Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 241/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 1114/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 10. Februar 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich gegen die teilweise Verrechnung einer Beitragsforderung der Beigeladenen mit der seitens der Beklagten gezahlten Altersrente.
Der Kläger ist am 1946 geboren und bei der Beklagten rentenversichert. Er bezieht seit dem 1. Mai 2009 aufgrund eines Bescheides der Beklagten vom 7. April 2009 Rente wegen Arbeitslosigkeit. Die Beklagte gewährt ihm außerdem einen Zuschuss zur Krankenversicherung. Der Kläger ist seit dem Rentenbezug bei der Beigeladenen freiwillig krankenversichert sowie bei der bei ihr errichteten Pflegekasse pflegepflichtversichert. Die Beklagte stellte – zugleich im Namen der bei ihr errichteten Pflegekasse – zwischen dem 24. September 2009 und dem 25. März 2013 mit insgesamt 44 Bescheiden die Verpflichtung des Klägers zur Beitragszahlung für die Zeit vom 1. August 2009 bis 28. Februar 2013 in Höhe von insgesamt EUR 27.583,59 (einschließlich Säumniszuschlägen und Mahngebühren) fest. Der Kläger hat gegen keiner dieser Bescheide Rechtsbehelfe eingelegt und die festgestellten Beiträge – mit Ausnahme einer Einmalzahlung in Höhe von EUR 400,00 – nicht bezahlt.
Unter dem 4. April 2013 ermächtigte die Beigeladene die Beklagte zur Verrechnung ihrer Forderung von Beiträgen für die Zeit vom 1. August 2009 bis zum 28. Februar 2013 in Höhe von EUR 25.384,61 mit der Rente des Klägers.
Mit Schreiben vom 4. Juni 2013 gab die Beklagte dem Kläger Gelegenheit zur Äußerung zur beabsichtigten Verrechnung mit seiner laufenden Rente in Höhe von monatlich EUR 600,00. Der Kläger äußerte sich dahingehend, dass die Beklagte die Pfändungsfreigrenzen des § 850 Zivilprozessordnung (ZPO) zu berücksichtigen habe. § 54 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) schreibe das Gleiche vor. Zudem müsse er seiner Ehefrau monatlich Unterhalt von EUR 600,00 zahlen sowie Bankschulden in Höhe von ca. EUR 350,00 begleichen.
Unter dem 30. August 2013 teilte die Beigeladene der Beklagten mit, dass sich die Gesamtforderung aufgrund der Änderung der Höhe der Säumniszuschläge auf EUR 16.000,61 reduziere.
Mit Bescheid vom 4. September 2013 entschied die Beklagte, gegen die Rente des Klägers in Höhe von EUR 1.631,70 (ohne Beitragszuschuss) in Höhe von EUR 600,00 monatlich ab dem 1. Oktober 2013 aufzurechnen bzw. zu verrechnen. Der Kläger erhalte deshalb ab diesem Zeitpunkt nur noch monatlich EUR 1.150,82 (mit Beitragszuschuss). Sie sei von der Beigeladenen ermächtigt worden, die vom Kläger geschuldeten Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung (freiwillige Beiträge) für die Zeit vom 1. August 2009 bis zum 28. Februar 2013 gegen die ihm zuerkannte Rente zu verrechnen. Die Forderung sei von der Beigeladenen bestandskräftig bzw. rechtskräftig festgestellt worden (letzter Beitragsbescheid vom 26. [richtig: 25.] März 2013). Sie sei darüber hinaus auch fällig geworden. Ein Eintritt von Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), die der Verrechnung entgegenstünden, sei nicht nachgewiesen worden.
Hiergegen erhob der Kläger am 1. Oktober 2013 Widerspruch. Es handele sich nicht um zu Unrecht erbrachte Sozialleistungen, sondern um Beitragsschulden. Diese seien als normale Schulden zu beachten, so dass § 850 ZPO anzuwenden sei. Außerdem habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) diese Verrechnungspraxis für nichtig erklärt. Es komme nur die ZPO mit Pfändungsfreigrenzen, in seinem Fall von EUR 1.438,34, zur Anwendung. Schließlich sei die Neuregelung bzgl. der Säumniszuschläge zum 1. August 2013 zu beachten.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2014 zurück. Die Beklagte wiederholte im Wesentlichen die Begründung des Ausgangsbescheides.
Hiergegen erhob der Kläger am 24. Januar 2014 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) und verwies auf sein Vorbringen im Vorverfahren.
Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf ihren Widerspruchsbescheid entgegen.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 10. Februar 2015 ab. Es verwies auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend wies es darauf hin, dass die vom Kläger begehrte Berücksichtigung der Verringerung der Säumniszuschläge aufgrund der Gesetzesänderung im Jahr 2013 bereits bei Erlass des Bescheides vom 4. September 2013 berücksichtigt worden sei. Die persönliche Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung habe zudem ergeben, dass der Kläger seit Beginn seines Altersrentenbezuges im Jahre 2009 keine Krankenversicherungsbeiträge mehr zahle, Beitragsbescheide der Beigeladenen jedoch nicht angefochten habe. Inhaltliche Einwände gegen die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge müsse der Kläger gegenüber den Beitragsbescheiden der Beigeladenen vorbringen. Im jetzigen Rechtsstreit sei die Beitragsforderung einer gerichtlichen Überprüfung entzogen, da sie – vom Kläger unwidersprochen – bestandskräftig festgestellt worden sei. Die Beklagte habe zudem eine Verrechnung mit deutlich weniger als der Hälfte der laufenden Rente vorgenommen. Die Voraussetzung einer weiteren Verringerung des Verrechnungsbetrages, nämlich des Eintritts von Sozialhilfebedürftigkeit aufgrund der Verrechnung, wäre vom Kläger nachzuweisen. Diesen Nachweis habe der Kläger nicht erbracht. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar berichtet, man habe beim Sozialamt bzw. Jobcenter von vornherein erklärt, bei der Höhe seiner Rente ergäbe sich ohnehin kein sozialhilferechtlicher Bedarf. Entgegen der Auffassung des Klägers seien für die Ermittlung des sozialhilferechtlichen Bedarfs lediglich sein Regelbedarf zuzüglich etwaiger Mehrbedarfe zum Lebensunterhalt sowie die Kosten der Unterkunft und Heizung dem Einkommen gegenüberzustellen. Soweit er Pfändungen etwa aufgrund von Unterhaltsansprüchen seiner geschiedenen Frau ausgesetzt sei, könne dies bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden. §§ 51, 52 SGB I verschafften vielmehr den Sozialversicherungsträgern für deren eigene Forderungen einen Vorrang gegenüber anderen Gläubigern.
Gegen das ihm am 21. Februar 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. März 2015 beim SG Berufung eingelegt. Es sei nicht zu begreifen, dass ein pflichtversicherter Beitragszahler, der seine Beiträge auch nicht bezahlt habe, bessergestellt werde als ein freiwillig Versicherter, der seine Beiträge nicht bezahlt habe. Beide Gruppen hätten den gleichen Versicherungsschutz. Er habe als freiwillig Versicherter in 21 Jahren keinerlei Kosten verursacht. Es gehe allein um Gleichbehandlung nach dem Gesetz.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 10. Februar 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 4. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf ihren bisherigen Vortrag und die Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung.
Die durch Beschluss des Berichterstatters vom 11. Mai 2015 Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht des Senats, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten des Senats, die Akte des SG sowie die beigezogenen Akten der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.
II.
1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da er die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, denn die Klage betrifft laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
3. Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 4. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2014 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht die Verrechnung eines Betrages von monatlich EUR 600,00 mit der Rente des Klägers verfügt.
a) Nach § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger – hier die Beklagte – mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers – hier der Beigeladenen – deren Ansprüche gegen den Berechtigten – hier den Kläger – mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Gemäß § 51 Abs. 1 SGB I kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf Geldleistungen – hier auf Rentenauszahlung – mit Ansprüchen (jeder Art) gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 SGB I pfändbar sind. Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen und – wie hier - mit Beitragsansprüchen nach dem Sozialgesetzbuch kann der zuständige Leistungsträger nach § 51 Abs. 2 SGB I gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig nach den Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wird (§ 51 Abs. 2 SGB I).
Der Verrechnungsbescheid der Beklagten vom 4. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2014 war nicht deshalb rechtswidrig, weil die Verrechnung durch Verwaltungsakt erfolgt ist. Vielmehr konnte die Beklagte die Verrechnung einseitig nur in dieser Handlungsform (und nicht durch sog. öffentlich-rechtliche Willenserklärung) vornehmen (BSG, Großer Senat, Beschluss vom 31. August 2011 – GS 2/10 – in juris, Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 13 R 13/12 R – im juris, Rn. 18 m.w.N.).
aa) Die formellen Voraussetzungen eines Verrechnungsverwaltungsakts liegen vor. Die Beklagte hatte den Kläger vor dessen Erlass gemäß § 24 Abs. 1 SGB X angehört.
Der Verrechnungsverwaltungsakt war auch im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X "inhaltlich hinreichend bestimmt" (zu den näheren Anforderungen an das Bestimmtheitserfordernis vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2012 - B 13 R 85/09 R – in juris, Rn. 47 ff.). Der streitige Bescheid erklärte die Verrechnung bestimmter, von der Beklagten dem Kläger geschuldeter Rentenleistungen mit einer – nach Art und Umfang – bestimmten, weil betragsmäßig genau bezifferten (Gesamt )Forderung der Beigeladenen aus rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt EUR 16.000,61 für den Beitragszeitraum vom 1. August 2009 bis 28. Februar 2013. Von der dem Kläger gewährten Altersrente in Höhe von EUR 1.631,70 (ohne Beitragszuschuss in Höhe von [damals] EUR 119, 12) pro Monat wurde ein Teilbetrag in Höhe von EUR 600,00 zur Verrechnung mit Beitragsrückständen einbehalten und der Restbetrag in Höhe von EUR 1.150,82 (mit Beitragszuschuss). ausgezahlt. Aus dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt konnte der Kläger daher ohne Weiteres den jeweiligen Verrechnungsbetrag und den ihm aufgrund der Verrechnung mit den Forderungen der Beigeladenen noch verbleibenden (monatlichen) Rentenauszahlungsbetrag entnehmen. Damit war für ihn klar ersichtlich, dass und in welchem Umfang seine Rentenzahlungsansprüche gegen die Beklagte und damit korrespondierend die gegen ihn bestehenden Forderungen der Beigeladenen durch die Verrechnung jeweils erlöschen. Es ist daher auch unschädlich, dass die Beklagte in ihrem Bescheid schrieb, es würde gegen die Rente "aufgerechnet beziehungsweise verrechnet", zumal sich aus der Bescheidbegründung und aus dem Widerspruchsbescheid unzweifelhaft ergibt, dass keine Aufrechnung, sondern eine Verrechnung durchgeführt wird.
bb) Es bestand auch objektiv eine Verrechnungslage (entsprechend § 387 Bürgerliches Gesetzbuch). Eine solche ist gegeben, wenn der zur Verrechnung ermächtigende Leistungsträger die ihm gebührende Geldzahlung fordern und wenn der die Verrechnung erklärende Träger die ihm obliegende Geldzahlung bewirken kann. Die Forderung, mit der verrechnet wird (hier: Forderungen der Beigeladenen gegen den Kläger), muss entstanden und fällig sein; die gleichartige Forderung, gegen die (durch Einbehalt mittels Verwaltungsakt) verrechnet werden soll (hier: Zahlungsanspruch des Klägers aus der Altersrente gegen die Beklagte), muss zwar nicht fällig, aber entstanden und erfüllbar sein (BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 13 R 13/12 R – im juris, Rn. 21 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Die von der Verrechnungsermächtigung der Beigeladenen erfassten und gegen den Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge waren entstanden und fällig; sie sind von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger durch Verwaltungsakte bestandskräftig festgestellt worden (§ 77 SGG). Die Zahlungsansprüche des Klägers auf die ihm zuerkannte Altersrente waren jeweils entstanden und auch erfüllbar.
cc) Die in § 52 i.V.m. § 51 Abs. 2 SGB I normierten Grenzen einer Verrechnung mit Beitragsforderungen sind eingehalten. Danach kann der Leistungsträger mit Beitragsansprüchen gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wird (§ 51 Abs. 2 SGB I). Die Beklagte verfügte, einen Betrag in Höhe von EUR 600,00 monatlich zur Verrechnung einzubehalten und den Restbetrag der verbleibenden Altersrente in Höhe von EUR 1.150,82 (mit Beitragszuschuss) auszuzahlen. Der Kläger hat nicht einmal behauptet – geschweige denn nachgewiesen – dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II würde. Hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich.
Entgegen der Auffassung des Klägers greifen die Pfändungsfreigrenzen der §§ 850 ff. ZPO nicht ein. Die Beschränkung in § 54 Abs. 4 SGB I, wonach Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden können, gilt nur im Anwendungsbereich des § 51 Abs. 1 SGB I. Im hier einschlägigen § 51 Abs. 2 SGB I fehlt es an der Anordnung der Anwendbarkeit des § 54 Abs. 4 SGB I.
Auch Unterhaltszahlungen oder die Begleichung von Bankschulden sind im Rahmen der Verrechnung nach § 52 SGB I ohne Belang.
dd) Die Beklagte hat auch das ihr gemäß § 52 i.V.m. § 51 Abs. 2 SGB I zustehende Ermessen erkannt und im Widerspruchsbescheid knapp, aber pflichtgemäß ausgeübt (§ 39 Abs. 1 SGB I). Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte dem Interesse der Beigeladenen an der Tilgung der Beitragsforderungen Vorrang gegenüber den Interessen des Klägers an einer ungekürzten Auszahlung der ihm bewilligten Altersrente einräumt.
b) Die im Berufungsverfahren allein vorgebrachte Argumentation der Klägers, er werde gegenüber Pflichtversicherten ungleich behandelt, ist abwegig. § 52 SGB I differenziert nicht zwischen freiwillig Versicherten und Pflichtversicherten. Soweit Pflichtversicherte mit Beitragszahlungen in Rückstand wären, könnte ihnen gegenüber unter den gleichen Bedingungen verrechnet werden. § 255 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), der nach § 60 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) für die Beiträge der Pflegeversicherung entsprechend gilt, ordnet für seinen Anwendungsbereich im Übrigen die entsprechende Geltung des § 51 Abs. 2 SGB I ausdrücklich an.
Neben der Sache liegt auch das Vorbringen des Klägers, er habe als freiwillig Versicherter in 21 Jahren keinerlei Kosten (für die Beigeladene) verursacht. Versicherte sind zur Zahlung von Beiträgen auch dann verpflichtet, wenn sie in der Vergangenheit keine Leistungen in Anspruch genommen haben.
Auch das Recht der Europäischen Union bzw. die Rechtsprechung EuGH stehen – entgegen der Behauptung des Klägers – den angefochtenen Bescheiden nicht entgegen.
c) Der Senat kann offen lassen, ob das Verhalten des Klägers, einerseits eine freiwillige Versicherung bei der Beigeladenen einzugehen und die Zuschüsse der Beklagten hierzu entgegenzunehmen, andererseits aber offenbar von vorneherein nicht gewillt gewesen zu sein, die Beiträge hierzu zu zahlen, strafrechtlich relevant ist. Es wäre Sache der Beigeladenen, den Sachverhalt einer Überprüfung durch die zuständige Staatsanwaltschaft zuzuführen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wendet sich gegen die teilweise Verrechnung einer Beitragsforderung der Beigeladenen mit der seitens der Beklagten gezahlten Altersrente.
Der Kläger ist am 1946 geboren und bei der Beklagten rentenversichert. Er bezieht seit dem 1. Mai 2009 aufgrund eines Bescheides der Beklagten vom 7. April 2009 Rente wegen Arbeitslosigkeit. Die Beklagte gewährt ihm außerdem einen Zuschuss zur Krankenversicherung. Der Kläger ist seit dem Rentenbezug bei der Beigeladenen freiwillig krankenversichert sowie bei der bei ihr errichteten Pflegekasse pflegepflichtversichert. Die Beklagte stellte – zugleich im Namen der bei ihr errichteten Pflegekasse – zwischen dem 24. September 2009 und dem 25. März 2013 mit insgesamt 44 Bescheiden die Verpflichtung des Klägers zur Beitragszahlung für die Zeit vom 1. August 2009 bis 28. Februar 2013 in Höhe von insgesamt EUR 27.583,59 (einschließlich Säumniszuschlägen und Mahngebühren) fest. Der Kläger hat gegen keiner dieser Bescheide Rechtsbehelfe eingelegt und die festgestellten Beiträge – mit Ausnahme einer Einmalzahlung in Höhe von EUR 400,00 – nicht bezahlt.
Unter dem 4. April 2013 ermächtigte die Beigeladene die Beklagte zur Verrechnung ihrer Forderung von Beiträgen für die Zeit vom 1. August 2009 bis zum 28. Februar 2013 in Höhe von EUR 25.384,61 mit der Rente des Klägers.
Mit Schreiben vom 4. Juni 2013 gab die Beklagte dem Kläger Gelegenheit zur Äußerung zur beabsichtigten Verrechnung mit seiner laufenden Rente in Höhe von monatlich EUR 600,00. Der Kläger äußerte sich dahingehend, dass die Beklagte die Pfändungsfreigrenzen des § 850 Zivilprozessordnung (ZPO) zu berücksichtigen habe. § 54 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) schreibe das Gleiche vor. Zudem müsse er seiner Ehefrau monatlich Unterhalt von EUR 600,00 zahlen sowie Bankschulden in Höhe von ca. EUR 350,00 begleichen.
Unter dem 30. August 2013 teilte die Beigeladene der Beklagten mit, dass sich die Gesamtforderung aufgrund der Änderung der Höhe der Säumniszuschläge auf EUR 16.000,61 reduziere.
Mit Bescheid vom 4. September 2013 entschied die Beklagte, gegen die Rente des Klägers in Höhe von EUR 1.631,70 (ohne Beitragszuschuss) in Höhe von EUR 600,00 monatlich ab dem 1. Oktober 2013 aufzurechnen bzw. zu verrechnen. Der Kläger erhalte deshalb ab diesem Zeitpunkt nur noch monatlich EUR 1.150,82 (mit Beitragszuschuss). Sie sei von der Beigeladenen ermächtigt worden, die vom Kläger geschuldeten Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung (freiwillige Beiträge) für die Zeit vom 1. August 2009 bis zum 28. Februar 2013 gegen die ihm zuerkannte Rente zu verrechnen. Die Forderung sei von der Beigeladenen bestandskräftig bzw. rechtskräftig festgestellt worden (letzter Beitragsbescheid vom 26. [richtig: 25.] März 2013). Sie sei darüber hinaus auch fällig geworden. Ein Eintritt von Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), die der Verrechnung entgegenstünden, sei nicht nachgewiesen worden.
Hiergegen erhob der Kläger am 1. Oktober 2013 Widerspruch. Es handele sich nicht um zu Unrecht erbrachte Sozialleistungen, sondern um Beitragsschulden. Diese seien als normale Schulden zu beachten, so dass § 850 ZPO anzuwenden sei. Außerdem habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) diese Verrechnungspraxis für nichtig erklärt. Es komme nur die ZPO mit Pfändungsfreigrenzen, in seinem Fall von EUR 1.438,34, zur Anwendung. Schließlich sei die Neuregelung bzgl. der Säumniszuschläge zum 1. August 2013 zu beachten.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2014 zurück. Die Beklagte wiederholte im Wesentlichen die Begründung des Ausgangsbescheides.
Hiergegen erhob der Kläger am 24. Januar 2014 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) und verwies auf sein Vorbringen im Vorverfahren.
Die Beklagte trat der Klage unter Hinweis auf ihren Widerspruchsbescheid entgegen.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 10. Februar 2015 ab. Es verwies auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Ergänzend wies es darauf hin, dass die vom Kläger begehrte Berücksichtigung der Verringerung der Säumniszuschläge aufgrund der Gesetzesänderung im Jahr 2013 bereits bei Erlass des Bescheides vom 4. September 2013 berücksichtigt worden sei. Die persönliche Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung habe zudem ergeben, dass der Kläger seit Beginn seines Altersrentenbezuges im Jahre 2009 keine Krankenversicherungsbeiträge mehr zahle, Beitragsbescheide der Beigeladenen jedoch nicht angefochten habe. Inhaltliche Einwände gegen die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge müsse der Kläger gegenüber den Beitragsbescheiden der Beigeladenen vorbringen. Im jetzigen Rechtsstreit sei die Beitragsforderung einer gerichtlichen Überprüfung entzogen, da sie – vom Kläger unwidersprochen – bestandskräftig festgestellt worden sei. Die Beklagte habe zudem eine Verrechnung mit deutlich weniger als der Hälfte der laufenden Rente vorgenommen. Die Voraussetzung einer weiteren Verringerung des Verrechnungsbetrages, nämlich des Eintritts von Sozialhilfebedürftigkeit aufgrund der Verrechnung, wäre vom Kläger nachzuweisen. Diesen Nachweis habe der Kläger nicht erbracht. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar berichtet, man habe beim Sozialamt bzw. Jobcenter von vornherein erklärt, bei der Höhe seiner Rente ergäbe sich ohnehin kein sozialhilferechtlicher Bedarf. Entgegen der Auffassung des Klägers seien für die Ermittlung des sozialhilferechtlichen Bedarfs lediglich sein Regelbedarf zuzüglich etwaiger Mehrbedarfe zum Lebensunterhalt sowie die Kosten der Unterkunft und Heizung dem Einkommen gegenüberzustellen. Soweit er Pfändungen etwa aufgrund von Unterhaltsansprüchen seiner geschiedenen Frau ausgesetzt sei, könne dies bei der Berechnung nicht berücksichtigt werden. §§ 51, 52 SGB I verschafften vielmehr den Sozialversicherungsträgern für deren eigene Forderungen einen Vorrang gegenüber anderen Gläubigern.
Gegen das ihm am 21. Februar 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. März 2015 beim SG Berufung eingelegt. Es sei nicht zu begreifen, dass ein pflichtversicherter Beitragszahler, der seine Beiträge auch nicht bezahlt habe, bessergestellt werde als ein freiwillig Versicherter, der seine Beiträge nicht bezahlt habe. Beide Gruppen hätten den gleichen Versicherungsschutz. Er habe als freiwillig Versicherter in 21 Jahren keinerlei Kosten verursacht. Es gehe allein um Gleichbehandlung nach dem Gesetz.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 10. Februar 2015 und den Bescheid der Beklagten vom 4. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verweist auf ihren bisherigen Vortrag und die Ausführungen in der erstinstanzlichen Entscheidung.
Die durch Beschluss des Berichterstatters vom 11. Mai 2015 Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Absicht des Senats, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akten des Senats, die Akte des SG sowie die beigezogenen Akten der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen.
II.
1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss, da er die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.
2. Die gemäß § 143 SGG statthafte und gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, denn die Klage betrifft laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
3. Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 4. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2014 ist rechtmäßig. Die Beklagte hat zu Recht die Verrechnung eines Betrages von monatlich EUR 600,00 mit der Rente des Klägers verfügt.
a) Nach § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger – hier die Beklagte – mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers – hier der Beigeladenen – deren Ansprüche gegen den Berechtigten – hier den Kläger – mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist. Gemäß § 51 Abs. 1 SGB I kann der zuständige Leistungsträger gegen Ansprüche auf Geldleistungen – hier auf Rentenauszahlung – mit Ansprüchen (jeder Art) gegen den Berechtigten aufrechnen, soweit die Ansprüche auf Geldleistungen nach § 54 Abs. 2 und 4 SGB I pfändbar sind. Mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen und – wie hier - mit Beitragsansprüchen nach dem Sozialgesetzbuch kann der zuständige Leistungsträger nach § 51 Abs. 2 SGB I gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig nach den Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wird (§ 51 Abs. 2 SGB I).
Der Verrechnungsbescheid der Beklagten vom 4. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2014 war nicht deshalb rechtswidrig, weil die Verrechnung durch Verwaltungsakt erfolgt ist. Vielmehr konnte die Beklagte die Verrechnung einseitig nur in dieser Handlungsform (und nicht durch sog. öffentlich-rechtliche Willenserklärung) vornehmen (BSG, Großer Senat, Beschluss vom 31. August 2011 – GS 2/10 – in juris, Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 13 R 13/12 R – im juris, Rn. 18 m.w.N.).
aa) Die formellen Voraussetzungen eines Verrechnungsverwaltungsakts liegen vor. Die Beklagte hatte den Kläger vor dessen Erlass gemäß § 24 Abs. 1 SGB X angehört.
Der Verrechnungsverwaltungsakt war auch im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X "inhaltlich hinreichend bestimmt" (zu den näheren Anforderungen an das Bestimmtheitserfordernis vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2012 - B 13 R 85/09 R – in juris, Rn. 47 ff.). Der streitige Bescheid erklärte die Verrechnung bestimmter, von der Beklagten dem Kläger geschuldeter Rentenleistungen mit einer – nach Art und Umfang – bestimmten, weil betragsmäßig genau bezifferten (Gesamt )Forderung der Beigeladenen aus rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt EUR 16.000,61 für den Beitragszeitraum vom 1. August 2009 bis 28. Februar 2013. Von der dem Kläger gewährten Altersrente in Höhe von EUR 1.631,70 (ohne Beitragszuschuss in Höhe von [damals] EUR 119, 12) pro Monat wurde ein Teilbetrag in Höhe von EUR 600,00 zur Verrechnung mit Beitragsrückständen einbehalten und der Restbetrag in Höhe von EUR 1.150,82 (mit Beitragszuschuss). ausgezahlt. Aus dem streitgegenständlichen Verwaltungsakt konnte der Kläger daher ohne Weiteres den jeweiligen Verrechnungsbetrag und den ihm aufgrund der Verrechnung mit den Forderungen der Beigeladenen noch verbleibenden (monatlichen) Rentenauszahlungsbetrag entnehmen. Damit war für ihn klar ersichtlich, dass und in welchem Umfang seine Rentenzahlungsansprüche gegen die Beklagte und damit korrespondierend die gegen ihn bestehenden Forderungen der Beigeladenen durch die Verrechnung jeweils erlöschen. Es ist daher auch unschädlich, dass die Beklagte in ihrem Bescheid schrieb, es würde gegen die Rente "aufgerechnet beziehungsweise verrechnet", zumal sich aus der Bescheidbegründung und aus dem Widerspruchsbescheid unzweifelhaft ergibt, dass keine Aufrechnung, sondern eine Verrechnung durchgeführt wird.
bb) Es bestand auch objektiv eine Verrechnungslage (entsprechend § 387 Bürgerliches Gesetzbuch). Eine solche ist gegeben, wenn der zur Verrechnung ermächtigende Leistungsträger die ihm gebührende Geldzahlung fordern und wenn der die Verrechnung erklärende Träger die ihm obliegende Geldzahlung bewirken kann. Die Forderung, mit der verrechnet wird (hier: Forderungen der Beigeladenen gegen den Kläger), muss entstanden und fällig sein; die gleichartige Forderung, gegen die (durch Einbehalt mittels Verwaltungsakt) verrechnet werden soll (hier: Zahlungsanspruch des Klägers aus der Altersrente gegen die Beklagte), muss zwar nicht fällig, aber entstanden und erfüllbar sein (BSG, Urteil vom 31. Oktober 2012 – B 13 R 13/12 R – im juris, Rn. 21 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen lagen hier vor. Die von der Verrechnungsermächtigung der Beigeladenen erfassten und gegen den Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge waren entstanden und fällig; sie sind von der Beigeladenen gegenüber dem Kläger durch Verwaltungsakte bestandskräftig festgestellt worden (§ 77 SGG). Die Zahlungsansprüche des Klägers auf die ihm zuerkannte Altersrente waren jeweils entstanden und auch erfüllbar.
cc) Die in § 52 i.V.m. § 51 Abs. 2 SGB I normierten Grenzen einer Verrechnung mit Beitragsforderungen sind eingehalten. Danach kann der Leistungsträger mit Beitragsansprüchen gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leistungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wird (§ 51 Abs. 2 SGB I). Die Beklagte verfügte, einen Betrag in Höhe von EUR 600,00 monatlich zur Verrechnung einzubehalten und den Restbetrag der verbleibenden Altersrente in Höhe von EUR 1.150,82 (mit Beitragszuschuss) auszuzahlen. Der Kläger hat nicht einmal behauptet – geschweige denn nachgewiesen – dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II würde. Hierfür ist auch sonst nichts ersichtlich.
Entgegen der Auffassung des Klägers greifen die Pfändungsfreigrenzen der §§ 850 ff. ZPO nicht ein. Die Beschränkung in § 54 Abs. 4 SGB I, wonach Ansprüche auf laufende Geldleistungen wie Arbeitseinkommen gepfändet werden können, gilt nur im Anwendungsbereich des § 51 Abs. 1 SGB I. Im hier einschlägigen § 51 Abs. 2 SGB I fehlt es an der Anordnung der Anwendbarkeit des § 54 Abs. 4 SGB I.
Auch Unterhaltszahlungen oder die Begleichung von Bankschulden sind im Rahmen der Verrechnung nach § 52 SGB I ohne Belang.
dd) Die Beklagte hat auch das ihr gemäß § 52 i.V.m. § 51 Abs. 2 SGB I zustehende Ermessen erkannt und im Widerspruchsbescheid knapp, aber pflichtgemäß ausgeübt (§ 39 Abs. 1 SGB I). Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte dem Interesse der Beigeladenen an der Tilgung der Beitragsforderungen Vorrang gegenüber den Interessen des Klägers an einer ungekürzten Auszahlung der ihm bewilligten Altersrente einräumt.
b) Die im Berufungsverfahren allein vorgebrachte Argumentation der Klägers, er werde gegenüber Pflichtversicherten ungleich behandelt, ist abwegig. § 52 SGB I differenziert nicht zwischen freiwillig Versicherten und Pflichtversicherten. Soweit Pflichtversicherte mit Beitragszahlungen in Rückstand wären, könnte ihnen gegenüber unter den gleichen Bedingungen verrechnet werden. § 255 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), der nach § 60 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) für die Beiträge der Pflegeversicherung entsprechend gilt, ordnet für seinen Anwendungsbereich im Übrigen die entsprechende Geltung des § 51 Abs. 2 SGB I ausdrücklich an.
Neben der Sache liegt auch das Vorbringen des Klägers, er habe als freiwillig Versicherter in 21 Jahren keinerlei Kosten (für die Beigeladene) verursacht. Versicherte sind zur Zahlung von Beiträgen auch dann verpflichtet, wenn sie in der Vergangenheit keine Leistungen in Anspruch genommen haben.
Auch das Recht der Europäischen Union bzw. die Rechtsprechung EuGH stehen – entgegen der Behauptung des Klägers – den angefochtenen Bescheiden nicht entgegen.
c) Der Senat kann offen lassen, ob das Verhalten des Klägers, einerseits eine freiwillige Versicherung bei der Beigeladenen einzugehen und die Zuschüsse der Beklagten hierzu entgegenzunehmen, andererseits aber offenbar von vorneherein nicht gewillt gewesen zu sein, die Beiträge hierzu zu zahlen, strafrechtlich relevant ist. Es wäre Sache der Beigeladenen, den Sachverhalt einer Überprüfung durch die zuständige Staatsanwaltschaft zuzuführen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
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