Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 17 (28) R 58/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 15/14 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 14.11.2013 in Fassung des Änderungsbeschlusses vom 29.11.2013 geändert. Der Streitwert für das Klageverfahren wird auf 32.100,37 EUR festgesetzt. Gerichtsgebühren werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Kosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Gründe:
I.
Die Beklagte erhob mit an den Kläger adressiertem Bescheid vom 2.12.2008 als Ergebnis einer Betriebsprüfung gemäß § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) eine Beitragsnachforderung von 128.401,49 Euro einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 29.374,00 Euro. Zuvor hatte das Amtsgericht (AG) L mit Beschluss vom 14.10.2008 (Az.: 73 IN 00/08) über das Vermögen des Klägers wegen dessen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet, in dessen Verlauf die Beigeladene am 17.3.2009 die in dem Bescheid der Beklagten vom 2.12.2008 geregelte Beitragsnachforderung nebst Säumniszuschlägen in voller Höhe als Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung gemäß § 266a Strafgesetzbuch i.V.m. § 823 Bürgerliches Gesetzbuch anmeldete.
In dem nach erfolglosem Vorverfahren (Widerspruchsbescheid vom 30.4.2009) angestrengten Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Köln hob die Beklagte mit Anerkenntnis vom 12.6.2013 den angefochtenen Bescheid auf.
Das SG hat mit Beschluss vom 14.11.2013 den Streitwert zunächst in Höhe der mit dem Bescheid vom 2.12.2008 festgesetzten Pflichtbeiträge festgesetzt und auf die am 18.11.2013 eingelegte Beschwerde des Klägers den Streitwert sodann unter Berücksichtigung der erhobenen Säumniszuschläge mit Beschluss vom 29.11.2013 mit 128.401,98 Euro beziffert.
Gegen den ihr am 26.11.2013 zugestellten Beschluss vom 14.11.2013 hat die Beklagte am 5.12.2014 bei dem SG Köln Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert in Höhe der Insolvenzquote gemäß § 102 Insolvenzordnung (InsO) festzusetzen. Die Insolvenzquote werde mit 5 % bemessen.
Der Kläger ist der Beschwerde entgegengetreten. Die Beklagte verkenne, dass sich der Verfahrenswert nach dem Streitgegenstand, mithin der mit dem angefochtenen Bescheid geregelten Beitragsnachforderung, bemesse. Es sei nicht um eine insolvenzrechtliche Klage gegangen, sondern um eine Klage vor dem Sozialgericht aufgrund eines Betriebsprüfungsverfahrens, die die Beklagte gegenüber dem Kläger zu Unrecht geltend gemacht habe. Es gehe auch nicht um einen Insolvenzverwalter, der etwas bestritten haben könne, sondern allein um die Beklagte und den Kläger.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der von dem Senat beigezogenen Gerichtsakten betreffend das bei dem AG L unter dem Az.:73 IN 00/08 geführte Insolvenzverfahren Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung von drei Berufsrichtern (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 31.8.2009, L 8 R 11/09 R, juris).
Die zulässige Beschwerde der Beklagten ist begründet. Der Streitwert für das Klageverfahren ist auf den in dem Tenor des Beschlusses bezifferten Betrag festzusetzen.
1. In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz [GKG]). Betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG). Nach Auffassung des Senats ist der Streitwert weder in Anwendung der §§ 182, 185 Satz 3 InsO in Höhe des Betrages festzusetzen, der bei einer Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist (zur Bemessung des Streitwertes der Klage eines Insolvenzverwalters vgl. Senat, Beschluss v. 14.3.2014, L 8 R 636/13 B), noch kann bei der Bemessung des Streitwertes ohne Weiteres auf den in dem angefochtenen Bescheid bezifferten Nachforderungsbetrag zurückgegriffen werden. Vielmehr ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers darauf gerichtet, eine Vollstreckung nach Restschuldbefreiung (§ 301 InsO) zu verhindern. Eine Vollstreckung trotz gleichwohl erfolgter Restschuldbefreiung käme im vorliegenden Verfahren nach näherer Maßgabe des § 302 Nr. 1 InsO in Betracht, wonach von der Erteilung einer Restschuldbefreiung Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung nicht berührt werden, sofern der Gläubiger - im vorliegenden Fall die für den Beitragseinzug zuständige Beigeladene als Einzugsstelle, die auch nach einer Arbeitgeberprüfung durch die Rentenversicherung Gläubiger des Gesamtsozialversicherungsbeitrags bleibt (vgl. Jochim, in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl., § 28p Rdnr. 148 unter Hinweis auf BT-Drucks. 13/1205, S. 6) - die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Abs. 2 InsO zur Tabelle angemeldet hatte (zur Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage des Schuldners bezüglich des Rechtsgrundes der vorsätzlich begangenen Handlung vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Urteil v. 10.10.2013, IX ZR 30/13).
Bei einer Klage, mit der im Wege des § 184 InsO die Feststellung begehrt wird, eine angemeldete Forderung beruhe auf einer vorsätzlich unerlaubten Handlung, bemisst sich der Streitwert nicht nach dem Nennwert der Forderung; vielmehr sind die späteren Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und Erteilung maßgeblich. Sind diese als nur gering anzusehen, kann ein deutlicher Abschlag von 75 Prozent des Nennwertes der Forderung angemessen sein (BGH, Beschluss v. 22.1.2009, IX ZR 235/08, juris, Rdnr. 5 ff.). Vor dem Hintergrund der im vorliegenden Sachverhalt gleichfalls geringen Vollstreckungsvoraussetzungen erscheint auch dem Senat eine Reduzierung des Nennwertes um 75% sachgerecht.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.
3. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beklagte erhob mit an den Kläger adressiertem Bescheid vom 2.12.2008 als Ergebnis einer Betriebsprüfung gemäß § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) eine Beitragsnachforderung von 128.401,49 Euro einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 29.374,00 Euro. Zuvor hatte das Amtsgericht (AG) L mit Beschluss vom 14.10.2008 (Az.: 73 IN 00/08) über das Vermögen des Klägers wegen dessen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet, in dessen Verlauf die Beigeladene am 17.3.2009 die in dem Bescheid der Beklagten vom 2.12.2008 geregelte Beitragsnachforderung nebst Säumniszuschlägen in voller Höhe als Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung gemäß § 266a Strafgesetzbuch i.V.m. § 823 Bürgerliches Gesetzbuch anmeldete.
In dem nach erfolglosem Vorverfahren (Widerspruchsbescheid vom 30.4.2009) angestrengten Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Köln hob die Beklagte mit Anerkenntnis vom 12.6.2013 den angefochtenen Bescheid auf.
Das SG hat mit Beschluss vom 14.11.2013 den Streitwert zunächst in Höhe der mit dem Bescheid vom 2.12.2008 festgesetzten Pflichtbeiträge festgesetzt und auf die am 18.11.2013 eingelegte Beschwerde des Klägers den Streitwert sodann unter Berücksichtigung der erhobenen Säumniszuschläge mit Beschluss vom 29.11.2013 mit 128.401,98 Euro beziffert.
Gegen den ihr am 26.11.2013 zugestellten Beschluss vom 14.11.2013 hat die Beklagte am 5.12.2014 bei dem SG Köln Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert in Höhe der Insolvenzquote gemäß § 102 Insolvenzordnung (InsO) festzusetzen. Die Insolvenzquote werde mit 5 % bemessen.
Der Kläger ist der Beschwerde entgegengetreten. Die Beklagte verkenne, dass sich der Verfahrenswert nach dem Streitgegenstand, mithin der mit dem angefochtenen Bescheid geregelten Beitragsnachforderung, bemesse. Es sei nicht um eine insolvenzrechtliche Klage gegangen, sondern um eine Klage vor dem Sozialgericht aufgrund eines Betriebsprüfungsverfahrens, die die Beklagte gegenüber dem Kläger zu Unrecht geltend gemacht habe. Es gehe auch nicht um einen Insolvenzverwalter, der etwas bestritten haben könne, sondern allein um die Beklagte und den Kläger.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der von dem Senat beigezogenen Gerichtsakten betreffend das bei dem AG L unter dem Az.:73 IN 00/08 geführte Insolvenzverfahren Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung von drei Berufsrichtern (vgl. bereits Senat, Beschluss v. 31.8.2009, L 8 R 11/09 R, juris).
Die zulässige Beschwerde der Beklagten ist begründet. Der Streitwert für das Klageverfahren ist auf den in dem Tenor des Beschlusses bezifferten Betrag festzusetzen.
1. In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz [GKG]). Betrifft der Antrag eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend (§ 52 Abs. 3 GKG). Nach Auffassung des Senats ist der Streitwert weder in Anwendung der §§ 182, 185 Satz 3 InsO in Höhe des Betrages festzusetzen, der bei einer Verteilung der Insolvenzmasse für die Forderung zu erwarten ist (zur Bemessung des Streitwertes der Klage eines Insolvenzverwalters vgl. Senat, Beschluss v. 14.3.2014, L 8 R 636/13 B), noch kann bei der Bemessung des Streitwertes ohne Weiteres auf den in dem angefochtenen Bescheid bezifferten Nachforderungsbetrag zurückgegriffen werden. Vielmehr ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers darauf gerichtet, eine Vollstreckung nach Restschuldbefreiung (§ 301 InsO) zu verhindern. Eine Vollstreckung trotz gleichwohl erfolgter Restschuldbefreiung käme im vorliegenden Verfahren nach näherer Maßgabe des § 302 Nr. 1 InsO in Betracht, wonach von der Erteilung einer Restschuldbefreiung Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung nicht berührt werden, sofern der Gläubiger - im vorliegenden Fall die für den Beitragseinzug zuständige Beigeladene als Einzugsstelle, die auch nach einer Arbeitgeberprüfung durch die Rentenversicherung Gläubiger des Gesamtsozialversicherungsbeitrags bleibt (vgl. Jochim, in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl., § 28p Rdnr. 148 unter Hinweis auf BT-Drucks. 13/1205, S. 6) - die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Abs. 2 InsO zur Tabelle angemeldet hatte (zur Zulässigkeit der negativen Feststellungsklage des Schuldners bezüglich des Rechtsgrundes der vorsätzlich begangenen Handlung vgl. Bundesgerichtshof [BGH], Urteil v. 10.10.2013, IX ZR 30/13).
Bei einer Klage, mit der im Wege des § 184 InsO die Feststellung begehrt wird, eine angemeldete Forderung beruhe auf einer vorsätzlich unerlaubten Handlung, bemisst sich der Streitwert nicht nach dem Nennwert der Forderung; vielmehr sind die späteren Vollstreckungsaussichten des Insolvenzgläubigers nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und Erteilung maßgeblich. Sind diese als nur gering anzusehen, kann ein deutlicher Abschlag von 75 Prozent des Nennwertes der Forderung angemessen sein (BGH, Beschluss v. 22.1.2009, IX ZR 235/08, juris, Rdnr. 5 ff.). Vor dem Hintergrund der im vorliegenden Sachverhalt gleichfalls geringen Vollstreckungsvoraussetzungen erscheint auch dem Senat eine Reduzierung des Nennwertes um 75% sachgerecht.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.
3. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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