L 11 KR 2216/14

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 19 KR 1220/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2216/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 07.04.2014 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Durchführung einer Familienversicherung ohne Altersbegrenzung nach § 10 Abs 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).

Die am 19.02.1978 geborene Klägerin war bis 18.02.2003 familienversichert, anschließend wurde sie vom 19.02.2003 bis 31.03.2011 als versicherungspflichtig in der Krankenversicherung der Studenten (§ 5 Abs 1 Nr 9 SGB V) geführt. Ein GdB von 100 mit Merkzeichen "B" ist seit 01.03.2008 anerkannt. Seit 01.10.2010 bezieht die Klägerin Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sowie seit 20.01.2011 Leistungen nach Pflegestufe II. Bei der Klägerin liegt seit der Jugend ein Morbus Bechterew vor, zusätzlich wurde 2008 erstmals multiple Sklerose diagnostiziert sowie ein hirnorganisches Psychosyndrom und paranoide Schizophrenie.

Mit Schreiben vom 18.01.2010 beantragte die Klägerin die Feststellung der Familienversicherung ohne Altersbegrenzung und reichte hierzu Befundberichte und ärztliche Atteste ein.

Mit Bescheid vom 01.04.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Voraussetzungen für die Durchführung der Familienversicherung ohne Altersbegrenzung nicht vorlägen, da die Behinderung nicht zu einem Zeitpunkt vorgelegen habe, zu dem die Klägerin familienversichert gewesen sei. Mit ihrem Widerspruch legte die Klägerin weitere ärztliche Berichte vor, ua eine Stellungnahme des Orthopäden Dr. H. vom 30.06.2010, der ausführte, infolge der progredienten Beschwerdesymptomatik habe sich der Morbus Bechterew schon seit 1996 dermaßen verschlechtert, dass damals von einer beginnenden Erwerbsunfähigkeit ausgegangen werden müsse. Die Beklagte wies die Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2011 nach mehrmaliger Befassung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) zurück. Die Voraussetzung, dass die Klägerin aufgrund einer Behinderung außer Stande sei, sich selbst zu unterhalten, sei bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nicht erfüllt gewesen. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin mit PZU am 25.01.2011 zugestellt.

Hiergegen richtet sich die am 28.02.2011 zum Sozialgericht Stuttgart erhobene Klage. Zur Begründung verweist die Klägerin auf ihre schweren und unheilbaren Erkrankungen.

Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin Dr. G., Dr. D. und Dr. W. als sachverständige Zeugen gehört und sodann die Klage mit Urteil vom 07.04.2014 abgewiesen. Eine Familienversicherung nach § 10 Abs 2 Nr 4 SGB V gelte für Kinder ohne Altersgrenze, wenn sie als behinderte Menschen außer Stande seien, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung sei, dass die Behinderung zu einem Zeitpunkt vorgelegen habe, in dem das Kind nach Nr 1, 2 oder 3 versichert gewesen sei. Vorliegend scheitere die Versicherung daran, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Versicherung nach § 10 Abs 2 Nr 3 SGB V als behinderter Mensch nicht außer Stande gewesen sei, sich selbst zu unterhalten. Die Klägerin sei letztmalig am 18.02.2003 nach § 10 Abs 2 Nr 3 SGB V familienversichert gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei sie nicht außer Stande gewesen, sich selbst zu unterhalten, wie sich aus den medizinischen Unterlagen, insbesondere der Aussage von Dr. D. ergebe, wonach 2003 aus neurologischer Sicht keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit bestanden habe. Dies entspreche auch den Angaben der Klägerin, die zunächst ihr 1999 begonnenes Studium erfolgreich habe absolvieren können und 2002 das Vordiplom bestanden habe. Erst in der Folgezeit habe durch die von Dr. G. verordneten Tabletten Merkfähigkeit und Konzentration nachgelassen. Die Behandlung durch Dr. G. sei jedoch erst seit 27.03.2008 erfolgt, damals sei auch die Multiple Sklerose erstmals diagnostiziert worden. Soweit Dr. H. in der Stellungnahme vom 30.06.2010 davon ausgehe, dass die Klägerin bereits 1996 infolge des Morbus Bechterew erwerbsunfähig gewesen sei, sei dies durch das zunächst erfolgreiche Studium widerlegt. Eine psychische Erkrankung sei erstmals durch einen Bericht des Rheumatologen Dr. R. vom 02.03.2006 dokumentiert, der die Klägerin wegen depressiver Symptomatik mit Angststörung zu einem Nervenarzt überwiesen habe. Bezüglich der Wirbelsäule sei fortlaufend Behandlung erforderlich gewesen, Erwerbsunfähigkeit resultiere hieraus jedoch nicht. Der Orthopäde Dr. W. habe in seiner Zeugenaussage vom 30.06.2011 keine wesentlichen Funktionseinschränkungen aus orthopädischer Sicht festgestellt.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 17.04.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 19.05.2014 (Montag) eingelegte Berufung der Klägerin. Erwerbsfähigkeit sei nicht gleichzusetzen mit Studierfähigkeit. Prüfungserleichterungen und der spätere Prüfungsabbruch sprächen für Erwerbsunfähigkeit schon vor Vollendung des 25. Lebensjahres. Psychische Erkrankungen hätten bereits vor 2006 bestanden. Auch sei die MS-Erkrankung nicht erst 2008 festgestellt worden. Die Klägerin habe bereits 2002/2003 daran gelitten, da die typischen Symptome dieser Erkrankung bereits vorhanden gewesen seien, insbesondere Sensibilitätsausfälle, Ausfälle des Rückenmarks (Stellungnahme Dr. D. vom 26.01.2004).

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 07.04.2014 und den Bescheid der Beklagten vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.01.2011 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin über den 18.02.2003 hinaus über die Versicherung des Beigeladenen familienversichert ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat der Klägerin mit Beschluss vom 17.02.2015 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist gewährt. Am 31.03.2015 hat die Berichterstatterin einen Erörterungstermin durchgeführt, bei dem auch der Beigeladene persönlich anwesend war. Ergänzend hat der Senat Dr. S., der von der Klägerin als langjähriger Hausarzt benannt worden ist, als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat mit Schreiben vom 04.05.2015 mitgeteilt, die Klägerin sei zwischen 2002 und 2006 jeweils alle zwei Jahre einmal in der Sprechstunde gewesen, zwischen Januar 2008 und März 2009 insgesamt sechsmal. Eine kontinuierliche hausärztliche Betreuung habe eigentlich nie bestanden. Aus handschriftlichen Vermerken in unvollständigen Altunterlagen ergäben sich Hinweise für geklagte zeitweilige Missempfindungen 2001 an der Zunge. Eine nachhaltige Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit könne er aus seinen Aufzeichnungen für die Zeit vor Februar 2003 nicht belegen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 01.04.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.01.2011 zutreffend festgestellt, dass die Klägerin nicht in der Versicherung ihres Vaters, des Beigeladenen, familienversichert ist.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig (§§ 54 Abs 1, 55 Abs 1 Nr 1 SGG). Die Familienversicherung nach § 10 SGB V besteht bei Vorliegen der Voraussetzungen kraft Gesetzes. Die Klägerin hat als Familienangehörige ein Feststellungsinteresse hinsichtlich der Frage, ob sie über den Beigeladenen familienversichert ist; sie ist berechtigt, den entsprechenden Status von der Krankenkasse feststellen zu lassen (vgl Gerlach in Hauck/Noftz, SGB, Stand 2/2014, SGB V, § 10 RdNr 200). Der Senat hat den Beigeladenen als Stammversicherten zum Verfahren beigeladen.

Gemäß § 10 Abs 2 Nr 4 SGB V sind Kinder ohne Altersgrenze versichert, wenn sie als behinderte Menschen außer Stande sind, sich selbst zu unterhalten. Voraussetzung ist, dass die Behinderung zu einem Zeitpunkt vorlag, in dem das Kind nach Nrn. 1, 2 oder 3 versichert war. Da die Klägerin bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nach § 10 Abs 2 Nr 3 SGB V versichert war, kommt es darauf an, ob sie zu dem damaligen Zeitpunkt - nämlich am 18.02.2003 - behinderungsbedingt außer Stande war, sich selbst zu unterhalten. Die Familienversicherung nach § 10 SGB V geht auch einer Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Studenten vor (§ 5 Abs 7 Satz 1 SGB V).

Nach den vorliegenden zahlreichen medizinischen Unterlagen kann zwar davon ausgegangen werden, dass im Februar 2003 bereits eine Behinderung vorlag, nicht jedoch, dass diese dazu führte, dass die Klägerin außer Stande war, sich selbst zu unterhalten. Nach der für die Auslegung des § 10 Abs 2 Nr 4 SGB V verbindlichen Definition des § 2 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Die Klägerin litt 2003 bereits seit längerem an einem Morbus Bechterew, der dazu führte, dass ihr im Rahmen des Studiums Prüfungserleichterungen gewährt wurden (Verlängerung der Bearbeitungszeit wegen starker Schmerzen beim Sitzen; Antrag des Orthopäden Dr. M. für die Vordiplomprüfung BWL am 02.08.2002). Aus einem amtsärztlichen Zeugnis vom 25.02.2002 aufgrund einer ambulanten Untersuchung ist zu entnehmen, dass ein Schmerzzustand wegen eines Rundrückens und einer damit im Zusammenhang stehenden Erkrankung seit dem Wachstumsalter für glaubhaft gehalten und als ausreichender Anlass für einen Abbruch der Prüfungsarbeit am 25.02.2002 gewertet wurde. Daraus ist zu folgern, dass aufgrund des Morbus Bechterew der körperliche Zustand der Klägerin gegenüber gesunden Altersgenossen soweit eingeschränkt war, dass die Teilhabe am Leben der Gesellschaft beeinträchtigt war. Angesichts der unheilbaren Erkrankung war auch davon auszugehen, dass dieser Zustand länger als sechs Monate bestehen würde. Die formelle Feststellung eines GdB erst im Jahr 2008 spielt insoweit keine Rolle (Gerlach in Hauck/Noftz, aaO, § 10 RdNr 77).

Die Klägerin war zum Zeitpunkt der Vollendung des 25. Lebensjahres jedoch nicht außer Stande, sich selbst zu unterhalten. Die Unfähigkeit, sich selbst zu unterhalten, ist gegeben, wenn das Kind seinen eigenen Lebensunterhalt, zu dem auch notwendige Aufwendungen infolge der Behinderungen sowie sonstige Ausgaben des täglichen Lebens rechnen, nicht selbst bestreiten kann. Dies setzt zunächst voraus, dass das Kind infolge der Behinderung nicht in der Lage ist, durch Arbeit seinen Lebensunterhalt zu verdienen, insbesondere eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben und mehr als nur geringfügige Einkünfte zu erzielen. Insoweit ist der Begriff des Außerstandeseins mit dem der Erwerbsminderung im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 43 Abs 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch) vergleichbar (vgl Bundessozialgericht (BSG) 14.08.1984, 10 RKg 6/83, BSGE 57, 108).

Eine derartige Einschränkung ist bei der Klägerin bis spätestens zum 18.02.2003 nicht erkennbar. Der Morbus Bechterew, der zum damaligen Zeitpunkt ganz klar im Vordergrund stand, stand der Ausübung einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nicht entgegen. Aus einem Attest von Dr. R. vom 11.03.1999 ist zu entnehmen, dass dieser damals wegen der bekannten Erkrankung von einer eingeschränkten Berufswahl der Klägerin ausging, insbesondere hielt er Tätigkeiten in ausschließlich sitzender Haltung oder stärkere körperliche Belastungen für ungünstig. Derartige rein qualitative Einschränkungen des Leistungsvermögens sind auch aus dem bereits genannten amtsärztlichen Bericht vom 25.02.2002 zu entnehmen sowie dem Antrag auf Prüfungsverlängerung von Dr. M ... Denn insoweit hatte die Klägerin Schwierigkeiten, über mehrere Stunden die rein sitzende Haltung während der schriftlichen Prüfung aufgrund der dabei sich verstärkenden Schmerzen durchzuhalten. Eine über diese qualitativen Einschränkungen hinausgehende Beeinträchtigung lag zum damaligen Zeitpunkt jedoch noch nicht vor. Der Orthopäde Dr. W. hielt sogar noch bei dem im Juli 2010 bestehenden Zustand aus orthopädisch-rheumatologischer Sicht eine leichte Tätigkeit drei bis sechs Stunden täglich für möglich. Auch aus dem Bericht des Orthopäden Dr. H. vom 30.06.2010 lässt sich nichts anderes herleiten. Er ist zwar der Auffassung, dass "schon damals von einer beginnenden Erwerbsunfähigkeit ausgegangen werden" müsse, nennt jedoch keinerlei abweichende Befunde, aus denen sich eine derart gravierende Beeinträchtigung ergeben könnte, dass die Klägerin schon damals nicht in der Lage gewesen wäre, sich selbst zu unterhalten. Dies gilt insbesondere angesichts der Beurteilung des Orthopäden Dr. W., der noch im Juli 2010 festgestellt hat, dass keine wesentlichen Funktionseinschränkungen bestehen. Dr. D. hat im Oktober 2003 neben dem Morbus Bechterew ein S1-Syndrom links diagnostiziert und im Januar 2004 eine Sensibilitätsstörung ab C8. Aus neurologischer Sicht sah er keine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit, wie sich seiner Aussage gegenüber dem SG vom 15.06.2011 klar entnehmen lässt. Aus dem damals geäußerten Verdacht einer entzündlichen Erkrankung des Rückenmarks, so auch in dem vom Bevollmächtigten der Klägerin genannten Arztbrief vom 26.01.2004, lassen sich daher keinerlei Rückschlüsse auf ein eingeschränktes berufliches Leistungsvermögen entnehmen, zumal damals lediglich akute Sensibilitätsstörungen festgestellt worden waren, aber keine motorischen Störungen und keine Kraftminderung.

Über ein im Vordergrund stehendes depressives Syndrom berichtet erst Dr. R. im März 2006. Einschränkungen aufgrund psychischer Erkrankungen werden insbesondere auch in den für den fraglichen Zeitraum bis Februar 2003 besonders relevanten amtsärztlichen Unterlagen vom 25.02.2002 und 05.08.2002 überhaupt nicht erwähnt. Die Erstdiagnose einer Encephalomyelitis disseminata wurde schließlich erst im Februar 2008 im Klinikum E. gestellt, wie sich eindeutig aus dem Bericht des Klinikums E. vom 10.03.2008 ergibt. Auch in allen nachfolgenden ärztlichen Unterlagen wird nur dieser Zeitpunkt im Zusammenhang mit der Erstdiagnose genannt. Dass Dr. D. bereits 2004 den Verdacht einer entzündlichen Erkrankung des Rückenmarks geäußert hatte, ändert daran nichts. Zudem ergibt sich aus dem Datum der Erstdiagnose ohnehin nicht die Feststellung einer gravierenden Einschränkung der Erwerbsfähigkeit, da gerade bei dem bekanntermaßen schubweisen Verlauf der Erkrankung Betroffene oft noch über Jahre nach Ausbruch der Krankheit erwerbstätig sein können. Die Komorbidität einer paranoiden Schizophrenie, DD organisch-wahnhafte Störung bei MS wurde im Rahmen einer stationären Behandlung am Klinikum S., Bürgerhospital schließlich im Dezember 2008 festgestellt. In der Anamnese im Bericht des Bürgerhospitals vom 10.12.2008 wird wörtlich ausgeführt nach Schilderung der aktuellen Beschwerden: "ernsthaft krank war ich noch nie außer Wirbelsäulenproblemen". In einem Bericht über eine neurologische Rehabilitation (Quellenhof, 18.12.2008 bis 26.02.2009) wird ausgeführt, dass erste Symptome von Angstzuständen und Gleichgewichtsstörungen im Dezember 2006 aufgetreten seien. Dr. G., die die Klägerin erst seit März 2008 neuropsychiatrisch behandelt, berichtet über kognitive Defizite mindestens seit 2009. Im Entlassungsbericht der Kliniken S. (Rehabilitation 25.11.2010 bis 20.01.2011) wird dazu passend ausgeführt, dass die Klägerin in den letzten zwei Jahren keine Prüfungen mehr habe bestehen können.

Aus alledem ist eindeutig abzuleiten, das frühestens mit der deutlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin im Jahr 2008 von einer Einschränkung der Fähigkeit, sich selbst zu unterhalten, ausgegangen werden kann. Zu diesem Zeitpunkt bestand jedoch längst keine Familienversicherung mehr.

Der Sachverhalt ist damit aufgeklärt. Es liegen umfassend ärztliche Berichte über die Klägerin vor, die den gesamten Krankheitsverlauf abdecken und die Entwicklung eindrücklich belegen. Die gutachterliche Einschätzung des MDK, der der Senat folgt, wird durch die nachfolgend befragten behandelnden Ärzte der Klägerin Dr. D., Dr. G., Dr. W. und Dr. S. bestätigt. Der frühere Orthopäde der Klägerin Dr. H. hat bereits im Juni 2011 gegenüber dem SG mitgeteilt, dass er schon seit 2009 keine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung mehr hat und er zudem alle Unterlagen über die Klägerin an Dr. W. weitergegeben habe. Der Senat hatte daher keine Veranlassung, Dr. H. nochmals als sachverständigen Zeugen zu befragen, insbesondere da die Aussage von Dr. W. vorliegt. Das Attest von Dr. H. vom 30.06.2010 hat der Senat bei der Urteilsfindung berücksichtigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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