S 16 KA 553/12

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
16
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 16 KA 553/12
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 38/15
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Im Quartal III/2010 bestand für den Bewertungsausschuss aufgrund seines Gestaltungsspielraums keine Verpflichtung nephrologische Leistungen, hierbei insbesondere die Dialyseleistungen GOP Nr. 13601 bis 13612 EBM, vom System der Regelleistungsvolumina auszunehmen.

Es bestand auch keine Verpflichtung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen, von dieser Vorgabe abzuweichen.
Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch über die Zuweisung des Regelleistungsvolumens sowie die Honorarvergütung für das Quartal III/2010, hierbei insbesondere um die Frage, ob bestimmte Leistungen des Kapitels 13.3.6 EBM in das Regelleistungsvolumen einbezogen werden dürfen.

Die Klägerin ist eine seit dem 01.07.2007 bestehende fachärztliche Berufsausübungsgemeinschaft, bestehend aus Herrn Dr. C. sowie Herrn D., beide Ärzte für Innere Medizin und Nephrologie.

Mit Bescheid vom 18.06.2010 setzte die Beklagte das Regelleistungsvolumen für das Quartal III/2010 auf insgesamt 59.871,24 Euro fest und änderte diese Festsetzung mit Bescheid vom 28.07.2010 auf insgesamt 60.186,42 Euro.

Im Einzelnen enthalten die Bescheide folgende Festsetzungen:
Name RLV-Gruppe RLV-relevante Fallzahl Fallwert in EUR Fallwertab-staffelung Alters-struktur-quote Aufschlag fachglei-che BAG RLV in EUR
Herr Dr. C. Bescheid vom 18.06.2010 429 74,78 1,0000 0,9886 1,100 34.886,39
Herr Dr. C. Bescheid vom 28.07.2010 429 74,78 1,0000 0,9946 1,100 35.098,12
Qualitätsgebundenes Zusatzvolumen RLV-relevante Fallzahl QZV-Fallwert QZV
QZV 6 dringende Besuche 429 0,56 240,24
QZV 25 Unvorhergesehene Inanspruchnahme 429 0,32 137,28
QZV 28 Laborgrundpauschale 429 0,01 4,29
QZV 31 Sonographie III 429 3,29 1.411,41
Name RLV-Gruppe RLV-relevante Fallzahl Fallwert in EUR Fallwertab-staffelung Alters-struktur-quote Aufschlag fachglei-che BAG RLV in EUR
Herr D. Bescheid vom 18.06.2010 262 74,78 1,0000 0,9910 1,100 21.357,63
Herr D. Bescheid vom 28.07.2010 262 74,78 1,0000 0,9958 1,100 21.461,08
Qualitätsgebundenes Zusatzvolumen RLV-relevante Fallzahl QZV-Fallwert QZV
QZV 23 Sonographie II 262 3,39 888,18
QZV 25 Unvorhergesehene Inanspruchnahme 262 0,32 83,84
QZV 31 Sonographie III 262 3,29 861,98
gesamt Bescheid vom 18.06.2010 59.871,24
gesamt Bescheid vom 28.07.2010 60.186,42

Außerdem begründete die Beklagte den Bescheid näher.

Hiergegen erhob die Klägerin am 06.07.2010 Widerspruch.

Mit Honorarbescheid vom 28.12.2010 nahm die Beklagte folgende Festsetzungen vor:
Quartal III/2010
Nettohonorar gesamt in EUR 580.979,00
Bruttohonorar PK + EK in EUR 584.321,30
Fallzahl PK + EK 677
Honorar Regelleistungsvolumen in EUR 57.773,60
Honorar quotiertes Regelleistungsvolumen in EUR 1.759,60
Übrige Leistungen innerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV) 7.245,09
Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung (MGV 515.672,99
RLV
Obergrenze 56.559,20
angefordert 73.113,72
Überschreitung 16.554,52
Herr Dr. C.
Arztfälle 604
Bruttohonorar PK + EK in EUR 345.235,76
RLV-relevante Fallzahl 429
RLV
Obergrenze 35.098,12
angefordert 46.701,24
Herr D.
Arztfälle 504
Bruttohonorar PK + EK in EUR 239.085,54
RLV-relevante Fallzahl 262
RLV
Obergrenze 21.461,08
angefordert 26.412,48

Die Beklagte begründete den Bescheid näher.

Hiergegen erhob die Kläger am 04.03.2011 ohne nähere Begründung Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.09.2012 wies die Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. In Ihrem Widerspruchsbescheid führte sie im Wesentlichen aus, die Berechnung der praxisbezogenen Regelleistungsvolumina sowie der qualifikationsgebundenen Zusatzvolumina seien entsprechend den Vorgaben des Honorarverteilungsvertrages durchgeführt worden. Sie erläutert im Einzelnen die Berechnungsfaktoren für die Regelleistungsvolumina. Soweit die Regelleistungsvolumina überschritten würden, würden dies noch mit einer abgestaffelten Quote vergütet werden. Ferner erläuterte sie den Ausgleichsindex 100.

Hiergegen hat die Klägerin am 25.10.2012 Klage erhoben.
Hierzu trägt sie vor, ab dem Quartal III/10 würden die nephrologischen Leistungen in das Regelleistungsvolumen einbezogen werden, wogegen sie sich wende. Die nephrologischen Betreuungsleistungen nach Nr. 13601 bis 13612 EBM dürften auf der Rechtsgrundlage § 87 b SGB V nicht Gegenstand von Honorarbudgetierungen seien. Die Budgetierung diene einer Mengensteuerung zur Verhinderung übermäßiger Ausdehnung vertragsärztlicher Leistungen. Nephrologische Leistungen müssten jedoch zeitnah mit Erscheinen des Patienten in der Praxis erbracht werden. Sie könnten nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Dies gelte insbesondere für die Betreuung von Dialysepatienten, die ihre lebenserhaltende Therapie im Regelfall an drei Behandlungstagen pro Woche erfahren müssten und insoweit zwingend der ärztlichen Betreuung bedürften. Die Budgetierung führe daher nicht zu einer Mengensteuerung sondern zu einer Rationierung der ärztlichen Leistungen.

Hinzu komme, dass die Dialyseleistungen bereits nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren aufgrund des Arzt-Patientenschlüssels budgetiert seien. Pro Dialysearzt dürften maximal 50 Dialysepatienten pro Jahr betreut werden. Der Versorgungsauftrag könne nicht erfüllt werden, wenn zuvor eine deutlich niedrigere Patientenzahl betreut worden sei.

Die Mengensteuerung durch Honorarbudgetierungen stelle zudem einen Eingriff in die freie Berufsausübung dar, der nicht gerechtfertigt sei. Jedenfalls eine drohende finanzielle Überforderung des gesetzlichen Krankenversicherungssystems stelle keine Rechtfertigung dar. Die nephrologischen Leistungen müssten im Rahmen der Basisversorgung der gesetzlich krankenversicherten Patienten ohne jeden Vorbehalt erbracht und angeboten werden, ein Behandlungsbedarf könne nicht "gestreckt" werden. Es bestehe kein Risiko einer übermäßigen Ausweitung der Tätigkeit durch nephrologisch tätige Vertragsärzte.

Nach dem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 26.03.2010, Teil F, Ziff. 2.3, könnten die Partner der Gesamtverträge eine Vereinbarung über die Vergütung besonders förderungswürdiger Leistungen außerhalb der Regelleistungsvolumina und qualifikationsgebundenen Zusatzvolumina treffen. Nach Ziff. 2.1 der Anlage 2 könnten Modifikationen von relevanten Arztgruppen vereinbart werden. Hier werde in einem Klammerzusatz exemplarisch auf die Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Nephrologie mit und ohne Erbringung von Blutreinigungsverfahren hingewiesen.

Unabhängig hiervon sei die Beklagte mit einer Normverwerfungskompetenz ausgestattet, als sie durch rechtkonformer Auslegung der hier einschlägigen Beschlüsse des Bewertungsausschusses einer anderweitige Gestaltung der Budgetierung für die Erbringung nephrologischer Leistungen hätte treffen können bzw. müssen.

Wenn das BSG im Urteil vom 03.02.2010 (B 6 KA 31/08 R) in einem obiter dictum in diesem Zusammenhang die Aussage treffe, der Bewertungsausschuss habe die Gestaltungsfreiheit, die Leistungen sowohl in das RLV einzubeziehen als auch außerhalb anzusiedeln, ohne auf die Qualität der einzelnen, das Kap. 13.3.6 betreffenden Leistungen einzugehen, lasse das nicht den Schluss zu, dass das BSG sich vor dieser Aussage jede Einzelleistung darauf angeschaut habe, ob spezifische Besonderheiten gegeben seien, die möglicherweise partiell doch eine Einschränkung der Gestaltungsfreiheit des Bewertungsausschusses bedeuten müssten.

Eine Steuerung nephrologischer Versorgung nierenkranken Patienten sie allenfalls vor dem Dialysestadion und ohne vorangegangene Nierentransplantation, nicht aber nach Transplantation möglich. Die Durchführung einer Dialysebehandlung ohne Indikation sei eine strafbare Handlung.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid über das Regelleistungsvolumen für das Quartal III/10 vom 18.06.2010 in der Fassung des Bescheids vom 28.07.2010 sowie den dazugehörigen Honorarbescheid vom 28.12.2010, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.09.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt, ergänzend zu ihrer Begründung des Widerspruchsbescheids vor, die Vorgaben des Bewertungsausschusses seien verbindlich. Danach seien die Nephrologen in die Regelungen zum Regelleistungsvolumen einzubeziehen. Ihr komme ein Ermessensspielraum nicht zu. Sie habe jedenfalls keine Normverwerfungskompetenz. Das Bundessozialgericht habe auch einen entsprechenden Spielraum des Bewertungsausschusses bestätigt.

Die Beigeladene zu 1) meint, die Frage, ob und inwiefern nephrologische Leistungen im Quartal III/2010 in die Regelleistungsvolumina einbezogen werden, unterfalle dem Gestaltungsspielraum des Bewertungsausschusses, der diesem als untergesetzlichem Normgeber zukommen. Dies gelte im Besonderen, als im streitgegenständlichen Zeitraum keine gesetzliche Vorgabe für die intra- oder extrabudgetäre Vergütung der entsprechenden Leistungen bestanden habe.

Eine Überschreitung wäre allenfalls in Betracht zu ziehen, wenn dem fraglichen Beschluss des Bewertungsausschusses sachfremde Erwägungen zugrunde gelegen oder gar Missbrauch vorgelegen hätte.

Der Beigeladene zu 2) schließt sich der Stellungnahme der Beigeladenen zu 1) an und ergänzt, dass vor dem Hintergrund, das die Entscheidung über die Einführung von QZV für alle Arztgruppen nach der gleichen Systematik erfolgt sei, für die Annahme sachfremder oder willkürlicher Erwägungen kein Raum verleibe.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den Inhalt der Behördenvorgänge sowie der Gerichtsakten. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat gem. § 12 Abs. 3 Satz 2 SGG in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden, auch ist das Sozialgericht Marburg zuständig.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Der Bescheid über das Regelleistungsvolumen für das Quartal III/2010 vom 18.06.2010 in der Gestalt des Bescheids vom 28.07.2010 sowie der zugehörigen Honorarbescheid vom 28.12.2010, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2012, sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Deshalb hat sie auch keinen Anspruch auf Neubescheidung.

Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen für die Ermittlung der Regelleistungsvolumina und die Honorarverteilung für das hier relevante Quartale III/2010 sind das SGB V in der ab dem 01.07.2008 geltenden Fassung (BGBl. I 2007, S. 2477, im Folgenden: SGB V a.F.), hierbei insbesondere § 87b SGB V a.F., weiterhin der Beschluss des Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V aus seiner 218. Sitzung am 26.03.2010 mit Wirkung zum 01.07.2010 (abrufbar auf der Internetseite des Instituts des Bewertungsausschusses unter http://institut-ba.de/ba/babeschluesse/2010-03-26 ba218.pdf, Stand 05.06.2015) und schließlich der Honorarverteilungsvertrag für das Jahr 2010 zwischen der Beklagten und den Verbänden der Primärkassen sowie die Ersatzkassen vom 21.12.2009 (veröffentlicht in info.doc Nr. 1, März 2010, S. 26 ff) in der Fassung der Ergänzungsvereinbarung vom 10.05.2010 (veröffentlicht in info.doc Nr. 3 Juni 2010, S. 46 ff.), der 1. Nachtragsvereinbarung vom 25.06. 2010 (veröffentlicht in info.doc Nr. 4 August 2010, S. 30 ff.) und der 2. Nachtragsvereinbarung vom 13.09.2010 (veröffentlicht in info.doc Nr. 4c Oktober 2010, S. 2 ff.).

Nach § 87a SGB V a.F. gelten abweichend von § 82 Abs. 2 Satz 2 und § 85 für die Vergütung vertragsärztlicher Leistungen ab 1. Januar 2009 die in Absatz 2 bis 6 getroffenen Regelungen. Die Kassenärztliche Vereinigung und die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich vereinbaren auf der Grundlage der Orientierungswerte gemäß § 87 Abs. 2e Satz 1 Nr. 1 bis 3 jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres Punktwerte, die zur Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen im Folgejahr anzuwenden sind (§ 87a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F.). Die Vertragspartner nach Satz 1 können dabei einen Zuschlag auf oder einen Abschlag von den Orientierungswerten gemäß § 87 Abs. 2e Satz 1 Nr. 1 bis 3 vereinbaren, um insbesondere regionale Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur zu berücksichtigen (§ 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V a.F.). Dabei sind zwingend die Vorgaben des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 2f anzuwenden (§ 87a Abs. 2 Satz 4 SGB V a.F.). Der Zuschlag oder der Abschlag darf nicht nach Arztgruppen und nach Kassenarten differenziert werden und ist einheitlich auf alle Orientierungswerte gemäß § 87 Abs. 2e Satz 1 Nr. 1 bis 3 anzuwenden (§ 87a Abs. 2 Satz 5 SGB V a.F.). Bei der Festlegung des Zu- oder Abschlags ist zu gewährleisten, dass die medizinisch notwendige Versorgung der Versicherten sichergestellt ist. Aus den vereinbarten Punktwerten und dem einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen gemäß § 87 Abs. 1 ist eine regionale Gebührenordnung mit Europreisen (regionale Euro-Gebührenordnung) zu erstellen; in der Gebührenordnung sind dabei sowohl die Preise für den Regelfall als auch die Preise bei Vorliegen von Unter- und Überversorgung auszuweisen (§ 87a Abs. 2 Satz 6 SGB V a.F.).

Nach § 87b Abs. 1 Satz 1 SGB V a.F. werden abweichend von § 85 die vertragsärztlichen Leistungen ab dem 01.01.2009 von der Kassenärztlichen Vereinigung auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 vergütet.

Nach § 87b Abs. 2 SGB V a.F. sind zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzulegen (Satz 1). Ein Regelleistungsvolumen nach Satz 1 ist die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist (Satz 2). Abweichend von Absatz 1 Satz 1 ist die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten kann hiervon abgewichen werden (Satz 3). Bei der Bestimmung des Zeitraums, für den ein Regelleistungsvolumen festgelegt wird, ist insbesondere sicherzustellen, dass eine kontinuierliche Versorgung der Versicherten gewährleistet ist (Satz 4). Besonderheiten gelten für die Bereiche der Psychiatrie und Psychotherapie (Satz 6). Weitere vertragsärztliche Leistungen können außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist (Satz 7).

Nach § 87b Abs. 3 SGB V a.F. sind die Werte für die Regelleistungsvolumina nach Absatz 2 morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und nach Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen; bei der Differenzierung der Arztgruppen ist die nach § 87 Abs. 2a SGB V a.F. zugrunde zu legende Definition der Arztgruppen zu berücksichtigen (Satz 1).

Nach § 87b Abs. 4 SGB V a.F. bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten und bestimmt Vorgaben zur näheren Umsetzung (Sätze 1 und 2), was er als Erweiterten Bewertungsausschusses mit seinem Beschluss zur Neuordnung der vertragsärztlichen Vergütung aus seiner 7. Sitzung am 27. und 28.08.2008 umgesetzt hat.

Die Kassenärztliche Vereinigung, die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen stellen gemeinsam erstmalig bis zum 15. November 2008 und danach jeweils bis zum 31. Oktober eines jeden Jahres gemäß den vorgenannten Vorgaben des Bewertungsausschusses unter Verwendung der erforderlichen regionalen Daten die für die Zuweisung der Regelleistungsvolumina konkret anzuwendende Berechnungsformel fest (Satz 3).

Schließlich obliegt jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung, hier also der Beklagten, nach § 87b Abs. 5 SGB V a.F. die Zuweisung der Regelleistungsvolumina an den Arzt oder die Arztpraxis einschließlich der Mitteilung der Leistungen, die außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, sowie der jeweils geltenden regionalen Preise; die Zuweisung erfolgt erstmals zum 30. November 2008 und in der Folge jeweils spätestens vier Wochen vor Beginn der Geltungsdauer des Regelleistungsvolumens, wobei § 85 Abs. 4 Satz 9 gilt (Sätze 1 und 2).

Den auf § 87b Abs. 4 SGB V a.F. beruhenden Beschluss hat der Bewertungsausschuss in der Folgezeit mehrfach abgeändert und ergänzt. Für das hier streitgegenständliche Quartal hat er in seiner 218. Sitzung am 26.03. 2010 mit Wirkung zum 1.07.2010 (zur Quelle siehe oben) festgelegt, dass für Fachärzte für Innere Medizin mit (Versorgungs-) Schwerpunkt Nephrologie, so wie für 32 andere dort aufgezählte Arztgruppen, Regelleistungsvolumina zur Anwendung kommen. Weiterhin wird bestimmt, dass die Partner der Gesamtverträge Modifikationen (z. B. Differenzierungen oder Zusammenfassungen) von relevanten Arztgruppen, insbesondere bei Arztgruppen mit unterschiedlichen Schwerpunkten der Leistungserbringung (zum Beispiel für Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Nephrologie mit und ohne Erbringung von Blutreinigungsverfahren) vereinbaren können.

Auf der Grundlage der dargestellten Regelungen des SGB V und der Vorgaben des Bewertungsausschusses bzw. des Erweiterten Bewertungsausschusses haben die Beklagte und die Verbände der Primärkassen sowie die Ersatzkassen am 21.12.2009 einen Honorarverteilungsvertrag für das Jahr 2010 geschlossen und mit der Ergänzungsvereinbarung vom 10.05.2010, der 1. Nachtragsvereinbarung vom 25.06.2010 und der 2. Nachtragsvereinbarung vom 13.09.2010 (zu Quellen siehe oben) abgeändert.

Danach hat die Beklagte mit ihren Vertragspartnern von der Möglichkeit einer weiteren Untergliederung der Arztgruppe der Nephrologen keinen Gebrauch gemacht. Es heißt dort im Unterpunkt 2.1: "Regelleistungsvolumen kommen für Ärzte der in Anlage 1 zum vorliegenden Vertrag genannten Arztgruppen zur Anwendung." Anlage 1 nennt neben 28 anderen Arztgruppen auch die Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Nephrologie.

Der Regelleistungsvolumenbescheid der Beklagten vom 18.06.2010 in der Fassung des Bescheids vom 28.07.2010, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.09.2012 ist rechtsfehlerfrei ergangen. Die Einbeziehung der Klägerin in das System der Regelleistungsvolumina ist nicht zu beanstanden.

Insbesondere stehen weder der Beschluss des Bewertungsausschusses noch der Honorarverteilungsvertrag in ihrer Ausgestaltung einer gesetzlichen Vorschrift entgegen.

Zunächst bestand keine Verpflichtung des Beschwerdeausschusses, die Nephrologen aus dem System des Regelleistungsvolumens auszunehmen.

Denn wie oben zitiert können aufgrund von § 87b Abs. 2 Satz 7 SGB V vertragsärztliche Leistungen außerhalb der Regelleistungsvolumina vergütet werden, wenn sie besonders gefördert werden sollen oder soweit dies medizinisch oder auf Grund von Besonderheiten bei Veranlassung und Ausführung der Leistungserbringung erforderlich ist. Bereits der Wortlaut lässt erkennen, dass dem Bewertungsausschuss die Entscheidung aber überlassen bleibt, ob er von dieser Möglichkeit Gebrauch macht.

Dies entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Denn in der Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 16/4247, S. 42) heißt es, übrigens unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Dialyseleistungen, zu vorstehend genannter Vorschrift: "Darüber hinaus eröffnet der Satz 7 die Möglichkeit, bestimmte Leistungen [ ] nicht in die Regelleistungsvolumina einzubeziehen. Vorstellbar wären solche Regelungen z. B. für Dialyse- oder Präventionsleistungen. Dies ermöglicht, die Förderung von Leistungen durch die besondere Bewertung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab durch die Nicht-Einbeziehung dieser Leistungen in die Regelleistungsvolumina fortwirken zu lassen. Der Bewertungsausschuss, welcher sowohl den Einheitlichen Bewertungsmaßstab als auch die Vorgaben zur Umsetzung der arztbezogenen Regelleistungsvolumina vereinbart, hat festzulegen, für welche Leistungen eine solche Ausnahme sinnvoll ist. Dabei hat er die Regelungen insgesamt so festzulegen, dass die ausreichende Versorgung der Versicherten mit vertragsärztlichen Leistungen gewährleistet ist.".

Das Bundessozialgericht konkretisiert die dem Bewertungsausschuss zustehende Gestaltungsfreiheit dahingehende, dass er zur Generalisierung, Pauschalierung, Schematisierung und Typisierung befugt ist (Urteil vom 28.01.2009, B 6 KA 50/07 R, dort bezogen auf den EBM-Ä mwN), ohne dass das Gremium zu einer Begründung verpflichtet wäre (BSG, Urteil vom 08.12.2010, B 6 KA 33/09 R). Das Bundessozialgericht betonte zuletzt in seinem Urteil vom 03.02.2010 (B 6 KA 31/08 R) diese Gestaltungsfreiheit, hier bezogen auf die Anwendung von Regelleistungsvolumina.

Wie die Beigeladene zu 1) ausführt, kann ein auf autonomer Leistungsbewertung basierendes System nur funktionieren, wenn Eingriffe von außen weitgehend unterbleiben, mithin sich die Gericht auf die Kontrolle der Einhaltung äußerer Grenzen beschränken und nicht der Versuchung unterliegen, eine vermeintlich bessere Lösung anstelle der der zuständigen Gremien zu setzen.

Die Entscheidung des Beschwerdeausschusses, diese Gestaltungsfreiheit zugunsten des Nichtgebrauchs der Ausnahmevorschrift auszuüben ist deshalb nicht zu beanstanden, weil keine sachfremden Erwägungen hierfür erkennbar sind. Vielmehr entschied sich das Gremium zu einer weitest gehenden Gleichbehandlung der Arztgruppen.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Ungleichbehandlung.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegt ein Verstoß gegen Art. 3 I GG nicht nur dann vor, wenn wesentlich Gleiches willkürlich ungleich behandelt wird, sondern auch, wenn wesentlich Ungleiches willkürlich gleich (BVerfG, Beschluss vom 26.04.1988 - 1 BvL 84/86). Allerdings gesteht das BVerfG dem Gesetzgeber bzw. dem jeweiligen öffentlich-rechtlichen Rechtsträger eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu, welche Sachverhaltselemente so wesentlich sind, dass eine Ungleich- bzw. eine Gleichbehandlung gerechtfertigt sind. Diese Gestaltungsfreiheit geht dabei im Bereich der darreichenden Verwaltung – und um eine solche handelt es sich, wenn auch in spezieller Ausprägung, auch vorliegend - weiter als bei der gesetzlichen Regelung staatlicher Eingriffe (BVerfG aaO mwN). Insbesondere ist größte Zurückhaltung geboten, dem Gesetzgeber im Bereich darreichender Verwaltung über den Gleichheitssatz zusätzliche Leistungsverpflichtungen aufzuerlegen. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot liegt erst dann vor, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie einleuchtender Grund nicht finden lässt. Ein solcher Grund liegt aber bereits in der gesetzlichen Regelung des § 87b SGB V, der die Einbeziehung der Ärzte in das RLV-System als Regelfall vorsieht und lediglich Ausnahmemöglichkeiten schafft.

Lediglich der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass der Bewertungsausschuss auch seinen Observations- und Korrekturpflichten nachkommt. Im Jahr 2010 hat er sowohl vor dem hier maßgeblichen Beschluss als auch danach mehrfache Anpassungen an das System der Regelleistungsvolumenermittlung bzw. zuteilung vorgenommen.

Die Klägerin hat weiter darauf verwiesen, dass der Sinn und Zweck des Regelleistungsvolumens, eine Mengensteuerung zu gewährleisten, im Bereich der Nephrologie verfehlt sei und ihre Einführung zu einer Rationierung ärztlicher Leistungen führe. Ihr Vortrag, nephrologische Leistungen müssten zeitnah mit Erscheinen des Patienten in der Praxis erbracht werden. Sie könnten nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Dies gelte insbesondere für die Betreuung von Dialysepatienten, die ihre lebenserhaltende Therapie im Regelfall an drei Behandlungstagen pro Woche erfahren müssten und insoweit zwingend der ärztlichen Betreuung bedürften.

Es entspricht zum einen dem Wesen des Gesundheitssystems, dass ein beachtlicher Teil des Behandlungsanfalls keiner oder nur geringer zeitlicher Disposition unterliegt. Die Auffassung der Klägerin, dass dies bei Dialysepatienten in stärkerem Maße als in anderen Bereichen der Fall ist, vertritt auch das Bundesozialgericht (Urteil vom 03.02.2010, B 6 KA 31/08 R). Hieraus hat aber weder das Gericht die Verpflichtung abgeleitet, Nephrologen anders zu beurteilen noch ist hierfür ein Grund erkennbar. Es handelt sich nämlich allenfalls um einen graduellen, nicht aber strukturellen Unterschied, verglichen mit anderen Facharztgruppen.

Jedenfalls lässt sich hieraus nicht die Verpflichtung des Beschwerdeausschusses ableiten, von der Gleichbehandlung der Arztgruppen zugunsten der Nephrologen abzuweichen.

Dies gilt ebenso hinsichtlich des Arguments, dass für Dialyseleistungen bereits nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren aufgrund des Arzt-Patientenschlüssels eine Budgetierung vorliege. Zunächst liegt keine doppelte Budgetierung vor. Rechtsgrundlage für diese Vereinbarung ist § 135 Abs. 2 SGB V. Der Arzt-Patienten-Schlüssel dient der Qualitätssicherung und damit anderen Zwecken als das RLV.

Die von der Klägerin befürchtete Gefahr, dass der Dialyse-Versorgungsauftrag wegen die Ermittlung des RLV durch Bezugnahme auf die Fallzahl eines Referenzquartals in der Vergangenheit gefährdet sein könnte, besteht nicht. Denn nach Abschnitt II, Unterabschnitt 3.4, des Honorarverteilungsvertrages kann der Vorstand der Beklagten im Hinblick auf die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung von einer Abstaffelung in Ausnahmefällen und auf Antrag ganz oder teilweise absehen und in begründeten Fällen Sonderregelungen beschließen. Angesichts ihrer Bindung an Recht und Gesetz hat die Kammer auch keine Zweifel, dass die Beklagte ihr pflichtgemäßes Ermessen in einem solchen Fall sachgerecht ausüben würde.

Auch die Berücksichtigung von Artikel 12 GG führt zu keiner anderen Bewertung. Das Bundesverfassungsgericht beurteilt dieses Grundrecht nach der vom ihm entwickelten Drei-Stufen-Lehre entwickelt (BVerfGE 7, 377, 397 ff = NJW 1958, 1035). Weil es sich bei der Einführung von Regelleistungsvolumina ersichtlich weder um objektive noch um subjektive Berufswahlregeln handelt, liegt darin eine sog. Berufsausübungsregel. Denn der Gesetzgeber bestimmt damit die Art und Weise der Berufstätigkeit (BVerfGE 7, 377, 405 f = NJW 1958, 1035; 39, 210, 225). Wegen der geringen Eingriffsintensität sind Berufsausübungsregeln bereits zulässig, wenn sie auf Grund vernünftiger Allgemeinwohlerwägungen zweckmäßig erscheinen (BVerfGE 7, 377, 405 f = NJW 1958, 1035; 30, 336, 351 = NJW 1971, 1555; 65, 116, 125 = NJW 1984, 556; 77, 308, 332 = NJW 1988, 1899; 85, 248, 259 = NJW 1992, 2341; 93, 362, 369 = NJW 1996, 1882). Dies aber trifft auf die Einführung einer Mengenbegrenzung zur Abrechnung ärztlicher Leistungen, die letztlich der Sicherstellung der ambulanten Versorgung der Gesellschaft mit ärztlichen Leistungen dient, zu.

Auch ein Ausnahmefall, nämlich dass die Berufsausübungsregel zur Berufsaufgabe zwingt, und deshalb die Voraussetzungen einer Berufswahlregelung vorliegen müssen (vgl. etwa BVerfGE 17, 269, 276 = NJW 1964, 1175; 30, 292, 313; 31, 8, 29; 61, 291, 311 = NJW 1983, 439; 68, 155, 170 f = NJW 1985, 963) ist vorliegend nicht gegeben. Dergleichen hat der Prozessbevollmächtigte auf die entsprechende Anregung des Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung auch nicht vorgetragen.

Im Übrigen steht einer Rechtswidrigkeit bzw. Nichtigkeit des hier relevanten Beschlusses des Bewertungsausschusses auch die Tatsache entgegen, dass den Vertragspartnern des Honorarverteilungsvertrages durch Anlage 2, Ziffer 2 des Beschlusses die Möglichkeit für Differenzierungen eingeräumt wird, wobei ausdrücklich die Fachärzte für Innere Medizin mit Schwerpunkt Nephrologie benannt werden.

Die Frage einer Normverwerfungskompetenz der Beklagte, die nach Auffassung der Kammer nicht besteht, bedurfte deshalb keiner weiteren Erörterung.

Weiterhin erkannte die Kammer auch keine Ansetzpunkte für die Annahme einer Nichtigkeit des Honorarverteilungsvertrages, was im Verfahren auch nicht diskutiert worden war.

Schließlich waren auch keine Fehler bei der summenmäßigen Ermittlung des Regelleistungsvolumens für die Klägerin hinsichtlich des Quartals III/2010 erkennbar.

Letztlich ist auch der Honorarbescheid der Beklagten vom 28.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.09.2012 rechtsfehlerfrei ergangen. Das dort berücksichtigte Regelleistungsvolumen ist, wie oben erörtert, zu Recht zugrunde gelegt worden. Sonstige Berechnungsfehler sind weder erkennbar noch wurden solche vorgetragen.

Mangels Rechtswidrigkeit der Bescheide bestand kein Anspruch der Klägerin auf Neubescheidung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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