L 9 R 1948/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 3297/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1948/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 15. April 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhöhung des Beitragssatzes zur sozialen Pflegeversicherung um 0,25 Prozentpunkte (sog. Beitragszuschlag für Kinderlose) mit Wirkung ab 01.01.2005 im Rahmen der ihr gewährten Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.

Die 1946 geborene Klägerin bezog aufgrund ihres Antrages vom 27.05.1994 eine mit Bescheid vom 12.08.1994 zuerkannte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01.08.1992 (Zahlbetrag ab 01.10.1994: 980,00 DM unter Berücksichtigung eines Beitragsanteiles des Rentners in Höhe von 68,13 DM für die Krankenversicherung). Mit Inkrafttreten des Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit (PflegeVG) am 01.01.1995 (Art. 68 PflegeVG) führte die Beklagte Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung ab (Beitragsanteil des Rentners ab 01.01.1995: 5,34 DM).

Am 29.03.2004 erhob die Klägerin Widerspruch gegen ein Schreiben der Beklagten vom 08.03.2004, in dem ihr mitgeteilt worden war, dass die hälftige Beitragsleistung der Rentenversicherungsträger zur Pflegeversicherung ab dem 1. April aufgrund des 2. Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (2. SGB VI-Änderungsgesetz) vom 27.12.2003 (BGBl. I. S. 3013) wegfalle. Mit Blick auf Musterprozesse wurde dieses Widerspruchsverfahren ruhend gestellt.

In einem am 22.12.2004 bei der Beklagten eingegangenen Formblatt bestätigte die Klägerin, kinderlos zu sein.

Mit Bescheid vom 06.02.2005 berechnete die Beklagte die gewährte Rente neu, weil sich der Beitragssatz der sozialen Pflegeversicherung um einen Beitragszuschlag erhöht habe. Ab dem 01.01.2005 erhöhe sich der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung um einen Zuschlag von 0,25 Beitragssatzpunkten, weil eine Elterneigenschaft nicht nachgewiesen sei. Der Beitragszuschlag für die Monate Januar bis März 2005 werde in der Weise abgegolten, dass der Beitragszuschlag im Monat April 2005 1 % der im April 2005 beitragspflichtigen Rente betrage. Für die Zeit ab 01.05.2005 belief sich die monatliche Rente auf 665,99 EUR (abzüglich eines Krankenversicherungsbeitrages zur AOK B. in Höhe von 15,50 % und einem Beitragsanteil des Rentners in Höhe von 51,61 EUR sowie eines Pflegeversicherungsbeitrages in Höhe von 1,95 % = 12,99 EUR). Die Klägerin legte hiergegen mit einem am 17.02.2005 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben Widerspruch ein. Sie hielt es für Diebstahl und Betrug, wenn vom verdienten Eigentum ohne zu fragen abkassiert werde und alles in einen Topf geworfen werde. Es könne nicht sein, dass für die Aufwendungen der Pflegeversicherung die Kinderlosen herangezogen würden. Auch dieser Widerspruch wurde mit Blick auf Musterprozesse zunächst ruhend gestellt.

Des Weiteren legte die Klägerin gegen die Rentenanpassungsmitteilung zum 01.07.2005 mit den Schreiben vom 14.06.2005 und vom 08.07.2005 Widerspruch ein und wandte sich darin gegen den erstmals festgestellten zusätzlichen Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 0,9 %. Auch diesbezüglich wurde der Widerspruch der Klägerin ruhend gestellt.

Aufgrund weiterer glaubhaft gemachter Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten vom 27.08.1962 bis 13.08.1964 und 14.08.1964 bis 18.02.1965 änderte die Beklagte mit Bescheid vom 26.03.2008 die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit rückwirkend ab 01.01.2004 ab. Ferner wurde der Klägerin Regelaltersrente mit Bescheid vom 24.03.2011 ab dem 01.06.2011 bewilligt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 17.02.2005 gegen den erhöhten Beitragseinbehalt zur sozialen Pflegeversicherung aus der Rente zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 02.09.2009 (1 BvR 1997/08) die gegen die Zahlung eines erhöhten Beitrages zur sozialen Pflegeversicherung für kinderlose Personen gerichtete Verfassungsbeschwerde mangels Aussicht auf Erfolg nicht zur Entscheidung angenommen habe. Bereits das Bundessozialgericht (BSG) habe in dem Urteil vom 27.02.2008 (B 12 P 2/07 R), gegen das die Verfassungsbeschwerde unmittelbar gerichtet gewesen sei, ausgeführt, dass die Vorschrift über die Erhebung des Beitragszuschlages nicht verfassungswidrig sei, soweit sie Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die unfreiwillig kinderlos seien, weil sie oder ihr Ehepartner aus medizinischen Gründen kein Kind bekommen könnten, von der Erhebung dieses Beitragszuschlages nicht ausnehme. Im Rahmen seines Gestaltungsspielraums bei der Ausgestaltung eines Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG) entsprechenden Beitragsrechts in der sozialen Pflegeversicherung habe der Gesetzgeber vom Regelfall ausgehen und die vom Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 03.04.2001 (1 BvR 1629/94) geforderte Entlastung an das bloße Vorhandensein eines Kindes knüpfen sowie ab dessen Geburt eine dauerhafte Beitragsentlastung vorsehen dürfen. Nach Vorliegen der Bundesverfassungsgerichtsentscheidung vom 02.09.2009 sei ein weiteres Musterverfahren gegen die Erhebung des Beitragszuschlages für Kinderlose geführt worden. In diesem Verfahren sei eine Revision zum BSG aber nicht mehr zugelassen worden. Die dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde sei mit Beschluss des BSG vom 25.07.2012 (B 12 R 51/11 B) als unzulässig verworfen worden, sodass nunmehr abschließend über den Widerspruch zu entscheiden gewesen sei. Der Einbehalt des Beitrages zur sozialen Pflegeversicherung aus der Rente unter Berücksichtigung des Beitragszuschlages für Kinderlose entspreche dem geltenden Recht, weshalb der Widerspruch keinen Erfolg haben könne.

Hiergegen hat die Klägerin am 02.12.2013 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben und geltend gemacht, dass die ständige Erhöhung des Pflegeversicherungsbeitrages zu einer Rentenkürzung geführt habe und weiterhin führe. Dies führe zur Altersarmut. Außerdem könne man Kinderlose, ob nun unfreiwillig kinderlos oder nicht, nicht extra zur Kasse bitten bzw. verpflichten, wie in ihrem Fall. Mit Blick auf die geplanten Erhöhungen des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung "2015 und 2016" und der damit verbundenen Rentenkürzung hat sie geltend gemacht, dass hiermit endlich aufgehört werden müsse, der bestehende Bürokratismus abgebaut, die Medikamentenvollstopferei in den Heimen beendet und die Beiträge für wirkliche Pflege verwendet werden müssten. Schließlich müsse in Deutschland endlich eine humane Sterbehilfe eingeführt werden. Dies sei eines jeden Menschenrecht. Dann würde endlich nach dem Grundgesetz gehandelt und das Geld würde lange ausreichen, um Pflegepersonal zu bezahlen, ohne Bürokratismus.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat an der bislang vertretenen Rechtsauffassung festgehalten.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15.04.2015 abgewiesen. Gegenstand der Anfechtungsklage sei der Bescheid der Beklagten vom 06.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2013, mit dem die Beklagte einen Beitragszuschlag für Kinderlose in der Pflegeversicherung festgesetzt habe. Dieser erweise sich als rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Entscheidung sei nicht zu beanstanden und entspreche den einschlägigen Regelungen des § 55 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). Die Rechtslage sei im Widerspruchsbescheid vom 30.10.2013 ausführlich und zutreffend dargestellt worden, weswegen das Gericht zur Vermeidung von Wiederholungen auf diese Ausführungen Bezug nehme. Die Frage, ob die Klägerin die Entscheidungen des Gesetzgebers für politisch sachdienlich erachte, sei für die dem Gericht obliegende Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides auf der Basis der geltenden Rechtslage ohne Relevanz. Das Gericht sei nicht befugt, sich über die geltende Gesetzeslage hinwegzusetzen.

Gegen den ihr am 24.04.2015 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 07.05.2015 Berufung eingelegt. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrages hält die Klägerin an ihrem Begehren fest. Ergänzend weist die Klägerin auf weitere Kürzungen ihrer Rente aufgrund der Erhöhung der Beiträge für die soziale Pflegeversicherung hin. Schließlich weist sie unter Darlegung verschiedener Berechnungen darauf hin, dass ihr 338,81 EUR zum Leben verblieben, es gehe nicht an, dass Rentner immer weiter abgezockt würden.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 15. April 2015 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2013 insoweit aufzuheben, als er darin den Pflegeversicherungsbeitrag unter Berücksichtigung eines Beitragszuschlages für Kinderlose um 0,25 Prozentpunkte festsetzt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid und Gerichtsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten sowie auf die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 08.09.2012 auch in Abwesenheit der Beteiligten über den Rechtsstreit entscheiden, da die Beteiligten ordnungsgemäß zum Termin geladen wurden. In dieser Ladung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Falle des Ausbleibens Beweis erhoben, verhandelt und entschieden werden kann.

Gegenstand des Rechtsstreits ist die mit den angefochtenen Bescheiden für die Zeit ab 01.01.2005 erfolgte Anhebung des von der Klägerin zu zahlenden Pflegeversicherungsbeitrages um einen Beitragszuschlag für kinderlose Mitglieder in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten. Dementsprechend ist diese Entscheidung auch nicht Gegenstand bereits anhängiger Widerspruchsverfahren geworden und ist unabhängig von späteren Erhöhungen des Beitrages zur sozialen Pflegeversicherung auf die Recht- und Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen.

Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig, da der Beklagte zu Recht den um 0,25 Beitragssatzpunkten erhöhten Beitragssatz festgesetzt hat.

Gemäß § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI (eingefügt durch Art. 1 Kinder-Berücksichtigungsgesetz [KiBG] vom 15.12.2004, BGBl I S 3448) erhöhte sich ab 01.01.2005 der nach § 55 Abs. 1 SGB XI geltende Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung von 1,7 % um einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten (Beitragszuschlag für Kinderlose) mit dem Ablauf des Monats, in dem das Mitglied das 23. Lebensjahr vollendet hat. Den Beitragszuschlag für Kinderlose tragen grundsätzlich die Versicherten (§ 58 Abs. 1 Satz 3, § 59 Abs. 5 SGB XI). Kein Beitragszuschlag ist von versicherten Eltern i.S. des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 SGB I (§ 55 Abs. 3 Satz 2 SGB XI) zu entrichten. Gemäß § 55 Abs. 3 Satz 7 SGB XI ist der Beitragszuschlag von vor dem 01.01.1940 geborenen Versicherten, von Wehr- und Zivildienstleistenden und von Beziehern von Arbeitslosengeld II nicht zu erheben. Gemäß § 55 Abs. 4 Satz 1 SGB XI wird der Beitragszuschlag auf Renten der gesetzlichen Rentenversicherung für die Monate Januar bis März 2005, für Rentenbezieher, die nach dem 31.12.1939 geboren wurden, in der Weise abgegolten, dass der Beitragszuschlag im Monat April 2005 1 vom Hundert der im April 2005 beitragspflichtigen Rente beträgt.

Diese tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anhebung des Beitragssatzes hat die Beklagte im Bescheid vom 06.02.2005 beachtet, denn sie hob den bisherigen Pflegeversicherungsbeitrag von 1,7 %, den sie für die Monate Januar bis März 2005 unverändert ließ, für den Monat April um einen Prozentpunkt auf 2,7 % und für die Zeit ab 01.05.2005 um 0,25 Prozentpunkte an und zog diese unter Berücksichtigung von § 60 Abs. 1 Satz 2 SGB XI i.V.m. § 255 Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ein. Die 1946 geborene Klägerin hatte zu diesem Zeitpunkt das 23. Lebensjahr vollendet und war kinderlos. Die anderen Voraussetzungen, unter denen von einer Anhebung auch bei Kinderlosigkeit abzusehen ist, liegen nicht vor.

Der Senat ist auch nicht davon überzeugt, dass die Regelung verfassungswidrig ist. Das BSG hat mit seiner Entscheidung vom 27.02.2008 (B 12 P 2/07 R –, BSGE 100, 77-83, SozR 4-3300 § 55 Nr. 2), der sich der Senat in vollem Umfang anschließt, zu den genannten Regelungen Folgendes ausgeführt:

"Der Gesetzgeber hat mit diesen Regelungen das Urteil des BVerfG vom 3.4.2001 (1 BvR 1629/94, BVerfGE 103, 242 = SozR 3-3300 § 54 Nr. 2) umgesetzt. Das BVerfG hatte in dieser Entscheidung die beitragsrechtlichen Vorschriften der § 54 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 57 SGB XI für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG erklärt, soweit Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung mit Kindern mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag belastet werden wie Mitglieder ohne Kinder. Es hat zur Begründung ausgeführt, Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG sei dadurch verletzt, dass die Betreuung und Erziehung von Kindern als konstitutive Leistung bei der Bemessung von Beiträgen beitragspflichtiger Versicherter keine Berücksichtigung finde. Dadurch werde die Gruppe der Versicherten mit Kindern gegenüber kinderlosen Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung, die aus dieser Betreuungs- und Erziehungsleistung im Falle ihrer Pflegebedürftigkeit Nutzen ziehen würden, in verfassungswidriger Weise benachteiligt. Da auf die Wertschöpfung durch heranwachsende Generationen jede staatliche Gemeinschaft angewiesen sei und an der Betreuungs- und Erziehungsleistung von Familien ein Interesse der Allgemeinheit bestehe, seien Erziehungsleistungen zugunsten der Familie in einem bestimmten sozialen Leistungssystem zu berücksichtigen. Werde dieser generative Beitrag nicht mehr in der Regel von allen Versicherten erbracht, führe dies zu einer spezifischen Belastung Kinder erziehender Versicherter im Pflegeversicherungssystem, deren benachteiligende Wirkung auch innerhalb dieses Systems auszugleichen sei. Das BVerfG hat damit verbindlich entschieden, dass der Vorteil kinderloser Versicherter in der sozialen Pflegeversicherung systemspezifisch beitragsrechtlich zu kompensieren ist. Für die vom BVerfG geforderte beitragsrechtliche Kompensation des Vorteils kinderloser Versicherter in der sozialen Pflegeversicherung hat der Gesetzgeber allerdings nicht die Beiträge der Versicherten mit Kindern reduziert, sondern die Beiträge für Kinderlose um 0,25 % erhöht. Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 3.4.2001 (1 BvR 1629/94, BVerfGE 103, 242, 258 = SozR 3-3300 § 54 Nr. 2 S. 12 m.w.N. ) u.a. ausgeführt, Art. 3 Abs. 1 GG verbiete es dem Gesetzgeber, bei seiner Entscheidung, welche Merkmale er beim Vergleich von Lebenssachverhalten als maßgebend ansehe, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln, das Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Der Gleichheitssatz sei verletzt, wenn der Gesetzgeber es versäumt habe, Ungleichheiten der zu ordnenden Lebenssachverhalte zu berücksichtigen, die so bedeutsam seien, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssten. Die beitragsrechtlichen Vorschriften der § 54 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 57 SGB XI hat das BVerfG danach für mit Art 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 GG unvereinbar gehalten, weil trotz ihres sog. generativen Beitrags Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung mit Kindern mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag belastet werden wie Mitglieder ohne Kindern.

Unter Berücksichtigung dieser grundlegenden Ausführungen liegt auch im vorliegenden Fall kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz vor. Zwar führt § 55 Abs. 3 SGB XI zu unterschiedlichen Beitragsbelastungen von Versicherten. Auch wenn durch die Neuregelung für Versicherte mit Kindern sowie für weitere Gruppen von Versicherten die Beitragsbelastung bei ansonsten unveränderten Umständen ab 01.01.2005 gleich bleibt und sich bei den übrigen Versicherten ab Vollendung des 23. Lebensjahres der Beitragssatz um 0,25 Beitragssatzpunkte erhöht und der Gesetzgeber allein an das Vorhandensein von Kindern angeknüpft (und nicht an den jeweils entstehenden Aufwand für Kinder oder die Gründe für die Kinderlosigkeit), ist diese Differenzierung nach Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit den Ausführungen des BSG im Urteil vom 27.02.2008 (a.a.O.) nicht zu beanstanden.

In diesem Zusammenhang ist auch nicht ersichtlich, dass der Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers dahin eingeschränkt war, dass nur eine Beitragsreduktion verfassungsrechtlich zulässig gewesen wäre. Eine solche Regelung hätte zu Beitragsausfällen geführt, die mit Beitragssatzerhöhungen hätten kompensiert werden müssen. Der Ausgleich einer relativen Beitragsentlastung im Beitragssystem der sozialen Pflegeversicherung setzte bei angestrebter Beibehaltung des Beitragsaufkommens voraus, dass Kinderlose höhere Beiträge als bisher zu zahlen haben (vgl. BSG Urteil vom 27.02.2008, a.a.O.).

Soweit die Klägerin geltend macht, mit der Erhöhung des Beitrages sei gleichzeitig eine Rentenminderung verbunden, trifft dies so nicht zu. Denn die von der Beklagten errechnete Rentenhöhe aufgrund der von der Klägerin im Erwerbsleben erarbeiteten Entgeltpunkte bleibt unverändert und nimmt an den entsprechenden Rentenanpassungen uneingeschränkt teil. Die Abführung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen aus der Rente dient der Absicherung auch und gerade der Rentner für auch nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben fortbestehenden Risiken der Krankheit und der Pflege. Auch dieses System muss finanziert werden. Ein insoweit prozentualer Abzug für den insoweit bestehenden Versicherungsschutz ist weder abstrakt noch in seiner konkreten Ausgestaltung verfassungswidrig, wie das BVerfG zum Ausbleiben der Anpassung zum 01.07.2005 bei gleichzeitiger Auferlegung eines zusätzlichen Beitrages zur Krankenversicherung in seinem Nichtannahmebeschluss vom 03.06.2014 (1 BvR 79/09, 1 BvR 1235/09, 1 BvR 1298/09, 1 BvR 1701/09, 1 BvR 3148/10 –, Juris) bereits entschieden hat.

Soweit die Klägerin politische Grundentscheidungen nicht für sachgerecht erachtet, hat das SG bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Erwägungen für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht maßgebend sind. Insoweit macht der Senat sich diese Ausführungen, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, in vollem Umfange zu eigen.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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