Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 12 R 773/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 R 125/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit ist ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1964 im damaligen Jugoslawien geborene Klägerin lebt seit 1982 in Deutschland. Sie hat vier Kinder geboren (1982, 1984, 1986 und 1995) und war von 2000 bis 2003 als Altenpflegehelferin, bis 2004 als Kassiererin und im ersten Quartal 2006 als Zimmermädchen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, ab Mitte 2007 dann – allerdings wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei – wiederum als Kassiererin.
Seit 2001 leidet die Klägerin unter Rückenschmerzen, die seit Ende 2005 ausstrahlen. Die Bandscheibe im Segment L 4/5 wurde nach einem Vorfall erstmals im Mai 2006 und dann nach dem Auftreten von Rezidiven im Jahr 2009 erneut mehrfach operativ behandelt. Im Zusammenhang damit gewährte die Beklagte der Klägerin im Zeitraum vom 20. März bis 10. April 2009 eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in der Klinik M., aus der sie laut Entlassungsbericht vom 20. April 2009 arbeitsunfähig als Kassiererin, aber vollschichtig – d.h. für arbeitstäglich 6 Stunden und mehr – leistungsfähig für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen entlassen wurde. Das Versorgungsamt H. stellte durch Bescheid vom 30. Oktober 2009 mit Wirkung ab 29. April 2009 einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" fest, wobei ein Teil-GdB von 50 auf Funktionsstörungen der Wirbelsäule entfiel und ein solcher von 20 auf die bestehende Schwerhörigkeit.
Am 8. Juni 2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente und verwies zur Begründung auf nach dreimaliger Bandscheibenoperation anhaltende rezidivierende Schmerzen sowie auf einen sich nach vier Hörstürzen verschlimmernden Tinnitus.
Die Beklagte veranlasste zunächst eine Untersuchung durch den Arzt für Orthopädie Dr. N ... Der Sachverständige beschrieb in seinem Gutachten vom 15./19. Juli 2010 ein degeneratives Halswirbelsäulensyndrom, eine Epikondylopathie am rechten Ellenbogen, eine beginnende degenerative Polyarthrose der Hände und ein degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom mit Narbenbildung im Bereich des Lendenwirbelkörpers L 5 links. Es liege ein Zustand nach dreimaliger Nukleotomie im Bereich der Lendenwirbelsäule L 4/5 vor. Die Klägerin sei noch in der Lage, sechs Stunden und mehr zu arbeiten. Sie könne dabei leichte Arbeiten, zeitweise im Stehen, Gehen und Sitzen, ohne Arbeiten in Rumpfzwangshaltungen, nicht auf Leitern und Gerüsten sowie ohne häufiges Bücken, Heben und Tragen von mittelschweren und schweren Lasten verrichten.
Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. August 2010 den Rentenantrag der Klägerin ab; die medizinischen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente seien nicht erfüllt.
Mit ihrem am 8. September 2010 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie könne dem Gutachten von Dr. N. nicht folgen. Die sozialmedizinische Begutachtung berücksichtige nicht das Zusammenspiel ihrer vielfältigen Einschränkungen. Auch der Kurarzt und das Rückenzentrum A. hätten eine Rente befürwortet. Ihre geringfügige Tätigkeit, die sie seit Sommer 2007 ausübe, überfordere ihre Kräfte und sie fühle sich für den restlichen Tag sehr müde und schlapp.
Die Beklagte holte zunächst zwei Befundberichte von den die Klägerin behandelnden Ärzten Dr. K. (HNO) und Dr. K. (Orthopäde) ein und veranlasste dann zwei Begutachtungen, zunächst durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. (Untersuchung der Klägerin am 13. Januar 2011, Gutachten vom Folgetag) und dann durch den Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. K. (Untersuchung am 1. März 2011, Gutachten vom selben Tag nebst ergänzender Stellungnahme vom 28. März 2011). Beide kamen zu dem Ergebnis, dass das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht eingeschränkt sei.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2011 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert. Vielmehr könne sie sechs Stunden täglich und mehr unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
Hiergegen hat die Klägerin am 27. Juli 2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und erklärt, sie könne den Gutachten der Beklagten nicht folgen. Sie verweise auf ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Ihre geringfügige Tätigkeit habe sie im Oktober 2011 aufgegeben.
Die Beklagte hat sich zunächst auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen und zuletzt noch vorgetragen, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen lediglich für einen Leistungsfall der Erwerbsminderung bis spätestens März 2009 erfüllt seien.
Das SG hat im Rahmen der Ermittlungen medizinische Unterlagen der Klägerin aus der Klinik E. und dem Krankenhaus B. beigezogen und Befundberichte behandelnder Ärzte der Klägerin eingeholt, nämlich von dem Arzt für Orthopädie Dr. K., dem Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. W., dem Radiologen Dr. F. und dem Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. K ... Auf Veranlassung des SG hat der Arzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Sozialmedizin Dr. T. die Klägerin am 20. September 2012 ambulant untersucht und anschließend unter dem 4. Oktober 2012 schriftlich begutachtet. Der Sachverständige hat als sozialmedizinisch relevant wiederholt auftretende Muskelreizerscheinungen der Lendenwirbelsäule bei bandscheibenbedingter Erkrankung mit Störung des sensiblen Bereichs der L-5-Nervenwurzel links und dreimal operiertem Bandscheibenvorfall im Segment L 4/L5 mit kernspintomografisch nachgewiesener Restbedrängung der linken L-5-Nervenwurzel, mäßige Verschleißumformungen des mittleren Halswirbelsäulenabschnitts mit geringgradigen Einschränkungen der Beweglichkeit ohne Muskelreizerscheinungen, einen ohne Einschränkung verheilten Speichenkopfbruch links 2007 und eine Zerrung des linken Sprunggelenks im September 2012 diagnostiziert. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Arbeiten (fünf bis zehn Kilogramm) im Sitzen, Gehen und Stehen zu verrichten. Längerfristiges Stehen oder Sitzen von mehr als einer Stunde sollten vermieden werden. Ebenso sollten repetitive Drehbewegungen und häufige Zwangshaltungen vermieden werden. Die Klägerin könne nicht mehr in Wechselschicht, im Akkord, unter klimatisch belastenden Bedingungen sowie auf Leitern und Gerüsten arbeiten. Auch Arbeiten mit Publikumsverkehr seien ausgeschlossen. Die Klägerin sei noch in der Lage, sechs Stunden und mehr täglich die beschriebenen leichten Arbeiten zu verrichten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat auch der Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Chirurgie sowie Sportmedizin Dr. T. nach deren Untersuchung am 28. Februar 2013 unter dem 15. Mai 2013 ein Sachverständigengutachten erstellt. Er hat ein über das normale altersentsprechende Maß hinausgehendes Wirbelsäulenleiden in drei Abschnitten mit mäßiggradigem Verschleißumbau der mittleren Halswirbelsäule und der mittleren Brustwirbelsäule sowie erheblichem Verschleiß der Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenschaden und subtotalem Bandscheibenverlust im Bereich L 4/L 5 mit narbiger Nervenwurzelbedrängung L 5 links sowie eine Schwerhörigkeit beschrieben. Weiter hat der Gutachter ausgeführt, er stimme den Vorgutachtern in qualitativer Hinsicht zu, nicht aber in quantitativer. Die von der Klägerin in der Vergangenheit ca. dreistündig täglich durchgeführte Arbeitsbelastung sei aber aus seiner Sicht nicht nur tolerabel, sondern auch medizinisch sinnvoll.
Die Klägerin hat Atteste des sie behandelnden Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. C. vom 16.September 2013 und 29. September 2014 vorgelegt, der die Auffassung von der T. geteilt und ausgeführt hat, es wäre sinnvoll, die Klägerin für zumindest zwei Jahre vom Druck, arbeiten zu müssen, zu befreien und vorhandene Behandlungsansätze zu verfolgen. Auf Anforderung des SG hat Dr. C. noch einen Befundbericht vom 4. November 2013 erstellt. Die Klägerin hat des Weiteren einen Bericht aus dem Marienkrankenhaus über einen stationären Aufenthalt vom 29. Oktober bis 5. November 2013 wegen eines Hörsturzes vorgelegt.
Auf Veranlassung des SG ist die Klägerin am 13. März 2014 durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. ambulant untersucht und anschließend begutachtet worden. Der Sachverständige hat unter dem 15. März 2014 als Diagnosen Angst und depressive Störung gemischt, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Polyarthralgien, Kopfschmerzen, Dorsolumbalgien und Lumboischialgien, ein sensibles L 5/S 1-Syndrom bei Postnukleotomiesyndrom im Bereich L 4/5 nach Bandscheibenoperation 2006 und 2009, eine Adipositas, einen arteriellen Bluthochdruck, eine Hörminderung mit Tinnitus beidseits und Hörgeräteversorgung links und einen Zustand nach Distorsion des linken Sprunggelenks 2012 beschrieben. Die Klägerin könne noch leichte körperliche Arbeit einfacher geistiger Art mit geringer Verantwortung aus wechselnden Körperpositionen heraus, ohne körperliche Zwangshaltungen und ohne Zeitdruck, nicht unter Nachtarbeits- oder Akkordarbeitsbedingungen, nur zu ebener Erde, nicht auf Leitern oder Gerüsten oder sonst gefährdenden Arbeitsplätzen verrichten. Diese Arbeiten könne sie regelmäßig vollschichtig (sechs Stunden und mehr) verrichten. Hemmungen gegenüber einer solchen Arbeitsleistung könne die Klägerin überwinden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 29. Oktober 2014 ist der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. zu den Erkrankungen der Klägerin und ihrem Leistungsvermögen gehört worden. Er hat sich der gutachterlichen Einschätzung des Herrn Dr. N. angeschlossen. Das Gutachten sei schlüssig und nachvollziehbar. Der Inhalt der von der Klägerin vorgelegten Kopie des Befundes einer Skelettszintigraphie vom 20. Oktober 2014 führe zu keinen Änderungen an dem festgestellten Leistungsvermögen und den festgestellten Diagnosen. Genannt würden der Nachweis eines Fersensporn rechts, degenerative Veränderungen in einzelnen Fußgelenken rechts sowie im Bereich der Hände beidseits ohne Anhalt für eine systemische Arthritis. Mit Blick auf die Ausführungen von Dr. C. hat Dr. R. geäußert, dass der Umstand, dass eine Richtlinienpsychotherapie oder auch eine stationäre Behandlung in einer psychiatrisch-psychotherapeutischen oder psychosomatischen Klinik nicht erfolgt seien, gegebenenfalls auch Rückschlüsse auf einen eventuell reduzierten Leidensdruck zuließe.
Daraufhin hat das SG die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht habe es die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden abgelehnt, der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Das Leistungsvermögen der Klägerin sei zwar unter Berücksichtigung ihrer Erkrankungen eingeschränkt, aber nicht rentenrelevant aufgehoben. Für die Kammer überzeugend hätten die medizinischen Sachverständigen Dres. T., N. und R. bei der Klägerin Angst und depressive Störung gemischt, ein chronisches Schmerzsyndrom mit somatischen und psychischen Faktoren, ein sensibles L 5/S 1-Syndrom bei Postnukleotomie-Syndrom nach Operationen in 2006 und 2009, Adipositas, arteriellen Bluthochdruck, Hörminderung und Tinnitus beidseits sowie einen Zustand nach Distorsion des linken Sprunggelenks 2012 festgestellt. Auch die von Herrn Dr. T. im Rahmen seines Gutachtens nach § 109 SGG erhobenen Befunde und festgestellten Diagnosen unterschieden sich nicht wesentlich von denen, die die übrigen gerichtlichen Sachverständigen in ihren Gutachten dargelegt hätten. Die Klägerin sei nach alledem noch in der Lage, leichte körperliche Arbeit einfacher geistiger Art mir geringer Verantwortung in wechselnden Körperpositionen, ohne körperliche Zwangshaltungen und ohne Zeitdruck sowie Nachtarbeits- oder Akkordarbeitsbedingungen zu verrichten, wenn diese Arbeiten zu ebener Erde verrichtet würden. Hinsichtlich des zeitlichen Leistungsvermögens sei den Sachverständigen Dres. T., N. und R. zuzustimmen, denn die Klägerin könne noch regelmäßig vollschichtig, d. h. sechs Stunden und mehr, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein, wenn die oben genannten qualitativen Einschränkungen beachtet würden. Die Kammer könne nicht die Einschätzung des Herrn Dr. T. teilen. Dieser sehe eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens. Das sei nicht überzeugend, denn immerhin halte es Herr Dr. T. für möglich, dass die Klägerin die bisher durchgeführten Tätigkeiten im Rahmen ihrer geringfügigen Beschäftigung mit ca. drei Stunden täglich weiterhin verrichten könne. Dazu sei anzumerken, dass es sich hierbei um Tätigkeiten als Kassiererin in einem Einrichtungshaus handele, bei der die Klägerin sowohl in Zwangshaltungen, aber auch mit wiederkehrenden Drehbewegungen im Bereich der Wirbelsäule zu rechnen habe. Wenn diese Arbeiten nach Einschätzung von Dr. T. noch drei Stunden täglich möglich sein sollen, dann könnten wesentlich leichtere körperliche Arbeiten auch noch sechs Stunden und mehr verrichtet werden. Auch aus den Ausführungen des behandelnden Arztes für Psychiatrie Dr. C. ergebe sich nicht, dass das Leistungsvermögen der Klägerin in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt sei, wenn sie die beschriebenen leichten körperlichen Arbeiten verrichte. Dr. C. als behandelnder Arzt verkenne, dass von den Gutachtern, aber auch vom Gericht, die Beschwerden der Klägerin durchaus ernst genommen würden. Lediglich ihre Beschwerdeschilderung allein könne aber nicht tragend sein für eine abweichende Leistungsbeurteilung in zeitlicher Hinsicht. Aus den Stellungnahmen von Herrn Dr. C. ergäben sich keinerlei Befunde, die eine andere Beurteilung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht rechtfertigten. Mit dem beschriebenen Leistungsvermögen sei die Klägerin noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Dieser gelte nicht als verschlossen. Da bei ihr weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorlägen, seien auch keine Tätigkeiten zu benennen, die sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung des beschriebenen Leistungsvermögens noch verrichten könnte. Bei den Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt komme es bei einem uneingeschränkten zeitlichen Leistungsvermögen nicht darauf an, ob die Klägerin tatsächlich einen entsprechenden Arbeitsplatz erhalte oder ob die Arbeitgeber anderen Arbeitsuchenden bei der Einstellung auf solche Arbeitsplätze den Vorzug gäben. Dies gehöre nicht zum versicherten Risiko der Beklagten. Die Klägerin habe auch schon deshalb keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI, weil sie nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren sei.
Gegen dieses, ihrem Prozessbevollmächtigten am 17. November 2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 17. Dezember 2014 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Sie rügt, dass die Urteilsbegründung des SG eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Sachverständigengutachten vermissen und offen lasse, welche Gesichtspunkte die Kammer überzeugt hätten. Nachdem die Klägerin zunächst auf die Anfrage des Berichterstatters, ob es zu einer Verschlimmerung der Gesundheitsstörungen seit der letzten Begutachtung gekommen sei und gegebenenfalls inwiefern und wo sie behandelt werde, trotz Erinnerung nicht geantwortet hat, hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015 einen ärztlichen Bericht der Schmerzambulanz A. vom 8. April 2015 über eine dortige Vorstellung am selben Tag zur Akte gereicht und ergänzt, dass sie den überreichten ärztlichen Bericht vor kurzem zusammen mit Röntgenaufnahmen erhalten habe und dass sie sich seit etwa 2 Monaten in der Schmerzambulanz in Behandlung befinde. Danach liege bei ihr u.a. eine chronische Schmerzerkrankung vor. Darüber hinaus sei sie bei ihrer Orthopädin Dr. Koch und ihrem Psychiater Dr. C. in Behandlung. Nach Bekräftigung der Vertreterin der Beklagten, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur für einen Leistungsfall bis spätestens März 2009 erfüllt seien, erklärt die Klägerin, dass sie zu keinem Zeitpunkt Arbeitslosengeld II bezogen habe und sich zuletzt vor ihrer Erkrankung bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet habe, danach nicht mehr. Der Bevollmächtigte der Klägerin erklärt, dass ab der ersten Kontaktaufnahme zu ihm im August 2010 durchgehende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlägen, die auch vorgelegt werden könnten. Nach Feststellung, dass der letzte Beitrag aus Krankengeld für Mai 2007 gezahlt wurde, erklärt die Klägerin, dass sie es für nicht ausgeschlossen halte, dass sie auch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Zeitraum von Mai 2007 bis August 2010 nachreichen könne. Vor diesem Hintergrund regt sie die Vertagung der mündlichen Verhandlung an.
In der Sache beantragt die Klägerin,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. Oktober 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2011 aufzuheben und die Beklagte dem Grunde nach zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer ab dem 1. Juli 2010 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil des SG für richtig und nimmt hierauf sowie auf ihr eigenes bisheriges Vorbringen einschließlich des Hinweises auf das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für etwaige Leistungsfälle nach dem März 2009 Bezug.
Die Beteiligten haben durch Erklärungen vom 16. April 2015 (Klägerin) und 28. Januar 2015 (Beklagte) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle des Senats erteilt (§ 155 Abs. 3 und 4 SGG).
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 1. Juli 2015, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift beigezogenen, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten und Unterlagen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in deren Rechten. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI noch auf Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI.
Das Gericht nimmt auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 27. Juni 2011 Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§§ 153 Abs. 2, 136 Abs. 3 SGG).
Es gibt keine Anhaltspunkte für eine für diesen Rechtsstreit relevante, seit der letzten Begutachtung und der mündlichen Verhandlung vor dem SG eingetretene wesentliche Verschlechterung des Leistungsvermögens der Klägerin, das nach den schlüssigen Ausführungen der vom Sozialgericht beauftragten Sachverständigen Dr. T., Dr. N. und Dr. R. keinen Rentenanspruch wegen Erwerbsminderung zu begründen vermag. Der in der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015 eingereichte Befundbericht der Schmerzambulanz A. vom 8. April 2015 nach erstmaliger dortiger Vorstellung am selben Tag betrifft allenfalls ein rentenrechtlich noch nicht relevantes Behandlungsleiden, weil es seit weniger als sechs Monaten besteht bzw. festgestellt ist und derzeit ärztlich behandelt wird.
Da die Klägerin mit der Berufung rügt, dass ihr bei der Lektüre des angefochtenen Urteils des SG nicht deutlich geworden sei, welche Gesichtspunkte die Kammer überzeugt hätten, sei noch ergänzend ausgeführt, dass die Einschätzung eines quantitativen Leistungsvermögens im Gutachten des Herrn Dr. T. nach § 109 SGG nicht nur wegen der fehlenden Begründung angesichts der von ihm erhobenen, im Wesentlichen mit den des Herrn Dr. T. übereinstimmenden Befunde und der Angabe, dass eine dreistündige Tätigkeit als Kassiererin sinnvoll und tolerabel, eine sechsstündige leichte Tätigkeit hingegen nicht zumutbar sei, unschlüssig ist, sondern auch, weil Dr. T. selbst im Gutachten eine Tendenz der Klägerin zu demonstrativen Verhalten festgestellt und ausgeführt hat, dass deren Angaben zur Schmerzintensität und Bewegungseinschränkung nicht nachzuvollziehen seien. Vor diesem Hintergrund hätte er allenfalls äußern können, dass er keine sicheren Feststellungen zum quantitativen Leistungsvermögen der Klägerin treffen könne, durfte jedoch unter keinen Umständen unter Zugrundelegung von ihm für unschlüssig gehaltener Beschwerdeschilderungen eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens annehmen. Im Gegensatz dazu hat Dr. N. seine sachverständige Einschätzung anhand der erhobenen Befunde schlüssig begründet. So hat er festgehalten, dass die Klägerin mit der S-Bahn ihre Ärzte aufsuche, obwohl sie gleichzeitig das Vorliegen erheblicher Ängste behaupte. Dr. N. hat festgestellt, dass während der Exploration die Aufmerksamkeit und das Konzentrationsvermögen der Klägerin nicht nachgelassen hätten. Er habe nur eine leicht ausgeprägte depressive Symptomatik und kein Gefangensein im Schmerzerleben festgestellt. Stattdessen hat auch er demonstratives Verhalten und die willensnahe Akzentuierung geklagter Beschwerden beschrieben sowie einen sekundären Krankheitsgewinn der Klägerin durch Entpflichtung und Entlastung gesehen. Eine Therapieresistenz der vorhandenen Leiden bestehe nicht, vielmehr bestünden weitere Behandlungsoptionen wie insbesondere eine psychosomatisch-psychotherapeutisch ausgerichtete schmerzbezogene Behandlung. Die Atteste und der Befundbericht des Herrn Dr. C. wiederum leiden nicht nur an der kaum vorhandenen Wiedergabe objektiver Befunde und dem Abstellen auf subjektive Beschwerdeschilderungen, sondern auch daran, dass es sich bei ihm entgegen der Angabe der Klägerin nicht um einen sie "langjährig behandelnden Psychiater" handelt, der die Klägerin – wie suggeriert – seit 2008 durchgehend behandelt. Vielmehr hat er die Klägerin im Jahr 2008 dreimal gesehen und dann lediglich ein weiteres Mal im Jahr 2013.
Nach alledem kann eigentlich offen bleiben, ob für einen Leistungsfall mit Antragstellung im Juni 2010 oder danach überhaupt noch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung erfüllt wären, wobei das Gericht davon überzeugt ist, dass dies nicht der Fall ist. Nach Aktenlage sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen tatsächlich nur bis März 2009 erfüllt, und der durchgehende Nachweis einer seither bestehenden Arbeitsunfähigkeit bis heute bzw. einer durchgehenden Arbeitsuchendmeldung bis heute ist weder geführt noch ist bei lebensnaher Betrachtungsweise zu erwarten, dass er noch geführt werden kann. Das gesamte jetzige Rentenverfahren einschließlich aller Begutachtungen fand nach diesem Zeitpunkt statt, und im April 2009 hat die Reha-Klinik in M. noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen als Kassiererin angenommen, wie dies später die Sachverständigen Dr. T., Dr. N. und Dr. R. für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt taten. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angedeutete Möglichkeit, dass sie auch noch durchgehende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Jahre vor dem ersten Kontakt zu ihrem Prozessbevollmächtigten im August 2010 zu Hause finden und vorlegen könne, ist fernliegend. Sollte es diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen geben, obwohl angesichts der eben genannten Ausführungen der Reha-Klinik M. und der Sachverständigen hieran inhaltliche Zweifel mehr als angebracht wären, wäre zu erwarten gewesen, dass die Klägerin gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten bei der Erwähnung des Themas im Erstgespräch hierauf hinweist und sie ihm vorlegt.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Im Streit ist ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1964 im damaligen Jugoslawien geborene Klägerin lebt seit 1982 in Deutschland. Sie hat vier Kinder geboren (1982, 1984, 1986 und 1995) und war von 2000 bis 2003 als Altenpflegehelferin, bis 2004 als Kassiererin und im ersten Quartal 2006 als Zimmermädchen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, ab Mitte 2007 dann – allerdings wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei – wiederum als Kassiererin.
Seit 2001 leidet die Klägerin unter Rückenschmerzen, die seit Ende 2005 ausstrahlen. Die Bandscheibe im Segment L 4/5 wurde nach einem Vorfall erstmals im Mai 2006 und dann nach dem Auftreten von Rezidiven im Jahr 2009 erneut mehrfach operativ behandelt. Im Zusammenhang damit gewährte die Beklagte der Klägerin im Zeitraum vom 20. März bis 10. April 2009 eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in der Klinik M., aus der sie laut Entlassungsbericht vom 20. April 2009 arbeitsunfähig als Kassiererin, aber vollschichtig – d.h. für arbeitstäglich 6 Stunden und mehr – leistungsfähig für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen entlassen wurde. Das Versorgungsamt H. stellte durch Bescheid vom 30. Oktober 2009 mit Wirkung ab 29. April 2009 einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" fest, wobei ein Teil-GdB von 50 auf Funktionsstörungen der Wirbelsäule entfiel und ein solcher von 20 auf die bestehende Schwerhörigkeit.
Am 8. Juni 2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente und verwies zur Begründung auf nach dreimaliger Bandscheibenoperation anhaltende rezidivierende Schmerzen sowie auf einen sich nach vier Hörstürzen verschlimmernden Tinnitus.
Die Beklagte veranlasste zunächst eine Untersuchung durch den Arzt für Orthopädie Dr. N ... Der Sachverständige beschrieb in seinem Gutachten vom 15./19. Juli 2010 ein degeneratives Halswirbelsäulensyndrom, eine Epikondylopathie am rechten Ellenbogen, eine beginnende degenerative Polyarthrose der Hände und ein degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom mit Narbenbildung im Bereich des Lendenwirbelkörpers L 5 links. Es liege ein Zustand nach dreimaliger Nukleotomie im Bereich der Lendenwirbelsäule L 4/5 vor. Die Klägerin sei noch in der Lage, sechs Stunden und mehr zu arbeiten. Sie könne dabei leichte Arbeiten, zeitweise im Stehen, Gehen und Sitzen, ohne Arbeiten in Rumpfzwangshaltungen, nicht auf Leitern und Gerüsten sowie ohne häufiges Bücken, Heben und Tragen von mittelschweren und schweren Lasten verrichten.
Auf dieser Grundlage lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 6. August 2010 den Rentenantrag der Klägerin ab; die medizinischen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente seien nicht erfüllt.
Mit ihrem am 8. September 2010 bei der Beklagten eingegangenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie könne dem Gutachten von Dr. N. nicht folgen. Die sozialmedizinische Begutachtung berücksichtige nicht das Zusammenspiel ihrer vielfältigen Einschränkungen. Auch der Kurarzt und das Rückenzentrum A. hätten eine Rente befürwortet. Ihre geringfügige Tätigkeit, die sie seit Sommer 2007 ausübe, überfordere ihre Kräfte und sie fühle sich für den restlichen Tag sehr müde und schlapp.
Die Beklagte holte zunächst zwei Befundberichte von den die Klägerin behandelnden Ärzten Dr. K. (HNO) und Dr. K. (Orthopäde) ein und veranlasste dann zwei Begutachtungen, zunächst durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. (Untersuchung der Klägerin am 13. Januar 2011, Gutachten vom Folgetag) und dann durch den Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. K. (Untersuchung am 1. März 2011, Gutachten vom selben Tag nebst ergänzender Stellungnahme vom 28. März 2011). Beide kamen zu dem Ergebnis, dass das zeitliche Leistungsvermögen der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht eingeschränkt sei.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2011 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert. Vielmehr könne sie sechs Stunden täglich und mehr unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
Hiergegen hat die Klägerin am 27. Juli 2011 Klage beim Sozialgericht (SG) Hamburg erhoben und erklärt, sie könne den Gutachten der Beklagten nicht folgen. Sie verweise auf ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Ihre geringfügige Tätigkeit habe sie im Oktober 2011 aufgegeben.
Die Beklagte hat sich zunächst auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen und zuletzt noch vorgetragen, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen lediglich für einen Leistungsfall der Erwerbsminderung bis spätestens März 2009 erfüllt seien.
Das SG hat im Rahmen der Ermittlungen medizinische Unterlagen der Klägerin aus der Klinik E. und dem Krankenhaus B. beigezogen und Befundberichte behandelnder Ärzte der Klägerin eingeholt, nämlich von dem Arzt für Orthopädie Dr. K., dem Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. W., dem Radiologen Dr. F. und dem Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. K ... Auf Veranlassung des SG hat der Arzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Sozialmedizin Dr. T. die Klägerin am 20. September 2012 ambulant untersucht und anschließend unter dem 4. Oktober 2012 schriftlich begutachtet. Der Sachverständige hat als sozialmedizinisch relevant wiederholt auftretende Muskelreizerscheinungen der Lendenwirbelsäule bei bandscheibenbedingter Erkrankung mit Störung des sensiblen Bereichs der L-5-Nervenwurzel links und dreimal operiertem Bandscheibenvorfall im Segment L 4/L5 mit kernspintomografisch nachgewiesener Restbedrängung der linken L-5-Nervenwurzel, mäßige Verschleißumformungen des mittleren Halswirbelsäulenabschnitts mit geringgradigen Einschränkungen der Beweglichkeit ohne Muskelreizerscheinungen, einen ohne Einschränkung verheilten Speichenkopfbruch links 2007 und eine Zerrung des linken Sprunggelenks im September 2012 diagnostiziert. Die Klägerin sei noch in der Lage, leichte Arbeiten (fünf bis zehn Kilogramm) im Sitzen, Gehen und Stehen zu verrichten. Längerfristiges Stehen oder Sitzen von mehr als einer Stunde sollten vermieden werden. Ebenso sollten repetitive Drehbewegungen und häufige Zwangshaltungen vermieden werden. Die Klägerin könne nicht mehr in Wechselschicht, im Akkord, unter klimatisch belastenden Bedingungen sowie auf Leitern und Gerüsten arbeiten. Auch Arbeiten mit Publikumsverkehr seien ausgeschlossen. Die Klägerin sei noch in der Lage, sechs Stunden und mehr täglich die beschriebenen leichten Arbeiten zu verrichten.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat auch der Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Chirurgie sowie Sportmedizin Dr. T. nach deren Untersuchung am 28. Februar 2013 unter dem 15. Mai 2013 ein Sachverständigengutachten erstellt. Er hat ein über das normale altersentsprechende Maß hinausgehendes Wirbelsäulenleiden in drei Abschnitten mit mäßiggradigem Verschleißumbau der mittleren Halswirbelsäule und der mittleren Brustwirbelsäule sowie erheblichem Verschleiß der Lendenwirbelsäule mit Bandscheibenschaden und subtotalem Bandscheibenverlust im Bereich L 4/L 5 mit narbiger Nervenwurzelbedrängung L 5 links sowie eine Schwerhörigkeit beschrieben. Weiter hat der Gutachter ausgeführt, er stimme den Vorgutachtern in qualitativer Hinsicht zu, nicht aber in quantitativer. Die von der Klägerin in der Vergangenheit ca. dreistündig täglich durchgeführte Arbeitsbelastung sei aber aus seiner Sicht nicht nur tolerabel, sondern auch medizinisch sinnvoll.
Die Klägerin hat Atteste des sie behandelnden Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. C. vom 16.September 2013 und 29. September 2014 vorgelegt, der die Auffassung von der T. geteilt und ausgeführt hat, es wäre sinnvoll, die Klägerin für zumindest zwei Jahre vom Druck, arbeiten zu müssen, zu befreien und vorhandene Behandlungsansätze zu verfolgen. Auf Anforderung des SG hat Dr. C. noch einen Befundbericht vom 4. November 2013 erstellt. Die Klägerin hat des Weiteren einen Bericht aus dem Marienkrankenhaus über einen stationären Aufenthalt vom 29. Oktober bis 5. November 2013 wegen eines Hörsturzes vorgelegt.
Auf Veranlassung des SG ist die Klägerin am 13. März 2014 durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. ambulant untersucht und anschließend begutachtet worden. Der Sachverständige hat unter dem 15. März 2014 als Diagnosen Angst und depressive Störung gemischt, chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, Polyarthralgien, Kopfschmerzen, Dorsolumbalgien und Lumboischialgien, ein sensibles L 5/S 1-Syndrom bei Postnukleotomiesyndrom im Bereich L 4/5 nach Bandscheibenoperation 2006 und 2009, eine Adipositas, einen arteriellen Bluthochdruck, eine Hörminderung mit Tinnitus beidseits und Hörgeräteversorgung links und einen Zustand nach Distorsion des linken Sprunggelenks 2012 beschrieben. Die Klägerin könne noch leichte körperliche Arbeit einfacher geistiger Art mit geringer Verantwortung aus wechselnden Körperpositionen heraus, ohne körperliche Zwangshaltungen und ohne Zeitdruck, nicht unter Nachtarbeits- oder Akkordarbeitsbedingungen, nur zu ebener Erde, nicht auf Leitern oder Gerüsten oder sonst gefährdenden Arbeitsplätzen verrichten. Diese Arbeiten könne sie regelmäßig vollschichtig (sechs Stunden und mehr) verrichten. Hemmungen gegenüber einer solchen Arbeitsleistung könne die Klägerin überwinden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 29. Oktober 2014 ist der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. R. zu den Erkrankungen der Klägerin und ihrem Leistungsvermögen gehört worden. Er hat sich der gutachterlichen Einschätzung des Herrn Dr. N. angeschlossen. Das Gutachten sei schlüssig und nachvollziehbar. Der Inhalt der von der Klägerin vorgelegten Kopie des Befundes einer Skelettszintigraphie vom 20. Oktober 2014 führe zu keinen Änderungen an dem festgestellten Leistungsvermögen und den festgestellten Diagnosen. Genannt würden der Nachweis eines Fersensporn rechts, degenerative Veränderungen in einzelnen Fußgelenken rechts sowie im Bereich der Hände beidseits ohne Anhalt für eine systemische Arthritis. Mit Blick auf die Ausführungen von Dr. C. hat Dr. R. geäußert, dass der Umstand, dass eine Richtlinienpsychotherapie oder auch eine stationäre Behandlung in einer psychiatrisch-psychotherapeutischen oder psychosomatischen Klinik nicht erfolgt seien, gegebenenfalls auch Rückschlüsse auf einen eventuell reduzierten Leidensdruck zuließe.
Daraufhin hat das SG die Klage mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht habe es die Beklagte mit den angefochtenen Bescheiden abgelehnt, der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Das Leistungsvermögen der Klägerin sei zwar unter Berücksichtigung ihrer Erkrankungen eingeschränkt, aber nicht rentenrelevant aufgehoben. Für die Kammer überzeugend hätten die medizinischen Sachverständigen Dres. T., N. und R. bei der Klägerin Angst und depressive Störung gemischt, ein chronisches Schmerzsyndrom mit somatischen und psychischen Faktoren, ein sensibles L 5/S 1-Syndrom bei Postnukleotomie-Syndrom nach Operationen in 2006 und 2009, Adipositas, arteriellen Bluthochdruck, Hörminderung und Tinnitus beidseits sowie einen Zustand nach Distorsion des linken Sprunggelenks 2012 festgestellt. Auch die von Herrn Dr. T. im Rahmen seines Gutachtens nach § 109 SGG erhobenen Befunde und festgestellten Diagnosen unterschieden sich nicht wesentlich von denen, die die übrigen gerichtlichen Sachverständigen in ihren Gutachten dargelegt hätten. Die Klägerin sei nach alledem noch in der Lage, leichte körperliche Arbeit einfacher geistiger Art mir geringer Verantwortung in wechselnden Körperpositionen, ohne körperliche Zwangshaltungen und ohne Zeitdruck sowie Nachtarbeits- oder Akkordarbeitsbedingungen zu verrichten, wenn diese Arbeiten zu ebener Erde verrichtet würden. Hinsichtlich des zeitlichen Leistungsvermögens sei den Sachverständigen Dres. T., N. und R. zuzustimmen, denn die Klägerin könne noch regelmäßig vollschichtig, d. h. sechs Stunden und mehr, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein, wenn die oben genannten qualitativen Einschränkungen beachtet würden. Die Kammer könne nicht die Einschätzung des Herrn Dr. T. teilen. Dieser sehe eine Einschränkung des zeitlichen Leistungsvermögens. Das sei nicht überzeugend, denn immerhin halte es Herr Dr. T. für möglich, dass die Klägerin die bisher durchgeführten Tätigkeiten im Rahmen ihrer geringfügigen Beschäftigung mit ca. drei Stunden täglich weiterhin verrichten könne. Dazu sei anzumerken, dass es sich hierbei um Tätigkeiten als Kassiererin in einem Einrichtungshaus handele, bei der die Klägerin sowohl in Zwangshaltungen, aber auch mit wiederkehrenden Drehbewegungen im Bereich der Wirbelsäule zu rechnen habe. Wenn diese Arbeiten nach Einschätzung von Dr. T. noch drei Stunden täglich möglich sein sollen, dann könnten wesentlich leichtere körperliche Arbeiten auch noch sechs Stunden und mehr verrichtet werden. Auch aus den Ausführungen des behandelnden Arztes für Psychiatrie Dr. C. ergebe sich nicht, dass das Leistungsvermögen der Klägerin in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt sei, wenn sie die beschriebenen leichten körperlichen Arbeiten verrichte. Dr. C. als behandelnder Arzt verkenne, dass von den Gutachtern, aber auch vom Gericht, die Beschwerden der Klägerin durchaus ernst genommen würden. Lediglich ihre Beschwerdeschilderung allein könne aber nicht tragend sein für eine abweichende Leistungsbeurteilung in zeitlicher Hinsicht. Aus den Stellungnahmen von Herrn Dr. C. ergäben sich keinerlei Befunde, die eine andere Beurteilung des Leistungsvermögens in zeitlicher Hinsicht rechtfertigten. Mit dem beschriebenen Leistungsvermögen sei die Klägerin noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein. Dieser gelte nicht als verschlossen. Da bei ihr weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorlägen, seien auch keine Tätigkeiten zu benennen, die sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Berücksichtigung des beschriebenen Leistungsvermögens noch verrichten könnte. Bei den Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt komme es bei einem uneingeschränkten zeitlichen Leistungsvermögen nicht darauf an, ob die Klägerin tatsächlich einen entsprechenden Arbeitsplatz erhalte oder ob die Arbeitgeber anderen Arbeitsuchenden bei der Einstellung auf solche Arbeitsplätze den Vorzug gäben. Dies gehöre nicht zum versicherten Risiko der Beklagten. Die Klägerin habe auch schon deshalb keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI, weil sie nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren sei.
Gegen dieses, ihrem Prozessbevollmächtigten am 17. November 2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 17. Dezember 2014 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag wiederholt und vertieft. Sie rügt, dass die Urteilsbegründung des SG eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Sachverständigengutachten vermissen und offen lasse, welche Gesichtspunkte die Kammer überzeugt hätten. Nachdem die Klägerin zunächst auf die Anfrage des Berichterstatters, ob es zu einer Verschlimmerung der Gesundheitsstörungen seit der letzten Begutachtung gekommen sei und gegebenenfalls inwiefern und wo sie behandelt werde, trotz Erinnerung nicht geantwortet hat, hat sie in der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015 einen ärztlichen Bericht der Schmerzambulanz A. vom 8. April 2015 über eine dortige Vorstellung am selben Tag zur Akte gereicht und ergänzt, dass sie den überreichten ärztlichen Bericht vor kurzem zusammen mit Röntgenaufnahmen erhalten habe und dass sie sich seit etwa 2 Monaten in der Schmerzambulanz in Behandlung befinde. Danach liege bei ihr u.a. eine chronische Schmerzerkrankung vor. Darüber hinaus sei sie bei ihrer Orthopädin Dr. Koch und ihrem Psychiater Dr. C. in Behandlung. Nach Bekräftigung der Vertreterin der Beklagten, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur für einen Leistungsfall bis spätestens März 2009 erfüllt seien, erklärt die Klägerin, dass sie zu keinem Zeitpunkt Arbeitslosengeld II bezogen habe und sich zuletzt vor ihrer Erkrankung bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet habe, danach nicht mehr. Der Bevollmächtigte der Klägerin erklärt, dass ab der ersten Kontaktaufnahme zu ihm im August 2010 durchgehende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorlägen, die auch vorgelegt werden könnten. Nach Feststellung, dass der letzte Beitrag aus Krankengeld für Mai 2007 gezahlt wurde, erklärt die Klägerin, dass sie es für nicht ausgeschlossen halte, dass sie auch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Zeitraum von Mai 2007 bis August 2010 nachreichen könne. Vor diesem Hintergrund regt sie die Vertagung der mündlichen Verhandlung an.
In der Sache beantragt die Klägerin,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. Oktober 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Juni 2011 aufzuheben und die Beklagte dem Grunde nach zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer ab dem 1. Juli 2010 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil des SG für richtig und nimmt hierauf sowie auf ihr eigenes bisheriges Vorbringen einschließlich des Hinweises auf das Fehlen der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für etwaige Leistungsfälle nach dem März 2009 Bezug.
Die Beteiligten haben durch Erklärungen vom 16. April 2015 (Klägerin) und 28. Januar 2015 (Beklagte) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Berichterstatters anstelle des Senats erteilt (§ 155 Abs. 3 und 4 SGG).
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 1. Juli 2015, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der ausweislich der Sitzungsniederschrift beigezogenen, zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten und Unterlagen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässige Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in deren Rechten. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI noch auf Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI.
Das Gericht nimmt auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 27. Juni 2011 Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§§ 153 Abs. 2, 136 Abs. 3 SGG).
Es gibt keine Anhaltspunkte für eine für diesen Rechtsstreit relevante, seit der letzten Begutachtung und der mündlichen Verhandlung vor dem SG eingetretene wesentliche Verschlechterung des Leistungsvermögens der Klägerin, das nach den schlüssigen Ausführungen der vom Sozialgericht beauftragten Sachverständigen Dr. T., Dr. N. und Dr. R. keinen Rentenanspruch wegen Erwerbsminderung zu begründen vermag. Der in der mündlichen Verhandlung vom 1. Juli 2015 eingereichte Befundbericht der Schmerzambulanz A. vom 8. April 2015 nach erstmaliger dortiger Vorstellung am selben Tag betrifft allenfalls ein rentenrechtlich noch nicht relevantes Behandlungsleiden, weil es seit weniger als sechs Monaten besteht bzw. festgestellt ist und derzeit ärztlich behandelt wird.
Da die Klägerin mit der Berufung rügt, dass ihr bei der Lektüre des angefochtenen Urteils des SG nicht deutlich geworden sei, welche Gesichtspunkte die Kammer überzeugt hätten, sei noch ergänzend ausgeführt, dass die Einschätzung eines quantitativen Leistungsvermögens im Gutachten des Herrn Dr. T. nach § 109 SGG nicht nur wegen der fehlenden Begründung angesichts der von ihm erhobenen, im Wesentlichen mit den des Herrn Dr. T. übereinstimmenden Befunde und der Angabe, dass eine dreistündige Tätigkeit als Kassiererin sinnvoll und tolerabel, eine sechsstündige leichte Tätigkeit hingegen nicht zumutbar sei, unschlüssig ist, sondern auch, weil Dr. T. selbst im Gutachten eine Tendenz der Klägerin zu demonstrativen Verhalten festgestellt und ausgeführt hat, dass deren Angaben zur Schmerzintensität und Bewegungseinschränkung nicht nachzuvollziehen seien. Vor diesem Hintergrund hätte er allenfalls äußern können, dass er keine sicheren Feststellungen zum quantitativen Leistungsvermögen der Klägerin treffen könne, durfte jedoch unter keinen Umständen unter Zugrundelegung von ihm für unschlüssig gehaltener Beschwerdeschilderungen eine quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens annehmen. Im Gegensatz dazu hat Dr. N. seine sachverständige Einschätzung anhand der erhobenen Befunde schlüssig begründet. So hat er festgehalten, dass die Klägerin mit der S-Bahn ihre Ärzte aufsuche, obwohl sie gleichzeitig das Vorliegen erheblicher Ängste behaupte. Dr. N. hat festgestellt, dass während der Exploration die Aufmerksamkeit und das Konzentrationsvermögen der Klägerin nicht nachgelassen hätten. Er habe nur eine leicht ausgeprägte depressive Symptomatik und kein Gefangensein im Schmerzerleben festgestellt. Stattdessen hat auch er demonstratives Verhalten und die willensnahe Akzentuierung geklagter Beschwerden beschrieben sowie einen sekundären Krankheitsgewinn der Klägerin durch Entpflichtung und Entlastung gesehen. Eine Therapieresistenz der vorhandenen Leiden bestehe nicht, vielmehr bestünden weitere Behandlungsoptionen wie insbesondere eine psychosomatisch-psychotherapeutisch ausgerichtete schmerzbezogene Behandlung. Die Atteste und der Befundbericht des Herrn Dr. C. wiederum leiden nicht nur an der kaum vorhandenen Wiedergabe objektiver Befunde und dem Abstellen auf subjektive Beschwerdeschilderungen, sondern auch daran, dass es sich bei ihm entgegen der Angabe der Klägerin nicht um einen sie "langjährig behandelnden Psychiater" handelt, der die Klägerin – wie suggeriert – seit 2008 durchgehend behandelt. Vielmehr hat er die Klägerin im Jahr 2008 dreimal gesehen und dann lediglich ein weiteres Mal im Jahr 2013.
Nach alledem kann eigentlich offen bleiben, ob für einen Leistungsfall mit Antragstellung im Juni 2010 oder danach überhaupt noch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen Erwerbsminderung erfüllt wären, wobei das Gericht davon überzeugt ist, dass dies nicht der Fall ist. Nach Aktenlage sind die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen tatsächlich nur bis März 2009 erfüllt, und der durchgehende Nachweis einer seither bestehenden Arbeitsunfähigkeit bis heute bzw. einer durchgehenden Arbeitsuchendmeldung bis heute ist weder geführt noch ist bei lebensnaher Betrachtungsweise zu erwarten, dass er noch geführt werden kann. Das gesamte jetzige Rentenverfahren einschließlich aller Begutachtungen fand nach diesem Zeitpunkt statt, und im April 2009 hat die Reha-Klinik in M. noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen als Kassiererin angenommen, wie dies später die Sachverständigen Dr. T., Dr. N. und Dr. R. für Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt taten. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung angedeutete Möglichkeit, dass sie auch noch durchgehende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Jahre vor dem ersten Kontakt zu ihrem Prozessbevollmächtigten im August 2010 zu Hause finden und vorlegen könne, ist fernliegend. Sollte es diese Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen geben, obwohl angesichts der eben genannten Ausführungen der Reha-Klinik M. und der Sachverständigen hieran inhaltliche Zweifel mehr als angebracht wären, wäre zu erwarten gewesen, dass die Klägerin gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten bei der Erwähnung des Themas im Erstgespräch hierauf hinweist und sie ihm vorlegt.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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