwedel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, SGB X, 85. EL. 2015, § 44 Rn. 29). Das Begehren dürfte darüber hinaus nur darauf gerichtet gewesen sein, den Beklagten zur (ggf. anteiligen) Erstattung der Kosten für den Erwerb eines Führerscheins zu verpflichten. Denn der ursprüngliche Antrag der Klägerin auf Eingliederungsleistungen zum Erwerb eines Führerscheins hatte sich in dem Zeitpunkt erledigt, in welchem die Klägerin sich durch Abschluss des Ausbildungsvertrages bzw. durch Anmeldung zur Fahrprüfung die Dienstleistungen selbst beschaffte. Zugleich hätte sich der möglicherweise bestehende Anspruch auf die Eingliederungsleistung in einen Kostenerstattungsanspruch gewandelt, wenn der Antrag vom Beklagten zu Unrecht abgelehnt worden wäre und sich die Klägerin deshalb die begehrte Leistung selbst beschafft hätte (vgl. BSG, Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 37/13 R –, juris).

a. Die erstinstanzliche Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Rücknahme des Ablehnungsbescheides vom 21. Juli 2010 dürfte keine Erfolgsaussichten gehabt haben.

Zunächst dürfte der Überprüfungsantrag der Klägerin vom 30. November 2011 in der konkretisierten Fassung vom 13. Dezember 2011 keinen separaten Antrag auf (erneute) Entscheidung über die Gewährung einer Eingliederungsleistung dargestellt haben. Denn ausdrücklich beantragte sie beim Beklagten die Prüfung der Ablehnungsentscheidung vom 21. Juli 2010. Die Klägerin dürfte daher (allein) einen Anspruch im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X verfolgt haben.

Rechtsgrundlage hierfür ist § 40 Abs. 1 des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB II) in Verbindung mit § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Diese Voraussetzungen dürften nicht erfüllt sein.

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des zur Überprüfung gestellten Bescheides ist der Zeitpunkt seines Erlasses maßgeblich (vgl. Schütze in von Wulffen, SGB X, 8. Auflage 2014, § 44, Rn. 24 i.V.m. Rn. 9f.). Dies ist hier in Bezug auf den Bescheid vom 21. Juli 2010 der 26. Juli 2010, denn auf diesen Tag hat die Klägerin ihr Widerspruchsschreiben gegen den Bescheid datiert, so dass ihr der Bescheid vom 21. Juli 2010 jedenfalls am 26. Juli 2010 bekannt gegeben worden sein muss (vgl. § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Stellt man im Übrigen auf den Erlass des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2010 ab (so BSG, Urteil vom 4. November 1998 - B 13 RJ 27/98 R – juris; Steinwedel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 44 SGB X, Rn. 37), wäre der 26. September 2010 für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit maßgebend; denn nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch die Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Nach dem Absendevermerk des Beklagten wurde der Widerspruchsbescheid vom 22. September 2010 am Folgetag an die Klägerin abgesandt. Zur Beurteilung der Fehlerhaftigkeit des Bescheides vom 21. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2010 ist somit eine rückschauende Betrachtungsweise im Lichte einer – eventuell geläuterten – Rechtsauffassung zu der bei Erlass des zu überprüfenden Verwaltungsaktes geltenden Sach- und Rechtslage. In diesem Sinne beurteilt sich die Rechtswidrigkeit nach der damaligen Sach- und Rechtslage aus heutiger Sicht (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Dezember 2011 – L 11 SB 157/09 –, Rn. 37, juris; Schütze, a. a. O., Rn. 10).

Nach diesen Maßstäben dürfte der Beklagte mit Bescheid vom 12. Dezember 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2013 zu Recht die Änderung des Bescheides vom 21. Juli 2010 zugunsten der Klägerin abgelehnt haben.

Der Beklagte dürfte bei Erlass des Ablehnungsbescheides vom 21. Juli 2010 nicht von einem Sachverhalt ausgegangen sein, der sich als unrichtig erweist. Zutreffend legte er seiner Entscheidung zugrunde, dass sich die Klägerin im Mai 2010 mit dem Verkauf von Essen aus einer sog. Gulaschkanone mit festem Standplatz in B selbständig gemacht hatte und mit Antrag vom 9. Juni 2010 für bessere Ertrags- und Gewinnchancen die Gewährung einer Eingliederungsleistung für den Erwerb des Führerscheins, d.h. für die Kosten der Fahrschulausbildung und -prüfung, begehrte.

Der Beklagte dürfte bei Erlass des Ablehnungsbescheides auch nicht das Recht unrichtig angewandt haben. Die Klägerin dürfte keinen Anspruch auf Eingliederungsleistungen für die Kosten des Führerscheinerwerbs gehabt haben.

Ein Anspruch dürfte sich nicht aus § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II – in der Fassung (im Folgenden als "a.F." bezeichnet) des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2917 ff), gültig vom 1. Januar 2009 bis 31. März 2011 – ergeben. Danach erbringt die Agentur für Arbeit zur Eingliederung in Arbeit Leistungen nach § 35 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III - Vermittlungsangebote und Vermittlung). Nach § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II – in der Fassung des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland vom 2. März 2009 (BGBl. I S. 416) – kann sie weitere Arbeitsförderleistungen nach einem Vorschriftenkatalog erbringen. Aus diesen Anspruchsgrundlagen i.V.m. dem Katalog der Leistungen nach dem SGB III dürften sich jedoch im Bereich der Grundsicherung keine Leistungen zur Sicherung einer selbständigen Tätigkeit herleiten lassen (BSG, Urteil vom 1. Juni 2010 – B 4 AS 63/09 R –, Rn. 11, juris). Ferner dürften keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Klägerin die Übernahme von Fahrschulausbildungskosten als Teilhabeleistung für behinderte Menschen gemäß § 16 Abs. 1 Satz 3 SGB II a.F. geltend machen könnte.

Ein Anspruch dürfte sich auch nicht aus § 16 Abs. 2 SGB II a.F. ergeben, da diese Vorschrift – anders als die bis zum 31. Dezember 2008 geltende Vorgängerregelung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) – gerade keine Generalklausel mehr enthielt, wonach über die in Absatz 1 genannten Leistungen hinaus weitere Leistungen erbracht werden können, die für die Eingliederung des Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich sind (dazu BSG, Urteil vom 1. Juni 2010 – B 4 AS 63/09 R –, Rn. 11, juris). Der Gesetzgeber hatte sich bewusst mit dem Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2917 ff) für eine Neuregelung der Fördermöglichkeiten Selbständiger entscheiden und deren Ansprüche in den §§ 16b und 16c SGB II a.F. und ergänzend in § 16f SGB II a.F. konzentriert.

Ferner sprechen überwiegende Gründe dafür, dass sich ein Anspruch auf die von der Klägerin begehrte Finanzierung der Fahrschulkosten nicht aus § 16b SGB II a.F. ergeben dürfte. Danach konnte arbeitslosen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit bei Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden. Um Einstiegsgeld streiten die Beteiligten im hiesigen Verfahren nicht. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift diente das Einstiegsgeld zudem nicht der Finanzierung von Ausbildungskosten, sondern der vorübergehenden Sicherung des Lebensunterhaltes.

Ebenso dürfte sich kein Anspruch aus § 16c SGB II a.F. ergeben. Nach dessen Abs. 2 konnten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit aufnehmen oder ausüben, Darlehen und Zuschüsse für die Beschaffung von Sachgütern erhalten, die für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit notwendig und angemessen sind. Nach dem eindeutigen Wortlaut sind lediglich Leistungen für die Beschaffung von Sachgütern förderungsfähig. Darunter fallen Mittel für Investitionen in oder die Instandhaltung von Betriebsmitteln (z.B. PC, zugehörige betriebliche Software, Telefonanlage, Kopierer, Einrichtungsgegenstände Fahrzeuge, Maschinen und Anlagen, Werkzeuge und Arbeitsmittel), das Marketing und den Vertrieb unterstützende Investitionen (z.B. für die Erstellung von Homepages, Werbemitteln, Schaufensterdekorationen) oder die Kaution für Gewerberäume (vgl. fachlichen Hinweise der Bundesagentur zu § 16c). Nicht förderfähig waren jedoch Kosten für andere Dienstleistungen Dritter (vgl. Thie in LPK-SGB II, 3. Auflage, § 16c, Rn. 2.). Erst mit Wirkung zum 1. April 2012 bestimmte der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 27. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854) im neu gefassten § 16 Abs. 2 SGB II, dass Leistungsberechtigte, die eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit ausüben, durch geeignete Dritte durch Beratung oder Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten gefördert werden können, wenn dies für die weitere Ausübung der selbständigen Tätigkeit erforderlich ist. Ob darunter die Vermittlung von Fertigkeiten und Kenntnissen zur Führung eines Fahrzeuges fallen könnten, kann dahinstehen, jedenfalls erweiterte der Gesetzgeber die Fördermöglichkeiten nach § 16c SGB II a.F. über Sachmittel hinaus erst zu April 2012.

Sollten entgegen den vorstehenden Ausführungen die tatbestandlichen Voraussetzungen der zum Beurteilungszeitpunkt geltenden Vorschriften der §§ 16, 16b oder 16c SGB II in den jeweils genannten Fassungen dennoch erfüllt gewesen sein, hätte für die Klägerin allein ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Förderantrag bestanden. Es sprechen jedoch gute Gründe dafür, dass der Beklagte von seinem Ermessen im Bescheid vom 21. Juli 2010 dadurch Gebrauch machte, dass er die privaten Interessen der Klägerin am Erwerb des Führerscheins in seine Überlegungen einstellte und im Widerspruchsbescheid vom 22. September 2010 seine Ermessenüberlegungen unter ausdrücklichem Hinweis auf das Vorliegen einer Ermessensentscheidung ergänzte, indem er auf die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und die Abwägung mit Interessen der Klägerin verwies, den auch privaten Nutzen des Führerscheins sowie die Tätigkeitsaufnahme ohne Fahrschulausbildung in seine Entscheidung einstellte. Diese Ermessenserwägungen dürften nicht zu beanstanden sein.

Daher dürfte sich ein Anspruch der Klägerin auch nicht aus § 16f Abs. 1 SGB II a.F. ergeben. Danach kann die Agentur für Arbeit Mittel für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit einsetzen, um die Möglichkeiten der gesetzlich geregelten Eingliederungsleistungen durch freie Leistungen zur Eingliederung in Arbeit zu erweitern. Diese sog. freie Förderung, welche zum 1. Januar 2009 als Ersatz für die bis zum 31. Dezember 2008 geltende Vorgängerregelung des § 16 Abs. 2 SGB II a.F., eingeführt wurde (vgl. Thie in LPK-SGB II, 3. Auflage, § 16f, Rn. 2), ermöglichte dem Beklagten Ermessensleistungen. Wie ausgeführt, dürfte der Beklagte sein Ermessen jedoch zutreffend ausgeübt haben.

Selbst wenn man davon ausginge, dass der Beklagte sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausübte, dürften sich für die Klage nach Selbstbeschaffung der begehrten Leistung Erfolgsaussichten wohl nur allein dann ergeben, wenn das Ermessen des Beklagten auf Null reduziert wäre. Das Landessozialgericht Hamburg führt in einem Urteil vom 21. Januar 2015 – L 2 AL 37/12 –, Rn. 25, juris, zum Verhältnis von Ermessensleistung und Kostenerstattungsanspruch (wegen Erstattung von Weiterbildungskosten) aus:

"Stehen - wie im vorliegenden Fall - die begehrten Leistungen im Ermessen des zuständigen Trägers, so sind die Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch nicht bereits dann gegeben, wenn der ablehnende Bescheid an einem Fehler leidet, der einen Anspruch des Antragstellers auf Aufhebung des ablehnenden Bescheides sowie auf Neubescheidung nach sich zieht. Vielmehr setzt ein Kostenerstattungsanspruch für eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben einen entsprechenden Primäranspruch voraus und erfordert daher bei im Ermessen des Leistungsträgers stehenden Leistungen zusätzlich zur Erfüllung aller tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung auf Null (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juli 2014 - L 11 R 2652/13, juris). Mögliche Ermessensfehler unterhalb dieser Schwelle sind für den Kostenerstattungsanspruch rechtlich ohne Bedeutung (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 11. Februar 2014 - L 7 AS 86/14 B ER, juris). Mit anderen Worten: Es kommt nicht darauf an, ob - wozu die Klägerin ausführlich vorträgt - die Ablehnungsentscheidung der Beklagten ermessensfehlerhaft war. Vielmehr kann ihre Klage nur Erfolg haben, wenn jede andere Entscheidung als die Bewilligung ermessensfehlerhaft gewesen wäre (sog. Ermessensreduzierung auf Null) ...

Eine Ermessensreduzierung auf Null setzt nach allgemeinen Kriterien voraus, dass nach dem festgestellten Sachverhalt das Vorliegen von Umständen ausgeschlossen ist, die eine anderweitige Ausübung des Ermessens rechtsfehlerfrei zulassen (BSG, Urteil vom 4. Februar 1988 - 11 RAr 26/87, SozR 1300 § 45 Nr. 34). Sie liegt somit vor, wenn jede andere Entscheidung sich zwingend als ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig darstellen würde ( ...)."

Dem dürfte zuzustimmen sein. Die Voraussetzungen für eine Ermessensreduzierung auf Null dürften im Fall der Klägerin nicht vorgelegen haben. Im Rahmen der Ermessensausübung dürften sich für den Beklagten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten ergeben haben. Es dürften keine Gründe ersichtlich sein, wonach ausschließlich eine Förderung der Klägerin durch bezuschussende statt darlehensgewährende Finanzierung der Fahrschulkosten in Betracht gekommen wäre und jede andere Entscheidung sich zwingend als ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig darstellen würde.

Entgegen der Ansicht der Klägerin dürften die Vorschriften über die Förderung zur Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung nicht für die Förderung einer selbständigen Tätigkeit entsprechend anzuwenden sein. Denn für die Förderung Selbständiger bestimmte der Gesetzgeber eigene Voraussetzungen, wie z.B. Tragfähigkeits- und Gewinnentwicklungsprognosen (vgl. § 16c Abs. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 oder § 16c Abs. 3 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 27. Dezember 2011).

b. Ohne Anspruch auf Rücknahme der bestandskräftigen Ablehnungsentscheidung dürften auch keine Erfolgsaussichten der Klage hinsichtlich des Begehrens auf Verpflichtung zur nachträglichen Gewährung der Förderung bzw. Kostenerstattung bestanden haben, da dem Begehren der bestandskräftige Ablehnungsbescheid entgegensteht.

c. Es dürfte schließlich auch nicht zu beanstanden sein, dass das Sozialgericht vor der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag keine Ermittlungen zum Zeitpunkt des Führerscheinerwerbs und der Höhe der Aufwendungen hierfür unternahm. Nach dem Vorstehenden dürfte unerheblich sein, ob und wann sich der geltend gemachte Förderungsanspruch in einen Kostenerstattungsanspruch wandelte.

Die grundsätzlich zutreffenden Bedenken der Klägerin an der Zulässigkeit der gleichzeitigen Entscheidung von Prozesskostenhilfeantrag und Hauptsache wegen einer möglichen Verletzung ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten und des rechtlichen Gehörs (vgl. Leitherer in Mayer/Ladewig, SGG, 11. Auflage, § 73a Rn. 11) berühren die Rechtmäßigkeit der Prozesskostenhilfeentscheidung des Sozialgerichts nicht.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 118 Abs. 1 Satz 4, 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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