Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SB 2633/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 2175/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 04. April 2013 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Zuerkennung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 und der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" (erhebliche Einschränkung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr - "gehbehindert").
Bei der 1947 geborenen, im Inland wohnhaften Klägerin hatte zuletzt das Landratsamt A.-B. als Versorgungsamt (LRA) mit Teil-Abhilfe-Bescheid vom 26.01.2005 einen GdB von 40 festgestellt, wobei unter Verwertung eines Reha-Abschlussberichts der Fachklinik C. vom 23.06.2003 versorgungsärztlicherseits folgende Teilbehinderungen berücksichtigt wurden: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen (Einzel-GdB 30), Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks (Einzel-GdB 20), Diabetes mellitus (mit Diät einstellbar, Einzel-GdB 10), Bluthochdruck (Einzel-GdB 10). Eine von dem Facharzt für Allgemeinmedizin D. zusätzlich bescheinigte Coxarthrose beidseits wirkte sich bei Bewertung mit einem Teil-GdB von 10 auf den Gesamt-GdB von 40 nicht weiter aus (Widerspruchsbescheid vom 20.06.2005). Die seinerzeit zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage (S 3 SB 2819/05, später S 3 SB 4426/06) nahm die Klägerin am 18.04.2007 zurück, nachdem zwei orthopädische Gerichtsgutachten (vom 01.02.2005 und vom 01.03.2006) aus einem 2004 anhängig gemachten Rentenprozess der Klägerin beigezogen worden waren.
Bereits am 23.02.2007 hatte die Klägerin Neufeststellung beantragt. Facharzt für Allgemeinmedizin D. legte verschiedene Fachbefunde vor. Hieraufhin berücksichtigte das LRA zwar weitere Beeinträchtigungen, jedoch allenfalls mit einem Einzel-GdB von 10, sodass es bei dem Gesamt-GdB von 40 verblieb (Bescheid vom 11.06.2007, Widerspruchsbescheid vom 25.07.2007). Eine Klage blieb erfolglos, da die Gerichte einem Gutachten des Orthopäden Dr. E. vom 29.07.2010, der einen Gesamt-GdB von 50 vorgeschlagen hatte, nicht folgten (Urteil des SG vom 14.10.2010, S 3 SB 4513/07, und des LSG Baden-Württemberg vom 01.03.2011, L 6 SB 5346/10).
Am 09.06.2011 bzw. am 22.06.2011 beantragte die Klägerin erneut die Zuerkennung eines höheren GdB sowie des Nachteilsausgleichs "G". Sie wies auf die bisherigen Behinderungen sowie Schilddrüsenprobleme hin. Sie legte u.a. den Befundbrief des Orthopäden PD Dr. F. vom 27.03.2011 vor, in welchem von zunehmenden Rückenproblemen seit zwei Jahren und von einer altersentsprechend leichtgradig reduzierten Hüft- und Kniegelenksbeweglichkeit die Rede war; ferner wurde eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (paVK) vom Unterschenkeltyp erwähnt. Arzt D. teilte eine schmerzbedingte Minderung der Wegstrecke sowie erst jetzt unter 6-fach Therapie normotone Blutdruckwerte von 130/90 mmHg mit. Der Diabetes mit häufigen Blutzuckerspitzen besonders nach dem Essen werde mit Metformin behandelt. Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. G. vom 16.08.2011 lehnte das LRA den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 12.10.2011 ab.
Im Vorverfahren wurden u.a. der Befundbericht der orthopädischen Praxis Dr. H. vom 18.11.2011 und der Arztbrief des Radiologen Dr. I. vom 09.01.2012 vorgelegt. Nach einer versorgungsärztlichen Auswertung durch Dr. J. vom 03.02.2012, der weiterhin - nur - von schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt ausging, wurde der Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 25.04.2012 zurückgewiesen.
Am 25.05.2012 hat die Klägerin insoweit Klage zum SG erhoben.
Dieses hat, nachdem der Beklagte der Klage entgegengetreten war, die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Facharzt für Allgemeinmedizin D. hat unter dem 01.08.2012 bekundet, hinsichtlich der bisher berücksichtigten Teilbehinderungen hätten sich die Einzel-GdB-Sätze nicht wesentlich verändert. Die paVK Stadium Fontaine IIb sei im Februar 2012 mittels Stent operativ saniert worden, mit wohl gutem Ergebnis. Den GdB dafür könne er nicht einschätzen. Eine Gehstrecke länger als 50 m sei nur mit Schmerzen möglich bzw. vor der Operation möglich gewesen. Er hat auch Berichte des Herzzentrums Bad K. vom 03.02.2012 (Stentangioplastie der arteria iliaca communis beidseits am 01.02.2012 wegen paVK) sowie vom 10.05. und 18.07.2012 vorgelegt. Dr. F. hat mit Schreiben vom 04.01.2013 ausgesagt, die Beschwerden an der WS, vor allem an der LWS, bedingten einen GdB von 20 bis 30.
Der Beklagte hat unter Vorlage einer Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. L. vom 26.09.2012 geltend gemacht, zwar bestehe eine arterielle Verschlusskrankheit und ein Krampfaderleiden, jedoch ohne wesentliche Beschwerden (Einzel-GdB 10). Deshalb liege weiterhin nur ein Gesamt-GdB von 40 vor, und somit könne auch das Merkzeichen "G" nicht vergeben werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.04.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach Darlegung der rechtlichen Grundlagen für die Zuerkennung eines höheren GdB und des Merkzeichens "G" hat es ausgeführt: Die bisher schon vorliegenden Behinderungen der Klägerin, nämlich das LWS-Leiden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem WS-Abschnitt, das Impingement-Syndrom der linken Schulter, eine beginnende Hüftgelenksarthrose, der Diabetes mellitus und ein Bluthochdruck, hätten schon 2005 vorgelegen und sich in ihren Auswirkungen seitdem nicht verschlimmert, so dass der bindend festgestellte GdB von 40 nicht zu verändern sei. Hinzugekommen seien im Laufe der Jahre eine geringe Sehbehinderung und eine Knie- und Hüftgelenksarthrose, die aber jeweils nur alterstentsprechende leichtgradige Reduzierungen der Beweglichkeit zur Folge hätten. Auch die neuerdings aufgetretene paVK sowie die Krampfaderbildung stellten keine wesentliche Veränderung im Gesundheitszustand dar, denn die Stent-Operation vom 01.02.2012 in Bad K. habe zu einer vollständigen Befreiung von Beschwerden im Sinne einer claudicatio intermittens beidseits und wieder zu einer unbegrenzten Gehstrecke geführt. Damit sei die Klägerin noch kein schwerbehinderter Mensch, was auch Vor-aussetzung für das Merkzeichen "G" wäre.
Gegen diesen Gerichtsbescheid, der der Klägerin nicht vor dem 23.04.2013 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 22.05.2013 Berufung zum LSG erhoben. Unter dem 28.08.2014 hat sie zur Begründung ausgeführt, es sei eine arterielle Verschlusskrankheit hinzugetreten, die das Bewältigen einer Wegstrecke von 50 m nur unter Schmerzen ermögliche; dass eine operative Sanierung durchgeführt worden sei, ändere nichts an der Behinderung. Vielmehr bestehe mit der nunmehr diagnostizierten chronisch venösen Insuffizienz und Seitenastvarikose eine dauerhafte Risikodiagnose, die mit latenter Beeinträchtigung verbunden sei. Ferner habe das SG einen zu alten Befund zur Bewertung der Kniegelenksarthrose verwandt. Mit Schriftsatz vom 20.12.2014 hat sie ergänzend angegeben, sie leide mittlerweile an einem Bandscheibenvorfall, Diabetes und Osteoporose. Sie könne sich nur noch krumm fortbewegen und dies auch nur über kleine Strecken.
Die Klägerin beantragt unter dem 28.08.2014 schriftsätzlich,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 04. April 2013 aufzuheben und den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und seine Entscheidungen. Insbesondere könnten nur tatsächliche Beeinträchtigungen und nicht lediglich Diagnosen, die nur mit dem Risiko späterer Beeinträchtigungen einhergingen, berücksichtigt werden.
Entscheidungsgründe:
1. Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obwohl die Klägerin zur mündlichen Verhandlung am 19.08.2015 weder selbst erschienen ist noch einen Vertreter entsandt hat. Auf diese Möglichkeit war sie in der Ladung hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Ladung ist ihr ordnungsgemäß zugestellt worden. Ihr Prozessbevollmächtigter hat das Nichterscheinen entschuldigt.
2. Die Berufung der Klägerin ist nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 SGG). Sie ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen. Die geltend gemachten Ansprüche auf Zuerkennung eines GdB von wenigstens 50 und auf Feststellung der gesundheitlichen Vor¬aussetzungen einer Gehbehinderung (Merkzeichen "G") bestehen nicht.
a) Allerdings ist der Klageantrag, so wie ihn die Klägerin unter dem 28.08.2014 für die Berufungsinstanz formuliert hat, erweiternd auszulegen. Sie hat dort nur eine Neubescheidung verlangt, und diese beschränkt auf den GdB. Zum einen ist aber davon auszugehen, dass sie weiterhin auch die Zuerkennung des Merkzeichens "G" verlangt. Zum anderen wäre der Antrag, so wie er gestellt ist, unzulässig. Im Bereich der Verpflichtungsklagen sind Bescheidungsurteile nach § 131 Abs. 3 SGG subsidiär zu Vornahmeurteilen nach § 131 Abs. 2 Satz 1 SGG. Dies ergibt sich aus § 131 Abs. 2 Satz 2 SGG. Bescheidungsurteil kann nur ergehen, wenn die Sache nicht spruchreif ist (so auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 131 Rn. 12). Fehlende Spruchreife kann in der Regel nur vorliegen, wenn die geltend gemachte Anspruchsnorm der Exekutive Ermessen oder einen gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraum einräumt. Das ist bei der Feststellung des GdB und der Zuerkennung von Merkzeichen durch die Versorgungsverwaltung nicht der Fall. Es ist daher davon auszugehen, dass die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Feststellung eines höheren GdB und des Merkzeichens "G" beantragt.
b) Hinsichtlich der rechtlichen Voraussetzungen der geltend gemachten Ansprüche verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen in dem angegriffenen Gerichtsbescheid.
Das SG hat zutreffend die Anforderungen für die Zuerkennung eines GdB nach § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und die medizinischen Bewertungen einzelner Behinderungen mit einem GdB sowie an die Bildung eines Gesamt-GdB dargelegt. Sie beruhen auf den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG), der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV). Diese gilt auch nach den Neuregelungen in den §§ 69 Abs. 1, 70 Abs. 2, 159 Abs. 7 SGB IX durch das Gesetz vom 07.01.2015 (BGBl I S. 15) für die Bemessung des GdB vorläufig weiter. Ebenso hat das SG die Voraussetzungen einer Abänderung bereits bindend festgestellten GdB (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]) dargelegt.
Auch den Ausführungen des SG zur Zuerkennung des Merkzeichens "G" für schwerbehinderte Menschen mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr tritt der Senat bei (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
c) Auch der Senat geht davon aus, dass ein Gesamt-GdB von 50 nicht zuzuerkennen ist.
aa) Für das Funktionssystem Rumpf (vgl. zur Zusammenfassung von Beeinträchtigungen in Funktionssysteme Teil A Nr. 2 Buchstabe e Satz 2 VG) legt der Beklagte zurzeit einen GdB von 30 zu Grunde. Dieser trifft zu.
Der Senat stützt sich insoweit vor allem auf die Zeugenaussage des Orthopäden Dr. F. vom 04.01.2013 mit den übersandten Arztberichten. Danach bestehen Beeinträchtigungen - nur - an der LWS, nicht aber an den anderen Abschnitten der Wirbelsäule. Das genaue Ausmaß der daraus folgenden Beeinträchtigungen muss nicht geklärt werden, denn solange nur ein WS-Abschnitt betroffen ist, kommt nach Teil B Nr. 18.9 VG eine Bewertung mit einem höheren GdB als 30 nicht in Betracht. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Schmerzen in den Beinen, die nach Angaben der Klägerin bislang auf die WS-Problematik zurückgeführt worden waren, nach dem Entlassungsbericht des Herzzentrums Bad K. vom 03.02.2012 eher auf der paVK beruhten.
Der Senat geht auch nicht davon aus, dass sich die Gesundheitsschäden der Klägerin an der Wirbelsäule und ggfs. die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen seit der Aussage von Dr. F. verschlechtert haben. Die Angaben der Klägerin hierzu in ihrem Schriftsatz vom 20.12.2014 waren zu unsubstanziiert. Soweit die Klägerin dort auf Beeinträchtigungen verweist, hatte diese schon Dr. F. in seiner Zeugenaussage beschrieben (deutlicher links mediolateral-präforaminaler BS-Prolaps L2/3 mit Kompression der vorbeiziehenden neuronalen Strukturen; ausgeprägte Osteochondrose mit monströser ventraler Spondylose bei L5/6 [bei sechsgliedriger LWS]).
bb) Die übrigen orthopädischen Behinderungen der Klägerin sind nach wie vor zutreffend bewertet. Dies gilt vor allem für das Funktionssystem der oberen Gliedmaßen. Von klinischen Auswirkungen des Impingement-Syndroms hat Dr. F. in seiner Zeugenaussage vor dem SG nicht (mehr) berichtet. Vor diesem Hintergrund ist die bisherige Bewertung durch den Beklagten mit einem GdB von 20 nicht zu beanstanden.
cc) Der Diabetes mellitus Typ 2 bei der Klägerin wird mit Metformin behandelt. Dies hatte der Hausarzt, Facharzt für Allgemeinmedizin D., in seinem Arztbrief vom 18.07.2011 an das LRA angegeben, eine Bestätigung dafür findet sich auch in dem Arztbrief von Dr. F. vom 27.03.2011. Metformin führt nicht zu einer erhöhten Hypoglykämieneigung. Daher bedingt der Diabetes der Klägerin nach Teil B Nr. 15.1 VG seit den Änderungen durch die Zweite Verordnung zur Änderung der VersMedV v. 14.07.2010 keinen GdB mehr.
dd) Hinsichtlich der paVK schließt sich der Senat den Ausführungen des SG an, wonach kein GdB von wenigstens 20 anzuerkennen ist, der allein für den Gesamt-GdB relevant wäre (Teil A Nr. 3 Buchstabe d Doppelbuchstabe ee Satz 1 VG).
Für arterielle Verschlusskrankheiten an den Beinen - auch nach rekanalisierenden Maßnahmen - ist nach Teil B Nr. 9.2.1 VG ein GdB von wenigstens 20 erst dann zu vergeben, wenn eine eingeschränkte Restdurchblutung im Sinne einer Claudicatio intermittens Stadium II besteht und Schmerzen nach einer Gehstrecke in der Ebene von mehr als 500 m auftreten. Unabhängig davon kann auch eine (chronisch) venöse Insuffizienz zu einem GdB - von 20 - führen, wenn es zu einer erheblichen Ödembildung und häufig (mehrmals im Jahr) rezidivierenden Entzündungen kommt (Teil A Nr. 9.2.3 VG).
Bei der Klägerin bestand zwar zeitweise eine paVK in dem genannten Sinne, denn aus dem bereits genannten Entlassungsbericht aus Bad K. ergibt sich als Aufnahmediagnose ein Stadium IIb nach Fontaine. Da dieser Zustand jedoch nicht wenigstens sechs Monate angedauert hat, war er nicht, auch nicht zeitweise, mit einem GdB zu bewerten (§ 2 Abs. 2 SGB IX). Nach der Behandlung in Bad K., insbesondere der Stentversorgung, hat sich der Gesundheitszustand der Klägerin wesentlich gebessert. Prof. Dr. M., der Leiter der genannten Klinik, hat in seinem Arztbrief vom 10.05.2012 als Diagnosen - nur noch - eine chronisch venöse Insuffizienz und eine Seitenastvarikose in Ober- und Unterschenkel angegeben. Von Ödemen oder einer Entzündung hat dieser Arzt auch im Bereich des "klinischen Lokalbefundes" nichts angegeben. Noch deutlicher hat Prof. Dr. M. in seinem Arztbrief vom 18.07.2012 angegeben, die Patientin sei im Sinne einer claudicatio intermittens vollständig beschwerdefrei und berichte über eine unbegrenzte Gehstrecke. Diesen Befund hat auch die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung angegeben; auch deswegen kann den Ausführungen Prof. Dr. M.s gefolgt werden.
Eine andere Bewertung folgt auch nicht aus den Hinweisen der Klägerin in der Berufungsbegründung. Wie der Beklagte zu Recht ausführt, sind nur die aktuellen Funktionsbeeinträchtigungen relevant, nicht aber "Risikodiagnosen" oder "latente Behinderungen", die womöglich später Funktionseinbußen verursachen können.
ee) Die Hypertonie der Klägerin bedingt nach Teil B Nr. 9.3 VG keinen GdB von mehr als 10, denn sie ist allenfalls leicht. Aus den Angaben von Arzt D. im Antragsverfahren ergibt sich, dass der - eingestellte - Wert 130/90 mmHg beträgt, also der diastolische Blutdruck unter 100 mmHg liegt, und dass Organbeteiligungen nennenswerten Ausmaßes nicht vorliegen.
dd) Nach den genannten Grundsätzen (Teil A Nr. 3 VG) ist aus den insoweit relevanten Einzel-GdB von 30 für den Rumpf und 20 für die oberen Gliedmaßen ein GdB von 40 zu bilden. Dieser ist der Klägerin zuerkannt.
d) Für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" fehlt es danach bereits an der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch. Außerdem liegt eine Einschränkung des Gehvermögens im Sinne der §§ 145 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nicht vor. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin in Bad K. nach der Operation über eine unbegrenzte Gehstrecke berichtet. Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, warum die Klägerin in der Berufungsbegründung angibt, sie könne wegen der paVK weniger als 50 m gehen. Diese Angabe betrifft allenfalls die Zeit vor der Operation in Bad K ... Sollte sich die Gehfähigkeit nach 2012 erneut so gravierend verschlechtert haben, wäre ein substanziierterer Vortrag nötig gewesen.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Zuerkennung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 und der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch sowie die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Nachteilsausgleichs "G" (erhebliche Einschränkung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr - "gehbehindert").
Bei der 1947 geborenen, im Inland wohnhaften Klägerin hatte zuletzt das Landratsamt A.-B. als Versorgungsamt (LRA) mit Teil-Abhilfe-Bescheid vom 26.01.2005 einen GdB von 40 festgestellt, wobei unter Verwertung eines Reha-Abschlussberichts der Fachklinik C. vom 23.06.2003 versorgungsärztlicherseits folgende Teilbehinderungen berücksichtigt wurden: Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, Nervenwurzelreizerscheinungen (Einzel-GdB 30), Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks (Einzel-GdB 20), Diabetes mellitus (mit Diät einstellbar, Einzel-GdB 10), Bluthochdruck (Einzel-GdB 10). Eine von dem Facharzt für Allgemeinmedizin D. zusätzlich bescheinigte Coxarthrose beidseits wirkte sich bei Bewertung mit einem Teil-GdB von 10 auf den Gesamt-GdB von 40 nicht weiter aus (Widerspruchsbescheid vom 20.06.2005). Die seinerzeit zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhobene Klage (S 3 SB 2819/05, später S 3 SB 4426/06) nahm die Klägerin am 18.04.2007 zurück, nachdem zwei orthopädische Gerichtsgutachten (vom 01.02.2005 und vom 01.03.2006) aus einem 2004 anhängig gemachten Rentenprozess der Klägerin beigezogen worden waren.
Bereits am 23.02.2007 hatte die Klägerin Neufeststellung beantragt. Facharzt für Allgemeinmedizin D. legte verschiedene Fachbefunde vor. Hieraufhin berücksichtigte das LRA zwar weitere Beeinträchtigungen, jedoch allenfalls mit einem Einzel-GdB von 10, sodass es bei dem Gesamt-GdB von 40 verblieb (Bescheid vom 11.06.2007, Widerspruchsbescheid vom 25.07.2007). Eine Klage blieb erfolglos, da die Gerichte einem Gutachten des Orthopäden Dr. E. vom 29.07.2010, der einen Gesamt-GdB von 50 vorgeschlagen hatte, nicht folgten (Urteil des SG vom 14.10.2010, S 3 SB 4513/07, und des LSG Baden-Württemberg vom 01.03.2011, L 6 SB 5346/10).
Am 09.06.2011 bzw. am 22.06.2011 beantragte die Klägerin erneut die Zuerkennung eines höheren GdB sowie des Nachteilsausgleichs "G". Sie wies auf die bisherigen Behinderungen sowie Schilddrüsenprobleme hin. Sie legte u.a. den Befundbrief des Orthopäden PD Dr. F. vom 27.03.2011 vor, in welchem von zunehmenden Rückenproblemen seit zwei Jahren und von einer altersentsprechend leichtgradig reduzierten Hüft- und Kniegelenksbeweglichkeit die Rede war; ferner wurde eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (paVK) vom Unterschenkeltyp erwähnt. Arzt D. teilte eine schmerzbedingte Minderung der Wegstrecke sowie erst jetzt unter 6-fach Therapie normotone Blutdruckwerte von 130/90 mmHg mit. Der Diabetes mit häufigen Blutzuckerspitzen besonders nach dem Essen werde mit Metformin behandelt. Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Prof. Dr. G. vom 16.08.2011 lehnte das LRA den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 12.10.2011 ab.
Im Vorverfahren wurden u.a. der Befundbericht der orthopädischen Praxis Dr. H. vom 18.11.2011 und der Arztbrief des Radiologen Dr. I. vom 09.01.2012 vorgelegt. Nach einer versorgungsärztlichen Auswertung durch Dr. J. vom 03.02.2012, der weiterhin - nur - von schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt ausging, wurde der Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 25.04.2012 zurückgewiesen.
Am 25.05.2012 hat die Klägerin insoweit Klage zum SG erhoben.
Dieses hat, nachdem der Beklagte der Klage entgegengetreten war, die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Facharzt für Allgemeinmedizin D. hat unter dem 01.08.2012 bekundet, hinsichtlich der bisher berücksichtigten Teilbehinderungen hätten sich die Einzel-GdB-Sätze nicht wesentlich verändert. Die paVK Stadium Fontaine IIb sei im Februar 2012 mittels Stent operativ saniert worden, mit wohl gutem Ergebnis. Den GdB dafür könne er nicht einschätzen. Eine Gehstrecke länger als 50 m sei nur mit Schmerzen möglich bzw. vor der Operation möglich gewesen. Er hat auch Berichte des Herzzentrums Bad K. vom 03.02.2012 (Stentangioplastie der arteria iliaca communis beidseits am 01.02.2012 wegen paVK) sowie vom 10.05. und 18.07.2012 vorgelegt. Dr. F. hat mit Schreiben vom 04.01.2013 ausgesagt, die Beschwerden an der WS, vor allem an der LWS, bedingten einen GdB von 20 bis 30.
Der Beklagte hat unter Vorlage einer Stellungnahme des Versorgungsarztes Dr. L. vom 26.09.2012 geltend gemacht, zwar bestehe eine arterielle Verschlusskrankheit und ein Krampfaderleiden, jedoch ohne wesentliche Beschwerden (Einzel-GdB 10). Deshalb liege weiterhin nur ein Gesamt-GdB von 40 vor, und somit könne auch das Merkzeichen "G" nicht vergeben werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 04.04.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach Darlegung der rechtlichen Grundlagen für die Zuerkennung eines höheren GdB und des Merkzeichens "G" hat es ausgeführt: Die bisher schon vorliegenden Behinderungen der Klägerin, nämlich das LWS-Leiden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem WS-Abschnitt, das Impingement-Syndrom der linken Schulter, eine beginnende Hüftgelenksarthrose, der Diabetes mellitus und ein Bluthochdruck, hätten schon 2005 vorgelegen und sich in ihren Auswirkungen seitdem nicht verschlimmert, so dass der bindend festgestellte GdB von 40 nicht zu verändern sei. Hinzugekommen seien im Laufe der Jahre eine geringe Sehbehinderung und eine Knie- und Hüftgelenksarthrose, die aber jeweils nur alterstentsprechende leichtgradige Reduzierungen der Beweglichkeit zur Folge hätten. Auch die neuerdings aufgetretene paVK sowie die Krampfaderbildung stellten keine wesentliche Veränderung im Gesundheitszustand dar, denn die Stent-Operation vom 01.02.2012 in Bad K. habe zu einer vollständigen Befreiung von Beschwerden im Sinne einer claudicatio intermittens beidseits und wieder zu einer unbegrenzten Gehstrecke geführt. Damit sei die Klägerin noch kein schwerbehinderter Mensch, was auch Vor-aussetzung für das Merkzeichen "G" wäre.
Gegen diesen Gerichtsbescheid, der der Klägerin nicht vor dem 23.04.2013 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 22.05.2013 Berufung zum LSG erhoben. Unter dem 28.08.2014 hat sie zur Begründung ausgeführt, es sei eine arterielle Verschlusskrankheit hinzugetreten, die das Bewältigen einer Wegstrecke von 50 m nur unter Schmerzen ermögliche; dass eine operative Sanierung durchgeführt worden sei, ändere nichts an der Behinderung. Vielmehr bestehe mit der nunmehr diagnostizierten chronisch venösen Insuffizienz und Seitenastvarikose eine dauerhafte Risikodiagnose, die mit latenter Beeinträchtigung verbunden sei. Ferner habe das SG einen zu alten Befund zur Bewertung der Kniegelenksarthrose verwandt. Mit Schriftsatz vom 20.12.2014 hat sie ergänzend angegeben, sie leide mittlerweile an einem Bandscheibenvorfall, Diabetes und Osteoporose. Sie könne sich nur noch krumm fortbewegen und dies auch nur über kleine Strecken.
Die Klägerin beantragt unter dem 28.08.2014 schriftsätzlich,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 04. April 2013 aufzuheben und den Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und seine Entscheidungen. Insbesondere könnten nur tatsächliche Beeinträchtigungen und nicht lediglich Diagnosen, die nur mit dem Risiko späterer Beeinträchtigungen einhergingen, berücksichtigt werden.
Entscheidungsgründe:
1. Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obwohl die Klägerin zur mündlichen Verhandlung am 19.08.2015 weder selbst erschienen ist noch einen Vertreter entsandt hat. Auf diese Möglichkeit war sie in der Ladung hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Ladung ist ihr ordnungsgemäß zugestellt worden. Ihr Prozessbevollmächtigter hat das Nichterscheinen entschuldigt.
2. Die Berufung der Klägerin ist nach § 105 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 143 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 SGG). Sie ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage als unbegründet abgewiesen. Die geltend gemachten Ansprüche auf Zuerkennung eines GdB von wenigstens 50 und auf Feststellung der gesundheitlichen Vor¬aussetzungen einer Gehbehinderung (Merkzeichen "G") bestehen nicht.
a) Allerdings ist der Klageantrag, so wie ihn die Klägerin unter dem 28.08.2014 für die Berufungsinstanz formuliert hat, erweiternd auszulegen. Sie hat dort nur eine Neubescheidung verlangt, und diese beschränkt auf den GdB. Zum einen ist aber davon auszugehen, dass sie weiterhin auch die Zuerkennung des Merkzeichens "G" verlangt. Zum anderen wäre der Antrag, so wie er gestellt ist, unzulässig. Im Bereich der Verpflichtungsklagen sind Bescheidungsurteile nach § 131 Abs. 3 SGG subsidiär zu Vornahmeurteilen nach § 131 Abs. 2 Satz 1 SGG. Dies ergibt sich aus § 131 Abs. 2 Satz 2 SGG. Bescheidungsurteil kann nur ergehen, wenn die Sache nicht spruchreif ist (so auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 131 Rn. 12). Fehlende Spruchreife kann in der Regel nur vorliegen, wenn die geltend gemachte Anspruchsnorm der Exekutive Ermessen oder einen gerichtlich nicht überprüfbaren Beurteilungsspielraum einräumt. Das ist bei der Feststellung des GdB und der Zuerkennung von Merkzeichen durch die Versorgungsverwaltung nicht der Fall. Es ist daher davon auszugehen, dass die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Feststellung eines höheren GdB und des Merkzeichens "G" beantragt.
b) Hinsichtlich der rechtlichen Voraussetzungen der geltend gemachten Ansprüche verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen in dem angegriffenen Gerichtsbescheid.
Das SG hat zutreffend die Anforderungen für die Zuerkennung eines GdB nach § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und die medizinischen Bewertungen einzelner Behinderungen mit einem GdB sowie an die Bildung eines Gesamt-GdB dargelegt. Sie beruhen auf den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG), der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV). Diese gilt auch nach den Neuregelungen in den §§ 69 Abs. 1, 70 Abs. 2, 159 Abs. 7 SGB IX durch das Gesetz vom 07.01.2015 (BGBl I S. 15) für die Bemessung des GdB vorläufig weiter. Ebenso hat das SG die Voraussetzungen einer Abänderung bereits bindend festgestellten GdB (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]) dargelegt.
Auch den Ausführungen des SG zur Zuerkennung des Merkzeichens "G" für schwerbehinderte Menschen mit einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr tritt der Senat bei (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX).
c) Auch der Senat geht davon aus, dass ein Gesamt-GdB von 50 nicht zuzuerkennen ist.
aa) Für das Funktionssystem Rumpf (vgl. zur Zusammenfassung von Beeinträchtigungen in Funktionssysteme Teil A Nr. 2 Buchstabe e Satz 2 VG) legt der Beklagte zurzeit einen GdB von 30 zu Grunde. Dieser trifft zu.
Der Senat stützt sich insoweit vor allem auf die Zeugenaussage des Orthopäden Dr. F. vom 04.01.2013 mit den übersandten Arztberichten. Danach bestehen Beeinträchtigungen - nur - an der LWS, nicht aber an den anderen Abschnitten der Wirbelsäule. Das genaue Ausmaß der daraus folgenden Beeinträchtigungen muss nicht geklärt werden, denn solange nur ein WS-Abschnitt betroffen ist, kommt nach Teil B Nr. 18.9 VG eine Bewertung mit einem höheren GdB als 30 nicht in Betracht. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass die Schmerzen in den Beinen, die nach Angaben der Klägerin bislang auf die WS-Problematik zurückgeführt worden waren, nach dem Entlassungsbericht des Herzzentrums Bad K. vom 03.02.2012 eher auf der paVK beruhten.
Der Senat geht auch nicht davon aus, dass sich die Gesundheitsschäden der Klägerin an der Wirbelsäule und ggfs. die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen seit der Aussage von Dr. F. verschlechtert haben. Die Angaben der Klägerin hierzu in ihrem Schriftsatz vom 20.12.2014 waren zu unsubstanziiert. Soweit die Klägerin dort auf Beeinträchtigungen verweist, hatte diese schon Dr. F. in seiner Zeugenaussage beschrieben (deutlicher links mediolateral-präforaminaler BS-Prolaps L2/3 mit Kompression der vorbeiziehenden neuronalen Strukturen; ausgeprägte Osteochondrose mit monströser ventraler Spondylose bei L5/6 [bei sechsgliedriger LWS]).
bb) Die übrigen orthopädischen Behinderungen der Klägerin sind nach wie vor zutreffend bewertet. Dies gilt vor allem für das Funktionssystem der oberen Gliedmaßen. Von klinischen Auswirkungen des Impingement-Syndroms hat Dr. F. in seiner Zeugenaussage vor dem SG nicht (mehr) berichtet. Vor diesem Hintergrund ist die bisherige Bewertung durch den Beklagten mit einem GdB von 20 nicht zu beanstanden.
cc) Der Diabetes mellitus Typ 2 bei der Klägerin wird mit Metformin behandelt. Dies hatte der Hausarzt, Facharzt für Allgemeinmedizin D., in seinem Arztbrief vom 18.07.2011 an das LRA angegeben, eine Bestätigung dafür findet sich auch in dem Arztbrief von Dr. F. vom 27.03.2011. Metformin führt nicht zu einer erhöhten Hypoglykämieneigung. Daher bedingt der Diabetes der Klägerin nach Teil B Nr. 15.1 VG seit den Änderungen durch die Zweite Verordnung zur Änderung der VersMedV v. 14.07.2010 keinen GdB mehr.
dd) Hinsichtlich der paVK schließt sich der Senat den Ausführungen des SG an, wonach kein GdB von wenigstens 20 anzuerkennen ist, der allein für den Gesamt-GdB relevant wäre (Teil A Nr. 3 Buchstabe d Doppelbuchstabe ee Satz 1 VG).
Für arterielle Verschlusskrankheiten an den Beinen - auch nach rekanalisierenden Maßnahmen - ist nach Teil B Nr. 9.2.1 VG ein GdB von wenigstens 20 erst dann zu vergeben, wenn eine eingeschränkte Restdurchblutung im Sinne einer Claudicatio intermittens Stadium II besteht und Schmerzen nach einer Gehstrecke in der Ebene von mehr als 500 m auftreten. Unabhängig davon kann auch eine (chronisch) venöse Insuffizienz zu einem GdB - von 20 - führen, wenn es zu einer erheblichen Ödembildung und häufig (mehrmals im Jahr) rezidivierenden Entzündungen kommt (Teil A Nr. 9.2.3 VG).
Bei der Klägerin bestand zwar zeitweise eine paVK in dem genannten Sinne, denn aus dem bereits genannten Entlassungsbericht aus Bad K. ergibt sich als Aufnahmediagnose ein Stadium IIb nach Fontaine. Da dieser Zustand jedoch nicht wenigstens sechs Monate angedauert hat, war er nicht, auch nicht zeitweise, mit einem GdB zu bewerten (§ 2 Abs. 2 SGB IX). Nach der Behandlung in Bad K., insbesondere der Stentversorgung, hat sich der Gesundheitszustand der Klägerin wesentlich gebessert. Prof. Dr. M., der Leiter der genannten Klinik, hat in seinem Arztbrief vom 10.05.2012 als Diagnosen - nur noch - eine chronisch venöse Insuffizienz und eine Seitenastvarikose in Ober- und Unterschenkel angegeben. Von Ödemen oder einer Entzündung hat dieser Arzt auch im Bereich des "klinischen Lokalbefundes" nichts angegeben. Noch deutlicher hat Prof. Dr. M. in seinem Arztbrief vom 18.07.2012 angegeben, die Patientin sei im Sinne einer claudicatio intermittens vollständig beschwerdefrei und berichte über eine unbegrenzte Gehstrecke. Diesen Befund hat auch die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung angegeben; auch deswegen kann den Ausführungen Prof. Dr. M.s gefolgt werden.
Eine andere Bewertung folgt auch nicht aus den Hinweisen der Klägerin in der Berufungsbegründung. Wie der Beklagte zu Recht ausführt, sind nur die aktuellen Funktionsbeeinträchtigungen relevant, nicht aber "Risikodiagnosen" oder "latente Behinderungen", die womöglich später Funktionseinbußen verursachen können.
ee) Die Hypertonie der Klägerin bedingt nach Teil B Nr. 9.3 VG keinen GdB von mehr als 10, denn sie ist allenfalls leicht. Aus den Angaben von Arzt D. im Antragsverfahren ergibt sich, dass der - eingestellte - Wert 130/90 mmHg beträgt, also der diastolische Blutdruck unter 100 mmHg liegt, und dass Organbeteiligungen nennenswerten Ausmaßes nicht vorliegen.
dd) Nach den genannten Grundsätzen (Teil A Nr. 3 VG) ist aus den insoweit relevanten Einzel-GdB von 30 für den Rumpf und 20 für die oberen Gliedmaßen ein GdB von 40 zu bilden. Dieser ist der Klägerin zuerkannt.
d) Für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" fehlt es danach bereits an der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch. Außerdem liegt eine Einschränkung des Gehvermögens im Sinne der §§ 145 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nicht vor. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin in Bad K. nach der Operation über eine unbegrenzte Gehstrecke berichtet. Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, warum die Klägerin in der Berufungsbegründung angibt, sie könne wegen der paVK weniger als 50 m gehen. Diese Angabe betrifft allenfalls die Zeit vor der Operation in Bad K ... Sollte sich die Gehfähigkeit nach 2012 erneut so gravierend verschlechtert haben, wäre ein substanziierterer Vortrag nötig gewesen.
3. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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