Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 19 R 4303/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 2664/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Juni 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1980 geborene Klägerin absolvierte nach dem Hauptschulabschluss eine Ausbildung zur Hauswirtschafterin. Sie war in dem Ausbildungsberuf von November 2002 bis April 2003 tätig und nach eigenen Angaben zuletzt von Mai 2007 bis März 2008 erwerbstätig als Großküchenmitarbeiterin. Seit 01.01.2005 bezieht sie Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch, davor seit 05.07.2003 Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe.
Am 08.02.2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente und führte dazu aus, seit ihrer Geburt wegen eines Halswirbelsäulensyndroms nicht in der Lage zu sein, zumindest belastende Arbeiten zu verrichten. Die Beschwerden seien unheilbar, chronisch und angeboren.
Die Beklagte zog sodann Befundberichte der behandelnden Ärzte bei und ließ die Klägerin durch Dr. Z. (Arzt für Allgemeinmedizin bei der ärztlichen Untersuchungsstelle der Beklagten) begutachten. Dieser diagnostizierte im Gutachten vom 06.05.2013 bei der Klägerin unter anderem Vorfußschmerzen rechts bei Senk-/Spreizfußstellung bei unauffälligem Gangbild sowie rezidivierende Schulter-Nacken-Beschwerden mit allenfalls leichten Bewegungseinschränkungen, ohne neurologisches Defizit sowie ohne wesentliche Funktionseinschränkungen. Dr. Z. hielt die Klägerin noch für in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter näher bezeichneten qualitativen Einschränkungen in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich zu verrichten.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag daraufhin mit Bescheid vom 14.05.2013 ab, da die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei. Hiergegen erhob diese Widerspruch und legte zur Begründung ärztliche Atteste aus den 80er-Jahren vor, die nach ihrer Ansicht belegen würden, dass ihre Erkrankung bereits seit der Kindheit bestehe. Auf Grund der bereits seit langer Zeit vorhandenen Erkrankung, die mit einer "Starre am ganzheitlichen Bewegungsapparat ... mit Dauerschmerzen" verbunden sei, leide sie auch an "seelischen Schäden". Daraus resultierend sei es ihr generell nicht möglich, irgendeine Arbeitsleistung zu erbringen; dies gelte erst Recht nicht für Tätigkeiten über mehrere Stunden hinweg.
Aus den vorgelegten Befundberichten der U.-K. F. vom 12.07.1986 und 18.08.1986 ergibt sich, dass die Klägerin dort als knapp sechs Jahre altes Kind wegen eines intermittierenden Schiefhalses rechts unklarer Genese vorgestellt und vom 07.07. bis 10.07.1986 und vom 14.07. bis 21.07.1986 stationär aufgenommen wurde. Während sie bei der Aufnahmeuntersuchung die typischen Beschwerden zeigte, war sie schon am nächsten Tag völlig beschwerdefrei. Ein occulärer, peripher-muskulärer oder ossärer Schiefhals konnte ausgeschlossen werden. Da keine Erklärung für den intermittierenden Schiefhals gefunden wurde, konnte keine Therapieempfehlung gegeben werden.
In einer ergänzenden Stellungnahme führte Dr. Z. hierzu unter dem 14.06.2013 aus, es hätten sich aus den vorgelegten Unterlagen keine neuen medizinischen Gesichtspunkte ergeben, weshalb es bei dem festgestellten Leistungsvermögen verbleibe. Die Beklagte wies den Widersprach daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2013 zurück und führte aus, bei der Klägerin sei noch eine Erwerbsfähigkeit von mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorhanden. Auf die Erwerbsfähigkeit in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit komme es nicht an, weil die Klägerin nach dem 01.01.1961 geboren sei.
Am 24.09.2013 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und erneut vorgetragen, die vorliegenden Krankheiten führten zur Leistungsunfähigkeit. Es liege eine stetige Verschlechterung der gesundheitlichen Situation vor. Aufgrund der gesundheitlichen Beschwerden habe sie noch nie eine volle bzw. für ihre Vorgesetzten zufriedenstellende Arbeitsleistung erbringen können, da sie selbst bei leichter Anstrengung unter anderem an Gelenkstarre leide.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen bei den behandelnden Ärzten der Klägerin, Dr. B. (Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie), Dr. E. (Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie) und Dr. N. (Facharzt für Allgemeinmedizin). Dr. B. hat sich unter dem 31.10.2013 außerstande gesehen, die Beweisfragen zu beantworten, da die Klägerin lediglich einmal am 07.05.2012 in seiner Sprechstunde war. Dr. E. hat unter dem 08.11.2013 von einer (ebenfalls) einmaligen Behandlung am 29.04.2013 berichtet und die Frage bejaht, ob die Klägerin nach seiner Einschätzung noch regelmäßig eine körperlich leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bis zu sechs Stunden am Tag ohne Gesundheitsgefährdung ausüben könne. Der Hausarzt Dr. N. hat unter dem 20.03.2014 ausgeführt, die Klägerin befinde sich seit 2007 in seiner Behandlung, die letzte Behandlung habe am 14.01.2014 stattgefunden. In dieser Zeit seien mehrere Behandlungen wegen interkurrenter Erkrankungen in Form von Infekten der Atemwege, Nacken- und Rückenschmerzen, Magen-Darm-Infekten, Bagatellverletzungen sowie eines Schweißdrüsenabszesses erfolgt. Der Verlauf der Erkrankungen sei komplikationslos gewesen, es seien daraus keine Dauerschäden resultiert. Eine erhebliche Gefährdung des Gesundheitszustandes habe er im Laufe der Behandlung nicht feststellen können, und eine dauerhafte Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Klägerin sei bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingetreten. Eine regelmäßige körperliche leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bis zu sechs Stunden am Tag könne ohne Gesundheitsgefährdung ausgeübt werden, da bis zum jetzigen Zeitpunkt keine schwerwiegende Erkrankung bei der Klägerin vorliege.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.06.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung den Ausführungen des im Verwaltungsverfahren gehörten Gutachters Dr. Z. und der sachverständigen Zeugen Dr. E. und Dr. N. angeschlossen. Dr. Z. sei in seinem Gutachten vom 06.05.2013 nachvollziehbar und schlüssig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin vor dem Hintergrund der von ihm erhobenen Befunde noch regelmäßig eine Erwerbstätigkeit in einem quantitativen Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich ausüben könne. Rentenrechtlich relevante Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit seien danach nicht gegeben. Die von Dr. Z. berichteten Ergebnisse seiner Anamneseerhebung ließen auch für das Gericht nicht die Annahme einer wesentlichen Leistungsminderung zu. Die berichteten Beeinträchtigungen bedingten jeweils für sich und auch zusammengenommen zwar qualitative, nicht aber quantitative Einschränkungen der Leistungsfähigkeit. Dr. Z. gehe zur Überzeugung des Gerichts von vollständigen und zutreffenden Befunden aus. Auch die als sachverständige Zeugen befragten Ärzte der Klägerin hätten - sofern sie überhaupt Aussagen zum derzeitigen Gesundheitszustand der Klägerin machen konnten - keine Befunde oder Beschwerden berichtet, die nicht durch Dr. Z. berücksichtigt worden wären. Sofern die Klägerin im Übrigen mehrfach über eine Gelenkstarre geklagt habe, die selbst bei leichter körperlicher Anstrengung eintrete, finde sich ein derartiges Krankheitsbild in keinem der vorliegenden ärztlichen Untersuchungen bzw. Befunde. Auch der Umstand, dass die Klägerin nach ihren Angaben gegenüber Dr. Z. alleine den elterlichen Haushalt versorge, spreche gegen das von ihr geschilderte Beschwerdebild. Mangels hinreichender Belege habe die beweisbelastete Klägerin damit nicht den Nachweis E.ringen können, dass Dr. Z. rentenrechtlich relevante Krankheitsbilder nicht berücksichtigt habe. Die als sachverständige Zeugen befragten Ärzte der Klägerin hätten die Auffassung von Dr. Z. geteilt, dass die Klägerin zumindest körperlich leichte Tätigkeiten mehr als sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten imstande sei. Für das Gericht sei auch nicht zu erkennen, weshalb die von Dr. Z. erhobenen orthopädischen Beschwerden im Bereich des rechten Fußes, der Schultern, des Rückens und des Nackens einer körperlich leichten Tätigkeit, die auch überwiegend im Sitzen ausgeübt werden könnte, entgegenstehen sollten. Auch die Klägerin selbst habe im Übrigen bei der Untersuchung bei Dr. Z. einzig über Druckschmerzen im Vorfuß sowie Schmerzen im rechten Arm beim Heben und Tragen schwerer Lasten geklagt. Trotz dieser Beschwerden könne die Klägerin jedoch nach eigenen Angaben über eine Stunde gehen sowie den elterlichen Haushalt versorgen.
Sofern die Klägerin im Übrigen vorgetragen habe, bereits seit ihrer Kindheit unter schwerwiegenden Beeinträchtigungen zu leiden und daher noch nie in der Lage gewesen zu sein, zufriedenstellende Arbeitsleistungen zu E.ringen, erscheine auch dieser Vortrag nicht plausibel. Aus den von Dr. Z. im Rahmen seines Gutachtens berücksichtigten Arbeitszeugnissen gingen gerade keine unterdurchschnittlichen Arbeitsleistungen der Klägerin hervor. Sofern die Klägerin schließlich zumindest im Widerspruchsverfahren auch eine seelische Erkrankung geltend mache, fänden sich für ein derartiges Krankheitsbild keinerlei Hinweise. Die Klägerin sei soweit ersichtlich noch nie in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung gewesen. Dr. Z. beschreibe die Klägerin zudem unter anderem als freundlich zugewandt, vollständig orientiert sowie im Affekt schwingungsfähig.
Gegen den ihr am 11.06.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17.06.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt, zur Begründung auf die bei ihr bestehenden Einschränkungen verwiesen sowie (nochmals) die Untersuchungsbefunde der U.-K. F. aus dem Jahr 1986 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Juni 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2013 aufzuheben und ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Erfolgten und beabsichtigten Ladungen des erkennenden Senats zu Terminen zur Erörterung des Sach- und Streitstandes bzw. zur mündlichen Verhandlung ist die Klägerin in - jedenfalls von ihr unterzeichneten - Schreiben unter Hinweis auf die Verhandlungsunfähigkeit "unseres Familienmitglieds" und das beim SG anhängige Schwerbehindertenverfahren (S 16 SB 4076/13) entgegen getreten. Auf die Mitteilung der Klägerin, dass sie sich bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. in Behandlung befinde, hat der Senat diesen als sachverständigen Zeugen befragt. Dr. J. hat unter dem 16.07.2015 angegeben, die Klägerin habe sich erstmals am 29.12.2014 zur Untersuchung vorgestellt und dann nochmals am 30.06.2015. Anlass zum Ersttermin sei die Antragstellung auf Schwerbehinderung gewesen, wozu sie ein Attest des Neurologen benötigte. Sie habe über ständige Nackenbeschwerden ("der Wirbel ist ein bißchen verschoben") und am 30.06.2015 über Kopfschmerzen geklagt. An diesem Tag seien die Schmerz-Austrittspunkte supra-/infraorbital beidseits etwas druckdolent gewesen, die HWS sei beweglich, der neurologische Befund in Ordnung gewesen. Er habe die Diagnosen Anpassungsstörung, Behinderungssydrom (vor allem Lernbehinderung) und soziale Defizite gestellt. Im vorgelegten Bericht über die Situation am 29.12.2014 führte Dr. J. aus, es sei wahrscheinlich geworden, dass neben kognitiven Einschränkungen im Sinne einer Lernbehinderung wohl vorrangig psychische Einschränkungen bestünden im Sinne einer Anpassungsstörung im schwierigen familiären Milieu.
Zur Auskunft von Dr. J. hat der sozialmedizinische Dienst der Beklagten unter dem 21.08.2015 dahingehend Stellung genommen, dass die Klägerin als 6-Jährige intermittierend einen nicht erklärbaren Schiefhals hatte, habe mit der aktuellen Leistungsbeurteilung nichts zu tun. Diese Problematik sei offensichtlich schon seit langem nicht mehr vorliegend und tangiere das quantitative Leistungsvermögen nicht generell. Grund für die Vorstellung der Klägerin bei Dr. J. sei nicht der Wunsch nach der Behandlung einer Erkrankung gewesen, sondern der nach Erreichen einer Schwerbehinderung. Bei der ersten Vorstellung habe die Klägerin über ständige Nackenschmerzen geklagt, die HWS sei zu diesem Zeitpunkt frei beweglich gewesen, neurologisch hätten sich keine Auffälligkeiten ergeben. Bei der zweiten Konsultation sei über Kopfschmerzen geklagt worden, was sicherlich ebenfalls keine zeitliche Leistungsminderung begründe. Bei der Diagnose von Dr. J., es könnten eine Lernbehinderung oder auch psychische Einschränkungen im Sinne einer Anpassungsstörung im schwierigen familiären Milieu vorliegen, handele es sich um eine bloße Mutmaßung, zumal Dr. J. keine weiteren Unterlagen und Berichte zur psychischen und schulischen Entwicklung der Klägerin und auch nicht deren Zeugnisse vorgelegen hätten. Darin finde sich kein Hinweis auf eine höhergradige Lernbehinderung und somit auch kein Grund, der gegen eine Eingliederung der Klägerin auch auf dem ersten Arbeitsmarkt entsprechend ihrer Ausbildung spreche. Sollte tatsächlich eine Anpassungsstörung vorliegen (ein psychopathologischer Befund werde aber nicht berichtet), sei dies ein vorübergehender Zustand, der gut behandelbar wäre (und bisher nicht behandelt wurde) und somit ebenfalls keine generelle Minderung des quantitativen Leistungsvermögens für mehr als sechs Monate bedinge.
Der Senat hat die Verfahrensakte des SB-Verfahrens vor dem SG beigezogen. Darin befindet sich ein Befundbericht von Dr. E. vom 03.05.2013, in welcher dieser - nach einmaliger Vorstellung am 29.04.2013 - bei der Klägerin ein chronisches Cervicalsyndrom, eine BWS-Kyphose sowie eine Torsionsskoliose (großbogig rechtskonvex) diagnostizierte und in einer Stellungnahme an das SG vom 08.11.2013 ausführte, die Wirbelsäulenschäden seien mit geringen funktionellen Auswirkungen verbunden. In einem im Rahmen des SB-Verfahrens eingeholten Gutachten diagnostizierte der Neurologe und Psychiater Dr. B. unter dem 23.03.2015 aufgrund einmaliger Untersuchung der Klägerin in Anwesenheit ihrer Schwester - eine Untersuchung ohne Anwesenheit der Schwester wurde abgelehnt - als Gesundheitsstörungen eine Fehlfunktion des M. sternocloido-mastoideus, dies als Folge einer wahrscheinlich perinatalen Einblutung mit Einschränkung der Kopfwendung nach rechts mit kompensatorischem Einsatz der Nackenmuskulatur rechts mit damit erklärbaren Nackenschmerzen sowie eine psychische Störung mit Erfüllung der Kriterien eines Aspergersyndroms vor dem Hintergrund von Einschränkungen in der intellektuellen Entwicklung. Die leichtgradige Einschränkung der Kopfbeweglichkeit und die kompensatorische Anspannung der Nackenmuskulatur bedingten keine messbare Funktionsbeeinträchtigung. Die psychischen Befundauffälligkeiten hätten Auswirkungen auf den geistigen und seelischen Zustand. Hieraus folge eine mittelgradige Einschränkung der sozialen Anpassungsfähigkeit mit einem GdB von 50. Anzumerken sei allerdings, dass hier eine innerfamiliäre Psychodynamik bzw. ein von einer pathologischen Beurteilung der Realität bestimmtes familiäres Umfeld vorliege, in das die Klägerin eingebunden sei. Das tatsächliche Ausmaß der aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörung sich ergebenden Einschränkungen in der sozialen Interaktion könne nur außerhalb des komplexen pathologischen Familienverbunds bewertet werden.
Eine vom Senat erbetene ärztliche Auskunft hat Dr. B. unter dem 19.08.2015 unerledigt zurückgesandt mit dem Zusatz, die Klägerin sei bei ihm nicht in Behandlung. Er habe lediglich ein Gutachten für das SG erstattet.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand Dezember 2014, § 43 SGB VI Rn. 58 und 30 ff.).
Die Klägerin ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht voll erwerbsgemindert. Eine Erwerbsminderung der Klägerin, das heißt ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Der Senat schließt sich daher den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheids, insbesondere der dort vorgenommenen Beweiswürdigung, auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen, sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente setzt beweisrechtlich voraus, dass die Anspruchsvoraussetzungen im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 25/03 R - (Juris) Rn. 13), feststehen. Im Falle der Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren nach ständiger Rechtsprechung des BSG (grundlegend Urteil vom 24.10.1957 - 10 RV 945/55 -, Urteil vom 20.01.1977 - 8 RU 52/76 - (Juris)) der Grundsatz der objektiven Beweislast, insbesondere der Feststellungslast, wonach die Folgen der Nichterweislichkeit einer Tatsache von demjenigen Beteiligten zu tragen sind, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will. Eine Beweislastentscheidung setzt voraus, dass zunächst alle verfügbaren Erkenntnisquellen und Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft worden sind und sich die entscheidungserheblichen Tatsachen gleichwohl nicht feststellen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 11 AL 7/05 R - (Juris) Rn. 29, 32).
Nach diesen Grundsätzen lässt sich eine zeitliche Erwerbsminderung der Klägerin nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen. Auch zur Überzeugung des Senats folgt aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere des Gutachtens des Allgemeinarztes Dr. Z., das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, dessen ergänzender Äußerung sowie den sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. E. und Dr. N. nicht der Nachweis einer relevanten zeitlichen Leistungsminderung der Klägerin. Die behandelnden Ärzte gehen in gleicher Weise schlüssig und mit nachvollziehbarer Begründung wie der Gutachter Dr. Z. von einem in zeitlicher Hinsicht erhaltenen Leistungsvermögen der Klägerin jedenfalls für körperliche leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aus.
Eine Rentenberechtigung ergibt sich zur Überzeugung des Senats auch nicht unter Würdigung der Zeugenaussage des Dr. J. vom 16.07.2015. Dieser hat - aufgrund zweimaliger Konsultation der Klägerin - Diagnosen (Anpassungsstörung, Behinderungssyndrom, vor allem Lernbehinderung) gestellt, ohne allerdings die Diagnosestellungen nach der entsprechenden Klassifikation nach der ICD-10 und den dort beschriebenen diagnostischen Kriterien einzuordnen und insbesondere ohne auf deren rentenrechtliche Relevanz einzugehen. Zudem beruht die Diagnosestellung soweit ersichtlich im Wesentlichen auf der subjektiven Beschwerdeschilderung der Klägerin und wurde nicht weiter validiert. Hierzu hätte allerdings schon deswegen Veranlassung bestanden, weil in der Zeugenauskunft des langjährig behandelnden Hausarztes Dr. N. vom 20.03.2014 von Vorerkrankungen oder Einschränkungen auf psychiatrischem Gebiet nicht ansatzweise die Rede ist, und auch der Orthopäde Dr. E. bei seiner Befragung den Schwerpunkt der Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit der Klägerin auf seinem eigenen Fachgebiet gesehen hatte. Von Einschränkungen auf psychiatrischem Gebiet war dort ebenso wenig die Rede wie im Gutachten von Dr. Z., der die Klägerin als freundlich zugewandt, vollständig orientiert und psychisch unauffällig beschrieben hat. Soweit der Neurologe und Psychiater Dr. B. im Rahmen des SB-Verfahrens abweichende Diagnosen gestellt hat, wird deren Beweiswert schon dadurch relativiert, dass Dr. B. selbst ausgeführt hat, das tatsächliche Ausmaß der aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörung sich ergebenden Einschränkungen in der sozialen Interaktion der Klägerin könne nur außerhalb des komplexen pathologischen Familienverbunds bewertet werden. Auch Dr. J. hatte auf das schwierige familiäre Milieu der Klägerin hingewiesen.
Unabhängig davon sind psychische Erkrankungen nach der Rechtsprechung erst dann rentenrechtlich relevant, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant und stationär) davon auszugehen ist, dass ein Versicherter die Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden kann - weder aus eigener Kraft, noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 26.03.2015 - L 19 R 996/13 -; vgl. auch BSG, Urteile vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89 - und vom 29.02.2006 - B 13 RJ 31/05 R - (jeweils Juris)). Vorliegend ist aber nicht erkennbar, dass die Klägerin in Bezug auf etwaige Erkrankungen auf psychischem bzw. psychiatrischem Gebiet in Betracht kommende Behandlungsoptionen genutzt oder gar ausgeschöpft hat. Dr. J. berichtet unter dem 16.07.2015 lediglich von einer Krankschreibung durch ihn wegen Kopfschmerzen (Cephalgie), Medikamente seien nicht rezeptiert worden; zuletzt hat auch Dr. B. darauf hingewiesen, dass die Klägerin nicht bei ihm in Behandlung ist. Ein nicht mehr beeinflussbarer psychiatrischer oder sonst regelwidriger Gesundheitszustand in dieser Hinsicht kann daher nicht festgestellt werden, weshalb eine Rentengewährung wegen dieser Erkrankungen nicht in Betracht kommt. Soweit Dr. J. zudem ein Behinderungssyndrom, vor allem eine Lernbehinderung diagnostiziert hat, hat bereits das SG darauf hingewiesen, dass aus den vorliegenden Arbeitszeugnissen der Klägerin gerade keine unterdurchschnittlichen Arbeitsleistungen in ihrer früheren, nach dem Hauptschulabschluss erfolgten Tätigkeit als Hauswirtschafterin hervorgehen, so dass hieraus keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich eines ausreichenden Leistungsvermögens jedenfalls für einfache körperliche Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besondere kognitive Anforderungen folgen.
Aus den genannten qualitativen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit ergeben sich zum maßgeblichen Zeitpunkt auch weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 11.05.1999 - B 13 RJ 71/97 R -, SozR 3-2600 § 43 Nr. 21 - (Juris Rdnr. 18 ff.)) dar. Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27.04.1982 - 1 RJ 132/80 -, SozR 2200 § 1246 Nr. 90) jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Gegenständen, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn Tätigkeiten wie das Verpacken leichter Gegenstände, einfache Prüfarbeiten oder die leichte Bedienung von Maschinen noch uneingeschränkt möglich sind. Ausgehend hiervon liegt bei der Klägerin unter Berücksichtigung der bereits beschriebenen qualitativen Einschränkungen weder eine besondere spezifische Leistungsbeeinträchtigung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, nachdem ihr noch weite Teile des Arbeitsmarktes für jedenfalls leichte Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen offen stehen.
Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung besteht schließlich auch nicht aufgrund einer Einschränkung der Wegefähigkeit. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG, Urteile vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 R -, SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 m. w. N. sowie Urteil vom 28.08.2002 - B 5 RJ 12/02 R - (Juris)). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43 SGB VI versicherten Risikos (BSG, Urteile vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 -, SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, Urteil vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 R -, SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 und vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R - (Juris)); das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, viermal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z. B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (BSG, Urteile vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 -, SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, vom 19.11.1997 - 5 RJ 16/97 -, SozR 3-2600 § 44 Nr. 10 und vom 30.01.2002 - B 5 RJ 36/01 R - (Juris)). Dazu gehört auch die zumutbare Benutzung eines vorhandenen, ggf. im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 SGB VI, § 33 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 8 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX)) subventionierten Kraftfahrzeugs (vgl. BSG, Urteile vom 19.11.1997 - 5 RJ 16/97 -, SozR 3-2600 § 44 Nr. 10, vom 30.01.2002 - B 5 RJ 36/01 R - und vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R - (Juris)). Von einer derartigen durchgehenden Einschränkung des Gehvermögens konnte sich der Senat nicht überzeugen. Auch Dr. Z. hat keine Einschränkung des Gehvermögens gesehen, was anhand der dort geschilderten Tagesstruktur der Klägerin nicht in Frage steht.
Damit ist die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weshalb die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückzuweisen ist, ohne dass Veranlassung für weitere Ermittlungen von Amts wegen bestand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren unterlegen ist.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1980 geborene Klägerin absolvierte nach dem Hauptschulabschluss eine Ausbildung zur Hauswirtschafterin. Sie war in dem Ausbildungsberuf von November 2002 bis April 2003 tätig und nach eigenen Angaben zuletzt von Mai 2007 bis März 2008 erwerbstätig als Großküchenmitarbeiterin. Seit 01.01.2005 bezieht sie Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch, davor seit 05.07.2003 Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe.
Am 08.02.2013 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente und führte dazu aus, seit ihrer Geburt wegen eines Halswirbelsäulensyndroms nicht in der Lage zu sein, zumindest belastende Arbeiten zu verrichten. Die Beschwerden seien unheilbar, chronisch und angeboren.
Die Beklagte zog sodann Befundberichte der behandelnden Ärzte bei und ließ die Klägerin durch Dr. Z. (Arzt für Allgemeinmedizin bei der ärztlichen Untersuchungsstelle der Beklagten) begutachten. Dieser diagnostizierte im Gutachten vom 06.05.2013 bei der Klägerin unter anderem Vorfußschmerzen rechts bei Senk-/Spreizfußstellung bei unauffälligem Gangbild sowie rezidivierende Schulter-Nacken-Beschwerden mit allenfalls leichten Bewegungseinschränkungen, ohne neurologisches Defizit sowie ohne wesentliche Funktionseinschränkungen. Dr. Z. hielt die Klägerin noch für in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten unter näher bezeichneten qualitativen Einschränkungen in einem zeitlichen Umfang von sechs Stunden täglich zu verrichten.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag daraufhin mit Bescheid vom 14.05.2013 ab, da die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei. Hiergegen erhob diese Widerspruch und legte zur Begründung ärztliche Atteste aus den 80er-Jahren vor, die nach ihrer Ansicht belegen würden, dass ihre Erkrankung bereits seit der Kindheit bestehe. Auf Grund der bereits seit langer Zeit vorhandenen Erkrankung, die mit einer "Starre am ganzheitlichen Bewegungsapparat ... mit Dauerschmerzen" verbunden sei, leide sie auch an "seelischen Schäden". Daraus resultierend sei es ihr generell nicht möglich, irgendeine Arbeitsleistung zu erbringen; dies gelte erst Recht nicht für Tätigkeiten über mehrere Stunden hinweg.
Aus den vorgelegten Befundberichten der U.-K. F. vom 12.07.1986 und 18.08.1986 ergibt sich, dass die Klägerin dort als knapp sechs Jahre altes Kind wegen eines intermittierenden Schiefhalses rechts unklarer Genese vorgestellt und vom 07.07. bis 10.07.1986 und vom 14.07. bis 21.07.1986 stationär aufgenommen wurde. Während sie bei der Aufnahmeuntersuchung die typischen Beschwerden zeigte, war sie schon am nächsten Tag völlig beschwerdefrei. Ein occulärer, peripher-muskulärer oder ossärer Schiefhals konnte ausgeschlossen werden. Da keine Erklärung für den intermittierenden Schiefhals gefunden wurde, konnte keine Therapieempfehlung gegeben werden.
In einer ergänzenden Stellungnahme führte Dr. Z. hierzu unter dem 14.06.2013 aus, es hätten sich aus den vorgelegten Unterlagen keine neuen medizinischen Gesichtspunkte ergeben, weshalb es bei dem festgestellten Leistungsvermögen verbleibe. Die Beklagte wies den Widersprach daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2013 zurück und führte aus, bei der Klägerin sei noch eine Erwerbsfähigkeit von mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vorhanden. Auf die Erwerbsfähigkeit in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit komme es nicht an, weil die Klägerin nach dem 01.01.1961 geboren sei.
Am 24.09.2013 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und erneut vorgetragen, die vorliegenden Krankheiten führten zur Leistungsunfähigkeit. Es liege eine stetige Verschlechterung der gesundheitlichen Situation vor. Aufgrund der gesundheitlichen Beschwerden habe sie noch nie eine volle bzw. für ihre Vorgesetzten zufriedenstellende Arbeitsleistung erbringen können, da sie selbst bei leichter Anstrengung unter anderem an Gelenkstarre leide.
Das SG hat Beweis erhoben durch das Einholen sachverständiger Zeugenaussagen bei den behandelnden Ärzten der Klägerin, Dr. B. (Arzt für Orthopädie und Unfallchirurgie), Dr. E. (Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie) und Dr. N. (Facharzt für Allgemeinmedizin). Dr. B. hat sich unter dem 31.10.2013 außerstande gesehen, die Beweisfragen zu beantworten, da die Klägerin lediglich einmal am 07.05.2012 in seiner Sprechstunde war. Dr. E. hat unter dem 08.11.2013 von einer (ebenfalls) einmaligen Behandlung am 29.04.2013 berichtet und die Frage bejaht, ob die Klägerin nach seiner Einschätzung noch regelmäßig eine körperlich leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bis zu sechs Stunden am Tag ohne Gesundheitsgefährdung ausüben könne. Der Hausarzt Dr. N. hat unter dem 20.03.2014 ausgeführt, die Klägerin befinde sich seit 2007 in seiner Behandlung, die letzte Behandlung habe am 14.01.2014 stattgefunden. In dieser Zeit seien mehrere Behandlungen wegen interkurrenter Erkrankungen in Form von Infekten der Atemwege, Nacken- und Rückenschmerzen, Magen-Darm-Infekten, Bagatellverletzungen sowie eines Schweißdrüsenabszesses erfolgt. Der Verlauf der Erkrankungen sei komplikationslos gewesen, es seien daraus keine Dauerschäden resultiert. Eine erhebliche Gefährdung des Gesundheitszustandes habe er im Laufe der Behandlung nicht feststellen können, und eine dauerhafte Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Klägerin sei bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingetreten. Eine regelmäßige körperliche leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bis zu sechs Stunden am Tag könne ohne Gesundheitsgefährdung ausgeübt werden, da bis zum jetzigen Zeitpunkt keine schwerwiegende Erkrankung bei der Klägerin vorliege.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.06.2014 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung den Ausführungen des im Verwaltungsverfahren gehörten Gutachters Dr. Z. und der sachverständigen Zeugen Dr. E. und Dr. N. angeschlossen. Dr. Z. sei in seinem Gutachten vom 06.05.2013 nachvollziehbar und schlüssig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin vor dem Hintergrund der von ihm erhobenen Befunde noch regelmäßig eine Erwerbstätigkeit in einem quantitativen Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich ausüben könne. Rentenrechtlich relevante Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit seien danach nicht gegeben. Die von Dr. Z. berichteten Ergebnisse seiner Anamneseerhebung ließen auch für das Gericht nicht die Annahme einer wesentlichen Leistungsminderung zu. Die berichteten Beeinträchtigungen bedingten jeweils für sich und auch zusammengenommen zwar qualitative, nicht aber quantitative Einschränkungen der Leistungsfähigkeit. Dr. Z. gehe zur Überzeugung des Gerichts von vollständigen und zutreffenden Befunden aus. Auch die als sachverständige Zeugen befragten Ärzte der Klägerin hätten - sofern sie überhaupt Aussagen zum derzeitigen Gesundheitszustand der Klägerin machen konnten - keine Befunde oder Beschwerden berichtet, die nicht durch Dr. Z. berücksichtigt worden wären. Sofern die Klägerin im Übrigen mehrfach über eine Gelenkstarre geklagt habe, die selbst bei leichter körperlicher Anstrengung eintrete, finde sich ein derartiges Krankheitsbild in keinem der vorliegenden ärztlichen Untersuchungen bzw. Befunde. Auch der Umstand, dass die Klägerin nach ihren Angaben gegenüber Dr. Z. alleine den elterlichen Haushalt versorge, spreche gegen das von ihr geschilderte Beschwerdebild. Mangels hinreichender Belege habe die beweisbelastete Klägerin damit nicht den Nachweis E.ringen können, dass Dr. Z. rentenrechtlich relevante Krankheitsbilder nicht berücksichtigt habe. Die als sachverständige Zeugen befragten Ärzte der Klägerin hätten die Auffassung von Dr. Z. geteilt, dass die Klägerin zumindest körperlich leichte Tätigkeiten mehr als sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten imstande sei. Für das Gericht sei auch nicht zu erkennen, weshalb die von Dr. Z. erhobenen orthopädischen Beschwerden im Bereich des rechten Fußes, der Schultern, des Rückens und des Nackens einer körperlich leichten Tätigkeit, die auch überwiegend im Sitzen ausgeübt werden könnte, entgegenstehen sollten. Auch die Klägerin selbst habe im Übrigen bei der Untersuchung bei Dr. Z. einzig über Druckschmerzen im Vorfuß sowie Schmerzen im rechten Arm beim Heben und Tragen schwerer Lasten geklagt. Trotz dieser Beschwerden könne die Klägerin jedoch nach eigenen Angaben über eine Stunde gehen sowie den elterlichen Haushalt versorgen.
Sofern die Klägerin im Übrigen vorgetragen habe, bereits seit ihrer Kindheit unter schwerwiegenden Beeinträchtigungen zu leiden und daher noch nie in der Lage gewesen zu sein, zufriedenstellende Arbeitsleistungen zu E.ringen, erscheine auch dieser Vortrag nicht plausibel. Aus den von Dr. Z. im Rahmen seines Gutachtens berücksichtigten Arbeitszeugnissen gingen gerade keine unterdurchschnittlichen Arbeitsleistungen der Klägerin hervor. Sofern die Klägerin schließlich zumindest im Widerspruchsverfahren auch eine seelische Erkrankung geltend mache, fänden sich für ein derartiges Krankheitsbild keinerlei Hinweise. Die Klägerin sei soweit ersichtlich noch nie in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung gewesen. Dr. Z. beschreibe die Klägerin zudem unter anderem als freundlich zugewandt, vollständig orientiert sowie im Affekt schwingungsfähig.
Gegen den ihr am 11.06.2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17.06.2014 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt, zur Begründung auf die bei ihr bestehenden Einschränkungen verwiesen sowie (nochmals) die Untersuchungsbefunde der U.-K. F. aus dem Jahr 1986 vorgelegt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Juni 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2013 aufzuheben und ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Erfolgten und beabsichtigten Ladungen des erkennenden Senats zu Terminen zur Erörterung des Sach- und Streitstandes bzw. zur mündlichen Verhandlung ist die Klägerin in - jedenfalls von ihr unterzeichneten - Schreiben unter Hinweis auf die Verhandlungsunfähigkeit "unseres Familienmitglieds" und das beim SG anhängige Schwerbehindertenverfahren (S 16 SB 4076/13) entgegen getreten. Auf die Mitteilung der Klägerin, dass sie sich bei dem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. in Behandlung befinde, hat der Senat diesen als sachverständigen Zeugen befragt. Dr. J. hat unter dem 16.07.2015 angegeben, die Klägerin habe sich erstmals am 29.12.2014 zur Untersuchung vorgestellt und dann nochmals am 30.06.2015. Anlass zum Ersttermin sei die Antragstellung auf Schwerbehinderung gewesen, wozu sie ein Attest des Neurologen benötigte. Sie habe über ständige Nackenbeschwerden ("der Wirbel ist ein bißchen verschoben") und am 30.06.2015 über Kopfschmerzen geklagt. An diesem Tag seien die Schmerz-Austrittspunkte supra-/infraorbital beidseits etwas druckdolent gewesen, die HWS sei beweglich, der neurologische Befund in Ordnung gewesen. Er habe die Diagnosen Anpassungsstörung, Behinderungssydrom (vor allem Lernbehinderung) und soziale Defizite gestellt. Im vorgelegten Bericht über die Situation am 29.12.2014 führte Dr. J. aus, es sei wahrscheinlich geworden, dass neben kognitiven Einschränkungen im Sinne einer Lernbehinderung wohl vorrangig psychische Einschränkungen bestünden im Sinne einer Anpassungsstörung im schwierigen familiären Milieu.
Zur Auskunft von Dr. J. hat der sozialmedizinische Dienst der Beklagten unter dem 21.08.2015 dahingehend Stellung genommen, dass die Klägerin als 6-Jährige intermittierend einen nicht erklärbaren Schiefhals hatte, habe mit der aktuellen Leistungsbeurteilung nichts zu tun. Diese Problematik sei offensichtlich schon seit langem nicht mehr vorliegend und tangiere das quantitative Leistungsvermögen nicht generell. Grund für die Vorstellung der Klägerin bei Dr. J. sei nicht der Wunsch nach der Behandlung einer Erkrankung gewesen, sondern der nach Erreichen einer Schwerbehinderung. Bei der ersten Vorstellung habe die Klägerin über ständige Nackenschmerzen geklagt, die HWS sei zu diesem Zeitpunkt frei beweglich gewesen, neurologisch hätten sich keine Auffälligkeiten ergeben. Bei der zweiten Konsultation sei über Kopfschmerzen geklagt worden, was sicherlich ebenfalls keine zeitliche Leistungsminderung begründe. Bei der Diagnose von Dr. J., es könnten eine Lernbehinderung oder auch psychische Einschränkungen im Sinne einer Anpassungsstörung im schwierigen familiären Milieu vorliegen, handele es sich um eine bloße Mutmaßung, zumal Dr. J. keine weiteren Unterlagen und Berichte zur psychischen und schulischen Entwicklung der Klägerin und auch nicht deren Zeugnisse vorgelegen hätten. Darin finde sich kein Hinweis auf eine höhergradige Lernbehinderung und somit auch kein Grund, der gegen eine Eingliederung der Klägerin auch auf dem ersten Arbeitsmarkt entsprechend ihrer Ausbildung spreche. Sollte tatsächlich eine Anpassungsstörung vorliegen (ein psychopathologischer Befund werde aber nicht berichtet), sei dies ein vorübergehender Zustand, der gut behandelbar wäre (und bisher nicht behandelt wurde) und somit ebenfalls keine generelle Minderung des quantitativen Leistungsvermögens für mehr als sechs Monate bedinge.
Der Senat hat die Verfahrensakte des SB-Verfahrens vor dem SG beigezogen. Darin befindet sich ein Befundbericht von Dr. E. vom 03.05.2013, in welcher dieser - nach einmaliger Vorstellung am 29.04.2013 - bei der Klägerin ein chronisches Cervicalsyndrom, eine BWS-Kyphose sowie eine Torsionsskoliose (großbogig rechtskonvex) diagnostizierte und in einer Stellungnahme an das SG vom 08.11.2013 ausführte, die Wirbelsäulenschäden seien mit geringen funktionellen Auswirkungen verbunden. In einem im Rahmen des SB-Verfahrens eingeholten Gutachten diagnostizierte der Neurologe und Psychiater Dr. B. unter dem 23.03.2015 aufgrund einmaliger Untersuchung der Klägerin in Anwesenheit ihrer Schwester - eine Untersuchung ohne Anwesenheit der Schwester wurde abgelehnt - als Gesundheitsstörungen eine Fehlfunktion des M. sternocloido-mastoideus, dies als Folge einer wahrscheinlich perinatalen Einblutung mit Einschränkung der Kopfwendung nach rechts mit kompensatorischem Einsatz der Nackenmuskulatur rechts mit damit erklärbaren Nackenschmerzen sowie eine psychische Störung mit Erfüllung der Kriterien eines Aspergersyndroms vor dem Hintergrund von Einschränkungen in der intellektuellen Entwicklung. Die leichtgradige Einschränkung der Kopfbeweglichkeit und die kompensatorische Anspannung der Nackenmuskulatur bedingten keine messbare Funktionsbeeinträchtigung. Die psychischen Befundauffälligkeiten hätten Auswirkungen auf den geistigen und seelischen Zustand. Hieraus folge eine mittelgradige Einschränkung der sozialen Anpassungsfähigkeit mit einem GdB von 50. Anzumerken sei allerdings, dass hier eine innerfamiliäre Psychodynamik bzw. ein von einer pathologischen Beurteilung der Realität bestimmtes familiäres Umfeld vorliege, in das die Klägerin eingebunden sei. Das tatsächliche Ausmaß der aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörung sich ergebenden Einschränkungen in der sozialen Interaktion könne nur außerhalb des komplexen pathologischen Familienverbunds bewertet werden.
Eine vom Senat erbetene ärztliche Auskunft hat Dr. B. unter dem 19.08.2015 unerledigt zurückgesandt mit dem Zusatz, die Klägerin sei bei ihm nicht in Behandlung. Er habe lediglich ein Gutachten für das SG erstattet.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Akte der Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat.
Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens drei bis unter sechs Stunden erwerbstätig sein kann, der Teilzeitarbeitsmarkt aber verschlossen ist (Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand Dezember 2014, § 43 SGB VI Rn. 58 und 30 ff.).
Die Klägerin ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht voll erwerbsgemindert. Eine Erwerbsminderung der Klägerin, das heißt ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Der Senat schließt sich daher den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Gerichtsbescheids, insbesondere der dort vorgenommenen Beweiswürdigung, auch unter Berücksichtigung des Vorbringens im Berufungsverfahren an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen, sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente setzt beweisrechtlich voraus, dass die Anspruchsvoraussetzungen im Sinne des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 25/03 R - (Juris) Rn. 13), feststehen. Im Falle der Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen gilt auch im sozialgerichtlichen Verfahren nach ständiger Rechtsprechung des BSG (grundlegend Urteil vom 24.10.1957 - 10 RV 945/55 -, Urteil vom 20.01.1977 - 8 RU 52/76 - (Juris)) der Grundsatz der objektiven Beweislast, insbesondere der Feststellungslast, wonach die Folgen der Nichterweislichkeit einer Tatsache von demjenigen Beteiligten zu tragen sind, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will. Eine Beweislastentscheidung setzt voraus, dass zunächst alle verfügbaren Erkenntnisquellen und Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft worden sind und sich die entscheidungserheblichen Tatsachen gleichwohl nicht feststellen lassen (vgl. BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 11 AL 7/05 R - (Juris) Rn. 29, 32).
Nach diesen Grundsätzen lässt sich eine zeitliche Erwerbsminderung der Klägerin nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststellen. Auch zur Überzeugung des Senats folgt aus der Gesamtwürdigung der vorliegenden ärztlichen Unterlagen, insbesondere des Gutachtens des Allgemeinarztes Dr. Z., das der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwertet, dessen ergänzender Äußerung sowie den sachverständigen Zeugenaussagen von Dr. E. und Dr. N. nicht der Nachweis einer relevanten zeitlichen Leistungsminderung der Klägerin. Die behandelnden Ärzte gehen in gleicher Weise schlüssig und mit nachvollziehbarer Begründung wie der Gutachter Dr. Z. von einem in zeitlicher Hinsicht erhaltenen Leistungsvermögen der Klägerin jedenfalls für körperliche leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aus.
Eine Rentenberechtigung ergibt sich zur Überzeugung des Senats auch nicht unter Würdigung der Zeugenaussage des Dr. J. vom 16.07.2015. Dieser hat - aufgrund zweimaliger Konsultation der Klägerin - Diagnosen (Anpassungsstörung, Behinderungssyndrom, vor allem Lernbehinderung) gestellt, ohne allerdings die Diagnosestellungen nach der entsprechenden Klassifikation nach der ICD-10 und den dort beschriebenen diagnostischen Kriterien einzuordnen und insbesondere ohne auf deren rentenrechtliche Relevanz einzugehen. Zudem beruht die Diagnosestellung soweit ersichtlich im Wesentlichen auf der subjektiven Beschwerdeschilderung der Klägerin und wurde nicht weiter validiert. Hierzu hätte allerdings schon deswegen Veranlassung bestanden, weil in der Zeugenauskunft des langjährig behandelnden Hausarztes Dr. N. vom 20.03.2014 von Vorerkrankungen oder Einschränkungen auf psychiatrischem Gebiet nicht ansatzweise die Rede ist, und auch der Orthopäde Dr. E. bei seiner Befragung den Schwerpunkt der Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit der Klägerin auf seinem eigenen Fachgebiet gesehen hatte. Von Einschränkungen auf psychiatrischem Gebiet war dort ebenso wenig die Rede wie im Gutachten von Dr. Z., der die Klägerin als freundlich zugewandt, vollständig orientiert und psychisch unauffällig beschrieben hat. Soweit der Neurologe und Psychiater Dr. B. im Rahmen des SB-Verfahrens abweichende Diagnosen gestellt hat, wird deren Beweiswert schon dadurch relativiert, dass Dr. B. selbst ausgeführt hat, das tatsächliche Ausmaß der aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörung sich ergebenden Einschränkungen in der sozialen Interaktion der Klägerin könne nur außerhalb des komplexen pathologischen Familienverbunds bewertet werden. Auch Dr. J. hatte auf das schwierige familiäre Milieu der Klägerin hingewiesen.
Unabhängig davon sind psychische Erkrankungen nach der Rechtsprechung erst dann rentenrechtlich relevant, wenn trotz adäquater Behandlung (medikamentös, therapeutisch, ambulant und stationär) davon auszugehen ist, dass ein Versicherter die Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden kann - weder aus eigener Kraft, noch mit ärztlicher oder therapeutischer Hilfe (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 26.03.2015 - L 19 R 996/13 -; vgl. auch BSG, Urteile vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89 - und vom 29.02.2006 - B 13 RJ 31/05 R - (jeweils Juris)). Vorliegend ist aber nicht erkennbar, dass die Klägerin in Bezug auf etwaige Erkrankungen auf psychischem bzw. psychiatrischem Gebiet in Betracht kommende Behandlungsoptionen genutzt oder gar ausgeschöpft hat. Dr. J. berichtet unter dem 16.07.2015 lediglich von einer Krankschreibung durch ihn wegen Kopfschmerzen (Cephalgie), Medikamente seien nicht rezeptiert worden; zuletzt hat auch Dr. B. darauf hingewiesen, dass die Klägerin nicht bei ihm in Behandlung ist. Ein nicht mehr beeinflussbarer psychiatrischer oder sonst regelwidriger Gesundheitszustand in dieser Hinsicht kann daher nicht festgestellt werden, weshalb eine Rentengewährung wegen dieser Erkrankungen nicht in Betracht kommt. Soweit Dr. J. zudem ein Behinderungssyndrom, vor allem eine Lernbehinderung diagnostiziert hat, hat bereits das SG darauf hingewiesen, dass aus den vorliegenden Arbeitszeugnissen der Klägerin gerade keine unterdurchschnittlichen Arbeitsleistungen in ihrer früheren, nach dem Hauptschulabschluss erfolgten Tätigkeit als Hauswirtschafterin hervorgehen, so dass hieraus keine durchgreifenden Bedenken hinsichtlich eines ausreichenden Leistungsvermögens jedenfalls für einfache körperliche Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne besondere kognitive Anforderungen folgen.
Aus den genannten qualitativen Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit ergeben sich zum maßgeblichen Zeitpunkt auch weder schwere spezifische Leistungsbehinderungen noch stellen die qualitativen Leistungseinschränkungen eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 11.05.1999 - B 13 RJ 71/97 R -, SozR 3-2600 § 43 Nr. 21 - (Juris Rdnr. 18 ff.)) dar. Eine spezifische Leistungseinschränkung liegt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 27.04.1982 - 1 RJ 132/80 -, SozR 2200 § 1246 Nr. 90) jedenfalls dann nicht vor, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen von Gegenständen, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag. Der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht, wenn Tätigkeiten wie das Verpacken leichter Gegenstände, einfache Prüfarbeiten oder die leichte Bedienung von Maschinen noch uneingeschränkt möglich sind. Ausgehend hiervon liegt bei der Klägerin unter Berücksichtigung der bereits beschriebenen qualitativen Einschränkungen weder eine besondere spezifische Leistungsbeeinträchtigung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, nachdem ihr noch weite Teile des Arbeitsmarktes für jedenfalls leichte Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen offen stehen.
Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung besteht schließlich auch nicht aufgrund einer Einschränkung der Wegefähigkeit. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG gehört zur Erwerbsfähigkeit auch das Vermögen, eine Arbeitsstelle aufzusuchen (BSG, Urteile vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 R -, SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 m. w. N. sowie Urteil vom 28.08.2002 - B 5 RJ 12/02 R - (Juris)). Denn eine Tätigkeit zum Zweck des Gelderwerbs ist in der Regel nur außerhalb der Wohnung möglich. Das Vorhandensein eines Minimums an Mobilität ist deshalb Teil des nach § 43 SGB VI versicherten Risikos (BSG, Urteile vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 -, SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, Urteil vom 09.08.2001 - B 10 LW 18/00 R -, SozR 3-5864 § 13 Nr. 2 und vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R - (Juris)); das Defizit führt zur vollen Erwerbsminderung. Hat der Versicherte keinen Arbeitsplatz und wird ihm ein solcher auch nicht konkret angeboten, bemessen sich die Wegstrecken, deren Zurücklegung ihm - auch in Anbetracht der Zumutbarkeit eines Umzugs - möglich sein muss, nach einem generalisierenden Maßstab, der zugleich den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung trägt. Dabei wird angenommen, dass ein Versicherter für den Weg zur Arbeitsstelle öffentliche Verkehrsmittel benutzen und von seiner Wohnung zum Verkehrsmittel und vom Verkehrsmittel zur Arbeitsstelle und zurück Fußwege zurücklegen muss. Erwerbsfähigkeit setzt danach grundsätzlich die Fähigkeit des Versicherten voraus, viermal am Tag Wegstrecken von mehr als 500 Metern mit zumutbarem Zeitaufwand zu Fuß bewältigen und zweimal täglich während der Hauptverkehrszeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren zu können. Bei der Beurteilung der Mobilität des Versicherten sind alle ihm tatsächlich zur Verfügung stehenden Hilfsmittel (z. B. Gehstützen) und Beförderungsmöglichkeiten zu berücksichtigen (BSG, Urteile vom 17.12.1991 - 13/5 RJ 73/90 -, SozR 3-2200 § 1247 Nr. 10, vom 19.11.1997 - 5 RJ 16/97 -, SozR 3-2600 § 44 Nr. 10 und vom 30.01.2002 - B 5 RJ 36/01 R - (Juris)). Dazu gehört auch die zumutbare Benutzung eines vorhandenen, ggf. im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 16 SGB VI, § 33 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 8 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX)) subventionierten Kraftfahrzeugs (vgl. BSG, Urteile vom 19.11.1997 - 5 RJ 16/97 -, SozR 3-2600 § 44 Nr. 10, vom 30.01.2002 - B 5 RJ 36/01 R - und vom 14.03.2002 - B 13 RJ 25/01 R - (Juris)). Von einer derartigen durchgehenden Einschränkung des Gehvermögens konnte sich der Senat nicht überzeugen. Auch Dr. Z. hat keine Einschränkung des Gehvermögens gesehen, was anhand der dort geschilderten Tagesstruktur der Klägerin nicht in Frage steht.
Damit ist die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, weshalb die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückzuweisen ist, ohne dass Veranlassung für weitere Ermittlungen von Amts wegen bestand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Klägerin auch im Berufungsverfahren unterlegen ist.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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