Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 15 AS 2952/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 AS 1582/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 07.09.2015 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vollumfänglich abgelehnt. Die Beteiligten haben einander in beiden Rechtszügen keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Antragstellerin wird zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt Dr. S aus L beigeordnet.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet, denn die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit dem angefochtenen Beschluss zu Unrecht verpflichtet, der Antragstellerin ab dem 17.08.2015 bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 15.02.2016, vorläufig Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) in Form des Regelbedarfs gemäß § 20 SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes setzt mithin neben einem Anordnungsanspruch - im Sinne eines materiellrechtlichen Anspruchs auf die beantragte Leistung - einen Anordnungsgrund - im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit der vom Gericht zu treffenden Regelung - voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, denn bereits das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs im oben genannten Sinne ist nicht glaubhaft gemacht worden. Dabei kann dahin stehen, ob Hilfebedürftigkeit gemäß § 9 Abs. 1 SGB II vorliegt, weil ein möglicher Anspruch auf Arbeitslosengeld II nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II auch bei bestehender Hilfebedürftigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen ist. Ausgenommen von Leistungen nach dem SGB II sind nach dieser Vorschrift Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Diese Regelung findet auf die Antragstellerin, die bulgarischer Nationalität ist, Anwendung, denn ein anderes Aufenthaltsrecht als das zum Zweck der Arbeitsuche ist nicht ersichtlich.
Mit dem Urteil des EuGH vom 15.09.2015 in der Rechtssache C-67/14 wurde nunmehr abschließend geklärt, dass der in der vorgenannten Norm enthaltene Leistungsausschluss für Ausländer nicht europarechtswidrig und damit als geltendes Bundesrecht anwendbar ist.
Die Antragstellerin ist weder als Arbeitnehmerin nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 FreizügG/EU noch als Selbständige im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt, denn sie übt keine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit im Inland aus. Die von ihr zwischen dem 17.10.2014 und dem 30.11.2014 ausgeübte Tätigkeit in einem Restaurant führt zu keiner anderen Beurteilung, denn gemäß § 2 Abs. 3 S. 2 FreizügG/EU bleibt das Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung nur während der Dauer von sechs Monaten unberührt. Dieser Zeitraum endete hier im Mai 2015, so dass die Antragstellerin aus ihrer ca. sechs Wochen andauernden Beschäftigung im Jahr 2014 für einen derzeitigen Leistungsbezug keinerlei Rechte mehr herzuleiten vermag. Ihr steht auch kein Daueraufenthaltsrecht gemäß § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU zu. Danach haben Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). Die Antragstellerin hält sich nach eigenen Angaben erst seit dem 14.10.2014 und damit deutlich kürzer als von der vorstehend genannten Norm gefordert im Inland auf.
Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist auch auf EU-Bürger anwendbar, die sich ohne sonstiges und auch nicht zum Zwecke der Arbeitssuche materielles Aufenthaltsrecht und auch nicht zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland aufhalten. Der Senat verbleibt insoweit bei seiner Auffassung, die er in den Beschlüssen vom 03.12.2014 zum Az. L 2 AS 1623/14 B ER (bei juris Rn. 5 ff.), vom 04.02.2015 zum Az. L 2 AS 2224/14 B ER (bei juris Rn. 13 ff.), vom 25.02.2015 zum Az. L 2 AS 113/15 B ER (bei juris Rn. 5 ff.), vom 09.04.2015 zum Az. L 2 AS 2247/14 B ER (bei juris Rn. 10), vom 16.04.2015 zum Az. L 2 AS 2299/14 B ER (bei juris Rn. 9), vom 29.04.2015 zum Az. L 2 AS 2388/14 B ER (bei juris Rn. 16), vom 08.05.2015 zum Az. L 2 AS 270/15 B ER (bei juris Rn. 11), vom 08.05.2015 zum Az. L 2 AS 300/15 B ER (bei juris Rn. 9) sowie weiteren Entscheidungen in zwischenzeitlich ständiger Rechtsprechung vertreten hat. Mithin ist der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf die Antragstellerin auch dann anzuwenden, wenn sie - ohne über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel (im Sinne des § 4 Satz 1 FreizügG/EU) zu verfügen - als wirtschaftlich inaktiv anzusehen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §§ 183, 193 SGG.
Die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe beruht auf § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist auch notwendig, § 73 a SGG in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG. Damit hat sich zugleich das Verfahren L 2 SF 544/15 ER erledigt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet, denn die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.
Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit dem angefochtenen Beschluss zu Unrecht verpflichtet, der Antragstellerin ab dem 17.08.2015 bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 15.02.2016, vorläufig Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) in Form des Regelbedarfs gemäß § 20 SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes setzt mithin neben einem Anordnungsanspruch - im Sinne eines materiellrechtlichen Anspruchs auf die beantragte Leistung - einen Anordnungsgrund - im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit der vom Gericht zu treffenden Regelung - voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]).
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, denn bereits das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs im oben genannten Sinne ist nicht glaubhaft gemacht worden. Dabei kann dahin stehen, ob Hilfebedürftigkeit gemäß § 9 Abs. 1 SGB II vorliegt, weil ein möglicher Anspruch auf Arbeitslosengeld II nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II auch bei bestehender Hilfebedürftigkeit gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen ist. Ausgenommen von Leistungen nach dem SGB II sind nach dieser Vorschrift Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Diese Regelung findet auf die Antragstellerin, die bulgarischer Nationalität ist, Anwendung, denn ein anderes Aufenthaltsrecht als das zum Zweck der Arbeitsuche ist nicht ersichtlich.
Mit dem Urteil des EuGH vom 15.09.2015 in der Rechtssache C-67/14 wurde nunmehr abschließend geklärt, dass der in der vorgenannten Norm enthaltene Leistungsausschluss für Ausländer nicht europarechtswidrig und damit als geltendes Bundesrecht anwendbar ist.
Die Antragstellerin ist weder als Arbeitnehmerin nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 FreizügG/EU noch als Selbständige im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU freizügigkeitsberechtigt, denn sie übt keine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit im Inland aus. Die von ihr zwischen dem 17.10.2014 und dem 30.11.2014 ausgeübte Tätigkeit in einem Restaurant führt zu keiner anderen Beurteilung, denn gemäß § 2 Abs. 3 S. 2 FreizügG/EU bleibt das Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU bei unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach weniger als einem Jahr Beschäftigung nur während der Dauer von sechs Monaten unberührt. Dieser Zeitraum endete hier im Mai 2015, so dass die Antragstellerin aus ihrer ca. sechs Wochen andauernden Beschäftigung im Jahr 2014 für einen derzeitigen Leistungsbezug keinerlei Rechte mehr herzuleiten vermag. Ihr steht auch kein Daueraufenthaltsrecht gemäß § 4a Abs. 1 Satz 1 FreizügG/EU zu. Danach haben Unionsbürger, die sich seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben, unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 FreizügG/EU das Recht auf Einreise und Aufenthalt (Daueraufenthaltsrecht). Die Antragstellerin hält sich nach eigenen Angaben erst seit dem 14.10.2014 und damit deutlich kürzer als von der vorstehend genannten Norm gefordert im Inland auf.
Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist auch auf EU-Bürger anwendbar, die sich ohne sonstiges und auch nicht zum Zwecke der Arbeitssuche materielles Aufenthaltsrecht und auch nicht zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland aufhalten. Der Senat verbleibt insoweit bei seiner Auffassung, die er in den Beschlüssen vom 03.12.2014 zum Az. L 2 AS 1623/14 B ER (bei juris Rn. 5 ff.), vom 04.02.2015 zum Az. L 2 AS 2224/14 B ER (bei juris Rn. 13 ff.), vom 25.02.2015 zum Az. L 2 AS 113/15 B ER (bei juris Rn. 5 ff.), vom 09.04.2015 zum Az. L 2 AS 2247/14 B ER (bei juris Rn. 10), vom 16.04.2015 zum Az. L 2 AS 2299/14 B ER (bei juris Rn. 9), vom 29.04.2015 zum Az. L 2 AS 2388/14 B ER (bei juris Rn. 16), vom 08.05.2015 zum Az. L 2 AS 270/15 B ER (bei juris Rn. 11), vom 08.05.2015 zum Az. L 2 AS 300/15 B ER (bei juris Rn. 9) sowie weiteren Entscheidungen in zwischenzeitlich ständiger Rechtsprechung vertreten hat. Mithin ist der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II auf die Antragstellerin auch dann anzuwenden, wenn sie - ohne über ausreichenden Krankenversicherungsschutz und ausreichende Existenzmittel (im Sinne des § 4 Satz 1 FreizügG/EU) zu verfügen - als wirtschaftlich inaktiv anzusehen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §§ 183, 193 SGG.
Die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe beruht auf § 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO. In einem höheren Rechtszug ist nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist auch notwendig, § 73 a SGG in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG. Damit hat sich zugleich das Verfahren L 2 SF 544/15 ER erledigt.
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