L 11 EG 1629/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 EG 43/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 EG 1629/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.03.2015 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung und Rückforderung von bewilligtem Elterngeld.

Die Klägerin beantragte am 08.01.2008 für ihren am 14.12.2008 in R. A. geborenen Sohn D.-E. Elterngeld bei der Beklagten. Im Antragsformular gab sie für sich eine Adresse in D-. R. an. Zudem kreuzte sie an, dass sie ihren Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt seit Geburt in Deutschland habe. Mit Telefax vom 21.01.2008 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie nach L. umgezogen sei.

Mit Bescheid vom 10.03.2008 bewilligte die Beklagte der Klägerin Elterngeld für D.-E. für den Zeitraum vom 14.12.2007 bis 13.12.2008 iHv 300 EUR monatlich. Im Bescheid wurde ausgeführt, dass Änderungen der für den Anspruch auf Elterngeld maßgeblichen Voraussetzungen sowie Anschriften- und Kontoänderungen unverzüglich mitzuteilen seien. Die Beklagte zahlte sämtliche Monatsbeträge, insgesamt 3.600 EUR, aus.

Das Sozialgericht Freiburg teilte der Beklagten mit Schreiben vom 25.01.2011 mit, dass ein Rechtsstreit der Klägerin wegen der Rückforderung von Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.08.2007 bis 15.05.2008 anhängig sei. Das Jobcenter Landkreis L. vertrete die Auffassung, dass die Klägerin am 01.08.2007 nach R./A. in die Schweiz verzogen sei. In der Folgezeit erkundigte sich die Beklagte mehrfach beim SG zum Verfahrensstand. Das Sozialgericht übersandte mit Schreiben vom 27.04.2011 eine Auskunft der Stadt R. (Schweiz), wonach die Klägerin seit dem 01.08.2007 dort angemeldet sei und bis 30.04.2008 mit ihrem Mann und dem Kind zusammen bei den Schwiegereltern gewohnt habe. Seit Mai 2008 hätten sie eine eigene Wohnung. Das Sozialgericht teilte mit, dass beabsichtigt sei, das Verfahren auszusetzen, bis die Schweizer Behörden den Sachverhalt verbindlich festgestellt und entschieden hätten.

Auf erneute Anfrage der Beklagten teilte das Sozialgericht mit Schreiben vom 04.02.2014 mit, dass die Klägerin sich mit dem Jobcenter vergleichsweise geeinigt hätte. Von der Klägerin seien lediglich die gezahlten Leistungen für die Zeit vom 01.01.2008 bis 28.02.2009 zu erstatten.

Mit Bescheid vom 20.02.2014 hob die Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 10.03.2008 auf und machte einen Erstattungsbetrag iHv 3.600 EUR geltend. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 06.03.2014 Widerspruch ein und machte "insbesondere die Verjährung" als Begründung geltend. Mit Schreiben vom 20.03.2014 hörte die Beklagte die Klägerin mit ausführlichen Darlegungen zur Sach- und Rechtslage bezüglich der Aufhebung und Rückforderung an. Eine Stellungnahme der Klägerin und des zwischenzeitlich beauftragten Klägerbevollmächtigten ging nicht ein. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2014 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin seit dem 01.08.2007 in R. A. in der Schweiz gemeldet gewesen sei und ab dem 01.02.2008 in der Schweiz Sozialhilfe bezogen habe. Ein fester Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland sei nicht erkennbar. Da der Wohnsitz in der Schweiz im Antragsformular nicht angegeben worden sei, seien die Angaben zumindest unvollständig gewesen. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen. Deshalb könne der Bewilligungsbescheid gemäß § 45 SGB X aufgehoben werden. Nach Abwägung aller Umstände, sei die Aufhebung auch nicht unverhältnismäßig. Da ein Betrag iHv 3.600 EUR zu Unrecht gezahlt worden sei, sei dieser gem § 50 SGB X von der Klägerin zu erstatten.

Am 26.05.2014 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Freiburg erhoben. Dieses hat den Rechtsstreit an das Sozialgericht Karlsruhe (SG) verwiesen. Die Klägerin hat die Klage nicht begründet.

Mit Urteil vom 16.03.2015 hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass die Klägerin zumindest seit dem 01.12.2007 und damit vor Beginn des Bewilligungszeitraums des Elterngelds ihren Wohnsitz in der Schweiz gehabt habe. Auch sei kein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland begründet worden. Die Bewilligung von Elterngeld beruhe auf Angaben, welche die Klägerin zumindest grob fahrlässig in wesentlichen Beziehungen unrichtig gemacht habe. Sie habe in dem Antrag auf Elterngeld einen Wohnsitz in Deutschland angegeben. Des Weiteren habe die Klägerin die Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Elterngeld zumindest infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Folglich seien die Voraussetzungen zur Rücknahme des Bewilligungsbescheides gemäß § 45 SGB X erfüllt. Die Fristen des § 45 SGB X habe die Beklagte gewahrt und das ihr zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Die Erstattungsforderung i.H.v. 3600 EUR ergebe sich aus § 50 SGB X.

Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 25.03.2015 zugestellte Urteil hat dieser am 24.04.2015 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Die Berufung hat er trotz mehrfacher Erinnerung nicht begründet.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 16.03.2015 sowie den Bescheid vom 20.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.04.2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten mit Schreiben vom 30.07.2015 darauf hingewiesen, dass der Senat nach § 153 Abs 4 SGG die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen kann, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind darauf aufmerksam gemacht worden, dass diese Verfahrensweise aufgrund des derzeitigen Sach- und Streitstandes beabsichtigt ist. Die Beklagte hat sich mit einer solchen Entscheidung einverstanden erklärt. Die Klägerin hat nicht Stellung genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Der Senat weist die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter gemäß § 153 Abs 4 SGG zurück, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, da der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20.02.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.04.2014 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.

Der Senat sieht von einer weiteren eingehenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab, weil er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs 2 SGG).

Ergänzend wird ausgeführt, dass im Widerspruchsbescheid vom 23.04.2014 zwar das Wort "Ermessen" nicht erwähnt wird. Die Verwendung des Begriffs "Ermessen" ist allerdings kein unverzichtbares Element der Begründung eines Verwaltungsakts, welcher die Ermessensbetätigung und die hierfür maßgeblichen Gesichtspunkte lediglich "erkennen lassen" muss (BSG 11.02.2015, B 13 R 15/13 R, juris). Die Ausführungen im Widerspruchsbescheid zeigen jedoch deutlich, dass der Beklagten bewusst war eine Ermessensentscheidung treffen zu müssen und sie eine solche auch getroffen hat. Denn sie hat eine "Abwägung aller Umstände" vorgenommen und im Rahmen dieser Abwägung begründet, weshalb das öffentliche Interesse an einer Aufhebung des rechtswidrigen Bewilligungsbescheides das private Interesse der Klägerin, das ausbezahlte Geld behalten zu dürfen, überwiegt. Im Übrigen ist der Senat der Auffassung, dass angesichts des Sachverhalts jede andere Entscheidung als die Aufhebung der rechtswidrigen Bewilligung ermessensfehlerhaft gewesen wäre und somit ein Fall der Ermessensreduzierung "auf Null" vorliegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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