Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 59 AS 10242/14 WA
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 1888/15 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Die Fristsetzung nach §§ 73 a SGG, 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGG zuzustellen.
Bei erneuter Antragstellung auf Gewährung von Prozesskostenhilfe nach erfolgter Ablehnung eines Antrags, ohne dass sich in den maßgeblichen Verhältnissen etwas geändert hat, ist nicht allein deswegen rechtsmissbräuchlich; vielmehr ist für eine Missbrauchsbewertung die Beurteilung der Umstände des konkreten Einzelfalles erforderlich.
Bei erneuter Antragstellung auf Gewährung von Prozesskostenhilfe nach erfolgter Ablehnung eines Antrags, ohne dass sich in den maßgeblichen Verhältnissen etwas geändert hat, ist nicht allein deswegen rechtsmissbräuchlich; vielmehr ist für eine Missbrauchsbewertung die Beurteilung der Umstände des konkreten Einzelfalles erforderlich.
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 8. Juli 2015 wird als unzulässig verworfen. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 16. Juli 2015 geändert. Dem Antragsteller wird für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht für die Zeit ab dem 15. Juli 2015 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung oder Beiträge aus dem Vermögen bewilligt und Rechtsanwältin P M. G beigeordnet. Im Übrigen wird die Beschwerde abgelehnt. Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Gegenstand des Verfahrens ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe für einen Rechtsstreit, in welchem der Antragsteller den Bescheid der Beklagten vom 6. November 2010 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 22. Dezember 2010 angefochten hat und für Kosten der Unterkunft und Heizung die Zahlung von 947,57 EUR zzgl Zinsen verlangt. Am 28. Januar 2011 hat der Antragsteller Gewährung von Prozesskostenhilfe (erneut) beantragt und am 16. Februar 2011 die unvollständig ausgefüllte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt.
Das Sozialgericht Berlin hat den Antrag auf Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 8. Juli 2015 abgelehnt und dies unter Hinweis auf § 118 Abs 2 Satz 4 ZPO damit begründet, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht aufzuklären gewesen seien.
Mit Fax vom 8. Juli 2015 (Eingang 20:24 Uhr beim SG) reichte der Antragsteller den nunmehr vollständig ausgefüllten Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein und beantragte ausdrücklich am 15. Juli 2015 erneut Prozesskostenhilfe.
Mit Beschluss vom 16. Juli 2015 hat das Sozialgericht den erneuten Antrag abgelehnt, weil ihm das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Dies sei dann der Fall, wenn die Wiederholung eines abgelehnten Bewilligungsantrages auf denselben Sachverhalt gestützt werde, wie im vorliegenden Fall bei unveränderten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen.
Der Antragsteller verfolgt sein Begehren mit seiner am 3. August 2015 erhobenen Beschwerde gegen beide Beschlüsse weiter. Der Kläger habe seit Klageerhebung 2011 drei Mal das Antragsformular eingereicht. Es sei zunächst über lange Zeiträume nicht moniert worden, dass das Formular jeweils nicht vollständig ausgefüllt worden sei. Das vollständige Ausfüllen sei erst mit Schreiben vom 22. Januar 2015 verlangt worden, ohne jedoch auch das Ausfüllen der Abschnitte E bis J ausdrücklich anzuordnen. In einem Telefonat am 15. Juni 2015 mit dem Gericht sei dies klargestellt und Fristverlängerung gewährt worden, obwohl der Kläger bereits im Februar 2015 mit dem zu diesem Zeitpunkt eingereichten Formular den Bescheid des Jobcenters über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II beigefügt habe. Entgegen den vom Sozialgericht zitierten Entscheidungen fehle es im vorliegenden Fall nicht am Rechtsschutzbedürfnis und sei die erneute Antragstellung angesichts der tatsächlichen Abläufe insbesondere nicht missbräuchlich.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit Entscheidung durch den Berichterstatter nach § 155 Abs 3, 4 SGG erklärt.
II
Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 8. Juli 2015 ist unzulässig, denn sie ist nicht statthaft.
Nach § 172 Abs 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Nach § 172 Abs 3 Nr 2 SGG ist die Beschwerde ausgeschlossen gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn a) das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint, b) in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder c) das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist.
Es liegt die Voraussetzung des § 172 Abs 3 Nr 2 lit a) SGG vor. Das Sozialgericht hat die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint.
Die Beschwerde muss insoweit erfolglos bleiben.
Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 16. Juli 2015 ist zulässig; sie ist insbesondere statthaft. Ein Ausnahmetatbestand nach § 172 Abs 3 Nr 2 SGG liegt nicht vor, denn die Entscheidung des Sozialgerichts stützte sich nicht auf die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe (lit a), in der Hauptsache ist der Streitgegenstand angesichts der Hauptforderung von 947,57 EUR berufungsfähig (lit b) und das Gericht darf in der Hauptsache – auf die Klage – nicht durch Beschluss entscheiden (lit c).
Die Beschwerde konnte ohne Beachtung einer Frist erhoben werden, weil der Beschluss fehlerhaft ausführte, dass ein Rechtsmittel nicht gegeben sei (§ 66 Abs 2 Satz 1 letzter Teilsatz SGG).
Die auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Dem bedürftigen Antragsteller war Prozesskostenhilfe zu bewilligen, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist nicht mutwillig. Die Beiordnung anwaltlichen Beistandes ist auch im Sinne von §§ 73a Abs 1 SGG, 121 Abs 2 ZPO erforderlich.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 ZPO erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint
Der Antragsteller ist zur Prozessführung nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage. Dies folgt aus den mit Schreiben vom 7. Juli 2015 eingereichten vollständigen Unterlagen. Die Angaben sind auch glaubhaft. Allerdings kommt Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht für Zeiträume vor erneuter Antragstellung in Betracht, nachdem der frühere Antrag durch den unanfechtbaren Beschluss vom 8. Juli 2015 beschieden war. Für diesen Antrag konnte auf die zuvor eingereichten Unterlagen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen abgestellt werden. Vor Eingang des genannten Schreibens vom 7. Juli 2015 waren die Angaben unvollständig. Insofern erscheint schwer nachvollziehbar, wieso der anwaltlich vertretene Antragsteller gemeint haben könnte, ein Ausfüllen der Abschnitte E bis J im amtlich vorgegebenen Formular sei entbehrlich. Denn im bereits von ihm 2011 eingereichten und unterschriebenen Vordruck findet sich der Hinweis, dass diese Abschnitte nur dann nicht ausgefüllt werden müssten, wenn Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem BSHG bezogen würden und der letzte Bescheid des Sozialamtes vorgelegt würde. Derartige Leistungen hat der Kläger nicht bezogen. Auch der im Februar 2015 vorgelegte Vordruck ließ die Erleichterung nur bei Bezug von Sozialhilfe nach dem SGB XII zu, die der Antragsteller nicht bezog. Leistungsbezug nach dem SGB II erlaubt die formale Erleichterung wegen der anderen Anforderungen hinsichtlich des verwertbaren Vermögens nicht. Die mit Schreiben vom 7. Juli 2015 erfolgten Angaben und die zugleich eingereichten Unterlagen erlauben dagegen eine abschließende Entscheidung zugunsten des Antragstellers.
Die Rechtsverfolgung hat hinreichende Erfolgsaussicht und erscheint nicht mutwillig.
Die erneute Antragstellung ist nicht missbräuchlich. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann auch dann wiederholt werden, wenn der erste Antrag abgelehnt worden war, weil der Antragsteller nicht die nach § 117 Abs 2 ZPO erforderliche Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hatte (LSG SH, Beschluss vom 09.01.1984, L 1 Kg 9/82–PKH, Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: SGG, 11. Aufl., § 73a, RdNr 13g) oder diese unvollständig war. Der Statthaftigkeit des zweiten Gesuchs steht weder eine Rechtskraft der ersten Entscheidung entgegen, noch ist das Antragsrecht verwirkt. Eine Rechtsmissbräuchlichkeit folgt nicht bereits daraus, dass ein Antrag erneut gestellt wird, ohne dass sich in den maßgebenden Verhältnissen etwas geändert hätte. Vielmehr ist eine Beurteilung anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles erforderlich.
Der erste Beschluss, der für Folgezeiträume keine Rechtskraft entfaltet (Leitherer aaO mwN), war nicht geeignet, bei erneuter Antragstellung deren Missbräuchlichkeit in Erwägung zu bringen, weil er rechtswidrig unter Missachtung von §§ 73a SGG, 118 Abs 2 Satz 4 ZPO erging. Denn die erforderliche Frist war nicht wirksam gesetzt. Soll an eine Frist eine Rechtsfolge oder zumindest ein nicht unerheblicher Nachteil (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: SGG, 11. Aufl., § 63, RdNr 3) geknüpft sein, verlangt § 63 Abs 1 Satz 1 SGG für die Fristsetzung die Zustellung der entsprechenden richterlichen Anordnung (für das Verfahren unmittelbar nach §§ 118 Abs 2 S 4, 329 Abs 2 S 2 ZPO: Seiler in Thomas/Putzo: ZPO, 34. Aufl, § 118 RdNr 10; Philippi in Zöller: ZPO, 27. Aufl., § 118 RdNr 17a). Damit soll ein entsprechender Warneffekt gesichert werden.
Eine Fristsetzung, die diese Formerfordernisse erfüllen würde, lässt sich im vorliegenden Fall nicht feststellen. Das Schreiben vom 22. Januar 2015 enthielt keine Fristsetzung und wurde nicht zugestellt. Das Telefonat vom 16. Juni 2015 erfüllt diese Voraussetzungen, wenn die im Vermerk (Bl 108 GA) notierte Frist von drei Wochen darin auch aus Adressatensicht als Frist gemäß §§ 73a SGG, 118 Abs 2 Satz 4 ZPO gesetzt worden sein sollte, gewiss nicht. Wurde nicht mit hinreichend deutlicher Fristsetzung die Konsequenz weiteren Zögerns aufgezeigt, musste trotz der erheblichen Verzögerungen nicht mit einer Entscheidung derart gerechnet werden, dass die nachgeholte Vorlage der noch fehlenden Unterlagen und eine erneute Antragstellung als missbräuchlich angesehen werden könnten. Insofern kommt es nicht darauf an, ob auch der Verfahrensablauf im konkreten Fall und die weiteren Besonderheiten des Einzelfalls eine Bewertung der erneuten Antragstellung als rechtsmissbräuchlich zulassen würden.
Prozesskostenhilfe war ab dem Zeitpunkt der Vorlage der Unterlagen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, also ab 26. März 2013 zu gewähren.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I
Gegenstand des Verfahrens ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe für einen Rechtsstreit, in welchem der Antragsteller den Bescheid der Beklagten vom 6. November 2010 in der Gestalt des Abhilfebescheides vom 22. Dezember 2010 angefochten hat und für Kosten der Unterkunft und Heizung die Zahlung von 947,57 EUR zzgl Zinsen verlangt. Am 28. Januar 2011 hat der Antragsteller Gewährung von Prozesskostenhilfe (erneut) beantragt und am 16. Februar 2011 die unvollständig ausgefüllte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt.
Das Sozialgericht Berlin hat den Antrag auf Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 8. Juli 2015 abgelehnt und dies unter Hinweis auf § 118 Abs 2 Satz 4 ZPO damit begründet, dass die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht aufzuklären gewesen seien.
Mit Fax vom 8. Juli 2015 (Eingang 20:24 Uhr beim SG) reichte der Antragsteller den nunmehr vollständig ausgefüllten Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein und beantragte ausdrücklich am 15. Juli 2015 erneut Prozesskostenhilfe.
Mit Beschluss vom 16. Juli 2015 hat das Sozialgericht den erneuten Antrag abgelehnt, weil ihm das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Dies sei dann der Fall, wenn die Wiederholung eines abgelehnten Bewilligungsantrages auf denselben Sachverhalt gestützt werde, wie im vorliegenden Fall bei unveränderten persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen.
Der Antragsteller verfolgt sein Begehren mit seiner am 3. August 2015 erhobenen Beschwerde gegen beide Beschlüsse weiter. Der Kläger habe seit Klageerhebung 2011 drei Mal das Antragsformular eingereicht. Es sei zunächst über lange Zeiträume nicht moniert worden, dass das Formular jeweils nicht vollständig ausgefüllt worden sei. Das vollständige Ausfüllen sei erst mit Schreiben vom 22. Januar 2015 verlangt worden, ohne jedoch auch das Ausfüllen der Abschnitte E bis J ausdrücklich anzuordnen. In einem Telefonat am 15. Juni 2015 mit dem Gericht sei dies klargestellt und Fristverlängerung gewährt worden, obwohl der Kläger bereits im Februar 2015 mit dem zu diesem Zeitpunkt eingereichten Formular den Bescheid des Jobcenters über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II beigefügt habe. Entgegen den vom Sozialgericht zitierten Entscheidungen fehle es im vorliegenden Fall nicht am Rechtsschutzbedürfnis und sei die erneute Antragstellung angesichts der tatsächlichen Abläufe insbesondere nicht missbräuchlich.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit Entscheidung durch den Berichterstatter nach § 155 Abs 3, 4 SGG erklärt.
II
Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 8. Juli 2015 ist unzulässig, denn sie ist nicht statthaft.
Nach § 172 Abs 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Nach § 172 Abs 3 Nr 2 SGG ist die Beschwerde ausgeschlossen gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn a) das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint, b) in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder c) das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist.
Es liegt die Voraussetzung des § 172 Abs 3 Nr 2 lit a) SGG vor. Das Sozialgericht hat die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint.
Die Beschwerde muss insoweit erfolglos bleiben.
Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 16. Juli 2015 ist zulässig; sie ist insbesondere statthaft. Ein Ausnahmetatbestand nach § 172 Abs 3 Nr 2 SGG liegt nicht vor, denn die Entscheidung des Sozialgerichts stützte sich nicht auf die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe (lit a), in der Hauptsache ist der Streitgegenstand angesichts der Hauptforderung von 947,57 EUR berufungsfähig (lit b) und das Gericht darf in der Hauptsache – auf die Klage – nicht durch Beschluss entscheiden (lit c).
Die Beschwerde konnte ohne Beachtung einer Frist erhoben werden, weil der Beschluss fehlerhaft ausführte, dass ein Rechtsmittel nicht gegeben sei (§ 66 Abs 2 Satz 1 letzter Teilsatz SGG).
Die auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Dem bedürftigen Antragsteller war Prozesskostenhilfe zu bewilligen, denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist nicht mutwillig. Die Beiordnung anwaltlichen Beistandes ist auch im Sinne von §§ 73a Abs 1 SGG, 121 Abs 2 ZPO erforderlich.
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 ZPO erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint
Der Antragsteller ist zur Prozessführung nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage. Dies folgt aus den mit Schreiben vom 7. Juli 2015 eingereichten vollständigen Unterlagen. Die Angaben sind auch glaubhaft. Allerdings kommt Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht für Zeiträume vor erneuter Antragstellung in Betracht, nachdem der frühere Antrag durch den unanfechtbaren Beschluss vom 8. Juli 2015 beschieden war. Für diesen Antrag konnte auf die zuvor eingereichten Unterlagen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen abgestellt werden. Vor Eingang des genannten Schreibens vom 7. Juli 2015 waren die Angaben unvollständig. Insofern erscheint schwer nachvollziehbar, wieso der anwaltlich vertretene Antragsteller gemeint haben könnte, ein Ausfüllen der Abschnitte E bis J im amtlich vorgegebenen Formular sei entbehrlich. Denn im bereits von ihm 2011 eingereichten und unterschriebenen Vordruck findet sich der Hinweis, dass diese Abschnitte nur dann nicht ausgefüllt werden müssten, wenn Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem BSHG bezogen würden und der letzte Bescheid des Sozialamtes vorgelegt würde. Derartige Leistungen hat der Kläger nicht bezogen. Auch der im Februar 2015 vorgelegte Vordruck ließ die Erleichterung nur bei Bezug von Sozialhilfe nach dem SGB XII zu, die der Antragsteller nicht bezog. Leistungsbezug nach dem SGB II erlaubt die formale Erleichterung wegen der anderen Anforderungen hinsichtlich des verwertbaren Vermögens nicht. Die mit Schreiben vom 7. Juli 2015 erfolgten Angaben und die zugleich eingereichten Unterlagen erlauben dagegen eine abschließende Entscheidung zugunsten des Antragstellers.
Die Rechtsverfolgung hat hinreichende Erfolgsaussicht und erscheint nicht mutwillig.
Die erneute Antragstellung ist nicht missbräuchlich. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann auch dann wiederholt werden, wenn der erste Antrag abgelehnt worden war, weil der Antragsteller nicht die nach § 117 Abs 2 ZPO erforderliche Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hatte (LSG SH, Beschluss vom 09.01.1984, L 1 Kg 9/82–PKH, Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: SGG, 11. Aufl., § 73a, RdNr 13g) oder diese unvollständig war. Der Statthaftigkeit des zweiten Gesuchs steht weder eine Rechtskraft der ersten Entscheidung entgegen, noch ist das Antragsrecht verwirkt. Eine Rechtsmissbräuchlichkeit folgt nicht bereits daraus, dass ein Antrag erneut gestellt wird, ohne dass sich in den maßgebenden Verhältnissen etwas geändert hätte. Vielmehr ist eine Beurteilung anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles erforderlich.
Der erste Beschluss, der für Folgezeiträume keine Rechtskraft entfaltet (Leitherer aaO mwN), war nicht geeignet, bei erneuter Antragstellung deren Missbräuchlichkeit in Erwägung zu bringen, weil er rechtswidrig unter Missachtung von §§ 73a SGG, 118 Abs 2 Satz 4 ZPO erging. Denn die erforderliche Frist war nicht wirksam gesetzt. Soll an eine Frist eine Rechtsfolge oder zumindest ein nicht unerheblicher Nachteil (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer: SGG, 11. Aufl., § 63, RdNr 3) geknüpft sein, verlangt § 63 Abs 1 Satz 1 SGG für die Fristsetzung die Zustellung der entsprechenden richterlichen Anordnung (für das Verfahren unmittelbar nach §§ 118 Abs 2 S 4, 329 Abs 2 S 2 ZPO: Seiler in Thomas/Putzo: ZPO, 34. Aufl, § 118 RdNr 10; Philippi in Zöller: ZPO, 27. Aufl., § 118 RdNr 17a). Damit soll ein entsprechender Warneffekt gesichert werden.
Eine Fristsetzung, die diese Formerfordernisse erfüllen würde, lässt sich im vorliegenden Fall nicht feststellen. Das Schreiben vom 22. Januar 2015 enthielt keine Fristsetzung und wurde nicht zugestellt. Das Telefonat vom 16. Juni 2015 erfüllt diese Voraussetzungen, wenn die im Vermerk (Bl 108 GA) notierte Frist von drei Wochen darin auch aus Adressatensicht als Frist gemäß §§ 73a SGG, 118 Abs 2 Satz 4 ZPO gesetzt worden sein sollte, gewiss nicht. Wurde nicht mit hinreichend deutlicher Fristsetzung die Konsequenz weiteren Zögerns aufgezeigt, musste trotz der erheblichen Verzögerungen nicht mit einer Entscheidung derart gerechnet werden, dass die nachgeholte Vorlage der noch fehlenden Unterlagen und eine erneute Antragstellung als missbräuchlich angesehen werden könnten. Insofern kommt es nicht darauf an, ob auch der Verfahrensablauf im konkreten Fall und die weiteren Besonderheiten des Einzelfalls eine Bewertung der erneuten Antragstellung als rechtsmissbräuchlich zulassen würden.
Prozesskostenhilfe war ab dem Zeitpunkt der Vorlage der Unterlagen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, also ab 26. März 2013 zu gewähren.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss kann nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
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