Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 39 AL 325/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 265/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 24. September 2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob die Klägerin gemäß § 2 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) mit einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen ist.
Die 1956 geborene Klägerin ist seit 1983 als Angestellte beim P und I der B - unkündbar - beschäftigt, und zwar seit 2004 aus gesundheitlichen Gründen in Teilzeit (19,5 Stunden wöchentlich an 2,5 Tagen). Bei ihr ist seit 24. März 2010 ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt (Neufeststellungsbescheid des Landesamtes für Soziales und Versorgung Cottbus vom 16. September 2010).
Am 24. November 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Zwar sei ihr derzeitiges Beschäftigungsverhältnis unbefristet und ungekündigt. Sie benötige die Gleichstellung aber, um ihre Vermittlungschancen innerhalb ihrer Beschäftigungsstelle bei Umsetzungen oder internen Stellenausschreibungen zu verbessern. Die Beklagte lehnte den Gleichstellungsantrag der Klägerin ab (Bescheid vom 6. Februar 2012) und wies den dagegen erhobenen Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2012).
Das Sozialgericht (SG) Cottbus hat die auf Verpflichtung der Beklagten gerichtete Klage, sie - die Klägerin - mit einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen, mit Urteil vom 24. September 2014 abgewiesen. Weder der Erlangungs- noch der Behaltenstatbestand des § 2 Abs. 3 SGB IX seien erfüllt.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor: Eine Gleichstellung müsse auch dann erfolgen, wenn behinderungsbedingt - wie in ihrem Falle auch von der Schwerbehindertenvertretung und vom Personalrat bestätigt - innerhalb der Behörde bei Ausschreibungen Wettbewerbsnachteile gegenüber nicht behinderten Mitarbeitern bestünden. Ein konkret zu erlangender Arbeitsplatz sei dabei nicht zu benennen. Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 24. September 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakte beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl § 153 Abs 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin, mit der diese ihre statthafte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (vgl § 54 Abs. 1 Satz 1, § 56 SGG) weiter verfolgt zur Klageart: vgl Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 1. März 2011 - B 7 AL 6/10 R = BSGE 108, 4 = SozR 4-3250 § 2 Nr 4, Rn 9; zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung dieser Klage vgl BSG, Urteil vom 6. August 2014 - B 11 AL 16/13 R - juris), ist nicht begründet.
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Klägerin durch einen entsprechend feststellenden Verwaltungsakt einem behinderten Menschen gleichzustellen. Gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX sollen behinderte Menschen mit einem GdB von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SGB IX vorliegen, schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz iS des § 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können.
Die Klägerin erstrebt die Gleichstellung, weil sie ohne diese bei hausinternen Stellenbesetzungen bzw -ausschreibungen behinderungsbedingte Nachteile gegenüber nicht behinderten Mitarbeitern befürchtet, ohne einen konkret angestrebten und für sie geeigneten Arbeitsplatz zu benennen. Dagegen macht sie nicht geltend, den von ihr besetzten und - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - geeigneten sowie, was sowohl die Arbeitgeberin, die Schwerbehindertenvertretung und der Personalrat bestätigt haben, auch nicht gefährdeten Arbeitsplatz behalten zu wollen (Alt 2), sodass hier nur Alt. 1 der Vorschrift zu prüfen ist.
Die Gleichstellung nach Maßgabe des Erlangungstatbestands (§ 2 Abs. 3 Alt 1 SGBIX) setzt voraus, dass der behinderte Mensch einen konkreten Arbeitsplatz erlangen will (vgl BSG, Urteil vom 6. August 2014 - B 11 AL 5/14 R = SozR 4-3250 § 2 Nr 5). Dies ist hier nicht der Fall.
Die Klägerin möchte keinen konkreten Arbeitsplatz iS des § 73 Abs 1 SGB IX erlangen, sondern erstrebt die Gleichstellung, um für (irgendeinen) möglichen Arbeitsplatz innerhalb ihrer Behörde im Falle eines entsprechenden Bewerbungsverfahrens behinderungsbedingte Nachteile gegenüber nicht behinderten Wettbewerbern ausgleichen zu können. Dies ist indes nicht ausreichend für die begehrte Gleichstellung. Nach der zitierten Rechtsprechung des BSG, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, ist für den Erlangungstatbestand (Alt 1) zu verlangen, dass der behinderte Mensch einen konkreten Arbeitsplatz erlangen will. Dies ist schon geboten, um den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 3 SGB IX nicht zu überdehnen. Würde es genügen, dass es - abstrakt betrachtet - (irgendwelche) Arbeitsplätze gibt, für die der behinderte Mensch, der Gleichstellung bedürfte, um sie zu erlangen, wäre fast jeder behinderte Mensch mit GdB 30 oder 40 gleichzustellen. Denn der behinderte Mensch müsste nur Arbeitsplätze benennen, die er ohne Gleichstellung nicht erlangen kann. Auch im Wortlaut des § 2 Abs. 3 iVm § 73 SGB IX ist eine Konkretisierung angelegt, wenn dort zur Voraussetzung erhoben wird, dass der behinderte Mensch kausal durch die Behinderung "einen" für ihn geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen kann. Weder die Frage der Kausalität noch die Frage der Eignung des Arbeitsplatzes kann abstrakt und allgemein für alle denkbaren Arbeitsplätze geprüft werden. Schließlich spricht der Zweck der Regelung, die Sicherung oder Herstellung von Teilhabe am Arbeitsleben, für diese Auslegung (vgl die ausführliche Begründung des BSG aaO).
Da die Klägerin keinen konkreten Arbeitsplatz benannt hat, den sie erlangen will, bedarf es keiner Prüfung der weiteren Gleichstellungsvoraussetzungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob die Klägerin gemäß § 2 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) mit einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen ist.
Die 1956 geborene Klägerin ist seit 1983 als Angestellte beim P und I der B - unkündbar - beschäftigt, und zwar seit 2004 aus gesundheitlichen Gründen in Teilzeit (19,5 Stunden wöchentlich an 2,5 Tagen). Bei ihr ist seit 24. März 2010 ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt (Neufeststellungsbescheid des Landesamtes für Soziales und Versorgung Cottbus vom 16. September 2010).
Am 24. November 2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen. Zwar sei ihr derzeitiges Beschäftigungsverhältnis unbefristet und ungekündigt. Sie benötige die Gleichstellung aber, um ihre Vermittlungschancen innerhalb ihrer Beschäftigungsstelle bei Umsetzungen oder internen Stellenausschreibungen zu verbessern. Die Beklagte lehnte den Gleichstellungsantrag der Klägerin ab (Bescheid vom 6. Februar 2012) und wies den dagegen erhobenen Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2012).
Das Sozialgericht (SG) Cottbus hat die auf Verpflichtung der Beklagten gerichtete Klage, sie - die Klägerin - mit einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen, mit Urteil vom 24. September 2014 abgewiesen. Weder der Erlangungs- noch der Behaltenstatbestand des § 2 Abs. 3 SGB IX seien erfüllt.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor: Eine Gleichstellung müsse auch dann erfolgen, wenn behinderungsbedingt - wie in ihrem Falle auch von der Schwerbehindertenvertretung und vom Personalrat bestätigt - innerhalb der Behörde bei Ausschreibungen Wettbewerbsnachteile gegenüber nicht behinderten Mitarbeitern bestünden. Ein konkret zu erlangender Arbeitsplatz sei dabei nicht zu benennen. Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 24. September 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 6. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie einem schwerbehinderten Menschen gleichzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakte beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung der Klägerin durch Beschluss zurückweisen können, weil er dieses Rechtsmittel einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl § 153 Abs 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung der Klägerin, mit der diese ihre statthafte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (vgl § 54 Abs. 1 Satz 1, § 56 SGG) weiter verfolgt zur Klageart: vgl Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 1. März 2011 - B 7 AL 6/10 R = BSGE 108, 4 = SozR 4-3250 § 2 Nr 4, Rn 9; zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung dieser Klage vgl BSG, Urteil vom 6. August 2014 - B 11 AL 16/13 R - juris), ist nicht begründet.
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Klägerin durch einen entsprechend feststellenden Verwaltungsakt einem behinderten Menschen gleichzustellen. Gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX sollen behinderte Menschen mit einem GdB von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 SGB IX vorliegen, schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz iS des § 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können.
Die Klägerin erstrebt die Gleichstellung, weil sie ohne diese bei hausinternen Stellenbesetzungen bzw -ausschreibungen behinderungsbedingte Nachteile gegenüber nicht behinderten Mitarbeitern befürchtet, ohne einen konkret angestrebten und für sie geeigneten Arbeitsplatz zu benennen. Dagegen macht sie nicht geltend, den von ihr besetzten und - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - geeigneten sowie, was sowohl die Arbeitgeberin, die Schwerbehindertenvertretung und der Personalrat bestätigt haben, auch nicht gefährdeten Arbeitsplatz behalten zu wollen (Alt 2), sodass hier nur Alt. 1 der Vorschrift zu prüfen ist.
Die Gleichstellung nach Maßgabe des Erlangungstatbestands (§ 2 Abs. 3 Alt 1 SGBIX) setzt voraus, dass der behinderte Mensch einen konkreten Arbeitsplatz erlangen will (vgl BSG, Urteil vom 6. August 2014 - B 11 AL 5/14 R = SozR 4-3250 § 2 Nr 5). Dies ist hier nicht der Fall.
Die Klägerin möchte keinen konkreten Arbeitsplatz iS des § 73 Abs 1 SGB IX erlangen, sondern erstrebt die Gleichstellung, um für (irgendeinen) möglichen Arbeitsplatz innerhalb ihrer Behörde im Falle eines entsprechenden Bewerbungsverfahrens behinderungsbedingte Nachteile gegenüber nicht behinderten Wettbewerbern ausgleichen zu können. Dies ist indes nicht ausreichend für die begehrte Gleichstellung. Nach der zitierten Rechtsprechung des BSG, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, ist für den Erlangungstatbestand (Alt 1) zu verlangen, dass der behinderte Mensch einen konkreten Arbeitsplatz erlangen will. Dies ist schon geboten, um den Anwendungsbereich des § 2 Abs. 3 SGB IX nicht zu überdehnen. Würde es genügen, dass es - abstrakt betrachtet - (irgendwelche) Arbeitsplätze gibt, für die der behinderte Mensch, der Gleichstellung bedürfte, um sie zu erlangen, wäre fast jeder behinderte Mensch mit GdB 30 oder 40 gleichzustellen. Denn der behinderte Mensch müsste nur Arbeitsplätze benennen, die er ohne Gleichstellung nicht erlangen kann. Auch im Wortlaut des § 2 Abs. 3 iVm § 73 SGB IX ist eine Konkretisierung angelegt, wenn dort zur Voraussetzung erhoben wird, dass der behinderte Mensch kausal durch die Behinderung "einen" für ihn geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen kann. Weder die Frage der Kausalität noch die Frage der Eignung des Arbeitsplatzes kann abstrakt und allgemein für alle denkbaren Arbeitsplätze geprüft werden. Schließlich spricht der Zweck der Regelung, die Sicherung oder Herstellung von Teilhabe am Arbeitsleben, für diese Auslegung (vgl die ausführliche Begründung des BSG aaO).
Da die Klägerin keinen konkreten Arbeitsplatz benannt hat, den sie erlangen will, bedarf es keiner Prüfung der weiteren Gleichstellungsvoraussetzungen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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