Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 KR 2401/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 4879/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21.03.2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Kläger im Klage- und Berufungsverfahren sowie die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten iHv 130,45 EUR für häusliche Krankenpflege vom 11.06.2010 bis 25.06.2010 durch einen ambulanten Pflegedienst.
Der am 01.09.1977 geborene Beigeladene ist bei der Beklagten krankenversichert, seit seiner Geburt schwer geistig behindert, leidet unter einer Tetraspastik und Epilepsie und lebt seit 15.10.2001 in der von dem A. L. e.V. (umbenannt von Behindertenhilfe L. e.V. - im Folgenden "Einrichtung") betriebenen Wohnanlage H ... Dabei handelt es sich um eine Einrichtung der Eingliederungshilfe nach §§ 53ff SGB XII. Die Einrichtung beschäftigt vornehmlich Mitarbeiter mit pädagogischer Ausbildung und keine Pflegefachkräfte. Der Beigeladene erhält vom Kläger Leistungen für die vollstationäre Unterbringung und für den Besuch der Werkstätte für Behinderte im Förder- und Betreuungsbereich. Die Beklagte zahlte im streitigen Zeitraum die Pflegepauschale von 256 EUR nach § 43a SGB XI. Beim Beigeladenen war Pflegestufe 3 anerkannt. Er wurde vom Kläger in Hilfebedarfsgruppe 5 eingestuft.
Nach § 2 des zwischen dem Beigeladenen und der Einrichtung geschlossenen Heimvertrages erbringt die Einrichtung folgende Leistungen: Überlassung von Wohnraum, Wäschepflege, Verpflegung, Betreuungsleistungen, Vermittlung ärztlicher und sonstiger Leistungen der Krankenversicherung, Barbetragsverwaltung, hygienischer Sachaufwand, Pflege und Erhaltung von Bekleidung und Schuhen, Bekleidung.
§ 6 des Heimvertrages regelt die Betreuungsleistungen auszugsweise wie folgt: "1. Die Einrichtung ist verpflichtet, dem Bewohner gegenüber bedarfsgerechte Betreuungsleistungen im Rahmen der Vereinbarungen mit dem Sozialhilfeträger nach §§ 75 ff SGB XII, der Landesrahmenverträge nach § 79 SGB XII, der §§ 53 ff SGB XII und der dort festgelegten Maßnahmen zu erbringen. Es handelt sich dabei um folgende Leistungstypen laut Rahmenvertrag nach § 79 SGB XII: 2.1 Stationäre Hilfe (Wohnen ohne tagesstrukturierendes Angebot) für geistig und/oder mehrfachbehinderte Erwachsene [ ] 3. Sofern der Bewohner Anspruch auf Pflegeversicherungsleistungen gemäß § 43a SGB XII hat, umfasst der Leistungsanspruch gegen die Einrichtung auch die Grundpflegeleistungen im Sinne des SGB XI."
In § 7 des Heimvertrages ist die Vermittlung ärztlicher und sonstiger Leistungen nach SGB V wie folgt geregelt: "1. Unter Wahrung der freien Arztwahl des Bewohners vermittelt die Einrichtung die erforderlichen ärztlichen Hilfen. [ ] 3. Absatz 1 und 2 gelten für alle anderen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, z.B. Behandlungspflegeleistungen, Heilmittel, Apothekenleistungen und Ähnlichem, sinngemäß."
Anlage 1 zum Heimvertrag sieht ua folgenden Leistungsausschluss vor: "Pflege und Betreuung für Bewohner, deren Gesundheitszustand sich so verändert hat, dass eine sachgerechte Betreuung in der Einrichtung nicht mehr möglich ist, zB wenn eine 24-Stunden medizinische Behandlungspflege erforderlich wird. Als Einrichtung der Eingliederungshilfe kann die ständige Präsenz einer spezialisierten Fachkraft für Behandlungspflege nicht zugesichert werden."
Am 14.06.2010 beantragte der Beigeladene unter Vorlage der Verordnung von Dr. S. & Kollegen vom 11.06.2010 bei der Beklagten häusliche Krankenpflege im Zeitraum vom 11.06.2010 bis 25.06.2010 zur Wundkontrolle und Versorgung nach der Operation eines Abszesses im linken Ohr. Die Sozialstation L. (im folgenden "Pflegedienst") führte in der Verordnung aus, dass der Patient behindert sei und den Verband immer wieder abreiße und stark blute.
Die häusliche Krankenpflege wurde in der Folgezeit vom Pflegedienst im Zeitraum vom 13.06.2010 bis 23.06.2010 erbracht. Der Pflegedienst stellte hierfür 130,40 EUR in Rechnung.
Im Telefonat vom 24.06.2010 und mit Bescheid vom 29.06.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf häusliche Krankenpflege ab. Zur Begründung führte sie aus, dass mit der Zahlung der Pauschale durch die Pflegekasse an die Einrichtung bzw an den Kläger die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen für soziale Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege abgegolten seien. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2011 zurück.
Der Kläger überwies am 12.04.2011 den Betrag an den Pflegedienst und übernahm mit Bescheid vom 28.06.2011 die Kosten für die häusliche Krankenpflege als nachrangiger Träger. Mit Schreiben vom 12.04.2011 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch geltend. Mit Schreiben vom 18.04.2011 lehnte die Beklagte den Erstattungsanspruch ab.
Gegen den Bescheid vom 29.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2011 hat der Kläger am 01.07.2011 unter Berufung auf § 95 SGB XII Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 21.03.2013 unter Aufhebung der Bescheide verurteilt, an den Kläger 130,45 EUR zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei der Wohnanlage handle es sich um einen geeigneten Ort im Sinne von § 37 Abs 2 SGB V. Die Behindertenhilfe schuldete nach dem Heimvertrag keine Behandlungspflege. Ein Pflegeheim gemäß § 71 Abs 4 SGB XI liege nicht vor. Die pauschale Vergütung der Pflegekasse gemäß § 43a SGB XI führe nicht zu einem Ausschluss des Anspruchs auf häusliche Krankenpflege. Die häusliche Krankenpflege für die Wundbehandlung sei erforderlich, um das Ziel der Krankenbehandlung zu sichern.
Gegen das ihr am 03.04.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt (L 11 KR 1829/13 NZB). Der Senat hat die Berufung zugelassen und das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Wohnanlage, in der der Beigeladene wohnt, kein geeigneter Ort im Sinne von § 37 SGB V sei. Versicherte, die in einer stationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen leben, würden dort Unterkunft und Verpflegung als Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten und deshalb in der Regel keinen eigenen Haushalt führen. Mit der pauschalen Leistung gemäß § 43a SGB XI seien die Pflegeleistungen, Betreuungsleistungen und Behandlungspflegeleistungen abgegolten. Die Einrichtung biete die Förderung, Begleitung und Unterstützung in verschiedenen Bereichen an, insbesondere bei der individuellen Lebensgestaltung, bei der sozialen Lebensgestaltung, im psychischen Bereich, im pflegerischen Bereich und im medizinischen Bereich. Bei der strittigen Leistung habe es sich um einen Pflasterverband gehandelt, einer Fachkraft bedürfe es dabei nicht. Der Ausschluss von Behandlungspflege im Heimvertrag könne als Vertrag zulasten Dritter keine Wirkung bezüglich der Beklagten entfalten.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21.03.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Einrichtung lediglich die Leistungen der Krankenversicherung vermittle und insbesondere Behandlungspflege nicht selbst durchführe. Zudem decke die Pauschale der Pflegekasse iHv 256 EUR nicht die medizinische Behandlungspflege ab. Dies ergebe sich auch schon aus der Höhe der Pauschale. Der Anspruch auf medizinische Behandlungspflege gegenüber der Einrichtung hänge nicht davon ab, ob der Beigeladene Leistungen von der Pflegekasse erhält. Da der Beigeladene schwer geistig behindert sei und nach der Operation am Ohr die Verbände immer wieder abgerissen habe, sei die Wundkontrolle und das Anlegen von Verbänden erforderlich gewesen. Dies ergebe sich auch aus der ärztlichen Verordnung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakten des Klägers und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den angefochtenen Bescheid vom 29.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.06.2011 zu Recht aufgehoben, denn dieser ist rechtswidrig und verletzt den Beigeladenen in seinen Rechten. Der Beigeladene hat einen Anspruch auf Erstattung der im streitigen Zeitraum 11. bis 25.06.2010 entstandenen Kosten für häusliche Krankenpflege iHv 130,45 EUR EUR.
Der Kläger kann gem § 95 SGB XII grundsätzlich den Anspruch des Beigeladenen selbstständig geltend machen, da er erstattungsberechtigter Träger der Sozialhilfe ist. Auch wenn gem § 107 SGB X ein Anspruch eines Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt gilt, soweit ein Erstattungsanspruch (zB nach § 104 SGB X) besteht, kann der Sozialhilfeträger im Wege des § 95 SGB XII die Leistung an sich verlangen. Er hat die Wahl zwischen dem Erstattungsanspruch gem § 104 SGB X und dem selbstständigen Betreiben der Feststellung der Sozialleistung (BSG 22.04.1998, B 9 VG 6/96 R, Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 95 Rn. 11; Schaefer/Wolf, BSHG, 16. Aufl., § 91a Rn. 8; aA Armbruster in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, § 95 SGB XII, Rn. 21).
Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs kommt allein § 13 Abs 3 S 1 SGB V in Betracht. Danach hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind, dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 S 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten. Vorliegend hat der Kläger die Rechnung des Pflegedienstes für den Beigeladenen beglichen, so dass ein Kostenerstattungsanspruch im Raum steht. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
Dies ist hier der Fall. Der Beigeladene hatte einen Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit häuslicher Krankenpflege. Die Beklagte hat die Gewährung häuslicher Krankenpflege zu Unrecht abgelehnt. Die erforderliche Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenverursachung ("dadurch") ist gegeben, auch wenn die Leistung teilweise schon vor der ablehnenden Entscheidung der Beklagten in Anspruch genommen worden ist. Zwar bedarf die beantragte Leistung nach § 6 Abs 1 HKP-Richtlinien (vom 17.09.2009, BAnz Nr 21a vom 09.02.2010, Beilage) der Genehmigung, doch übernimmt die Krankenkasse nach § 6 Abs 6 HKP-Richtlinien die Kosten für die verordnete Leistung, wenn die Verordnung – wie hier – spätestens am dritten der Ausstellung der Verordnung folgenden Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt wird.
Es kann dahinstehen, ob sich der Anspruch bereits aus § 6 Abs 6 HKP-Richtlinien ergibt. Denn danach übernimmt die Krankenkasse bis zur Entscheidung über die Genehmigung die Kosten für die von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt verordneten und vom Pflegedienst erbrachten Leistungen entsprechend der vereinbarten Vergütung nach § 132a Absatz 2 SGB V. Die Beklagte hat die Leistung erstmals telefonisch am 24.06.2010, einem Tag vor Ende des hier streitigen Zeitraums, abgelehnt. Jedenfalls aber lagen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Leistung vor.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr 4 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung ua auch häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe. Nach § 37 Abs 2 S 1 SGB V in der ab dem 01.04.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbs-Stärkungs-Gesetz GKV-WSG vom 26.03.2007, BGBl I 2007, 378) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Pflegebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist. Gemäß § 37 Abs 6 SGB V legt der GBA in Richtlinien nach § 92 SGB V fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können. Er bestimmt darüber hinaus das Nähere über Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen nach § 37 Abs 2 S 1 SGB V.
Durch die Neufassung des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V mit Wirkung zum 01.04.2007 kann häusliche Krankenpflege neben dem Haushalt oder der Familie auch an einem anderen geeigneten Ort insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen in Anspruch genommen werden. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs 16/3100 S 104) hat sich die Beschränkung der Leistung zur häuslichen Krankenpflege auf Haushalt und Familie des Versicherten im Hinblick auf das Ziel, vorschnelle stationäre Einweisungen zu vermeiden, als kontraproduktiv erwiesen. Die Neuregelung solle, so die weitere Gesetzesbegründung, durch vorsichtige Erweiterung des Haushaltsbegriffes bewirken, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung neue Wohnformen, Wohngemeinschaften und betreutes Wohnen hinsichtlich der Erbringung von häuslicher Krankenpflege gegenüber konventionellen Haushalten nicht benachteiligt werden. Betreute Wohnformen, deren Bewohner ambulante Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten, sollen verbesserte Angebote für ambulant Pflegebedürftige darstellen; dem werde durch die Änderung Rechnung getragen. Darüber hinaus werde im Hinblick auf bestimmte, eng begrenzte Personengruppen durch die Erweiterung des Haushaltsbegriffs eine vorschnelle Einweisung in stationäre Einrichtung verhindert. Ein "geeigneter Ort" für die Leistung der häuslichen Krankenpflege durch die gesetzliche Krankenversicherung sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn sich der Versicherte in einer Einrichtung befinde, in der er nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung habe.
In Umsetzung seiner Verpflichtung hat der GBA in der HKP-Richtlinie in § 1 Abs 2 Satz 2 folgende Regelung getroffen: Häusliche Krankenpflege wird im Haushalt des Versicherten oder seiner Familie erbracht. Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen &61630; die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und &61630; für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (zB im Hinblick auf hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung), wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satz 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein.
Nach § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien gilt: Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (zB Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen. Abweichend davon kann häusliche Krankenpflege in Werkstätten für behinderte Menschen verordnet werden, wenn die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch ist, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die Werkstatt für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 der Werkstättenverordnung verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen (§ 1 Abs 7 Satz 1 HKP-Richtlinien). Eine Verordnung von Behandlungspflege ist auch für Versicherte in Pflegeheimen zulässig, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben (§ 37 Abs 2 Satz 3 SGB V).
Aus dem Regelungsgefüge von gesetzlichen Vorschriften und den Normen der HKP-Richtlinie ergibt sich, dass der Anspruch an allen geeigneten Orten besteht, an denen sich der Versicherte regelmäßig aufhält, wenn die Leistung aus medizinisch pflegerischen Gründen während des Aufenthalts an diesem Ort notwendig ist. Einschränkungen ergeben sich – abgesehen von der Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse – erst aus den Regelungen des § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien, dh für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen nur dann, wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht. Dies ist im Einzelfall zu prüfen. Einrichtungen der Eingliederungshilfe werden in den HKP-Richtlinien den Krankenhäusern und Pflegeheimen ausdrücklich nicht (mehr) gleichgestellt (BSG 25.02.2015, B 3 KR 10/14 R, juris).
Bei der Wohnanlage H. des A. L. e.V. handelt es sich um eine vollstationäre Einrichtung, die im Rahmen der Eingliederungshilfe für geistig und/oder mehrfach behinderte Erwachsene Leistungen erbringt. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind Einrichtungen der Eingliederungshilfe nur soweit zur Erbringung medizinischer Behandlungspflege verpflichtet, wie diese aufgrund der sächlichen und personellen Ausstattung von der Einrichtung erbracht werden kann (BSG 25.02.2015, aaO). Nach § 55 Satz 1 SGB XII umfassen die Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen iSv § 43a SGB XI auch die Pflegeleistungen in der Einrichtung. Ist der behinderte Mensch so pflegebedürftig, dass seine Pflege in der Einrichtung nicht sichergestellt werden kann, wird vereinbart, dass die Leistung in einer anderen Einrichtung erbracht wird. Die medizinische Behandlungspflege ist Aufgabe der GKV, die entsprechend dem Nachrang der Sozialhilfe diese Leistung vorrangig vor dem Träger der Sozialhilfe zu erbringen hat. Die Einrichtungen der Eingliederungshilfe müssen nicht dafür sorgen, dass sie auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbringen können; es bestehen keine weitergehenden Pflichten, als die Einrichtung aufgrund ihrer Ausrichtung, ihres Eingliederungszwecks und nach den Vereinbarungen nach § 75 ff SGB XII schuldet (BSG 25.02.2015, aaO). Insbesondere besteht entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aufgrund der von den Pflegekassen für Pflegebedürftige zu erbringenden pauschalen Abgeltung nach § 43a SGB XI eine Verpflichtung, grundsätzlich alle im Einzelfall notwendigen Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege zu erbringen. Zu den in § 43 Abs 2 SGB XI genannten Aufwendungen gehören die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Einrichtungen der Eingliederungshilfe schulden nach § 43a SGB XI zwar grundsätzlich Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Die medizinische Behandlungspflege iSv § 37 Abs 2 SGB V kann durch diese an die Pflegeversicherung gerichtete Vorschrift nicht vom Zuständigkeitsbereich der GKV auf Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen übertragen werden (BSG 25.02.2015, aaO RdNr 25). Aus § 55 Satz 2 SGB XII ist abzuleiten, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigt hat, jede Einrichtung der Eingliederungshilfe personell und sächlich so auszustatten, dass sie neben der üblichen Pflege auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbringen kann. Dies wäre auch unwirtschaftlich, wie sich an dem Beispiel des Beigeladenen deutlich zeigt, der nur für einen sehr begrenzten Zeitraum im Anschluss an die Operation am linken Ohr auf Verbandwechsel und Wundkontrolle angewiesen war.
Nach dem zwischen dem Beigeladenen und der Einrichtung geschlossenen Heimvertrag schuldet die Einrichtung keine Leistungen der Behandlungspflege in Form der hier streitigen Wundkontrolle und Wundversorgung. Anlegen und Wechseln von Wundverbänden gehört nach Ziff 31 des Leistungsverzeichnisses (Anlage zu den HKP-Richtlinien) zu den Leistungen der Behandlungspflege. Die ärztlich verordneten Leistungen der häuslichen Krankenpflege sind nach § 2 des Heimvertrages im Betreuungsumfang nicht enthalten. Vielmehr wird im Heimvertrag explizit geregelt, dass die Leistungen der GKV nur vermittelt werden. Dies entspricht auch Art und Umfang der nach dem Rahmenvertrag nach § 79 Abs 1 SGB XII zu den Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen nach § 75 Abs 3 SGB XII für Baden-Württemberg für stationäre und teilstationäre Einrichtungen und Dienste (vom 15.12.1998, hier noch idF vom 20.09.2006) im Leistungstyp I.2.1 (stationäre Hilfe ohne tagesstrukturierendes Angebot iS der Ziffer I.4 für geistig und/oder mehrfach behinderte Erwachsene) geschuldeten Leistungen. Nach dem Rahmenvertrag gehört zu dem Angebot dieses Leistungstyps das Wohnen einschließlich der erforderlichen hauswirtschaftlichen Versorgung, Pflege, Behandlung, Förderung, Begleitung und Assistenz bzw die Erschließung dieser Angebote. Ziel und Zweck der Einrichtung ist bei Leistungstyp I.2.1 nach dem Rahmenvertrag die Eingliederung in die Gesellschaft sowie die Ermöglichung oder Erleichterung der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft. Angesichts dieses Aufgabenprofils kann die Einrichtung mit dem dafür zur Verfügung stehenden Personal keine medizinische Behandlung von regelmäßiger Wundkontrolle und Verbandswechsel im Bedarfsfall anbieten. Es handelt sich auch nicht um einfachste medizinische Maßnahmen, die für Versicherte im eigenen Haushalt von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen erbracht werden können. Die hier streitigen Leistungen sind nicht objektiv bereits Bestandteil der Eingliederungshilfe (vgl BSG 25.02.2015, aaO). In der Einrichtung sind keine Pflegefachkräfte beschäftigt. Aber auch wenn Pflegefachkräfte beschäftigt wären, muss nach den üblichen Bedarfen der Bewohner nicht von vornherein auch medizinisches Fachpersonal vorgehalten werden. Dies wird auch deutlich anhand der personellen Ausstattung. Der Beigeladene war in die (höchste) Hilfebedarfsgruppe 5 eingestuft, wofür ein Personalansatz von 0,4 Vollzeitstellen vorgesehen ist. Eine derartige Personalausstattung reicht üblicherweise aus, um die für den Beigeladenen erforderlichen Hilfeleistungen zu erbringen. Nach alledem schuldet die stationäre Einrichtung die streitigen Leistungen der Behandlungspflege nicht, weshalb die Wohnanlage als ein sonstiger geeigneter Ort iSv § 37 Abs 2 SGB V anzusehen ist. An der räumlichen Geeignetheit bestehen keinerlei Zweifel, auch nicht aus Sicht der Beklagten.
Der Senat ist nach den vorliegenden Unterlagen davon überzeugt, dass die verordneten Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege auch medizinisch notwendig waren. Dies wurde von der Beklagten erstmals im Berufungsverfahren bestritten, ohne jedoch substantiiert dazu vorzutragen oder eine ärztliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Es bestand infolge der Operation eines Abszesses am linken Ohr vorübergehend ein Zustand, der über die üblichen pflegerischen Maßnahmen hinaus Leistungen der Behandlungspflege erforderte. Dies resultiert aus der zusätzlich bestehenden schweren geistigen Behinderung des Beigeladenen und des Umstands, dass dieser den Verband immer wieder abriss und stark blutete. Deshalb war die verordnete tägliche Wundkontrolle mit Verbandwechsel und Wundversorgung geboten zur Sicherung der ärztlichen Behandlung.
Die Kostenentscheidung beruht, anders als das SG angenommen hat, auf § 193 SGG. Im Klageverfahren zur Durchsetzung der Sozialleistungen für den Berechtigten ist der Träger der Sozialhilfe von Gerichtskosten befreit, denn er macht als gesetzlicher Prozessstandschafter Leistungsansprüche des Berechtigten geltend. Der Leistungsberechtigte gehört aber zu den nach § 183 SGG privilegierten Personen (Armbruster in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 95 SGB XII, Rn. 117). Da die Beklagte in beiden Instanzen unterlegen ist, hat sie die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen. Der Senat erachtet es außerdem als angemessen, dass die Beklagte auch die außergerichtlichen Kosten des von Amts wegen beigeladenen Versicherten trägt. Dieser hat zwar keine eigenen Anträge gestellt, sich aber - durch das Schreiben seiner Mutter vom 19.01.2015 - aktiv am Prozess beteiligt und dadurch zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 193 Rdnr 11a unter Hinweis auf BSG 03.06.2004, B 11 AL 55/03 R, BSGE 93, 59).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Kläger im Klage- und Berufungsverfahren sowie die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erstattung von Kosten iHv 130,45 EUR für häusliche Krankenpflege vom 11.06.2010 bis 25.06.2010 durch einen ambulanten Pflegedienst.
Der am 01.09.1977 geborene Beigeladene ist bei der Beklagten krankenversichert, seit seiner Geburt schwer geistig behindert, leidet unter einer Tetraspastik und Epilepsie und lebt seit 15.10.2001 in der von dem A. L. e.V. (umbenannt von Behindertenhilfe L. e.V. - im Folgenden "Einrichtung") betriebenen Wohnanlage H ... Dabei handelt es sich um eine Einrichtung der Eingliederungshilfe nach §§ 53ff SGB XII. Die Einrichtung beschäftigt vornehmlich Mitarbeiter mit pädagogischer Ausbildung und keine Pflegefachkräfte. Der Beigeladene erhält vom Kläger Leistungen für die vollstationäre Unterbringung und für den Besuch der Werkstätte für Behinderte im Förder- und Betreuungsbereich. Die Beklagte zahlte im streitigen Zeitraum die Pflegepauschale von 256 EUR nach § 43a SGB XI. Beim Beigeladenen war Pflegestufe 3 anerkannt. Er wurde vom Kläger in Hilfebedarfsgruppe 5 eingestuft.
Nach § 2 des zwischen dem Beigeladenen und der Einrichtung geschlossenen Heimvertrages erbringt die Einrichtung folgende Leistungen: Überlassung von Wohnraum, Wäschepflege, Verpflegung, Betreuungsleistungen, Vermittlung ärztlicher und sonstiger Leistungen der Krankenversicherung, Barbetragsverwaltung, hygienischer Sachaufwand, Pflege und Erhaltung von Bekleidung und Schuhen, Bekleidung.
§ 6 des Heimvertrages regelt die Betreuungsleistungen auszugsweise wie folgt: "1. Die Einrichtung ist verpflichtet, dem Bewohner gegenüber bedarfsgerechte Betreuungsleistungen im Rahmen der Vereinbarungen mit dem Sozialhilfeträger nach §§ 75 ff SGB XII, der Landesrahmenverträge nach § 79 SGB XII, der §§ 53 ff SGB XII und der dort festgelegten Maßnahmen zu erbringen. Es handelt sich dabei um folgende Leistungstypen laut Rahmenvertrag nach § 79 SGB XII: 2.1 Stationäre Hilfe (Wohnen ohne tagesstrukturierendes Angebot) für geistig und/oder mehrfachbehinderte Erwachsene [ ] 3. Sofern der Bewohner Anspruch auf Pflegeversicherungsleistungen gemäß § 43a SGB XII hat, umfasst der Leistungsanspruch gegen die Einrichtung auch die Grundpflegeleistungen im Sinne des SGB XI."
In § 7 des Heimvertrages ist die Vermittlung ärztlicher und sonstiger Leistungen nach SGB V wie folgt geregelt: "1. Unter Wahrung der freien Arztwahl des Bewohners vermittelt die Einrichtung die erforderlichen ärztlichen Hilfen. [ ] 3. Absatz 1 und 2 gelten für alle anderen Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung, z.B. Behandlungspflegeleistungen, Heilmittel, Apothekenleistungen und Ähnlichem, sinngemäß."
Anlage 1 zum Heimvertrag sieht ua folgenden Leistungsausschluss vor: "Pflege und Betreuung für Bewohner, deren Gesundheitszustand sich so verändert hat, dass eine sachgerechte Betreuung in der Einrichtung nicht mehr möglich ist, zB wenn eine 24-Stunden medizinische Behandlungspflege erforderlich wird. Als Einrichtung der Eingliederungshilfe kann die ständige Präsenz einer spezialisierten Fachkraft für Behandlungspflege nicht zugesichert werden."
Am 14.06.2010 beantragte der Beigeladene unter Vorlage der Verordnung von Dr. S. & Kollegen vom 11.06.2010 bei der Beklagten häusliche Krankenpflege im Zeitraum vom 11.06.2010 bis 25.06.2010 zur Wundkontrolle und Versorgung nach der Operation eines Abszesses im linken Ohr. Die Sozialstation L. (im folgenden "Pflegedienst") führte in der Verordnung aus, dass der Patient behindert sei und den Verband immer wieder abreiße und stark blute.
Die häusliche Krankenpflege wurde in der Folgezeit vom Pflegedienst im Zeitraum vom 13.06.2010 bis 23.06.2010 erbracht. Der Pflegedienst stellte hierfür 130,40 EUR in Rechnung.
Im Telefonat vom 24.06.2010 und mit Bescheid vom 29.06.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf häusliche Krankenpflege ab. Zur Begründung führte sie aus, dass mit der Zahlung der Pauschale durch die Pflegekasse an die Einrichtung bzw an den Kläger die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen für soziale Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege abgegolten seien. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 01.06.2011 zurück.
Der Kläger überwies am 12.04.2011 den Betrag an den Pflegedienst und übernahm mit Bescheid vom 28.06.2011 die Kosten für die häusliche Krankenpflege als nachrangiger Träger. Mit Schreiben vom 12.04.2011 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch geltend. Mit Schreiben vom 18.04.2011 lehnte die Beklagte den Erstattungsanspruch ab.
Gegen den Bescheid vom 29.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.06.2011 hat der Kläger am 01.07.2011 unter Berufung auf § 95 SGB XII Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Das SG hat die Beklagte mit Urteil vom 21.03.2013 unter Aufhebung der Bescheide verurteilt, an den Kläger 130,45 EUR zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei der Wohnanlage handle es sich um einen geeigneten Ort im Sinne von § 37 Abs 2 SGB V. Die Behindertenhilfe schuldete nach dem Heimvertrag keine Behandlungspflege. Ein Pflegeheim gemäß § 71 Abs 4 SGB XI liege nicht vor. Die pauschale Vergütung der Pflegekasse gemäß § 43a SGB XI führe nicht zu einem Ausschluss des Anspruchs auf häusliche Krankenpflege. Die häusliche Krankenpflege für die Wundbehandlung sei erforderlich, um das Ziel der Krankenbehandlung zu sichern.
Gegen das ihr am 03.04.2013 zugestellte Urteil hat die Beklagte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt (L 11 KR 1829/13 NZB). Der Senat hat die Berufung zugelassen und das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Wohnanlage, in der der Beigeladene wohnt, kein geeigneter Ort im Sinne von § 37 SGB V sei. Versicherte, die in einer stationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen leben, würden dort Unterkunft und Verpflegung als Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten und deshalb in der Regel keinen eigenen Haushalt führen. Mit der pauschalen Leistung gemäß § 43a SGB XI seien die Pflegeleistungen, Betreuungsleistungen und Behandlungspflegeleistungen abgegolten. Die Einrichtung biete die Förderung, Begleitung und Unterstützung in verschiedenen Bereichen an, insbesondere bei der individuellen Lebensgestaltung, bei der sozialen Lebensgestaltung, im psychischen Bereich, im pflegerischen Bereich und im medizinischen Bereich. Bei der strittigen Leistung habe es sich um einen Pflasterverband gehandelt, einer Fachkraft bedürfe es dabei nicht. Der Ausschluss von Behandlungspflege im Heimvertrag könne als Vertrag zulasten Dritter keine Wirkung bezüglich der Beklagten entfalten.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 21.03.2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Einrichtung lediglich die Leistungen der Krankenversicherung vermittle und insbesondere Behandlungspflege nicht selbst durchführe. Zudem decke die Pauschale der Pflegekasse iHv 256 EUR nicht die medizinische Behandlungspflege ab. Dies ergebe sich auch schon aus der Höhe der Pauschale. Der Anspruch auf medizinische Behandlungspflege gegenüber der Einrichtung hänge nicht davon ab, ob der Beigeladene Leistungen von der Pflegekasse erhält. Da der Beigeladene schwer geistig behindert sei und nach der Operation am Ohr die Verbände immer wieder abgerissen habe, sei die Wundkontrolle und das Anlegen von Verbänden erforderlich gewesen. Dies ergebe sich auch aus der ärztlichen Verordnung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakten des Klägers und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat den angefochtenen Bescheid vom 29.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.06.2011 zu Recht aufgehoben, denn dieser ist rechtswidrig und verletzt den Beigeladenen in seinen Rechten. Der Beigeladene hat einen Anspruch auf Erstattung der im streitigen Zeitraum 11. bis 25.06.2010 entstandenen Kosten für häusliche Krankenpflege iHv 130,45 EUR EUR.
Der Kläger kann gem § 95 SGB XII grundsätzlich den Anspruch des Beigeladenen selbstständig geltend machen, da er erstattungsberechtigter Träger der Sozialhilfe ist. Auch wenn gem § 107 SGB X ein Anspruch eines Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger als erfüllt gilt, soweit ein Erstattungsanspruch (zB nach § 104 SGB X) besteht, kann der Sozialhilfeträger im Wege des § 95 SGB XII die Leistung an sich verlangen. Er hat die Wahl zwischen dem Erstattungsanspruch gem § 104 SGB X und dem selbstständigen Betreiben der Feststellung der Sozialleistung (BSG 22.04.1998, B 9 VG 6/96 R, Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 95 Rn. 11; Schaefer/Wolf, BSHG, 16. Aufl., § 91a Rn. 8; aA Armbruster in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, § 95 SGB XII, Rn. 21).
Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs kommt allein § 13 Abs 3 S 1 SGB V in Betracht. Danach hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind, dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 S 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten. Vorliegend hat der Kläger die Rechnung des Pflegedienstes für den Beigeladenen beglichen, so dass ein Kostenerstattungsanspruch im Raum steht. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
Dies ist hier der Fall. Der Beigeladene hatte einen Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit häuslicher Krankenpflege. Die Beklagte hat die Gewährung häuslicher Krankenpflege zu Unrecht abgelehnt. Die erforderliche Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenverursachung ("dadurch") ist gegeben, auch wenn die Leistung teilweise schon vor der ablehnenden Entscheidung der Beklagten in Anspruch genommen worden ist. Zwar bedarf die beantragte Leistung nach § 6 Abs 1 HKP-Richtlinien (vom 17.09.2009, BAnz Nr 21a vom 09.02.2010, Beilage) der Genehmigung, doch übernimmt die Krankenkasse nach § 6 Abs 6 HKP-Richtlinien die Kosten für die verordnete Leistung, wenn die Verordnung – wie hier – spätestens am dritten der Ausstellung der Verordnung folgenden Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt wird.
Es kann dahinstehen, ob sich der Anspruch bereits aus § 6 Abs 6 HKP-Richtlinien ergibt. Denn danach übernimmt die Krankenkasse bis zur Entscheidung über die Genehmigung die Kosten für die von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt verordneten und vom Pflegedienst erbrachten Leistungen entsprechend der vereinbarten Vergütung nach § 132a Absatz 2 SGB V. Die Beklagte hat die Leistung erstmals telefonisch am 24.06.2010, einem Tag vor Ende des hier streitigen Zeitraums, abgelehnt. Jedenfalls aber lagen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Leistung vor.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr 4 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung ua auch häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe. Nach § 37 Abs 2 S 1 SGB V in der ab dem 01.04.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbs-Stärkungs-Gesetz GKV-WSG vom 26.03.2007, BGBl I 2007, 378) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Pflegebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist. Gemäß § 37 Abs 6 SGB V legt der GBA in Richtlinien nach § 92 SGB V fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können. Er bestimmt darüber hinaus das Nähere über Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen nach § 37 Abs 2 S 1 SGB V.
Durch die Neufassung des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V mit Wirkung zum 01.04.2007 kann häusliche Krankenpflege neben dem Haushalt oder der Familie auch an einem anderen geeigneten Ort insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen in Anspruch genommen werden. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs 16/3100 S 104) hat sich die Beschränkung der Leistung zur häuslichen Krankenpflege auf Haushalt und Familie des Versicherten im Hinblick auf das Ziel, vorschnelle stationäre Einweisungen zu vermeiden, als kontraproduktiv erwiesen. Die Neuregelung solle, so die weitere Gesetzesbegründung, durch vorsichtige Erweiterung des Haushaltsbegriffes bewirken, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung neue Wohnformen, Wohngemeinschaften und betreutes Wohnen hinsichtlich der Erbringung von häuslicher Krankenpflege gegenüber konventionellen Haushalten nicht benachteiligt werden. Betreute Wohnformen, deren Bewohner ambulante Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten, sollen verbesserte Angebote für ambulant Pflegebedürftige darstellen; dem werde durch die Änderung Rechnung getragen. Darüber hinaus werde im Hinblick auf bestimmte, eng begrenzte Personengruppen durch die Erweiterung des Haushaltsbegriffs eine vorschnelle Einweisung in stationäre Einrichtung verhindert. Ein "geeigneter Ort" für die Leistung der häuslichen Krankenpflege durch die gesetzliche Krankenversicherung sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn sich der Versicherte in einer Einrichtung befinde, in der er nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung habe.
In Umsetzung seiner Verpflichtung hat der GBA in der HKP-Richtlinie in § 1 Abs 2 Satz 2 folgende Regelung getroffen: Häusliche Krankenpflege wird im Haushalt des Versicherten oder seiner Familie erbracht. Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen &61630; die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und &61630; für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (zB im Hinblick auf hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung), wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satz 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein.
Nach § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien gilt: Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (zB Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen. Abweichend davon kann häusliche Krankenpflege in Werkstätten für behinderte Menschen verordnet werden, wenn die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch ist, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die Werkstatt für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 der Werkstättenverordnung verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen (§ 1 Abs 7 Satz 1 HKP-Richtlinien). Eine Verordnung von Behandlungspflege ist auch für Versicherte in Pflegeheimen zulässig, die auf Dauer, voraussichtlich für mindestens 6 Monate, einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege haben (§ 37 Abs 2 Satz 3 SGB V).
Aus dem Regelungsgefüge von gesetzlichen Vorschriften und den Normen der HKP-Richtlinie ergibt sich, dass der Anspruch an allen geeigneten Orten besteht, an denen sich der Versicherte regelmäßig aufhält, wenn die Leistung aus medizinisch pflegerischen Gründen während des Aufenthalts an diesem Ort notwendig ist. Einschränkungen ergeben sich – abgesehen von der Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse – erst aus den Regelungen des § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien, dh für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen nur dann, wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht. Dies ist im Einzelfall zu prüfen. Einrichtungen der Eingliederungshilfe werden in den HKP-Richtlinien den Krankenhäusern und Pflegeheimen ausdrücklich nicht (mehr) gleichgestellt (BSG 25.02.2015, B 3 KR 10/14 R, juris).
Bei der Wohnanlage H. des A. L. e.V. handelt es sich um eine vollstationäre Einrichtung, die im Rahmen der Eingliederungshilfe für geistig und/oder mehrfach behinderte Erwachsene Leistungen erbringt. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind Einrichtungen der Eingliederungshilfe nur soweit zur Erbringung medizinischer Behandlungspflege verpflichtet, wie diese aufgrund der sächlichen und personellen Ausstattung von der Einrichtung erbracht werden kann (BSG 25.02.2015, aaO). Nach § 55 Satz 1 SGB XII umfassen die Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen iSv § 43a SGB XI auch die Pflegeleistungen in der Einrichtung. Ist der behinderte Mensch so pflegebedürftig, dass seine Pflege in der Einrichtung nicht sichergestellt werden kann, wird vereinbart, dass die Leistung in einer anderen Einrichtung erbracht wird. Die medizinische Behandlungspflege ist Aufgabe der GKV, die entsprechend dem Nachrang der Sozialhilfe diese Leistung vorrangig vor dem Träger der Sozialhilfe zu erbringen hat. Die Einrichtungen der Eingliederungshilfe müssen nicht dafür sorgen, dass sie auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbringen können; es bestehen keine weitergehenden Pflichten, als die Einrichtung aufgrund ihrer Ausrichtung, ihres Eingliederungszwecks und nach den Vereinbarungen nach § 75 ff SGB XII schuldet (BSG 25.02.2015, aaO). Insbesondere besteht entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aufgrund der von den Pflegekassen für Pflegebedürftige zu erbringenden pauschalen Abgeltung nach § 43a SGB XI eine Verpflichtung, grundsätzlich alle im Einzelfall notwendigen Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege zu erbringen. Zu den in § 43 Abs 2 SGB XI genannten Aufwendungen gehören die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Einrichtungen der Eingliederungshilfe schulden nach § 43a SGB XI zwar grundsätzlich Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Die medizinische Behandlungspflege iSv § 37 Abs 2 SGB V kann durch diese an die Pflegeversicherung gerichtete Vorschrift nicht vom Zuständigkeitsbereich der GKV auf Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen übertragen werden (BSG 25.02.2015, aaO RdNr 25). Aus § 55 Satz 2 SGB XII ist abzuleiten, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigt hat, jede Einrichtung der Eingliederungshilfe personell und sächlich so auszustatten, dass sie neben der üblichen Pflege auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbringen kann. Dies wäre auch unwirtschaftlich, wie sich an dem Beispiel des Beigeladenen deutlich zeigt, der nur für einen sehr begrenzten Zeitraum im Anschluss an die Operation am linken Ohr auf Verbandwechsel und Wundkontrolle angewiesen war.
Nach dem zwischen dem Beigeladenen und der Einrichtung geschlossenen Heimvertrag schuldet die Einrichtung keine Leistungen der Behandlungspflege in Form der hier streitigen Wundkontrolle und Wundversorgung. Anlegen und Wechseln von Wundverbänden gehört nach Ziff 31 des Leistungsverzeichnisses (Anlage zu den HKP-Richtlinien) zu den Leistungen der Behandlungspflege. Die ärztlich verordneten Leistungen der häuslichen Krankenpflege sind nach § 2 des Heimvertrages im Betreuungsumfang nicht enthalten. Vielmehr wird im Heimvertrag explizit geregelt, dass die Leistungen der GKV nur vermittelt werden. Dies entspricht auch Art und Umfang der nach dem Rahmenvertrag nach § 79 Abs 1 SGB XII zu den Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen nach § 75 Abs 3 SGB XII für Baden-Württemberg für stationäre und teilstationäre Einrichtungen und Dienste (vom 15.12.1998, hier noch idF vom 20.09.2006) im Leistungstyp I.2.1 (stationäre Hilfe ohne tagesstrukturierendes Angebot iS der Ziffer I.4 für geistig und/oder mehrfach behinderte Erwachsene) geschuldeten Leistungen. Nach dem Rahmenvertrag gehört zu dem Angebot dieses Leistungstyps das Wohnen einschließlich der erforderlichen hauswirtschaftlichen Versorgung, Pflege, Behandlung, Förderung, Begleitung und Assistenz bzw die Erschließung dieser Angebote. Ziel und Zweck der Einrichtung ist bei Leistungstyp I.2.1 nach dem Rahmenvertrag die Eingliederung in die Gesellschaft sowie die Ermöglichung oder Erleichterung der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft. Angesichts dieses Aufgabenprofils kann die Einrichtung mit dem dafür zur Verfügung stehenden Personal keine medizinische Behandlung von regelmäßiger Wundkontrolle und Verbandswechsel im Bedarfsfall anbieten. Es handelt sich auch nicht um einfachste medizinische Maßnahmen, die für Versicherte im eigenen Haushalt von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen erbracht werden können. Die hier streitigen Leistungen sind nicht objektiv bereits Bestandteil der Eingliederungshilfe (vgl BSG 25.02.2015, aaO). In der Einrichtung sind keine Pflegefachkräfte beschäftigt. Aber auch wenn Pflegefachkräfte beschäftigt wären, muss nach den üblichen Bedarfen der Bewohner nicht von vornherein auch medizinisches Fachpersonal vorgehalten werden. Dies wird auch deutlich anhand der personellen Ausstattung. Der Beigeladene war in die (höchste) Hilfebedarfsgruppe 5 eingestuft, wofür ein Personalansatz von 0,4 Vollzeitstellen vorgesehen ist. Eine derartige Personalausstattung reicht üblicherweise aus, um die für den Beigeladenen erforderlichen Hilfeleistungen zu erbringen. Nach alledem schuldet die stationäre Einrichtung die streitigen Leistungen der Behandlungspflege nicht, weshalb die Wohnanlage als ein sonstiger geeigneter Ort iSv § 37 Abs 2 SGB V anzusehen ist. An der räumlichen Geeignetheit bestehen keinerlei Zweifel, auch nicht aus Sicht der Beklagten.
Der Senat ist nach den vorliegenden Unterlagen davon überzeugt, dass die verordneten Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege auch medizinisch notwendig waren. Dies wurde von der Beklagten erstmals im Berufungsverfahren bestritten, ohne jedoch substantiiert dazu vorzutragen oder eine ärztliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Es bestand infolge der Operation eines Abszesses am linken Ohr vorübergehend ein Zustand, der über die üblichen pflegerischen Maßnahmen hinaus Leistungen der Behandlungspflege erforderte. Dies resultiert aus der zusätzlich bestehenden schweren geistigen Behinderung des Beigeladenen und des Umstands, dass dieser den Verband immer wieder abriss und stark blutete. Deshalb war die verordnete tägliche Wundkontrolle mit Verbandwechsel und Wundversorgung geboten zur Sicherung der ärztlichen Behandlung.
Die Kostenentscheidung beruht, anders als das SG angenommen hat, auf § 193 SGG. Im Klageverfahren zur Durchsetzung der Sozialleistungen für den Berechtigten ist der Träger der Sozialhilfe von Gerichtskosten befreit, denn er macht als gesetzlicher Prozessstandschafter Leistungsansprüche des Berechtigten geltend. Der Leistungsberechtigte gehört aber zu den nach § 183 SGG privilegierten Personen (Armbruster in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 95 SGB XII, Rn. 117). Da die Beklagte in beiden Instanzen unterlegen ist, hat sie die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen. Der Senat erachtet es außerdem als angemessen, dass die Beklagte auch die außergerichtlichen Kosten des von Amts wegen beigeladenen Versicherten trägt. Dieser hat zwar keine eigenen Anträge gestellt, sich aber - durch das Schreiben seiner Mutter vom 19.01.2015 - aktiv am Prozess beteiligt und dadurch zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 193 Rdnr 11a unter Hinweis auf BSG 03.06.2004, B 11 AL 55/03 R, BSGE 93, 59).
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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