Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 13 U 3446/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 1554/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Kosten und baren Auslagen des Klägers für das von Dr. O. nach § 109 SGG erstattete Gutachten vom 9. April 2015 werden nicht auf die Staatskasse übernommen.
Dem Kläger werden Missbrauchskosten in Höhe von 337,50 Euro auferlegt, wovon 225,00 Euro an die Landeskasse und 112,50 Euro an die Beklagte zu zahlen sind.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der im Jahr 1957 geborene Kläger war nach seinen Angaben von 1977 bis 1980 als Kellner und von 1981 bis 1983 als Verkäufer berufstätig, leistete von 1984 bis 1985 seinen Wehrdienst und war von 1985 bis 1987 als Kellner sowie von 1990 bis 1993 und von 1995 bis 1996 als Kommissionierer berufstätig. Vom 12.08.1996 bis zum 30.12.2008 war er bei der Firma A. GmbH als Verpacker sowie Lager- und Versandmitarbeiter berufstätig.
Der Kläger machte am 04.11.2010 Entzündungen an seinen Sprunggelenken als Berufskrankheit geltend. Aktenkundig wurden die Berichte des Kreiskrankenhauses B. vom 22.08.1997, vom 01.09.1997, vom 08.09.1997 und vom 15.10.1997 (jeweils Quetschung, Prellung und Frakturen des rechten Mittelfuß- und Fußwurzelknochens), des Unfallchirurgen Dr. C.-D. vom 24.10.1997 (Behandlung des rechten Fußes) und vom 14.01.2005 (Riss-/Schnittwunde an der linken Hand), des Orthopäden Dr. E. vom 04.05.2007 (fehlstatische Fußbeschwerden, Arthralgie, rezidivierende Reizzustände in beiden Sprunggelenken) und vom 10.11.2010 (Innenmeniskusläsion links mit arthroskopischer Operation am 05.08.1999, Tendovaginitis der Peronealsehnen rechts am 05.02.2007, Arthralgie beider Sprunggelenke am 10.04.2007, Lumboischialgie beidseits und pseudoradikuläres Syndrom am 16.04.2007, Tenosynovitis der Peronealsehnen rechts am 19.05.2009) sowie des Internisten Dr. F. vom 23.11.2010 (Epicondylitis an den Armen, Tendovaginitis an den Beinen) und das Leistungsverzeichnis der IKKclassic vom 12.11.2010. Dipl.-Ing. G. führte in der präventionsdienstlichen Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vom 21.01.2011 aus, es habe sich nicht um eine Tätigkeit im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV gehandelt, zumal es sich bei den einzelnen Tätigkeiten nicht um repetitive Tätigkeiten im Sinne dieser Berufskrankheit gehandelt habe.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 15.03.2011 die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV ab. Hiergegen legte der Kläger am 06.04.2011 Widerspruch ein. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2011 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 09.06.2011 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Es sind die Berichte der Klinik für Psychiatrie des Universitätsklinikums H. vom 26.03.2008 (mittelschwere depressive Störung) und vom 15.04.2008 (mittelschwere depressive Episode), des Klinikzentrums I. vom 16.10.2008 (rezidivierende depressive Störung, psychosomatischer Symptomenkomplex, Zervikobrachialsyndrom, degeneratives Lumbalsyndrom, Zustand nach arthroskopischer Operation einer degenerativen Innenmeniskopathie im Jahr 1999), der Psychotherapeutin Dr. J. vom 30.01.2009 (depressive Symptomatik), des Neurologen Dr. K. vom 19.02.2009 (bekanntes depressives Syndrom mit Somatisierungsstörung, Tinnitus/Hörminderung, Zustand nach Mittelfußfraktur rechts), des Dr. F. vom 08.10.2009 (schwere Depression), vom 02.03.2010 (im Vordergrund stehende zunehmende Depression) und vom 01.09.2011 (schwere Depression), des Klinikums L. vom 21.12.2009 (Anpassungsstörung), vom 14.01.2010 (Verdacht auf anhaltende somatoforme Schmerzstörung) und vom 22.02.2010 (keine Aufnahmeindikation), der Nervenärztin Dr. M. vom 21.12.2009 (depressives Syndrom, akute Belastungsreaktion), des Allgemeinmediziners und Psychotherapeuten Dr. N. vom 04.10.2010 (Depressionen) sowie des Dr. E. vom 26.09.2011 (Innenmeniskusläsion links mit arthroskopischer Operation im Jahr 1999, Tendovaginitis der Peronealsehnen des rechten Außenknöchels am 09.02.2007, Arthralgie beider Sprunggelenke am 04.05.2007, Tenosynovitis der Peronealsehnen rechts am 27.05.2009) aktenkundig geworden.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 27.02.2014 die Klage abgewiesen. Besonderen Einwirkungen, die als ursächlich für das Auftreten der Erkrankung anzusehen seien, sei der Kläger trotz seiner langjährigen Tätigkeit als Lager- und Versandmitarbeiter nicht ausgesetzt gewesen. Zwar habe er zeitweise unter Erkrankungsanzeichen, die der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV aus medizinischer Sicht unterfallen könnten, gelitten. Allerdings seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erfüllt und auch ein fundiertes, medizinisches Erkrankungsbild sei nicht einschlägig. Ein ursächlicher Zusammenhang seiner Erkrankung mit seiner beruflichen Tätigkeit lasse sich für den Kläger nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit begründen. Die präventionsdienstliche Stellungnahme entspreche dem Stand der derzeit herrschenden Medizin, Literatur und Rechtsprechung zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen dieser Berufskrankheit. Auch das Sechs-Monats-Kriterium nach Aufnahme der Tätigkeit sei vorliegend ersichtlich nicht erfüllt. Der Kläger mache einschlägige Beschwerden erst seit circa 10 Jahren nach Tätigkeitsbeginn geltend.
Gegen den ihm am 05.03.2014 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 04.04.2014 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Bei ihm seien neben einer Entzündung des Sehnenansatzes am inneren Hocker des Ellenbogenknochens eine Tendovaginitis der Peroneal-Sehnenscheiden am Außenknöchel rechts festgestellt beziehungsweise diagnostiziert worden. Belastungen der Sehnenscheiden seien dargetan worden. Allerdings finde die Forderung einer repetitiven Belastung in schneller Abfolge keine Stütze in der Verordnung selbst, die offenbar von der Beklagten, etwa durch ihren Technischen Aufsichtsbeamten, "umgeschrieben" werde.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Februar 2014 abzuändern/aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2011 zu verurteilen, die Erkrankung der Sehnenscheiden und des Sehnengleitgewebes als Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und, insbesondere in Form von Verletztenrente und gegebenenfalls Übergangsleistungen, zu entschädigen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf den Akteninhalt und die aus ihrer Sicht zutreffenden Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides.
Sodann hat der Senat auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers das fachorthopädische Gutachten des Orthopäden Dr. O. nach Aktenlage vom 09.04.2015 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, beim Kläger hätten im Jahr 2007 eine Sehnenscheiden- und Sehnenentzündung am rechten Fuß sowie in den Jahren 2007 und 2008 Diagnosen im Sinne einer Epicondylitis humeri radialis rechts vorgelegen. Seit Januar 2008 liege keine entsprechende Diagnose oder Befunderhebung mehr vor. Somit lägen beim Kläger im Bereich des Fußes eine Sehnenscheidenentzündung und im Bereich des rechten Ellenbogens eine Sehnenansatz-Erkrankung vor. Die beschriebenen Gesundheitsstörungen an den oberen Extremitäten seien nach Aktenlage erstmalig 10 Jahre nach Beginn der spezifischen beruflichen Tätigkeit aufgetreten. Eine Verschlechterung sei in dem zu beurteilenden Zeitraum nicht dokumentiert, da ab 04.01.2008 nur noch Diagnosen auf dem psychiatrischen Bereich, wie Erschöpfungs-Syndrom, Depression und dadurch bedingte Arbeitsunfähigkeit, vorlägen, so dass ab diesem Zeitpunkt von einer Besserung auszugehen sei. Es sei unwahrscheinlich, dass die Erkrankungen der Sehnenscheiden und der Sehnenansätze durch schädigende Einwirkungen der Erwerbstätigkeit, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hätten, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich gewesen seien oder sein könnten, mit Wahrscheinlichkeit wesentlich hervorgerufen oder verschlimmert worden seien. Bewegungsabläufe, die als Belastungsparameter zu biomechanisch relevanten Beanspruchungen im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV führten, hätten beim Kläger nicht vorgelegen. Zwar erfülle der Kläger das Kriterium der täglichen Einwirkungsdauer von mindestens 3 Stunden und der Gesamtbelastungszeit von 5 Jahren. Allerdings werde in der Literatur ein Sechs-Monats-Kriterium nach Aufnahme der Tätigkeit als spätester Beginn von arbeitsbedingten Beschwerden erörtert. Der Kläger habe erste Beschwerden von Seiten der Hand 10 Jahre nach der angeschuldigten beruflichen Tätigkeit gehabt. Auch die Tatsache, dass ab 04.01.2008 nur noch Diagnosen aus dem psychiatrischen Bereich aktenkundig seien, spreche gegen das Vorliegen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV. Bezüglich der Sehnenscheidenentzündung am Fuß sei ein Zusammenhang mit einer beruflichen Exposition zu keinem Zeitpunkt dokumentiert. Hier sei ein wahrscheinlicher Zusammenhang mit dem Unfallereignis anzunehmen. Demnach liege keine Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV mit Wahrscheinlichkeit vor.
Der Kläger hat den Bericht der P. vom 12.02.2015 (Verdacht auf rheumatoide Arthritis) vorgelegt und Einwände gegen das Gutachten des Dr. O. erhoben. Er hat insbesondere ausgeführt, der Sachverständige habe nicht beachtet, dass er nach diversen ärztlichen Stellungnahmen aus den Jahren 2007 und 2008 keine Lasten zwischen 5 und 10 Kilogramm heben dürfe, nur noch unter drei Stunden täglich berufstätig sein könne und insbesondere seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr für zumutbar erachtet worden sei. Außerdem stelle die Berufsaufgabe ein Indiz für das Vorliegen einer Berufskrankheit dar. Im Übrigen habe der Sachverständige statt einer Tendovaginitis nur eine Tendopathie erwähnt. Außerdem sei aktenkundig, dass er schon im Dezember 1999 und August 2000 wegen eines Schulter/Arm-Syndroms und am 23.02.2004 wegen Beschwerden der oberen Extremitäten vorstellig gewesen sei. Dass die Beschwerden am rechten Fuß nicht unfallbedingt seien, ergebe sich daraus, dass er dieselben Beschwerden inzwischen am linken Fuß habe.
Der Berichterstatter hat unter dem 30.07.2015 gegenüber dem Kläger angeregt, die Berufung zurückzunehmen. Er hat darauf hingewiesen, dass das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen könne, die dadurch verursacht würden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführe, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden sei. Nach derzeitiger Sachlage werde dieser Rechtsstreit für geeignet erachtet, bei Fortführung der Berufung durch den Kläger von der Auferlegung von Missbrauchskosten Gebrauch zu machen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte Berufung des Klägers ist erfolglos.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Gerichtsbescheides des SG vom 27.02.2014. Der Kläger erstrebt nach richtiger Auslegung seines Klagebegehrens neben der Aufhebung dieses Gerichtsbescheides die Aufhebung des Bescheides vom 15.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2011 und die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV und zur Gewährung von Entschädigungsleistungen. Diese prozessualen Ziele verfolgt der Kläger gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG mit der kombinierten Anfechtungs-, Leistungs- und Verpflichtungsklage.
Das SG hat zu Recht die Beklagte nicht dazu verurteilt, die Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV festzustellen und Entschädigungsleistungen zu gewähren.
Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Entschädigungsleistungen begehrt, ist seine Klage schon unzulässig und damit die Berufung unbegründet. Denn die Beklagte hat nur über die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV, nicht aber über die Gewährung von Entschädigungsleistungen eine Entscheidung getroffen, so dass es in dieser Hinsicht an einem - einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zwingend vorgeschalteten - Verwaltungsverfahren fehlt.
Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV begehrt, ist die Klage und damit auch die Berufung unbegründet.
Rechtsgrundlage für die Feststellung einer Berufskrankheit ist § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), wonach Berufskrankheiten Krankheiten sind, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII wird die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Verrichtung, die Einwirkungen und die Krankheit im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - juris Rz. 12 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 25/10 R - juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R - juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - juris).
Als Berufskrankheit sind bezeichnet in Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Vorliegend ist es nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die bei den Verrichtungen des Klägers vom 12.08.1996 bis zum 30.12.2008 bei der Firma A. GmbH als Verpacker sowie Lager- und Versandmitarbeiter erfolgten Einwirkungen dessen Erkrankungen an den oberen und unteren Extremitäten verursacht haben. Mithin fehlt es an der haftungsbegründenden Kausalität zwischen Einwirkungen und Erkrankung.
Es sind bereits die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Vorliegen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV nicht gegeben.
Dies ergibt sich aus der Stellungnahme des Präventionsdienstes der Beklagten vom 21.01.2011, wonach es sich bei der beruflichen Tätigkeit des Klägers nicht um repetitive Einwirkungen im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV gehandelt hat.
Der Tatbestand der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV definiert die Merkmale der erforderlichen beruflichen Einwirkungen nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG verletzt der Umstand, dass Rechtsbegriffe in der Definition einer Berufskrankheit auslegungsbedürftig und -fähig sind, nicht das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot. Vielmehr ist es Aufgabe der Versicherungsträger und Gerichte, unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien sowie anhand der Vorgaben des vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Ärztlichen Merkblatts zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV, die für diese Berufskrankheit vorausgesetzten beruflichen Einwirkungen näher zu konkretisieren. Solchen Merkblättern kommt zwar keine rechtliche Verbindlichkeit zu, sie sind allerdings als Interpretationshilfe und zur Wiedergabe des bei seiner Herausgabe aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstands heranzuziehen (BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - juris Rz. 12-14 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 14/08 R - juris; BSG, Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 6/04 R - juris; BSG, Urteil vom 18.08.2004 - B 8 KN 1/03 U R - juris; BSG, Urteil vom 18.03.2003 - B 2 U 13/02 R - juris; BSG, Urteil vom 23.03.1999 - B 2 U 12/98 R - juris)
Nach dem Ärztlichen Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV sind für diese Berufskrankheit eine einseitige langdauernde mechanische Beanspruchung und ungewohnte Arbeiten aller Art bei fehlender oder gestörter Anpassung ursächlich. Hierunter sind nach der unfallmedizinischen Fachliteratur kurzzyklische, repetitive, feinmotorische Handtätigkeiten mit sehr hoher Bewegungsfrequenz von mindestens 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde (wie zum Beispiel beim Maschinenschreiben und Klavierspielen), hochfrequente, gleichförmige, feinmotorische Tätigkeiten bei unphysiologischer, achsenungünstiger Auslenkung des Handgelenks (wie zum Beispiel beim Stricken, Handnähen, Stopfen und Verwenden von Tastatur und Maus als Eingabegerät des PC), repetitive Manipulationen mit statischen und dynamischen Anteilen mit hoher Auslenkung des Handgelenks bei gleichzeitig hoher Kraftanwendung (wie zum Beispiel beim Drehen, Montieren, Bügeln oder Obstpflücken), forcierte Dorsalextension der Hand (wie zum Beispiel Rückhandschlag beim Tennis, Hämmern) oder monoton wiederholte oder plötzlich einsetzende Aus- und Einwärtsdrehungen der Hand und des Vorderarmes (zum Beispiel beim Betätigen eines Schraubendrehers) zu fassen, wobei die tägliche Einwirkungsdauer mindestens 3 Stunden und die Gesamtbelastungszeit in der Regel 5 Jahre betragen sollte. Dabei gilt, dass eine Aufsummierung dieser ganz unterschiedlichen Belastungen und Beanspruchungen nicht möglich ist (Anmerkungen zum Ärztlichen Merkblatt, Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, M 2101, Anm. 4.1 und 4.3; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 1165 und 1166). Da der organisch und funktionell gesunde Bewegungsapparat durchschnittlichen und sogar hohen Berufsbelastungen weitgehend gewachsen ist, sind zur Krankheitsverursachung repetitive Arbeitsverrichtungen mit statischen und dynamischen Anteilen, bei denen eine einseitige, von der Ruhestellung stark abweichende Haltung der Gliedmaßen erforderlich ist, zu verlangen. Ferner muss es sich um kurzzyklische, immer wiederkehrende Bewegungsabläufe handeln, bei denen im Handbereich die gleichen Muskeln und Sehnen unter gleichartiger Belastung betätigt werden. Dabei ist insbesondere eine sich ständig wiederholende Zugbeanspruchung der Sehnenansätze erforderlich. In Betracht kommen auch solche repetitiven Arbeitsverrichtungen, bei denen eine wiederholte grobe Kraftanwendung bei hoher Auslenkung des Handgelenks im Sinne einer unphysiologischen Haltung erforderlich ist (Hessisches LSG, Urteil vom 29.10.2013 - L 3 U 28/10 - juris).
Von diesen Vorgaben ausgehend hat der Präventionsdienst der Beklagten zur Überzeugung des erkennenden Senats dargelegt und begründet, dass die vom Kläger ausgeübte berufliche Tätigkeit nicht als wesentliche (Mit-)Ursache für die Entstehung seiner Erkrankungen an den oberen und unteren Extremitäten anzuerkennen ist. Der Präventionsdienst ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass repetitive, kurzzyklische, feinmotorische Handtätigkeiten mit 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde nicht erreicht worden sind und die repetitiven Bewegungsabläufe einen zeitlichen Anteil von mehr als 3 Stunden pro Tag nicht erreicht haben. Auch handelt es sich bei den vom Kläger verrichteten Tätigkeiten weder um solche bei unphysiologischer, achsenungünstiger Auslenkung des Handgelenks, noch um solche mit hoher Auslenkung des Handgelenks bei gleichzeitig hoher Kraftanwendung, forcierter Dorsalextension der Hand oder mit monoton wiederholten oder plötzlich einsetzenden Aus- und Einwärtsdrehungen der Hand und des Vorderarmes, so dass die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV nicht erfüllt sind, was im Übrigen auch Dr. O. in seinem Gutachten vom 09.04.2015 bestätigt hat. Er hat dargelegt, dass Bewegungsabläufe, die als Belastungsparameter zu biomechanisch relevanten Beanspruchungen im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV führen, beim Kläger nicht vorgelegen haben.
Beim Kläger sind aber auch die sogenannten medizinischen Voraussetzungen für das Vorliegen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV nicht gegeben. Das Vorliegen einer durch die berufliche Tätigkeit verursachten Erkrankung der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze ist nicht hinreichend wahrscheinlich.
Nach dem Ärztlichen Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV sind von dieser Berufskrankheit die Krankheitsbilder Paratenonitis (Tendovaginitis) crepitans, Periostosen an den Sehnenansätzen (Epicondylitis und Styloiditis) sowie Tendovaginitis stenosans erfasst. Ferner ist ein zeitnahes Auftreten der ersten Beschwerden zur Aufnahme der gefährdenden Tätigkeit beziehungsweise zur Umstellungsphase einer Tätigkeit (innerhalb des ersten halben Jahres) erforderlich.
Zwar hat eine Auswertung der Aktenlage ergeben, dass beim Kläger in den Jahren 2007 und 2008 Diagnosen im Sinne einer Epicondylitis humeri radialis rechts sowie im Jahr 2007 eine Sehnenscheiden- und Sehnenentzündung am rechten Fuß vorgelegen haben. Allerdings liegt seit Januar 2008 keine entsprechende Diagnose oder Befunderhebung mehr vor. Vielmehr sind ab 04.01.2008 nur noch Diagnosen auf dem psychiatrischen Fachgebiet aktenkundig. Den Umstand, dass die Gesundheitsstörungen an den oberen Extremitäten erstmalig 10 Jahre nach Beginn der vom Kläger angeschuldigten beruflichen Tätigkeit aufgetreten sind und eine Verschlechterung in dem zu beurteilenden Zeitraum nicht dokumentiert ist, hat Dr. O. in seinem auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers eingeholten Gutachten vom 09.04.2015 zutreffend zum Anlass genommen, einen ursächlichen Zusammenhang der Epicondylitis humeri radialis rechts mit der beruflichen Tätigkeit zu verneinen. Er hat ferner völlig zu Recht dargelegt, dass ab Januar 2008 von einer Besserung auszugehen ist und es daher unwahrscheinlich ist, dass die Erkrankungen der Sehnenscheiden und der Sehnenansätze durch schädigende Einwirkungen der Erwerbstätigkeit hervorgerufen oder verschlimmert worden sind. Der Sachverständige hat dabei zutreffend dargelegt, dass das im Ärztlichen Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV geforderte Sechs-Monats-Kriterium nach Aufnahme der Tätigkeit als spätester Beginn von arbeitsbedingten Beschwerden vorliegend nicht erfüllt ist, da der Kläger erste Beschwerden von Seiten der Hand erst 10 Jahre nach der angeschuldigten beruflichen Tätigkeit gehabt hat. Nichts anderes gilt für die Sehnenscheidenentzündung am rechten Fuß, zumal nach der zutreffenden Einschätzung des Dr. O. hier ein wahrscheinlicher Zusammenhang mit dem Unfallereignis aus dem Jahr 1997 anzunehmen ist.
Nach alledem liegen weder die sogenannten arbeitstechnischen noch die sogenannten medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV vor. Die Beklagte hat daher zu Recht mit Bescheid vom 15.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2011 die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV abgelehnt. Der mit der Berufung angegriffene Gerichtsbescheid des SG vom 27.02.2014 ist mithin rechtmäßig. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Kosten und baren Auslagen des Klägers für das von Dr. O. nach § 109 SGG erstattete Gutachten vom 09.04.2015 werden nicht auf die Staatskasse übernommen, da hierdurch die Sachverhaltsaufklärung nicht wesentlich gefördert worden ist und es daher auch keine wesentliche Bedeutung für die gerichtliche Entscheidung gewonnen hat. Denn dieses Gutachten hat - wie oben bereits dargelegt - lediglich die von der Beklagten bereits getroffene Entscheidung bestätigt. Hinzu kommt, dass bereits die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen zu verneinen waren, so dass es auf das Vorliegen der sogenannten medizinischen Voraussetzungen nicht mehr ankam.
Die Entscheidung über die Missbrauchskosten ergibt sich aus §§ 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2, Satz 3, 184 Abs. 2 SGG. Danach kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht sein Vertreter oder Bevollmächtigter gleich. Als verursachter Kostenbeitrag gilt dabei mindestens der Betrag in Höhe von 225,00 Euro. Als darüber hinausgehender Betrag kann die Hälfte der von der Beklagten nach § 184 Abs. 2 SGG zu entrichtenden Pauschgebühr in Höhe von 225,00 Euro für das Verfahren vor dem LSG, also 112,50 Euro, auferlegt werden, denn nach § 186 Satz 1 SGG wäre die Pauschgebühr im Falle einer Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil auf die Hälfte ermäßigt worden. Bei verständigem Handeln wären diese Kosten daher ebenfalls vermeidbar gewesen. Sie sind zusätzlich als Missbrauchskosten zu erstatten (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.08.2013 - L 22 R 317/12, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 27.04.1994 - 10 RAr 10/93 - juris).
Missbrauch ist anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Dabei ist von einem Rechtsanwalt zu verlangen, dass er sich mit der Materie auseinandersetzt, die Rechtsprechung zu den aufgeworfenen Fragen prüft und die Erfolgsaussichten eingehend abwägt (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 03.07.1995 - 2 BvR 1379/95 - juris). Die Berufung des Klägers wäre erfolgreich gewesen, wenn sich die sogenannten arbeitstechnischen und medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV hätten feststellen lassen. Der Kläger ist vorliegend über seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt zunächst unter dem 07.07.2014 und 20.11.2014 auf das Nichtvorliegen der sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen hingewiesen worden. Die dennoch vom Kläger zu den sogenannten medizinischen Voraussetzungen nach § 109 SGG beantragten Ermittlungen sind vom Senat vorgenommen worden. Als Ergebnis dessen ist dem Kläger unter dem 13.04.2015 mitgeteilt worden, dass seine Berufung weiterhin nicht erfolgreich sein dürfte. Er ist ferner unter dem 30.07.2015 auf die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung und die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden. Daraufhin ist vom Kläger nichts Wesentliches vorgetragen worden. Damit müsste jedem Einsichtigen - insbesondere einem den Kläger vertretenden Rechtsanwalt, der die Beweissituation einzuschätzen hat - einleuchten, dass der Rechtsstreit für den Kläger nicht erfolgreich sein kann. Diese Beweissituation zu missachten, weist auf ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit hin. In Kenntnis dessen, den Rechtsstreit fortzuführen, stellt sich dies mithin als missbräuchlich dar.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Kosten und baren Auslagen des Klägers für das von Dr. O. nach § 109 SGG erstattete Gutachten vom 9. April 2015 werden nicht auf die Staatskasse übernommen.
Dem Kläger werden Missbrauchskosten in Höhe von 337,50 Euro auferlegt, wovon 225,00 Euro an die Landeskasse und 112,50 Euro an die Beklagte zu zahlen sind.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) streitig.
Der im Jahr 1957 geborene Kläger war nach seinen Angaben von 1977 bis 1980 als Kellner und von 1981 bis 1983 als Verkäufer berufstätig, leistete von 1984 bis 1985 seinen Wehrdienst und war von 1985 bis 1987 als Kellner sowie von 1990 bis 1993 und von 1995 bis 1996 als Kommissionierer berufstätig. Vom 12.08.1996 bis zum 30.12.2008 war er bei der Firma A. GmbH als Verpacker sowie Lager- und Versandmitarbeiter berufstätig.
Der Kläger machte am 04.11.2010 Entzündungen an seinen Sprunggelenken als Berufskrankheit geltend. Aktenkundig wurden die Berichte des Kreiskrankenhauses B. vom 22.08.1997, vom 01.09.1997, vom 08.09.1997 und vom 15.10.1997 (jeweils Quetschung, Prellung und Frakturen des rechten Mittelfuß- und Fußwurzelknochens), des Unfallchirurgen Dr. C.-D. vom 24.10.1997 (Behandlung des rechten Fußes) und vom 14.01.2005 (Riss-/Schnittwunde an der linken Hand), des Orthopäden Dr. E. vom 04.05.2007 (fehlstatische Fußbeschwerden, Arthralgie, rezidivierende Reizzustände in beiden Sprunggelenken) und vom 10.11.2010 (Innenmeniskusläsion links mit arthroskopischer Operation am 05.08.1999, Tendovaginitis der Peronealsehnen rechts am 05.02.2007, Arthralgie beider Sprunggelenke am 10.04.2007, Lumboischialgie beidseits und pseudoradikuläres Syndrom am 16.04.2007, Tenosynovitis der Peronealsehnen rechts am 19.05.2009) sowie des Internisten Dr. F. vom 23.11.2010 (Epicondylitis an den Armen, Tendovaginitis an den Beinen) und das Leistungsverzeichnis der IKKclassic vom 12.11.2010. Dipl.-Ing. G. führte in der präventionsdienstlichen Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vom 21.01.2011 aus, es habe sich nicht um eine Tätigkeit im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV gehandelt, zumal es sich bei den einzelnen Tätigkeiten nicht um repetitive Tätigkeiten im Sinne dieser Berufskrankheit gehandelt habe.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 15.03.2011 die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV ab. Hiergegen legte der Kläger am 06.04.2011 Widerspruch ein. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.05.2011 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 09.06.2011 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Es sind die Berichte der Klinik für Psychiatrie des Universitätsklinikums H. vom 26.03.2008 (mittelschwere depressive Störung) und vom 15.04.2008 (mittelschwere depressive Episode), des Klinikzentrums I. vom 16.10.2008 (rezidivierende depressive Störung, psychosomatischer Symptomenkomplex, Zervikobrachialsyndrom, degeneratives Lumbalsyndrom, Zustand nach arthroskopischer Operation einer degenerativen Innenmeniskopathie im Jahr 1999), der Psychotherapeutin Dr. J. vom 30.01.2009 (depressive Symptomatik), des Neurologen Dr. K. vom 19.02.2009 (bekanntes depressives Syndrom mit Somatisierungsstörung, Tinnitus/Hörminderung, Zustand nach Mittelfußfraktur rechts), des Dr. F. vom 08.10.2009 (schwere Depression), vom 02.03.2010 (im Vordergrund stehende zunehmende Depression) und vom 01.09.2011 (schwere Depression), des Klinikums L. vom 21.12.2009 (Anpassungsstörung), vom 14.01.2010 (Verdacht auf anhaltende somatoforme Schmerzstörung) und vom 22.02.2010 (keine Aufnahmeindikation), der Nervenärztin Dr. M. vom 21.12.2009 (depressives Syndrom, akute Belastungsreaktion), des Allgemeinmediziners und Psychotherapeuten Dr. N. vom 04.10.2010 (Depressionen) sowie des Dr. E. vom 26.09.2011 (Innenmeniskusläsion links mit arthroskopischer Operation im Jahr 1999, Tendovaginitis der Peronealsehnen des rechten Außenknöchels am 09.02.2007, Arthralgie beider Sprunggelenke am 04.05.2007, Tenosynovitis der Peronealsehnen rechts am 27.05.2009) aktenkundig geworden.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 27.02.2014 die Klage abgewiesen. Besonderen Einwirkungen, die als ursächlich für das Auftreten der Erkrankung anzusehen seien, sei der Kläger trotz seiner langjährigen Tätigkeit als Lager- und Versandmitarbeiter nicht ausgesetzt gewesen. Zwar habe er zeitweise unter Erkrankungsanzeichen, die der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV aus medizinischer Sicht unterfallen könnten, gelitten. Allerdings seien die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht erfüllt und auch ein fundiertes, medizinisches Erkrankungsbild sei nicht einschlägig. Ein ursächlicher Zusammenhang seiner Erkrankung mit seiner beruflichen Tätigkeit lasse sich für den Kläger nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit begründen. Die präventionsdienstliche Stellungnahme entspreche dem Stand der derzeit herrschenden Medizin, Literatur und Rechtsprechung zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen dieser Berufskrankheit. Auch das Sechs-Monats-Kriterium nach Aufnahme der Tätigkeit sei vorliegend ersichtlich nicht erfüllt. Der Kläger mache einschlägige Beschwerden erst seit circa 10 Jahren nach Tätigkeitsbeginn geltend.
Gegen den ihm am 05.03.2014 zugestellten Gerichtsbescheid des SG hat der Kläger am 04.04.2014 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Bei ihm seien neben einer Entzündung des Sehnenansatzes am inneren Hocker des Ellenbogenknochens eine Tendovaginitis der Peroneal-Sehnenscheiden am Außenknöchel rechts festgestellt beziehungsweise diagnostiziert worden. Belastungen der Sehnenscheiden seien dargetan worden. Allerdings finde die Forderung einer repetitiven Belastung in schneller Abfolge keine Stütze in der Verordnung selbst, die offenbar von der Beklagten, etwa durch ihren Technischen Aufsichtsbeamten, "umgeschrieben" werde.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 27. Februar 2014 abzuändern/aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2011 zu verurteilen, die Erkrankung der Sehnenscheiden und des Sehnengleitgewebes als Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV anzuerkennen und, insbesondere in Form von Verletztenrente und gegebenenfalls Übergangsleistungen, zu entschädigen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie beruft sich auf den Akteninhalt und die aus ihrer Sicht zutreffenden Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides.
Sodann hat der Senat auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers das fachorthopädische Gutachten des Orthopäden Dr. O. nach Aktenlage vom 09.04.2015 eingeholt. Der Sachverständige hat ausgeführt, beim Kläger hätten im Jahr 2007 eine Sehnenscheiden- und Sehnenentzündung am rechten Fuß sowie in den Jahren 2007 und 2008 Diagnosen im Sinne einer Epicondylitis humeri radialis rechts vorgelegen. Seit Januar 2008 liege keine entsprechende Diagnose oder Befunderhebung mehr vor. Somit lägen beim Kläger im Bereich des Fußes eine Sehnenscheidenentzündung und im Bereich des rechten Ellenbogens eine Sehnenansatz-Erkrankung vor. Die beschriebenen Gesundheitsstörungen an den oberen Extremitäten seien nach Aktenlage erstmalig 10 Jahre nach Beginn der spezifischen beruflichen Tätigkeit aufgetreten. Eine Verschlechterung sei in dem zu beurteilenden Zeitraum nicht dokumentiert, da ab 04.01.2008 nur noch Diagnosen auf dem psychiatrischen Bereich, wie Erschöpfungs-Syndrom, Depression und dadurch bedingte Arbeitsunfähigkeit, vorlägen, so dass ab diesem Zeitpunkt von einer Besserung auszugehen sei. Es sei unwahrscheinlich, dass die Erkrankungen der Sehnenscheiden und der Sehnenansätze durch schädigende Einwirkungen der Erwerbstätigkeit, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hätten, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich gewesen seien oder sein könnten, mit Wahrscheinlichkeit wesentlich hervorgerufen oder verschlimmert worden seien. Bewegungsabläufe, die als Belastungsparameter zu biomechanisch relevanten Beanspruchungen im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV führten, hätten beim Kläger nicht vorgelegen. Zwar erfülle der Kläger das Kriterium der täglichen Einwirkungsdauer von mindestens 3 Stunden und der Gesamtbelastungszeit von 5 Jahren. Allerdings werde in der Literatur ein Sechs-Monats-Kriterium nach Aufnahme der Tätigkeit als spätester Beginn von arbeitsbedingten Beschwerden erörtert. Der Kläger habe erste Beschwerden von Seiten der Hand 10 Jahre nach der angeschuldigten beruflichen Tätigkeit gehabt. Auch die Tatsache, dass ab 04.01.2008 nur noch Diagnosen aus dem psychiatrischen Bereich aktenkundig seien, spreche gegen das Vorliegen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV. Bezüglich der Sehnenscheidenentzündung am Fuß sei ein Zusammenhang mit einer beruflichen Exposition zu keinem Zeitpunkt dokumentiert. Hier sei ein wahrscheinlicher Zusammenhang mit dem Unfallereignis anzunehmen. Demnach liege keine Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV mit Wahrscheinlichkeit vor.
Der Kläger hat den Bericht der P. vom 12.02.2015 (Verdacht auf rheumatoide Arthritis) vorgelegt und Einwände gegen das Gutachten des Dr. O. erhoben. Er hat insbesondere ausgeführt, der Sachverständige habe nicht beachtet, dass er nach diversen ärztlichen Stellungnahmen aus den Jahren 2007 und 2008 keine Lasten zwischen 5 und 10 Kilogramm heben dürfe, nur noch unter drei Stunden täglich berufstätig sein könne und insbesondere seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit nicht mehr für zumutbar erachtet worden sei. Außerdem stelle die Berufsaufgabe ein Indiz für das Vorliegen einer Berufskrankheit dar. Im Übrigen habe der Sachverständige statt einer Tendovaginitis nur eine Tendopathie erwähnt. Außerdem sei aktenkundig, dass er schon im Dezember 1999 und August 2000 wegen eines Schulter/Arm-Syndroms und am 23.02.2004 wegen Beschwerden der oberen Extremitäten vorstellig gewesen sei. Dass die Beschwerden am rechten Fuß nicht unfallbedingt seien, ergebe sich daraus, dass er dieselben Beschwerden inzwischen am linken Fuß habe.
Der Berichterstatter hat unter dem 30.07.2015 gegenüber dem Kläger angeregt, die Berufung zurückzunehmen. Er hat darauf hingewiesen, dass das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen könne, die dadurch verursacht würden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführe, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden sei. Nach derzeitiger Sachlage werde dieser Rechtsstreit für geeignet erachtet, bei Fortführung der Berufung durch den Kläger von der Auferlegung von Missbrauchskosten Gebrauch zu machen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerechte Berufung des Klägers ist erfolglos.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Gerichtsbescheides des SG vom 27.02.2014. Der Kläger erstrebt nach richtiger Auslegung seines Klagebegehrens neben der Aufhebung dieses Gerichtsbescheides die Aufhebung des Bescheides vom 15.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2011 und die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV und zur Gewährung von Entschädigungsleistungen. Diese prozessualen Ziele verfolgt der Kläger gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, Abs. 4 SGG mit der kombinierten Anfechtungs-, Leistungs- und Verpflichtungsklage.
Das SG hat zu Recht die Beklagte nicht dazu verurteilt, die Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV festzustellen und Entschädigungsleistungen zu gewähren.
Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Entschädigungsleistungen begehrt, ist seine Klage schon unzulässig und damit die Berufung unbegründet. Denn die Beklagte hat nur über die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV, nicht aber über die Gewährung von Entschädigungsleistungen eine Entscheidung getroffen, so dass es in dieser Hinsicht an einem - einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage zwingend vorgeschalteten - Verwaltungsverfahren fehlt.
Soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV begehrt, ist die Klage und damit auch die Berufung unbegründet.
Rechtsgrundlage für die Feststellung einer Berufskrankheit ist § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), wonach Berufskrankheiten Krankheiten sind, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII wird die Bundesregierung ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist für die Feststellung einer Listen-Berufskrankheit erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Verrichtung, die Einwirkungen und die Krankheit im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - juris Rz. 12 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 25/10 R - juris; BSG, Urteil vom 15.09.2011 - B 2 U 22/10 R - juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R - juris; BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - juris).
Als Berufskrankheit sind bezeichnet in Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Vorliegend ist es nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die bei den Verrichtungen des Klägers vom 12.08.1996 bis zum 30.12.2008 bei der Firma A. GmbH als Verpacker sowie Lager- und Versandmitarbeiter erfolgten Einwirkungen dessen Erkrankungen an den oberen und unteren Extremitäten verursacht haben. Mithin fehlt es an der haftungsbegründenden Kausalität zwischen Einwirkungen und Erkrankung.
Es sind bereits die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Vorliegen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV nicht gegeben.
Dies ergibt sich aus der Stellungnahme des Präventionsdienstes der Beklagten vom 21.01.2011, wonach es sich bei der beruflichen Tätigkeit des Klägers nicht um repetitive Einwirkungen im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV gehandelt hat.
Der Tatbestand der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV definiert die Merkmale der erforderlichen beruflichen Einwirkungen nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG verletzt der Umstand, dass Rechtsbegriffe in der Definition einer Berufskrankheit auslegungsbedürftig und -fähig sind, nicht das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot. Vielmehr ist es Aufgabe der Versicherungsträger und Gerichte, unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien sowie anhand der Vorgaben des vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Ärztlichen Merkblatts zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV, die für diese Berufskrankheit vorausgesetzten beruflichen Einwirkungen näher zu konkretisieren. Solchen Merkblättern kommt zwar keine rechtliche Verbindlichkeit zu, sie sind allerdings als Interpretationshilfe und zur Wiedergabe des bei seiner Herausgabe aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstands heranzuziehen (BSG, Urteil vom 04.07.2013 - B 2 U 11/12 R - juris Rz. 12-14 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 18.11.2008 - B 2 U 14/08 R - juris; BSG, Urteil vom 12.04.2005 - B 2 U 6/04 R - juris; BSG, Urteil vom 18.08.2004 - B 8 KN 1/03 U R - juris; BSG, Urteil vom 18.03.2003 - B 2 U 13/02 R - juris; BSG, Urteil vom 23.03.1999 - B 2 U 12/98 R - juris)
Nach dem Ärztlichen Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV sind für diese Berufskrankheit eine einseitige langdauernde mechanische Beanspruchung und ungewohnte Arbeiten aller Art bei fehlender oder gestörter Anpassung ursächlich. Hierunter sind nach der unfallmedizinischen Fachliteratur kurzzyklische, repetitive, feinmotorische Handtätigkeiten mit sehr hoher Bewegungsfrequenz von mindestens 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde (wie zum Beispiel beim Maschinenschreiben und Klavierspielen), hochfrequente, gleichförmige, feinmotorische Tätigkeiten bei unphysiologischer, achsenungünstiger Auslenkung des Handgelenks (wie zum Beispiel beim Stricken, Handnähen, Stopfen und Verwenden von Tastatur und Maus als Eingabegerät des PC), repetitive Manipulationen mit statischen und dynamischen Anteilen mit hoher Auslenkung des Handgelenks bei gleichzeitig hoher Kraftanwendung (wie zum Beispiel beim Drehen, Montieren, Bügeln oder Obstpflücken), forcierte Dorsalextension der Hand (wie zum Beispiel Rückhandschlag beim Tennis, Hämmern) oder monoton wiederholte oder plötzlich einsetzende Aus- und Einwärtsdrehungen der Hand und des Vorderarmes (zum Beispiel beim Betätigen eines Schraubendrehers) zu fassen, wobei die tägliche Einwirkungsdauer mindestens 3 Stunden und die Gesamtbelastungszeit in der Regel 5 Jahre betragen sollte. Dabei gilt, dass eine Aufsummierung dieser ganz unterschiedlichen Belastungen und Beanspruchungen nicht möglich ist (Anmerkungen zum Ärztlichen Merkblatt, Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, M 2101, Anm. 4.1 und 4.3; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 1165 und 1166). Da der organisch und funktionell gesunde Bewegungsapparat durchschnittlichen und sogar hohen Berufsbelastungen weitgehend gewachsen ist, sind zur Krankheitsverursachung repetitive Arbeitsverrichtungen mit statischen und dynamischen Anteilen, bei denen eine einseitige, von der Ruhestellung stark abweichende Haltung der Gliedmaßen erforderlich ist, zu verlangen. Ferner muss es sich um kurzzyklische, immer wiederkehrende Bewegungsabläufe handeln, bei denen im Handbereich die gleichen Muskeln und Sehnen unter gleichartiger Belastung betätigt werden. Dabei ist insbesondere eine sich ständig wiederholende Zugbeanspruchung der Sehnenansätze erforderlich. In Betracht kommen auch solche repetitiven Arbeitsverrichtungen, bei denen eine wiederholte grobe Kraftanwendung bei hoher Auslenkung des Handgelenks im Sinne einer unphysiologischen Haltung erforderlich ist (Hessisches LSG, Urteil vom 29.10.2013 - L 3 U 28/10 - juris).
Von diesen Vorgaben ausgehend hat der Präventionsdienst der Beklagten zur Überzeugung des erkennenden Senats dargelegt und begründet, dass die vom Kläger ausgeübte berufliche Tätigkeit nicht als wesentliche (Mit-)Ursache für die Entstehung seiner Erkrankungen an den oberen und unteren Extremitäten anzuerkennen ist. Der Präventionsdienst ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass repetitive, kurzzyklische, feinmotorische Handtätigkeiten mit 3 Bewegungsabläufen pro Sekunde nicht erreicht worden sind und die repetitiven Bewegungsabläufe einen zeitlichen Anteil von mehr als 3 Stunden pro Tag nicht erreicht haben. Auch handelt es sich bei den vom Kläger verrichteten Tätigkeiten weder um solche bei unphysiologischer, achsenungünstiger Auslenkung des Handgelenks, noch um solche mit hoher Auslenkung des Handgelenks bei gleichzeitig hoher Kraftanwendung, forcierter Dorsalextension der Hand oder mit monoton wiederholten oder plötzlich einsetzenden Aus- und Einwärtsdrehungen der Hand und des Vorderarmes, so dass die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV nicht erfüllt sind, was im Übrigen auch Dr. O. in seinem Gutachten vom 09.04.2015 bestätigt hat. Er hat dargelegt, dass Bewegungsabläufe, die als Belastungsparameter zu biomechanisch relevanten Beanspruchungen im Sinne der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV führen, beim Kläger nicht vorgelegen haben.
Beim Kläger sind aber auch die sogenannten medizinischen Voraussetzungen für das Vorliegen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV nicht gegeben. Das Vorliegen einer durch die berufliche Tätigkeit verursachten Erkrankung der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen- oder Muskelansätze ist nicht hinreichend wahrscheinlich.
Nach dem Ärztlichen Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV sind von dieser Berufskrankheit die Krankheitsbilder Paratenonitis (Tendovaginitis) crepitans, Periostosen an den Sehnenansätzen (Epicondylitis und Styloiditis) sowie Tendovaginitis stenosans erfasst. Ferner ist ein zeitnahes Auftreten der ersten Beschwerden zur Aufnahme der gefährdenden Tätigkeit beziehungsweise zur Umstellungsphase einer Tätigkeit (innerhalb des ersten halben Jahres) erforderlich.
Zwar hat eine Auswertung der Aktenlage ergeben, dass beim Kläger in den Jahren 2007 und 2008 Diagnosen im Sinne einer Epicondylitis humeri radialis rechts sowie im Jahr 2007 eine Sehnenscheiden- und Sehnenentzündung am rechten Fuß vorgelegen haben. Allerdings liegt seit Januar 2008 keine entsprechende Diagnose oder Befunderhebung mehr vor. Vielmehr sind ab 04.01.2008 nur noch Diagnosen auf dem psychiatrischen Fachgebiet aktenkundig. Den Umstand, dass die Gesundheitsstörungen an den oberen Extremitäten erstmalig 10 Jahre nach Beginn der vom Kläger angeschuldigten beruflichen Tätigkeit aufgetreten sind und eine Verschlechterung in dem zu beurteilenden Zeitraum nicht dokumentiert ist, hat Dr. O. in seinem auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers eingeholten Gutachten vom 09.04.2015 zutreffend zum Anlass genommen, einen ursächlichen Zusammenhang der Epicondylitis humeri radialis rechts mit der beruflichen Tätigkeit zu verneinen. Er hat ferner völlig zu Recht dargelegt, dass ab Januar 2008 von einer Besserung auszugehen ist und es daher unwahrscheinlich ist, dass die Erkrankungen der Sehnenscheiden und der Sehnenansätze durch schädigende Einwirkungen der Erwerbstätigkeit hervorgerufen oder verschlimmert worden sind. Der Sachverständige hat dabei zutreffend dargelegt, dass das im Ärztlichen Merkblatt zur Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV geforderte Sechs-Monats-Kriterium nach Aufnahme der Tätigkeit als spätester Beginn von arbeitsbedingten Beschwerden vorliegend nicht erfüllt ist, da der Kläger erste Beschwerden von Seiten der Hand erst 10 Jahre nach der angeschuldigten beruflichen Tätigkeit gehabt hat. Nichts anderes gilt für die Sehnenscheidenentzündung am rechten Fuß, zumal nach der zutreffenden Einschätzung des Dr. O. hier ein wahrscheinlicher Zusammenhang mit dem Unfallereignis aus dem Jahr 1997 anzunehmen ist.
Nach alledem liegen weder die sogenannten arbeitstechnischen noch die sogenannten medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV vor. Die Beklagte hat daher zu Recht mit Bescheid vom 15.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2011 die Feststellung der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV abgelehnt. Der mit der Berufung angegriffene Gerichtsbescheid des SG vom 27.02.2014 ist mithin rechtmäßig. Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Kosten und baren Auslagen des Klägers für das von Dr. O. nach § 109 SGG erstattete Gutachten vom 09.04.2015 werden nicht auf die Staatskasse übernommen, da hierdurch die Sachverhaltsaufklärung nicht wesentlich gefördert worden ist und es daher auch keine wesentliche Bedeutung für die gerichtliche Entscheidung gewonnen hat. Denn dieses Gutachten hat - wie oben bereits dargelegt - lediglich die von der Beklagten bereits getroffene Entscheidung bestätigt. Hinzu kommt, dass bereits die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen zu verneinen waren, so dass es auf das Vorliegen der sogenannten medizinischen Voraussetzungen nicht mehr ankam.
Die Entscheidung über die Missbrauchskosten ergibt sich aus §§ 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2, Satz 3, 184 Abs. 2 SGG. Danach kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Dem Beteiligten steht sein Vertreter oder Bevollmächtigter gleich. Als verursachter Kostenbeitrag gilt dabei mindestens der Betrag in Höhe von 225,00 Euro. Als darüber hinausgehender Betrag kann die Hälfte der von der Beklagten nach § 184 Abs. 2 SGG zu entrichtenden Pauschgebühr in Höhe von 225,00 Euro für das Verfahren vor dem LSG, also 112,50 Euro, auferlegt werden, denn nach § 186 Satz 1 SGG wäre die Pauschgebühr im Falle einer Erledigung des Rechtsstreits ohne Urteil auf die Hälfte ermäßigt worden. Bei verständigem Handeln wären diese Kosten daher ebenfalls vermeidbar gewesen. Sie sind zusätzlich als Missbrauchskosten zu erstatten (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.08.2013 - L 22 R 317/12, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 27.04.1994 - 10 RAr 10/93 - juris).
Missbrauch ist anzunehmen, wenn die Rechtsverfolgung von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden muss. Dabei ist von einem Rechtsanwalt zu verlangen, dass er sich mit der Materie auseinandersetzt, die Rechtsprechung zu den aufgeworfenen Fragen prüft und die Erfolgsaussichten eingehend abwägt (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 03.07.1995 - 2 BvR 1379/95 - juris). Die Berufung des Klägers wäre erfolgreich gewesen, wenn sich die sogenannten arbeitstechnischen und medizinischen Voraussetzungen der Berufskrankheit nach Nr. 2101 der Anlage 1 zur BKV hätten feststellen lassen. Der Kläger ist vorliegend über seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt zunächst unter dem 07.07.2014 und 20.11.2014 auf das Nichtvorliegen der sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen hingewiesen worden. Die dennoch vom Kläger zu den sogenannten medizinischen Voraussetzungen nach § 109 SGG beantragten Ermittlungen sind vom Senat vorgenommen worden. Als Ergebnis dessen ist dem Kläger unter dem 13.04.2015 mitgeteilt worden, dass seine Berufung weiterhin nicht erfolgreich sein dürfte. Er ist ferner unter dem 30.07.2015 auf die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung und die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden. Daraufhin ist vom Kläger nichts Wesentliches vorgetragen worden. Damit müsste jedem Einsichtigen - insbesondere einem den Kläger vertretenden Rechtsanwalt, der die Beweissituation einzuschätzen hat - einleuchten, dass der Rechtsstreit für den Kläger nicht erfolgreich sein kann. Diese Beweissituation zu missachten, weist auf ein hohes Maß an Uneinsichtigkeit hin. In Kenntnis dessen, den Rechtsstreit fortzuführen, stellt sich dies mithin als missbräuchlich dar.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG gegeben ist.
Rechtskraft
Aus
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