Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
27
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 27 KA 202/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 KA 51/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. August 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen in Honorarbescheiden wegen Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen III/2001 bis II/2002.
Der Kläger ist Facharzt für Chirurgie und war vom 1. Juli 1999 bis 14. August 2002 im Rahmen einer Job-Sharing-Gemeinschaftspraxis mit dem Chirurgen B. zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Beklagten zugelassen. Vom 1. Juli 1999 bis zum 30. Januar 2002 erbrachten beide Ärzte auch Leistungen in der "Notfall-Ambulanz S.", die nach Schließung der Notfallambulanz des Krankenhauses H. von einer aus vier Vertragsärzten bestehenden Betriebs-GmbH fortgeführt worden war.
Mit Beschluss vom 14. Dezember 1998 setzte der Zulassungsausschuss für die Gemeinschaftspraxis eine Punktzahlobergrenze (Gesamtpunktzahlvolumen) für das erste Quartal jeden Jahres von 1.104756,41 Punkten, für das zweite Quartal jeden Jahres von 1.148.190,53 Punkten, für das dritte Quartal jeden Jahres von 1.422.246,28 Punkten und für das vierte Quartal jeden Jahres von 1.196.566,37 Punkten fest. Am 14. Januar 2002 beantragte der Kläger, die Punktzahlobergrenze rückwirkend ab 1. Juli 1999 zu erhöhen, da die Beklagte mitgeteilt habe, dass er seine Leistungen für die in der Notfall-Ambulanz S. versorgten Patienten über sein Praxisbudget abrechnen müsse. Die gegen den ablehnenden Bescheid des Zulassungsausschusses am 7. Oktober 2002 erhobene Klage vor dem Sozialgericht Hamburg blieb erfolglos, die dagegen eingelegte Berufung wies das Landessozialgericht Hamburg mit Urteil vom 28. Juni 2006 zurück (Az.: S 27 KA 322/02 – L 2 KA 8/05). Die Beklagte wurde in diesem Verfahren mit ihr am 17. September 2003 zugestelltem Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 5. September 2003 beigeladen.
Mit Honorarabrechnungsbescheiden vom 3. November 2005 nahm die Beklagte eine jahresbezogene Saldierung der angeforderten und der festgesetzten Punktzahlen für die Gemeinschaftspraxis vor. Bis auf das dritte Quartal 2001 ergaben sich jeweils Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina, so dass die Beklagte mit Bescheid vom 3. November 2005 von dem Kläger einen Betrag von 78.274,19 DM (40.020,91 EUR) für zu viel gezahlte Honorare in den Quartalen III/2001 bis II/2002 zurückforderte. Mit seinem am 29. November 2005 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, bei den überzahlten Honoraren handele sich um die Abrechnung von Scheinen in der Notfallversorgung. Diese seien nicht budgetrelevant. Eine rückwirkende Korrektur der von Anfang an unrichtigen Honorarbescheide für die hier streitigen Quartale sei nicht zulässig, denn die Beklagte habe individuelle Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht beachtet. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, in den Quartalen habe es grundsätzliche Differenzen über die Abrechnungsmodalitäten der Tätigkeit des Klägers in der Notfallambulanz S. gegeben. Diese sei ab 1. Juli 1999 bis 30. Januar 2002 als Betriebs-GmbH mit niedergelassenen Ärzten betrieben worden, zu denen auch der Kläger gehört habe. Es habe sich um eine ausgelagerte Betriebsstätte seiner Praxis gehandelt, so dass die dort erbrachten Leistungen auch unter die Jobsharing-Begrenzung der Praxis fielen. Der Zulassungsausschuss habe es abgelehnt, die Tätigkeit in der Notfallambulanz gesondert zu berücksichtigen; auf die Verfahren vor dem Sozialgericht Hamburg, Az.: S 27 KA 322/02, S 27 KA 219/01 und 27 KA 320/01 werde Bezug genommen. Dort habe man sich vergleichsweise geeinigt, dass die Notfallscheine für das dritte Quartal 1999 dem Grunde nach abrechnungsfähig seien und bezüglich des Umfangs der persönlich erbrachten Leistungen die Durchschnittsquote zugrunde gelegt werde. Auch dort sei es zu einer Honorarerstattung wegen der Überschreitung der Punktzahlobergrenze des Jobsharings von 2.902,83 EUR gekommen. Die Honorarrückforderung erfolge zu Recht, eine Jahressaldierung sei möglich. Die Leistungen in der Notfallambulanz seien persönlich erbrachte Leistungen der Praxisgemeinschaft, so dass sie auch dort abzurechnen seien und demnach der Leistungsbegrenzung unterlägen. Es habe keine Zusage der Beklagten gegeben, dass die Leistungen der Notfallambulanz gesondert vergütet würden.
Mit ihren unter den Aktenzeichen S 3 KA 295/06 und S 3 KA 241/06 erhobenen Klagen haben der Kläger und Herr B. sich gegen die jeweils gegen sie gerichteten Honorarabrechnungsbescheide gewandt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. November 2009 hat der Vertreter der Beklagten den Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2006 aufgehoben, nachdem die Kammer daraufhin gewiesen hatte, dass nicht ausreichend von der Beklagten kenntlich gemacht worden sei, dass beide Ärzte nur als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden könnten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2011 entschied die Beklagte u.a. erneut über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2005 und wies den Widerspruch zurück. Zur Begründung führt die Beklagte aus, die Leistungen des Klägers in der Notfallambulanz seien eigene Praxisleistungen gewesen. Eine über den Umfang der Punktzahlobergrenze hinausgehende Honorarabrechnung sei ausgeschlossen. Die Beklagte habe auch keine entsprechende Zusage erteilt. Eine solche Zusage wäre nicht rechtmäßig gewesen. Die Notfallambulanz sei eine genehmigungsfreie ausgelagerte Praxisstätte gewesen, für die auch die Leistungsbegrenzung gelte. Anhaltspunkte dafür, dass die Honorarrückforderung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur eingeschränkten Rückforderungsbefugnis einer Kassenärztlichen Vereinigung Anwendung finde, seien nicht zu erkennen. Der Widerspruchsbescheid ergehe an den Kläger und Herrn B. als Gesamtschuldner der ehemaligen Gemeinschaftspraxis.
Mit seiner am 12. Dezember 2011 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Rückforderungsbescheid der Beklagten sei rechtswidrig. Hier sei die Besonderheit zu beachten, dass die streitigen Leistungen außerhalb der Gemeinschaftspraxis als Notfallleistungen in der Notfallambulanz S. erbracht worden seien. Hierauf erstrecke sich die Leistungsbegrenzung nicht. Die Praxistätigkeit sei als solche nicht ausgebaut worden. Am Leistungsumfang der Praxis habe sich nichts geändert. Zwar seien zuvor schon Leistungen der Notfallversorgung erbracht worden, diese seien aber gesondert vergütet worden. Notfallbehandlungen seien ungeplant und müssten auch aus haftungsrechtlichen Gründen erbracht werden, demzufolge könne die Honorierung dieser Leistungen keiner Begrenzung unterliegen. Es folge aus der Natur der Sache, dass Notfallleistungen extrabudgetär zu vergüten seien. Im Rahmen der Sicherstellungsverpflichtung sei die Notfallambulanz S. fortgeführt worden. Diese sei zuvor über das Krankenhaus G. betrieben und abgerechnet worden. Die Notfallambulanz sei von den Rettungswagen der Feuerwehr regelmäßig in Anspruch genommen worden und er, der Kläger, habe die Patienten versorgen müssen.
Die Beklagte hat sich demgegenüber auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen und darauf verwiesen, die Abrechnungen hätten unter dem Vorbehalt, dass sich nachträglich die Notwendigkeit einer Berichtigung herausstellen sollte (§ 8 Abs. 6 Honorarverteilungsmaßstab, HV), gestanden. Das Landessozialgericht (LSG) Hamburg habe in seinem Beschluss vom 2. November 2006 (Az.: L 2 B 418/06 ER) die Saldierung mit Jahresbezug angesprochen und betont, dass Leistungen privatärztlicher Notfalldienstorganisationen, zu denen auch die Notfallambulanz S. gehöre, nicht von der Notfalldienst-Verordnung der Beklagten erfasst seien. Wolle man nicht diese Leistungen als an einer ausgelagerter Praxisstätte erbracht ansehen, um ihre Abrechnung zu ermöglichen, könne die Vergütung überhaupt nicht erfolgen.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 27. August 2014 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine sachlich-rechnerische Berichtigung seien erfüllt, denn bei der Festsetzung des Honorars für die im Streit befindlichen Quartale seien die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlen nicht berücksichtigt worden. Die Notfallversorgung sei auch nicht extrabudgetär zu vergüten, denn eine Vergütung der Notfallleistungen des Klägers in der Notfallambulanz S. komme im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung überhaupt nur in Betracht, wenn diese Leistungen als in einer ausgelagerter Praxisstätte vom Kläger erbracht angesehen würden. In einer ausgelagerten Praxisstätte erbrachte Notfallleistungen gehörten aber zum Budget der Praxis. Die Bescheide der Beklagten seien aber trotzdem aufzuheben, da die Beklagte durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes in ihrer Befugnis eingeschränkt gewesen sei, die Erstattung der fehlerhaft gezahlten Honorare zu fordern. Im Streitfall könnte nämlich die Jahresfrist des § 8 Abs. 6 HV, wonach sachlich-rechnerische Fehler in der Abrechnung eines Vertragsarztes, die erst nach Bekanntgabe eines vierteljährlichen Abrechnungsbescheides festgestellt werden, dem Vertragsarzt unverzüglich mitzuteilen und innerhalb eines Jahres nach der erstmaligen Feststellung durch Rückforderungsbescheid zu berichtigen seien, verstrichen gewesen sein. Selbst wenn man die Frage der fristgemäßen sachlich-rechnerischen Richtigstellung unter Berücksichtigung des § 8 Abs. 6 HV außer Betracht lasse, sei dem Kläger Vertrauensschutz zu gewähren, denn die Beklagte habe bei der Rücknahme eines rechtswidrigen, begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit die besonderen Umstände des Einzelfalles und die Risikoverteilung des § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu beachten. Zu den besonderen Umständen dieses Einzelfalles zähle, dass der Kläger gemeinsam mit weiteren Ärzten die Notfallversorgung in dieser Ambulanz übernommen habe, nachdem sich das Krankenhaus G. aus der Notfallversorgung in S. zurückgezogen hatte. Diese Übernahme sei allgemein erwünscht gewesen. Es sei Aufgabe der Beklagten, bei einer dadurch bedingten Änderung der Abrechnungspraxis die beteiligten Ärzte darauf hinzuweisen, dass die Notfallleistungen in das Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis einflössen. Zwischen den Beteiligten sei lange Zeit darüber gestritten worden, ob die Notfallleistungen überhaupt zu vergüten seien. Wenn die Beklagte aber die Vergütung vornehme und im Honorarbescheid nicht auf die Möglichkeit der Jahressaldierung hinweise, könne nicht nach Jahren die Überzahlung vom Kläger zurückgefordert werden. Eine eigentliche Leistungsausweitung des Praxisbetriebs, dem die Festsetzung eines Gesamtpunktzahlvolumens beim Jobsharing entgegen wirken sollte, habe nicht stattgefunden, die Beklagte jedenfalls hätte diese Leistungen zuvor dem Krankenhaus G. bezahlt.
Gegen dieses ihr am 8. September 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 2. Oktober 2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist sie darauf, dass sie nach § 45 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Abrechnungen habe vornehmen dürfen, ohne durch Vertrauensschutzgesichtspunkte begrenzt zu sein. Als Sonderregel verdränge § 45 BMV-Ä gemäß § 37 Satz 1 Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil (SGB I) die Rücknahmevorschrift des § 45 SGB X. Auf § 8 Abs. 6 HV habe man die Rückforderung nicht gestützt. Diese Vorschrift sei bei einer Jahressaldierung im Job-Sharing nicht einschlägig. Dort gelte vielmehr die allgemeine vierjährige Ausschlussfrist für Honorarberichtigungen, die im Streitfall eingehalten worden sei. Vertrauensschutzgründe stünden der gebotenen Jahressaldierung nicht entgegen. Von ihrer Seite sei dem Kläger von Beginn des Job-Sharings an beständig mitgeteilt worden, dass sämtliche erbrachten Leistungen unter die Punktzahlbegrenzung fielen. Der Kläger habe dies allerdings nicht hören und akzeptieren wollen, da er mit anderen Erwartungen an die Fortführung der Notfallambulanz herangegangen war. Die "Notfallambulanz S." habe nicht am organisierten Notfalldienst im Sinne der Notdienstordnung teilgenommen, sondern sei Teil einer Gemeinschaftspraxis im Jobsharing gewesen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. August 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen
Der Kläger verteidigt das sozialgerichtliche Urteil. Es komme nicht darauf an, dass die Beklagte ihren Bescheid nicht auf § 8 Abs. 6 HV gestützt habe. Sie habe aber die Honorarbescheide unter den Vorbehalt der Korrektur nach dieser Vorschrift gestellt und sich dadurch einer möglichen sachlich-rechnerischen Berichtigung begeben. Nach den Umständen, unter denen es zu der faktischen Übernahme der Notfallambulanz gekommen sei, sei die Beklagte verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, dass die Notfallleistungen in das Gesamtpunktzahlvolumen des Klägers einflössen und der Punktzahlobergrenze unterlägen. Es sei seinerzeit zwischen ihm und Herrn B. einerseits und dem Bereichsleiter der Beklagten andererseits zu sehr ausführlichen Besprechungen und Beratungen über den weiteren Betrieb der Notfallambulanz gekommen. Beispielhaft werde auf ein Gesprächsprotokoll von Herrn B. vom 16. September 1999 und auf ein Schreiben der Beklagten vom 21. September 2000 verwiesen, mit dem ein Vertragsentwurf zu dem Betrieb einer Notfallambulanz übersandt worden sei. Darin sei vorgesehen gewesen, dass Leistungen der Notfallambulanz zusätzlich zu den Gesamtvergütungen gezahlt werden sollten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte des Senats und der weiteren beigezogenen Akten aus den sozialgerichtlichen Verfahren (S 27 KA 219/01, S 27 KA 320/01, S 27 KA 322/02 bzw. L 2 KA 8/05, S 3 KA 247/06 ER bzw. L 2 B 418/06 ER, S 3 KA 241/06, S 3 KA 295/06, S 3 KA 30/06, S 3 KA 185/11) sowie der Verwaltungsakten verwiesen. Diese haben vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung über die Berufung am 19. August 2015 gemacht worden. Ergänzend wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Berufung erweist sich als begründet, da das Sozialgericht zu Unrecht davon ausgegangen ist, die Beklagte sei aus Gründen des Vertrauensschutzes daran gehindert gewesen, von dem Kläger fehlerhaft gezahlte Honorare zurückzufordern. Der angefochtene Honorarabrechnungsbescheid vom 3. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. November 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Die Beklagte war berechtigt, die Abrechnungen des Klägers sachlich-rechnerisch richtigzustellen, weil er die für seine Job-Sharing-Praxis geltenden Gesamtpunktzahlvolumina in den streitbefangenen Quartalen überschritten hat.
a) Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist in dem hier streitigen Zeitraum § 45 BMV-Ä (in der bis zum 30. September 2013 geltenden, hier anwendbaren alten Fassung). Danach obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnungen ihrer vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Bei Fehlern berichtigt sie die Honorarforderung des Vertragsarztes. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2005 – B 6 KA 17/05 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 22, BSGE 96, 1). Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (BSG, Urteil vom 28. August 2013 – B 6 KA 50/12 R, SozR 4-2500 § 106a Nr. 12).
b) Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung nach § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä sind erfüllt, weil die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht berücksichtigt wurden und daher die Honorarabrechnungen für die streitbefangenen Quartale rechtswidrig sind. Der Zulassungsausschuss hat auf der Grundlage von Abschnitt 4a Nr. 23a ff. Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte (in der Fassung vom 18. Februar 1998, Bundesanzeiger Nr. 115a (Beilage) vom 26. Juni 1998) mit Beschluss vom 14. Dezember 1998 die Gesamtpunktzahlvolumina für die Job-Sharing-Praxis festgelegt. Die Beklagte, die den Honoraranspruch des Vertragsarztes festsetzt, ist an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund der Genehmigung der Anstellung eines Arztes in der Praxis des Klägers unter Job-Sharing-Bedingungen gebunden.
Die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina hat der Kläger in den streitbefangenen Quartalen überschritten. Die Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in Höhe von insgesamt 1.029473,2 Punkten in den streitigen Quartalen wurden in den Honorarabrechnungen zunächst nicht berücksichtigt.
2. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der fehlerhaften Honorarabrechnungen war auch nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt.
a) Grundsätzlich kann der Vertragsarzt auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides nicht vertrauen, da die Kassenärztlichen Vereinigung quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie – aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen – die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die deswegen bestehende umfassende Berichtigungsmöglichkeit der Kassenärztlichen Vereinigungen ist aber im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Um diesen Interessenausgleich sicher zu stellen und zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat die Rechtsprechung Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zuletzt BSG, Urteil vom 28. August 2013 – B 6 KA 50/12 R, SozR 4-2500 § 106a Nr. 12 ; vgl im Einzelnen zu den Fallgruppen Clemens, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 106a SGB V Rn. 189 ff; Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a Rn. 33 ff).
b) Das Sozialgericht hat zutreffend die nachträgliche Korrekturmöglichkeit weder daran scheitern lassen, dass die vierjährige Ausschlussfrist bereits abgelaufen wäre noch daran, dass die Beklagte ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung bereits "verbraucht" hätte, indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hätte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 26. Juni 2002 – B 6 KA 26/01 R, Juris Rn. 19).
c) Dem Sozialgericht kann jedoch nicht darin gefolgt werden, die Beklagte habe im Streitfall den sich aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergebenden Vertrauensschutz des Vertragsarztes missachtet. Ein solcher Rückgriff auf allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Grundsätze lässt sich im Streitfall weder aus § 8 Abs. 6 HV noch aus der Risikoverteilung des § 45 Abs. 1 SGB X herleiten.
aa) Das Sozialgericht hat angedeutet, aber letztlich offen gelassen, ob die Jahresfrist des § 8 Abs. 6 HV bei Erlass des Rückforderungsbescheids vom 3. November 2005 bereits abgelaufen war. § 8 Abs. 6 HV lautet:
"Sachlich-rechnerische Fehler in der Abrechnung des Vertragsarztes, die erst nach Bekanntgabe eines vierteljährlichen Abrechnungsbescheides festgestellt werden, sind dem Vertragsarzt unverzüglich mitzuteilen und innerhalb eines Jahres nach erstmaliger Feststellung durch Rückforderungsbescheid zu berichtigen. Innerhalb der Jahresfrist können die festgestellten sachlich-rechnerischen Fehler noch für die vorausgegangenen Quartale berichtigt werden. Rückforderungen nach den Sätzen 1 – 3 sind nur innerhalb einer Frist von vier Jahren nach Bekanntgabe des jeweiligen Abrechnungsbescheides zulässig. "
Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es ich bei dieser Regelung nicht um eine eigenständige Rechtsgrundlage, sondern um eine Ergänzung/Konkretisierung des § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä (für das Antragsrecht der Krankenkassen und die dabei zu beachtenden Fristen ist eine Ergänzung durch den Gesamtvertrag in § 45 Abs. 2 Satz 2 BMV-Ä vorgesehen). Dafür, dass der Beklagten das Ergebnis der Jahressaldierung bereits ein Jahr vor Bekanntgabe des Rückforderungsbescheides bekannt war, könnte allenfalls ihre Beteiligung an dem Rechtsstreit über die nachträgliche Erhöhung der Punktzahlobergrenze sprechen (Sozialgericht Hamburg, Az.: S 27 KA 322/02). Selbst wenn die Beklagte in diesem Zusammenhang das Ergebnis einer (vorläufigen) Jahressaldierung gekannt hätte, hätte sie vor Abschluss des Verfahrens nicht wissen können, von welcher Punktzahlobergrenze genau sie auszugehen hatte. Die Beklagte war dann aber gezwungen, noch vor Rechtskraft einer Entscheidung hierüber (aber nach Klageabweisung durch Urteil des Sozialgerichts vom 6. April 2005) den Rückforderungsbescheid zu erlassen, um die Einhaltung der vierjährigen Ausschlussfrist nicht zu gefährden. Auch § 8 Abs. 6 HV stellt auf die vierjährige Ausschlussfrist ab, die durch die Regelung in Satz 1 dieser Bestimmung offensichtlich nicht abgekürzt werden sollte. Eine Verkürzung der bundesrechtlich geltenden vierjährigen Ausschlussfrist durch einen Honorarverteilungsmaßstab wäre auch unwirksam (vgl. SG Marburg, Urteil vom 10. November 2010 – S 12 KA 455/10, juris). Die vierjährige Ausschlussfrist war im Streitfall bei Erlass des Rückforderungsbescheids noch nicht abgelaufen.
bb) Besondere Umstände des Einzelfalles stehen der nachträglichen Korrektur ebenfalls nicht entgegen. Das Bundessozialgericht hat für bestimmte Konstellationen einen allgemeinen Vertrauensschutz in Betracht gezogen, etwa wenn die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt (BSG, Urteil vom 8. Februar 2006 – B 6 KA 12/05 R, SozR 4-2500 § 106a Nr. 1; ebenso: Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a Rn. 33e). Die KV darf sich bei ihrer nachträglichen Korrektur nicht dem Vorwurf aussetzen, sie verhalte sich widersprüchlich. Speziell für die hier vorliegende Überschreitung von sog. Job-Sharing-Abrechnungsobergrenzen hat das BSG bereits entschieden, dass Vertrauensschutzgesichtspunkte grundsätzlich keine Rolle spielen können: Eine vom Zulassungsausschuss festgelegte Abrechnungsobergrenze kann nicht aufgrund des Verhaltens der KV als aufgehoben gelten; hierauf kann nicht vertraut werden (BSG, Urteil vom 28. August 2013 - B 6 KA 43/12 R, juris Rn. 17).
Abgesehen davon hat sich die die Beklagte im Streitfall aber auch nicht widersprüchlich verhalten. Aus ihrer bisherigen Verwaltungspraxis folgte entgegen der Annahme des Sozialgerichts keine Hinweispflicht, dass sich eine andere Abrechnungspraxis für die Notfallversorgung ergab. Zu Unrecht sieht das Sozialgericht einen Verstoß gegen Vertrauensschutzgesichtspunkte darin, dass die Beklagte die Vergütung vorgenommen und nicht auf die Möglichkeit der Jahressaldierung hingewiesen habe. Ob die Fortführung der Notfallambulanz am Standort des früheren Krankenhauses H. politisch erwünscht war und es durch die Tätigkeit des Klägers zu keiner Leistungsausweitung kam, kann insoweit nicht von Bedeutung sein. Entscheidend ist, dass der Kläger nicht vertraut hat, jedenfalls nicht vertrauen durfte: Der Kläger hat selbst das Schreiben der Beklagten vom 5. November 1999 vorgelegt, in dem diese im Zusammenhang mit der Tätigkeit in der Notfallambulanz S. unter Ziff. 3 darauf hinweist, dass Leistungen über die akzeptierte Leistungsmenge hinaus nicht honoriert werden können.
Außerdem beantragte der Kläger im Januar 2002, die Punktzahlobergrenze rückwirkend ab 1. Juli 1999 zu erhöhen, da die Beklagte mitgeteilt habe, dass er seine Leistungen für die in der Notfall-Ambulanz S. versorgten Patienten über sein Praxisbudget abrechnen müsse. Das oben bereits erwähnte sich daran anschließende gerichtliche Verfahren wurde erst 2006 (für den Kläger erfolglos) abgeschlossen. In diesem Zeitraum konnte er nicht darauf vertrauen, die Beklagte würde die durch die Leistungen in der Notfallambulanz verursachte Punktzahlüberschreitung billigen. Im Übrigen hat das Bundessozialgericht bereits entschieden, dass zwischen der KV und dem Zulassungsausschuss zu unterscheiden ist; eine vom Zulassungsausschuss festgelegte Abrechnungsobergrenze kann nicht aufgrund des Verhaltens der KV als aufgehoben gelten; hierauf kann nicht vertraut werden (BSG, Urteil vom 28. August 2013 – B 6 KA 43/12 R, juris Rn. 17; s. auch Clemens in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 106a SGB V Rn. 211.2)
Die Beklagte hat sich mit der Richtigstellung damit nicht zu ihrem früheren Verhalten in Widerspruch gesetzt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
4. Die Revision ist nicht zuzulassen, da deren Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Streitig sind sachlich-rechnerische Richtigstellungen in Honorarbescheiden wegen Überschreitung der Gesamtpunktzahlvolumina in den Quartalen III/2001 bis II/2002.
Der Kläger ist Facharzt für Chirurgie und war vom 1. Juli 1999 bis 14. August 2002 im Rahmen einer Job-Sharing-Gemeinschaftspraxis mit dem Chirurgen B. zur vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Beklagten zugelassen. Vom 1. Juli 1999 bis zum 30. Januar 2002 erbrachten beide Ärzte auch Leistungen in der "Notfall-Ambulanz S.", die nach Schließung der Notfallambulanz des Krankenhauses H. von einer aus vier Vertragsärzten bestehenden Betriebs-GmbH fortgeführt worden war.
Mit Beschluss vom 14. Dezember 1998 setzte der Zulassungsausschuss für die Gemeinschaftspraxis eine Punktzahlobergrenze (Gesamtpunktzahlvolumen) für das erste Quartal jeden Jahres von 1.104756,41 Punkten, für das zweite Quartal jeden Jahres von 1.148.190,53 Punkten, für das dritte Quartal jeden Jahres von 1.422.246,28 Punkten und für das vierte Quartal jeden Jahres von 1.196.566,37 Punkten fest. Am 14. Januar 2002 beantragte der Kläger, die Punktzahlobergrenze rückwirkend ab 1. Juli 1999 zu erhöhen, da die Beklagte mitgeteilt habe, dass er seine Leistungen für die in der Notfall-Ambulanz S. versorgten Patienten über sein Praxisbudget abrechnen müsse. Die gegen den ablehnenden Bescheid des Zulassungsausschusses am 7. Oktober 2002 erhobene Klage vor dem Sozialgericht Hamburg blieb erfolglos, die dagegen eingelegte Berufung wies das Landessozialgericht Hamburg mit Urteil vom 28. Juni 2006 zurück (Az.: S 27 KA 322/02 – L 2 KA 8/05). Die Beklagte wurde in diesem Verfahren mit ihr am 17. September 2003 zugestelltem Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 5. September 2003 beigeladen.
Mit Honorarabrechnungsbescheiden vom 3. November 2005 nahm die Beklagte eine jahresbezogene Saldierung der angeforderten und der festgesetzten Punktzahlen für die Gemeinschaftspraxis vor. Bis auf das dritte Quartal 2001 ergaben sich jeweils Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina, so dass die Beklagte mit Bescheid vom 3. November 2005 von dem Kläger einen Betrag von 78.274,19 DM (40.020,91 EUR) für zu viel gezahlte Honorare in den Quartalen III/2001 bis II/2002 zurückforderte. Mit seinem am 29. November 2005 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, bei den überzahlten Honoraren handele sich um die Abrechnung von Scheinen in der Notfallversorgung. Diese seien nicht budgetrelevant. Eine rückwirkende Korrektur der von Anfang an unrichtigen Honorarbescheide für die hier streitigen Quartale sei nicht zulässig, denn die Beklagte habe individuelle Vertrauensschutzgesichtspunkte nicht beachtet. Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, in den Quartalen habe es grundsätzliche Differenzen über die Abrechnungsmodalitäten der Tätigkeit des Klägers in der Notfallambulanz S. gegeben. Diese sei ab 1. Juli 1999 bis 30. Januar 2002 als Betriebs-GmbH mit niedergelassenen Ärzten betrieben worden, zu denen auch der Kläger gehört habe. Es habe sich um eine ausgelagerte Betriebsstätte seiner Praxis gehandelt, so dass die dort erbrachten Leistungen auch unter die Jobsharing-Begrenzung der Praxis fielen. Der Zulassungsausschuss habe es abgelehnt, die Tätigkeit in der Notfallambulanz gesondert zu berücksichtigen; auf die Verfahren vor dem Sozialgericht Hamburg, Az.: S 27 KA 322/02, S 27 KA 219/01 und 27 KA 320/01 werde Bezug genommen. Dort habe man sich vergleichsweise geeinigt, dass die Notfallscheine für das dritte Quartal 1999 dem Grunde nach abrechnungsfähig seien und bezüglich des Umfangs der persönlich erbrachten Leistungen die Durchschnittsquote zugrunde gelegt werde. Auch dort sei es zu einer Honorarerstattung wegen der Überschreitung der Punktzahlobergrenze des Jobsharings von 2.902,83 EUR gekommen. Die Honorarrückforderung erfolge zu Recht, eine Jahressaldierung sei möglich. Die Leistungen in der Notfallambulanz seien persönlich erbrachte Leistungen der Praxisgemeinschaft, so dass sie auch dort abzurechnen seien und demnach der Leistungsbegrenzung unterlägen. Es habe keine Zusage der Beklagten gegeben, dass die Leistungen der Notfallambulanz gesondert vergütet würden.
Mit ihren unter den Aktenzeichen S 3 KA 295/06 und S 3 KA 241/06 erhobenen Klagen haben der Kläger und Herr B. sich gegen die jeweils gegen sie gerichteten Honorarabrechnungsbescheide gewandt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. November 2009 hat der Vertreter der Beklagten den Widerspruchsbescheid vom 31. Mai 2006 aufgehoben, nachdem die Kammer daraufhin gewiesen hatte, dass nicht ausreichend von der Beklagten kenntlich gemacht worden sei, dass beide Ärzte nur als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden könnten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2011 entschied die Beklagte u.a. erneut über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid der Beklagten vom 3. November 2005 und wies den Widerspruch zurück. Zur Begründung führt die Beklagte aus, die Leistungen des Klägers in der Notfallambulanz seien eigene Praxisleistungen gewesen. Eine über den Umfang der Punktzahlobergrenze hinausgehende Honorarabrechnung sei ausgeschlossen. Die Beklagte habe auch keine entsprechende Zusage erteilt. Eine solche Zusage wäre nicht rechtmäßig gewesen. Die Notfallambulanz sei eine genehmigungsfreie ausgelagerte Praxisstätte gewesen, für die auch die Leistungsbegrenzung gelte. Anhaltspunkte dafür, dass die Honorarrückforderung nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur eingeschränkten Rückforderungsbefugnis einer Kassenärztlichen Vereinigung Anwendung finde, seien nicht zu erkennen. Der Widerspruchsbescheid ergehe an den Kläger und Herrn B. als Gesamtschuldner der ehemaligen Gemeinschaftspraxis.
Mit seiner am 12. Dezember 2011 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Rückforderungsbescheid der Beklagten sei rechtswidrig. Hier sei die Besonderheit zu beachten, dass die streitigen Leistungen außerhalb der Gemeinschaftspraxis als Notfallleistungen in der Notfallambulanz S. erbracht worden seien. Hierauf erstrecke sich die Leistungsbegrenzung nicht. Die Praxistätigkeit sei als solche nicht ausgebaut worden. Am Leistungsumfang der Praxis habe sich nichts geändert. Zwar seien zuvor schon Leistungen der Notfallversorgung erbracht worden, diese seien aber gesondert vergütet worden. Notfallbehandlungen seien ungeplant und müssten auch aus haftungsrechtlichen Gründen erbracht werden, demzufolge könne die Honorierung dieser Leistungen keiner Begrenzung unterliegen. Es folge aus der Natur der Sache, dass Notfallleistungen extrabudgetär zu vergüten seien. Im Rahmen der Sicherstellungsverpflichtung sei die Notfallambulanz S. fortgeführt worden. Diese sei zuvor über das Krankenhaus G. betrieben und abgerechnet worden. Die Notfallambulanz sei von den Rettungswagen der Feuerwehr regelmäßig in Anspruch genommen worden und er, der Kläger, habe die Patienten versorgen müssen.
Die Beklagte hat sich demgegenüber auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen und darauf verwiesen, die Abrechnungen hätten unter dem Vorbehalt, dass sich nachträglich die Notwendigkeit einer Berichtigung herausstellen sollte (§ 8 Abs. 6 Honorarverteilungsmaßstab, HV), gestanden. Das Landessozialgericht (LSG) Hamburg habe in seinem Beschluss vom 2. November 2006 (Az.: L 2 B 418/06 ER) die Saldierung mit Jahresbezug angesprochen und betont, dass Leistungen privatärztlicher Notfalldienstorganisationen, zu denen auch die Notfallambulanz S. gehöre, nicht von der Notfalldienst-Verordnung der Beklagten erfasst seien. Wolle man nicht diese Leistungen als an einer ausgelagerter Praxisstätte erbracht ansehen, um ihre Abrechnung zu ermöglichen, könne die Vergütung überhaupt nicht erfolgen.
Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 27. August 2014 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine sachlich-rechnerische Berichtigung seien erfüllt, denn bei der Festsetzung des Honorars für die im Streit befindlichen Quartale seien die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlen nicht berücksichtigt worden. Die Notfallversorgung sei auch nicht extrabudgetär zu vergüten, denn eine Vergütung der Notfallleistungen des Klägers in der Notfallambulanz S. komme im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung überhaupt nur in Betracht, wenn diese Leistungen als in einer ausgelagerter Praxisstätte vom Kläger erbracht angesehen würden. In einer ausgelagerten Praxisstätte erbrachte Notfallleistungen gehörten aber zum Budget der Praxis. Die Bescheide der Beklagten seien aber trotzdem aufzuheben, da die Beklagte durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes in ihrer Befugnis eingeschränkt gewesen sei, die Erstattung der fehlerhaft gezahlten Honorare zu fordern. Im Streitfall könnte nämlich die Jahresfrist des § 8 Abs. 6 HV, wonach sachlich-rechnerische Fehler in der Abrechnung eines Vertragsarztes, die erst nach Bekanntgabe eines vierteljährlichen Abrechnungsbescheides festgestellt werden, dem Vertragsarzt unverzüglich mitzuteilen und innerhalb eines Jahres nach der erstmaligen Feststellung durch Rückforderungsbescheid zu berichtigen seien, verstrichen gewesen sein. Selbst wenn man die Frage der fristgemäßen sachlich-rechnerischen Richtigstellung unter Berücksichtigung des § 8 Abs. 6 HV außer Betracht lasse, sei dem Kläger Vertrauensschutz zu gewähren, denn die Beklagte habe bei der Rücknahme eines rechtswidrigen, begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit die besonderen Umstände des Einzelfalles und die Risikoverteilung des § 45 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zu beachten. Zu den besonderen Umständen dieses Einzelfalles zähle, dass der Kläger gemeinsam mit weiteren Ärzten die Notfallversorgung in dieser Ambulanz übernommen habe, nachdem sich das Krankenhaus G. aus der Notfallversorgung in S. zurückgezogen hatte. Diese Übernahme sei allgemein erwünscht gewesen. Es sei Aufgabe der Beklagten, bei einer dadurch bedingten Änderung der Abrechnungspraxis die beteiligten Ärzte darauf hinzuweisen, dass die Notfallleistungen in das Gesamtpunktzahlvolumen der Praxis einflössen. Zwischen den Beteiligten sei lange Zeit darüber gestritten worden, ob die Notfallleistungen überhaupt zu vergüten seien. Wenn die Beklagte aber die Vergütung vornehme und im Honorarbescheid nicht auf die Möglichkeit der Jahressaldierung hinweise, könne nicht nach Jahren die Überzahlung vom Kläger zurückgefordert werden. Eine eigentliche Leistungsausweitung des Praxisbetriebs, dem die Festsetzung eines Gesamtpunktzahlvolumens beim Jobsharing entgegen wirken sollte, habe nicht stattgefunden, die Beklagte jedenfalls hätte diese Leistungen zuvor dem Krankenhaus G. bezahlt.
Gegen dieses ihr am 8. September 2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 2. Oktober 2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung verweist sie darauf, dass sie nach § 45 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) eine sachlich-rechnerische Berichtigung der Abrechnungen habe vornehmen dürfen, ohne durch Vertrauensschutzgesichtspunkte begrenzt zu sein. Als Sonderregel verdränge § 45 BMV-Ä gemäß § 37 Satz 1 Sozialgesetzbuch Allgemeiner Teil (SGB I) die Rücknahmevorschrift des § 45 SGB X. Auf § 8 Abs. 6 HV habe man die Rückforderung nicht gestützt. Diese Vorschrift sei bei einer Jahressaldierung im Job-Sharing nicht einschlägig. Dort gelte vielmehr die allgemeine vierjährige Ausschlussfrist für Honorarberichtigungen, die im Streitfall eingehalten worden sei. Vertrauensschutzgründe stünden der gebotenen Jahressaldierung nicht entgegen. Von ihrer Seite sei dem Kläger von Beginn des Job-Sharings an beständig mitgeteilt worden, dass sämtliche erbrachten Leistungen unter die Punktzahlbegrenzung fielen. Der Kläger habe dies allerdings nicht hören und akzeptieren wollen, da er mit anderen Erwartungen an die Fortführung der Notfallambulanz herangegangen war. Die "Notfallambulanz S." habe nicht am organisierten Notfalldienst im Sinne der Notdienstordnung teilgenommen, sondern sei Teil einer Gemeinschaftspraxis im Jobsharing gewesen.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 27. August 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, die Revision zuzulassen
Der Kläger verteidigt das sozialgerichtliche Urteil. Es komme nicht darauf an, dass die Beklagte ihren Bescheid nicht auf § 8 Abs. 6 HV gestützt habe. Sie habe aber die Honorarbescheide unter den Vorbehalt der Korrektur nach dieser Vorschrift gestellt und sich dadurch einer möglichen sachlich-rechnerischen Berichtigung begeben. Nach den Umständen, unter denen es zu der faktischen Übernahme der Notfallambulanz gekommen sei, sei die Beklagte verpflichtet gewesen, darauf hinzuweisen, dass die Notfallleistungen in das Gesamtpunktzahlvolumen des Klägers einflössen und der Punktzahlobergrenze unterlägen. Es sei seinerzeit zwischen ihm und Herrn B. einerseits und dem Bereichsleiter der Beklagten andererseits zu sehr ausführlichen Besprechungen und Beratungen über den weiteren Betrieb der Notfallambulanz gekommen. Beispielhaft werde auf ein Gesprächsprotokoll von Herrn B. vom 16. September 1999 und auf ein Schreiben der Beklagten vom 21. September 2000 verwiesen, mit dem ein Vertragsentwurf zu dem Betrieb einer Notfallambulanz übersandt worden sei. Darin sei vorgesehen gewesen, dass Leistungen der Notfallambulanz zusätzlich zu den Gesamtvergütungen gezahlt werden sollten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte des Senats und der weiteren beigezogenen Akten aus den sozialgerichtlichen Verfahren (S 27 KA 219/01, S 27 KA 320/01, S 27 KA 322/02 bzw. L 2 KA 8/05, S 3 KA 247/06 ER bzw. L 2 B 418/06 ER, S 3 KA 241/06, S 3 KA 295/06, S 3 KA 30/06, S 3 KA 185/11) sowie der Verwaltungsakten verwiesen. Diese haben vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung über die Berufung am 19. August 2015 gemacht worden. Ergänzend wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Berufung erweist sich als begründet, da das Sozialgericht zu Unrecht davon ausgegangen ist, die Beklagte sei aus Gründen des Vertrauensschutzes daran gehindert gewesen, von dem Kläger fehlerhaft gezahlte Honorare zurückzufordern. Der angefochtene Honorarabrechnungsbescheid vom 3. November 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. November 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Die Beklagte war berechtigt, die Abrechnungen des Klägers sachlich-rechnerisch richtigzustellen, weil er die für seine Job-Sharing-Praxis geltenden Gesamtpunktzahlvolumina in den streitbefangenen Quartalen überschritten hat.
a) Rechtsgrundlage der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und Rückforderung ist in dem hier streitigen Zeitraum § 45 BMV-Ä (in der bis zum 30. September 2013 geltenden, hier anwendbaren alten Fassung). Danach obliegt der Kassenärztlichen Vereinigung die Prüfung der von den Vertragsärzten vorgelegten Abrechnungen ihrer vertragsärztlichen Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Bei Fehlern berichtigt sie die Honorarforderung des Vertragsarztes. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragsarztes zielt auf die Feststellung, ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen, vertraglichen oder satzungsrechtlichen Vorschriften des Vertragsarztrechts mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots, erbracht und abgerechnet worden sind. Die Befugnis zu Richtigstellungen besteht auch für bereits erlassene Honorarbescheide (nachgehende Richtigstellung). Sie bedeutet dann im Umfang der vorgenommenen Korrekturen eine teilweise Rücknahme des Honorarbescheids. Die genannten Bestimmungen stellen Sonderregelungen dar, die gemäß § 37 Satz 1 SGB I in ihrem Anwendungsbereich die Regelung des § 45 SGB X verdrängen (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 14. Dezember 2005 – B 6 KA 17/05 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 22, BSGE 96, 1). Eine nach den Bestimmungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung rechtmäßige (Teil-)Rücknahme des Honorarbescheids mit Wirkung für die Vergangenheit löst nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X eine entsprechende Rückzahlungsverpflichtung des Empfängers der Leistung aus (BSG, Urteil vom 28. August 2013 – B 6 KA 50/12 R, SozR 4-2500 § 106a Nr. 12).
b) Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine nachträgliche sachlich-rechnerische Richtigstellung nach § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä sind erfüllt, weil die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina nicht berücksichtigt wurden und daher die Honorarabrechnungen für die streitbefangenen Quartale rechtswidrig sind. Der Zulassungsausschuss hat auf der Grundlage von Abschnitt 4a Nr. 23a ff. Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte (in der Fassung vom 18. Februar 1998, Bundesanzeiger Nr. 115a (Beilage) vom 26. Juni 1998) mit Beschluss vom 14. Dezember 1998 die Gesamtpunktzahlvolumina für die Job-Sharing-Praxis festgelegt. Die Beklagte, die den Honoraranspruch des Vertragsarztes festsetzt, ist an die bestandskräftige Beschränkung des Leistungsumfangs aufgrund der Genehmigung der Anstellung eines Arztes in der Praxis des Klägers unter Job-Sharing-Bedingungen gebunden.
Die verbindlich festgesetzten Gesamtpunktzahlvolumina hat der Kläger in den streitbefangenen Quartalen überschritten. Die Überschreitungen der Gesamtpunktzahlvolumina in Höhe von insgesamt 1.029473,2 Punkten in den streitigen Quartalen wurden in den Honorarabrechnungen zunächst nicht berücksichtigt.
2. Die Befugnis der Beklagten zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der fehlerhaften Honorarabrechnungen war auch nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes eingeschränkt.
a) Grundsätzlich kann der Vertragsarzt auf den Bestand eines vor einer endgültigen Prüfung auf Rechtmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit erteilten Honorarbescheides nicht vertrauen, da die Kassenärztlichen Vereinigung quartalsmäßig auf die Honoraranforderungen ihrer Vertragsärzte hin Bescheide zu erlassen hat, ohne dass sie – aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen – die Rechtmäßigkeit der Honoraranforderungen hinsichtlich ihrer sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Leistungserbringung bereits umfassend überprüfen konnte. Die deswegen bestehende umfassende Berichtigungsmöglichkeit der Kassenärztlichen Vereinigungen ist aber im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Um diesen Interessenausgleich sicher zu stellen und zur Beurteilung der Frage, in welchen Konstellationen das Vertrauen des Vertragsarztes auf den Bestand eines rechtswidrigen, ihn begünstigenden Verwaltungsaktes schutzwürdig ist, hat die Rechtsprechung Fallgruppen herausgearbeitet, in denen die Befugnis zu sachlich-rechnerischen Richtigstellungen aus Gründen des Vertrauensschutzes begrenzt ist (zuletzt BSG, Urteil vom 28. August 2013 – B 6 KA 50/12 R, SozR 4-2500 § 106a Nr. 12 ; vgl im Einzelnen zu den Fallgruppen Clemens, in: jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 106a SGB V Rn. 189 ff; Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a Rn. 33 ff).
b) Das Sozialgericht hat zutreffend die nachträgliche Korrekturmöglichkeit weder daran scheitern lassen, dass die vierjährige Ausschlussfrist bereits abgelaufen wäre noch daran, dass die Beklagte ihre Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung bereits "verbraucht" hätte, indem sie die Honoraranforderung des Vertragsarztes in einem der ursprünglichen Honorarverteilung nachfolgenden Verfahren auf ihre sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft und vorbehaltlos bestätigt hätte (vgl. dazu BSG, Urteil vom 26. Juni 2002 – B 6 KA 26/01 R, Juris Rn. 19).
c) Dem Sozialgericht kann jedoch nicht darin gefolgt werden, die Beklagte habe im Streitfall den sich aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergebenden Vertrauensschutz des Vertragsarztes missachtet. Ein solcher Rückgriff auf allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Grundsätze lässt sich im Streitfall weder aus § 8 Abs. 6 HV noch aus der Risikoverteilung des § 45 Abs. 1 SGB X herleiten.
aa) Das Sozialgericht hat angedeutet, aber letztlich offen gelassen, ob die Jahresfrist des § 8 Abs. 6 HV bei Erlass des Rückforderungsbescheids vom 3. November 2005 bereits abgelaufen war. § 8 Abs. 6 HV lautet:
"Sachlich-rechnerische Fehler in der Abrechnung des Vertragsarztes, die erst nach Bekanntgabe eines vierteljährlichen Abrechnungsbescheides festgestellt werden, sind dem Vertragsarzt unverzüglich mitzuteilen und innerhalb eines Jahres nach erstmaliger Feststellung durch Rückforderungsbescheid zu berichtigen. Innerhalb der Jahresfrist können die festgestellten sachlich-rechnerischen Fehler noch für die vorausgegangenen Quartale berichtigt werden. Rückforderungen nach den Sätzen 1 – 3 sind nur innerhalb einer Frist von vier Jahren nach Bekanntgabe des jeweiligen Abrechnungsbescheides zulässig. "
Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es ich bei dieser Regelung nicht um eine eigenständige Rechtsgrundlage, sondern um eine Ergänzung/Konkretisierung des § 45 Abs. 2 Satz 1 BMV-Ä (für das Antragsrecht der Krankenkassen und die dabei zu beachtenden Fristen ist eine Ergänzung durch den Gesamtvertrag in § 45 Abs. 2 Satz 2 BMV-Ä vorgesehen). Dafür, dass der Beklagten das Ergebnis der Jahressaldierung bereits ein Jahr vor Bekanntgabe des Rückforderungsbescheides bekannt war, könnte allenfalls ihre Beteiligung an dem Rechtsstreit über die nachträgliche Erhöhung der Punktzahlobergrenze sprechen (Sozialgericht Hamburg, Az.: S 27 KA 322/02). Selbst wenn die Beklagte in diesem Zusammenhang das Ergebnis einer (vorläufigen) Jahressaldierung gekannt hätte, hätte sie vor Abschluss des Verfahrens nicht wissen können, von welcher Punktzahlobergrenze genau sie auszugehen hatte. Die Beklagte war dann aber gezwungen, noch vor Rechtskraft einer Entscheidung hierüber (aber nach Klageabweisung durch Urteil des Sozialgerichts vom 6. April 2005) den Rückforderungsbescheid zu erlassen, um die Einhaltung der vierjährigen Ausschlussfrist nicht zu gefährden. Auch § 8 Abs. 6 HV stellt auf die vierjährige Ausschlussfrist ab, die durch die Regelung in Satz 1 dieser Bestimmung offensichtlich nicht abgekürzt werden sollte. Eine Verkürzung der bundesrechtlich geltenden vierjährigen Ausschlussfrist durch einen Honorarverteilungsmaßstab wäre auch unwirksam (vgl. SG Marburg, Urteil vom 10. November 2010 – S 12 KA 455/10, juris). Die vierjährige Ausschlussfrist war im Streitfall bei Erlass des Rückforderungsbescheids noch nicht abgelaufen.
bb) Besondere Umstände des Einzelfalles stehen der nachträglichen Korrektur ebenfalls nicht entgegen. Das Bundessozialgericht hat für bestimmte Konstellationen einen allgemeinen Vertrauensschutz in Betracht gezogen, etwa wenn die Kassenärztliche Vereinigung (KV) die rechtswidrige Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände längere Zeit geduldet hat, diese später jedoch insgesamt von einer Vergütung ausschließt (BSG, Urteil vom 8. Februar 2006 – B 6 KA 12/05 R, SozR 4-2500 § 106a Nr. 1; ebenso: Engelhard, in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand: April 2012, K § 106a Rn. 33e). Die KV darf sich bei ihrer nachträglichen Korrektur nicht dem Vorwurf aussetzen, sie verhalte sich widersprüchlich. Speziell für die hier vorliegende Überschreitung von sog. Job-Sharing-Abrechnungsobergrenzen hat das BSG bereits entschieden, dass Vertrauensschutzgesichtspunkte grundsätzlich keine Rolle spielen können: Eine vom Zulassungsausschuss festgelegte Abrechnungsobergrenze kann nicht aufgrund des Verhaltens der KV als aufgehoben gelten; hierauf kann nicht vertraut werden (BSG, Urteil vom 28. August 2013 - B 6 KA 43/12 R, juris Rn. 17).
Abgesehen davon hat sich die die Beklagte im Streitfall aber auch nicht widersprüchlich verhalten. Aus ihrer bisherigen Verwaltungspraxis folgte entgegen der Annahme des Sozialgerichts keine Hinweispflicht, dass sich eine andere Abrechnungspraxis für die Notfallversorgung ergab. Zu Unrecht sieht das Sozialgericht einen Verstoß gegen Vertrauensschutzgesichtspunkte darin, dass die Beklagte die Vergütung vorgenommen und nicht auf die Möglichkeit der Jahressaldierung hingewiesen habe. Ob die Fortführung der Notfallambulanz am Standort des früheren Krankenhauses H. politisch erwünscht war und es durch die Tätigkeit des Klägers zu keiner Leistungsausweitung kam, kann insoweit nicht von Bedeutung sein. Entscheidend ist, dass der Kläger nicht vertraut hat, jedenfalls nicht vertrauen durfte: Der Kläger hat selbst das Schreiben der Beklagten vom 5. November 1999 vorgelegt, in dem diese im Zusammenhang mit der Tätigkeit in der Notfallambulanz S. unter Ziff. 3 darauf hinweist, dass Leistungen über die akzeptierte Leistungsmenge hinaus nicht honoriert werden können.
Außerdem beantragte der Kläger im Januar 2002, die Punktzahlobergrenze rückwirkend ab 1. Juli 1999 zu erhöhen, da die Beklagte mitgeteilt habe, dass er seine Leistungen für die in der Notfall-Ambulanz S. versorgten Patienten über sein Praxisbudget abrechnen müsse. Das oben bereits erwähnte sich daran anschließende gerichtliche Verfahren wurde erst 2006 (für den Kläger erfolglos) abgeschlossen. In diesem Zeitraum konnte er nicht darauf vertrauen, die Beklagte würde die durch die Leistungen in der Notfallambulanz verursachte Punktzahlüberschreitung billigen. Im Übrigen hat das Bundessozialgericht bereits entschieden, dass zwischen der KV und dem Zulassungsausschuss zu unterscheiden ist; eine vom Zulassungsausschuss festgelegte Abrechnungsobergrenze kann nicht aufgrund des Verhaltens der KV als aufgehoben gelten; hierauf kann nicht vertraut werden (BSG, Urteil vom 28. August 2013 – B 6 KA 43/12 R, juris Rn. 17; s. auch Clemens in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 2. Aufl. 2012, § 106a SGB V Rn. 211.2)
Die Beklagte hat sich mit der Richtigstellung damit nicht zu ihrem früheren Verhalten in Widerspruch gesetzt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
4. Die Revision ist nicht zuzulassen, da deren Voraussetzungen nicht vorliegen (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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