57 AS 1303/15

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
57
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
57 AS 1303/15
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Klägerin werden Kosten in Höhe von 150 EUR, zu zahlen an die Staatskasse, auferlegt. 3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Es handelt sich um eine Untätigkeitsklage.

Die Klägerin bezog jedenfalls 2009 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende vom Beklagten. Dieser hob die Bewilligungsentscheidungen für April bis Juli 2009 im Umfang von insgesamt 819,16 EUR gegenüber der Klägerin auf und machte eine entsprechende Erstattungsforderung geltend (Bescheid vom 16. September 2009). Der dagegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2009). Die daraufhin erhobenen Klage (S 32 AS 3289/09) endete damit, dass die Klägerin ein Teilanerkenntnis des Beklagten annahm und den Rechtsstreit insgesamt für erledigt erklärte.

Der Beklagte hob die Bewilligungsentscheidungen für April bis Juli 2009 nochmals auf, diesmal im Umfang von insgesamt 364,40 EUR, und machte eine entsprechend reduzierte Erstattungsforderung gegenüber der Klägerin geltend (Bescheid vom 16. September 2010). Den dagegen eingelegten Widerspruch wies er als unzulässig zurück, der neuerliche Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sei in Umsetzung des im vorherigen Gerichtsverfahren abgegebenen Teilanerkenntnisses ergangen und enthalte keine eigenständige Regelung (Widerspruchsbescheid vom 30. November 2011). Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (SG Hamburg, Gerichtsbescheid v. 30. April 2014, S 57 AS 4147/11; LSG Hamburg, Beschl. v. 13. Aug. 2014, L4 AS 192/14 NZB).

Mit Schreiben vom 22. August 2014 strengte die Klägerin ein Überprüfungsverfahren hinsichtlich des Aufhebung- und Erstattungsbescheids vom 16. September 2009 in der Fassung des Bescheids vom 16. September 2010 an. Der Beklagte lehnte eine nachträgliche Korrektur ab, eine Rücknahme und Nachzahlung könne nur für einen Zeitraum von einem Jahr erfolgen, der zu überprüfen Zeitraum liege außerhalb dieser Frist (Bescheid vom 15. Oktober 2014) Mit Schreiben vom 17. November 2014 legte die Klägerin dagegen Widerspruch ein mit der Begründung, die Jahresfrist gelte nicht, wenn es wie vorliegend um die Überprüfung eines Erstattungsbescheids gehe.

Da ihr Widerspruch bis dahin nicht beschieden worden war, hat die durchgehend anwaltlich vertretene Klägerin am 9. April 2014 diese Untätigkeitsklage erhoben.

Sie beantragt nach Lage der Akten, den Beklagten zu verurteilen, ihren Widerspruch vom 17. November 2014 gegen den Ablehnungsbescheid vom 15. Oktober 2014 zu bescheiden. Der Beklagte beantragt nach Lage der Akten sinngemäß, die Klage abzuweisen.

Er hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2015 beschieden.

Am 7. Mai 2015 hat die Klägerin eine weitere Klage erhoben, mit der sie sich jedenfalls gegen den Bescheid vom 15. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2015 wendet (S 57 AS 1663/15). Im Verfahren dieser Untätigkeitsklage hat die Klägerin die Abgabe einer verfahrensbeendenden Erklärung abgelehnt, solange der Beklagte kein ausdrückliches Anerkenntnis abgebe, das auch die Kosten dieses Rechtsstreits umfassen müsse. Das Gericht solle durch Gerichtsbescheid entscheiden oder eine mündliche Verhandlung anberaumen, in der gegebenenfalls eine verfahrensbeendende Erklärung abgegeben werde.

Das Gericht hat die Prozessakte des Verfahrens S 35 AS 31/14=L 4 AS 141/15 B beigezogen, das eine vergleichbare Konstellation betraf und in der ebenfalls der Bevollmächtigte der hiesigen Klägerin mandatiert war. Es hat mit Schreiben vom 29. Mai 2015 darauf hingewiesen, dass die Untätigkeitsklage sich in der Hauptsache erledigt habe. Mit Schreiben vom 20. Juli 2015, das auch direkt an die Klägerin gesandt worden ist, hat es eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid angekündigt und erneut gegenüber der Klägerin angeregt, eine verfahrensbeendende Erklärung abzugeben und zugleich eine gerichtliche Entscheidung über die Kostenerstattung zu beantragen. Andernfalls müsse sie damit rechnen, dass ihre Untätigkeitsklage als unzulässig abgewiesen werde. Das Gericht hat weiter darauf hingewiesen, dass es die Fortführung der Untätigkeitsklage als missbräuchlich ansehen würde und die Klägerin dann damit rechnen müsse, dass ihr die Kosten für das Abfassen des Gerichtsbescheids in Höhe von mindestens 150 EUR auferlegt würden.

Die Klägerin hat daraufhin unter anderem vorgebracht, es sei durchaus die Abgabe einer prozessbeendenden Erklärung beabsichtigt, wenn die Angelegenheit im Rahmen eines Termins erörtert werde. Eine schon jetzt abgegebene prozessbeendende Erklärung könne einen Streit im Kostenfestsetzungsverfahren nicht vermeiden und wahrscheinlich müsse auch ein Beschluss im Erinnerungsverfahren ergehen.

Der Beklagte hat sich nicht weiter geäußert.

Das Gericht hat den Beteiligten zuletzt mit Schreiben vom 14. August 2015 mitgeteilt, es beabsichtige weiterhin, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Neben der beigezogenen Akte liegen die Prozessakten aus den Verfahren S 32 AS 3289/09, S 57 AS 3159/11, S 57 AS 4147/11=L 4 AS 192/14 NZB und S 57 AS 1663/15, vor.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist inzwischen unzulässig. Sie hat sich mit Erlass des Widerspruchsbescheids vom 5. Mai 2015 erledigt (s. dazu, dass sich Untätigkeitsklagen mit der begehrten Bescheidung in der Hauptsache erledigen, BSG Urt. v. 18. Mai 2011, B 3 P 5/10 R, juris-Rn. 23; BSG Beschl. v. 4. Nov. 2009, B 8 SO 38/09 B, juris-Rn. 6). Das gilt unabhängig davon, dass der Widerspruch der Klägerin erfolglos geblieben ist, denn das Rechtsschutzziel einer Untätigkeitsklage ist nur auf den Erlass der bisher ausgebliebenen Verwaltungsentscheidung gerichtet ist, nicht aber auf einen bestimmten Inhalt (BSG Urt. v. 18. Mai 2011, B 3 P 5/10 R, juris-Rn. 23). Eine Änderung der Klage in eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage hat die anwaltlich vertretene Klägerin nicht erklärt (s. zu dieser Möglichkeit, nur Leitherer, aaO, Rn. 12). Eine Klagänderung wäre im Übrigen wegen anderweitiger Rechtshängigkeit nicht länger möglich, weil die Klägerin bereits gesondert Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 5. Mai 2015 erhoben hat (s. dazu, dass in derartigen Konstellationen ein Prozesshindernis besteht, BSG Beschl. v. 4. Nov. 2009, B 8 SO 38/09 B, juris-Rn. 6). Damit besteht unter keinen Gesichtspunkt Anlass, jetzt noch über die Untätigkeitsklage der Klägerin zu entscheiden (s. dazu, dass für eine nach Bescheiderlass unverändert weiterverfolgten Untätigkeitsklage kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, BSG Urt. v. 8. Dez. 1993, 14a RKa 1/93, juris-Rn. 13; aus jüngerer Zeit etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27. Mai 2015, L 19 AS 778/15 NZB, juris-Rn. 20 mit umfassender Übersicht über das Schrifttum).

II.1. Die Entscheidung zur Kostenerstattung zwischen den Beteiligten beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie berücksichtigt, dass die Untätigkeitsklage bezogen auf den Zeitpunkt der Klagerhebung nach dem bisherigen Sach- und Streitstand voraussichtlich Erfolg gehabt hätte. Insbesondere ist die Klage erst nach Erlass der dreimonatigen Sperrfrist des §§ 88 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 SGG erhoben worden und es ist nicht ersichtlich, dass der Beklagten einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung hatte, ein solcher ist von ihr auch nicht behauptet worden.

2. Soweit der Klägerin Kosten auferlegt werden, macht das Gericht von der Möglichkeit des § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG Gebrauch. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass dieser den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist.

a. Die gesetzlichen Voraussetzungen liegen vor.

aa. Die Klägerin hält an einer Klage fest, die sich wie ausgeführt in der Sache erledigt und damit inzwischen keinerlei Aussicht auf Erfolg hat. Darin liegt in diesem Einzelfall ein Missbrauch des grundsätzlich kostenfreien sozialgerichtlichen Rechtsschutzes, denn zu der offensichtlichen Aussichtslosigkeit der Klage kommt hinzu, dass die Klägerin selbst in Aussicht gestellt hat, letztlich eine – auch einseitige – verfahrensbeendende Erklärung abzugeben, nur eben nicht schriftsätzlich. Sie verfolgt ersichtlich das Ziel, dass in dieser Sache ungeachtet der bereits eingetretenen Erledigung ein Termin anberaumt wird, womit ihre Chancen steigen würden, im Rahmen der Kostenerstattung eine Terminsgebühr vom Beklagten erstattet zu bekommen (s. allerdings LSG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 19. Jan. 2012, L 29 SF 552/11, juris-Rn. 15; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27. Mai 2015, L 19 AS 778/15 NZB, juris-Rn. 22 mwN, dazu, dass unzweckmäßige und unnötige Aufwendungen vom Beteiligten, der sie verursacht hat, selbst dann zu tragen sind, wenn es grundsätzlich zu einer Kostenerstattung kommt).

Das Verhalten der Klägerin ist nur zu verstehen – aber nicht zu billigen – mit Blick auf den Streit darüber, ob es als Annahme eines Anerkenntnisses iSv Satz 1 Nr. 3 der amtlichen Anmerkung zu Nr. 3106 VV RVG anzusehen ist, wenn eine Untätigkeitsklage nach Bescheiderlass einseitig für erledigt erklärt wird, so dass auch ohne mündliche Verhandlung eine Terminsgebühr anfällt (s. dazu aus jüngerer Zeit SG Hamburg, Beschl. v. 8. Juni 2015, S 13 SF 142/15 E, mit einem ausführlichen Überblick über den Streitstand). Da die Klägerin befürchtet, nach schriftsätzlicher Abgabe einer verfahrensbeendenden Erklärung möglicherweise keine Terminsgebühr erstattet zu bekommen, beharrt sie darauf, eine derartige Erklärung im Rahmen eines Termins abzugeben.

Das Gericht merkt zunächst an, dass es keinerlei nachteilige Kostenfolge für die Klägerin gehabt hätte, wenn sie das Verfahren schriftsätzlich beendet hätte. Ihre Erklärung wäre als Klagrücknahme zu werten gewesen, ohne dass damit eine generelle Kostentragungspflicht verbunden gewesen wäre (s. dazu, dass die einseitige Erledigungserklärung im sozialgerichtlichen Verfahren jedenfalls bei kostenprivilegierten Beteiligten keine eigenständige, insbesondere keine kostenrechtliche Bedeutung hat, BSG Beschl. v. 29. Dez. 2005, B 7a AL 192/05 B mwN). Auch dann wäre gemäß § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG nach billigem Ermessen über die Kostenerstattung zu entscheiden gewesen, die Klägerin hätte hinsichtlich der Kostenerstattung zwischen den Beteiligten mit einer gleichlautenden Kostenentscheidung rechnen können.

Das Gericht merkt weiter an, dass der Beklagte, der hier zur vollständigen Kostenerstattung verpflichtet worden ist und dies auch bei einer Klagrücknahme geworden wäre, der Klägerin gemäß § 193 Abs. 3 SGG die gesetzliche Vergütung ihres Bevollmächtigten zu erstatten hat. Damit wird die Klägerin, die keine Vergütungsvereinbarung geschlossen haben dürfte, vollständig von der Honorarforderung ihres Bevollmächtigten freigestellt. Die Kostenerstattung durch den Beklagten würde nur dann hinter der Honorarforderung des Bevollmächtigten zurückbleiben, wenn diese unbillig sein sollte. Mit anderen Worten: Das, was der Beklagte nicht zu erstatten hat, muss die Klägerin in aller Regel auch ihrem Bevollmächtigten nicht zahlen.

Das Verhalten der Klägerin stellt sich demnach als der Versuch dar, ihre außergerichtlichen Kosten auf jeden Fall den Betrag erreichen zu lassen, der der Summe aus Verfahrensgebühr, Terminsgebühr und Auslagenpauschale entspricht. Ihr Bestreben, in diesem Verfahren in jedem Fall eine Terminsgebühr anfallen zu lassen, ist aber rechtlich nicht geschützt. Da sie im Verhältnis zu ihrem Bevollmächtigten Schuldnerin der Honorarforderung ist, läge es im Gegenteil in ihrem wirtschaftlichen Interesse, die Gebühr nicht anfallen zu lassen. Sollte ihr Beweggrund sein, das Honorar ihres Prozessbevollmächtigten zu maximieren, wäre ihr Verhalten ebenso wenig zu billigen. Das mutmaßliche Interesse ihres Bevollmächtigten, hier auch eine Terminsgebühr zu verdienen, wäre als bloße Honorarerwartung rechtlich nicht geschützt, zumal das geltende Gebührenrecht keinerlei Anlass zu der Annahme gibt, im sozialgerichtlichen Verfahren würden nahezu automatisch mindestens zwei Gebühren verdient.

Indem die Klägerin das Verfahren nur noch führt, um die zweite Gebühr neben der Verfahrensgebühr anfallen zu lassen, verstößt sie sogar gegen ihre Obliegenheit zur Kostenminderung. Jeder Verfahrensbeteiligte ist aus dem Prozessrechtsverhältnis verpflichtet, die Kosten der Prozessführung, die sie vom Gegner erstattet verlangen will, so niedrig zu halten, wie sich dies mit der Wahrung ihrer rechtlichen Belange vereinbaren lässt. Diese Verpflichtung beherrscht als Ausdruck von Treu und Glauben das gesamte Kostenrecht (s. dazu LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 27. Mai 2015, L 19 AS 778/15 NZB, juris-Rn. 21; aus der zivilgerichtlichen Rechtsprechung BGH Beschl. v. 2. Mai 2007, XII ZB 156/06, juris-Rn. 12 mwN; BAG Beschl. v. 14. Nov. 2007, 3 AZB 36/07, juris-Rn. 11; s. auch BVerfG Kammerbeschl. v. 30. Jan. 1990, 2 BvR 1085/89, juris).

Weiter erscheint das Verhalten der Klägerin als Versuch, eine gebührenrechtliche Frage zu ihren Gunsten im Rahmen des allein aus diesem Grund aufrechterhaltenen Hauptsacheverfahren klären zu lassen, anstatt sich des hierfür vorgesehenen Kostenfestsetzungsverfahrens mit Erinnerungsmöglichkeit zu bedienen. Wie hoch die noch als angemessen geltende Rechtsanwaltsvergütung ausfällt und in welchem Umfang daher Kostenfestsetzung gegenüber dem Prozessgegner verlangt werden kann, ist aber keine Frage des Hauptsacheverfahrens; ihre Klärung kann daher kein anzuerkennender Grund für die Weiterverfolgung einer bereits erledigten Untätigkeitsklage sein (SG Hamburg, Beschl. v. 16. März 2015, S 35 AS 31/14; aufgehoben durch LSG Hamburg, Beschl. v. 20. April 2015, L 4 AS 141/15 B). Soweit die Klägerin sinngemäß moniert, die Kostenkammern des Sozialgerichts Hamburg würden die Frage nach einer fiktiven Terminsgebühr bei Untätigkeitsklagen nicht einheitlich beantwortet, gilt: In einem Rechtsschutzsystem, in dem die zur Entscheidung berufenen Richter gemäß Art. 97 Abs. 1 Grundgesetz, § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach ihrer freien Überzeugung entscheiden, sind divergierende Entscheidungen unvermeidlich. Dem berechtigten Interesse der Rechtsschutzsuchenden an Gleichbehandlung und Vorhersehbarkeit wird mit dem Berufungs- und Zulassungsgrund der Divergenz Rechnung getragen, der selbst in Bagatellfällen die Anrufung des nächsthöheren Gerichts ermöglicht (vgl. §§ 144 Abs. 2 Nr. 2, 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG). Wo das Prozessrecht diese Möglichkeit nicht vorsieht, wie bei den nicht weiter mit der Beschwerde angreifbaren richterlichen Entscheidungen im Kostenfestsetzungsverfahren (vgl. § 197 Abs. 2 SGG), ist die verbleibende Unheitlichkeit hinzunehmen.

Die Klägerin kann sich nicht darauf berufen, durch die Fortführung der Untätigkeitsklage werde ein möglicher Streit im Kostenfestsetzungsverfahren vermieden. Sollte es darüber zum Streit kommen, würde dieser zumindest in dem Verfahren geführt, in das er gehört. Gegen die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung spricht schließlich nicht, dass die Klägerin möglicherweise in eine (zivilrechtliche) Auseinandersetzung mit ihrem Bevollmächtigten gerät, falls dieser tatsächliche eine Terminsgebühr von ihr fordern sollte, zu deren Erstattung der Beklagten im gerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahren nicht verpflichtet wird. Sollte es dazu kommen, wäre sie durch den zivilgerichtlichen Rechtsschutz mitsamt der Möglichkeit von Prozesskostenhilfe sowie ggf. den zivilrechtlichen Pfändungsschutz ausreichend geschützt.

bb. Nach Überzeugung des Gerichts ist die Klägerin auch in der Lage gewesen, die Missbräuchlichkeit ihres Prozessverhaltens zu erkennen und ihr weiteres Handeln danach auszurichten. Das gilt jedenfalls, seitdem sie vom Gericht direkt darauf hingewiesen worden ist. Es liegt auf der Hand und ist für jeden verständigen Beteiligten unschwer erkennbar, dass ein Gerichtsverfahrens nicht allein deswegen fortgeführt werden kann, um weitere Anwaltsgebühren anfallen zu lassen. Es muss auch jedem verständigen Beteiligten einleuchten, dass es nicht Zweck eines Hauptsacheverfahrens ist, eine umstrittene gebührenrechtliche Frage zu klären oder zumindest zu umgehen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass der Klägerin hierfür die subjektive Einsichtsfähigkeit gefehlt haben könnte. Im Übrigen ist gemäß § 192 Abs. 2 Satz 2 SGG auf die Einsichtsfähigkeit ihres Bevollmächtigten abzustellen, an der zu zweifeln keinerlei Anlass besteht. Das Gesamtvorbringen erweckt im Gegenteil den Eindruck, dass es ihm allein darum geht, zwei Gebühren für seine Tätigkeit in diesem Verfahren abrechnen zu können.

cc. Gemäß § 192 Abs. 1 Satz 3 SGG gilt als verursachter Kostenbetrag mindestens der Pauschbetrag nach § 184 Abs. 2 SGG für die jeweilige Instanz, das sind hier 150 EUR. Das Gericht hat der Klägerin die Missbräuchlichkeit der weiteren Rechtsverfolgung schließlich dargelegt und darauf hingewiesen, dass ihr Kosten in Höhe von mindestens 150 EUR auferlegt werden können.

b. Das Gericht hat von der damit eröffneten Befugnis, der Klägerin die durch ihre rechtsmissbräuchliche Fortführung der Untätigkeitsklage verursachten Kosten aufzuerlegen, nach pflichtgemäßem Ermessen Gebrauch gemacht. Eine Kostenauferlegung erscheint in diesem Einzelfall angemessen und sachgerecht. Das Gericht berücksichtigt dabei zu Lasten der Klägerin insbesondere, dass ihr Festhalten an der Untätigkeitsklage sogar aus mehreren Gründen missbräuchlich erscheint. Letztlich setzt sie ihre eigenen Interessen, womöglich auch diejenigen ihres Bevollmächtigten, ohne anzuerkennenden Grund über das Interesse der Rechtsgemeinschaft daran, dass Gerichte nicht wegen einer sinnlos gewordenen Rechtsverfolgung in Anspruch genommen werden und dass das staatliche Handeln insgesamt in einem Maße, das einem Rechtsstaat angemessen ist, effizient bleibt. Zugunsten der Klägerin berücksichtigt das Gericht vor allem, dass ihre Einkommensverhältnisse unterdurchschnittlich sein dürften. Es soll daher beim Mindestbetrag von 150 EUR bleiben.

III. Die Berufung bedarf der Zulassung, weil die Berufungsbeschränkung des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG auch Untätigkeitsklagen erfasst (BSG Beschl. v. 6. Okt. 2011, B 9 SB 45/11 B, juris-Rn. 10f.) und der Schwellenwert von 750 EUR hier nicht überschritten wird. Die Berufung wird mit Blick auf die erwähnte Entscheidung des Landessozialgerichts Hamburg gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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