L 2 SO 1733/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SO 1855/14
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 1733/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. März 2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten steht die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen einer geltend gemachten Laktoseintoleranz im Streit.

Die 1958 geborene Klägerin ist schwerbehindert (Grad der Behinderung (GdB) 100 seit dem 30. Dezember 2010 - Bescheid des Landratsamtes vom 19. Dezember 2012 - Bl. 809 Verwaltungsakte - VA -) mit dem Merkzeichen "G" und leidet u.a. an einer Gehbehinderung sowie an einem Tourette-Syndrom. Aufgrund dauerhafter voller Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) (vgl. Mitteilung der DRV Bund vom 6. September 2010 an den Beklagten - Bl. 101 VA) bezieht die Klägerin vom Beklagten seit dem 1. September 2010 (Bescheid vom 15. September 2010 -Bl. 115 VA) Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Seit dem 1. Januar 2014 betragen nach dem Bewilligungsbescheid vom 13. November 2013 (Bl. 1101 VA) die monatlichen Leistungen insgesamt 644,76 EUR, nämlich der Regelsatz in Höhe von 353,00 EUR, ein Mehrbedarf wegen Alters in Höhe von 60,01 EUR sowie Kosten der Unterkunft anteilig bezogen auf die Klägerin 231,75 EUR.

Am 20. März 2014 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung und legte hierzu eine Bescheinigung ihrer Hausärztin Dr. Sch. über das Vorliegen des Tourette-Syndroms sowie eine Laktoseintoleranz vor (Bl. 1187 Verwaltungsakte).

Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Gesundheitsamtes R. ein. Darin vertrat Dr. St. in seiner Äußerung vom 3. April 2014 die Auffassung, dass für die genannte Erkrankung ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nicht anzuerkennen sei. Grundlage seien insbesondere auch die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge.

Mit Bescheid vom 8. April 2014 lehnte daraufhin die Beklagte die Gewährung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung unter Bezugnahme auf die Stellungnahme von Dr. St. ab.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, dass nach dem Gesetz und von Gerichten entschiedenen Präzedenzfällen bei Laktoseintoleranz eine kostenaufwändige Diät einzuhalten sei und legte hierzu weitere Unterlagen vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Mai 2014 (Bl. 1207) wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und verwies zusätzlich auf die Auflistung in den Sozialhilferichtlinien zu § 30 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) - SHR 30.23 ff. -.

Dagegen hat die Klägerin am 2. Juni 2014 vor dem Sozialgericht (SG) Karlsruhe Klage erhoben. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, weitere Tests zur Feststellung einer Laktoseintoleranz seien durchzuführen, insbesondere ein "H2-Atemtest". Diese Tests hätten bisher aufgrund von Komplikationen wegen ihrer anderen Erkrankungen nicht funktioniert. Sie zeige nach der Einnahme von Lebensmitteln mit Laktose erhebliche gesundheitliche Einschränkungen wie Krämpfe, Durchfall, Nervosität und Schlafstörungen. Die Klägerin hat noch eine Bescheinigung der Ernährungswissenschaftlerin, der Diplom-Ökotrophologin B.-G. vom 25. August 2014 (Bl.80 SG-Akte) vorgelegt, wonach ein Test auf Laktoseintoleranz aus medizinischen Gründen bei der Klägerin nicht habe durchgeführt werden können. Da ein Weglassen laktosehaltiger Lebensmittel die Beschwerden laut Aussage der Klägerin verringere, sei von einer Laktoseintoleranz auszugehen.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass bereits eine Laktoseintoleranz nicht nachgewiesen sei und im Übrigen nach den Mehrbedarfsempfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge grundsätzlich bei Laktoseintoleranz nicht von Mehrkosten auszugehen sei, wobei die Klägerin auch keine konkreten Hinweise dafür vorgetragen habe, dass in ihrem konkreten Fall hiervon abzuweichen sei. Ferner hat die Beklagte eine aktuelle Stellungnahme von Dr. St. vom 21. August 2014 vorgelegt, wonach dieser auch nach erneuter Prüfung des Sachverhalts zu keiner abweichenden Entscheidung gelangt sei.

Das SG hat im Weiteren die Diplom-Ökotrophologin B.-G. als sachverständige Zeugin gehört. Die Zeugin B.-G. hat darin u.a. angegeben, dass nach Aktenlage eine Laktose-Maldigestion (luminale Fehlverdauung von Laktose) möglich sei. Entgegen ihrer Beratung zu einer dreistufigen Vorgehensweise, bei der in der ersten Phase zwei bis drei Wochen eine laktosearme Kost durchgeführt werden sollte, um Beschwerdefreiheit zu erreichen, habe die Klägerin eine Woche lang Milchprodukte mit Laktose zu sich genommen und ihre Beschwerden dokumentiert. In der darauffolgenden Woche habe sie auf laktosehaltige Produkte verzichtet, wobei sich nach ihrer Meinung ihre Beschwerden verringert hätten. Des Weiteren gab die Ernährungsberaterin B.-G. an, entgegen den übersandten Stellungnahmen von Dr. St. vertrete sie die Auffassung, dass ein Kostenmehrbedarf bei Laktoseintoleranz vorliege. Die Hausärztin Dr. Sch. hat in der ebenfalls vom SG noch eingeholten sachverständigen Zeugenauskunft vom 17. November 2014 mitgeteilt, dass sich der Verdacht auf Laktoseintoleranz bei der Klägerin nicht habe bestätigen lassen (mit Hinweis auf einen beigefügten Befundbericht des Internisten Dr. G. vom 2. Mai 2011). Den Feststellungen von Dr. St. vom 3. April 2014 und 21. August 2014 stimme sie zu. Es seien weder eine Laktoseintoleranz, chronische Darmerkrankungen noch ein Untergewicht feststellbar.

Mit Gerichtsbescheid vom 31. März 2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass streitgegenständlich alleine die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 30 SGB XII sei, nachdem die Klägerin ihre Klage ausdrücklich hierauf beschränkt habe (Hinweis auf Urteil des BSG vom 26. August 2008 - B 8/9b SO 10/06 R -, BSGE 101, 217 bis 224, SozR 4-3500 § 133a Nr. 1, SozR 4-3500 § 35 Nr. 2 Rdnr. 12). Für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürften, werde nach § 30 Abs. 5 SGB XII ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Die Klage sei jedoch unbegründet, weil das Tourette-Syndrom einen Mehrbedarf für Ernährung nicht erfordere (mit Hinweis auf die Stellungnahme von Dr. St. vom 3. April 2014 und 21. August 2014, insbesondere Bl. 3 Ziff. 4 der Stellungnahme vom 21. August 2014). Bezüglich einer Laktoseintoleranz bestehe schon deswegen nach Auffassung des SG kein Mehrbedarf, weil diese Erkrankung bei der Klägerin nicht vorliege. Nachdem auch die Hausärztin Dr. Sch. ausgehend vom Befundbericht des Internisten Dr. G. die Auffassung vertrete, dass eine Laktoseintoleranz nicht vorliege, könne auch ein diesbezüglicher Mehrbedarf nicht anerkannt werden. Die abweichende Beurteilung der Ernährungsberaterin B.-G. beruhe erkennbar auf der Prämisse, dass bei der Klägerin tatsächlich eine Laktoseintoleranz vorliege, wozu die Ernährungsberaterin selbst jedoch keine eigenständigen Feststellungen getroffen habe, sondern sich auf die Angaben der Klägerin zu Verdauungsbeschwerden nach Laktosegenuss beziehe. Dass diese aufgetreten seien, habe offenbar auch seine Ursache darin, dass die Klägerin nach Auskunft der Ernährungsberaterin die vereinbarten Ernährungsempfehlungen nicht eingehalten habe. Im Übrigen würde nach Auffassung des SG selbst bei Vorliegen einer Laktoseintoleranz ein Anspruch auf einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nicht bestehen, da dies nach den schlüssigen Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe vom 4. Dezember 2014 (4. Auflage 2014) nur in Ausnahmefällen anzunehmen sei (angeborener Laktasemangel, der einer medizinischen Behandlung bedarf; Kinder bis zum sechsten Lebensjahr), welche vorliegend nicht einschlägig seien. Im Übrigen werde auf den Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 17. März 2015 (L 7 SO 5332/14 B) Bezug genommen, mit dem die Beschwerde der Klägerin gegen die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren zurückgewiesen worden war.

Die Klägerin hat gegen den ihrem damaligen Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 1. April 2015 übersandten Gerichtsbescheid (EB fehlt in der SG-Akte) am 29. April 2015 (Eingang beim SG) Berufung zum Landessozialgericht erhoben. Zur Begründung macht die Klägerin u.a. geltend, dass das BSG beschlossen habe, dass Mehrbedarf auch gewährt werden könne, wenn es um eine Krankheit gehe, die nicht in der Auflistung des offiziellen Katalogs sei, auch wenn die Laktoseintoleranz nicht auf der Liste der Krankheiten sei, für die Mehrbedarf gewährt werde (Hinweis auf Urteil des BSG vom 14. Februar 2013 - B 14 AS 48/12 R -). Das BSG habe darauf hingewiesen, dass die Auflistung der Krankheiten nicht vollständig sei. Die Klägerin hat weiter u.a. geltend gemacht, dass sie monatlich zwischen 50,00 und 70,00 EUR Mehrkosten für entsprechende Produkte habe. Sie kaufe diese Produkte wahlweise, sie könne auf Milchprodukte nicht verzichten, aus praktischen und medizinischen Gründen. Auch führe ein Verzicht auf diese Produkte zu der Gefahr der Entstehung eines Mangels an Mineralien, Vitaminen, Kalzium, Kalium, Jod usw. Es entstehe auch die Gefahr einer Osteoporose. Ein H2-Atemtest habe im Hinblick auf ihre Erkrankung, das Tourette-Syndrom, nicht durchgeführt werden können. Auch habe sie schon in der Vergangenheit an Erkrankungen des Magendarmsystems gelitten, so habe sie u.a., als sie 20, 22 Jahre alt gewesen sei, eine starke Dysbakteriose gehabt. Des Weiteren habe die Ernährungsberaterin B.-G. die Diagnose Laktoseintoleranz bestätigt und anhand von zwei von der Klägerin geschriebenen Protokollen anerkannt. Im Weiteren hat die Klägerin noch verschiedene Unterlagen zur Frage der Laktoseintoleranz sowie nochmals die Bescheinigung der Ernährungsberaterin B.-G. vom 25. August 2014 vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 31. März 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. April 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Mai 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (zwei Bände) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.

II.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat zu Recht einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung im Hinblick auf die hier geltend gemachte Laktoseintoleranz verneint.

Hierzu hat bereits der 7. Senat des LSG in seinem Beschluss vom 17. März 2015 (L 7 SO 5332/14 B) über die Beschwerde der Klägerin gegen den die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren ablehnenden Beschluss des SG vom 1. Dezember 2014 ausgeführt:

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen den Bescheid vom 8. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Mai 2014 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 20. März 2014 auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 30 Abs. 5 Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (SGB XII) abgelehnt hatte. Im Recht der Sozialhilfe bildet ein Mehrbedarf i.S. des § 30 SGB XII einen eigenständigen abgrenzbaren Streitgegenstand, der zum alleinigen Inhalt eines Rechtsstreits gemacht werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 26. August 2008 - B 8 9 B SO 10/06 R - juris Rdnr. 12 ff.). Nach § 30 Abs. 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt. Nach der Parallelvorschrift im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II wird bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt (§ 21 Abs. 5 SGB II). Damit wird zwar der Kreis der Anspruchsberechtigten in § 21 Abs. 5 SGB II und § 30 Abs. 5 SGB XII jeweils anders definiert, jedoch bestehen zwischen den beiden Normen keine inhaltlichen Unterschiede. Die Vorschriften sind gleich auszulegen (BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 100/10 R - juris Rdnr. 18 ff.; Urteil vom 9. Juni 2011 - B 8 SO 11/10 R - juris Rdnr. 24). Voraussetzung für den Rechtsanspruch auf einen Mehrbedarf ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine besondere Ernährung erforderlich macht, deren Kosten höher sind als dies für Personen ohne eine solche Einschränkung der Fall ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. bspw. Urteil vom 14. Februar 2013 - B 14 AS 48/12 R - juris Rdnr. 12 und Urteil vom 20. Februar 2014 - B 14 AS 65/12 R - juris Rdnr. 13 jeweils m.w.N.). Es muss ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer bestehenden oder einer drohenden Erkrankung oder Behinderung und der Notwendigkeit einer besonderen Ernährung vorliegen und diese besondere "Krankenkost" muss gegenüber der in der Bevölkerung üblichen, im Regelfall zum Ausdruck kommenden Ernährung kostenaufwändiger sein (BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, a. a. O.). Der Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung aus medizinischen Gründen soll helfen, im Hinblick auf die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums eine Ernährung zu finanzieren, mit der der Verlauf einer (bestehenden) gesundheitlichen Beeinträchtigung durch Abmilderung von deren Folgen, Verhinderung oder Hinauszögern einer Verschlechterung oder deren (drohenden) Eintretens beeinflusst werden kann (BSG, Urteil vom 20. Februar 2014, a.a.O. Rdnr. 15). Dabei ist zu beachten, dass § 30 Abs. 5 SGB XII lediglich den Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung erfasst. Der notwendige Bedarf für Ernährung wird als ein Teil der Regelleistung bzw. des Regelbedarfs typisierend zuerkannt, wobei von der Deckung der laufenden Kosten eines typischen Leistungsberechtigten im Rahmen eines soziokulturellen Existenzminimums für eine ausreichende ausgewogene Ernährung im Sinne einer ausreichenden Zufuhr von Proteinen, Fetten, Kohlehydraten, Mineralstoffen und Vitaminen ausgegangen wird (BSG, Urteil vom 20. Februar 2014, a.a.O., Rdnr. 13). Damit gilt im Ergebnis eine Vollkosternährung als vom Regelbedarf gedeckt, weil es sich hierbei um eine ausgewogene Ernährungsweise handelt, die auf das Leitbild des gesunden Menschen Bezug nimmt (bspw. BSG, Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 100/10 R - juris Rdnr. 24). Nach der Rechtsprechung des BSG haben die Gerichte einen streitig gebliebenen krankheitsbedingten Mehrbedarf im Einzelfall aufzuklären (dazu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 14. Februar 2013, a. a. O. Rdnr. 15; ferner Urteil vom 9. Juni 2011 - B 8 SO 11/10 R - juris Rdnr. 24). Dazu ist zunächst zu überprüfen, welches besondere Ernährungsbedürfnis ernährungsmedizinisch, d.h. durch die Erkrankung, begründet ist. Erst wenn feststeht, welches medizinisch begründete Ernährungsbedürfnis im Einzelfall besteht, kommt es darauf an, ob hierdurch auch höhere Kosten entstehen.

Ausgehend von diesen Maßstäben hat das SG zutreffend die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung der Klägerin verneint. Zwar hat die behandelnde Fachärztin für Innere Medizin Sch. unter dem 13. März 2014 der Klägerin zunächst die Notwendigkeit der Ernährung mit laktosefreien Produkten wegen einer Laktoseintoleranz bescheinigt, jedoch in ihrer Stellungnahme vom 16. November 2014 gegenüber dem SG, die im Übrigen im PKH-Verfahren zu berücksichtigen ist, nachdem die Klägerin erst im Anschluss (28. November 2014) einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt benannt und klar zum Ausdruck gebracht hat, dass sie in dem für sie kostenfreien Klageverfahren (§ 183 SGG) PKH begehrt, - in Übereinstimmung mit den Feststellungen des Dr. St. vom Gesundheitsamt des Landratsamtes R.t (Stellungnahmen vom 3. April und 21. August 2014) - die Notwendigkeit einer Krankenkost verneint. Sie hat unter Bezugnahme auf einen Befundbericht des Facharztes für Innere Medizin Dr. G. ausgeführt, dass sich der Verdacht auf eine Laktoseintoleranz nicht bestätigt habe und bei der Klägerin auch keine chronischen Darmerkrankungen und Untergewicht festzustellen seien. Die abweichende Beurteilung der Ernährungsberaterin B.-G., die die Klägerin im Rahmen einer seitens der Krankenkasse AOK finanzierten Präventionsmaßnahme zum Thema Ernährung beraten hat, beruht auf der Prämisse, dass bei der Klägerin tatsächlich eine Laktoseintoleranz vorliegt. Eine solche ist aber - wie ausgeführt - gerade nicht festgestellt worden. Auch hat die Klägerin nach der Auskunft der Ernährungsberaterin die vereinbarten Ernährungsempfehlungen nicht eingehalten. Statt der empfohlenen dreistufigen Vorgehensweise (laktosefrei, streng laktosearm, laktosearm) hat die Klägerin ihren Angaben zufolge in der ersten Woche Milchprodukte und Brot und in der zweiten Woche laktosearme Produkte verzehrt, so dass den in ihrem Ernährungstagebuch dokumentierten Beschwerden nur eine eingeschränkte Aussagekraft zukommt. Die Einwendungen der Klägerin, das Diagnoseverfahren betreffend einen Laktoseintoleranz H2-Atemtest habe wegen des bei ihr vorliegenden Gilles-de-la-Tourette-Syndroms nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden können und es stünden noch andere Diagnoseverfahren zur Feststellung der bestehenden Laktoseintoleranz zur Verfügung, führt zu keinem anderen Ergebnis. Selbst wenn bei der Klägerin eine Laktoseintoleranz vorliegen sollte, wovon der Senat aufgrund der Stellungnahme der behandelnden Ärztin Sch. nicht ausgeht, so würde dies nur im Ausnahmefall zu einem Mehrbedarf i.S. des § 30 Abs. 5 SGB XII führen. Denn nach den Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostenzulagen in der Sozialhilfe vom 4. Dezember 2014 (4. Auflage 2014), die nach der Rechtsprechung des BSG als Orientierungshilfe dienen und insbesondere zu einem Abgleich mit den Ergebnissen der Amtsermittlung führen können (z.B. BSG, Urteil vom 22. November 2011 - B 4 AS 138/10 R - juris), ist bei Laktoseintoleranz eine kostenaufwändige Ernährung nicht notwendig. Danach gibt es nach dem aktuellen Stand der Ernährungsmedizin therapeutisch bei Laktoseintoleranz keine spezielle Diät; vielmehr wird eine Vollkost mit einer auf das Beschwerdebild angepassten Ernährung empfohlen. Die ernährungsmedizinische Behandlung besteht im Meiden von Nahrungsmitteln, die nicht vertragen werden (z.B. Kuhmilch). Die Deckung des Kalziumbedarfs ist insbesondere durch den Verzehr von Milchprodukten möglich, die von Natur aus sehr geringe Mengen an Laktose enthalten (z.B. reifer Käse). Ausnahmen gelten für Besonderheiten im Einzelfall (angeborener Laktasemangel, der einer medizinischen Behandlung bedarf; Kinder bis zum 6. Lebensjahr). Ein solcher Ausnahmefall liegt ersichtlich nicht vor.

Diesen Ausführungen schließt sich der Senat vollumfänglich an und macht sie sich zu eigen. Aus den Einlassungen der Klägerin im Berufungsverfahren ergibt sich im Übrigen nichts Neues.

Aus diesen Gründen ist daher die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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