L 9 U 273/09

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 4 U 98/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 U 273/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Veranlagung von Wohnungs- und Siedlungsunternehmen als Unternehmen der Immobilienwirtschaft im Gefahrtarif 2007 ist rechtmäßig.

2. Ein Belastungsunterschied von 25% ist als noch annähernd gleiche Belastung im Sinne des § 157 Abs. 2 S. 1 SGB VII anzusehen.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 22. September 2009 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten auch der 2. Instanz zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Veranlagung der Klägerin als Mitgliedsunternehmen im Gefahrtarif der Beklagten.

Die Klägerin ist ein am 30. August 1947 gegründetes ehemals gemeinnütziges Wohnungs- und Siedlungsunternehmen. Die Klägerin ist als Wohnungsbaugenossenschaft organisiert und verwaltet die Eigentumswohnanlagen ihrer Mitglieder. Der Wohnungsbestand betrug zum 31. Dezember 2012 insgesamt 1.136 Wohnungen (1.099 selbst erstellte und 37 erworbene Wohnungen). Die Klägerin entwickelt ferner eigene Wohnprojekte in A-Stadt, zurzeit am C-Straße, D-Straße und den Wohnpark EX. In Deutschland existieren derzeit rund 2.000 Baugenossenschaften mit über 2 Millionen Wohnungen und mehr als 3 Millionen Mitgliedern.

Die Veranlagung der Klägerin durch die Beklagte erfolgte zunächst durch Bescheid vom 27. Juni 2001 unter Anwendung des zu diesem Zeitpunkt gültigen Gefahrtarifs ab 1. Januar 2001 mit folgenden Ansätzen:

Gefahrtarifstelle: 26 Unternehmensart: Wohnungsunternehmen, Siedlungsunternehmen Gefahrklasse: 0,86.

Mit Bescheid vom 27. Juni 2007 veranlagte die Beklagte die Klägerin gemäß § 159 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 7. Buch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) unter Anwendung des neuen Gefahrtarifs ab 1. Januar 2007 wie folgt:

Gefahrtarifstelle: 09 Unternehmensart: Unternehmen der Immobilienwirtschaft Gefahrklasse: für 2007 1,20 ab 2008 1,32.

Im Gefahrtarif 2007 schuf die Beklagte eine neue Gefahrtarifstelle 09, in der sie ab diesem Zeitraum alle "Unternehmen der Immobilienwirtschaft" zusammenfasste. Hierzu zählen: Baubetreuungen, Baugenossenschaften, Bauträger, Campingplatzbetreiber, Ferienwohnungsvermietungen, Immobilienverwaltungen, Immobilienvermietungen, Immobilienbewirtschaftungen, Parkplatzvermietungen, Siedlungsunternehmen und Wohnungsunternehmen. Zuvor existierten für die nunmehr zusammengefassten Unternehmensarten verschiedene Gefahrtarifstellen, die 26 für die Unternehmensart "Wohnungsunternehmen, Siedlungsunternehmen" mit einer Gefahrklasse 0,86 und die Gefahrtarifstelle 12 für die Unternehmensart "Verwaltung, Vermietung unbeweglicher Sachen" mit einer Gefahrklasse 1,50, ab dem Jahr 2002 mit einer Gefahrklasse von 1,55. Der Gefahrtarif 2007 ist am 18. Dezember 2006 durch das Bundesversicherungsamt (BVA) genehmigt worden. Zur historischen Entwicklung der Gefahrtarifstellen und Gefahrklassen wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

Gegen den Bescheid vom 27. Juni 2007 erhob die Klägerin am 25. Juli 2007 Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, die Bildung der Gefahrtarifstelle 09 sei rechtswidrig. Durch die Zusammenfassung der bisherigen Gefahrtarifstellen 12 und 26 komme es für die Klägerin zu einer deutlichen Erhöhung der Gefahrklasse. Die Gefahrklasse 1,32 der neuen Gefahrtarifstelle 09 sei auf die Höhe der Entschädigungsleistungen zurückzuführen, die für die Unternehmen in der Gefahrtarifstelle 12 "Verwaltung, Vermietung unbeweglicher Sachen" zu zahlen gewesen sei. Die Beklagte habe daher Gewerbezweige in einer Gefahrengemeinschaft zusammengefasst, die ein sehr unterschiedliches Gefahrenpotential aufweisen. Die Klägerin beruft sich ferner darauf, dass sie nur noch in geringen Umfang selbst Wohnungen fertig stelle. Der Wohnungsbau sei daher nur ein Nebengeschäftsfeld.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2007 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Entscheidung über die Zuordnung eines Unternehmens zu einer Unternehmensart richte sich nach Art und Gegenstand des Unternehmens. Die ausgeübten Tätigkeiten der Beschäftigten spielten grundsätzlich keine Rolle. Der neuen Gefahrtarifstelle 09 seien alle Unternehmen zuzuordnen, die sich vorwiegend mit vorbereitenden, organisierenden und/oder kaufmännisch-verwaltenden Tätigkeiten im Bereich der Immobilienwirtschaft beschäftigten. Die Betriebsweisen und Tätigkeitsfelder seien vergleichbar und eine Trennung insbesondere im Hinblick auf den Wegfall des Gemeinnützigkeitsrechts zum 31. Dezember 1989 nicht mehr gerechtfertigt. Eine Zusammenfassung der zuvor getrennten Unternehmensarten sei notwendig und geboten gewesen. Nach der Unternehmensbeschreibung der Klägerin sei diese der richtigen Unternehmensart zugeordnet.

Die Klägerin hat am 19. November 2007 Klage vor dem Sozialgericht Fulda erhoben. Zur Begründung führt sie aus, in der neuen Gefahrtarifstelle 09 seien nicht nur Gewerbezweige mit annähernd gleichen Gefährdungsrisiken zusammengefasst. Mithin liege ein Verstoß gegen § 157 Abs. 2 S. 1 SGB VII vor. Die Gefahrklasse der Gefahrtarifstelle 12 habe zuletzt 80 % über derjenigen der Gefahrtarifstelle 26 gelegen. Die Zusammenfassung der Gefahrtarifklassen führe für die Klägerin zu einer Erhöhung der Unfallversicherungsbeiträge von rund 53 %. Aus einer Gegenüberstellung der Entschädigungsleistungen pro Versicherten ergäbe sich, dass bei den bisher in der Gefahrtarifstelle 12 veranlagten Unternehmen ein höheres Gefährdungspotential gegeben sei, als bei den in der bisherigen Gefahrtarifstelle 26 veranlagten Unternehmen. Die Beklagte sei verpflichtet, die jeweiligen Gefährdungsrisiken der einzelnen Unternehmen zu ermitteln und nur insofern gleichartige Unternehmen dürften in einer Gefahrtarifstelle zusammengefasst werden. Die Klägerin sei zunehmend ausschließlich mit kaufmännisch verwaltenden Tätigkeiten beschäftigt. Aufgrund des Rückgangs der Errichtung neuer Wohnungen durch die Wohnungs- und Siedlungsunternehmen sei deren Gefährdungspotential eher noch zurückgegangen und habe sich noch weiter von dem der Bauträger und Baubetreuer entfernt. Die Bemessung des Gefahrtarifs erfolge nach den tatsächlichen Gefahren, d.h. den tatsächlich in den einzelnen Gewerbezweigen eingetretenen Arbeitsunfällen. Die Unfallgefahr bestimme sich einerseits aus der Häufigkeit der Unfälle und anderseits aus deren Schwere, die sich in den damit verbunden Belastungen für die Beklagte zeige. Bei der Höhe der durch die Beklagte geleisteten Entschädigungen ergäben sich jedoch deutliche Unterschiede. Die Entschädigungsleistungen in der Gefahrtarifstelle 12 seien um 25 % höher gewesen als in der Gefahrtarifstelle 26. Daraus ergäbe sich ein wesentlicher Belastungsunterschied, der zu einer Differenzierung der Gefahrtarifstellen führen müsse. Es sei zu vermuten, dass die Unterschiede daraus resultieren, dass Baubetreuer und Bauträger in erheblich größerem Umfang Wohnungen herstellten als die Wohnungs- und Siedlungsunternehmen. Es liege damit auch kein vergleichbares Tätigkeitsfeld vor, so dass ein Anspruch auf einen eigenständigen Gewerbezweig bestehe.

Die Beklagte hat entgegnet, § 157 Abs. 2 SGB VII sehe die Bildung von Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs vor. Bei der Bildung von Gefahrtarifstellen habe der Unfallversicherungsträger ein Recht zur Pauschalierung und Typisierung, um hinreichend große Tarifstellen zu schaffen und eine Zersplitterung der Gefahrtarifstellen zu vermeiden. Die Gefahrtarifstellen dürften nicht zu klein sein, um einen hinreichenden Risikoausgleich zu sichern. Die in der neuen Gefahrtarifstelle 09 zusammengefassten Unternehmen verwalten, vermieten, verpachten, kaufen und/oder verkaufen im Immobiliensektor oder lassen Immobilien errichten. Die Zuständigkeit der Beklagten sei allerdings nur dann gegeben, wenn schwerpunktmäßig keine gewerblichen Bauarbeiten durchgeführt werden, da die Unternehmen ansonsten in den Zuständigkeitsbereich der Bau-Berufsgenossenschaften fielen. Damit betrieben die Unternehmen alle überwiegend büromäßige Arbeiten. Es seien daher technologisch verwandte Unternehmensarten zusammengefasst worden. Die Bildung von Gefahrklassen nach dem Gewerbezweigprinzip habe zwangsläufig zur Folge, dass es innerhalb der Gewerbezweige nicht nur gewerbetypische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gäbe. Aus der Gegenüberstellung der meldepflichtigen Unfälle zu der Zahl der Versicherten der Tarifstellen 12 und 26 ergäbe sich keine signifikant unterschiedliche Unfallhäufigkeit. So komme es auch bei Wohnungs- und Siedlungsunternehmen zu Wegeunfällen, Verletzung von Hausmeistern, Gärtnern oder anderem technischen Personal.

Das Sozialgericht Fulda hat die Klage mit Urteil vom 22. September 2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Gefahrtarifstellenbildung der Beklagten sei nicht zu beanstanden. Die Beklagte sei berechtigt die ehemals getrennten Gefahrtarifstellen 12 und 26 und die diesen jeweils zugeordneten Unternehmensarten in einer gemeinsamen Gefahrtarifstelle zusammenzufassen. Die Gliederung nach Gewerbezweigen sei ohne weiteres zulässig und die Gefahrtarifstelle "Unternehmen der Immobilienwirtschaft" ohne Rechtsverstoß bestimmt worden. Die Gemeinsamkeiten der Unternehmen reichten aus, um eine gemeinsame Gefahrtarifstelle zu bilden, da sie als technologieverwandt anzusehen seien. Dies gelte auch unter dem Gesichtspunkt, dass eine andere Gefahrtarifstellenbildung möglich sei, da die Beklagte die Grenzen ihrer Ermächtigung nicht überschritten habe. Ferner habe die Trennung der Gefahrtarifstellen 12 und 26 in den Jahren 1998 bis 2006 nur vorübergehenden Charakter gehabt, zuvor seien die dortigen Unternehmen traditionell einer einheitlichen Gefahrtarifstelle mit deutlich höheren Gefahrklassen zugeordnet gewesen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 5. November 2009 zugestellte Urteil am 4. Dezember 2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, dass Bauträger und Baubetreuer Grundstücke im Wesentlichen nicht verwalten sondern bewirtschaften. Es gäbe zwar Überschneidungen von Geschäftsfeldern, aber auch gewichtige Unterschiede, da diese neue Gebäude errichten, während Wohnungs- und Siedlungsunternehmen Immobilien verwalten und höchstens als Nebengeschäftszweig noch Wohnungen bauten. Die Immobilienwirtschaft sei sehr vielgestaltig und umfasse verschiedene Gewerbezweige. Auch die Gefahrtarifstellen 22 "Hausbesorgung" und 03 "Unternehmen des Ingenieurwesens und Architekturunternehmen" könnten hierunter gefasst werden, dürften aber nur zusammengefasst werden, wenn eine annähernd gleiche Unfallgefährdung vorliege. Bei einem Belastungsunterschied von 25 % entspräche eine gemeinsame Veranlagung nicht mehr den rechtlichen Vorgaben. Die Wohnungs- und Siedlungsunternehmen hätten sich im Laufe der Jahre zunehmend zu rein den Wohnungsbestand verwaltenden Unternehmen ohne oder mit sehr geringer Neubautätigkeit entwickelt. Dies zeige, dass sich die bis 1997 gemeinsam veranlagten Unternehmen hinsichtlich ihrer Art und Belastungssituation auseinander entwickelt hätten. Es handele sich daher um zwei Gewerbezweige, so dass nach der Rechtsprechung des BSG ein Anspruch auf Verselbständigung bestehe. Die Klägerin verweist ferner auf die Signifikanzprüfung auf der Grundlage der Formel von Schulz (Der Gefahrtarif der gewerblichen Berufsgenossenschaften). Danach seien die Belastungen der in der Tarifstelle 09 zusammengefassten Unternehmen mit großer Sicherheit nicht nur zufällig.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 22. September 2009 und den Veranlagungsbescheid der Beklagten vom 27. Juni 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Gemeinsamkeiten der Unternehmensgruppen reichten aus, um sie vor dem Hintergrund der heutigen Dienstleistungsgesellschaft als technologieverwandt anzusehen. Es komme daher nicht darauf an, ob die Arbeitsweisen der jeweiligen Unternehmensgruppen sich derart unterschieden, dass eine Differenzierung zwischen ihnen möglich wäre. Der neue Gewerbezweig setze sich aus mehreren Unternehmensgruppen zusammen, wobei bei allen Unternehmen der Unternehmensart überwiegend dieselben, nämlich büro-typische Arbeitsbedingungen vorherrschten. Dadurch ergäbe sich ein ähnliches Gefährdungsrisiko. Ein erhöhtes Gefährdungsrisiko durch Bauarbeiten bestehe nicht, da solche Aktivitäten nicht stattfänden. Für derartige Unternehmen sei die Beklagte nicht der zuständige Unfallversicherungsträger. Unterschiede in der Belastungsziffer (Gefahrklasse) erklärten sich aus dem höheren Entgeltniveau der Wohnungs- und Siedlungsunternehmen. So sei auch das unterschiedliche Gefahrklassenniveau der Gefahrtarifstellen 12 und 26 entstanden. Ferner sei die Klägerin bis zum Gefahrtarif 1998/2000 mit technologisch artverwandten Unternehmen in größere Risikogemeinschaften eingebunden gewesen. Die Zahl der Unternehmen und Versicherten bei den Wohnungs- und Siedlungsunternehmen sei seit dem Jahr 2001 kontinuierlich zurückgegangen, während die Anzahl der meldepflichtigen Unfälle dieser Gruppe schwankend gewesen sei. Der Gesetzgeber habe sich dagegen entschieden, Betriebe mit derselben Unfallgefahr zusammenzufassen und stattdessen Betriebe "die der Natur der Sache nach zusammengehören" genossenschaftlich organisiert. Diese Grundentscheidung sei nach wie vor wirksam. Die Unternehmensart Wohnungs- und Siedlungsunternehmen existiere heute nicht mehr in abgrenzbarer Form, sondern es habe eine Verschmelzung mit den Unternehmen der Immobilienwirtschaft stattgefunden, der die Beklagte habe Rechnung tragen müssen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Die Veranlagung der Klägerin in der Gefahrtarifstelle 09 des ab dem 1. Januar 2007 geltenden Gefahrtarifs der Beklagten ist rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die Veranlagung eines Unternehmens ist ab 1. Januar 1997 (§ 219 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) die Vorschrift des § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu den Gefahrklassen veranlagt. Der Unfallversicherungsträger erstellt einen Gefahrtarif als autonomes Recht, in dem zur Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr Gefahrklassen festzustellen sind (§ 157 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VII). Der Gefahrtarif wird nach Tarifstellen gegliedert, in denen Gefahrgemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleiches gebildet werden (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§ 157 Abs. 3 SGB VII). Der Gefahrtarif und jede seiner Änderungen bedürfen der Genehmigung des BVA als Aufsichtsbehörde (§ 158 Abs. 1 SGB VII). Die von den Unternehmern allein aufzubringenden Beiträge berechnen sich nach dem Finanzbedarf der Berufsgenossenschaften, den Arbeitsentgelten der Versicherten und dem in der Gefahrklasse zum Ausdruck kommenden Grad der Unfallgefahr in den Unternehmen (§§ 153 Abs. 1, 157 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Um eine Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr zu ermöglichen, muss jede Berufsgenossenschaft einen Gefahrtarif aufstellen. In den Tarifstellen sind unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleichs Gruppen von Unternehmen oder Tätigkeitsbereiche mit gleichen oder ähnlichen Gefährdungsrisiken zu Gefahrengemeinschaften zusammenzufassen (§ 157 Abs. 1 bis 3 SGB VII).

Hierbei können die Kriterien, die unter Geltung der Reichsversicherungsordnung (RVO) aufgestellt worden sind, herangezogen werden, da bei der Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch als SGB VII im Wesentlichen das zuvor geltende Recht der RVO übernommen worden ist und auch die neu eingeführte Vorschrift des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII über die Bildung der Gefahrtarifstellen lediglich der bisherigen Praxis der Berufsgenossenschaften Rechnung trägt (vgl. Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung, BT-Drucks 13/2204, S 73, 110 ff.; BSG SozR 4-2700 § 162 Nr. 1 Rdnr. 5).

Angesichts dieser vom Gesetzgeber gewollten Kontinuität behält die Rechtsprechung zur Bildung von Gefahrtarifen nach der RVO auch für das geltende Recht ihre Bedeutung. Es ist daher davon auszugehen, dass Gefahrtarife durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit unbeschadet der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (vgl. § 158 Abs. 1 SGB VII) überprüfbar sind, als autonom gesetztes objektives Recht (vgl. § 157 SGB VII, §§ 33 ff. Viertes Buch Sozialgesetzbuch SGB IV) allerdings nur daraufhin, ob sie mit dem Gesetz, das die Ermächtigungsgrundlage beinhaltet, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar sind. Den Unfallversicherungsträgern ist als ihre Angelegenheiten selbst regelnden öffentlich-rechtlichen Körperschaften ein Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung Recht setzen (BSG SozR 4-2700 § 157 Nr. 1, jeweils Rdnr. 12 m. w. N.). Als gesetzliche Vorgaben sind die in den §§ 152 f., 157, 162 SGB VII zum Ausdruck kommenden Zielvorstellungen und Wertentscheidungen sowie die tragenden Grundsätze des Unfallversicherungsrechts zu beachten (vgl. BSGE 55, 26, 27, 13, 189; 27, 237, 240; BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2). Die Prüfung, ob der Gefahrtarif die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Regelung trifft, ist nicht Aufgabe der Gerichte; die Abwägung zwischen mehreren, jeweils für die eine oder andere Regelung bei der Gestaltung des Gefahrtarifs wesentlichen Gesichtspunkte und die daraus folgende Entscheidung obliegt vielmehr den Unfallversicherungsträgern. Dabei hat der Unfallversicherungsträger eine Vielzahl von Gesichtspunkten zu beachten, er hat beispielsweise im Hinblick auf die Beitragsgerechtigkeit, versicherungsmäßige Erfordernisse, Präventionsgesichtspunkte, Solidaritätserwägungen und nicht zuletzt Gründe der Verwaltungspraktikabilität teilweise konträre Ziele in Einklang zu bringen (dazu Freischmidt in: Hauck, Sozialgesetzbuch VII, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, Anmerkung 3 zu § 157). Der in einen Mehrheitsentscheid der Vertreterversammlung mündende weite Gestaltungsspielraum des Unfallversicherungsträgers umfasst auch die Frage, wie die Gewerbezweige voneinander abzugrenzen sind und welche Gewerbezweige letztlich in einer Tarifstelle zusammengefasst werden (dazu Heldmann, Tarifstellenbildung nach Gefährdungsrisiken, Die Berufsgenossenschaft 2007 Seiten 36, 37; Bigge in: Wannagat, Sozialgesetzbuch, Kommentar zum Sozialgesetzbuch, SGB VII, Anmerkung 8 zu § 157).

Die Beklagte, deren Mitgliedsunternehmen zu einem großen Teil keinem klassischen Gewerbe i. S. d. Gewerbeordnung nachgehen, hat diese gesetzlichen Vorgaben in ihrem am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Gefahrtarif in der Weise umgesetzt, dass sie als Anknüpfungspunkt für die Bildung von Gefahrtarifstellen entsprechend den Gewerbezweigen die Unternehmensarten gewählt hat. Ein solcher Tarif basiert auf der Erkenntnis, dass technologisch artverwandte Unternehmen gleiche oder ähnliche Unfallrisiken aufweisen und die Unternehmensart deshalb eine geeignete Grundlage für die Bildung möglichst homogener Gefahrgemeinschaften darstellt. Die Risikobewertung nach diesem Prinzip ist damit im Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentscheidungen des Gesetzes und der Verfassung vereinbar, wie das BSG für den dem Begriff der Unternehmensart vergleichbaren Terminus des Gewerbezweigs in zahlreichen Entscheidungen bekräftigt hat (vgl. u. a. BSG in SozR 4-2700 § 157 Nr. 2 und Urteil vom 21. März 2006 - B 2 U 2/05 R -, zitiert nach juris).

Die Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr ist Ausdruck des Versicherungsprinzips, das im Beitragsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung konsequenter als in anderen Zweigen der Sozialversicherung verwirklicht ist. Die Veranlagung nach Gefahrklassen soll eine möglichst gerechte Verteilung der Unfalllast auf die Beitragspflichtigen gewährleisten. Indessen sind den Bestrebungen nach Differenzierung und Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos bei der Bildung von Gewerbezweigen Grenzen gesetzt, die sich aus der Funktion und der Systematik eines Gefahrtarifs ergeben (Beschluss des BVerfG in SozR 2200 § 734 Nr. 2).

Anknüpfungspunkt für die Definition und den Zuschnitt von Unternehmensarten bzw. Gewerbezweigen sind Art und Gegenstand der zu veranlagenden Unternehmen (BSG in SozR 4-2700 § 157 Nr. 1). Da ein unternehmensart/gewerbezweigorientierter Gefahrtarif seine Rechtfertigung aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben bezieht, kommt es für die Bildung der Unternehmensarten bzw. Gewerbezweige und die Zuordnung zu ihnen auf die in der jeweiligen Unternehmensart anzutreffenden Arbeitsbedingungen an, die ihrerseits durch die hergestellten Erzeugnisse, die Produktionsweise, die verwendeten Werkstoffe, die eingesetzten Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen sowie die gesamte Arbeitsumgebung geprägt werden. Dabei darf sich die Betrachtung nicht auf einzelne für oder gegen eine Vergleichbarkeit sprechende Gesichtspunkte beschränken, sondern muss alle das Gefährdungsrisiko beeinflussende Faktoren einbeziehen.

In dem Urteil vom 24. Juni 2003 (BSG in SozR 4-2700 § 157 Nr. 1) zur Veranlagung von Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung hat das BSG darauf hingewiesen, dass die Gliederung der Unternehmensarten bzw. Gewerbezweige nach dem klassischen Technologieprinzip, also in Anknüpfung an die Art der erzeugten Güter und die Art und Weise ihrer Herstellung oder Bearbeitung, in der modernen Dienstleistungsgesellschaft zunehmend an Bedeutung verliert und dass deshalb für eine sachgerechte Abgrenzung auch andere Merkmale wie einschlägige berufsrechtliche Regelungen oder bestehende verbandsorganisatorische Strukturen herangezogen werden können. Dennoch bleiben auch unter den veränderten Bedingungen der heutigen Berufs- und Arbeitswelt für den Zuschnitt der Unternehmensarten bzw. Gewerbezweige in erster Linie Art und Gegenstand des Unternehmens maßgebend, da sie den zuverlässigsten Aufschluss über die Unfallgefahren in den Unternehmen geben. Namentlich bei heterogen zusammengesetzten Unternehmensarten/Gewerbezweigen muss aber geprüft werden, ob die nach technologischen Gesichtspunkten vorgenommene Zuordnung und die daran geknüpfte Vermutung einer gemeinsamen "gewerbetypischen" Unfallgefahr die tatsächliche Risikosituation in den betroffenen Unternehmen zutreffend widerspiegelt. Ergibt sich, dass bei einer bestimmten Art von Unternehmen ein vom Durchschnitt der Unternehmensart bzw. des Gewerbezweigs erheblich abweichendes Gefährdungsrisiko besteht, kann daraus ein Anspruch auf Verselbständigung als eigene Unternehmensart bzw. eigener Gewerbezweig oder auf Zuteilung zu einer anderen,"passenderen" Unternehmensart bzw. Gewerbezweig folgen (BSG in SozR 4-2700 § 157 Nr. 2 und Urteil vom 21. März 2006 - B 2 U 2/05 R -, zitiert nach juris).

Bestrebungen nach Differenzierung und Berücksichtigung des individuellen Gefährdungsrisikos bei der Bildung von Unternehmensarten/Gewerbezweigen sind jedoch Grenzen gesetzt, die sich aus der Funktion und der Systematik eines Gefahrtarifs ergeben. Eine Unternehmensart kann nur dann als eigenständige(r) Unternehmensart/Gewerbezweig geführt werden, wenn die zugehörigen Betriebe und Einrichtungen zusammengenommen eine Größenordnung erreichen, bei der sich eine gewerbetypische Unfalllast nach versicherungsmathematischen Grundsätzen (vgl. § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII) berechnen lässt. Ist das nicht der Fall, müssen die in Rede stehenden Unternehmen einer der im Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft ausgewiesenen Unternehmensarten zugeordnet werden. Nach der einem solchen Tarif innewohnenden Logik kommen dafür aber nur solche Unternehmensarten/Gewerbezweige in Betracht, die technologisch verwandte Unternehmensarten beherbergen. Eine Zuordnung zu einer Unternehmensart bzw. einem Gewerbezweig ohne Berücksichtigung technologischer Zusammenhänge allein nach der Größe des Unfallrisikos scheidet dagegen aus, weil damit das Unternehmensart/Gewerbezweigprinzip aufgegeben und die Systementscheidung für einen Unternehmensart/Gewerbezweigtarif konterkariert würde. Insofern unterscheiden sich die Vorgaben für die Zusammenstellung von Unternehmensarten/Gewerbezweigen von denjenigen bei der Bildung der Gefahrtarifstellen, in denen durchaus auch technologisch nicht verwandte Unternehmensarten/Gewerbezweige nach dem Belastungsprinzip zu einer Gefahrengemeinschaft zusammengefasst werden können.

Die Forderung eines Unternehmens, wegen eines erheblich abweichenden Grades der Unfallgefahr einer anderen Unternehmensart zugeteilt zu werden, kann danach überhaupt nur mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden, wenn der Gefahrtarif der Berufsgenossenschaft mehrere für die betreffende Unternehmensart in Betracht kommende Unternehmensarten ausweist und unklar ist, welchem von ihnen sie nach Art und Gegenstand zuzurechnen ist. Steht dagegen die nach technologischen Kriterien richtige Zuordnung fest, kann die Zugehörigkeit zu der Unternehmensart nicht mit dem Hinweis auf eine unterschiedliche Belastungssituation in Frage gestellt werden. Die Bildung von Gefahrklassen nach dem Unternehmensart/Gewerbezweigprinzip hat zur zwangsläufigen Folge, dass es innerhalb der Unternehmensarten/Gewerbezweige nicht nur gewerbetypische, sondern auch vom Durchschnitt der Gruppe mehr oder weniger deutlich abweichende Unternehmen und Unternehmensarten gibt. Dass alle gewerbezugehörigen Betriebe und Einrichtungen trotz unterschiedlicher Gefährdungslagen zur selben Gefahrklasse veranlagt und deshalb einzelne von ihnen stärker mit Beiträgen belastet werden als es ihrem tatsächlichen Gefährdungsrisiko entsprechen würde, ist als Folge der bei der Tarifbildung notwendigen Typisierung hinzunehmen. Zudem ist der Solidarausgleich innerhalb des gesamten Systems der gewerblichen Berufsgenossenschaften auf den verschiedenen Ebenen zu beachten, der vom Ausgleich innerhalb der Gefahrtarifstellen bis zum Ausgleich zwischen den Berufsgenossenschaften reicht (vgl. zu oben Gesagtem BSG in SozR 4-2700 § 157 Nr. 2 und Urteil vom 21. März 2006 - B 2 U 2/05 R -, zitiert nach juris, jeweils m. w. N.).

Unter Berücksichtigung dieser vom BSG entwickelten Grundsätze ist weder die Bildung der Gefahrtarifstelle 09 noch die Entscheidung der Beklagten, die Klägerin dieser Gefahrtarifstelle zuzuordnen, zu beanstanden. Die Beklagte hat diese Grundsätze beachtet und war bei Neuaufstellung des Gefahrtarifs 2007 nicht an die Gefahrtarifstellenbildung im Gefahrtarif 2001 gebunden, der die Wohnungsunternehmen/Siedlungsunternehmen einerseits und die Verwaltung, Vermietung unbeweglicher Sachen andererseits noch als zwei getrennte Gewerbezweige in unterschiedlichen Gefahrtarifstellen ausgewiesen hatte. Bei der Neuaufstellung eines Gefahrtarifs verfügt der Unfallversicherungsträger im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben über den vollen Gestaltungsspielraum. Rechtlich wird er durch die zum vorhergehenden Gefahrtarif getroffenen Entscheidungen nicht eingeschränkt. Er kann unter Beachtung vorstehender Vorgaben Tarifstellen neu zusammensetzen und neue Tarifstellen bilden (dazu Freischmidt, a. a. O., Anmerkung 23 zu § 157). Die Beklagte war danach berechtigt, Wohnungsunternehmen/Siedlungsunternehmen und Unternehmen der Verwaltung, Vermietung unbeweglicher Sachen im Gefahrtarif 2007 in einer Gefahrtarifstelle zu vereinen, ohne gegen das Gebot des § 157 Abs. 2 Satz 2 SGB VII - der Bildung von Gefahrengemeinschaften nach Gefährdungsrisiken - zu verstoßen.

Wesentliche Unterschiede sind nicht erkennbar. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Verwaltung, Vermietung unbeweglicher Sachen ein anderes oder nicht ähnliches Unternehmen mit anderem oder nicht ähnlichen Gefährdungsrisiko sein soll, als die Verwaltung und Vermietung durch Wohnungs- und Siedlungsunternehmen. Es ist insoweit nicht erkennbar, dass die Gewerbezweige der Gefahrtarifstelle 12 und der Gefahrtarifstelle 26 unterschiedliche Unfallrisiken aufweisen. Vielmehr erscheinen die Gewerbezweige der Tarifstelle 26 und 12 in sachlicher Hinsicht miteinander verwandt. Die Wohnungs- und Siedlungsunternehmen verwalten und vermieten eigenes Grundvermögen, zumindest zum Teil errichten sie - wie auch die Klägerin - neue Immobilien. Die in der neuen Gefahrtarifstelle 09 zusammengefassten Unternehmen verwalten, vermieten, verpachten, kaufen und/oder verkaufen im Immobiliensektor oder lassen Immobilien errichten. Zu Recht weist sogar die Klägerin darauf hin, dass die bisherige Abgrenzung kaum nachvollziehbar gewesen sei, da es zahlreiche Überschneidungen gegeben habe. Den zusammengefassten Unternehmen ist ferner gemeinsam, dass sie alle überwiegend büromäßig tätig sind. Zutreffend hat die Beklagte ausgeführt, dass - soweit gewerbsmäßig Bauarbeiten durchgeführt werden - ihre Zuständigkeit nicht gegeben ist. Der Hinweis auf die geringer werdende Bautätigkeit der Klägerin geht daher fehl. Die von der Klägerin hauptsächlich angeführten Bauträger und Baubetreuer beschäftigen sich zwar mit der Errichtung von Immobilien, beauftragen für die tatsächliche Bautätigkeit aber Fremdfirmen, wie es auch bei der Errichtung von Wohnraum durch die Klägerin der Fall ist. Den in der Gefahrtarifstelle 09 zusammengefassten Unternehmen ist ferner gemeinsam, dass Beschäftigte auch Außentermine wahrnehmen. So gibt es auch bei der Klägerin Beschäftigte, die Wohnungsbesichtigungen vornehmen, Schlüssel übergeben, Wohnungen abnehmen, Hausmeister usw. Dass der Umfang der Außendiensttätigkeiten bei Bauträgern oder Baubetreuern wesentlich größer sei ist nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich. Der Klägerin ist es auch nicht gelungen überzeugend darzulegen, dass in die Tarifstelle 09 überwiegend Unternehmen der Immobilienwirtschaft eingeordnet sind, die aufgrund einer Unternehmensstruktur, die von der der Klägerin deshalb erheblich abweicht, weil die Vertretung nicht ausschließlich büromäßig, sondern durch Außendienste o. ä. verrichtet wird, ein erhöhtes Gefährdungsrisiko bergen. Denn die Außendienste sind zwar ein Bestandteil der Tätigkeit dieser Unternehmen/Organisationen, aber nicht das wesentlich prägende Element.

Es findet sich auch im Gefahrtarif 2007 der Beklagten keine andere Gefahrtarifstelle mit Unternehmen, der die Klägerin nach Art und Gegenstand ihres Unternehmens näher stände. Die Klägerin hat hier auf die Gefahrtarifstelle 22 "Hausbesorgung" und 03 "Unternehmen des Ingenieurwesens und Architekturunternehmen" Bezug genommen, die sich auch der Immobilienwirtschaft zuordnen ließen. Eine Zusammenfassung mit diesen Unternehmen in der Gefahrtarifstelle 09 hat die Beklagte aber zu Recht nicht vorgenommen. So versteht man unter Hausbesorgung u.a. die Erledigung von Einkäufen, Putzen, Gartenpflege und Grundstücksbetreuung bei Abwesenheit und damit alles Tätigkeiten, die vorwiegend im Außendienst ausgeführt werden. Daraus ergibt sich auch eine Gefahrklasse von 3,08. Ingenieure und Architekten sind hingegen nicht mit der Bewirtschaftung von Immobilien beschäftigt, sondern planerisch tätig. Hieraus folgt auch eine relativ geringe Gefahrklasse von 0,91 im Gefahrtarif 2007.

Zutreffend hat die Beklagte auch darauf hingewiesen, dass die Zahl der bisher in der Gefahrtarifstelle 26 erfassten Unternehmen und die Zahl der Versicherten in den Jahren 2001 bis 2006 deutlich zurückgegangen sei. Bei komplexen und sich sprunghaft entwickelnden Sachverhalten ist den Unfallversicherungsträgern ein zeitlicher Anpassungsspielraum zuzubilligen, um weitere Erfahrungen zu sammeln, Klarheit zu gewinnen und Mängeln in den Regelungen abzuhelfen (BSG SozR 4-2700 § 157 Nr. 1, jeweils Rdnr. 12 m. w. N.). Insbesondere innerhalb kleiner Tarifstellen kann es zu sehr großen Schwankungen bedingt durch einige wenige Versicherungsfälle kommen. Dieses zu vermeiden, ist ein sachgerechtes Anliegen, das letztlich den Versicherten zugutekommt. Die Bildung hinreichend großer Gefahrtarifstellen ist damit ein legitimes Ziel.

Zu Unrecht trägt die Klägerin vor, aufgrund der Belastungsunterschiede bestände nach der Rechtsprechung des BSG ein Anspruch auf Verselbständigung. Bei dieser Argumentation berücksichtigt die Klägerin nicht, dass zur Berechnung der Gefahrklassen für einen bestimmten zurückliegenden Zeitraum (den Beobachtungszeitraum) die tatsächlich gezahlten Leistungen (Neulast) den Arbeitsentgelten gegenübergestellt werden. Je niedriger die Arbeitsentgelte sind, desto höhere Gefahrklassen ergeben sich. Der Rechenweg, der zur Höhe der Gefahrklassen führt, wird von der Klägerin nicht angezweifelt. Auch das höhere Entgeltniveau der Wohnungs- und Siedlungsunternehmen ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Ferner ergeben sich bei der Anzahl der gemeldeten Unfälle keine nennenswerten Unterschiede.

Die Gefahrklassen der Gefahrtarife der Beklagten werden - wie übrigens bei fast allen gewerblichen Berufsgenossenschaften - aus dem Verhältnis von dem in einem Gewerbezweig erzielten Entgelt zu der bestehenden Unfallbelastung errechnet, wobei das Ergebnis der Rechnung als Belastungsziffer gekennzeichnet wird. Diese Belastungsziffer entspricht im Großen und Ganzen der Gefahrklasse. Es trifft zu, dass die so errechnete Gefahrklasse nur in etwa die wirklich bestehende Unfallgefahr ausdrückt. So weist die Beklagte beispielsweise zutreffend darauf hin, dass bei unterschiedlichem Lohnniveau in den Gewerbezweigen in einem Zweig ein höheres Entgelt bei gleicher Anzahl Versicherter erzielt wird als in den übrigen Unternehmenszweigen derselben Gefahrtarifstelle; es kann aber sein, dass trotz der unterschiedlich hohen Entgelte in etwa dieselbe Unfallgefahr besteht. Dennoch errechnet sich für den Unternehmenszweig mit höheren Löhnen eine günstigere Belastungsziffer. Es ist ferner festzustellen, dass Unfälle mit gleicher Unfallast einen Gewerbezweig mit geringerem Entgelt stärker belasten. Insoweit trifft zu, dass die Belastungsziffern der Gewerbezweige nur eine ungefähre Aussage über die tatsächlich vorhandene Unfallgefahr zulassen, und dass dies auf die Berücksichtigung der Entgelte bei der Errechnung der Belastungsziffer zurückzuführen ist. Auf der anderen Seite ist nicht auszuschließen, dass Gewerbezweige mit niedrigerem Entgelt die Risikogemeinschaft verhältnismäßig erheblich belasten, ohne dass dies durch die errechnete Belastungsziffer ausgedrückt wird. So ist ohne weiteres denkbar, dass die Kosten für die Herabsetzung der Unfallgefahr (Unfallverhütung) und die Kosten des einzelnen eingetretenen Unfalls durch besondere Anstrengungen bei der Heilbehandlung (z. B. Investitionen bei der Handchirurgie oder bei der allgemeinen Chirurgie) außergewöhnlich hoch sind und die Unfallgefahr bzw. Unfallast spürbar senken, ohne dass ein hierdurch besonders begünstigter Gewerbezweig zu den Kosten entsprechend beiträgt; denn die allgemeinen Kosten des technischen und medizinischen Dienstes werden von der Errechnung der Belastungsziffer ausgenommen. Der Senat geht folglich davon aus, dass die von der Beklagten errechneten Belastungsziffern die tatsächlich bestehende Unfallgefahr nur annähernd zum Ausdruck bringen, weil beide zur Berechnung herangezogenen Faktoren - Entgelt und Unfallast - keine genaue Aussage über die Belastung der Beklagten durch die Unfallgefahren in den einzelnen Gewerbezweigen machen.

Nach der Auffassung des Senats ist die derart festgestellte Belastungsziffer dennoch ein verwertbarer Maßstab für die Beurteilung der Unfallgefahr in den verschiedenen Gewerbezweigen; denn einerseits sind die Unwägbarkeiten nicht unangemessen groß und andererseits darf nicht übersehen werden, dass die Unfallbelastung im allgemeinen für die Errechnung der Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung ebenso maßgeblich ist wie die in den Unternehmen erzielten Entgelte; letztere bestimmen die Höhe der Unfallfolgekosten in erheblichem Maße. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass angesichts dieser Umstände nur solche Belastungsziffern, die auffällig voneinander abweichen, den Schluss zulassen, dass in ihnen ein rechtlich erheblicher Unterschied der Unfallgefahren ausgedrückt ist.

Der Belastungsunterschied liegt im Hinblick auf die gezahlten Entschädigungsleistungen bei ca. 25 %. Eine Mehrbelastung dieses Umfanges ist in Anbetracht der konkreten Umstände als "noch annähernd gleiche Belastung" im Sinne des § 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII anzusehen. Zu der Frage, bis zu welcher Differenz Gefahrengemeinschaften etwa gleiche Gefährdungsrisiken aufweisen, werden in Literatur und Rechtsprechung verschiedene Ansätze verfolgt und unterschiedliche Grenzbereiche formuliert. Schulz (Der Gefahrtarif im Sozialgesetzbuch VII, Sozialgerichtsbarkeit 1996, S. 571) sieht die annähernde Gleichheit der Belastung als Problem einer letztlich versicherungsmathematischen Berechnung. Der Begriff "Gefährdungsrisiken" sei in das SGB VII eingebracht worden, um damit auf für das Versicherungswesen maßgebende Grundsätze der Wahrscheinlichkeitsrechnung hinzuweisen. Die danach erforderlichen versicherungsmathematischen Berechnungen hingen in ihren Ergebnissen von verschiedenen Faktoren ab, wobei wesentlich neben dem gewünschten Sicherheitsgrad die Größenverhältnisse des Gewerbezweigs seien. Bei größeren Gewerbezweigen könnten bereits Belastungsunterschiede von 15 % nicht mehr als annähernd gleich angesehen werden, während bei kleineren sogar Unterschiede von über 200 % statistisch–mathematisch als annähernd gleich anzusehen seien. Ein fester Prozentsatz könne danach nicht angegeben werden, sei vielmehr in jedem Einzelfall mathematisch zu ermitteln. Insoweit bedarf es einer sorgfältigen Prüfung, wie kleinere Gewerbezweige zuzuordnen sind, da diese nicht mit den Risiken großer überbelastet werden sollen (BSG SozR 2200 § 731 Nr. 2). Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu entschieden, dass der Unfallversicherungsträger nicht gehindert ist, durch Typisierungen den Bedürfnissen einer Massenverwaltung Rechnung zu tragen, wobei dabei gegebenenfalls auftretende Härten bei einer generalisierenden Regelung unvermeidlich und hinzunehmen sind, soweit sie nicht das Maß des Zumutbaren überschreiten (BVerfG in SozR 2200 § 734 RVO Nr. 2 sowie in SozR 4-2700 Nr. 3 zu § 157 SGB VII). Dass dabei ein Maßstab von 15 % bis über 200 % voneinander abweichende Risiken noch eine "annähernde Gleichheit" gewährleisten soll, ist für den Senat nicht nachvollziehbar und entspricht auch nicht der bisher zu dieser Problematik ergangenen Rechtsprechung sowie der Auffassung in der übrigen unfallrechtlichen Literatur. So schlagen verschiedene Landessozialgerichte vor, eine Abweichung eines Gewerbezweiges von der durchschnittlichen Belastungsziffer der Gefahrtarifstelle bis zu 30 % noch zu tolerieren (LSG Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 16. März 1983 (Breithaupt 1983, 970), das LSG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 19. Juni 2002 - L 8 U 125/01 sowie das LSG Sachsen mit Urteil vom 7. März 2001 (Breithaupt 2002, 791)). Nach dem Urteil des LSG Rheinland-Pfalz soll eine Abweichung von 20 % bis 30 % bei großen Gefahrtarifklassen noch hinnehmbar sein. Ricke (in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Band 2, Anm. 12 zu § 157) hält eine Abweichung von +/- 36 % bei Zusammenfassung von Gewerbezweigen für noch hinnehmbar, soweit endgültige Entwicklungstendenzen noch nicht erkennbar sind unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 29. April 1985. Das LSG Bayern hat eine Mehrbelastung um 39,4 % gegenüber der durchschnittlichen Gefahrklasse für ein Jahr akzeptiert bei vorher höheren Beiträgen und der Tendenz zur Annäherung der Beiträge (Urteil vom 7. Oktober 1992 - L 2 U 24/89 sowie Urteil vom 23. Juli 2002 - L 3 U 125/01). Der Senat hält diese Spannbreite noch tolerabler Belastungsunterschiede, die die Rechtsprechung maßgeblich für die Zuordnung mehrerer Gewerbezweige zu einer Gefahrtarifstelle entwickelt hat, für sachgerecht.

Auch die höhere Beitragsbelastung der Klägerin spricht nicht für die Rechtswidrigkeit des Veranlagungsbescheides. Diese bewegt sich indessen konkret für die streitigen Beitragsjahre bei Jahresbeiträgen der Klägerin für 2006 in Höhe von 1.726,40 EUR, für 2007 in Höhe von 2.422,88 EUR und für 2008 in Höhe von 2.665,17 EUR nur in einer jährlichen Mehrbelastung im dreistelligen Euro-Bereich. Sie erreicht damit kein Ausmaß, das als unvertretbare, die Klägerin in schwerwiegender oder gar existenzbedrohender Weise treffende und von ihr nicht hinzunehmende Härte zu werten wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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