Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 516/11
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 47/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse eines durch Zeitablauf erledigten Verwaltungsaktes (hier: Ersatz einer Eingliederungsvereinbarung)
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 17.12.2013 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Verwaltungsakt vom 23.02.2011 (Eingliederungsverwaltungsakt - EGVA), durch den der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung für den Zeitraum 23.02.2011 bis 14.08.2011 ersetzt hatte.
Der Kläger bezieht seit Oktober 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Anlässlich eines Beratungsgespräches am 15.02.2011 kamen der Kläger und seine Arbeitsvermittlerin im Rahmen eines "Profilings" überein, als Zielberuf für den Kläger eine Tätigkeit als Kurierfahrer ins Auge zu fassen. Unter anderem wegen aktuell vermittlungsrelevanter gesundheitlicher Einschränkungen sei jedoch vorerst eine Tätigkeit jenseits des ersten Arbeitsmarktes anzustreben. Am 23.02.2011 legte der Beklagte dem Kläger im Hinblick auf den individuellen Integrationsplan eine Eingliederungsvereinbarung zur Unterschrift vor, die dieser jedoch nicht unterzeichnete. Daraufhin ersetzte der Beklagte mit Bescheid vom 23.02.2011 die Festlegungen der Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt (EGVA). Als Ziel definierte der Beklagte die Aufnahme einer Tätigkeit durch den Kläger jenseits des ersten Arbeitsmarktes. Für die Geltungsdauer des EGVA (23.02.2011 bis 14.08.2011) bot der Beklagte dem Kläger als Unterstützungsleistungen die Unterbreitung von Vermittlungsvorschlägen und geeigneten Stellenangeboten sowie die Aufnahme des Bewerberprofils auf seiner Internetseite an. Zudem sagte der Beklagte zu, Bewerbungskosten nach Maßgabe des § 16 Abs 1 SGB II iVm §§ 45ff Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bis zu einem Betrag von 240.- EUR jährlich zu übernehmen. Als Bemühungen forderte der Beklagte vom Kläger, sich auf Vermittlungsvorschläge zeitnah, d.h. innerhalb von drei Tagen, zu bewerben und seine Bewerbungsbemühungen zu dokumentieren. Darüber hinaus enthielt der EGVA Hinweise zu den Meldepflichten des Klägers anlässlich einer Ortsabwesenheit sowie eine Rechtsfolgenbelehrung in Bezug auf die geregelten Verpflichtungen.
Den dagegen ohne Begründung eingelegte Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2011 zurück. Der Kläger habe die am 15.02.2011 angebotene Eingliederungsvereinbarung nicht unterschrieben, so dass die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt vorlägen. Weder sei eine Festsetzung durch Verwaltungsakt grundsätzlich rechtswidrig noch sei zu erkennen, dass die mit dem Bescheid vom 23.02.2011 festgelegten Pflichten den Kläger unverhältnismäßig belasten würden. In der Folgezeit erließ der Beklagte für den Zeitraum vom 22.03.2012 bis 21.09.2012 (EGVA vom 22.03.2012 idG des Widerspruchsbescheides 10.07.2012) einen inhaltsgleichen EGVA. Für die Zeit ab September 2012 war dem Kläger zwar der Erlass eines weiteren EGVA angekündigt; Hinweise auf weitere Regelungen durch EGVA finden sich für die Zeit ab dem 22.09.2012 nach Lage der Akten jedoch nicht.
Gegen den Bescheid vom 23.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2011 hat der Kläger ebenfalls ohne weitere Begründung Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Nach dem gerichtlichen Hinweis dahingehend, der EGVA vom 23.02.2011 habe sich durch Zeitablauf erledigt, hat der Kläger am 21.05.2013 beantragt, die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 23.02.2011 festzustellen. Sein Interesse an der Fortsetzung des Rechtsstreites hat er damit begründet, dass es der Beklagte bislang unterlassen habe, ihn zielgerichtet zu fördern. Nach sieben Jahren habe er noch immer keine Arbeit. Der Beklagte habe ihm lediglich vier Computerkurse angeboten, die nicht aufeinander aufbauten. Zudem seien diese Kurse ungeeignet, eine Arbeitsstelle zu erhalten. Sämtliche Vorschläge von seiner Seite habe der Beklagte abgelehnt, als ob seine Arbeitsaufnahme nicht gewollt sei. Es fände weder ein Fördern noch eine Beratung durch den Beklagten statt, insbesondere habe der Beklagte aber zu verantworten, dass sowohl sein Personenbeförderungsschein als auch sein LKW-Führerschein verfallen seien. Zudem wolle er auch einen anderen Arbeitsvermittler.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17.12.2013 abgewiesen. Der Kläger habe ein besonderes Interesse, eine gerichtliche Feststellung in Bezug auf die sachliche Richtigkeit des EGVA vom 23.02.2011 zu erhalten. Der Beklagte habe bereits unter dem 23.02.2012 einen nahezu inhaltsgleichen EGVA erlassen, und mit weiteren Maßnahmen sei zu rechnen. Es bestehe daher eine Wiederholungsgefahr. Der EGVA 23.02.2011 sei jedoch rechtmäßig gewesen.
Gegen das Urteil hat der Kläger ohne nähere Begründung Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Er beantragt sinngemäß, festzustellen, dass der Eingliederungsverwaltungsakt vom 23.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2011 rechtswidrig gewesen ist.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe zutreffend entschieden.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zumindest im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Das SG ist zwar in zutreffender Weise davon ausgegangen, das ursprüngliche Begehren des Klägers, nämlich die Anfechtung der durch Verwaltungsakt vom 23.02.2011 idG des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2011 verfügten Eingliederungsvereinbarung, habe sich durch Zeitablauf erledigt, so dass die Klage allein als Fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführt werden kann. Die Klage war aber - mangels Darlegung eines hinreichenden Feststellungsinteresses - bereits unzulässig.
Hat sich der Verwaltungsakt vor dem Urteil durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat (§ 131 Abs 1 Satz 3 SGG). Das berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes ist wie das berechtigte Interesse bei der allgemeinen Feststellungsklage zu behandeln (vgl. BSG, Urteil vom 28.08.2007 - B 7/7a AL 16/06 R - juris). Es ist damit Zulässigkeitsvoraussetzung der Fortsetzungsfeststellungsklage. Ein für diese Feststellung vorausgesetztes schutzwürdiges Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art sein. Es kommt damit in Betracht bei einem Rehabilitationsinteresse, bei Wiederholungsgefahr bzw. bei Präjudiziabilität, d.h. wenn die Entscheidung in einem anderen Rechtsstreit von Bedeutung sein kann, insbesondere wenn ein Schadensinteresse geltend gemacht wird. Ausreichend ist hierbei, dass der Kläger entsprechende Tatsachen vorträgt, ohne dass große Anforderungen an die Substantiierungspflicht zu stellen sind. Der Rechtssuchende hat lediglich darzulegen, welche der oben genannten Umstände sein Feststellungsinteresse begründen (vgl. BSG, Urteil vom 28.08.2007 aaO mwN).
Ausgehend von diesen rechtlichen Vorüberlegungen hat das SG seiner Entscheidung jedoch zu Unrecht zugrunde gelegt, der Kläger habe ein durch Wiederholungsgefahr nachvollziehbares Interesse dargelegt, das eine gerichtliche Prüfung des erledigten Verwaltungsaktes in der Sache rechtfertige.
Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (vgl. BSG, Beschluss vom 16.05.2007 - B 7b AS 40/06 R - juris mwN). Umstände, die eine Wiederholungsgefahr in diesem Sinne begründen können, hat der Kläger jedoch weder mit der Klage noch im Berufungsverfahren vorgetragen. Diese (Wiederholungs-)Gefahr lässt sich - entgegen der Auffassung des SG - nicht allein aus dem Umstand ableiten, dass der Beklagte einmalig - nachgehend zum streitgegenständlichen EGVA - einen (nahezu) identischen Verwaltungsakt erlassen hat. Das SG hat hierbei in (sehr knapper und) unzulässiger Weise allein aus einer einmaligen Wiederholung des beanstandeten Verwaltungsaktes für den Zeitraum vom 22.03.2012 bis 21.09.2012 auf eine auch in der Zukunft liegende Wiederholungsgefahr geschlossen, ohne zu beachten, dass zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung am 17.12.2013 nach Lage der Akten - trotz entsprechender Ankündigung des Beklagten - weder für den Zeitraum vom 15.09.2011 bis 21.03.2012 noch für die Zeit ab dem 22.09.2012 weitere inhaltsgleicher EGVA ergangen waren, und der Kläger weder den EGVA vom 22.03.2012 (Zeitraum: 22.03.2012 bis 21.09.2012) gerichtlich angefochten noch den Erlass oder den Inhalt weiterer inhaltsgleicher EGVA bemängelt hat. Insoweit fehlte es - losgelöst vom Vortrag des Klägers - an einer hinreichenden Prognosegrundlage, die es für sich betrachtet rechtfertigten würde, eine Wiederholungsgefahr dahingehend anzunehmen, der Beklagte werde bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen zukünftig weitere gleichartige Verwaltungsakte erlassen.
Aufgrund seiner (knappen) Überlegungen hat das SG in diesem Zusammenhang auch nicht beachtet, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage kein Mittel der objektiven Rechtskontrolle darstellt, sondern dass für die Prüfung des (subjektiven) Rechtsschutzinteresses vom Vortrag des von der Erledigung des Verwaltungsaktes Betroffenen ausgegangen werden muss, wobei er darzulegen hat, welche Umstände ein Interesse an der Fortführung des an sich erledigten Verfahrens begründen können. Hierzu hat der Kläger anlässlich seiner Stellungnahme vor dem SG lediglich erklärt, der Beklagte habe es unterlassen, ihn zielgerichtet zu fördern, und es seien sämtliche Vorschläge abgelehnt worden, die von seiner Seite gekommen seien. Insbesondere habe der Beklagte es zu verantworten, dass sowohl sein Personenbeförderungsschein als auch sein LKW-Führerschein verfallen seien. Dieser Vortrag des Klägers lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass der Beklagte die ihm durch EGVA zu Verfügung stehenden Instrumente unzweckmäßig und damit in unzureichender Weise genutzt haben soll. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang jedoch auch (sinngemäß) vorträgt, der Beklagte habe es wegen der fehlenden Förderzusagen im EGVA vom 23.02.2011 zu verantworten, dass sowohl sein Personenbeförderungsschein als auch sein LKW-Führerschein verfallen seien, wird bereits die fehlende Wiederholungsgefahr offenbar, denn soweit der Kläger über die entsprechenden Fahrerlaubnisse nicht mehr verfügt, haben sich nach Ablauf des streitgegenständlichen EGVA bereits die tatsächlichen Umstände geändert, die der Beklagte anlässlich nachfolgender Eingliederungsmaßnahmen zu beachten hatte. Insoweit kann dahinstehen, dass eine Wiederholungsgefahr in Bezug auf die Unzweckmäßigkeit eines EGVA ohnehin kaum zu begründen sein wird, denn ausgehend von der Regelungsintention eines EGVA, einen Arbeitslosen unter Beachtung der sich permanent ändernden tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen in ein Beschäftigungsverhältnis zu vermitteln, erscheint es zwangsläufig so, dass bei einem Fehlschlag der Vermittlungsstrategie - im Hinblick auf die gesetzliche Vorgabe des § 15 Abs 1 Satz 5 SGB II - eine Anpassung der Eingliederungsbemühungen zu erfolgen hat, die den Erlass eines (nahezu) gleichartigen Verwaltungsaktes auf der Grundlage unveränderter tatsächlicher und rechtlicher Umstände unwahrscheinlich werden lassen.
Der Vortrag des Klägers, der Beklagte habe zu verantworten, ihm sei es mangels Förderung nicht möglich gewesen, seine Fahrlaubnisse (LKW- Führerscheinen, Personenbeförderungsschein) zu erhalten, ist darüber hinaus auch unter dem Aspekt der Präjudiziabilität zu betrachten, der Kläger habe eine Interesse an der Feststellung, weil ein Schaden eingetreten sei und daran anknüpfend Ersatzansprüche insbesondere aus Amtshaftung gegen den Beklagten bestehen würden. Nachdem die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch die Gerichte einer anderen Gerichtsbarkeit bindet, ist es in diesem Zusammenhang ausreichend, dass die Entscheidung für einen Schadensersatzprozess wesentlich und dieser Prozess anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten und nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. Keller in Meyer- Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 131 Rn. 10d mwN).
Aber auch unter Beachtung dieses Aspektes ist ein Feststellungsinteresse nicht zu belegen, denn allein die Behauptung eines Schadensersatzanspruches reicht nicht aus, sondern es ist zudem zu fordern, dass der Schadensersatzprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist (vgl. Keller aaO § 131 Rn.10e mwN). Hierfür gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Insbesondere hat der Kläger selbst nichts dazu vorgetragen, ob und in welcher Weise er Schadensersatzansprüche auf gerichtlichem Weg gegen den Beklagten geltend machen will, so dass ein Rechtsstreit, für den das vorliegende Verfahren präjudiziell sein könnte, nicht mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist.
Nachdem dem EGVA vom 23.02.2011 auch kein diskriminierender Inhalt zu entnehmen ist, der ein Rehabilitationsinteresse des Klägers begründen könnte, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers insgesamt nicht zu belegen. Die Berufung ist daher zurückzuweisen, denn nach Erledigung des EGVA vom 23.02.2011 mit Ablauf des 14.08.2011 war die Klage im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung am 17.12.2013 bereits unzulässig.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und folgt aus dem Unterliegen des Klägers.
Gründe, gemäß § 160 Abs 1 Nr.1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen einen Verwaltungsakt vom 23.02.2011 (Eingliederungsverwaltungsakt - EGVA), durch den der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung für den Zeitraum 23.02.2011 bis 14.08.2011 ersetzt hatte.
Der Kläger bezieht seit Oktober 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Anlässlich eines Beratungsgespräches am 15.02.2011 kamen der Kläger und seine Arbeitsvermittlerin im Rahmen eines "Profilings" überein, als Zielberuf für den Kläger eine Tätigkeit als Kurierfahrer ins Auge zu fassen. Unter anderem wegen aktuell vermittlungsrelevanter gesundheitlicher Einschränkungen sei jedoch vorerst eine Tätigkeit jenseits des ersten Arbeitsmarktes anzustreben. Am 23.02.2011 legte der Beklagte dem Kläger im Hinblick auf den individuellen Integrationsplan eine Eingliederungsvereinbarung zur Unterschrift vor, die dieser jedoch nicht unterzeichnete. Daraufhin ersetzte der Beklagte mit Bescheid vom 23.02.2011 die Festlegungen der Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt (EGVA). Als Ziel definierte der Beklagte die Aufnahme einer Tätigkeit durch den Kläger jenseits des ersten Arbeitsmarktes. Für die Geltungsdauer des EGVA (23.02.2011 bis 14.08.2011) bot der Beklagte dem Kläger als Unterstützungsleistungen die Unterbreitung von Vermittlungsvorschlägen und geeigneten Stellenangeboten sowie die Aufnahme des Bewerberprofils auf seiner Internetseite an. Zudem sagte der Beklagte zu, Bewerbungskosten nach Maßgabe des § 16 Abs 1 SGB II iVm §§ 45ff Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bis zu einem Betrag von 240.- EUR jährlich zu übernehmen. Als Bemühungen forderte der Beklagte vom Kläger, sich auf Vermittlungsvorschläge zeitnah, d.h. innerhalb von drei Tagen, zu bewerben und seine Bewerbungsbemühungen zu dokumentieren. Darüber hinaus enthielt der EGVA Hinweise zu den Meldepflichten des Klägers anlässlich einer Ortsabwesenheit sowie eine Rechtsfolgenbelehrung in Bezug auf die geregelten Verpflichtungen.
Den dagegen ohne Begründung eingelegte Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.03.2011 zurück. Der Kläger habe die am 15.02.2011 angebotene Eingliederungsvereinbarung nicht unterschrieben, so dass die Voraussetzungen für die Festsetzung einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt vorlägen. Weder sei eine Festsetzung durch Verwaltungsakt grundsätzlich rechtswidrig noch sei zu erkennen, dass die mit dem Bescheid vom 23.02.2011 festgelegten Pflichten den Kläger unverhältnismäßig belasten würden. In der Folgezeit erließ der Beklagte für den Zeitraum vom 22.03.2012 bis 21.09.2012 (EGVA vom 22.03.2012 idG des Widerspruchsbescheides 10.07.2012) einen inhaltsgleichen EGVA. Für die Zeit ab September 2012 war dem Kläger zwar der Erlass eines weiteren EGVA angekündigt; Hinweise auf weitere Regelungen durch EGVA finden sich für die Zeit ab dem 22.09.2012 nach Lage der Akten jedoch nicht.
Gegen den Bescheid vom 23.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2011 hat der Kläger ebenfalls ohne weitere Begründung Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Nach dem gerichtlichen Hinweis dahingehend, der EGVA vom 23.02.2011 habe sich durch Zeitablauf erledigt, hat der Kläger am 21.05.2013 beantragt, die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 23.02.2011 festzustellen. Sein Interesse an der Fortsetzung des Rechtsstreites hat er damit begründet, dass es der Beklagte bislang unterlassen habe, ihn zielgerichtet zu fördern. Nach sieben Jahren habe er noch immer keine Arbeit. Der Beklagte habe ihm lediglich vier Computerkurse angeboten, die nicht aufeinander aufbauten. Zudem seien diese Kurse ungeeignet, eine Arbeitsstelle zu erhalten. Sämtliche Vorschläge von seiner Seite habe der Beklagte abgelehnt, als ob seine Arbeitsaufnahme nicht gewollt sei. Es fände weder ein Fördern noch eine Beratung durch den Beklagten statt, insbesondere habe der Beklagte aber zu verantworten, dass sowohl sein Personenbeförderungsschein als auch sein LKW-Führerschein verfallen seien. Zudem wolle er auch einen anderen Arbeitsvermittler.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 17.12.2013 abgewiesen. Der Kläger habe ein besonderes Interesse, eine gerichtliche Feststellung in Bezug auf die sachliche Richtigkeit des EGVA vom 23.02.2011 zu erhalten. Der Beklagte habe bereits unter dem 23.02.2012 einen nahezu inhaltsgleichen EGVA erlassen, und mit weiteren Maßnahmen sei zu rechnen. Es bestehe daher eine Wiederholungsgefahr. Der EGVA 23.02.2011 sei jedoch rechtmäßig gewesen.
Gegen das Urteil hat der Kläger ohne nähere Begründung Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Er beantragt sinngemäß, festzustellen, dass der Eingliederungsverwaltungsakt vom 23.02.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2011 rechtswidrig gewesen ist.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe zutreffend entschieden.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zumindest im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Das SG ist zwar in zutreffender Weise davon ausgegangen, das ursprüngliche Begehren des Klägers, nämlich die Anfechtung der durch Verwaltungsakt vom 23.02.2011 idG des Widerspruchsbescheides vom 25.03.2011 verfügten Eingliederungsvereinbarung, habe sich durch Zeitablauf erledigt, so dass die Klage allein als Fortsetzungsfeststellungsklage fortgeführt werden kann. Die Klage war aber - mangels Darlegung eines hinreichenden Feststellungsinteresses - bereits unzulässig.
Hat sich der Verwaltungsakt vor dem Urteil durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat (§ 131 Abs 1 Satz 3 SGG). Das berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes ist wie das berechtigte Interesse bei der allgemeinen Feststellungsklage zu behandeln (vgl. BSG, Urteil vom 28.08.2007 - B 7/7a AL 16/06 R - juris). Es ist damit Zulässigkeitsvoraussetzung der Fortsetzungsfeststellungsklage. Ein für diese Feststellung vorausgesetztes schutzwürdiges Interesse kann rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeller Art sein. Es kommt damit in Betracht bei einem Rehabilitationsinteresse, bei Wiederholungsgefahr bzw. bei Präjudiziabilität, d.h. wenn die Entscheidung in einem anderen Rechtsstreit von Bedeutung sein kann, insbesondere wenn ein Schadensinteresse geltend gemacht wird. Ausreichend ist hierbei, dass der Kläger entsprechende Tatsachen vorträgt, ohne dass große Anforderungen an die Substantiierungspflicht zu stellen sind. Der Rechtssuchende hat lediglich darzulegen, welche der oben genannten Umstände sein Feststellungsinteresse begründen (vgl. BSG, Urteil vom 28.08.2007 aaO mwN).
Ausgehend von diesen rechtlichen Vorüberlegungen hat das SG seiner Entscheidung jedoch zu Unrecht zugrunde gelegt, der Kläger habe ein durch Wiederholungsgefahr nachvollziehbares Interesse dargelegt, das eine gerichtliche Prüfung des erledigten Verwaltungsaktes in der Sache rechtfertige.
Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger Verwaltungsakt ergehen wird (vgl. BSG, Beschluss vom 16.05.2007 - B 7b AS 40/06 R - juris mwN). Umstände, die eine Wiederholungsgefahr in diesem Sinne begründen können, hat der Kläger jedoch weder mit der Klage noch im Berufungsverfahren vorgetragen. Diese (Wiederholungs-)Gefahr lässt sich - entgegen der Auffassung des SG - nicht allein aus dem Umstand ableiten, dass der Beklagte einmalig - nachgehend zum streitgegenständlichen EGVA - einen (nahezu) identischen Verwaltungsakt erlassen hat. Das SG hat hierbei in (sehr knapper und) unzulässiger Weise allein aus einer einmaligen Wiederholung des beanstandeten Verwaltungsaktes für den Zeitraum vom 22.03.2012 bis 21.09.2012 auf eine auch in der Zukunft liegende Wiederholungsgefahr geschlossen, ohne zu beachten, dass zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung am 17.12.2013 nach Lage der Akten - trotz entsprechender Ankündigung des Beklagten - weder für den Zeitraum vom 15.09.2011 bis 21.03.2012 noch für die Zeit ab dem 22.09.2012 weitere inhaltsgleicher EGVA ergangen waren, und der Kläger weder den EGVA vom 22.03.2012 (Zeitraum: 22.03.2012 bis 21.09.2012) gerichtlich angefochten noch den Erlass oder den Inhalt weiterer inhaltsgleicher EGVA bemängelt hat. Insoweit fehlte es - losgelöst vom Vortrag des Klägers - an einer hinreichenden Prognosegrundlage, die es für sich betrachtet rechtfertigten würde, eine Wiederholungsgefahr dahingehend anzunehmen, der Beklagte werde bei im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen zukünftig weitere gleichartige Verwaltungsakte erlassen.
Aufgrund seiner (knappen) Überlegungen hat das SG in diesem Zusammenhang auch nicht beachtet, dass die Fortsetzungsfeststellungsklage kein Mittel der objektiven Rechtskontrolle darstellt, sondern dass für die Prüfung des (subjektiven) Rechtsschutzinteresses vom Vortrag des von der Erledigung des Verwaltungsaktes Betroffenen ausgegangen werden muss, wobei er darzulegen hat, welche Umstände ein Interesse an der Fortführung des an sich erledigten Verfahrens begründen können. Hierzu hat der Kläger anlässlich seiner Stellungnahme vor dem SG lediglich erklärt, der Beklagte habe es unterlassen, ihn zielgerichtet zu fördern, und es seien sämtliche Vorschläge abgelehnt worden, die von seiner Seite gekommen seien. Insbesondere habe der Beklagte es zu verantworten, dass sowohl sein Personenbeförderungsschein als auch sein LKW-Führerschein verfallen seien. Dieser Vortrag des Klägers lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass der Beklagte die ihm durch EGVA zu Verfügung stehenden Instrumente unzweckmäßig und damit in unzureichender Weise genutzt haben soll. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang jedoch auch (sinngemäß) vorträgt, der Beklagte habe es wegen der fehlenden Förderzusagen im EGVA vom 23.02.2011 zu verantworten, dass sowohl sein Personenbeförderungsschein als auch sein LKW-Führerschein verfallen seien, wird bereits die fehlende Wiederholungsgefahr offenbar, denn soweit der Kläger über die entsprechenden Fahrerlaubnisse nicht mehr verfügt, haben sich nach Ablauf des streitgegenständlichen EGVA bereits die tatsächlichen Umstände geändert, die der Beklagte anlässlich nachfolgender Eingliederungsmaßnahmen zu beachten hatte. Insoweit kann dahinstehen, dass eine Wiederholungsgefahr in Bezug auf die Unzweckmäßigkeit eines EGVA ohnehin kaum zu begründen sein wird, denn ausgehend von der Regelungsintention eines EGVA, einen Arbeitslosen unter Beachtung der sich permanent ändernden tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen in ein Beschäftigungsverhältnis zu vermitteln, erscheint es zwangsläufig so, dass bei einem Fehlschlag der Vermittlungsstrategie - im Hinblick auf die gesetzliche Vorgabe des § 15 Abs 1 Satz 5 SGB II - eine Anpassung der Eingliederungsbemühungen zu erfolgen hat, die den Erlass eines (nahezu) gleichartigen Verwaltungsaktes auf der Grundlage unveränderter tatsächlicher und rechtlicher Umstände unwahrscheinlich werden lassen.
Der Vortrag des Klägers, der Beklagte habe zu verantworten, ihm sei es mangels Förderung nicht möglich gewesen, seine Fahrlaubnisse (LKW- Führerscheinen, Personenbeförderungsschein) zu erhalten, ist darüber hinaus auch unter dem Aspekt der Präjudiziabilität zu betrachten, der Kläger habe eine Interesse an der Feststellung, weil ein Schaden eingetreten sei und daran anknüpfend Ersatzansprüche insbesondere aus Amtshaftung gegen den Beklagten bestehen würden. Nachdem die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch die Gerichte einer anderen Gerichtsbarkeit bindet, ist es in diesem Zusammenhang ausreichend, dass die Entscheidung für einen Schadensersatzprozess wesentlich und dieser Prozess anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten und nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. Keller in Meyer- Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 131 Rn. 10d mwN).
Aber auch unter Beachtung dieses Aspektes ist ein Feststellungsinteresse nicht zu belegen, denn allein die Behauptung eines Schadensersatzanspruches reicht nicht aus, sondern es ist zudem zu fordern, dass der Schadensersatzprozess bereits anhängig oder mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist (vgl. Keller aaO § 131 Rn.10e mwN). Hierfür gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Insbesondere hat der Kläger selbst nichts dazu vorgetragen, ob und in welcher Weise er Schadensersatzansprüche auf gerichtlichem Weg gegen den Beklagten geltend machen will, so dass ein Rechtsstreit, für den das vorliegende Verfahren präjudiziell sein könnte, nicht mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist.
Nachdem dem EGVA vom 23.02.2011 auch kein diskriminierender Inhalt zu entnehmen ist, der ein Rehabilitationsinteresse des Klägers begründen könnte, ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse des Klägers insgesamt nicht zu belegen. Die Berufung ist daher zurückzuweisen, denn nach Erledigung des EGVA vom 23.02.2011 mit Ablauf des 14.08.2011 war die Klage im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung am 17.12.2013 bereits unzulässig.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG und folgt aus dem Unterliegen des Klägers.
Gründe, gemäß § 160 Abs 1 Nr.1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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