L 9 U 4330/13

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 936/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 4330/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. September 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Anerkennung einer beidseitigen Gonarthrose des Klägers als Berufskrankheit (BK) gem. Ziffer 2112 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Der 1956 geborene Kläger war seit 1971 mit Unterbrechungen als Arbeiter in verschiedenen Betrieben beschäftigt (Strickerei, Sägerei, Metallverarbeitung, Waldarbeiten, Straßenbau, Gießerei, Montage, Heizungsrohrbau, Flugzeugsitzmontage).

Am 27.12.2006 beantragte er bei der Beklagten die Anerkennung einer Gonarthrose als BK. Vorgelegt wurde ein Attest des Orthopäden Dr. B. vom 30.10.2007, wonach bei dem Kläger eine Chondropathia patellae beiderseits sowie Gonarthrose beiderseits vorlägen. Der Präventionsdienst der Beklagten ermittelte daraufhin unter Einbeziehung der Präventionsdienste anderer Berufsgenossenschaften bei den Arbeitgebern des Klägers für dessen verschiedene Tätigkeiten die Zeitanteile kniegefährdender Verrichtungen. Der Zeuge W. der Firma W. gab am 16.04.2007 an, der Kläger habe während seiner Beschäftigung als Kokillengießer im Zeitraum vom 18.03.1985 bis 23.09.1985 stehend seine Arbeit verrichtet. Aus dem Schreiben der Firma F. (Beschäftigung dort 1971 und 1980/81) geht hervor, der Kläger habe zum einen Tätigkeiten im Stricksaal verrichtet, deren kniebelastender Umfang nicht mehr bekannt sei. Zum anderen sei er mit dem Formen von Strümpfen beschäftigt gewesen, wobei es sich um eine stehende Tätigkeit gehandelt habe. Die Firma V. (Tätigkeit dort 11.11.1991 bis 06.11.1992) gab eine Arbeit als Maschinenbediener an, ohne eine Stellungnahme zur Kniebelastung abzugeben (Schreiben vom 11.05.2007). Im Schreiben der Firma R. GmbH & Co. KG (Tätigkeit des Klägers dort seit 16.03.1998) wurde eine ca. 2 Stunden täglich anfallende kniende Körperhaltung erwähnt (Schreiben vom 21.06.2007).

Am 05.05.2008 wurde eine Ermittlung vor Ort in der Firma R. durchgeführt und hierbei insbesondere der Kläger zum Umfang seiner knienden Tätigkeiten während seines Berufslebens befragt. Zur Tätigkeit in der Firma F., der Strickerei V., im Sägewerk L. und im Sägewerk D. gab der Kläger einen kniebelastenden Umfang von etwa 15 % an, bei der Firma B. habe der Anteil etwa 20 % betragen, bei der Firma S. GmbH und Co Straßenbau 50 %. Bei der Firma W. habe er jedes Mal in die Hocke gehen müssen, wenn er die Sandformen der Rüttelmaschine habe abstellen müssen, dies etwa 50 mal pro Tag, Dauer zwei Minuten pro Form. Auch das Fixieren der Formhälften habe er in kniender Stellung vorgenommen. Im Sägewerk K. habe er täglich fünf Stunden kniende Tätigkeiten verrichtet, bei der Firma Fensterbau R. etwa vier Stunden.

Weiterhin bezifferte die Berufsgenossenschaft (BG) Bau auf Veranlassung der Beklagten nach Befragung des Klägers den Umfang der kniebelastenden Tätigkeiten bei der Firma S. Straßenbau GmbH mit 115 Stunden 12 Minuten (Schreiben vom 24.06.2008). Die Verwaltungsgemeinschaft Maschinenbau- und Metall-BG und Hütten- und Walzwerks-BG gab im Schreiben vom 09.07.2008 nach telefonischer Nachfrage in den Betrieben W. und V. an, der Kläger sei dort nur stehend bzw. gehend tätig gewesen. Der Präventionsdienst der Beklagten führte weiterhin Telefonate mit dem Kläger und dem Zeugen H. der Firma R. und gab am 11.07.2008 eine Stellungnahme mit dem Inhalt ab, die kniende Tätigkeit im Sägewerk K., Sägewerk S., im Sägewerk K. und in der Firma R. habe unter einer Stunde pro Schicht gelegen. Die BG Elektro Textil Feinmechanik teilte in ihrer Stellungnahme vom 22.07.2008 mit, bei den Tätigkeiten bei der Firma F. und V. seien insgesamt 1518 Stunden kniebelastender Tätigkeit angefallen. Im Schreiben vom 12.11.2008 führte die Landwirtschaftliche BG Nordrhein-Westfalen an, der Kläger sei bei der Firma B. (Garten- und Landschaftsbaubetrieb) mit klassischen Tätigkeiten wie Rasenmähen, Unkrautjäten und Pflegearbeiten beschäftigt gewesen. Welche BG für die Firma B. zuständig war, ließ sich nicht feststellen.

Insgesamt wurden mit Schreiben vom 09.12.2008 als Ergebnis der bei den Arbeitgebern und beim Kläger durchgeführten Befragungen kniebelastende Tätigkeiten während des gesamten Arbeitslebens von 7035 Stunden ermittelt. Nachdem auch der Staatliche Gewerbearzt Dr. H. im Schreiben vom 28.01.2009 eine BK nicht zur Anerkennung vorgeschlagen hatte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 06.02.2009 die Anerkennung der BK sowohl als BK nach § 9 Abs.1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) als auch als Erkrankung wie eine BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII ab mit der Begründung, der Kläger sei während seines Berufslebens keiner ausreichend hohen Belastung der Kniegelenke ausgesetzt gewesen. Die beim Kläger festgestellten 7035 Stunden mit kniebelastenden Tätigkeiten seien weit entfernt von dem Grenzwert von 13000 kniebelastenden Arbeitsstunden, der nach dem Stand der arbeitsmedizinischen Wissenschaft erforderlich sei, um eine beruflich verursachte Kniegelenksarthrose hervorrufen zu können.

Den hiergegen nicht näher begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.09.2009 mit der bisherigen Begründung zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 02.10.2009 beim Sozialgericht Heilbronn (SG) Klage (S 3 U 3432/09) unter Vorlage einer Auflistung seiner einzelnen Tätigkeiten mit einer Gesamtbelastung von 12562 Stunden kniebelastender Tätigkeiten. Mit Urteil vom 16.07.2010 wies das SG die Klage ab, da die Mindesteinwirkungsdauer von 13000 Stunden nicht erreicht sei. Die hiergegen eingelegte Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) wurde mit Beschluss vom 26.10.2010 zurückgewiesen (L 1 U 4150/10), da die Gesamtbelastungsdauer von 13000 Stunden mit kniebelastenden Tätigkeiten bei Weitem nicht erreicht sei. Sofern der Kläger erstmalig im sozialgerichtlichen Verfahren eine Liste mit seinen Tätigkeiten vorgelegt habe, aus der er eine Gesamtbelastung von insgesamt 12562 Stunden ableiten wolle, so ändere dies nichts am Ergebnis des Verfahrens, weil sich auch hieraus die Mindestbelastung von 13000 Stunden nicht ergebe. Darüber hinaus bestünden auch erhebliche Zweifel an den Angaben des Klägers, da diese von seinen bisherigen Angaben im Verwaltungsverfahren erheblich abwichen.

Mit Schreiben vom 02.01.2012 stellte der Kläger einen Überprüfungsantrag gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit der Begründung, er habe weitere Recherchen angestellt und festgestellt, dass die kniebelastenden Tätigkeiten nicht voll umfänglich festgestellt worden seien. Während seiner Tätigkeit bei der Firma R. in den Jahren 2002 bis 2008 sei er in sechs Monaten täglich vier Stunden mit der Montage an Fahrgastsitzen kniebelastend tätig gewesen in der Business Class und die restlichen sechs Monate in der Economy Class täglich zwei Stunden. Bei Korrektur der bisher festgestellten Belastung von 12562 Stunden ergäben sich nunmehr 14242 Stunden kniebelastende Tätigkeiten.

Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme des Dr. H. zur Arbeitsplatzexposition ein, der darin am 15.02.2012 zu dem Ergebnis kam, dass selbst wenn die nun zusätzlich vorgetragene Dauer der Kniebelastung in Höhe von 1680 Stunden zu den bisherigen Feststellungen addiert würden, sich eine kumulative Belastungsdosis von 5809 Stunden bzw. 9249 Stunden ergebe, die den Grenzwert von 13000 Stunden nicht erreiche.

Mit Bescheid vom 06.03.2012 lehnte die Beklagte deshalb ab, den Verwaltungsakt vom 06.02.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 01.09.2009 nach § 44 SGB X zurückzunehmen. Die Mindesteinwirkungsdauer von 13000 Stunden kniebelastender Tätigkeiten werde auch bei einer Berücksichtigung der nunmehr vorgetragenen weiteren kniebelastenden Tätigkeiten nicht erreicht. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, er sei seit vielen Jahren u.a. aufgrund der Gonarthrose arbeitsunfähig erkrankt. Im Hinblick auf die Tatsache, dass mittlerweile Krankengeld und Arbeitslosengeld ausgelaufen seien, sei er an den Rand der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gedrängt worden. Diese Situation habe ihn extrem belastet. Mittlerweile leide er unter Konzentrationsstörungen, Erinnerungslücken usw. Mit diesen Belastungen sei zu erklären, dass er nicht in der Lage gewesen sei, eine konkrete Berechnung seiner kniebelastenden Tätigkeiten vorzulegen. Erst nachdem er mehrfach auch mit früheren Kollegen und Betriebsratsvorsitzenden Rücksprache gehalten habe, sei ihm wieder eingefallen, dass unabhängig von seiner eigentlichen Tätigkeit bei der Firma R. weitere Tätigkeiten mit Belastungen der Knie zwischen 2002 und 2008 hinzugekommen seien.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 05.03.2013 mit der bereits zuvor gegebenen Begründung zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 21.03.2013 Klage beim SG erhoben unter Wiederholung seiner bisherigen Begründung. Mit Gerichtsbescheid vom 19.09.2013 hat das SG die Klage abgewiesen, da die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Eine kumulative Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13000 Stunden liege nicht vor. Ebenso wie das LSG habe auch das SG erhebliche Zweifel an den Angaben des Klägers zum Umfang seiner kniebelastenden Tätigkeiten, da sein Vortrag stark variiere und nunmehr erstmals mit seit Jahren bestehenden Erinnerungslücken und Konzentrationsstörungen begründet werde. Doch selbst bei Berücksichtigung der vom Kläger nunmehr vorgetragenen zusätzlichen kniebelastenden Tätigkeiten werde der Grenzwert von 13000 Stunden nicht erreicht.

Hiergegen hat der Kläger am 07.10.2013 Berufung beim LSG eingelegt mit der bereits zuvor gegebenen Begründung. Er habe im früheren Verfahren unvollständige Angaben gemacht, da er einen kompletten Arbeitsgang in seinem früheren Arbeitsverhältnis schlicht vergessen habe.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 19. September 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheids vom 6. März 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2013 den Bescheid vom 6. Februar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. September 2009 zurückzunehmen und eine Gonarthrose beidseits als Berufskrankheit nach Nr. 2112 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat auf den Vortrag in erster Instanz und die Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils verwiesen.

Im Rahmen eines Erörterungstermins hat der Kläger umfangreiche Angaben zu seinen Beschäftigungsverhältnissen gemacht, auf die Bezug genommen wird (Niederschrift vom 22.01.2015). Anschließend hat das Gericht schriftlich verschiedene Arbeitgeber bzw. Mitarbeiter früherer Arbeitgeber des Klägers befragt. Der Zeuge W. der Firma E. hat im Schreiben vom 11.03.2015 angegeben, kniende Tätigkeiten seien nicht ausgeübt worden, da die Arbeit stehend an den Gießmaschinen durchgeführt worden sei. Der Zeuge E., Mitarbeiter der Firma R., hat im Schreiben vom 19.03.2015 ausgeführt, der Kläger habe mit ihm abwechselnd an den Bändern der Business Class, First Class und Economy Class gearbeitet, überwiegend seien Fahrgastsitze der Business Class montiert worden über ca. sechs Monate pro Jahr. Die anderen sechs Monate seien sie mit First Class und Economy Class-Fahrgastsitzen beschäftigt gewesen. Kniende Tätigkeiten seien bei der Bearbeitung der Economy Class-Fahrgastsitze täglich im Umfang von zwei bis drei Stunden angefallen, während in der Business Class bzw. in der First Class kniende Tätigkeiten von vier bis fünf Stunden pro Tag nötig seien. Der Zeuge W. H., der ebenfalls bei der Firma R. beschäftigt war, hat im Schreiben vom 15.04.2015 ausgeführt, bei den EC-Sitzen seien zwei bis drei Stunden kniende Tätigkeiten pro Schicht, bei den BC-Sitzen vier bis fünf Stunden kniende Tätigkeiten pro Schicht angefallen. Im Schreiben vom 21.07.2015 hat der Zeuge H. der Firma R. dargelegt, der Kläger habe nicht nur hockend, kniend oder im Fersensitz gearbeitet, sondern es habe für die Arbeit Tische und Böcke gegeben. Er sei nicht nur für den Einbau von Schweinestallfenstern, sondern für Fenster aller Art eingesetzt gewesen. Genauere Angaben könne er nicht mehr machen. Eine Nachfrage bei der Firma K. GmbH & Co. KG verlief erfolglos, weil diese Firma inzwischen gelöscht ist. Der Zeuge S. hat in Bezug auf das Sägewerk S. im Schreiben vom 27.04.2015 dargelegt, dieses sei bereits 1982 in Insolvenz gegangen und der Eigentümer bereits 1983 verstorben. Unterlagen lägen nicht mehr vor. Soweit dem Zeugen bekannt sei, seien die Arbeiten im Sägewerk ausschließlich im Stehen verrichtet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten, der genannten Akten des SG sowie des LSG Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143 und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist nicht begründet, da der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung der bei ihm vorliegenden Gonarthrose als BK im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB VII hat.

Hinsichtlich der rechtlichen Voraussetzungen für eine Rücknahme des bindend gewordenen Bescheides vom 06.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.09.2009 gemäß § 44 Abs. 1 SGB X sowie hinsichtlich der Voraussetzungen für die Feststellung einer BK nach der Ziff. 2112 der BKV verweist das Gericht auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil, denen es sich nach eigener Überprüfung voll umfänglich anschließt. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird diesbezüglich abgesehen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des ursprünglichen Ablehnungsbescheides vom 06.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.09.2009 gem. § 44 SGB X liegen nicht vor. Der Kläger hat nicht nachweisen können, dass von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist.

Der Kläger bezieht sich bei seinem Vortrag auf eine von ihm im Verfahren S 3 U 3432/09 erstellte Liste kniebelastender Tätigkeiten, in der er im Einzelnen ausgeführt hat, bei welcher Firma er wann tätig gewesen sei und in welchem Umfang jeweils kniebelastende Tätigkeiten ausgeübt worden seien (vgl. im Einzelnen die Ausführungen der Liste Bl. 240, 242 der Verwaltungsakte). Nach dieser Liste betrugen die kniebelastenden Tätigkeiten des Klägers 12562 Stunden. Im Rahmen des Antrags nach § 44 SGB X hat der Kläger nun dargelegt, zu dem bisherigen Wert seien wegen einer nun korrigierten Tätigkeit bei der Firma R. noch weitere 1680 Stunden zu addieren, sodass der Grenzwert von 13.000 Stunden überschritten sei (Summe nunmehr 14242 Stunden).

Hiervon konnte sich der Senat indes nicht überzeugen.

So hat der Kläger unter Ziff. 3 seiner Liste eine Tätigkeit beim Sägewerk K. vom 21.03.1974 bis 09.05.1974 à zwei Stunden an fünf Tagen/Woche für insgesamt 6 Wochen angegeben und hieraus eine kniebelastende Tätigkeit von 120 Stunden errechnet. Ausgehend von zehn Stunden kniebelastender Tätigkeit pro Woche bei sechs Wochen Tätigkeit errechnet sich hingegen lediglich ein Wert von 60 Stunden kniebelastender Tätigkeit, so dass der Wert der Liste um 60 Stunden nach unten zu korrigieren ist.

Unter Ziff. 6 seiner Liste hat der Kläger eine Tätigkeit bei einer Metallfirma (gemeint ist Metallfirma W. Baustahl) vom 02.07.1981 bis 20.02.1982 beschrieben und einen Wert von 600 Stunden kniebelastender Tätigkeit errechnet. Auch diese Angabe kann so nicht stimmen, da sich aus einer Auflistung der Versicherungszeiten durch die A. (Bl. 49 ff. und Bl. 74 der Verwaltungsakte) ergibt, dass der Kläger lediglich im Zeitraum vom 21.08. bis 15.12.1981 beschäftigt war. Gleiches ergibt sich auch aus dem Versicherungsverlauf des Rentenversicherungsträgers (Bl. 116 der LSG-Akte), wonach der Kläger ab dem 02.07.1981 bis zum 20.08.1981 und auch wieder ab dem 13.01.1982 arbeitslos war. Statt der vom Kläger in seiner Liste angenommenen 30 Wochen hat er bei dieser Metallfirma somit nur knapp 17 Wochen gearbeitet, woraus sich unter Zugrundelegung der von ihm angenommenen vier Stunden kniender Tätigkeiten pro Tag die Summe von 340 Stunden ergibt. Damit ist der Wert der Liste um weitere 260 Stunden zu kürzen.

Unter Ziff. 7 und 8 der Liste hat der Kläger eine Tätigkeit bei der Firma D. (entspricht Sägewerk S.) über 34 Wochen bzw. weitere sechs Wochen à fünf Stunden täglich angeführt. Bezüglich dieser Firma gehen die Angaben in der Akte sehr weit auseinander: Im Rahmen eines Telefonats am 11.07.2008 (Bl. 168 f. der Verwaltungsakte) gab der Kläger an, im Sägewerk S. an verschiedenen Arbeitsplätzen gearbeitet zu haben. So habe er Bretter sortieren, transportieren und kommissionieren müssen (überwiegend), die Schälmaschine bedienen sowie den Gatterkeller säubern müssen, während kniende und hockende Tätigkeiten gelegentlich beim Bündeln von Holzpfählen vorgekommen seien. Aufgrund dieses Gesprächs ergab sich die Dauer der knienden und hockenden Tätigkeiten von unter einer Stunde pro Schicht. Nur geringfügig mehr Umfang gab der Kläger bei der persönlichen Befragung in den Räumlichkeiten der Firma R. am 05.05.2008 an (Bl. 136 c f. der Verwaltungsakte), als er den Umfang der kniebelastenden Tätigkeit mit 15 % beschrieb, woraus sich ein täglicher Umfang von etwas mehr als einer Stunde errechnet, abhängig von der Gesamtarbeitsstundenzahl, die nicht bekannt ist. Im Rahmen des Erörterungstermins am 22.01.2015 hat der Kläger kniende Tätigkeiten in einem Umfang von insgesamt dreieinhalb Stunden angegeben, während seine Liste einen kniebelastenden täglichen Umfang von fünf Stunden auflistet. Während er damals im Telefonat und auch bei der Befragung in der Firma R. als kniende und hockende Tätigkeiten lediglich das Bündeln von Holzpfählen erwähnte, beschreibt er nun im Erörterungstermin das kniende Hobeln von Palisaden und Pfählespitzen sowie das Säubern der Sägemaschine mit einer Schaufel. Angesichts dieser sich widersprechenden Beschreibungen seiner knienden Tätigkeiten konnte sich das Gericht jedenfalls von einem täglichen Umfang von fünf Stunden, wie er in der Liste dargelegt wird, und auch von einem Umfang von 3,5 Stunden, wie im Erörterungstermin beschrieben, nicht überzeugen. Dass der Kläger, wie er vorträgt, vor allem aufgrund der finanziellen Engpässe und dadurch angespannten Situation an Erinnerungslücken und Konzentrationsstörungen leidet und deshalb den zeitlichen Umfang nicht richtig wiedergegeben hat, mag für die Zeit nach Auslaufen des Kranken - bzw. Arbeitslosengeldes zutreffen, doch fanden die ersten Befragungen des Klägers 2008 statt, also zu einer Zeit, zu der der Kläger noch bei der Firma R. beschäftigt war und außerordentliche finanzielle Schwierigkeiten somit auszuschließen sind. Insofern ist nicht nachvollziehbar, warum er sich jetzt nach einem Zeitablauf von sieben Jahren besser an die damaligen Arbeitsabläufe erinnern will als bei seinen Befragungen 2008. Auch wenn weder das SGG noch die Zivilprozessordnung (ZPO) eine Beweisregel in dem Sinne kennen, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen als spätere, sondern im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) alle Aussagen, Angaben usw. zu würdigen sind, kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung den zeitlich früheren Aussagen aufgrund des Gesichtspunktes, dass sie von irgendwelchen versicherungsrechtlichen Überlegungen ggf. noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als den späteren Aussagen zumessen (BSG, Urteil vom 11.11.2003, B 2 U 41/02 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.05.2015, L 6 U 1053/15, jeweils in Juris). Insofern geht der Senat davon aus, dass den ersten und damit zeitnäheren Befragungen des Klägers ein höherer Beweiswert zukommt, zumal diese Angaben zu einem Zeitpunkt erfolgten, als die notwendige Mindestbelastungsdauer von 13.000 Stunden zwischen den Beteiligten noch nicht ausdrücklich thematisiert worden war. Die Befragung von Zeugen scheidet aus, weil die Firma insolvent geworden ist und der bisherige Eigentümer verstorben ist. Ausgehend von den im Jahre 2008 erwähnten 15 % kniebelastenden Anteils an der Arbeitszeit legt der Senat deshalb einen kniebelastenden Arbeitsumfang von höchstens zwei Stunden täglich zugrunde. Hinzu kommt, dass der Kläger in seiner Liste unter Ziff. 8 angegeben hat, auch im Zeitraum zwischen dem 22.11.1982 bis 31.12.1982 im Sägewerk D. gearbeitet zu haben. Dies trifft so nicht zu, da der Kläger in diesem Zeitraum arbeitslos war (vgl. Versicherungsverlauf des Rentenversicherungsträgers, Bl. 116 der LSG-Akte, sowie Bescheinigung der A. Bl. 73 der Verwaltungsakte). Sofern somit kniende Tätigkeiten in einem Umfang von 2 Stunden täglich im Sägewerk D. im Zeitraum vom 22.02.1982 bis 11.10.1982 zugrunde gelegt und die weiteren Angaben des Klägers unter Ziff. 7 seiner Liste übernommen werden, errechnet sich eine kniebelastende Tätigkeit von nur noch 374 Stunden statt der vom Kläger unter Ziff. 7 und 8 der Liste insgesamt angegebenen 1100 Stunden. Die Summe seiner Liste ist damit um weitere 726 Stunden zu reduzieren.

Unter Ziffer 9 seiner Liste hat der Kläger in Bezug auf die Tätigkeit bei der Firma B. (Wald- und Forstarbeit) kniebelastende Tätigkeiten von insgesamt 612 Stunden errechnet unter Zugrundelegung von 6 Stunden Kniebelastung pro Tag an 6 Tagen/Woche über 17 Wochen. Dieser Wert von 6 Stunden widerspricht seinen Angaben am 05.05.2008: Damals hatte der Kläger als Tätigkeiten das Holzrücken mit Pferden und den Umgang mit der Motorsäge beschrieben und den täglichen Umfang in kniender Stellung mit 20 % beziffert, woraus sich - je nach Arbeitsumfang - ein täglicher kniender Wert zwischen etwa 1,6 Stunden (bei 8 Stunden Arbeitszeit) und 2 Stunden (bei 10 Stunden Arbeitszeit) errechnet. Auch hier ist somit ein kniebelastender Wert von 6 Stunden pro Tag nicht nachgewiesen, da nicht nachvollziehbar ist, warum die Erinnerung Jahre nach der Erstbefragung schärfer gewesen sein soll als zuvor. Auch widerspricht die Angabe 2008, der Kläger sei mit Holzrücken und Pferden sowie mit der Motorsäge tätig gewesen, der nun im Rahmen des Erörterungstermins beschriebenen Beschäftigung, er habe hauptsächlich kleine Bäume gepflanzt. Dies würde bedeuten, dass der Kläger bei seiner Befragung im Jahre 2008 den Hauptbestandteil seiner Arbeit, nämlich etwa drei Viertel derselben (ausgehend von einem 8-Stunden-Tag), gänzlich vergessen hat. Dies erscheint dem Senat nicht glaubhaft, weshalb dieser von einer kniebelastenden Tätigkeit bei der Firma B. von höchstens 2 Stunden täglich ausgeht. Hieraus folgt ein kniebelastender Umfang von nur 204 Stunden, so dass der Wert der Liste um weitere 408 Stunden zu kürzen ist.

Unter Ziff. 10 seiner Liste beschreibt der Kläger eine Tätigkeit bei der Firma Straßenbau S. im Zeitraum zwischen dem 20.08.1984 bis 14.12.1984 mit einem Umfang von vier Stunden täglich kniender Tätigkeit an sechs Tagen pro Woche, woraus sich insgesamt bei 17 Wochen 408 Stunden kniebelastende Tätigkeit errechneten. Allerdings ergibt sich aus dem Versicherungsverlauf des Rentenversicherungsträgers (Bl. 116 der LSG-Akte), dass der Kläger vom 12.11.1984 bis 27.11.1984 Kranken- oder Übergangsgeld oder vergleichbare Geldleistungen eines Sozialleistungsträgers bezogen hat. Insofern sind von den vom Kläger zugrunde gelegten 17 Wochen rund zwei Wochen abzuziehen, wodurch sich die kniebelastende Tätigkeit - die weiteren Angaben des Klägers in seiner Liste als richtig unterstellt - um rund 50 weitere Stunden reduziert.

Unter Ziff. 11 seiner Liste hat der Kläger eine Tätigkeit bei der Metallgießerei W. vom 18.03.1985 bis 16.12.1985 im Umfang von drei Stunden täglich angegeben und unter Zugrundelegung einer Fünf- bis Sechstagewoche kniebelastende Tätigkeiten in einem Umfang von 577 Stunden berechnet. Zunächst ist festzustellen, dass der Kläger nicht bis zum 16.12.1985 in dieser Firma gearbeitet hat, sondern nur bis zum 23.09.1985. Dies ergibt sich zum einen aus den Angaben des Zeugen W. (vgl. Bl. 157 der LSG-Akte), zum anderen auch aus dem Versicherungsverlauf des Rentenversicherungsträgers (Bl. 116 der LSG-Akte), wonach der Kläger ab dem 26.09.1985 Sozialleistungen (Kranken- oder Übergangsgeld und vergleichbare Geldleistungen eines Sozialleistungsträgers) bis zum 27.09.1985 bezogen hat. Ab dem 28.09.1985 bis zum Eintritt der Arbeitslosigkeit am 17.12.1985 besteht eine Lücke im Versicherungsverlauf (vgl. Bl. 116 der LSG-Akte), und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger in dieser Zeit bei der Firma W. beschäftigt war. Auch aus dem vom Kläger vorgelegten Ersatzversicherungsnachweis (Bl. 125 der LSG-Akte) ergibt sich lediglich eine Beschäftigung bis zum 23.09.1985. Der Umfang der kniebelastenden Tätigkeit wird uneinheitlich dargestellt: Am 05.05.2008 hatte der Kläger angegeben, in der Firma W. als Gießer beschäftigt gewesen zu sein, beim Abstellen der Sandformen von der Rüttelmaschine jedes Mal (insg. 50 x) in die Hocke habe gehen zu müssen (Dauer je 2 Minuten) und auch das Fixieren der beiden Formhälften mit einem Bolzen in kniender Stellung vorgenommen zu haben. Aus der erwähnten Liste ergibt sich eine tägliche kniende Tätigkeit von drei Stunden, während der Zeuge W. sowohl gegenüber der Beklagten (Bl. 157 der Verwaltungsakte sowie Bl. 40 der Verwaltungsakte) als auch gegenüber dem Gericht eine lediglich stehende Tätigkeit des Klägers angegeben hat. Die Angaben über die kniebelastenden Tätigkeiten reichen somit von einem dreistündigen Umfang über einen Umfang von 100 Minuten zzgl. Bolzenfixieren bis hin zu einer gänzlich fehlenden kniebelastenden Tätigkeit. Doch selbst, wenn die vom Kläger in seiner Liste angegebenen drei Stunden zugrunde gelegt würden, reduzierte sich die von ihm angenommene Summe der kniebelastenden Tätigkeiten bei Übernahme der sonstigen Angaben des Klägers (Fünf- bis Sechstagewoche) um 132 Stunden (lediglich 27 Wochen statt 35 Wochen mit fünf bis sechs Tagen und drei Stunden knienden Tätigkeiten pro Tag).

Unter Ziff. 13 seiner Liste hat der Kläger eine Tätigkeit bei der Firma R. Fensterbau im Zeitraum vom 01.02.1989 bis 30.01.1991, also in einem Umfang von 53 Wochen abzüglich drei Wochen Urlaub beschrieben, woraus sich bei einer Sechstagewoche und vier Stunden kniender Tätigkeit eine kniebelastende Tätigkeit von insgesamt 1200 Stunden errechne. Sowohl aus den Bescheinigungen der A. (Bl. 73 der Verwaltungsakte) als auch aus dem Versicherungsverlauf des Rentenversicherungsträgers (Bl. 116 der LSG-Akte) ergibt sich hingegen, dass der Kläger bis zum 31.03.1990 arbeitslos und erst ab dem 01.04.1990 bis zum 19.10.1990 wieder versicherungspflichtig beschäftigt war. Dies stimmt auch mit dem Versicherungsnachweis der Firma Rinke und H., die der Kläger vorgelegt hat (Bl. 127 der SG-Akte), überein. Insofern hat der Kläger entgegen seinen Angaben nicht 50 Wochen bei der genannten Firma gearbeitet, sondern lediglich 27 Wochen (29 Wochen abzüglich zwei Wochen Urlaub), worauf sich - selbst unter Zugrundelegung der vom Kläger angegebenen vier Stunden kniender Tätigkeit täglich - eine kniebelastende Tätigkeit von 648 statt der vom Kläger angenommenen 1200 Stunden ergibt. Die Summe seiner Liste ist somit um 552 Stunden zu kürzen.

Hierdurch errechnet sich insgesamt basierend auf der korrigierten Liste des Klägers eine Summe von 12054 Stunden kniebelastender Tätigkeiten, sodass der Grenzwert von 13000 nicht erreicht wird.

Da für den vorliegenden Rechtsstreit § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X die maßgebende Norm ist und der Kläger sich auf das Tatbestandsmerkmal des sich als unrichtig erweisenden Sachverhalts beruft, geht es zu Lasten des Klägers, wenn das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals nicht festgestellt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 25.06.2002, B 11 AL 3/02 R in Juris m.w.N.) Insofern kommt eine Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 06.02.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.09.2009 nicht in Betracht, ist der Bescheid der Beklagten vom 06.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.03.2013 nicht zu beanstanden und hat das SG im Gerichtsbescheid vom 19.09.2013 die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Berufung war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Kläger auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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