L 3 AL 3727/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AL 6575/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 3727/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des dem Kläger ab dem 1.8.2011 zu gewährenden Arbeitslosengeldes streitig.

Der im Jahr 1959 geborene, verheiratete Kläger, in dessen Lohnsteuerkarte für die Zeit ab dem 1.8.2011 die Lohnsteuerklasse 3 und 1,0 Kinderfreibeträge eingetragen waren, war vom 1.3.2004 - 30.6.2007 bei der A. B. GmbH & Co. KG, C., vom 19.6.2007 - 31.8.2009 bei der D. AG, E., und vom 1.9.2009 - 31.7.2011 bei der F. AG, E., jeweils als Verkehrsflugzeugführer beschäftigt.

Am 5.5.2011 meldete sich der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung zum 1.8.2011 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Er legte eine Bescheinigung der G. - Direktion für Arbeit, Arbeitsmarkt/Arbeitslosenversicherung vom 11.7.2011 vor, in der Versicherungszeiten vom 17.6.2007 - 31.8.2009 und vom 1.9.2009 - 31.7.2011 bescheinigt wurden, und eine Lohnabrechnung der F. AG für Juli 2011 vor, nach der er einen Bruttolohn von 10.300,- Schweizer Franken (CHF) monatlich bezogen hat, aus dem Beiträge zur Arbeitslosenversicherung im Umfang von 1,1 % abgeführt worden sind. Im "Prüfbogen Grenzgänger" gab der Kläger an, während der Beschäftigung nicht täglich, sondern alle 10 - 14 Tage in die Bundesrepublik zurückgekehrt zu sein. Zum 1.4.2012 nahm der Kläger eine Beschäftigung als Flugkapitän bei der Stuttgarter Flugdienst GmbH auf.

Mit Bescheid vom 22.8.2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 1.8.2011 von 75,24 EUR täglich für die Dauer von 450 Kalendertagen. Die Beklagte berücksichtigte hierbei ein tägliches Bemessungsentgelt von 180,82 EUR, die Lohnsteuerklasse 3 (Lohnsteuertabelle 2011) und den erhöhten Leistungssatz von 67 %. Mit Änderungsbescheid vom 23.8.2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 1.9.2011 von 67,38 EUR täglich und hob den Bescheid vom 22.8.2011 insofern teilweise auf. Zur Begründung führte sie aus, ab dem 1.9.2011 werde kein Kind mehr steuerlich berücksichtigt, der Leistungssatz betrage daher nur noch 60 % des Leistungsentgelts.

Zur Begründung seines gegen die Bewilligungsbescheide erhobenen Widerspruchs brachte der Kläger vor, sein Bruttoeinkommen aus der Tätigkeit in der Schweiz sei in der schweizerischen Arbeitslosenversicherung in voller Höhe versicherungspflichtig. Die Beklagte habe bei der Leistungsbewilligung nicht das gesamte beitragspflichtige Arbeitsentgelt zugrunde gelegt, da sie die in Deutschland gültige Beitragsbemessungsgrenze von 5.500,- EUR angelegt habe. In Ansehung der Währungsumrechnung sei bei der Leistungsgewährung hiernach ein Bemessungsentgelt von 260,91 EUR (10.300,- CHF x 12 Monate = 123.600,- CHF / 1,2977 = 95.245,43 EUR / 365 Tage) einzustellen, woraus sich ein Leistungsentgelt von 146,69 EUR und ein Leistungssatz von 98,28 EUR täglich ergebe. Ferner sei sein Sohn weiterhin zu berücksichtigen, da dieser weiterhin die Schule besuche und deswegen Kindergeld gewährt werde.

Mit weiteren Änderungsbescheiden vom 19.9.2011 und vom 26.10.2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegversicherung. Im Übrigen bewilligte sie im Bescheid vom 26.10.2011 Arbeitslosengeld auch ab dem 1.9.2011 unter Berücksichtigung des erhöhten Leistungssatzes von 67 % von 75,24 EUR täglich, da der Sohn des Klägers steuerlich zu berücksichtigen sei. Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.10.2011 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Bemessungszeitraum umfasse die Entgeltzeiträume vom 1.8.2010 - 31.7.2011. In dieser Zeit sei ein Bruttoarbeitsentgelt von monatlich 10.300,- CHF, umgerechnet 7.936,89 EUR, erzielt worden. Dieses sei jedoch, wie in Deutschland erzieltes Einkommen, nur bis zur Höhe der Beitragsbemessungsgrenze von 5.500,- EUR zu berücksichtigen, so dass bei der Leistungsbewilligung ein Arbeitsentgelt von 66.000,- EUR jährlich einzustellen sei. Hieraus ergebe sich ein durchschnittliches tägliches Bemessungsentgelt von 180,82 EUR, das, nach Abzug der pauschalierten Abzugsbeträge sowie unter Berücksichtigung der Steuerklasse 3 und Kinderfreibeträge, ein Leistungsentgelt von täglich 75,24 EUR errechne.

Hiergegen hat der Kläger am 23.11.2011 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, nach den Durchführungsanweisungen der Beklagten "DA Schweiz" (Nr. 1.1 Abs. 2) gelte Art. 7 Abs. 1 des Deutsch-Schweizerischen Abkommens vom 20.10.1982 über die Arbeitslosenversicherung fort. Nach dieser Regelung seien Zeiten einer beitragspflichtigen unselbständigen Beschäftigung so berücksichtigt, als wären sie nach den Rechtsvorschriften des Vertragsstaates zurückgelegt worden. Zwar habe die Beklagte dies so - zutreffend - angewandt, indes richte sich die Bemessung der Leistung in Fällen, in denen keine deutschen Vorbeschäftigungszeiten zu berücksichtigen seien, nach Art. 7 Abs. 2 des Abkommens nach EU-Recht, das ebenso wie die "DA Schweiz" der Beklagten eine Begrenzung auf die in Deutschland geltende Beitragsbemessungsgrenze nicht vorsehe, weswegen der tatsächlich erzielte Verdienst von 10.300,- CHF zu berücksichtigen sei. Eine Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze sei vorliegend auch unbillig, da der Kläger in der Schweiz Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entsprechend seinem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt entrichtet habe.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat hierzu vorgebracht, aus den klägerseits angeführten Dienstanweisungen gehe klar hervor, dass die deutschen Bemessungsvorschriften, einschließlich der Beitragsbemessungsgrenzen, anzuwenden seien. Sie hat hierzu Auszüge ihres Merkblatts 20 sowie die "DA Recht der EU" und die Geschäftsanweisung "Internationales Recht der Arbeitslosenversicherung Schweiz" vorgelegt.

Nachdem der Kläger der Beklagten mitgeteilt hatte, freiberuflich als sog. Freelancer tätig zu sein, hat die Beklagte auf eine Benennung der konkreten Daten durch den Kläger, an denen dieser tätig gewesen ist, mit Änderungsbescheid vom 7.12.2011 die Bewilligung von Arbeitslosengelt tageweise für den 5. und 6.8.2011, den 16.9.2011, den 6., 8., 14.,21.,25. und 28.10.2011 sowie für den 3., 4. und 9.11.2011 aufgehoben.

Mit Urteil vom 23.7.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, dass nach Art. 8 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21.6.1999 die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Anhang II des Abkommens geregelt sei. Nach Abschnitt A 1. des Anhangs II des Abkommens sei zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und zur Festlegung des Inhalts seit dem 1.4.2012 die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 heranzuziehen. Nach Art. 62 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 habe der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften bei der Berechnung der Leistungen die Höhe des früheren Entgelts oder Erwerbseinkommens zugrunde zu legen ist, ausschließlich das Entgelt oder Erwerbseinkommen zu berücksichtigen, das die betreffende Person während ihrer letzten Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit nach diesen Rechtsvorschriften erhalten habe. Darüber hinaus stelle, so das SG weiter, Art. 62 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zugleich klar, dass der Leistungsträger bei der Berechnung der Leistungen auf die Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaates abzustellen habe. Dies gelte nach Art. 68 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 gleichermaßen für die Zeit vor dem 1.4.2012. Dies führe dazu, dass bei der Berechnung der Höhe des Arbeitslosengeldes dasjenige Bruttoarbeitsentgelt zugrunde zu legen sei, das der Kläger in der Schweiz erzielt habe, d.h. 10.300,- CHF, die in 7.936,89 EUR umzurechnen gewesen seien, jedoch die nach deutschem Recht geltende Beitragsbemessungsgrenze von 5.500,- EUR anzulegen sei. Die Tatsache, dass der Kläger in der Schweiz Sozialversicherungsbeiträge von seinem gesamten Bruttoeinkommen, also der 10.300,- CHF, gezahlt habe, ändere hieran nichts, da es Sinn und Zweck der europarechtlichen Vorschriften sei, eine Benachteiligung von Arbeitnehmern, die von ihrem Freizügigkeitsrecht Gebrauch machten, auszuschließen. Dies stehe nach der vorliegenden Auslegung nicht zu befürchten, da diejenigen Rechtsvorschriften Anwendung fänden, die in demjenigen Mitgliedstaat, in dem Leistungen beantragt seien, gälten.

Gegen das ihm am 4.8.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.8.2014 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, entgegen den Ausführungen des SG ergebe sich weder aus Art. 62 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 noch aus Art. 68 Abs. 1 der Verordnung (EWG) 1408/71, dass bei der Bemessung des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengeldes die nach deutschem Recht geltende Beitragsbemessungsgrenze anzulegen sei. Vielmehr habe das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass das Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung des Entgelts zu berechnen sei, das der Arbeitnehmer während der letzten Beschäftigung in dem Mitgliedsstaat erhalten habe, in dem er unmittelbar vor Eintritt der Arbeitslosigkeit beschäftigt gewesen sei. Auch der Europäische Gerichtshof habe ausschließlich auf das Entgelt abgestellt, das zuletzt erzielt worden sei. Dies seien vorliegend 10.300,- CHF bzw. 7.936,89 EUR. Die Anlegung der Beitragsbemessungsgrenze führe dazu, die Mobilität von Arbeitskräften zu beeinträchtigen. Im Übrigen habe er in der Schweiz Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von 87,31 EUR monatlich entrichtet (1,1 % aus 7.936,89 EUR) während er in Deutschland nur solche von 82,50 EUR monatlich zu entrichten gewesen wären (hälftiger Beitragssatz von 1,5 % aus 5.500,- EUR). Schließlich hätte er in der Schweiz Arbeitslosentagegeld von 131,09 EUR täglich für 400 Tage beziehen können, wohingegen er in Deutschland nur 75,24 EUR täglich erhalte. Diese Benachteiligung gelte es dadurch zu vermindern, dass die Beitragsbemessungsgrenze nicht anzuwenden sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Juli 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22. August 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 7. Dezember 2011 zu verurteilen, ihm ab dem 1. August 2011 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines monatlichen Bruttogehalts von 10.300,- CHF zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil. Ergänzend bringt sie vor, Art 62 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 bestimme, dass der zuständige Träger eines Mitgliedsstaates, nach dessen Rechtsvorschriften die Höhe des früheren Entgelts zu berechnen sei, ausschließlich das Entgelt oder Erwerbseinkommen, das die betreffende Person nach diesen Rechtsvorschriften erhalten habe. Diese - deutschen - Rechtsvorschriften schlössen auch die Regelungen zur Beitragsbemessungsgrenze ein.

Mit Schriftsatz vom 11.6.2015 hat die Beklagte, mit solchem vom 16.6.2015 der Kläger das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten für den Kläger geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung, über die der Senat nach dem erteilten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, führt jedoch für den Kläger inhaltlich nicht zum Erfolg. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung höheren Arbeitslosengeldes.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 22.8.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.10.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 7.12.2011. Der Bescheid vom 23.8.2011, mit dem der Bewilligungsbescheid vom 22.8.2011 teilweise ab dem 1.9.2011 aufgehoben wurde, hat sich dadurch, dass die Beklagte dem Kläger auch ab dem 1.9.2011 Arbeitslosengeld wieder im Umfang des erhöhten Leistungssatzes bewilligt hat, i.S.d. § 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch erledigt. Der Bescheid vom 19.9.2011, mit dem die Beklagte dem Kläger Beiträge zur privaten Kranken- und Pflegversicherung bewilligt hat, hat keine Entscheidung betr. den Arbeitslosengeldanspruch zum Inhalt, so dass er nicht Gegenstand des Verfahrens ist.

Obschon der Kläger mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) für die Zeit ab dem 1.8.2011 höheres Arbeitslosengeld einzig unter dem Aspekt der Nichtanwendung der Beitragsbemessungsgrenze begehrt, sind bei dem vom Kläger geführten Höhenstreit Grund und Höhe des Leistungsanspruchs in vollem Umfang zu überprüfen (vgl. BSG, Urteil vom 17.3.2015 - B 11 AL 12/14 R - m.w.N. veröffentlicht in juris).

Der Kläger hat ab dem 1.8.2011 Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit nach § 117 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) in der bis zum 31.3.2012 geltenden Fassung des RV-Altersanpassungsgesetzes vom 20.4.2007 (BGBl. I 554; a.F.), die nach § 422 SGB III für die (gesamte) Bewilligungsdauer anzuwenden ist. Der Kläger war ab dem 1.8.2011 arbeitslos i.S.d. § 119 Abs. 1 SGB III a.F. und hat sich am 5.5.2011 bei der Beklagten arbeitslos gemeldet (vgl. § 122 SGB III a.F.). Er hat auch die Anwartschaftszeit des § 123 SGB III a.F. erfüllt. Der Kläger hat zwar innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren (§ 124 Abs. 1 SGB III a.F.), die vorliegend bis zum 1.8.2009 zurückreicht, keine Versicherungszeit nach §§ 24 f. SGB III zurückgelegt, da er nicht im Geltungsbereich des SGB III beschäftigt war (vgl. § 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch [SGB IV]), jedoch sind Zeiten, in denen der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis in der Schweiz stand, zu berücksichtigen. Dies folgt vorliegend, anders als es das SG in der angefochtenen Entscheidung zu Grunde gelegt hat, nicht aus der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (VO 883/2004), da erst durch den Beschluss des Gemischten Ausschusses vom 31.3.2012 auf die VO 883/2004 Bezug genommen wurde und Sachverhalte mit Bezug zur Schweiz von ihr erst ab 1.4.2012 erfasst werden (vgl. Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24.10.2014 - L 12 AL 3721/13 -; Urteil des erkennenden Senats vom 19.10.2011 - L 3 AL 5476/10 - jew. veröffentlicht in juris). Vielmehr sind die vom Kläger in der Schweiz zurückgelegten Beschäftigungszeiten nach Art. 67 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14.6.1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO 1408/71) zu berücksichtigen. Zwar handelt es sich bei der Schweiz nicht um einen Mitgliedstaat, jedoch werden über das Abkommen zwischen der Schweizer Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit vom 21.6.1999 (in Kraft seit 1.6.2002) - Freizügigkeitsabkommen Schweiz - auch Sachverhalte mit Bezug zur Schweiz erfasst. Nach Art. 67 Abs. 1 VO 1408/71 berücksichtigt der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften der Erwerb, die Aufrechterhaltung oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig ist, soweit erforderlich, die Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten, die als Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt wurden, als handelte es sich um Versicherungszeiten, die nach den eigenen Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind. Dies führt dazu, dass die Beklagte die Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten, die der Kläger nach Schweizer Recht zurückgelegt hat, so zu berücksichtigen hat, als handelte es sich um Versicherungszeiten, die unter Geltung des SGB III zurückgelegt worden wären. Da diese vorliegend innerhalb der Rahmenfrist die erforderlichen 12 Monate (§ 123 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F.) übersteigen, hat der Kläger die Anwartschaftszeit erfüllt.

Das Arbeitslosengeld betrug gem. § 129 SGB III a.F. (und beträgt auch nach der aktuell geltenden Fassung des § 149 SGB III) für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 Einkommenssteuergesetz (EStG) haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegatte oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 EStG hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 % (erhöhter Leistungssatz) (§ 129 Nr. 1 SGB III a.F.), für die übrigen Arbeitslosen 60 % (allgemeiner Leistungssatz) (§ 129 Nr. 2 SGB III a.F.) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F.). Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III a.F.). Bemessungsentgelt ist gemäß § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Beitragspflichtige Einnahmen sind bei Personen, die beschäftigt sind, das Arbeitsentgelt (§ 342 SGB III a.F.), das bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt wird (§ 341 Abs. 3 Satz 1 SGB III). Diese belief sich in den Jahren 2010 und 2011 auf 66.000,- EUR jährlich, d.h. auf 5.500,- EUR monatlich (§ 341 Abs. 4 SGB III i.V.m. §§ 159, 160 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch). Hieraus folgt, dass sich das Bemessungsentgelt aus dem Bruttoarbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum aufgrund der versicherungspflichtigen Beschäftigung bis zur Beitragsbemessungsgrenze (§ 341 Abs. 1 SGB III) erzielt hat, errechnet.

Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Einkommen in der Schweiz erzielt wurde und dort vollständig, d.h. in Höhe von 10.300,- CHF (umgerechnet nach § 17a SGB IV: 7.936,89 EUR), mit einem Beitragssatz von 1,1 % zur dortigen Arbeitslosenversicherung verbeitragt wurde, ist das Einkommen des Klägers jenseits der Beitragsbemessungsgrenze von 5.500,- EUR monatlich nicht bei der Gewährung von Arbeitslosengeld zu berücksichtigen. Zwar fand sich in der VO 1408/71 keine Regelung zur Leistungsberechnung für Grenzgänger. Denn nach Art. 68 Abs. 1 Satz 1 VO 1408/71 galt nur, dass der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften bei der Berechnung der Leistungen die Höhe des früheren Entgelts zugrunde zu legen ist, ausschließlich das Entgelt, das der Arbeitslose während seiner letzten Beschäftigung im Gebiet dieses Staates erhalten hat, berücksichtigt. Nach der Rechtsprechung des EuGH war diese Vorschrift aber im Lichte des Art. 51 EWGV (jetzt Art. 48 AEUV) so auszulegen, dass für echte Grenzgänger der zuständige Wohnsitzstaat die Leistungen nach seinen nationalen Vorschriften, jedoch unter Zugrundelegung des im Beschäftigungsstaat zuletzt tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts zu berechnen hat (Europäischer Gerichtshof [EuGH], Urteil vom 28.2.1980 - 67/79 -; Urteil vom 1.10.1992 - C-201/91 - veröffentlicht in juris, siehe insb. Rn. 14). Diese Rechtsprechung spiegelt sich nunmehr in Art. 62 Abs. 3 VO 883/04, wonach der Träger des Wohnorts im Falle von Grenzgängern das Entgelt oder Erwerbseinkommen berücksichtigt, das die betreffende Person in dem Mitgliedsstaat erhalten hat, dessen Rechtsvorschriften während ihrer letzten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit galten, wieder. Dies zielt darauf ab, dass der Arbeitslose, gemessen an seinem im zuständigen Staat erzielten Arbeitsentgelt Leistungen bei Arbeitslosigkeit in angemessener Höhe erhält. Als Rechtsfolge hat der zuständige Träger des Wohnortstaats in diesem Falle zwar ausschließlich das Entgelt oder Erwerbseinkommen zu berücksichtigen, das der Betroffene während seiner letzten Beschäftigung oder selbständigen Erwerbstätigkeit nach den im Beschäftigungsstaat geltenden Rechtsvorschriften erwirtschaftet hat. Bei der Leistungsgewährung ist jedoch der Rechtsgedanke des Art. 71 Abs. 1 lit. a) ii) bzw. lit. b) ii) VO 1408/71 zu berücksichtigen. Danach erhalten Grenzgänger ebenso wie Arbeitnehmer, die nicht Grenzgänger sind und sich der Arbeitsverwaltung des Mitgliedstaats zur Verfügung stellen, in dessen Gebiet sie wohnen, oder in das Gebiet dieses Staates zurückkehren, bei Vollarbeitslosigkeit Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet sie wohnen, als ob während der letzten Beschäftigung die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats für sie gegolten hätten. Etwaige Begrenzungen des Anspruchs nach dem Recht des Wohnstaates sind daher, anders als solche des Beschäftigungsstaates, bei der Leistungsgewährung zu berücksichtigen. Dies ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des EuGH, wonach Art. 71 Abs. 1 lit. a) ii) bzw. lit. b) ii) VO 1408/71 "eindeutig" die Anwendung allein der Rechtsvorschriften des Wohnsitzstaats vorschreiben und damit Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaats ausschließen, was in dem dort entschiedenen Fall zur Folge hatte, dass der dort zuständige Wohnsitzstaat bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes zwar das im Beschäftigungsstaat erzielte Arbeitsentgelt, nicht aber die im Beschäftigungsstaat geltenden Obergrenzen zu berücksichtigen hatte (EuGH, Urteil vom 1.10.1992 - C-201/91 - veröffentlicht in juris, siehe insb. Rn. 16). Aus all dem folgt, dass vorliegend die nach deutschem Recht geltende Beitragsbemessungsgrenze auch auf die Einkünfte des Klägers aus seiner Beschäftigung in der Schweiz anzulegen ist (vgl. Fuchs in Gagel, SGB II/III, VO 883/04, Rn. 69; Greiser in Eicher/Schlegel, SGB III, Art. 62 VO 883/04, Rn. 17).

Mithin ist das dem Kläger zu gewährende Arbeitslosengeld ausgehend von einem beitragspflichtigen Arbeitsentgelt von 66.000,- EUR jährlich nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 180,82 EUR täglich zu gewähren. Nach Abzug der pauschalierten Abzüge des § 133 Abs. 1 Nrn. 1 - 3 SGB III a.F. von 37,97 EUR, der Sozialversicherungspauschale von 21 %, 28,96 EUR Lohnsteuer unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse 3 und 1,59 EUR Solidaritätszuschlag errechnet sich ein Leistungsentgelt von 112,30 EUR, welches bei einem einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigenden Kind zu einem (erhöhten) Leistungssatz von 75,24 EUR täglich führt.

In dieser Höhe hat die Beklagte dem Kläger mit den angefochtenen Bescheiden Arbeitslosengeld gewährt. Anspruch auf höhere Leistungen besteht nicht, so dass die Entscheidung des SG, die Klage abzuweisen, nicht zu beanstanden ist.

Die Berufung ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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