L 1 AS 3737/15 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AS 1837/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 3737/15 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden der Antragsteller gegen die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung und die Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren im Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 20.08.2015 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Mietschulden für die Monate Mai bis August 2015 i.H.v. 1.559,44 EUR für die Wohnung in der S. Straße in T. und die Übernahme der laufenden Mietkosten i.H.v. 369,61 EUR monatlich beginnend ab September 2015. Sie begehren darüber hinaus die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Eilverfahren und das vorliegende Beschwerdeverfahren.

Die Antragsteller Ziff. 1 und 2 bilden eine nichteheliche Lebensgemeinschaft. Die Antragsteller Ziff. 3 (geboren 1993) und 4 (geboren 1992) sind die Söhne der Antragstellerin Ziff. 1.

Die Antragsteller Ziff. 1 und 2 mieteten am 19.02.2010 eine 2-Zimmer-Wohnung in der S. Straße in T. mit einer Größe von 55qm an (Mietvertrag vom 19.02.2010, Verwaltungsakte (VA) Bd. 6, Dokument 659) und zogen zum 01.03.2010 gemeinsam in diese Wohnung ein. Der Antragsteller Ziff. 2 war zuvor wohnhaft in der W.straße in D ... Im Antrag auf Zusicherung vom 15.02.2010 gaben die Antragsteller Ziff. 1 und 2 an, der Antragsteller Ziff. 2 wolle weg von seiner Mutter, wo er bis jetzt gelebt habe (VA a.a.O., Dok. 651). Auf den Antrag der Antragstellerin Ziff. 1 vom 24.02.2010 (a.a.O. Dokument 667) erfolgte die Auszahlung der vom Antragsgegner im Rahmen der SGB II-Leistungen übernommenen Miete direkt an den Vermieter. Auch in den nachfolgenden Bewilligungszeiträumen bezogen die Antragsteller Ziff. 1 und 2 als Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II von dem Antragsgegner.

Erstmals mit Antrag auf Weiterbewilligung von Leistungen vom 01.04.2013 (Bd. 9, Dok. 1220 VA) gaben sie an, dass die Antragsteller Ziff. 3 und 4 sich nunmehr in ihrem Haushalt befänden. Mit Schreiben vom 01.04.2013 führte die Antragstellerin dazu aus, der Antragsteller Ziff. 3 sei momentan im Jugendarrest, setze aber zum 1. Mai seine Dachdeckerlehre fort. Der Antragsteller Ziff. 4 sei auch wieder nach Tuttlingen zu ihr gezogen, aber auf ihre Adresse komme nur die Post, ebenso befänden sich bei ihr dessen Anziehsachen. Er schlafe bei der Mutter des Antragstellers Ziff. 2, sei noch auf Arbeitssuche.

Im Änderungsantrag vom 17.06.2013 (VA Bd. 10, Dokument 1262) gaben die Antragsteller an, eine Bedarfsgemeinschaft zu bilden. Als Wohnung gaben sie die 2-Zimmer-Wohnung in Tuttlingen an.

Am 30.09.2013 beauftragte der Antragsgegner seinen Außendienst mit Nachforschungen, weil mitgeteilt worden sei, dass die Antragsteller Ziff. 3 und 4 das Haus der Oma R. B. (W.str. in D.) renovieren würden (VA Bd. 10, Dok. 1316). Der Außendienstmitarbeiter L. nahm beim Ortstermin zu Protokoll, laut Aussage der Frau K., die er dort angetroffen habe, wohne sie dort mit ihrer Schwester B.und den Antragstellern Ziff. 3 und 4. Dann seien die Antragstellerin Ziff. 1 in Begleitung des Antragstellers Ziff. 3 dazugekommen und hätten angegeben, der Antragsteller Ziff. 4 sei bei seiner Freundin S. R. (im Folgenden: S.R.). Deren Eltern hätten angegeben, diese seien auf Wohnungssuche. Ihre Tochter sei schwanger. Der Antragsteller Ziff. 4 wohne mit weiteren 8 Personen in D ...

Aktenkundig ist eine Mietbescheinigung über eine vom Antragsteller Ziff. 4 zum 01.10.2013 angemietete Wohnung (Z.str., T., VA Bd. 10, Dok. 1323). Im Weitergewährungsantrag vom 06.10.2013 gaben die Antragsteller Ziff. 1 und 2 nur noch den Antragsteller Ziff. 3 als weitere Person im Haushalt an.

Am 19.05.2014 stimmten die Antragsteller Ziff. 1 und 2 einer Mieterhöhung für ihre Wohnung in T. zu, wonach die Miete ab sofort 396,61 EUR betrage (360,25 EUR Kaltmiete, 36,36 EUR Nebenkosten). Im Weiterbewilligungsantrag vom 20.10.2014 (Bd. 11 VA, Dok. 1460) gaben sie an, im Haushalt befänden sich die Antragsteller Ziff. 3 und 4. Der Antragsteller Ziff. 4 legte eine Anmeldebestätigung der Stadt T. (Bd. 11 VA, Dok. 1463) für die Wohnung S. Straße zum 01.08.2014 vor (ehemalige Wohnung: Z.str.).

Am 20.04.2015 stellten die Antragsteller einen erneuten Weiterbewilligungsantrag für Leistungen nach dem SGB II (Bd. 12 VA, Dok. 1504). Sie gaben wiederum als Wohnungsanschrift die S. Str. in T. an, ferner dass alle Antragsteller demselben Haushalt angehörten.

Am 23.03.2015 verstarb die Mutter des Antragstellers Ziff. 2 (Sterbeurkunde vom 25.03.2015, Bd. 12 VA, Dok. 1514). Im Hinblick darauf veranlasste der Antragsgegner eine Überprüfung der Wohnung in der S. Str ... Mit Bericht vom 27.04.2015 (a.a.O. Dok. 1508) über seinen Besuch vom 23.04.2015 führte der Außendienstmitarbeiter L. aus, der zur Wohnung gehörende Briefkasten sei mit drei Namen beschriftet gewesen (A. Q., B. und O.). Der anwesende Herr O. (im Folgenden: O.) habe angegeben, er wohne hier seit einem Jahr und sei auch hier gemeldet. U. B. weile in D., er tätige dort Renovierungsarbeiten. A. Q. wohne hier nicht, sondern lebe und arbeite in der Schweiz. Nur seine Post komme hierher. Die am selben Tag in der W.str ... in D. aufgesuchte Antragstellerin Ziff. 1 habe angegeben, der Antragsteller Ziff. 2 sei auf der Arbeit, er sei selbständig tätig. In absehbarer Zeit würden sie hier in diese Wohnung einziehen, aber zuerst müssten sie hier renovieren.

Am 29.04.2015 suchte die Mitarbeiterin der Beklagten Frau B. erneut die Wohnung in der S. Str. in T. auf. Ausweislich des Aktenvermerks (Bd. 12 VA, Dok. 1511) und einer des O. und der Antragstellerin Ziff. 1 unterschriebenen Erklärung habe am 27.04.2015 der Antragsteller Ziff. 4 die Tür geöffnet, nicht der O. Weiter heißt es in dem Aktenvermerk, die Antragstellerin Ziff. 1 habe erklärt, sie und die Antragsteller Ziff. 2 und 3 würden in D. wohnen, ebenso der O. Der Antragsteller Ziff. 4 sei ebenfalls anwesend gewesen. Abschließend enthält der Vermerk den Hinweis, da der Antragsteller unter 25 sei, müsse er an die Wohnung der Eltern verwiesen werden, so dass die Miete ab Mai 2015 nicht mehr an den Vermieter gezahlt werde.

Mit Bescheid vom 06.05.2015 (Bd. 12 VA, Dok. 1520) bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern Leistungen nach dem SGB II für den Bedarfszeitraum vom 01.05.2015 bis zum 31.10.2015 (jeweils monatlich 1.202,37 EUR Leistungen zur Hilfe des Lebensunterhalts: 318,27 EUR für die Antragstellerin Ziff. 1, 318,28 EUR für den Antragsteller Ziff. 2 und je 282, 91 EUR für die Antragsteller Ziff. 3 und 4). Kosten für Unterkunft und Heizung wurden nicht übernommen. Widerspruch wurde zunächst nicht erhoben.

Am 30.07.2015 teilte der Antragsteller Ziff. 2 dem Antragsgegner telefonisch mit, da seit Monaten die Miete für die Wohnung in der S. Straße nicht gezahlt würde, habe er jetzt die Kündigung für diese Wohnung erhalten. Wenn die Miete für die letzten Monate nachgezahlt würde, könnten sie aber in der Wohnung bleiben. Ihm wurde telefonisch mitgeteilt, dass der Wohnort von ihm und seiner Familie in D. sei, weshalb die Miete für die genannte Wohnung auch weiterhin nicht übernommen werde.

Mit Schreiben vom 03.08.2015 legten die Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 06.08.2015 ein, welchen der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2015 (Bd. 13 VA, Dokument 1589) wegen Versäumung der Widerspruchsfrist als unzulässig zurückwies. Gleichzeitig beantragten sie die Neubescheidung ab Mai 2015 (sinngemäßer Antrag nach § 44 SGB Zehntes Buch – SGB X).

Mit Änderungsbescheid vom 19.08.2015 änderte der Antragsgegner die Höhe der bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Monate Mai bis Juli 2015 teilweise ab. Neue Regelungen zu den Kosten für Unterkunft und Heizung wurden nicht getroffen.

Am 03.08.2015 haben die Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Reutlingen (SG) gestellt und beantragt, den Antragsteller zur Bewilligung eines Darlehens i.H.v. 1189,83 EUR zur Ausgleichung der rückständigen Miete und zur Übernahme der laufenden Mietkosten i.H.v. 396,61 EUR für August 2015 zu verpflichten. Im Bescheid vom 06.05.2015 sei lediglich der Regelbedarf festgesetzt worden. Die Wohnung in der S. Straße in T. werde von den Antragstellern bewohnt. Sie seien ausweislich vorgelegter Meldebestätigungen vom 30.07.2015 dort auch gemeldet. Der Antragsteller Ziff. 2 habe von seiner verstorbenen Mutter ein Einfamilienhaus geerbt, wobei das Erbe noch nicht gänzlich geklärt sei. Zukünftig würden die Antragsteller Ziff. 1 und 2 gemeinsam dort einziehen, was allerdings derzeit noch nicht möglich sei. Zwischenzeitlich fänden Umbauarbeiten statt. Wegen der Nichtzahlung der Miete sei das Mietverhältnis durch den Vermieter mit Schreiben vom 24.07.2015 (Bl. 50 SG-Akte) fristlos gekündigt worden, jedoch könne die Kündigung durch die Nachzahlung der rückständigen Miete geheilt werden. Zugleich haben die Antragsteller die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt.

Der Antragsgegner ist dem entgegen getreten und hat ausgeführt, nur für eine tatsächlich bewohnte Wohnung könnten Kosten der Unterkunft gewährt werden, weshalb für die Wohnung in T. keine Miete übernommen werde. Die Antragsteller hätten in persönlichen Gesprächen angegeben, sich überwiegend in D. aufzuhalten und dort meistens auch zu schlafen, weil die Renovierungsarbeiten bis spät in die Nacht hinein dauerten und eine Fahrt nach T. sich nicht lohne. Sie seien in der Wohnung in T. nicht angetroffen worden.

Mit Beschluss vom 20.08.2015 hat das SG die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, am 29.04.2015 hätten die Antragsteller dem Antragsgegner erklärt, dass lediglich noch der Antragsteller Ziff. 4 in T. wohne. Da von einer vollkommenen Unbewohnbarkeit des Hauses in D. nicht ausgegangen werden könne und diese auch nicht glaubhaft gemacht worden sei, drohe den Antragstellern nach Räumung der Wohnung in T. keine Wohnungslosigkeit. Außerdem fehle es an einem Anordnungsgrund, nachdem weder ein Räumungsrechtsstreit anhängig sei noch ein Räumungstitel vorliege. Die in D. anfallenden Kosten seien bislang nicht benannt worden, weshalb laufende Kosten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes nicht übernommen werden könnten. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sein mangels hinreichender Erfolgsaussicht ebenfalls nicht erfüllt.

Gegen diesen ihrem Prozessbevollmächtigten am 24.08.2015 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 05.09.2015 Beschwerde eingelegt. Sie tragen vor, der Vermieter der Wohnung in T. sei unabhängig von einer rechtlichen Heilung nach Zahlung der rückständigen Miete bereit, das Mietverhältnis im Falle der Nachzahlung andauern zu lassen. Sie seien der Auffassung, ein Haus ohne Badezimmer und mit einem erheblichen Renovierungsstau könne als unbewohnbar angesehen werden. Sie haben eine eidesstattliche Versicherung der Antragsteller Ziff. 1 und 2 vorgelegt, in welcher diese erklären, der Antragsteller Ziff. 2 sei Erbe der R. B ... Deren Haus in D. verfüge über fünf Zimmer. Es gebe eine Küche, aber kein Badezimmer und auch keine Dusche. Das Haus sei renovierungsbedürftig, dass Dach sei undicht, die Trägerbalken seien zu erneuern, der Außenputz falle vom Haus ab und die Außentreppen brächen auseinander. Die Renovierung sei im April 2015 begonnen worden. Es sei richtig, dass sie dort ab und zu bei Renovierungsarbeitstagen dort übernachteten, allerdings nicht oft. Derzeit bewohnten alle vier Antragsteller die Zweizimmerwohnung in der S. Straße in T ... Alle seien dort gemeldet und wohnhaft. Zukünftig sei angedacht, dass die Antragsteller Ziff. 1 und 2 nach der Renovierung des Hauses in D. wohnen und die Antragsteller Ziff. 3 und 4 in der Wohnung in T. verbleiben sollten. Diese gelte es beizubehalten.

Die Antragsteller beantragen (sachdienlich gefasst), den Beschluss des Sozialgerichts Reutlingen vom 20.08.2015 aufzuheben, den Antragsgegner zu verpflichten, den Antragstellern zur Abwendung der fristlosen Kündigung vom 24.07.2015 ein Darlehen i.H.v. 1.559,44 EUR zur Abwendung der rückständigen Miete bis einschließlich August 2015 zu gewähren sowie die laufende Miete für die Wohnung in der S. Straße in T. i.H.v. 369,61 EUR in Höhe der ansonsten bewilligten Unterkunftskosten und Nebenkosten als Leistungen der laufenden Grundsicherung zu übernehmen, ferner den Antragstellern für das Eilverfahren erster Instanz sowie das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerden der Antragsteller zurückzuweisen.

Er hält den Beschluss des SG für zutreffend. Die eidesstattliche Versicherung sei anzuzweifeln. Am 08.09.2015 sei vom Antragsteller Ziff. 3 ein Änderungsantrag auf Arbeitslosengeld II unter der Adresse "W.straße, D." eingegangen, ebenso laute ein am 16.02.2015 unterzeichneter beigelegter Arbeitsvertrag auf diese Adresse.

Ausweislich eines Außendienstberichts des Außendienstmitarbeiters L. vom 16.09.2015 über einen am Vortag in der W.straße in D. durchgeführten Besuch habe die Wohnung eingesehen werden können. Anwesend gewesen seien die Antragstellerin Ziff. 1 und der Antragsteller Ziff. 3 (mit einer Frau M. im Bett), das Baby der Frau M. und das Baby von S.R. Die Antragstellerin Ziff. 1 habe angegeben, hier wohnten sie, der Antragsteller Ziff. 2 und der Antragsteller Ziff. 3. Sie wollten umbauen, hätten kein Badezimmer und Platzmangel. Frau M. und ihr Baby würden noch bei ihrem Onkel wohnen. Eine Zimmerbegehung habe ergeben, dass sechs Erwachsene und zwei Babys sich drei Zimmer teilten. Küche und WC seien funktionstüchtig, Bad oder Dusche sei nicht vorhanden. Die Beheizung erfolge durch Feststoffofen und Radiatoren.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners (Bd. 1-13) und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

II.

Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden der Antragsteller sind statthaft. Sie sind nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGG in der seit 11.08.2010 geltenden Fassung des Art. 6 Drittes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 05.08.2010 (BGBl. I, 1127) ausgeschlossen: In der Hauptsache wäre die Berufung zulässig und das SG hat die Prozesskostenhilfe nicht wegen der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers abgelehnt. Sie sind auch im Übrigen zulässig, insbesondere wurden sie form- und fristgerecht eingelegt.

Die Beschwerden sind jedoch unbegründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt. Vorliegend ist schon ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Ein Anordnungsgrund ist dann gegeben, wenn der Erlass der einstweiligen Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Dies ist der Fall, wenn es dem Antragsteller nach einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O. § 86b RdNr. 28). Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]). Dabei begegnet es grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Gerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage aufgrund einer summarischen Prüfung an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren (BVerfG, 02.05.2005, 1 BvR 569/05, BVerfGE 5, 237, 242). Allerdings sind die an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. BVerfG NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236; NVwZ 2005, 927). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher in Ansehung des sich aus Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Gebots der Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz sowie des grundrechtlich geschützten Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz u.U. nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; ist im Eilverfahren eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage nicht möglich, so ist bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen eine Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange des Antragstellers vorzunehmen (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg v. 13.10.2005 - L 7 SO 3804/05 ER-B - und v. 06.09.2007 - L 7 AS 4008/07 ER-B - (beide juris) jeweils unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerfG).

Besteht Hilfebedürftigkeit i.S.d. § 9 Abs. 1 SGB II, erhalten erwerbslose Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II (§ 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den hier allein streitigen Bedarf für Leistungen der Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II).

Die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung sind nicht glaubhaft gemacht, weder für die Gewährung laufender Leistungen als Zuschuss (§ 22 Abs. 1 SGB II, dazu unten 1.) noch für einen Anspruch auf Gewährung eines Darlehens zur Übernahme von Mietschulden (§ 22 Abs. 8 SGB II, dazu unten 2.).

1. Ein Anspruch auf Übernahme der laufenden Miete für die Zweizimmerwohnung in T. nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist nicht glaubhaft gemacht. Die Antragsteller Ziff. 1, 2 und 3 bewohnen diese Wohnung im hier streitigen Zeitraum seit Mai 2015 tatsächlich nicht mehr. Ob der Antragsteller Ziff. 4 dort noch seinen Wohnsitz hat, kann offen bleiben, denn insoweit ist weder geltend gemacht noch ersichtlich, dass (und ggf. in welche Höhe) er einer Mietforderung der Antragsteller Ziff. 1 und 2, welche die Wohnung angemietet haben, tatsächlich ausgesetzt ist, zumal offenbar die Wohnung noch von mindestens einer weiteren Person, dem O., bewohnt wird.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, wenn diese angemessen sind. Berücksichtigungsfähig sind dabei nur Aufwendungen für eine tatsächlich genutzte Unterkunft, wofür die Antragsteller die objektive Beweislast tragen (Luik in: Eicher, Kommentar zum SGB II, § 22 Rn. 44 m.w.N.). Maßgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse; die Meldeanschrift vermag in diesem Zusammenhang allenfalls Indizwirkung zu entfalten. Dasselbe gilt für die behauptete Unbewohnbarkeit: Wird eine Immobilie, die nach Zustand und Ausstattung den üblichen Anforderungen an eine Wohnung selbst des unteren Mietpreissegments nicht genügt, gleichwohl tatsächlich bewohnt, kommt es für einen Anspruch nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II ausschließlich auf die tatsächlichen Verhältnisse an.

Der Senat sieht es nicht als glaubhaft gemacht an, dass die Antragsteller Ziff. 1, Ziff. 2 und Ziff. 3 die Wohnung in T. im hier streitigen Zeitraum ab Mai 2015 noch bewohnt haben bzw. aktuell bewohnen. Die Angaben in der eidesstattlichen Versicherung der Antragsteller Ziff. 1 und 2, wonach die Zweizimmerwohnung in T. von allen Antragstellern bewohnt werde, sind nicht glaubhaft. Bereits am 29.04.2015 hatte die Antragstellerin Ziff. 1 anlässlich eines Hausbesuchs gegenüber der Mitarbeiterin des Antragsgegners spontan eingeräumt, dass sie und die Antragsteller Ziff. 2 und 3 in dem ererbten Haus des Antragstellers in D. wohnen. Dies hat sie ausweislich des Außendienstberichts vom 16.09.2015 am 15.09.2015 erneut angegeben. Der Senat sieht keine Veranlassung, an diesen übereinstimmenden und spontan geäußerten Angaben zu zweifeln, denn ausweislich des Außendienstberichts vom 16.09.2015 hat eine von der Antragstellerin Ziff. 1 geführte Zimmerbegehung ergeben, dass sich in dem Haus sechs Erwachsene und zwei Babys (das Kind der Freundin des Antragstellers Ziff. 3 und das Kind des Antragstellers Ziff. 4 mit der S.R.) drei Zimmer teilen. Bei den unangekündigten Hausbesuchen vom 23.04.2015 und vom 15.09.2015 wurden die Antragstellerin Ziff. 1 jeweils in D. angetroffen, am 15.09.2015 zusätzlich der Antragsteller Ziff. 3, der mit der M. im Bett liegend angetroffen wurde. Auch dies sieht der Senat als Beleg dafür an, dass Antragsteller Ziff. 1 bis 3 das ererbte Haus des Antragstellers Ziff. 2 gemeinsam mit diesem bewohnen. Dessen jeweilige Abwesenheit erklärt sich durch die von ihm ausgeübte selbständige Tätigkeit.

Zweifel hat der Senat auch daran, dass der Antragsteller Ziff. 4 die Zweizimmerwohnung in der S. Straße in T. noch tatsächlich bewohnt. So befindet sich am dortigen Briefkasten laut Außendienstbericht vom 27.04.2015 nicht einmal sein Name, sondern nur die Namen des Antragstellers Ziff. 2 und zwei weitere Namen (Q., O.). Außerdem teilen sich im Haus in D. ausweislich des Außendienstberichts vom 16.09.2015 sechs Erwachsene und zwei Babys drei Zimmer – das spricht dafür, dass der Antragsteller Ziff. 4 dort ebenfalls ein eigenes Zimmer hat, zumal er in dem Haus schon zu Lebzeiten der verstorbenen Mutter des Antragstellers Ziff. 2 gewohnt hatte.

Unterstellt man unter Zurückstellung dieser Zweifel zugunsten des Antragstellers Ziff. 4, dass dieser die Wohnung in T. nicht nur gelegentlich tatsächlich nutzt, sind gleichwohl die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht glaubhaft gemacht. Berücksichtigungsfähige Bedarfe sind nur Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, die dem Hilfebedürftigen tatsächlich entstanden sind. Erforderlich ist daher zumindest, dass der Hilfebedürftige im streitigen Zeitraum einer ernsthaften, wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten Mietforderung ausgesetzt ist (BSG Urteil vom 03.03.2009 – B 4 AS 37/08 RSozR 4-4200 § 22 Nr. 15, juris, Rn. 24 ff., BSG Urteil vom 07.05.2009 – B 14 AS 31/07 R –, SozR 4-4200 § 21 Nr. 21, juris, Rn. 16 ff.). Dafür liegen dem Senat keinerlei Anhaltspunkte vor. Eine Mietzinsforderung des Vermieters scheidet aus, da die Wohnung allein von den Antragstellern Ziff. 1 und 2 angemietet worden ist. Für das Bestehen einer ernsthaften Mietzinsforderung der Antragsteller Ziff. 1 und 2 gegenüber dem Antragsteller Ziff. 4 bestehen keinerlei Anhaltspunkte. Hinzu kommt, dass die Wohnung in T. offenbar von mindestens einer weiteren Person, dem O., bewohnt wird. Eine kopfteilige Berücksichtigung der von den Antragstellern Ziff. 1 und 2 geschuldeten Miete scheidet, wenn man unterstellt, dass der Antragsteller Ziff. 4 die Wohnung in T. bewohnt, aus, nachdem er in diesem Fall nicht mehr Mitglied der aus den Antragstellern Ziff. 1 bis 3 gebildeten Bedarfsgemeinschaft ist. Als unverheiratetes unter 25jähriges Kind der Antragstellerin Ziff. 1 gehört er deren Bedarfsgemeinschaft nur an, solange er auch deren Haushalt angehört (§ 7 Abs. 3 Nrn. 1 und 4 SGB II), was aber nicht der Fall ist, wenn der Antragsteller Ziff. 4 in T. wohnt und die Antragsteller Ziff. 1 bis 3 in D. wohnen.

2. Auch das Vorliegen der Voraussetzungen für die darlehensweise Übernahme der rückständigen Miete ab Mai 2015 haben die Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Nach § 22 Abs. 8 SGB II können, sofern Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden (Sätze 1, 2 und 4). Die Antragsteller haben bereits deshalb keinen Anspruch auf Übernahme der rückständigen Miete für die Wohnung in der S. Straße in T. ab Mai 2015 als Darlehen, weil sich die von ihnen tatsächlich genutzte Unterkunft in der W.straße in D. befindet. Einer Sicherung der Unterkunft in T. bedarf es nicht. Wohnungslosigkeit droht ihnen ebenfalls nicht.

Geht man zugunsten des Antragstellers Ziff. 4 davon aus, dass er noch die Wohnung in T. nutzt, hat er dennoch keinen Anspruch auf die Übernahme der rückständigen Miete. Durch eine Schuldenübernahme kann eine dauerhafte Sicherung dieser Unterkunft nicht erreicht werden. Die Antragsteller Ziff. 1 und 2, welche die Wohnung angemietet haben, sind finanziell nicht in der Lage, die Wohnung weiter beizubehalten und aus eigenen Mitteln die Miete dafür zu tragen. Einen Anspruch auf Finanzierung der Wohnung durch den Antragsgegner haben sie nicht (s.o. 1.). Deshalb werden sie auch in Zukunft weiter die Miete schuldig bleiben, so dass allein durch eine Schuldenübernahme die Unterkunft für den Antragsteller Ziff. 4 nicht dauerhaft gesichert werden könnte.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

4. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war vor diesem Hintergrund wegen dessen mangelnder Erfolgsaussichten (§ 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung [ZPO]) abzulehnen. Insoweit hat das SG den Antrag auf Bewilligung von PKH ebenfalls zu Recht abgelehnt, weshalb auch die Beschwerden hiergegen keinen Erfolg haben.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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