L 16 AS 502/14

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
16
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AS 2/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 AS 502/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Werden durch die teilweise Aufhebung einer Leistungsbewilligung nur die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts abgeändert, nicht aber die Leistung für Unterkunft und Heizung, sind letztere in einem nachfolgend über die Aufhebung und Erstattung geführten Rechtsstreit nicht Streitgegenstand.
2. Bei der Entscheidung über eine Direktüberweisung der Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung an das Versicherungsunternehmen handelt es sich um eine gesonderte Verfügung, die unabhängig vonder Leistungsbewilligung erfolgt.
3. Bei der Anrechnung von Einkommen aus einer Erbschaft können Erbschaftskosten (Bestattungskosten) nach dem SGB II nur im Monat des Zuflusses berücksichtigt werden.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 21. März 2014 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich vorliegend gegen die Aufhebung einer Leistungsbewilligung und die Rückforderung überzahlter Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Höhe von 1.808,24 EUR im Zeitraum vom 01.03.2012 bis zum 31.08.2012. Streitig ist insbesondere die Anrechnung zweier Steuerrückerstattungen, die dem Kläger als Erbe seiner verstorbenen Mutter zugeflossen sind. Das Erbe umfasste das im Jahr 1973 errichtete, nicht belastete Wohnhaus des Klägers.

Der 1951 geborene Kläger bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Beklagten. Er lebt in einem Haus (angegebene Wohnfläche 142 m²), das ursprünglich seiner Mutter gehörte. Am 18.12.2010 verstarb seine Mutter, deren Bestattung er als deren Alleinerbe übernahm.

Erstmals im Mai 2011 wurde ihm als Rechtsnachfolger seiner Mutter für das Jahr 2009 eine Steuererstattung in Höhe von 2465,87 EUR überwiesen; im Juli 2011 folgte die Erstattung eines Guthabens in Höhe von 186,06 EUR. Gegenüber dem Beklagten machte er erhebliche Todesfallkosten (3946 EUR) geltend, die die Höhe der Steuererstattungen weit übersteigen würden. Weitere Kosten seien noch zu erwarten. Außer dem Einfamilienhaus habe er kein nennenswertes Vermögen geerbt. Der Beklagte nahm daraufhin von einer Anrechnung der Steuererstattung Abstand (Abhilfebescheid vom 11.11.2011).

Mit Bescheid vom 24.01.2012 wurden ihm Leistungen für die Zeit vom 01.03.2012 bis zum 31.08.2012 in Höhe von monatlich insgesamt 764,14 EUR bewilligt (374,00 EUR Regelleistung, 60,13 EUR Kosten der Unterkunft, 296,44 EUR Zuschuss zur Krankenversicherung, 33,57 EUR Zuschuss zur Pflegeversicherung). Ab dem 01.05.2012 erfolgte die Direktüberüberweisung der Zuschüsse gemäß § 26 SGB II an das Versicherungsunternehmen (Änderungsbescheid vom 04.04.2012). Die Berechnung der Leistungen für Unterkunft und Heizung beruht auf den Angaben und Nachweisen des Klägers zu anfallenden Hauslasten.

Im Rahmen seines Weiterbewilligungsantrages legte der Kläger im Juli 2012 Kontoauszüge vor, aus denen hervorgeht, dass ihm auch für das Jahr 2010 Steuererstattungen als Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Mutter zugeflossen sind. Am 20.02.2012 wurde eine Einkommensteuerrückerstattung in Höhe von 1.946,74 EUR auf sein Konto überwiesen, am 16.04.2012 eine Kirchensteuererstattung in Höhe von 145,88 EUR.

Mit Bescheid vom 06.08.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger daraufhin für die Zeit vom 01.09.2012 bis zum 28.02.2013 bei anteiliger Anrechnung der Steuererstattung Leistungen nur noch in Höhe von 432,76 EUR monatlich. Mit seinem Widerspruch vom 08.08.2012 machte der Kläger negative Einkünfte in Höhe von insgesamt 6394,03 EUR aufgrund seines bislang verlorenen Arbeitsrechtsstreit gegen seinen früheren Arbeitgeber geltend, die von der Steuererstattung abzusetzen sei. Der Beklagte half dem Widerspruch ab, da die Anrechnung der Steuererstattung richtigerweise im Bewilligungszeitraum vom 01.03.2012 bis zum 31.08.2012 zu erfolgen habe (Bescheid vom 29.08.2012).

Auf Anhörung zur beabsichtigten Aufhebung und Erstattung von Leistungen in Höhe von 1808,24 EUR für die Zeit vom 01.03.2012 bis zum 31.08.2012 machte der Kläger mit Schreiben vom 01.09.2012 Todesfallkosten in Höhe von insgesamt 4806 EUR geltend, die den Steuererstattungen gegenüberzustellen seien. Diese in der Zeit vom 20.12.2010 bis zum 09.11.2011 angefallenen Kosten habe er aus seinem Vermögen und einer Nachzahlung beglichen. Durch die Kürzungen werde er als Hartz IV-Bezieher seinen Arbeitsrechtsstreit nicht mehr weiterführen können.

Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 27.09.2012 hob der Beklagte den Bescheid vom 24.01.2012 für die Zeit vom 01.03.2012 bis zum 31.08.2012 teilweise in Höhe von 1808,24 EUR auf und forderte diesen Betrag vom Kläger zurück. Die Kirchensteuererstattung (145,88 EUR) sei im Mai 2012 als Einkommen anzurechnen, die Einkommensteuerrückerstattung in Teilbeträgen von monatlich 324,46 EUR in den Monaten März 2012 bis August 2012. Abzusetzen seien davon nur noch die Versicherungspauschale von 30 EUR monatlich sowie die anteiligen Beiträge zur Kfz-Haftpflichtversicherung des Klägers in Höhe von 17,40 EUR. Der Jahresbeitrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung in Höhe von 208,85 EUR war vom Kläger zum 01.01.2012 zu bezahlen (Beitragsrechnung vom November 2011).

Auf den Widerspruch des Klägers vom 30.10.2012 hin erging am 05.12.2012 ein Änderungsbescheid, mit dem auch der die Bewilligungsentscheidung vom 24.01.2012 abändernde Bescheid vom 04.04.2012 aufgehoben wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2012 wurde der Widerspruch nach Erlass des Änderungsbescheids als unbegründet zurückgewiesen.

Am 03.01.2013 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut. Er vertrat die Auffassung, dass die Steuerrückerstattungen nicht als sein Einkommen berücksichtigt werden dürften, weil er diese für die Beerdigungskosten seiner Mutter in Höhe von insgesamt 4.878,00 EUR habe aufwenden müssen. Sämtliche Steuererstattungen hätten nicht einmal ganz für die Todesfallkosten ausgereicht.

Der Beklagte erklärte, dass kein zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Zufluss der Erstattungen und dem Anfall der Beerdigungskosten bestünde. Die Einkommensteuerrückerstattung aus dem Jahr 2009, dem Kläger bereits im Jahr 2011 in Höhe von 2.465,87 EUR zugeflossen, sei aufgrund der fälligen Beerdigungskosten unberücksichtigt geblieben. Im Übrigen habe der Kläger selbst vorgetragen, die Steuerrückerstattung für das Jahr 2010 zur Tilgung der Schulden aus einem arbeitsgerichtlichen Vergleich verwendet zu haben. Mit Urteil vom 21.03.2014 wies das Sozialgericht die Klage als unbegründet ab. Die teilweise Aufhebung der Bewilligungsentscheidung vom 24.01.2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 04.04.2012 sei mit den angefochtenen Bescheiden rechtmäßig erfolgt. Durch den Zufluss der Steuerrückerstattungen sei der Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Bewilligungszeitraum 01.03.2012 bis 31.08.2012 teilweise entfallen. Die Steuererstattungen stellten Einkommen im Sinne des § 11 SGB II dar. Der am 20.02.2012 zugeflossene Betrag von 1.946,74 EUR sei als einmalige Einnahmen gemäß § 11 Abs. 3 S. 3 SGB II gleichmäßig auf einen Zeitraum von sechs Monaten (hier März 2012 bis August 2012) aufzuteilen gewesen, da andernfalls der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat entfallen wäre. Der danach verbleibende Betrag von 324,46 EUR monatlich sei abzüglich der Versicherungspauschale und dem Beitrag für die Kfz-Versicherung noch in Höhe von 277,06 EUR monatlich anzurechnen gewesen. Zusätzlich sei im Monat Mai 2012, dem auf den Monat des Zuflusses folgendem Monat, die Kirchensteuererstattung in Höhe von weiteren 145,88 EUR anzurechnen gewesen. Da sowohl der Erbfall, als auch der Zufluss der Steuererstattungen während des Leistungsbezugs eingetreten seien, habe es sich um Einkommen im Sinne des § 11 SGB II und nicht um Vermögen im Sinne des § 12 SGB II gehandelt. Einer bedarfsmindernden Berücksichtigung der Steuererstattungen stehe auch nicht entgegen, dass der Kläger die Zahlungen zur Schuldentilgung für die Kosten eines Arbeitsgerichtsverfahrens oder die Todesfallkosten verwendet habe. Denn im Zeitpunkt der Auszahlung des Einkommens offene Schulden seien nicht vom Einkommen abzusetzen. Einkommen sei vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts des Leistungsberechtigten einzusetzen. Im Übrigen habe der Beklagte dem Kläger ohne rechtliche Verpflichtung bereits die im Jahr 2011 zugeflossene Einkommensteuerrückerstattung aus dem Jahr 2009 in Höhe von 2.465,87 EUR vollständig zur Begleichung der fälligen Beerdigungskosten belassen. Aus diesem Betrag hätten die erforderlichen Bestattungskosten vollständig bestritten werden können. Auch soweit gemäß § 74 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) die erforderlichen Bestattungskosten vom Sozialhilfeträger übernommen werden könnten, seien nur die Kosten für eine einfache Beerdigung zu erstatten, welche sich im Durchschnitt auf 1.500,00 EUR bis maximal 2.000,00 EUR belaufen, während der Kläger vorliegend sämtliche Todesfallkosten in Höhe von insgesamt 4.878,00 EUR geltend mache, die schon keine unmittelbaren Beerdigungskosten, sondern Sterbefallkosten darstellten. Die danach vom Beklagten fehlerfrei in Höhe von 1.808,24 EUR berechneten, zu Unrecht erbrachten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts seien vom Kläger gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. Das Urteil wurde dem Kläger am 09.05.2014 zugestellt. Am 10.06.2014 (Eingang beim Sozialgericht) hat dieser unter Vorlage zahlreicher Belege Berufung gegen das Urteil eingelegt. Er wendet sich gegen die Behauptung, die Beerdigung sei nicht angemessen gewesen. Er habe die Wünsche seiner Mutter zu berücksichtigen gehabt. Weitere Einsparungen seien nicht mehr möglich gewesen. Hierzu sei er als Erbe gemäß § 1968 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verpflichtet gewesen, woraus sich auch eine entsprechende Zweckbestimmung ergebe, die der Anrechnung nach dem SGB II entgegenstehe. Die aufgrund des zeitlichen Ablaufs erforderliche Zwischenfinanzierung aus seinem Vermögen dürfe ihm nun nicht zum Nachteil gereichen, zumal er als Leistungsempfänger nach dem SGB II nicht verpflichtet werden könne, die Beerdigung aus seinem Vermögen zu finanzieren. Er berufe sich insoweit auf ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2008 (L 9 SO 22/07). Jedenfalls seien die mit dem Todesfall verbundenen Kosten von den zugeflossenen Beträgen abzusetzen, was sich aus einer Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen vom 09.02.2015 (L 11 AS 1352/14 B ER) ergebe. Der Senat hat dem Kläger aufgegeben, Nachweise über die Höhe des Nachlasses vorzulegen. Er hat ihm ferner Gelegenheit gegeben, weitere Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Erbfall, die im Zeitraum von Februar 2012 bis August 2012 entstanden sind, sowie weitere Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nachzuweisen.

Der Kläger hat erklärt, dass im Jahr 2012 keine Aufwendungen für seine Mutter mehr angefallen seien. Neben den Stromabschlägen hat er im streitigen Zeitraum folgende Hauslasten nachgewiesen:

am 01.03.2012 135 EUR Abwassergebühr am 28.03.2012 57,57 EUR Kehr- und Überprüfungsgebühr am 16.05.2012 50,34 EUR Grundsteuer am 25.05.2012 23,28 EUR Müllgebühr am 01.06.2012 135 EUR Abwassergebühr am 16.08.2012 23,28 EUR Müllgebühr am 17.08.2012 50,34 EUR Grundsteuer

Heizöl wurde vom Kläger zuletzt im November 2011 und anschließend wieder im November 2012 beschafft.

In der mündlichen Verhandlung am 22.06.2015 hat der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 21.03.2014 sowie den Bescheid vom 27.09.2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 05.12.2012 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2012 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Leistungsakten des Beklagten und des Beigeladenen sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist gemäß §§ 143,151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, insbesondere statthaft und form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist aber unbegründet.

Die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung und Rückforderung der überzahlten Leistungen im Zeitraum vom 01.03.2012 bis zum 31.08.2012 durch den angefochtenen Bescheid vom 27.09.2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 05.12.2012 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2012 ist rechtmäßig erfolgt.

Die Aufhebung des Bewilligungsbescheids vom 24.01.2012 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 04.04.2012 beruht auf § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X, weil der Kläger aufgrund der am 20.02.2012 und am 16.04.2012 zugeflossenen Steuererstattungen nicht mehr im ursprünglichen Umfang bedürftig war und damit eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen eingetreten ist, die eine Aufhebung der Leistungsbewilligung ab dem Zeitpunkt der Änderung erforderlich machte. Eine zusätzliche Aufhebung des Änderungsbescheids vom 04.04.2012 gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III und § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X hinsichtlich der zu diesem Zeitpunkt bereits an den Kläger überwiesenen Steuererstattung in Höhe von 1.946,74 EUR war nicht erforderlich, da dieser Bescheid lediglich eine Verfügung hinsichtlich der Auszahlung der Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung enthielt. Bei der auf der Grundlage des zum 01.04.2012 in Kraft getretenen § 26 Abs. 4 SGB II verfügten Direktüberweisung handelt es sich um eine gesonderte Verfügung, welche die nachrichtlich erneut mitgeteilte Leistungsbewilligung unberührt lässt (S.Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, 3. Aufl.2013, § 22, Rn. 228 zur vergleichbaren Lage bei der Zahlung von Unterkunftskosten an Vermieter). Soweit der Beklagte dem Kläger darin auch die Bewilligungsentscheidung vom 24.01.2012 erneut zur Kenntnis gebracht hat, handelt es sich um eine sog. wiederholende Verfügung, die keine neue Regelung enthält (BSG, Urteil vom 29.04.2015, B 14 AS 10/14 R).

Nicht zu prüfen ist vom Senat, ob der Kläger aufgrund des nach dem Tod seiner Mutter in seinem Alleineigentum stehenden unangemessen großen Hausgrundstücks überhaupt bedürftig war (§ 12 SGB II).

Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 05.12.2012 ist formal rechtmäßig ergangen. Insbesondere genügt er den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten (§ 33 SGB X). Die Jahresfrist ab Kenntnis des Beklagten von den die Aufhebung begründenden Tatsachen (§ 48 Abs. 4 S. 1 i.V.m. § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X) ist offensichtlich gewahrt. Der Kläger wurde vor Erlass des Bescheids zu den entscheidungserheblichen Tatsachen gehört (§ 24 SGB X).

Für die Frage, in welchem Umfang die Hilfebedürftigkeit des Klägers durch den Zufluss der Erbschaft entfallen und daher die bewilligten Leistungen zurückzufordern sind, ist zunächst der Bedarf des Klägers im streitigen Zeitraum zu ermitteln und erst in einem zweiten Schritt zu prüfen, inwieweit dieser durch die angerechneten Einkünfte gedeckt war (BSG, Urteil vom 28.10.2009, B 14 AS 55/08).

Der Bedarf des Klägers bemisst sich im streitgegenständlichen Zeitraum im Wesentlichen nach dem maßgebenden Regelbedarf (374 EUR), dem Zuschuss zu den Kosten der privaten Krankenversicherung (296,44 EUR) und der Pflegeversicherung (33,57 EUR) gemäß § 26 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 12 Abs. 1c S. 5 und 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes bzw. § 26 Abs. 2 S. 1 SGB II. Mehrbedarfe nach § 21 SGB II bestehen nicht.

Soweit der Beklagte darüber hinaus einen aus den durchschnittlichen monatlichen Hauslasten errechneten Bedarf an Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 60,13 EUR berücksichtigt hat, steht diesem Bedarf im Mai 2012 zwar grundsätzlich ein höherer tatsächlicher Bedarf gegenüber, da der Kläger in diesem Monat die jeweils vierteljährlich anfallende Müllgebühr und die Grundsteuer zu entrichten hatte (sog. Spitzabrechnung von Hauslasten, vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2012, B 14 1/12 R). Allerdings ergibt sich hieraus im Ergebnis keine geringere Rückforderung, weil in Konsequenz der vom Senat anstelle der bisherigen Durchschnittsberechnung vorzunehmenden Spitzabrechnung auch der vom Beklagten bisher einkommensmindernd berücksichtigte anteilige Betrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung (17,40 EUR) nicht mehr vom Einkommen abgesetzt werden konnte (siehe unten). Ob der Kläger in den übrigen Monaten höhere Aufwendungen für Unterkunft und Heizung hatte, ist vom Senat nicht zu prüfen. Denn die zur Überprüfung des Senats gestellte teilweise Aufhebung der mit Bescheid vom 24.01.2012 erfolgten Bewilligung betraf nur im Monat Mai die Entscheidung als Ganzes, da nur in diesem Monat neben dem Regelbedarf auch die Unterkunftskosten teilweise, nämlich in Höhe 48,94 EUR aufgehoben und zurückgefordert wurden. Dies war nach dem Maßstab des objektiven Empfängerhorizonts für den Kläger auch erkennbar (zur Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont, vgl. BSG, Urteil vom 28.10.2008, B 8 SO 33/07 R, Juris Rn. 15).

In den übrigen Monaten hatte die Teilaufhebung regelnde Wirkung dagegen nur für den Regelbedarf gemäß § 20 SGB II.

Hat der Grundsicherungsträger die Leistung für den Regelbedarf wie im Bescheid vom 24.01.2012 neben der Leistung für Unterkunft und Heizung durch gesonderte Verfügung als abtrennbaren Teil des Gesamtbescheids bewilligt, dann beschränken sich die Regelungswirkungen späterer Änderungsbescheide - von vollständigen Aufhebungen abgesehen - auf den Verfügungssatz, auf den sich die Änderung bezieht. Das ist hier die Verfügung über die Leistung für den Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts (einschließlich des Zuschusses zur privaten Krankenversicherung und zur privaten Pflegeversicherung (BSG, Urteil vom 18.01.2011, B 4 AS 108/10 R) sowie hiervon nicht weiter abtrennbarer Mehrbedarfe ohne Leistungen für Unterkunft und Heizung (BSG, Urteile vom 22.11.2011, B 4 AS 138/10 R und vom 17.07.2014, B 14 AS 25/13 R). In diesen Monaten kommt es nicht darauf an, ob der Kläger möglicherweise einen Anspruch auf höhere Unterkunftskosten gehabt hätte. Auch der Kläger hat sich ausdrücklich nur gegen die Rückforderung gewandt, ohne zugleich höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung geltend zu machen. Anders verhält es sich im Monat Mai 2012, in dem der Beklagte auch die bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung teilweise aufgehoben hat.

Die Steuererstattungen stellen Einkommen im Sinne des § 11 SGB II dar, das im Falle des am 20.02.2012 zugeflossenen Betrags von 1.946,74 EUR gemäß § 11 Abs. 3 S. 3 SGB II gleichmäßig auf einen Zeitraum von sechs Monaten (hier März 2012 bis August 2012) aufzuteilen war, da andernfalls der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat entfallen wäre. Zusätzlich war im Mai 2012 einmalig die Kirchensteuererstattung in Höhe von weiteren 145,88 EUR anzurechnen. Eine während des Bedarfszeitraums zugeflossene Steuererstattung ist als einmalige Einnahme anzurechnen und erforderlichenfalls auf einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten aufzuteilen (BSG, Urteil vom 11.02.2015, B 4 AS 29/14 R). Dies gilt auch bei der Anrechnung aufgrund einer Erbschaft zugeflossenen Steuererstattung. Der Anrechnung als Einkommen in voller Höhe steht auch nicht entgegen, dass der auf das Konto des Erben überwiesene Betrag vom Erben für die aus der Bestattung des Erblassers bestehenden Schulden verwendet wurde (vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015, a.a.O., zur Anrechnung einer Erbschaft bei Überweisung auf ein im Minus befindliches Konto bei bestehender Kontokorrentabrede). Insoweit wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffende Begründung des Sozialgerichts verwiesen und von weiterer Darstellung angesehen.

Die Steuererstattungen sind nicht gemäß § 11a SGB II von der Anrechnung als Einkommen ausgenommen. Zwar sind gemäß § 11a Abs. 3 S. 1 SGB II Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich bestimmten Zweck erbracht werden, nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach diesem Buch im Einzelfall demselben Zweck dienen. Aus § 1968 BGB folgt aber keine Zweckbestimmung, die es gebieten würde, die Erbschaft auch nur in Höhe der vom Erben zu tragenden Bestattungskosten frei zu halten. Die hier streitigen Steuererstattungen sind dem Kläger aufgrund der Regelungen des BGB im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zugeflossen und nicht aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Vorschrift gewährt worden. Bereits deshalb fehlt es an einer im Rahmen des Leistungsberechnung nach dem SGB II zu beachtenden Zweckbestimmung. Eine andere der in § 11a SGB II genannten Fallgruppen kommt weder in direkter noch in analoger Anwendung in Betracht.

Welche Beträge von einem anzurechnenden Einkommen abzusetzen sind, ist in § 11b SGB II geregelt. Zu den berücksichtigungsfähigen Absetzbeträge gehören danach grundsätzlich auch die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben (§ 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II). Daneben sind bei einem nicht erwerbstätigen Leistungsbezieher als weitere Abzüge nur die vom Beklagten bereits berücksichtigte Versicherungspauschale (§ 6 Abs. 1 S. 1 Alg II-V) sowie ggf. der tatsächlich bezahlte Beitrag für eine KFZ-Haftpflichtversicherung zu berücksichtigen (BSG, Urteil vom 11.02.2015, a.a.O.). Weitere Absetzbeträge kommen bereits nicht in Betracht. Insbesondere können Zahlungen zur Tilgung von Schulden oder zur Führung privater Rechtsstreite unter keinem Gesichtspunkt vom Einkommen abgesetzt werden.

Allerdings enthält § 11b Abs. 1 Satz 2 SGB II eine verfahrensrechtliche Ergänzung dahingehend, dass bei einmaligen Einnahmen, die wie hier auf mehrere Monate verteilt werden, die auf die einmalige Einnahme im Zuflussmonat entfallenden Beträge nach den Nummern 1, 2, 5 und 6 vorweg abzusetzen sind. Das bedeutet, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Anfall der Erbschaft nur berücksichtigt werden, soweit sie im jeweiligen Zuflussmonat anfallen. Entsprechende Aufwendungen sind dem Kläger weder im Zuflussmonat noch im streitgegenständlichen Zeitraum entstanden. Dies hat der Kläger mit Schreiben vom 05.12.2014 ausdrücklich bestätigt. Der Kläger verfügt im Übrigen durch die Erbschaft (hier: das selbstbewohnt und nicht i.S.v. § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II als geschütztes Vermögen anzusehende Einfamilienhaus) über ausreichende Mitte, die Beerdigungskosten zum Zeitpunkt ihres Entstehens aus dem Erbe zu bezahlen. Ein Rückgriff auf die Steuererstattungen war nicht notwendig.

Dem danach berücksichtigungsfähigen Bedarf von 704,01 EUR standen mithin die zutreffend ermittelten Einkünfte von 324,46 EUR (470,34 EUR im Mai 2012) gegenüber, die nach Bereinigung um die sog. Versicherungspauschale um je 30 EUR noch in Höhe von 294,46 EUR (440,34 EUR im Mai 2012) auf seinen Bedarf anzurechnen waren. Der Beitrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung konnte auch nicht anteilig berücksichtigt werden, da er im streitigen Zeitraum vom Kläger nicht zu bezahlen war und nicht bezahlt worden ist.

Auf die Frage, wie hoch die erforderlichen Bestattungskosten waren und welche weiteren Kosten gemäß § 11b Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB II grundsätzlich von den im Zusammenhang mit der Erbschaft zugeflossenen Steuererstattungen abgesetzt werden könnten, kommt es daher von vornherein nicht entscheidend an. Die Frage, ob und in welcher Höhe dem Kläger die Übernahme der erforderlichen Bestattungskosten nach seinem Einkommen und Vermögen und unter Berücksichtigung des vorhandenen Nachlasses zugemutet werden konnten, bestimmt sich ausschließlich nach den Regelungen des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII), hier § 74 SGB XII (LSG Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2008 (L 9 SO 22/07) und ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht, auch nicht inzident zu prüfen.

Die Rückforderung ist danach auch der Höhe nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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