L 13 R 1816/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 1867/12
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1816/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20. März 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Weitergewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung über den 28. Februar 2011 hinaus.

Der 1964 geborene Kläger hat den Beruf des Konditors und des Fotografen erlernt und zeitweise eine eigene Kneipe betrieben, die er aus wirtschaftlichen Gründen wieder einstellte. Er war zuletzt als Automatenbefüller bzw. Servicetechniker bis ins Jahr 2001 sozialversicherungspflichtig beschäftigt und danach arbeitsunfähig erkrankt. Er verfügt nach eigenen Angaben seit Jahren über einen Grad der Behinderung (GdB) von 30.

Vom 1. März 2005 bis zum 28. Februar 2011 bezog der Kläger eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Wegen der Erkrankungen aus dem Bereich der Rheumatologie (chronische rheumatoide Polyarthritis; chronische Rückenschmerzen) und der Lunge (Reizhusten mit Kurzatmigkeit als mögliche Nebenwirkung des Medikaments Methotrexat) nach fortschreitendem Leiden war ein lediglich halbschichtiges Leistungsvermögen und damit eine Rentenberechtigung angenommen worden. Während des Rentenbezugs war der Kläger zeitweise in der Gastronomie geringfügig beschäftigt.

Der Kläger beantragte zum Jahreswechsel 2010/2011 bei der Beklagten die Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente über den 28. Februar 2011 hinaus. Daraufhin erstellte der Arzt für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. Roe. auf Veranlassung der Beklagten über den Kläger ein Gutachten vom 17. Januar 2011. Darin diagnostizierte er eine seronegative rheumatoide Arthritis. Bei der Untersuchung habe der Kläger über Schulter- und Hüftschmerzen berichtet. Dr. Roe. habe an beiden Handgelenken und insbesondere an den Fingergrundgelenken Gelenkveränderungen festgestellt, die zu einer Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis passen würden. Bewegungseinschränkungen seien nicht vorhanden. Auch klinische Zeichen einer wesentlichen Aktivität der Erkrankung würden fehlen. An beiden Kniegelenken seien Zeichen von Gelenkverschleiß, nicht hingegen Zeichen von Schonung oder Mindergebrauch erkennbar. Ins¬besondere seien keine Veränderungen an der Muskulatur ersichtlich, wie sie durch Schonung oder Mindergebrauch hervorgerufen werden könnten. Die Lunge weise ein verändertes Atemgeräusch auf. Die Lungenfunktionsprüfung ergebe jedoch keine signifikanten Normabweichungen. Ein Hinweis auf eine funktionelle Bedeutung ergebe sich nicht. Die Sauerstoffsättigung falle unter Belastung nicht ab. Zeichen einer entzündlichen serologischen oder hämatologischen Aktivität lägen nicht vor. Zusammengefasst ergäben sich zum damaligen Zeitpunkt also weder klinische noch serologische Hinweise auf eine hochakute rheumatoide Arthritis, wie sie von Dr. Jac. im Februar 2008 beschrieben worden sei. Der Kläger habe den Rheumatologen erst nach ca. zweieinhalb Jahren im Oktober 2010 wieder aufgesucht. Bei dieser Untersuchung sei ihm zur Wiederaufnahme der Kortisontherapie geraten worden, wobei der Kläger bei der jetzigen Untersuchung angegeben habe, dass er diese Behandlung nie unterbrochen habe. Für die sozialmedizinische Fragestellung sei die seronegative rheumatoide Arthritis ausschlaggebend. Derzeit lägen anders als in der Vergangenheit keine Befunde einer hochakuten Entzündungsaktivität vor. Tätigkeiten mit Triggerfaktoren wie Arbeiten in Nässe, Kälte, Hitze oder unter starker mechanischer oder dynamischer Gelenkbelastung sollten weiterhin vermieden werden. Derartige Beeinträchtigungen kämen bei Tätigkeiten, wie sie der Kläger derzeit unentgeltlich ausführe in Form von Bürotätigkeiten oder kaufmännischen Tätigkeiten, nicht zum Tragen. Gegen deren Ausübung, auch in vollschichtigem Umfang bestünden keine Bedenken. Auch andersartige körperlich leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könnten vollschichtig verrichtet werden.

Mit Bescheid vom 31. Januar 2011 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf die Weitergewährung der Erwerbsminderungsrente ab. Der Kläger sei weder voll noch teilweise leistungsgemindert. Hiergegen erhob der Kläger am 4. Februar 2011 Widerspruch, welchen er im Wesentlichen damit begründete, dass er auf Grund seiner Erkrankung auch über den 28. Februar 2011 hinaus nicht in der Lage sei, mindestens sechs Stunden am Tag einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

In der Zeit vom 27. Februar 2012 bis zum 17. März 2012 befand sich der Kläger zur stationären Rehabilitation in der Reha-Klinik Bad W. In dem ärztlichen Entlassbericht vom 19. März 2012 wurden folgende Diagnosen festgehalten: Coxarthrose links bei Z. n. Hüftoberflächenersatzprothese links; reaktive Arthritis; Adipositas. Insgesamt könne der Kläger Tätigkeiten ohne häufiges Bücken, Ersteigen von Treppen, Lettern und Gerüsten, Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten, längeren , ohne Überkopfarbeiten, Arbeiten mit schweren Erschütterungen und Vibrationen, Kälte, Nässe und Zugluft sechs Stunden und mehr täglich ausüben.

Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2012 als unbegründet zurück. So seien unter Berücksichtigung aller Gesundheitsstörungen und sich daraus ergebenden funktionellen Einschränkungen bei der Ausübung von Erwerbstätigkeiten keine Auswirkungen ersichtlich, die das Leistungsvermögen des Klägers für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zeitlich einschränken würden. Ihm seien noch leichte Tätigkeiten überwiegend im Stehen oder Gehen, ständig im Sitzen, ohne besondere Belastung durch Kälte, Hitze und Nässe und ohne starke mechanische oder dynamische Gelenksbelastung sechs Stunden und mehr täglich zumutbar. Den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers vom 2. Februar 2011 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2012 zurück. Eine Rentenberechtigung bestünde nicht.

Am 19. Juli 2012 hat der Kläger beim Sozialgericht Konstanz (SG) Klage erhoben im Wesentlichen mit der Begründung, dass er auf Grund seiner Erkrankung keiner vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachgehen könne.

In der Zeit vom 31. August 2012 bis zum 21. September 2012 hat der Kläger erneut in der bereits früher aufgesuchten Reha-Klinik Bad W. eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme absolviert. Ausweislich des ärztlichen Entlassbericht vom 21. September 2012 haben sich die Diagnosen rechtsseitige Coxarthrose bei Z.n. OP am 22. August 2012, linksseitige Coxarthrose bei Z.n. OP am 16. Februar 2012 und seronegative rheumatoide Arthritis ergeben. Insgesamt könne der Kläger Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne häufiges Bücken und ohne Zwangshaltungen sechs Stunden und mehr täglich ausüben. Einer leichten bis mittelschweren Tätigkeit, die wechselnd im Sitzen, Gehen und Stehen ohne schweres Heben und Tragen von Lasten ausgeübt werde, könne der Kläger vollschichtig nachgehen.

Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen schriftlich befragt.

Der Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. Jac. hat am 27. Dezember 2012 eine Verschlechterung der rheumatoiden Arthritis angenommen, weil sie zu Gelenkdestruktionen geführt habe. Angesichts der langjährigen rheumatoiden Arthritis mit der Neigung zur Zerstörung von Gelenken (beide Hüften seien mit künstlichen Gelenken versorgt, bei den Knien drohe dies), der eingeschränkten Belastbarkeit bei verminderter Handkraft durch die rheumatisch bedingten Schmerzen und die eingeschränkte Belastbarkeit durch vorzeitige Ermüdbarkeit bei systemisch konsumierender Grunderkrankung sei eine Belastung des Klägers nur noch unter drei Stunden täglich möglich.

Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. Sey. hat in seinem Schreiben vom 7. April 2013 angegeben, der Kläger könne auch leichte Tätigkeiten nur weniger als drei Stunden verrichten. Mehrere medikamentöse Therapien seien wegen Erfolgslosigkeit abgebrochen oder umgestellt worden; der Allgemeinzustand des Klägers sei reduziert bzw. labil.

Auf Veranlassung des SG hat daraufhin Dr. Hei. ein Fachgutachten erstattet. In seinem Gutachten vom 18. September 2013 hat er folgende Diagnosen aufgeführt: Seronegative chronische Polyarthritis; Cervicobrachialgie bei degenerativen Veränderungen, Fehlstatik; Impingement-Syndrom bd. Schultern bei Bizeps- und Supraspinatustendinose, links mehr als rechts, Tendinitis calcarea links; Epicondylitis radialis rechts, Epicondylitis radialis et ulnaris links; degeneratives LWS-Syndrom mit Bandscheibenschäden L5-S1, Spondylarthrose, Fehlstatik; verkürzte lumbosacrale und pelvitrochantäre Muskulatur rechts (Muscuus iliopsoas); Oberflächenersatzprothesenimplantation bd. Hüftgelenke 02/2012 bzw. 08/2012 bei zugrundeliegender Arthrose; beginnende bis mittelgradige Gonarthrose bd. Kniegelenke bei Varusachse, femoropatellares Schmerzsyndrom bds.; beginnende OSG-Arthrose und Arthrose im Fußwurzelbereich links mehr als rechts; Knick-Senk-Spreizfußdeformität bds.; alimentäre Adipositas mit BMI von 30 kg/qm. Insgesamt sei der Kläger vollschichtig leistungsfähig. Grundsätzlich sei eine Tätigkeit mit Haltungswechsel (d. h. anteilsmäßig in etwa gleiche gehende, stehende und sitzende Tätigkeiten) mit gleichförmiger Körperhaltung in geschlossenen Räumen, unter Berücksichtigung der ausreichenden Beleuchtung und unter Ausschluss von Belastungen durch Zug zu empfehlen. Mittelschwere oder schwere körperliche Arbeiten mit Heben, Tragen bzw. Bewegen von Lasten (über 10 kg) ohne technische oder menschliche Hilfsmittel, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten sowie Akkord- und Fließbandarbeiten seien nicht leidensgerecht. Nicht adäquat erscheinen würde das Hantieren, Bewegen, Bearbeiten von Kleinteilen, die nicht eine ausreichende Griffigkeit bzw. Gewichtsklasse (( 30g) aufweisen; Arbeiten an gefährdenden Maschinen, die eine hohe Vibrationsneigung bzw. eine Schwergängigkeit der Bedienung aufweisen würden, seien ebenfalls nicht leidensgerecht. Arbeiten in den verschiedenen Schichtformen würden angesichts der vorliegenden Unterlagen und auch der Untersuchung nicht kontraindiziert erscheinen. Hitze, Kälte, Zugluft bzw. Nässe seien angesichts der degenerativen Veränderungen bei rheumatoider Arthritis nicht sinnvoll, da hierdurch Verschlimmerungen des Gelenkbefundes ausgelöst werden könnten. Arbeiten mit vorgeneigter, gebückter bzw. kniender Haltung seien auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren, da ggf. Verschlimmerungen der beeinträchtigten Gelenkstrukturen ausgelöst werden könnten. Ein wesentlich progredienter zerstörender Gelenkprozess sei angesichts der seronegativen rheumatoiden Arthritis des Klägers in den Unterlagen bzw. unter Berücksichtigung der bildgebenden Befunde im Verlauf der Jahre nicht wahrzunehmen. Es handele sich um eine in großen Intervallen verlaufende Gelenkerkrankung mit geringer Entzündungsaktivität. Im Rahmen der hiesigen Laboruntersuchung seien angesichts von Normwerten - unter näherer Darlegung im Einzelnen - keine wesentlichen laborchemischen Entzündungsparameter aufgefallen. Eine hochgradige Entzündungsaktivität sei darüber hinaus in den vorliegenden Unterlagen nicht auszumachen. Es ergebe sich aus anhand näher dargelegter Angaben der Befund einer seronegativen rheumatoiden Arthritis. In der Vergangenheit werde ein Nichtansprechen auf bisherig verwendete Biologicals berichtet. Diesbezüglich gebe der Kläger an, bereits alle möglichen Rheuma-Medikamente verwendet, ohne eine wesentliche Besserung zu erfahren zu haben. Darüber hinaus lägen beim Kläger degenerative Veränderungen verschiedener Gelenkstrukturen vor, anhand des Röntgenbildes und des klinischen Befundes könne eine eindeutige rheumatoide Genese dieser degenerativen Gelenkerkrankungen nicht ausgemacht werden. Daher empfehle es sich eine konservative Behandlung durchzuführen, die zu einem physiologischen und rückengerechten Bewegungsverhalten anleiten könne. Die Erstdiagnose der seronegativ rheumatoiden Arthritis sei zum Jahre 2001 erfolgt. Damals sei eine hoch entzündliche Aktivität der rheumatoiden Arthritis festzustellen gewesen, im weiteren Verlauf seien rheumatologische Vorstellungen mit großen Intervallen erfolgt, zeitweise über die Dauer von eineinhalb Jahren. Eine tatsächliche Dokumentation einer hochentzündlichen Aktivität der Grunderkrankung sei in den Unterlagen nicht erfolgt. Ausgehend von der initial hoch entzündlichen Aktivität sei es mittlerweile zu einer niedrig entzündlichen Aktivität der rheumatoiden Arthritis mit intermittierend auftretender Aktivierung gekommen. Klinisch und radiologisch würden sich keine wesentlichen rheumatypischen gelenkigen bzw. knöchernen Veränderungen zeigen. Die degenerativen Gelenkerkrankungen im Bereich der HWS, LWS, der Schultergelenke, der Kniegelenke und auch der Sprunggelenke könnten nicht eindeutig im Sinne einer Entstehung durch die rheumatoide Arthritis zugeordnet werden. Die operative Revision beider Hüftgelenke mit Oberflächenkappenprothesen sei unter dem Bilde einer sogenannten primären Arthrose, d. h. einer Arthrose, die nicht durch eine weitere Grunderkrankung ausgelöst wurde, erfolgt. Eine wesentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustandes ausgehend von der hoch entzündlichen rheumatoiden Arthritis zu Beginn der Erkrankung (2001) bis heute sei weder anhand der Unterlagen noch anhand des klinischen Bildes festzumachen. Hier bestehe tendenziell eher der Eindruck einer leichtgradigen Besserung im Verlauf, mit intermittierend, nicht eindeutig nachvollziehbaren, erhöhten Entzündungsaktivitäten, vor allem im Bereich der Handgelenke, Fingergelenke sowie der Vorfüße. Klinisch erscheine eine ausreichende Kompensation der funktionellen Beeinträchtigung gegeben, insofern der Verlauf betrachtet werde. Angesichts des Beschwerdebildes lägen bei dem Kläger qualitative Leistungseinschränkungen hinsichtlich einer mittelschweren bis schweren körperlichen Belastung vor.

Auf vom Kläger erhobene diverse Einwendungen gegen das Gutachten hat Dr. Hei. in einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 9. Dezember 2013 im Wesentlichen auf seine ursprüngliche Beurteilung verwiesen und nochmals betont, dass er eine Fachärztin für Rheumatologie zur Begutachtung hinzugezogen habe.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20. März 2014 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien nicht erfüllt. Nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Sachverhaltsaufklärung sei der Kläger, jedenfalls über den 28. Februar 2011 hinaus nicht teilweise und damit erst Recht nicht voll erwerbsgemindert, da dieser zur Überzeugung des SG - unter Beachtung gewisser qualitativer Einschränkungen - in der Lage sei, wenigstens leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten.

Eine rentenrelevante quantitative - d.h. zeitliche - Einschränkung für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt lasse sich aus den für die Einschätzung des Leistungsvermögens des Klägers maßgeblichen Erkrankungen auf rheumatologischem und orthopädischem Fachgebiet nicht ableiten. Der Kläger könne nach Ansicht des SG zumindest noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens sechs Stunden am Tag im Rahmen einer Fünf - Tage - Woche ausüben.

Auch unter Berücksichtigung der näher bezeichneter Beeinträchtigungen könnten jedenfalls leichte körperliche Arbeiten ohne Heben, Tragen bzw. Bewegen von Lasten (über 10 kg) ohne technische oder menschliche Hilfsmittel, ohne Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten sowie Akkord- und Fließbandarbeiten, ohne Hantieren, Bewegen, Bearbeiten von Kleinteilen, die nicht eine ausreichende Griffigkeit bzw. Gewichtsklasse (( 30g) aufweisen, ohne Arbeiten an gefährdenden Maschinen die eine hohe Vibrationsneigung bzw. eine Schwergängigkeit der Bedienung aufweisen und ohne Tätigkeiten in Hitze, Kälte, Zugluft bzw. Nässe sechs Stunden und mehr täglich verrichtet werden. Diese qualitativen Einschränkungen würden sich mit dem Merkmal "körperlich leicht" decken.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zum Leistungsvermögen des Klägers ergäben sich zur Überzeugung des SG aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens, den Ermittlungen und der Beweisaufnahme. Das SG stütze sich hierbei insbesondere auf das im Verwaltungsverfahren erstellte Gutachten des Dr. Roe., das im Gerichtsverfahren erstellte Gutachten des Dr. Hei. und Reha-Entlassberichte aus dem Jahr 2012. Der Gutachter Dr. Hei. sei dem Gericht als erfahren bekannt. Er habe den Krankheitsverlauf ausführlich geschildert, sei den Beschwerden nachgegangen und habe den Kläger sorgfältig und umfassend unter Beiziehung einer Rheumatologin untersucht. Die Ausführungen des Gutachters seien schlüssig, widerspruchsfrei und nachvollziehbar. Das SG habe daher keinen Anlass, an der Vollständigkeit der erhobenen Befunde und an der Richtigkeit der daraus gefolgerten Leistungsbeurteilung zu zweifeln.

Die beim Kläger vorliegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen vermögen zur Überzeugung des SG keine quantitative Leistungsminderung zu begründen. So habe Dr. Hei. wie auch Dr. Roe. einen wesentlich progredienten zerstörenden Gelenkprozess angesichts der seronegativen rheumatoiden Arthritis des Klägers in den Unterlagen bzw. unter Berücksichtigung der bildgebenden Befunde im Verlauf der Jahre nicht feststellen können. Dr. Hei. führe dem SG zufolge - unter Wiedergabe des Gutachtensinhalts im Einzelnen - überzeugend und schlüssig aus, dass es sich um eine in großen Intervallen verlaufende Gelenkerkrankung - anders als nach den Befunden aus dem Jahr 2001 - mit geringer Entzündungsaktivität und ohne eindeutig auf die rheumatoide Arthritis rückführbare gelenkigen bzw. knöchernen Veränderungen handele. Ausgehend von der initial hoch entzündlichen Aktivität sei es Dr. Hei. folgend mittlerweile zu einer niedrig entzündlichen Aktivität der rheumatoiden Arthritis mit intermittierend auftretender Aktivierung gekommen. Ferner würden die im weiteren Verlauf erfolgten rheumatologischen Vorstellungen mit großen Intervallen zeitweise über die Dauer von eineinhalb Jahren auf keinen das quantitative Leistungsvermögen beeinträchtigenden Leidensdruck hindeuten. Insgesamt bestünden den überzeugenden Ausführungen des Dr. Hei. zufolge der Eindruck einer leichtgradigen Besserung im Verlauf, mit intermittierend, nicht eindeutig nachvollziehbaren, erhöhten Entzündungsaktivitäten, vor allem im Bereich der Handgelenke, Fingergelenke sowie der Vorfüße. Klinisch liege eine ausreichende Kompensation der funktionellen Beeinträchtigung vor, wobei darauf hinzuweisen bleibe, dass angesichts der vorausgehenden befristeten Rentengewährung seitens der Beklagten kein Besserungsnachweis geführt werden müsse. Die durch Dr. Hei. vorgenommene Leistungsbeurteilung werde im Übrigen sowohl durch das im Verwaltungsverfahren erstellte Gutachten des Dr. Roe. als auch durch die Reha-Entlassberichte aus dem Jahr 2012 gestützt.

Auch die sachverständigen Zeugenaussagen des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. Sey. und des Facharztes für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. Jac. führten - im Hinblick auf die zwischenzeitlich niedrigere entzündliche Aktivität der rheumatoiden Arthritis und den grundlegenden Unterschied in der prozessualen Stellung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen sowie eines zu Auskunftszwecken herangezogenen behandelnden Arztes - zu keiner anderen Beurteilung.

Gegen das am 27. März 2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23. April 2014 Berufung eingelegt. Er hat geltend gemacht, dass für die Annahme einer geringeren Ausprägung der rheumatoiden Arthritis keine Grundlage bestehe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 20. März 2014 und den Bescheid des Beklagten vom 30. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Juli 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über den 28. Februar 2011 hinaus eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, aus dem Vorbringen im Berufungsverfahren ergäben sich keine Gesichtspunkte, die eine Änderung des bisherigen Standpunktes zuließen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Fachgutachtens bei Prof. Dr. Schi ... Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Physikalische und Rehabilitative Medizin Rheumatologie - Schmerztherapie - Psychotherapie.

In seinem Gutachten vom 3. Februar 2015 hat dieser eine rheumatoide Arthritis, sero-negativ, medikamentös gut eingestellt, ohne wesentliche Entzündungsaktivität, Hüftgelenks-Endoprothesen beidseits bei guter Funktion sowie eine narzisstische Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Dem Kläger seien noch sämtliche leichte bis bisweilen mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne raue Belastungen der Beine (zum Beispiel mit Springen oder Hüpfen oder Stoßbelastungen), ohne klimatische Einwirkungen durch Kälte oder Nässe und ohne berufsbedingte Notwendigkeit, in Teams zusammenzuarbeiten oder sich regelhaft unterzuordnen, möglich. Im Vordergrund der Beeinträchtigung stünde die gestörte Beziehungsgestaltung durch erhöhte Kränkbarkeit. Der Kläger sei noch in der Lage, ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr an fünf Tagen der Woche auszuüben.

Die körperlichen Gesundheitsstörungen seien in einem nicht besserungsfähigen Zustand, da sie bereits jetzt nur geringfügige Leistungseinschränkungen begründen würden bei rauen Tätigkeiten mit den Beinen bzw. möglichen Auswirkungen klimatischer Einflüsse. Die psychischen Gesundheitsstörungen könnten durch eine Psychotherapie gebessert werden. Voraussetzung sei, dass der Kläger therapiebereit sei. Die Schmerzen und die Überzeugung, an wesentlichen Auswirkungen der rheumatologischen Grunderkrankung zu leiden, sind Ausdruck einer primär psychischen Gesundheitsstörung.

Zur ergänzende Stellungnahme des Dr. Hei. vom 9. Dezember 2013 hat er angemerkt, es liege eine Fehleinschätzung des Dr. Hei. bei der Bewertung der psychischen Gesundheit des Klägers vor: Die narzisstische Persönlichkeitsstörung habe es dem Kläger in den letzten Jahren erschwert, dann unmöglich gemacht, sich in beruflich verursachte Beziehungen zu begeben. Die narzisstische Persönlichkeit habe auch verhindert, eine begonnene Psychotherapie fortzuführen. Allerdings könne die Persönlichkeitsstörung keine quantitative Leistungsminderung begründen. Sozialmedizinisch ergäben sich zu früheren Unterlagen keine wesentlichen Differenzen.

Von seinem Antragsrecht nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Kläger nach entsprechendem Hinweis des Senats keinen Gebrauch gemacht.

Der Senat hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

Wegen des weiteren Vorbringens und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach §§ 143, 144, 151 SGG zulässige Berufung des Klägers gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, nachdem die Beteiligten Gelegenheit hatten, sich hierzu zu äußern.

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg, denn er hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit, für den streitigen Zeitraum.

Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-2600 § 44 Nr. 7) ist der den Antrag auf Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung ablehnende Bescheid 30. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Juli 2012. Dieser erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die weitere Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Wegen der Rechtsgrundlagen des geltend gemachten Anspruchs und der Beweiswürdigung wird auf die zutreffende Entscheidung des SG vom 20. März 2014 verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG), dem sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt. Der Senat hält nach dieser eigenen Prüfung der Sach- und Rechtslage die Entscheidung des SG Konstanz für zutreffend. Die gegen die Entscheidung - auf die der Senat um unnötige Wiederholungen zu vermeiden in vollem Umfang Bezug nimmt - vorgebrachten Einwendungen vermögen eine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage auch nach Durchführung weiterer Beweiserhebung nicht zu begründen. Der Kläger ist zur Überzeugung des Senats gesundheitlich in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zumindest sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten und ist damit nicht voll erwerbsgemindert. Eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens jedenfalls für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf ein unter sechsstündiges Maß ist nicht gegeben. Dies hat das SG in nicht zu beanstandender Würdigung der erhobenen Beweise nachvollziehbar und ausführlich begründet geschlussfolgert und hierbei schlüssig dargelegt.

Ergänzend ist anzumerken, dass auch die Beweiserhebung des Senats eine vollschichtige Leistungseinschätzung nicht erschüttert hat. Prof. Dr. Schi. hat in seinem interdisziplinären Sachverständigengutachten unter Einbeziehung der Psychologischen Untersuchung durch die Dipl. Psych. Maj. auch weiterhin lediglich qualitative Einschränkungen mitgeteilt, die eine Aufhebung des quantitativen Leistungsvermögens gerade nicht begründen. Ein solcher Verlauf mit äußerst wechselhaften Ausprägungen sei gerade krankheitstypisch für derartige Erkrankungen aus dem rheumatologischen Formenkreis. Der Sachverständige hat im Rahmen der körperlichen Untersuchung Knieschmerzen bei der Ganzkörper-Streckung beschrieben, was bei Änderung des Untersuchungsganges nicht zu reproduzieren gewesen sei. Ansonsten seien die Funktionen der Haltungs- und Bewegungsorgane ohne jeglichen Hinweis auf aktuelle Entzündungssymptomatik (keine Ergüsse, keine Schwellungen) und ohne jegliche Funktionsstörung (mit Ausnahme eines funktionell unbedeutenden Defizits der aktiven Streckung des Daumengrundgelenks links) festzustellen. Auch die beiden implantierten Hüftgelenke hätten eine überdurchschnittlich gute Funktionalität gezeigt. Insgesamt bezeichnet der Sachverständige einen ausgesprochen günstigen Verlauf der rheumatischen Grunderkrankung. Die vom Kläger beschriebenen "weitverbreiteten Gelenksschmerzen" ließen sich mit der rheumatischen Grunderkrankung nicht erklären. Die körperlichen Gesundheitsstörungen (rheumatoide Arthritis, sero-negativ medikamentös gut eingestellt und ohne wesentliche Entzündungsaktivität und die Hüftgelenks-Endoprothese beidseits bei guter Funktion) führten somit zu keinen wesentlichen Beeinträchtigungen. Die auf nervenärztlichem Gebiet diagnostizierte narzisstische Persönlichkeitsstörung vermag eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens nicht zu begründen. Bereits der geschilderte Tagesablauf spricht gegen eine wesentliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Danach stehe er gegen 8 Uhr auf. Nach dem Frühstück verbringe er für sein Fernstudium (Graphikdesign) drei Stunden vor dem PC. Er gehe spazieren (30-60 Min, zwei bis drei Mal täglich), mache auf dem Heimtrainer Sport (täglich drei bis vier Mal jeweils 10 bis 15 Min.) und beschäftige sich erneut ca. zwei Stunden mit seinem Studium. Abends lese er oder schaue fern. Daraus wird deutlich, dass einer leichten Tätigkeit keine Gesundheitsstörung im Wege steht. Der medizinische Sachverhalt ist angesichts der durchgeführten Ermittlungen geklärt. Ein weitergehender Ermittlungsbedarf besteht daher nicht.

Damit ist der Senat - unter Betrachtung der Gesundheitsstörungen im Einzelnen und auch in deren Zusammenschau - zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Einschränkungen in der Lage ist, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zu verrichten.

Die beim Kläger dokumentierten Gesundheitsstörungen führen auch zu keinen zusätzlichen qualitativen oder wesentlichen quantitativen Einschränkungen (ohne raue Belastungen der Beine wie Springen, Hüpfen, Stoßbelastungen ohne klimatische Einwirkung durch Kälte oder Nässe, nicht in Arbeitsteam). Insbesondere liegen keine Einschränkungen vor, die einen Anhalt dafür bieten würden, dass eine schwere spezifische Leistungsminderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vorliegen, was auch aus diesem Grunde die Benennung einer Verweisungstätigkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich machen würde.

Da das SG somit zu Recht die Klage abgewiesen hat, weist der Senat die Berufung zurück.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Im Rahmen des dem Senat nach § 193 SGG eingeräumten Ermessens war für den Senat maßgeblich, dass der Kläger mit der Rechtsverfolgung ohne Erfolg geblieben ist und die Beklagte keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat. Der Senat hält es auch im Falle einer Zurückweisung des Rechtsmittels für erforderlich, nicht nur über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu entscheiden, sondern auch über die Kosten der vorausgehenden Instanz (so Lüdtke, Kommentar zum SGG, 4. Aufl., § 197a SGG Rdnr. 3; erkennender Senat, Urteil vom 19. November 2013, L 13 R 1662/12, veröffentlicht in Juris; a.A. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 2a; Hintz/Lowe, Kommentar zum SGG, § 193 SGG Rdnr. 11; Jansen, Kommentar zum SGG, 4. Auflage, § 193 SGG Rdnr. 4).

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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