L 10 R 2535/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 1610/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2535/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.05.2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt höhere Altersrente für Frauen ab dem 01.09.2010 unter ungekürzter Berücksichtigung der in der damaligen U. zwischen dem 01.01.1970 bis 31.12.1978 zurückgelegten Versicherungszeiten sowie unter Zuordnung der im Zeitraum von 1967 bis 1980 zurückgelegten versicherungsrechtlichen Zeiten zum Wirtschaftsbereich 02 (Chemische Industrie).

Die 1950 in der U. geborene Klägerin siedelte im Oktober 1989 in das Bundesgebiet über. Sie ist im Besitz des Vertriebenenausweises "A". Am 04.02.2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Bewilligung von Altersrente für Frauen. Vorgelegt wurde das Arbeitsbuch der Klägerin (Bl. 387 ff. VA) sowie die Archivbescheinigung Nr. 968 vom 10.9.2009, ausgestellt vom Leiter des Stadtbezirkes Asbest, nebst einer tabellarischen Aufstellung der Arbeitszeiten als Stuckarbeiter und Maler in der Bauverwaltung für die einzelnen Monate der Arbeitsjahre (vgl. zu den Einzelheiten Bl. 411 ff. VA). Mit Bescheid vom 12.05.2010 bewilligte die Beklagte der Klägerin Altersrente für Frauen ab dem 01.09.2010. Dabei wurde die Zeit vom 19.07.1967 bis 04.07.1980 dem Wirtschaftsbereich 11 (Bauwirtschaft) nach Anlage 14 zu § 256b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) - künftig Anlage 14 - zugeordnet und es erfolgte eine Anrechnung dieser Zeit nur zu fünf Sechsteln, da die Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten nicht nachgewiesen seien. Die vorgelegten Archivbescheinigungen seien in sich nicht schlüssig. So seien in der Archivbescheinigung Nr. 968 u.a. monatliche Arbeitszeiten von August 1967 von 35 Stunden, September 1968 von 92 Stunden, März 1969 von 80 Stunden und April 1969 von 76 Stunden bestätigt worden, obwohl die Klägerin in dieser Zeit eine Ganztagsbeschäftigung ausgeübt habe.

Am 31.08.2010 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 12.05.2010 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) hinsichtlich der Beschäftigungszeit vom 19.07.1967 bis 04.07.1980. Mit Bescheid vom 16.09.2010 lehnte die Beklagte eine teilweise Rücknahme des Rentenbescheides ab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass die Einträge von April 1967, August 1967, September 1968 und März 1969 fehlerhaft bzw. unvollständig seien, was darauf zurückzuführen sei, dass es im Büro des damaligen Arbeitgebers zu einem Brand gekommen sei und dabei die Personalakten der Mitarbeiter, u.a. auch ihre, zum Teil vernichtet worden seien. Dies ändere jedoch nichts daran, dass sie in dieser Zeit wesentlich mehr als 40 Stunden wöchentlich gearbeitet und auch entsprechend Vergütung bezogen habe. Der Zeitraum vom 07.07.1967 bis zum 04.07.1980 sei dem Wirtschaftsbereich 02 (Chemische Industrie) zuzuordnen. Sie sei zwar tatsächlich in dieser Zeit mit Bauarbeiten befasst gewesen. Sie habe jedoch ausschließlich asbesthaltige Farben, Kleber usw. benutzt. Ihre berufliche Tätigkeit sei deshalb in dieser Zeit nicht durch die Art der ausgeübten Tätigkeit als Malerin, sondern durch die Arbeit mit asbesthaltigen gesundheitsschädigenden Stoffen geprägt gewesen, weshalb die Zuordnung zum Wirtschaftsbereich 02 zu erfolgen habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.03.2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der für eine ungekürzte Berücksichtigung erforderliche Nachweis sei durch die Archivbescheinigung Nr. 968 nicht erbracht. Bei dem Betrieb, in welchem die Klägerin von 1967 bis 1980 beschäftigt gewesen sei, handele es sich zweifelfrei um ein Unternehmen der Bauwirtschaft.

Hiergegen hat die Klägerin am 12.04.2011 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt. Der Vortrag, die Archivbescheinigung sei unvollständig, habe sich vor allem darauf bezogen, dass sie wiederholt mehr Arbeitsstunden geleistet habe, als in der Bescheinigung ausgewiesen sei. Dies sei auf den besagten Brand im Personalbüro sowie auf den Umstand, dass die auswärts verübten Tätigkeiten nicht vollständig eingetragen worden seien, zurückführen. Es treffe zu, dass sie, entsprechend der Archivbescheinigung, in der Bauverwaltung tätig gewesen sei. Für die Zuordnung des Betriebes sei vor allem aber die Gefährlichkeit der von ihr verwendeten Stoffe ausschlaggebend. Gerade wegen dieser Gesundheitsgefährdung, der sie sich in dieser Zeit habe aussetzen müssen, sei die Arbeit mit einem erheblichen Zuschlag vergütet worden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Karlsruhe hat die Klägerin ihren Vortrag dahin gehend präzisiert, der Brand im Büro des ehemaligen Arbeitgebers habe nur die Unterlagen für den Zeitraum von 1967 bis 1968 vernichtet, so dass ab 1969 wieder sämtliche Unterlagen vorhanden seien. Weitere Unstimmigkeiten für die Zeit danach seien wohl auf eine unvollständige Erfassung der Arbeitszeiten zurückzuführen.

Mit Urteil vom 08.05.2012 hat das Sozialgericht Karlsruhe die Klage abgewiesen. Der Nachweis über ununterbrochene Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum sei nicht erbracht. Für den gesamten Zeitraum seien teilweise erheblich weniger Arbeitszeiten eingetragen, als unter Berücksichtigung einer 38- bis 40-Stundenwoche möglich gewesen wäre - so beispielsweise im März und April 1969, im Mai, Juli, September, Oktober und November 1971 sowie im März, April, Mai und Juni 1978. Die Begründung der Klägerin für diese Unstimmigkeiten führe nicht zu einem anderen Ergebnis, sondern spreche viel eher dafür, dass die vorgelegte Archivbescheinigung eben gerade nicht die tatsächlichen Arbeitszeiten der Klägerin widerspiegele. Auch habe die Beklagte zu Recht die Beschäftigungszeiten der Klägerin dem Wirtschaftsbereich 11 (Bauwirtschaft) der Anlage 14 zugeordnet.

Gegen das der Klägerin am 14.05.2012 zugestellte Urteil hat diese am 14.06.2012 Berufung eingelegt und zu deren Begründung ihr Vorbringen aus erster Instanz wiederholt und vertieft. Sie sei bei der Firma Asbestbau, dies sei die Übersetzung von "Asbeststroj", beschäftigt gewesen. Demzufolge sei bereits der Bezeichnung der Firma zu entnehmen, dass ihr Arbeitgeber ausschließlich mit Arbeiten spezieller Art, nämlich unter Verwendung von Asbest, befasst gewesen sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 08.05.2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 16.09.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2011 zu verurteilen, den Rentenbescheid vom 12.05.2010 abzuändern und ihr höhere Altersrente für Frauen unter ungekürzter Anrechnung der im Zeitraum vom 01.01.1970 bis 31.12.1978 zurückgelegten Beitragszeiten und unter Zugrundelegung des Wirtschaftsbereich 02 (Chemische Industrie) der Anlage 14 zu § 256b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die Beschäftigungszeiten von 19.07.1967 bis einschließlich 13.07.1980 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen im Verwaltungs- und Klageverfahren sowie auf das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die beigezogene Akte des Sozialgerichts Karlsruhe im Verfahren S 8 R 3030/08 und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.

Das Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Zutreffend ist das Sozialgericht für den streitigen Zeitraum von nur glaubhaft gemachten und nicht von nachgewiesenen Beitragszeiten ausgegangen und hat auch die begehrte Zuordnung zum Wirtschaftsbereich 02 (Chemische Industrie) verneint.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nur und ausschließlich die Frage, ob die der Klägerin zuerkannte Altersrente für Frauen hinsichtlich der Höhe des Rentenbetrages unter voller, also zu sechs Sechsteln Berücksichtigung der in der früheren Sowjetunion zurückgelegten, in Antrag aufgeführten und damit streitgegenständlichen Beitragszeiten und unter Berücksichtigung der von der Klägerin geltend gemachten Zuordnung zum Wirtschaftsbereich 02 nach Anlage 14 zu berechnen ist und der Klägerin insoweit ein Anspruch auf teilweise Rücknahme des Rentenbescheides vom 12.05.2010 zusteht. Denn die Klägerin begehrt, wie sich aus dem von ihr im Erörterungstermin vor dem Senat am 27.06.2013 gestellten Antrag ergibt, nur die Verurteilung der Beklagen zur Gewährung einer höheren Rente (unter Rücknahme des früheren, bestandskräftig gewordenen Rentenbescheides) mit Blick auf diese beiden Berechnungselemente. Wegen dieser, von der Klägerin vorgenommenen Bestimmung des Streitgegenstandes, ist die Rentenberechnung daher nur insoweit nachzuprüfen (BSG, Urteil vom 25.02.2004, B 5 RJ 62/02 R, SozR 4-2600 § 237 Nr. 2).

Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Die Bestimmung ermöglicht eine Abweichung von der Bindungswirkung sozialrechtlicher Verwaltungsakte. Nach § 44 Abs. 4 SGB X werden im Falle der Aufhebung eines Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit Sozialleistungen längstens für einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme bzw. Antragstellung erbracht. Der Zeitpunkt der Rücknahme wird dabei von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird (§ 44 Abs. 4 Satz 2 SGB X). Bei einer Rücknahme auf Antrag tritt bei der Berechnung des Zeitraums, für den die Leistungen rückwirkend zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag (§ 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X).

Maßgebend für die Höhe der Altersrente der Klägerin ist § 64 SGB VI. Danach ergibt sich der Monatsbetrag der Rente, wenn die unter Berücksichtigung des - vom Alter des Versicherten bei Rentenbeginn abhängigen (vgl. § 77 SGB VI) - Zugangsfaktors ermittelten persönlichen Entgeltpunkte, der Rentenartfaktor und der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden. Von Bedeutung sind somit insbesondere die persönlichen Entgeltpunkte des Versicherten, die auch anhand von Beitragszeiten ermittelt werden (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Fremdrentengesetz (FRG) stehen bei Vertriebenen wie der Klägerin Beitragszeiten, die bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt sind, den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleich. Für die Feststellung dieser Beitragszeiten genügt es dabei zunächst, wenn die nach dem Gesetz erheblichen Tatsachen glaubhaft gemacht sind (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 FRG). Allerdings werden nach § 22 Abs. 3 FRG für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die gemäß § 22 Abs. 1 FRG ermittelten Entgeltpunkte um ein Sechstel gekürzt. Das Sozialgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend zum einen die Veranlassung des Gesetzgebers für die Schaffung dieser Kürzungsregelung und zum anderen auch die maßgeblichen Kriterien hinsichtlich der Abgrenzung zwischen nachgewiesenen und nur glaubhaft gemachten Zeiten dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat hierauf Bezug. Das Sozialgericht ist in Anwendung dieser Kriterien im Ergebnis zutreffend zum Schluss gelangt, dass die von der Klägerin geltend gemachten Beschäftigungszeiten nicht nachgewiesen sind. So begründet bereits das Vorbringen der Klägerin ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der in der Archivbescheinigung Nr. 968 getroffenen Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten. So hat die Klägerin im Widerspruchs- und Klageverfahren zunächst vorgetragen, ihre Personalunterlagen seien durch einen Brand im Büro des damaligen Arbeitgebers zum Teil vernichtet worden, weshalb die Einträge für 1967 bis 1969 zu mindest in Teilen unvollständig seien. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Karlsruhe hat dann die Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, die durch den Brand hervorgerufenen Zerstörungen bei den Personalunterlagen würden sich auf die Jahre 1967 und 1968 beschränken. Bemerkenswerterweise wird in der Berufungsbegründung dann wieder geltend gemacht, auch die fehlerhaften Einträge des Jahres 1969 seien auf den Brand und die dadurch hervorgerufenen Zerstörungen zurückzuführen. Damit liegen in Bezug auf die - wie die Klägerin selbst einräumt - für einen Teil des Jahres 1969 fehlerhaften Angaben in der Archivbescheinigung auch seitens der Klägerin widersprüchliche Angeben vor. Unklar bleibt darüber hinaus, weshalb der Brand im Personalbüro nur ausgewählte Lohnlisten, nämlich die von 1967 bis 1968 bzw. bis 1969, beschädigt haben soll. Dabei wird der Brand und die dadurch hervorgerufene Zerstörung eines Teils der Personalunterlagen in der Archivbescheinigung nicht erwähnt. Es wird dort weder mitgeteilt, dass zumindest in Teilen die Unterlagen verloren gegangen sind, noch aus welchen Quellen - angesichts der vernichteten Personalakten - die Angaben für die betreffenden Jahre stammen. Bereits dieser Umstand, dass ein für die vorgenommene Bescheinigung archivierter Daten so gravierendes Ereignis, wie die teilweise Beschädigung oder sogar Zerstörung von archivierten Daten keinerlei Erwähnung findet, ist geeignet, ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit der Archivbescheinigung Nr. 968 insgesamt hervorzurufen. Als weiteren Grund für die Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit der Archivbescheinigung hat die Klägerin im Klageverfahren vorgebracht, sie sei wiederholt an andere, nicht der Verwaltung der Asbestbau unterstehende Baustellen entsandt worden, wobei die dort geleisteten Arbeitsstunden nicht immer in den Personalakten der Asbestbau zutreffend festgehalten worden seien. Auch dieses Vorbringen der Klägerin belegt in erster Linie die Zweifel an der Vollständigkeit und Glaubwürdigkeit der Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten in der Archivbescheinigung. Konkrete und glaubwürdige Angaben über den Umfang der Beschäftigungszeiten und die dazwischen liegenden Arbeitsunterbrechungen lassen sich dieser aus den dargelegten Gründen gerade nicht mit der erforderlichen Überzeugung entnehmen. Das weiterhin vorgelegte Arbeitsbuch ist gleichfalls nicht geeignet, den erforderlichen Nachweis zu führen. Denn es enthält nur Beginn und Ende der einzelnen Arbeitsverhältnisse, sagt aber über (krankheitsbedingte) Unterbrechungen der einzelnen Arbeitsverhältnisse bzw. der Lohnfortzahlung nichts aus; der Nachweis des Beginnes und des Ende eines Arbeitsverhältnisses schließt jedoch den Nachweis der fehlenden Unterbrechung nicht ein (so explizit zu den Arbeitsbüchern in der Sowjetunion BSG, Urteil vom 21.4.1982, 4 RJ 33/81, juris).

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf höhere Altersrente wegen Zuordnung zu einem anderen Wirtschaftsbereich nach Anlage 14. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 FRG werden Entgeltpunkte in Anwendung von § 256b Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz SGB VI ermittelt. Nach § 256b Abs. 1 Satz 1 erster Halbsatz SGB VI werden zur Ermittlung von Entgeltpunkten für glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeiten als Beitragsbemessungsgrundlage für ein Kalenderjahr einer Vollzeitbeschäftigung die Durchschnittsverdienste berücksichtigt, die sich nach Einstufung der Beschäftigten in eine der in Anlage 13 genannten Qualifikationsgruppen (1.) und nach Zuordnung der Beschäftigung zu einem der in Anlage 14 genannten Bereiche (2.) für dieses Kalenderjahr ergeben. Die Klägerin hat indes keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Zuordnung zum Wirtschaftsbereich 02 im streitgegenständlichen Zeitraum. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 FRG richtet sich die Bestimmung des maßgeblichen Bereichs nach Anlage 14 danach, welchem Bereich der Betrieb, in dem der Versicherte seine Beschäftigung ausgeübt hat, zuzuordnen wäre, wenn der Betrieb im Beitrittsgebiet gelegen hätte. Ist der Betrieb Teil einer größeren Unternehmenseinheit, ist für die Bestimmung des Bereichs diese maßgeblich (Satz 4). Die Klägerin war im streitigen Zeitraum von 1967 bis 13.7.1980 (ab 14.7.1980 wurde bei der Klägerin ausweislich des Rentenbescheids vom 12.05.2010 der von ihr begehrten Zuordnung zum Wirtschaftsbereich 02 - Chemische Industrie entsprochen) nicht in einem Betrieb der Chemischen Industrie bzw. einem Betrieb, der einer größeren Unternehmenseinheit zugeordnet gewesen wäre, welche wiederum der Chemischen Industrie zuzuordnen gewesen wäre, beschäftigt. Vielmehr wurde sie ausweislich des Arbeitsbuches wie auch der Archivbescheinigung Nr. 968 ab 19.07.1967 - nach einer vorherigen Ausbildung in einer Technischen Berufslehranstalt der Stadt Asbest - als Stuckateurin und Malerin in der Bauverwaltung der Stadt Asbest beschäftigt. Dass es sich bei der im Arbeitsbuch wie auch in der Archivbescheinigung Nr. 968 verwendeten Bezeichnung "Asbeststroj" (=Asbestbau) um die Bauverwaltung der Stadt Asbest handelt, geht bereits daraus hervor, dass die Archivbescheinigung Nr. 968 von der Stadt Asbest - eben in ihrer Eigenschaft als frühere Arbeitgeberin der Klägerin - erstellt wurde und exakt den streitigen Zeitraum abdeckt. Darüber hinaus teilte die Klägerin in einem früheren sozialgerichtlichen Verfahren vor dem Sozialgericht Karlsruhe (S 8 R 3030/08) im Rahmen der Schweigepflichtentbindungserklärung als Arbeitgeber mit: "Stadtbaubehörde, Stadt A. , GUS 07/1967 bis 07/1980". Die Klägerin selbst bestreitet, soweit ersichtlich, auch nicht, dass sie vor dem 14.07.1980 nicht in einem Chemiebetrieb oder -kombinat tätig gewesen ist. Soweit die Klägerin ihre Zuordnung zur chemischen Industrie auch im streitgegenständlichen Zeitraum damit begründet, sie habe während dieser Zeit ausschließlich mit asbesthaltigen Stoffen gearbeitet, verkennt sie indes die gesetzlichen Regelungen für die Bestimmung des maßgeblichen Bereiches, die sich eben nicht danach richten, welche Tätigkeit konkret verübt wurde (und schon gar nicht danach, welchen Gesundheitsgefahren der Versicherte dabei ausgesetzt war), sondern welchem Bereich der Betrieb des Versicherten bzw. soweit vorhanden die übergeordnete Betriebseinheit zuzuordnen ist. Für ein Unternehmen aus dem Bereich der chemischen Industrie arbeitete die Klägerin aber, wie sich sowohl aus ihrem Arbeitsbuch wie auch aus der vorgelegten Bescheinigung Nr. 11/16 der Aktiengesellschaft UralATI (Bl. 437 VA) ergibt, erst ab 14.07.1980, und zwar als Asbestspinnerin. Eine Zuordnung zum Wirtschaftsbereich 02 (Chemische Industrie) kommt nach alledem im streitgegenständlichen Zeitraum nicht in Betracht. Ob die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum, wie von der Beklagten angenommen, dem Wirtschaftsbereich 11 (Bauwirtschaft) zuzuordnen ist, oder aber angesichts der Tätigkeit für die Bauverwaltung der Stadt Asbest eine Zuordnung zum Wirtschaftsbereich 21 - sonstige nicht produzierende Bereiche - dieser Bereich umfasst u.a. auch die Kommunalwirtschaft (vgl. zur wortgleichen Regelung in § 256b Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB VI Dankelmann, in Schlegel/Voelzke, jurisPK - SGB VI, 2. Auflage 2013, § 256b SGB VI Rdnr. 241) - kann dahingestellt bleiben. Denn die Durchschnittsverdienste nach der von der Beklagten zugrunde gelegten Tabelle 11 der Anlage 14 (Bauwirtschaft) sind, für den streitgegenständlichen Zeitraum aufsummiert, deutlich höher (nämlich 234.761) als diejenigen nach Tabelle 21 (sonstige nicht produzierende Bereiche - nämlich 220.090). Ein Anspruch auf höhere Altersrente ergäbe sich demnach auch nicht im Falle einer Zuordnung zum Wirtschaftsbereich 21 (sonstige nicht produzierende Betriebe).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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