Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SB 3936/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 4888/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Die 1974 geborene Klägerin beantragte am 15.04.2013 beim Landratsamt L. - Versorgungsangelegenheiten - (LRA) erstmals die Feststellung des GdB. Sie machte als Gesundheitsstörung eine Depression geltend. Sie legte medizinische Unterlagen vor (Berichte der Praxis für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie A. für den Zeitraum vom 18.07.2011 bis 15.10.2012, Diagnose jeweils: Mittelgradige depressive Episode sowie vom 14.01.2013, Diagnose: Angst und depressive Störung, gemischt; Entlassungsbericht des Krankenhauses Vaihingen vom 19.08.2011, Diagnosen: Kolikartige Oberbauchschmerzen, Ösophagitis, DD Gastroenteritis, Leberwerterhöhung unklarer Genese; Kurzbrief des Klinikums am Weissenhof vom 20.09.2011, Diagnose: Mittelgradige depressive Episode; vorläufiger Entlassungsbericht des Krankenhauses Bietigheim vom 04.10.2011, Diagnose: Mittelgradige depressive Episode; Mitglieds- und Vorerkrankungsbescheinigung der AOK Ludwigsburg-Rems-Murr vom 27.03.2013). In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 14.05.2013 schlug Dr. W. wegen einer seelischen Störung, Depression (GdB 30) sowie eine Refluxkrankheit der Speiseröhre (GdB 10) den GdB mit 30 vor.
Mit Bescheid vom 04.07.2013 stellte das LRA bei der Klägerin den GdB mit 30 seit 15.04.2013 fest; eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz liege nicht vor.
Am 01.08.2013 legte die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte Widerspruch ein. Sie rügte, die seelische Störung und die Depression seien zu niedrig bemessen. Ihre Erlebnisfähigkeit sei erheblich beeinträchtigt. Sie sei seit 2011 durchgehend arbeitsunfähig. Trotz ständiger psychiatrischer Behandlung sei keine Besserung eingetreten. In der eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 09.10.2013 schlug der Vertragsarzt Diemer den GdB weiterhin mit 30 vor.
Mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 23.10.2013 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen seien in vollem Umfang erfasst und mit einem GdB von 30 angemessen bewertet. Die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit erlaube keine Rückschlüsse auf den GdB.
Hiergegen erhob die Klägerin am 14.11.2013 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG), mit dem Ziel, den GdB mit 50 festzustellen. Die Klägerin wiederholte zur Begründung durch ihre Prozessbevollmächtigte im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag. Ergänzend trug sie vor, die psychische Störung sei derart ausgeprägt, dass der vom Beklagten berücksichtigte Einzel-GdB von 30 nicht angemessen sei. Zudem werde gerügt, dass der für die Refluxerkrankung berücksichtigte GdB von 10 zu niedrig sei.
Das SG hörte von der Klägerin benannte Ärzte - unter Übersendung der gutachtlichen Stellungnahme des Vertragsarztes D. vom 09.10.2013 - schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. H. (Arzt der Praxis für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie A.) teilte in seiner Stellungnahme vom 05.03.2014 (unter Vorlage der Berichte des Krankenhauses Bietigheim - Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie - vom 06.10.2011 über eine stationäre Behandlung der Klägerin vom 04.10.2011 bis 15.11.2011 und des Klinikums am W. vom 20.09.2011 über eine stationäre Behandlung vom 13.09.2011 bis 20.09.2011) - den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und die Befunde mit. Er erachtete wegen der psychischen Erkrankung der Klägerin einen Einzel-GdB von 40 für angemessen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin und Chirotherapie Dr. M. teilte in der Stellungnahme vom 05.03.2014 den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und die Befunde mit. Eine Bewertung des GdB sei nicht ausreichend zu beurteilen.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. G. vom 03.06.2014 entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.10.2014 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei der Klägerin lasse sich kein höherer GdB als 30 feststellen. Im Funktionssystem Verdauung (Refluxkrankheit der Speiseröhre/chronische Gastritis) betrage der GdB allenfalls 10. Für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche lasse sich kein höherer GdB als 30 rechtfertigen. Selbst wenn bei der Klägerin hinsichtlich des Funktionssystems Gehirn einschließlich Psyche von einem GdB von 40 ausgegangen werde, könne der begehrte GdB von 50 nicht festgestellt werden.
Gegen den der Klägerin am 27.10.2014 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die von der Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte am 26.11.2014 eingelegte Berufung. Die Klägerin hat zur Begründung ausgeführt, die Ansicht des SG, für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche könne ein GdB von 40 nicht angenommen werden, sei unzutreffend. Nach Ansicht des Dr. H.sei ein GdB von 40 vielmehr angemessen. Zu rügen sei, dass das SG keine weiteren Amtsermittlungsmaßnahmen ergriffen habe. Es lägen mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten vor. Sie sei seit 2011 nicht in der Lage einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Weiter leide sie unter Adipositas, einer arteriellen Hypertonie und an Asthma bronchiale, was unberücksichtigt geblieben sei. Die Berücksichtigung der Refluxkrankheit der Speiseröhre mit einem GdB von 10 sei nicht ausreichend.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Oktober 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 4. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2013 zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit 50 seit dem 15. April 2013 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides vorgetragen, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Argumente, die eine höhere Bewertung des GdB begründen könnten. Das SG habe nachvollziehbar dargelegt, weshalb sich für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche kein höherer GdB als 30 rechtfertigen lasse. Die übrigen Funktionsbeeinträchtigungen seien leichtgradig und wirkten sich auf die Höhe des Gesamt-GdB nicht aus.
Der Senat hat (von Amts wegen) das nervenärztliche Gutachten des Dr. H. vom 15.05.2015 eingeholt, das er unter Mitwirkung der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. erstattet hat. Der Sachverständige gelangte in seinem Gutachten zu den Ergebnissen, ein eigenständiger GdB auf neurologischem Fachgebiet bestehe nicht. Auf psychiatrischem Gebiet seien die Kriterien für das Vorliegen einer rezidivierenden depressiven Störung mit aktuell leichter depressiver Episode erfüllt. Bei Berücksichtigung des Verlaufs und der Ausprägung der Erkrankung handele es sich um eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Es sei von einem GdB von 30 auszugehen. Aufgrund einer Ellenbogen-Fraktur im Dezember 2014 bestehe eine minimale Einschränkung der Armstreckung links. Zudem sei aktuell der Fersengang links bedingt durch eine schmerzhafte Tarsalgie kaum durchführbar. Daraus resultiere keine relevante funktionelle Leistungseinschränkung. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Refluxkrankheit der Speiseröhre (GdB 10) schätzte der Sachverständige den Gesamt-GdB auf 30 seit 15.04.2013 ein.
Der richterlichen Verfügung vom 20.05.2015, insbesondere zum Gutachten Stellung zu nehmen, ist die Klägerin trotz Erinnerung nicht nachgekommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Bl. 56, 58 der Senatsakte).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden können (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Der Senat hat den Berufungsantrag der Klägerin nach ihrem erkennbaren Begehren sachdienlich gefasst.
Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist, ob bei der Klägerin eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz vorliegt, was der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 04.07.2013 verneint hat. Hiergegen hat sich die Klägerin nicht gewandt. Sie wendet sich ausdrücklich nur gegen die Feststellung der Höhe des GdB. Damit ist der streitgegenständliche Bescheid insoweit bestandskräftig geworden.
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 04.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung des GdB mit 50 seit dem 15.04.2013, wie von ihr beantragt. Vielmehr ist der festgestellte GdB von 30 seit 15.04.2013 nicht unangemessen und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Bewertung des GdB sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder see-lische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetz-liche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30)
Bei der Klägerin besteht auf psychiatrischem Gebiet eine seelische Störung in Form einer rezidivierenden depressiven Störung, wie Dr. H. in seinem Gutachten vom 15.05.2015 festgestellt hat. Dem entsprechen auch die Berichte der Praxis für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie A. sowie die Angaben des Dr. H. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 05.03.2014. Die am 12.11.2012 gestellte Diagnose einer Angststörung hat Dr. H. nicht mehr feststellen können. Anhaltspunkte für eine eigenständige Angsterkrankung hat er nicht gefunden.
Nach den VG Teil B 3.7 ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.
Dass bei der Klägerin schwere Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten bestehen, trifft nicht zu. Hierfür findet sich weder in dem Gutachten des Dr. H. wie auch in den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen ein Anhaltspunkt. Insbesondere Beeinträchtigungs- und Verfolgungsideen bzw. Sinnestäuschungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Auch Dr. H. geht in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage nicht vom Vorliegen eines GdB von mindestens 50 aus, und verneint damit das Vorliegen von schweren Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten.
Nach dem Gutachten des Dr. H. wird die Klägerin durch die rezidivierende depressive Störung in allen Lebensbereichen beeinträchtigt. Dies gilt nicht nur für berufliche sondern auch für außerberufliche Aktivitäten. Bei Berücksichtigung des Verlaufs und der Ausprägung der Erkrankung besteht eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, für die nach den dargestellten Bewertungsgrundsätzen der VG ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 eröffnet ist. Vorliegend ist es zur Überzeugung des Senates jedenfalls im streitigen Zeitraum seit 15.04.2013 nicht gerechtfertigt, den GdB-Rahmen mit einem GdB von 40 auszuschöpfen. Nach den Beschreibungen im Gutachten von Dr. H. ist die Klägerin trotz ihrer seelischen Störung noch in der Lage, ihren Tagesablauf zu strukturieren. So ist die Klägerin insbesondere in der Lage, den Haushalt zu erledigen, Einkäufe zu tätigen und Termine wahrzunehmen. Zwischenzeitlich arbeitet die Klägerin (von 10:30 Uhr bis ca. 15:15 Uhr) in einer Kantine in eigenverantwortlicher Tätigkeit. Nach der Arbeit ist sie in der Lage, noch unerledigte Dinge zu erledigen. Zweimal in der Woche geht sie - mit ihrer Tochter - zu einer Guggenmusik-Gruppe zum Musizieren. Außerdem trifft sich die Klägerin hin und wieder mit Freundinnen, trotz Rückzugs über die Jahre. Nach der psychischen Befundbeschreibung des Dr. H. bestehen bei der Klägerin eine leichte Grübelneigung (Sorgen um ihre finanziell angespannte Situation und die Zukunft), eine zum Teil leicht gedrückte wechselnde Stimmungslage, eine leichte affektive Labilität. Die Klägerin wirkte bei ihrer Untersuchung angespannt. Dagegen sind die Auffassung, die Konzentration, die Psychomotorik sowie der Antrieb in der Untersuchungssituation unauffällig. Einschränkungen der Merkfähigkeit und des Gedächtnisses liegen nicht vor. Die Klägerin hat lediglich subjektiv über eine leichte Vergesslichkeit sowie Konzentrationsstörungen im Alltag berichtet. Die Intelligenz liegt klinisch im Normbereich. Der formale Gedankengang ist geordnet. Die affektive Schwingungsfähigkeit ist ausreichend erhalten. Anhaltspunkte für eine Suizidalität oder Ich-Störungen liegen nicht vor. Bei diesen Befunden besteht kein Anlass, den nach den VG eröffneten GdB-Rahmen nach oben auf 40 auszuschöpfen. Allein der Umstand, dass die Klägerin arbeitsunfähig war, ist für die Beurteilung des GdB nicht ausschlaggebend, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat. Vielmehr erachtet auch der Senat wegen der seelischen Störung in Form der rezidivierenden Depression einen Einzel-GdB von 30 für völlig ausreichend. Hiervon geht auch Dr. H. in seinem Gutachten aus, der ebenfalls aus nervenärztlicher Sicht einen GdB von 30 annimmt.
Soweit Dr. H. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage wegen der psychischen Erkrankung der Klägerin einen Einzel-GdB von 40 für angemessen erachtet, folgt der Senat dieser Bewertung nicht. Seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage lassen sich keine Befunde entnehmen, die seine Bewertung plausibel machen. Allein ein krankheitsbedingt reduziertes Durchhaltevermögen sowie eine reduzierte Stress- und Frustrationstoleranz machen einen Einzel-GdB von 40 nicht plausibel. Entsprechendes gilt, soweit Dr. H. berücksichtigt, dass die Klägerin ihren letzten Arbeitsplatz als Servicekraft in einem Klinik-Kiosk habe aufgeben müssen. Nach den von Dr. H. in seinem Gutachten beschriebenen Angaben zur Sozialanamnese hatte die Klägerin diese Tätigkeit seit dem Jahr 2011 wegen Arbeitsunfähigkeit nicht weiter ausgeführt. Verlässliche Rückschlüsse auf die Bewertung des Einzel-GdB für den vorliegend streitigen Zeitraum ab 15.04.2013 lassen sich hieraus nicht ableiten. Auch den medizinischen Berichten der Praxis für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie A., der Dr. H. angehört, lassen sich keine Befunde entnehmen, die einen Einzel-GdB von 40 plausibel machten, zumal sich diese Berichte auf einen Zeitraum bis zuletzt 14.01.2013 beziehen und damit den vorliegend streitigen Zeitraum ab 15.04.2013 nicht erfassen.
Dass bei der Klägerin wegen der depressiven Störung im streitigen Zeitraum ab 15.04.2013 zeitweise die Annahme eines Einzel-GdB von 40 gerechtfertigt ist, lässt sich nicht feststellen. Nach den von Dr. H. im Gutachten vom 15.05.2015 beschriebenen Beschwerdeangaben der Klägerin ist es im Sommer 2011 (anlassbedingt) zu einem psychischen Einbruch gekommen, der sich nach einem stationären Aufenthalt in der Klinik für Psychosomatik des Krankenhauses B. von Anfang Oktober bis Mitte November 2011 gebessert hat, was auch der Bericht des Krankenhauses B. vom 06.10.2011 belegt, so dass die Klägerin ihren Alltag ohne medikamentöse Therapie wieder hat regeln können. Aufgrund eingestellter Krankengeldzahlungen und der damit verbundenen finanziellen Not ist es bei der Klägerin dann erneut zu einem Stimmungseinbruch gekommen, weshalb ihr im Rahmen einer ambulanten psychiatrischen Behandlung Antidepressiva verschrieben wurden, wodurch es wiederum zu einer leichten Besserung ihres Befindens kam. Mit Eintritt ihrer neuen Arbeitsstelle im März 2014 hat sich ihr Zustand weiter gebessert. Psychopharmaka wurden von der Klägerin kurz nach Arbeitsantritt abgesetzt. Seither hat sich die Klägerin nicht mehr in psychiatrischer Behandlung befunden. Damit lässt sich ein dauerhaftes Ausmaß der Behinderung durch die depressive Störung, das einen Einzel-GdB von 40 im streitigen Zeitraum ab 15.04.2013 auch nur zeitweise rechtfertigt, nicht verlässlich verifizieren, weshalb zur Überzeugung des Senats für den streitigen Zeitraum ab 15.04.2013 allenfalls ein Einzel-GdB von 30 belegt ist. Hiervon geht auch Dr. H. in seinem Gutachten für den Senat plausibel und nachvollziehbar aus, der trotz der Schwankungen wesentliche Veränderungen verneint und eine zeitliche Staffelung des Einzel-GdB für den streitigen Zeitraum für entbehrlich erachtet hat. Im Übrigen kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bei einer fehlenden ärztlichen Behandlung regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass ein seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt (vgl. Senatsurteil vom 17.12.2010 L 8 SB 1549/10, juris RdNr. 31), weshalb ab März 2014 der Einzel-GdB von 30 sogar eher großzügig erscheint.
Die Refluxkrankheit der Klägerin ist mit einem Einzel-GdB von 10 nicht unzureichend bewertet, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid unter zutreffender Darstellung der Bewertungsvorgaben der VG begründet hat, worauf der Senat nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner Entscheidung Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Ausführungen des SG werden auch durch die im Gutachten von Dr. H. beschriebenen Beschwerdeangaben der Klägerin sowie dem beschriebenen körperliche Untersuchungsbefund untermauert. Eine bedeutsame Behinderung durch die Refluxerkrankung oder durch eine Gastritis hat die Klägerin nicht angegeben. Weiter bestehen bei der Klägerin ein guter Allgemein- und ein übergewichtiger Ernährungszustand, was gegen eine relevante Beeinträchtigungen der Verdauung spricht. Gesichtspunkte, die eine der Klägerin günstigere Bewertung des GdB rechtfertigen, hat sie im Berufungsverfahren nicht dargetan. Ihre pauschale Behauptung, der Beklagte habe die Refluxkrankheit nicht ausreichend mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt, reicht nicht aus, diese Ansicht nachvollziehbar zu machen.
Die Klägerin rügt weiter zu Unrecht, eine arterielle Hypertonie und ein Asthma bronchiale seien zu berücksichtigen. Nach den Angaben des Dr. M. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 05.03.2014, worauf sich die Klägerin beruft, besteht hinsichtlich des am 26.04.2013 erhobenen Blutdrucks (RR 140/85 mmHg) allenfalls ein grenzwertig erhöhter Blutdruck, was dem Senat aus anderen Verfahren gerichtsbekannt ist und was auch allgemeinkundig sein dürfte. Ein bedeutsamer Bluthochdruck, der nach den VG Teil B 9.3 einen Einzel-GdB von wenigstens 10 rechtfertigt wird dadurch nicht belegt und kann auch den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen nicht entnommen werden, die einen normalen Blutdruck dokumentieren (RR 120/80 und 130/80 mmHg - Bericht Krankenhaus V. vom 19.08.2011 -). Entsprechendes gilt für eine Asthmaerkrankung (VG Teil B 8.5). Dr. M. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 05.03.2014 entgegen dem Vortrag der Klägerin lediglich den Verdacht auf ein Asthma bronchiale diagnostiziert, weshalb er ein Medikament verordnet hat. Weitere Konsultationen der Klägerin sind nach seinen Angaben deswegen nicht mehr erfolgt, was als Indiz deutlich dafür spricht, dass die Klägerin wegen einer Atemwegserkrankung nicht nennenswert beeinträchtigt ist. Dies wird auch durch die im Gutachten von Dr. H. vom 15.05.2015 beschriebenen Angaben der Klägerin bestätigt, wonach sie sich aktuell nicht in regelmäßiger ärztlicher Behandlung befindet und ihren Hausarzt nur bei Beschwerden aufsucht. Gesichtspunkte, die eine der Klägerin günstigere Bewertung rechtfertigen, zeigt sie im Berufungsverfahren nicht auf.
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, sie leide unter Adipositas, bedingt dies allein nach den VG Teil B 15.3 keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden (insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat) können die Annahme eines GdB begründen. Gleiches gilt für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna. Dass bei der Klägerin (nicht berücksichtigte) Folge- und Begleitschäden bestehen, ist nicht ersichtlich und wird im Übrigen von ihr auch nicht dargetan.
Auch sonstige zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass bei der Klägerin durch die im Entlassungsbericht des Krankenhauses Vaihingen vom 19.08.2011 diagnostizierten Leberwerterhöhung unklarer Genese eine dauerhafte Behinderung vorliegt. Entsprechendes gilt für die im August 2011 nach dem Entlassungsbericht des Krankenhauses Vaihingen vom 19.08.2011 erfolgreich behandelte Ösophagitis, DD Gastroenteritis. Die von Dr. H. in seinem Gutachten beschriebene minimale Einschränkung der Armstreckung links und die bei der Untersuchung aktuelle Beeinträchtigung des Fersengangs links bedingen nach dessen überzeugenden Bewertung keine relevante funktionelle Leistungseinschränkung. Sonstige zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen hat die Klägerin im Übrigen auch nicht geltend gemacht.
Hiervon ausgehend ist der vom Beklagten festgestellte GdB von 30 nicht unangemessen. Eine Schwerbehinderung der Klägerin (GdB 50) liegt schon gar nicht vor. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Hiervon ausgehend ist bei der Bildung des Gesamt-GdB die seelische Störung/Depression mit einem Einzel-GdB von (allenfalls) 30 zu berücksichtigen. Dieser wird durch die Refluxkrankheit mit einem Einzel-GdB von 10 nicht weiter erhöht. Sonstige bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigende Erkrankungen sind nicht belegt.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG sowie im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt, weshalb der Senat sich auch nicht zur Einholung weiterer Sachverständigengutachten von Amts wegen veranlasst sieht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) streitig.
Die 1974 geborene Klägerin beantragte am 15.04.2013 beim Landratsamt L. - Versorgungsangelegenheiten - (LRA) erstmals die Feststellung des GdB. Sie machte als Gesundheitsstörung eine Depression geltend. Sie legte medizinische Unterlagen vor (Berichte der Praxis für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie A. für den Zeitraum vom 18.07.2011 bis 15.10.2012, Diagnose jeweils: Mittelgradige depressive Episode sowie vom 14.01.2013, Diagnose: Angst und depressive Störung, gemischt; Entlassungsbericht des Krankenhauses Vaihingen vom 19.08.2011, Diagnosen: Kolikartige Oberbauchschmerzen, Ösophagitis, DD Gastroenteritis, Leberwerterhöhung unklarer Genese; Kurzbrief des Klinikums am Weissenhof vom 20.09.2011, Diagnose: Mittelgradige depressive Episode; vorläufiger Entlassungsbericht des Krankenhauses Bietigheim vom 04.10.2011, Diagnose: Mittelgradige depressive Episode; Mitglieds- und Vorerkrankungsbescheinigung der AOK Ludwigsburg-Rems-Murr vom 27.03.2013). In der hierzu eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 14.05.2013 schlug Dr. W. wegen einer seelischen Störung, Depression (GdB 30) sowie eine Refluxkrankheit der Speiseröhre (GdB 10) den GdB mit 30 vor.
Mit Bescheid vom 04.07.2013 stellte das LRA bei der Klägerin den GdB mit 30 seit 15.04.2013 fest; eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz liege nicht vor.
Am 01.08.2013 legte die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte Widerspruch ein. Sie rügte, die seelische Störung und die Depression seien zu niedrig bemessen. Ihre Erlebnisfähigkeit sei erheblich beeinträchtigt. Sie sei seit 2011 durchgehend arbeitsunfähig. Trotz ständiger psychiatrischer Behandlung sei keine Besserung eingetreten. In der eingeholten gutachtlichen Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 09.10.2013 schlug der Vertragsarzt Diemer den GdB weiterhin mit 30 vor.
Mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart - Landesversorgungsamt - vom 23.10.2013 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Die vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen seien in vollem Umfang erfasst und mit einem GdB von 30 angemessen bewertet. Die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit erlaube keine Rückschlüsse auf den GdB.
Hiergegen erhob die Klägerin am 14.11.2013 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG), mit dem Ziel, den GdB mit 50 festzustellen. Die Klägerin wiederholte zur Begründung durch ihre Prozessbevollmächtigte im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag. Ergänzend trug sie vor, die psychische Störung sei derart ausgeprägt, dass der vom Beklagten berücksichtigte Einzel-GdB von 30 nicht angemessen sei. Zudem werde gerügt, dass der für die Refluxerkrankung berücksichtigte GdB von 10 zu niedrig sei.
Das SG hörte von der Klägerin benannte Ärzte - unter Übersendung der gutachtlichen Stellungnahme des Vertragsarztes D. vom 09.10.2013 - schriftlich als sachverständige Zeugen an. Dr. H. (Arzt der Praxis für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie A.) teilte in seiner Stellungnahme vom 05.03.2014 (unter Vorlage der Berichte des Krankenhauses Bietigheim - Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie - vom 06.10.2011 über eine stationäre Behandlung der Klägerin vom 04.10.2011 bis 15.11.2011 und des Klinikums am W. vom 20.09.2011 über eine stationäre Behandlung vom 13.09.2011 bis 20.09.2011) - den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und die Befunde mit. Er erachtete wegen der psychischen Erkrankung der Klägerin einen Einzel-GdB von 40 für angemessen. Der Facharzt für Allgemeinmedizin und Chirotherapie Dr. M. teilte in der Stellungnahme vom 05.03.2014 den Behandlungsverlauf, die Diagnosen und die Befunde mit. Eine Bewertung des GdB sei nicht ausreichend zu beurteilen.
Der Beklagte trat der Klage unter Vorlage der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. G. vom 03.06.2014 entgegen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.10.2014 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, bei der Klägerin lasse sich kein höherer GdB als 30 feststellen. Im Funktionssystem Verdauung (Refluxkrankheit der Speiseröhre/chronische Gastritis) betrage der GdB allenfalls 10. Für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche lasse sich kein höherer GdB als 30 rechtfertigen. Selbst wenn bei der Klägerin hinsichtlich des Funktionssystems Gehirn einschließlich Psyche von einem GdB von 40 ausgegangen werde, könne der begehrte GdB von 50 nicht festgestellt werden.
Gegen den der Klägerin am 27.10.2014 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die von der Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte am 26.11.2014 eingelegte Berufung. Die Klägerin hat zur Begründung ausgeführt, die Ansicht des SG, für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche könne ein GdB von 40 nicht angenommen werden, sei unzutreffend. Nach Ansicht des Dr. H.sei ein GdB von 40 vielmehr angemessen. Zu rügen sei, dass das SG keine weiteren Amtsermittlungsmaßnahmen ergriffen habe. Es lägen mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten vor. Sie sei seit 2011 nicht in der Lage einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Weiter leide sie unter Adipositas, einer arteriellen Hypertonie und an Asthma bronchiale, was unberücksichtigt geblieben sei. Die Berücksichtigung der Refluxkrankheit der Speiseröhre mit einem GdB von 10 sei nicht ausreichend.
Die Klägerin beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Oktober 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Abänderung des Bescheides vom 4. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Oktober 2013 zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit 50 seit dem 15. April 2013 festzustellen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hat unter Verweis auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheides vorgetragen, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine neuen Argumente, die eine höhere Bewertung des GdB begründen könnten. Das SG habe nachvollziehbar dargelegt, weshalb sich für das Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche kein höherer GdB als 30 rechtfertigen lasse. Die übrigen Funktionsbeeinträchtigungen seien leichtgradig und wirkten sich auf die Höhe des Gesamt-GdB nicht aus.
Der Senat hat (von Amts wegen) das nervenärztliche Gutachten des Dr. H. vom 15.05.2015 eingeholt, das er unter Mitwirkung der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. erstattet hat. Der Sachverständige gelangte in seinem Gutachten zu den Ergebnissen, ein eigenständiger GdB auf neurologischem Fachgebiet bestehe nicht. Auf psychiatrischem Gebiet seien die Kriterien für das Vorliegen einer rezidivierenden depressiven Störung mit aktuell leichter depressiver Episode erfüllt. Bei Berücksichtigung des Verlaufs und der Ausprägung der Erkrankung handele es sich um eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Es sei von einem GdB von 30 auszugehen. Aufgrund einer Ellenbogen-Fraktur im Dezember 2014 bestehe eine minimale Einschränkung der Armstreckung links. Zudem sei aktuell der Fersengang links bedingt durch eine schmerzhafte Tarsalgie kaum durchführbar. Daraus resultiere keine relevante funktionelle Leistungseinschränkung. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der Refluxkrankheit der Speiseröhre (GdB 10) schätzte der Sachverständige den Gesamt-GdB auf 30 seit 15.04.2013 ein.
Der richterlichen Verfügung vom 20.05.2015, insbesondere zum Gutachten Stellung zu nehmen, ist die Klägerin trotz Erinnerung nicht nachgekommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Bl. 56, 58 der Senatsakte).
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf einen Band Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden können (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Der Senat hat den Berufungsantrag der Klägerin nach ihrem erkennbaren Begehren sachdienlich gefasst.
Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist, ob bei der Klägerin eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit im Sinne des § 33b Einkommensteuergesetz vorliegt, was der Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid vom 04.07.2013 verneint hat. Hiergegen hat sich die Klägerin nicht gewandt. Sie wendet sich ausdrücklich nur gegen die Feststellung der Höhe des GdB. Damit ist der streitgegenständliche Bescheid insoweit bestandskräftig geworden.
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, aber unbegründet. Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 04.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2013 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung des GdB mit 50 seit dem 15.04.2013, wie von ihr beantragt. Vielmehr ist der festgestellte GdB von 30 seit 15.04.2013 nicht unangemessen und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für die Bewertung des GdB sind die Vorschriften des SGB IX. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder see-lische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Hierfür gelten gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 und 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der aufgrund des § 30 Abs. 16 des BVG erlassenen Rechtsverordnung entsprechend. In diesem Zusammenhang waren bis zum 31.12.2008 die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (Teil 2 SGB IX), Ausgabe 2008 (AHP) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 23.06.1993 - 9/9a RVs 1/91 - BSGE 72, 285; BSG, Urteil vom 09.04.1997 - 9 RVs 4/95 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 19; BSG, Urteil vom 18.09.2003 B 9 SB 3/02 R - BSGE 190, 205; BSG, Urteil vom 29.08.1990 - 9a/9 RVs 7/89 - BSG SozR 3-3870 § 4 Nr. 1).
Seit 01.01.2009 ist an die Stelle der AHP, die im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung als antizipierte Sachverständigengutachten angewendet wurden, die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, § 30 Abs. 1 und § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung; VersMedV) getreten. Damit hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales von der Ermächtigung nach § 30 Abs. 16 BVG zum Erlass einer Rechtsverordnung Gebrauch gemacht und die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG aufgestellt. Nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX gelten diese Maßstäbe auch für die Feststellung des GdB. Anders als die AHP, die aus Gründen der Gleichbehandlung in allen Verfahren hinsichtlich der Feststellung des GdB anzuwenden waren und dadurch rechtsnormähnliche Wirkungen entfalteten, ist die VersMedV als Rechtsverordnung verbindlich für Verwaltung und Gerichte. Sie ist indes, wie jede untergesetz-liche Rechtsnorm, auf inhaltliche Verstöße gegen höherrangige Rechtsnormen - insbesondere § 69 SGB IX - zu überprüfen (BSG, Urteil vom 23.4.2009 - B 9 SB 3/08 R - RdNr 27, 30 m.w.N.). Sowohl die AHP als auch die VersMedV (nebst Anlage) sind im Lichte der rechtlichen Vorgaben des § 69 SGB IX auszulegen und - bei Verstößen dagegen - nicht anzuwenden (BSG, Urteil vom 30.09.2009 SozR 4-3250 § 69 Nr. 10 RdNr. 19 und vom 23.4.2009, a.a.O., RdNr 30)
Bei der Klägerin besteht auf psychiatrischem Gebiet eine seelische Störung in Form einer rezidivierenden depressiven Störung, wie Dr. H. in seinem Gutachten vom 15.05.2015 festgestellt hat. Dem entsprechen auch die Berichte der Praxis für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie A. sowie die Angaben des Dr. H. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 05.03.2014. Die am 12.11.2012 gestellte Diagnose einer Angststörung hat Dr. H. nicht mehr feststellen können. Anhaltspunkte für eine eigenständige Angsterkrankung hat er nicht gefunden.
Nach den VG Teil B 3.7 ist bei Neurosen, Persönlichkeitsstörungen oder Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen der GdB mit 0 bis 20, bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) der GdB mit 30 bis 40 und bei schweren Störungen (z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 50 bis 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten der GdB mit 80 bis 100 zu bewerten.
Dass bei der Klägerin schwere Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten bestehen, trifft nicht zu. Hierfür findet sich weder in dem Gutachten des Dr. H. wie auch in den zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen ein Anhaltspunkt. Insbesondere Beeinträchtigungs- und Verfolgungsideen bzw. Sinnestäuschungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Auch Dr. H. geht in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage nicht vom Vorliegen eines GdB von mindestens 50 aus, und verneint damit das Vorliegen von schweren Störungen mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten.
Nach dem Gutachten des Dr. H. wird die Klägerin durch die rezidivierende depressive Störung in allen Lebensbereichen beeinträchtigt. Dies gilt nicht nur für berufliche sondern auch für außerberufliche Aktivitäten. Bei Berücksichtigung des Verlaufs und der Ausprägung der Erkrankung besteht eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, für die nach den dargestellten Bewertungsgrundsätzen der VG ein GdB-Rahmen von 30 bis 40 eröffnet ist. Vorliegend ist es zur Überzeugung des Senates jedenfalls im streitigen Zeitraum seit 15.04.2013 nicht gerechtfertigt, den GdB-Rahmen mit einem GdB von 40 auszuschöpfen. Nach den Beschreibungen im Gutachten von Dr. H. ist die Klägerin trotz ihrer seelischen Störung noch in der Lage, ihren Tagesablauf zu strukturieren. So ist die Klägerin insbesondere in der Lage, den Haushalt zu erledigen, Einkäufe zu tätigen und Termine wahrzunehmen. Zwischenzeitlich arbeitet die Klägerin (von 10:30 Uhr bis ca. 15:15 Uhr) in einer Kantine in eigenverantwortlicher Tätigkeit. Nach der Arbeit ist sie in der Lage, noch unerledigte Dinge zu erledigen. Zweimal in der Woche geht sie - mit ihrer Tochter - zu einer Guggenmusik-Gruppe zum Musizieren. Außerdem trifft sich die Klägerin hin und wieder mit Freundinnen, trotz Rückzugs über die Jahre. Nach der psychischen Befundbeschreibung des Dr. H. bestehen bei der Klägerin eine leichte Grübelneigung (Sorgen um ihre finanziell angespannte Situation und die Zukunft), eine zum Teil leicht gedrückte wechselnde Stimmungslage, eine leichte affektive Labilität. Die Klägerin wirkte bei ihrer Untersuchung angespannt. Dagegen sind die Auffassung, die Konzentration, die Psychomotorik sowie der Antrieb in der Untersuchungssituation unauffällig. Einschränkungen der Merkfähigkeit und des Gedächtnisses liegen nicht vor. Die Klägerin hat lediglich subjektiv über eine leichte Vergesslichkeit sowie Konzentrationsstörungen im Alltag berichtet. Die Intelligenz liegt klinisch im Normbereich. Der formale Gedankengang ist geordnet. Die affektive Schwingungsfähigkeit ist ausreichend erhalten. Anhaltspunkte für eine Suizidalität oder Ich-Störungen liegen nicht vor. Bei diesen Befunden besteht kein Anlass, den nach den VG eröffneten GdB-Rahmen nach oben auf 40 auszuschöpfen. Allein der Umstand, dass die Klägerin arbeitsunfähig war, ist für die Beurteilung des GdB nicht ausschlaggebend, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat. Vielmehr erachtet auch der Senat wegen der seelischen Störung in Form der rezidivierenden Depression einen Einzel-GdB von 30 für völlig ausreichend. Hiervon geht auch Dr. H. in seinem Gutachten aus, der ebenfalls aus nervenärztlicher Sicht einen GdB von 30 annimmt.
Soweit Dr. H. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage wegen der psychischen Erkrankung der Klägerin einen Einzel-GdB von 40 für angemessen erachtet, folgt der Senat dieser Bewertung nicht. Seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage lassen sich keine Befunde entnehmen, die seine Bewertung plausibel machen. Allein ein krankheitsbedingt reduziertes Durchhaltevermögen sowie eine reduzierte Stress- und Frustrationstoleranz machen einen Einzel-GdB von 40 nicht plausibel. Entsprechendes gilt, soweit Dr. H. berücksichtigt, dass die Klägerin ihren letzten Arbeitsplatz als Servicekraft in einem Klinik-Kiosk habe aufgeben müssen. Nach den von Dr. H. in seinem Gutachten beschriebenen Angaben zur Sozialanamnese hatte die Klägerin diese Tätigkeit seit dem Jahr 2011 wegen Arbeitsunfähigkeit nicht weiter ausgeführt. Verlässliche Rückschlüsse auf die Bewertung des Einzel-GdB für den vorliegend streitigen Zeitraum ab 15.04.2013 lassen sich hieraus nicht ableiten. Auch den medizinischen Berichten der Praxis für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie A., der Dr. H. angehört, lassen sich keine Befunde entnehmen, die einen Einzel-GdB von 40 plausibel machten, zumal sich diese Berichte auf einen Zeitraum bis zuletzt 14.01.2013 beziehen und damit den vorliegend streitigen Zeitraum ab 15.04.2013 nicht erfassen.
Dass bei der Klägerin wegen der depressiven Störung im streitigen Zeitraum ab 15.04.2013 zeitweise die Annahme eines Einzel-GdB von 40 gerechtfertigt ist, lässt sich nicht feststellen. Nach den von Dr. H. im Gutachten vom 15.05.2015 beschriebenen Beschwerdeangaben der Klägerin ist es im Sommer 2011 (anlassbedingt) zu einem psychischen Einbruch gekommen, der sich nach einem stationären Aufenthalt in der Klinik für Psychosomatik des Krankenhauses B. von Anfang Oktober bis Mitte November 2011 gebessert hat, was auch der Bericht des Krankenhauses B. vom 06.10.2011 belegt, so dass die Klägerin ihren Alltag ohne medikamentöse Therapie wieder hat regeln können. Aufgrund eingestellter Krankengeldzahlungen und der damit verbundenen finanziellen Not ist es bei der Klägerin dann erneut zu einem Stimmungseinbruch gekommen, weshalb ihr im Rahmen einer ambulanten psychiatrischen Behandlung Antidepressiva verschrieben wurden, wodurch es wiederum zu einer leichten Besserung ihres Befindens kam. Mit Eintritt ihrer neuen Arbeitsstelle im März 2014 hat sich ihr Zustand weiter gebessert. Psychopharmaka wurden von der Klägerin kurz nach Arbeitsantritt abgesetzt. Seither hat sich die Klägerin nicht mehr in psychiatrischer Behandlung befunden. Damit lässt sich ein dauerhaftes Ausmaß der Behinderung durch die depressive Störung, das einen Einzel-GdB von 40 im streitigen Zeitraum ab 15.04.2013 auch nur zeitweise rechtfertigt, nicht verlässlich verifizieren, weshalb zur Überzeugung des Senats für den streitigen Zeitraum ab 15.04.2013 allenfalls ein Einzel-GdB von 30 belegt ist. Hiervon geht auch Dr. H. in seinem Gutachten für den Senat plausibel und nachvollziehbar aus, der trotz der Schwankungen wesentliche Veränderungen verneint und eine zeitliche Staffelung des Einzel-GdB für den streitigen Zeitraum für entbehrlich erachtet hat. Im Übrigen kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bei einer fehlenden ärztlichen Behandlung regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, dass ein seelisches Leiden über eine leichtere psychische Störung hinausgeht und bereits eine stärker behindernde Störung im Sinne der GdB-Bewertungsgrundsätze darstellt (vgl. Senatsurteil vom 17.12.2010 L 8 SB 1549/10, juris RdNr. 31), weshalb ab März 2014 der Einzel-GdB von 30 sogar eher großzügig erscheint.
Die Refluxkrankheit der Klägerin ist mit einem Einzel-GdB von 10 nicht unzureichend bewertet, wie das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid unter zutreffender Darstellung der Bewertungsvorgaben der VG begründet hat, worauf der Senat nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner Entscheidung Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG). Die Ausführungen des SG werden auch durch die im Gutachten von Dr. H. beschriebenen Beschwerdeangaben der Klägerin sowie dem beschriebenen körperliche Untersuchungsbefund untermauert. Eine bedeutsame Behinderung durch die Refluxerkrankung oder durch eine Gastritis hat die Klägerin nicht angegeben. Weiter bestehen bei der Klägerin ein guter Allgemein- und ein übergewichtiger Ernährungszustand, was gegen eine relevante Beeinträchtigungen der Verdauung spricht. Gesichtspunkte, die eine der Klägerin günstigere Bewertung des GdB rechtfertigen, hat sie im Berufungsverfahren nicht dargetan. Ihre pauschale Behauptung, der Beklagte habe die Refluxkrankheit nicht ausreichend mit einem Einzel-GdB von 10 berücksichtigt, reicht nicht aus, diese Ansicht nachvollziehbar zu machen.
Die Klägerin rügt weiter zu Unrecht, eine arterielle Hypertonie und ein Asthma bronchiale seien zu berücksichtigen. Nach den Angaben des Dr. M. in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 05.03.2014, worauf sich die Klägerin beruft, besteht hinsichtlich des am 26.04.2013 erhobenen Blutdrucks (RR 140/85 mmHg) allenfalls ein grenzwertig erhöhter Blutdruck, was dem Senat aus anderen Verfahren gerichtsbekannt ist und was auch allgemeinkundig sein dürfte. Ein bedeutsamer Bluthochdruck, der nach den VG Teil B 9.3 einen Einzel-GdB von wenigstens 10 rechtfertigt wird dadurch nicht belegt und kann auch den sonst zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen nicht entnommen werden, die einen normalen Blutdruck dokumentieren (RR 120/80 und 130/80 mmHg - Bericht Krankenhaus V. vom 19.08.2011 -). Entsprechendes gilt für eine Asthmaerkrankung (VG Teil B 8.5). Dr. M. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 05.03.2014 entgegen dem Vortrag der Klägerin lediglich den Verdacht auf ein Asthma bronchiale diagnostiziert, weshalb er ein Medikament verordnet hat. Weitere Konsultationen der Klägerin sind nach seinen Angaben deswegen nicht mehr erfolgt, was als Indiz deutlich dafür spricht, dass die Klägerin wegen einer Atemwegserkrankung nicht nennenswert beeinträchtigt ist. Dies wird auch durch die im Gutachten von Dr. H. vom 15.05.2015 beschriebenen Angaben der Klägerin bestätigt, wonach sie sich aktuell nicht in regelmäßiger ärztlicher Behandlung befindet und ihren Hausarzt nur bei Beschwerden aufsucht. Gesichtspunkte, die eine der Klägerin günstigere Bewertung rechtfertigen, zeigt sie im Berufungsverfahren nicht auf.
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, sie leide unter Adipositas, bedingt dies allein nach den VG Teil B 15.3 keinen GdB. Nur Folge- und Begleitschäden (insbesondere am kardiopulmonalen System oder am Stütz- und Bewegungsapparat) können die Annahme eines GdB begründen. Gleiches gilt für die besonderen funktionellen Auswirkungen einer Adipositas permagna. Dass bei der Klägerin (nicht berücksichtigte) Folge- und Begleitschäden bestehen, ist nicht ersichtlich und wird im Übrigen von ihr auch nicht dargetan.
Auch sonstige zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass bei der Klägerin durch die im Entlassungsbericht des Krankenhauses Vaihingen vom 19.08.2011 diagnostizierten Leberwerterhöhung unklarer Genese eine dauerhafte Behinderung vorliegt. Entsprechendes gilt für die im August 2011 nach dem Entlassungsbericht des Krankenhauses Vaihingen vom 19.08.2011 erfolgreich behandelte Ösophagitis, DD Gastroenteritis. Die von Dr. H. in seinem Gutachten beschriebene minimale Einschränkung der Armstreckung links und die bei der Untersuchung aktuelle Beeinträchtigung des Fersengangs links bedingen nach dessen überzeugenden Bewertung keine relevante funktionelle Leistungseinschränkung. Sonstige zu berücksichtigende Gesundheitsstörungen hat die Klägerin im Übrigen auch nicht geltend gemacht.
Hiervon ausgehend ist der vom Beklagten festgestellte GdB von 30 nicht unangemessen. Eine Schwerbehinderung der Klägerin (GdB 50) liegt schon gar nicht vor. Die Bemessung des Gesamt-GdB erfolgt nach § 69 Abs. 3 SGB IX. Danach ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt-GdB ungeeignet. In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. A Nr. 3 VG). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP bzw. der VersMedV einschließlich der VG in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3-3879 § 4 Nr. 5 zu den AHP). Es ist also eine Prüfung vorzunehmen, wie die einzelnen Behinderungen sich zueinander verhalten und ob die Behinderungen in ihrer Gesamtheit ein Ausmaß erreichen, das die Schwerbehinderung bedingt. Hiervon ausgehend ist bei der Bildung des Gesamt-GdB die seelische Störung/Depression mit einem Einzel-GdB von (allenfalls) 30 zu berücksichtigen. Dieser wird durch die Refluxkrankheit mit einem Einzel-GdB von 10 nicht weiter erhöht. Sonstige bei der Bildung des Gesamt-GdB zu berücksichtigende Erkrankungen sind nicht belegt.
Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht nicht. Der Sachverhalt ist durch die vom SG sowie im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen und die zu den Akten gelangten medizinischen Befundunterlagen vollständig aufgeklärt und vermitteln dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Gesichtspunkte, durch die sich der Senat zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müsste, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht aufgezeigt, weshalb der Senat sich auch nicht zur Einholung weiterer Sachverständigengutachten von Amts wegen veranlasst sieht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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