Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
20
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 130 AS 14169/15 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 20 AS 2161/15 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 26. August 2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe:
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Antragsteller müssen glaubhaft machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO), dass ihnen ein Anspruch auf die geltend gemachte Leistung zusteht (Anordnungsanspruch) und dass das Abwarten einer gerichtlichen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren für sie mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (Anordnungsgrund).
Soweit der Antragsteller mit dem beim Sozialgericht gestellten Antrag und mit der Beschwerde die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - "auf Dauer" begehrt, besteht weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund. Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II werden nicht als Dauerleistung gewährt. Vielmehr sollen die Leistungen jeweils nur für sechs Monate gewährt werden (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II), nur in Ausnahmefällen lässt das Gesetz eine Gewährung auf Zeit bis zu zwölf Monaten zu (§ 41 Abs. 1 Satz 5 SGB II). Eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG kommt dann in Betracht, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich ist, weil andernfalls die durch Zeitablauf bis zur Entscheidung in der Hauptsache eintretenden Nachteile nicht abgewendet werden können. Es handelt sich daher bei einer einstweiligen Anordnung um eine jedenfalls bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu befristende Regelung, die jedenfalls eine monatlich zu gewährende Leistung auf Dauer nicht beinhalten kann.
Der Antragsteller hat aber auch im Übrigen einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Er hat nämlich derzeit keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II.
Der Antragsteller unterfällt als polnischer Staatsbürger dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II.
Danach sind Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und deren Familienangehörige vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgenommen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Ein Aufenthaltsrecht ergibt sich vorliegend nicht aus § 2 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften vom 2. Dezember 2014 (BGBl. I, S. 1922). Gemäß § 2 Abs. 1 FreizügG/EU haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU u. a. Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer, oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen (Nr. 1) oder Unionsbürger, die sich zur Arbeitssuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden (Nr. 1a) oder wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige) (Nr. 2).
Die Voraussetzungen der Nummern 1) und 2) erfüllt der Antragsteller nicht; er ist weder als Arbeitnehmer im Inland tätig, noch wird von ihm die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit geltend gemacht. Nach eigenen Angaben hat der Antragsteller eine Tätigkeit als Arbeitnehmer spätestens Ende November 2014 aufgegeben (eigene Angabe des Antragstellers am 23.03.2015 [Blatt 6 der Verwaltungsakten], dagegen fristlose Kündigung zum 31.10.2014 gemäß Kündigungsschreiben vom 24.10.2014 [Blatt 36 der Verwaltungsakten]). Die Aufnahme einer Tätigkeit ist nicht dargelegt worden.
Der Antragsteller könnte allenfalls ein Aufenthaltsrecht aus der Arbeitssuche herleiten (Nr. 1a), wobei er schon nicht dargelegt hat, dass er weiterhin Arbeit sucht und begründete Aussicht hat, eingestellt zu werden, so dass er auch nicht (mehr) freizügigkeitsberechtigt ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU). Der Vortrag, dass von einer begründeten Aussicht auf eine erfolgreiche Arbeitssuche auszugehen sei, weil aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht eingeleitet worden seien und deshalb davon auszugehen sei, dass die Ausländerbehörde diese Ansicht teile, ersetzt nicht erforderliche Darlegungen zu einer tatsächlichen Arbeitssuche mit einer begründeten Einstellungsaussicht.
Damit erfüllt der Antragsteller den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Soweit geltend gemacht wird, der Ausschlusstatbestand sei deshalb nicht anwendbar, weil er, der Antragsteller, nicht arbeitssuchend sei (Begründung der Beschwerde), so konnte das hier schon deshalb dahinstehen, weil der Antragsteller im Verfahren eine Arbeitssuche für sich in Anspruch genommen hat (Ausführungen mit Schriftsatz vom 31. Juli 2015, Angaben des Antragstellers beim Antragsgegner mit Erklärung vom 24.02.2015, Blatt 53 der Verwaltungsakten). Im Übrigen erfasst der Leistungsausschluss auch solche Personen, bei denen weder ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche besteht noch ein anderes Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhaltenRL 2004/38 - begründet ist, denn ein rein formales Aufenthaltsrecht soll nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II offensichtlich nicht zu einem Leistungsanspruch führen, andernfalls wäre eine ausdifferenzierte Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II obsolet (wie hier: LSG Baden-Württemberg v. 29.06.2015 - L 1 AS 2338/15 ER-B, L 1 AS 2358/15 B - juris; LSG Berlin-Brandenburg v. 29.01.2015 - L 29 AS 3339/14 B Er - juris; a.A. LSG Hessen v. 07.04.2015 - L 6 AS 62/15 B ER - juris; LSG Nordrhein-Westfalen v. 10.10.2013 - L 19 AS 129/13 - juris).
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist als geltendes Recht auch anzuwenden (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz - GG). Die Europarechtskonformität der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist inzwischen mit Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - vom 15. September 2015 in der Rechtssache C-67/14 (Alimanovic) geklärt. Der Gesetzgeber hat mit § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von der ihm europarechtlich eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, Personen aus den Mitgliedstaaten der EU, denen im Inland allein ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Abs. 3 Buchst. c der RL 2004/38 zusteht oder zustehen kann, von jeglichen Sozialhilfeleistungen, zu denen auch die Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II gehören (EuGH v. 11.11.2014 - C-333/13 [Dano]), Rn. 46; vgl. zum Charakter des SGB II als Fürsorgegesetz: BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 23/10 R - juris; zu den Leistungen nach dem SGB II als Teil des "allgemeinen Fürsorgerechts" vgl. BVerfG v. 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1BvL 2/11 - juris, Rn.112) auszuschließen (EuGH v. 15.9.2015 - C-67/14 [Alimanovic], Rn. 58). Da bereits das in Art. 7 RL 2004/38 geregelte System für die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft verschiedene persönliche Umstände der eine Sozialhilfeleistung begehrenden Person berücksichtigt, ist eine individuelle Prüfung dahin, ob eine von der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II betroffene Person - wie hier der Antragsteller - im Rahmen seines Aufenthalts im Inland eine unangemessene Belastung des Sozialhilfesystem bewirkt, nicht erforderlich (EuGH, a.a.O., Rn. 60).
Dabei können nationale Regelungen vorsehen, dass die Gewährung von Sozialleistungen an Unionsbürger, die wirtschaftlich nicht aktiv sind, von dem Erfordernis eines rechtmäßigen Aufenthalts abhängig gemacht werden (EuGH, Urteil vom 19.09.2013 - C-140/12 [Brey] -, Rn.44). Nach Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG ist der Aufnahmemitgliedstaat daher nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe b einen Anspruch auf Sozialhilfe oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Studienbeihilfen, einschließlich Beihilfen zur Berufsausbildung, in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens zu gewähren. Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b der Richtlinie bestimmt, dass auf keinen Fall eine Ausweisung verfügt werden darf, wenn die Unionsbürger in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eingereist sind, um Arbeit zu suchen. In diesem Fall dürfen die Unionsbürger und ihre Familienangehörigen nicht ausgewiesen werden, solange die Unionsbürger nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und dass sie eine begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II beruht auf diesen europarechtlichen Bestimmungen (vgl. BT-Drs. 16/688, S. 13).
Der Antragsteller erfüllt nicht die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 - sog. Unionsbürgerrichtlinie -, da er gerade nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt, um Sozialleistungen nicht in Anspruch nehmen zu müssen. Da er auch - wie dargestellt - nicht Arbeitnehmer oder Selbständiger ist (Art. 7 Abs. 1 Buchst. a RL 2004/38), kann er sich nicht auf das Diskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 1 RL 2004/38 berufen, denn der bundesdeutsche Gesetzgeber kann für den Personenkreis, dem der Antragsteller damit zugehörig ist (kein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b Richtlinie 2004/38 und nicht als Arbeitnehmer oder Selbständiger im Sinne der Richtlinie 2004/38 im Inland) Fürsorgeleistungen nach dem SGB II in § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II ausschließen (EuGH v. 11.11.2014 - C-333/13 (Dano), Rn. 78, 81; EuGH v. 15.09.2015 - C-67/14 (Alimanovic) -, Rn. 57 ff.).
Eine Europarechtswidrigkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ergibt sich auch nicht aus einem Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit - VO 883/2004 -. Die VO 883/2004 sichert den Unionsbürgern, die von der Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch machen, die Beibehaltung eines Anspruchs auf bestimmte Sozialleistungen, die im Herkunftsland gewährt wurden, und trifft daher Regelungen zur Exportierbarkeit von Leistungen (EUGH, Urteil vom 19.09.2013 - C-140/12 (Brey) -, Rn.52, 57). Art. 4 der VO 883/2004 bestimmt dabei auch, dass Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats haben wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit mit der VO nichts anderes bestimmt ist. Der persönliche Geltungsbereich der Verordnung erstreckt sich gemäß Art. 2 Abs. 1 u. a. auf Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, der sachliche Geltungsbereich gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. h) auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit. Während Art. 3 Abs. 1 VO 883/2004 die Anwendbarkeit der VO auf die Systeme der sozialen Sicherheit regelt und damit diese einer Exportpflicht unterwirft, regelt Art. 3 Abs. 5 Lit. a) VO 883/2004 den Ausschluss der Fürsorgeleistungen vom Anwendungsbereich der VO und damit von der Exportpflicht. In Reaktion auf Ausgestaltungen von Sozialleistungssystemen in den Mitgliedsstaaten, die die Kategorisierung von Leistungen in solche der sozialen Sicherung einerseits und Leistungen der Fürsorge andererseits erschwerten, und aufgrund der Rechtsprechung des EuGH wurde bereits mit Art. 10a Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 eine Regelung geschaffen, die für etwaige "Mischleistungen", nämlich für besondere beitragsunabhängige Leistungen, eine Ausnahme von der generellen Exportpflicht (Art. 10 Abs. 1 VO 1408/71) vorsah. Für diese Leistungen, sofern sie denn als beitragsunabhängige Sonderleistungen von den Koordinierungsregelungen der VO erfasst waren, sollte der Leistungstransfer in das europäische Ausland ausgeschlossen werden. Eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises war damit nicht verbunden; bereits Art. 10a Abs. 1 Satz 2 VO 1408/71 bestimmte, dass die Leistungen ausschließlich im Wohnmitgliedsstaat und ausschließlich nach dessen Rechtsvorschriften erbracht werden.
Auch nach Art. 3 Abs. 3 VO 883/2004 gilt nunmehr die (Nachfolge-)Verordnung ausdrücklich auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen gemäß Art. 70. Als solche Leistungen sind gemäß Art. 70 Abs. 2 lit. c) i. V. m. Anhang X für Deutschland auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Grundsicherung für Arbeitsuchende, soweit für diese Leistungen nicht dem Grunde nach die Voraussetzungen für den befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld (§ 24 Abs. 1 SGB II) erfüllt sind, aufgeführt.
Werden die Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II als "beitragsunabhängige Geldleistungen" im Sinne des Art. 70 Abs. 2 VO 883/2004 verstanden (so EuGH v. 11.11.2014, a.a.O., Rn. 83, 47 unter Bezugnahme auf die Qualifizierung durch das vorlegende Gericht), führt dies nicht zu der Annahme eines grundsätzlichen Anspruchs aller Unionsbürger auf scheinbar alle Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Art. 4 VO 883/2004 bestimmt den Gleichbehandlungsgrundsatz "sofern in der VO selbst nichts anderes bestimmt ist". Art 4 VO 883/2004 steht einer nationalen Regelung zum Ausschluss vom Bezug "besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen" nicht entgegen (EuGH v. 11.11.2014 - C-333/13 (Dano), Rn. 84). Art. 70 Abs. 4 VO 883/2004 regelt, dass die besonderen beitragsunabhängigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnortlandes geleistet werden (EuGH v. 11.11.2014 - C-333/13 [Dano], Rn. 83). Hier können also Zugangsregelungen geschaffen werden. So kann auch der Zugang zu diesen beitragsunabhängigen Leistungen für nicht erwerbstätige Unionsbürger - wie der Antragsteller - von einem Recht zum Aufenthalt nach der RL 2004/38 abhängig gemacht werden (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 83).
Ein danach nach den unionsrechtlichen Regelungen nicht vorgesehener unbeschränkter Zugang zu Fürsorgeleistungen in einem Mitgliedstaat für zugezogene Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats widerspricht auch nicht der Charta der Grundrecht der Europäischen Union (2010/C 83/02, Abl.EU 30.03.10, S. 31 ff.) - GR-ChartaEU -. Art. 34 Abs. 2 GR-ChartaEU garantiert insoweit lediglich einen Anspruch auf Leistungen der sozialen Sichert und der sozialen Vergünstigungen nach den Regeln des Unionsrechts und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten und nimmt damit Bezug auf die Europäische Sozialcharta und z.B. die Regeln der VO 1408/71 (nachfolgend VO 883/2004). Hieraus ergeben sich daher vorliegend keine weiteren Anforderungen. Da Polen sich mit der Unterzeichnung der Europäischen Sozialcharta (25.10.2005) auch verpflichtet hat, eine wirksame Ausübung des Rechts auf Fürsorge zu gewährleisten (Art. 13 Sozialcharta) und ein System der Fürsorgeleistungen in Polen eingerichtet hat (vgl.: http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1124&langId=de&intPageId=2791), kann dahinstehen, ob aus Art. 34 Abs. 2 GR-ChartaEU weitergehende Gewährleistungs-verpflichtungen folgen, wenn ein Mitgliedstaat seinen Staatsbürgern keinen Anspruch auf existenzsichernde Fürsorgeleistungen im Land zusichert.
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist hier auch nicht wegen des Gleichbehandlungsgebots des Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) unanwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 4 AS 14/10 R). Der Antragsteller ist nicht vom Schutzbereich des EFA erfasst, weil Polen dieses Abkommens bislang nicht ratifiziert hat.
Ein Anordnungsanspruch folgt auch nicht aus § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II. Unabhängig davon, ob in Fällen, in denen die Behörde von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht und eine endgültige (ablehnende) Entscheidung getroffen hat und eine Reduktion des Ermessens auf Null nicht gegeben ist, überhaupt noch Raum für einen Anspruch auf vorläufige Leistungsgewährung wäre (vgl. Beschluss des Senats vom 10.12.2014 - L 20 AS 2697/14 B ER, L 20 AS 2699/14 B ER PKH); LSG NRW, Urteil vom 31. Oktober 2012 - L 12 AS 691/11 -, juris; vgl. zum Ausschluss der Anwendung einer Vorschussregelung nach endgültiger Bescheidung auch: BayVGH vom 26.6.2002 - 12 CE 02.376; a.A. LSG Berlin-Brandenburg v. 15.08.2014 - L 10 AS 1593/14 B ER, a.a.O.; v. 27.05.2014 - L 34 AS 1150/14 B ER - juris - Rn. 11), hat der EuGH in dem Verfahren C-67/14 (Alimanovic) mit Urteil vom 15.09.2015 entschieden. Einer Beiladung des Trägers der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII - bedurfte es nicht, da ein Anspruch gegen diesen nicht in Betracht kam. Der Antragsteller ist von den Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII, die hier allein geltend gemacht werden, ausgeschlossen.
Nach § 21 Satz 1 SGB XII sind Personen, die als Erwerbsfähige dem Grunde nach Leistungsberechtigte nach dem SGB II sind, von der Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ausgeschlossen. Grundsätzlich richten sich die Leistungsansprüche von Erwerbsfähigen und ihren Angehörigen nach dem SGB II, ein subsidiäres Eingreifen von Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ist nicht gesetzlich vorgesehen. Die Abgrenzung der Systeme der Grundsicherung nach dem SGB II und dem SGB XII geschieht durch den Begriff der Erwerbsfähigkeit (Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage, § 21, Rn. 8; Eicher in: jurisPK-SGB XII, § 21, Rn. 12, 15), wie dies auch im Wortlaut des § 21 Satz 1 SGB XII zum Ausdruck kommt. Diese Vorschrift ist, soweit Leistungen nach dem SGB XII in Erwägung gezogen werden, "als vor die Klammer gezogene Ausschlussnorm" vorab zu prüfen (Eicher, a.a.O., Rn. 8). Dies gilt auch für erwerbsfähige Ausländer, die dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB XII sind (Eicher, a.a.O.). Die Regelung des § 21 SGB XII stellt eine Norm zur Abgrenzung der Hilfesysteme nach dem SGB II und dem SGB XII anhand der Erwerbsfähigkeit dar. Dies gilt auch, soweit ein tatsächlicher Leistungsanspruch bei vorhandener Erwerbsfähigkeit nach dem SGB II nicht ausgelöst wird, da es für die Abgrenzung nur auf einen Anspruch dem Grunde nach ankommt. Durch die Abgrenzung der Leistungssysteme in § 21 SGB XII nach der Erwerbsfähigkeit und die Ausschlusswirkung bei einem Anspruch nach dem System des SGB II dem Grunde nach bei Erwerbsfähigkeit scheidet ein Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII auch für solche Personen aus, die erwerbsfähig sind, deren Anspruch jedoch aus anderen rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist. Soweit § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Ansprüche nach dem SGB XII für Ausländer, die sich im Inland aufhalten, normiert, ist diese Regelung nach ihrer systematischen Stellung nach § 21 SGB XII und unter Berücksichtigung dessen, dass die gleichrangigen Sicherungssysteme der Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII hinsichtlich des dem Grunde nach anspruchsberechtigten Personenkreises nach der Erwerbsfähigkeit abzugrenzen und die Normen in diesem Sinne harmonisierend auszulegen sind (Eicher, a.a.O., Rn. 9f.), dahin auszulegen, dass die Regelung in § 23 SGB XII jedenfalls nicht erwerbsfähigen Ausländern und ihren Angehörigen einen - dem Grunde nach im SGB II geregelten - Anspruch unter anderen Voraussetzungen zusätzlich oder ersatzweise zuerkennt (a.A. offenbar: Eicher, a.a.O., Rn. 26 ff.; Coseriu in: jurisPK-SGB XII, § 23, Rn. 36.3). Wie auch der Anwendungsbereich des § 22 SGB XII als Sonderregelung für Auszubildende im SGB XII deshalb begrenzt ist, weil Auszubildende regelmäßig erwerbsfähig sind und damit die Anspruchsberechtigung sich allein aus dem SGB II ergeben kann (Grube, a.a.O., Rn. 1), gilt auch ein eingeschränkter Anwendungsbereich für § 23 SGB XII, da sich auch für diesen Personenkreis die Leistungsberechtigung nach dem Leistungssystem des SGB II bestimmt. Auch in diesem Leistungssystem wird für EU-Bürger das europarechtliche Gleichbehandlungsgebot - unter Berücksichtigung des nunmehr erklärten Vorbehalts - berücksichtigt.
Der Senat verkennt nicht, dass der Antragsteller, der sich im Bundesgebiet aufhält, keinen Zugang zu existenzsichernden Fürsorgeleistungen nach dem SGB II und dem SGB XII hat, sofern er sich allein zur Arbeitssuche oder ohne Aufenthaltsrecht nach Art. 7 RL 2004/38 aufhält. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) RL 2004/38 verlangt der rechtmäßige Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat jedoch, soweit wie hier keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, dass der Betroffene über ausreichende Existenzmittel verfügt, um gerade nicht während seines Aufenthalts Sozialhilfeleistungen in Anspruch zu nehmen. Eine weitere Gewährleistung verlangt auch nicht die GR-ChartaEU.
Dieses Ergebnis begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere kann der Antragsteller einen Leistungsanspruch nicht aus dem Grundrecht auf Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach Art. 1, 20 Grundgesetz - GG - herleiten. Dieses Grundrecht verpflichtet alle staatliche Gewalt, bei Menschen, denen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen Mittel fehlen, weil diese weder aus einer Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter zu erlangen sind, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen dafür zur Verfügung stehen. Dieses Grundrecht steht ausländischen und deutschen Staatsangehörigen gleichermaßen zu (BVerfG v. 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - juris, Rn. 63). Die Gewährleistung einen menschenwürdigen Existenzminimums muss durch einen gesetzlichen Anspruch gesichert sein, wobei dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum eingeräumt ist (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 62). Dies schließt es jedenfalls nicht aus, die Leistungen nur insoweit vorzuhalten, wie es erforderlich ist, um einen Betroffenen in die Lage zu versetzen, dass er existenzsichernde Leistungen seines Herkunftslandes in Anspruch nehmen kann. Ist ein Unionsbürger - wie der Antragsteller - in der Lage, ohne weiteres in sein Herkunftsland zu reisen, um dort existenzsichernde Leistungen in Anspruch zu nehmen, ist der Staat im Rahmen seiner Gewährleistungsverpflichtung allenfalls gehalten, Reise- und Verpflegungskosten zur Existenzsicherung (vgl. zur Einschränkung des Anspruchs auf Sozialhilfe für Ausländer, die eine räumlich nicht beschränkte Aufenthaltsbefugnis besitzen, wenn sie sich außerhalb des Landes aufhalten, in dem die Aufenthaltsbefugnis erteilt worden ist: BVerfG v. 09.02.2001, 1 BvR 781/98, juris zu § 120 Abs. 5 BSHG:), vorzuhalten (wie hier i.E.: LSG Baden-Württemberg v. 29.06.2015 - L 1 AS 2338/15 ER-B, L 1 AS 2358/15 B - a.a.O., Rn. 39; a.A. SG Mainz v. 02.09.2015 - S 3 AS 599/15 ER - Urteilsabdruck S. 17, nicht veröffentlicht). Soweit angenommen wird, dass der vollständige Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II "ohne anderweitige Kompensationsmöglichkeit eine Sicherung des Existenzminimums dem Grunde nach" ausschließe (SG Mainz, a.a.O.), wird verkannt, dass bei einem Unionsbürger, der sich ohne Aufenthaltsrecht im Sinne des Art. 7 RL 2004/38 im Inland aufhält und der nicht aus anerkennenswerten, schwerwiegenden Gründen an der Rückreise gehindert ist, gerade eine "Kompensationsmöglichkeit" durch Inanspruchnahme existenzsichernder Leistungen im Herkunftsland besteht. Vorliegend besteht dabei in Polen ein System der Fürsorgeleistungen, welches einen Anspruch für Personen vermittelt, deren Nettoeinkommen 542 PLN monatlich nicht erreicht. Diese Personen erhalten Sozialhilfe in Form von Geld- und Sachleistungen (vgl.: http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1124&langId=de&intPageId=2791).
Anders als der Personenkreis, für den das Asylbewerberleistungsgesetz – AsylbLG - einen Anspruch auf existenzsichernde Leistungen vermittelt, sind Personen aus Mitgliedstaaten der EU in der Regel in der Lage, kurzfristig in ihren Herkunftsstaat zu reisen. Daher kann die Gewährleistungsverpflichtung aus Art. 1, 20 GG für den Personenkreis der Anspruchsberechtigten nach dem AsylbLG, die gerade nicht in jedem Fall kurzfristig in ein anderes Land ausreisen können, um dort ihre Existenz zu sichern, auch höhere und länger andauernde Leistungen zur Existenzsicherung umfassen, als für ausländische Staatsbürger, die ihrer Notlage kurzfristig selbst begegnen können. Bei diesem Personenkreis kann sich die Gewährleistungs-verpflichtung darin erschöpfen, sie bei den Bemühungen der Selbsthilfe durch reine Nothilfemaßnahmen zu unterstützen. Über solche Leistungen (Reise- und Verpflegungskosten) war hier nicht zu entscheiden, da der Antragsteller diese nicht geltend gemacht hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Die Ablehnung der Prozesskostenhilfe beruht auf § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 114 ZPO; der Rechtsverfolgung hatte im Beschwerdeverfahren keine Aussicht auf Erfolg.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Gründe:
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Antragsteller müssen glaubhaft machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO), dass ihnen ein Anspruch auf die geltend gemachte Leistung zusteht (Anordnungsanspruch) und dass das Abwarten einer gerichtlichen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren für sie mit unzumutbaren Nachteilen verbunden wäre (Anordnungsgrund).
Soweit der Antragsteller mit dem beim Sozialgericht gestellten Antrag und mit der Beschwerde die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - SGB II - "auf Dauer" begehrt, besteht weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund. Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II werden nicht als Dauerleistung gewährt. Vielmehr sollen die Leistungen jeweils nur für sechs Monate gewährt werden (§ 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II), nur in Ausnahmefällen lässt das Gesetz eine Gewährung auf Zeit bis zu zwölf Monaten zu (§ 41 Abs. 1 Satz 5 SGB II). Eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 SGG kommt dann in Betracht, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich ist, weil andernfalls die durch Zeitablauf bis zur Entscheidung in der Hauptsache eintretenden Nachteile nicht abgewendet werden können. Es handelt sich daher bei einer einstweiligen Anordnung um eine jedenfalls bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu befristende Regelung, die jedenfalls eine monatlich zu gewährende Leistung auf Dauer nicht beinhalten kann.
Der Antragsteller hat aber auch im Übrigen einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Er hat nämlich derzeit keinen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II.
Der Antragsteller unterfällt als polnischer Staatsbürger dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II.
Danach sind Ausländerinnen und Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, und deren Familienangehörige vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgenommen. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Ein Aufenthaltsrecht ergibt sich vorliegend nicht aus § 2 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (FreizügG/EU) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Freizügigkeitsgesetzes/EU und weiterer Vorschriften vom 2. Dezember 2014 (BGBl. I, S. 1922). Gemäß § 2 Abs. 1 FreizügG/EU haben freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und ihre Familienangehörigen das Recht auf Einreise und Aufenthalt nach Maßgabe dieses Gesetzes. Gemeinschaftsrechtlich freizügigkeitsberechtigt sind nach § 2 Abs. 2 FreizügG/EU u. a. Unionsbürger, die sich als Arbeitnehmer, oder zur Berufsausbildung aufhalten wollen (Nr. 1) oder Unionsbürger, die sich zur Arbeitssuche aufhalten, für bis zu sechs Monate und darüber hinaus nur, solange sie nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden (Nr. 1a) oder wenn sie zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sind (niedergelassene selbständige Erwerbstätige) (Nr. 2).
Die Voraussetzungen der Nummern 1) und 2) erfüllt der Antragsteller nicht; er ist weder als Arbeitnehmer im Inland tätig, noch wird von ihm die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit geltend gemacht. Nach eigenen Angaben hat der Antragsteller eine Tätigkeit als Arbeitnehmer spätestens Ende November 2014 aufgegeben (eigene Angabe des Antragstellers am 23.03.2015 [Blatt 6 der Verwaltungsakten], dagegen fristlose Kündigung zum 31.10.2014 gemäß Kündigungsschreiben vom 24.10.2014 [Blatt 36 der Verwaltungsakten]). Die Aufnahme einer Tätigkeit ist nicht dargelegt worden.
Der Antragsteller könnte allenfalls ein Aufenthaltsrecht aus der Arbeitssuche herleiten (Nr. 1a), wobei er schon nicht dargelegt hat, dass er weiterhin Arbeit sucht und begründete Aussicht hat, eingestellt zu werden, so dass er auch nicht (mehr) freizügigkeitsberechtigt ist (§ 2 Abs. 2 Nr. 1a FreizügG/EU). Der Vortrag, dass von einer begründeten Aussicht auf eine erfolgreiche Arbeitssuche auszugehen sei, weil aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht eingeleitet worden seien und deshalb davon auszugehen sei, dass die Ausländerbehörde diese Ansicht teile, ersetzt nicht erforderliche Darlegungen zu einer tatsächlichen Arbeitssuche mit einer begründeten Einstellungsaussicht.
Damit erfüllt der Antragsteller den Tatbestand des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Soweit geltend gemacht wird, der Ausschlusstatbestand sei deshalb nicht anwendbar, weil er, der Antragsteller, nicht arbeitssuchend sei (Begründung der Beschwerde), so konnte das hier schon deshalb dahinstehen, weil der Antragsteller im Verfahren eine Arbeitssuche für sich in Anspruch genommen hat (Ausführungen mit Schriftsatz vom 31. Juli 2015, Angaben des Antragstellers beim Antragsgegner mit Erklärung vom 24.02.2015, Blatt 53 der Verwaltungsakten). Im Übrigen erfasst der Leistungsausschluss auch solche Personen, bei denen weder ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche besteht noch ein anderes Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhaltenRL 2004/38 - begründet ist, denn ein rein formales Aufenthaltsrecht soll nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II offensichtlich nicht zu einem Leistungsanspruch führen, andernfalls wäre eine ausdifferenzierte Regelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II obsolet (wie hier: LSG Baden-Württemberg v. 29.06.2015 - L 1 AS 2338/15 ER-B, L 1 AS 2358/15 B - juris; LSG Berlin-Brandenburg v. 29.01.2015 - L 29 AS 3339/14 B Er - juris; a.A. LSG Hessen v. 07.04.2015 - L 6 AS 62/15 B ER - juris; LSG Nordrhein-Westfalen v. 10.10.2013 - L 19 AS 129/13 - juris).
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist als geltendes Recht auch anzuwenden (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz - GG). Die Europarechtskonformität der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist inzwischen mit Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union - EuGH - vom 15. September 2015 in der Rechtssache C-67/14 (Alimanovic) geklärt. Der Gesetzgeber hat mit § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II von der ihm europarechtlich eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, Personen aus den Mitgliedstaaten der EU, denen im Inland allein ein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Abs. 3 Buchst. c der RL 2004/38 zusteht oder zustehen kann, von jeglichen Sozialhilfeleistungen, zu denen auch die Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II gehören (EuGH v. 11.11.2014 - C-333/13 [Dano]), Rn. 46; vgl. zum Charakter des SGB II als Fürsorgegesetz: BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 23/10 R - juris; zu den Leistungen nach dem SGB II als Teil des "allgemeinen Fürsorgerechts" vgl. BVerfG v. 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1BvL 2/11 - juris, Rn.112) auszuschließen (EuGH v. 15.9.2015 - C-67/14 [Alimanovic], Rn. 58). Da bereits das in Art. 7 RL 2004/38 geregelte System für die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft verschiedene persönliche Umstände der eine Sozialhilfeleistung begehrenden Person berücksichtigt, ist eine individuelle Prüfung dahin, ob eine von der Regelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II betroffene Person - wie hier der Antragsteller - im Rahmen seines Aufenthalts im Inland eine unangemessene Belastung des Sozialhilfesystem bewirkt, nicht erforderlich (EuGH, a.a.O., Rn. 60).
Dabei können nationale Regelungen vorsehen, dass die Gewährung von Sozialleistungen an Unionsbürger, die wirtschaftlich nicht aktiv sind, von dem Erfordernis eines rechtmäßigen Aufenthalts abhängig gemacht werden (EuGH, Urteil vom 19.09.2013 - C-140/12 [Brey] -, Rn.44). Nach Art. 24 Abs. 2 RL 2004/38/EG ist der Aufnahmemitgliedstaat daher nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Artikel 14 Absatz 4 Buchstabe b einen Anspruch auf Sozialhilfe oder vor Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt Studienbeihilfen, einschließlich Beihilfen zur Berufsausbildung, in Form eines Stipendiums oder Studiendarlehens zu gewähren. Art. 14 Abs. 4 Buchstabe b der Richtlinie bestimmt, dass auf keinen Fall eine Ausweisung verfügt werden darf, wenn die Unionsbürger in das Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats eingereist sind, um Arbeit zu suchen. In diesem Fall dürfen die Unionsbürger und ihre Familienangehörigen nicht ausgewiesen werden, solange die Unionsbürger nachweisen können, dass sie weiterhin Arbeit suchen und dass sie eine begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II beruht auf diesen europarechtlichen Bestimmungen (vgl. BT-Drs. 16/688, S. 13).
Der Antragsteller erfüllt nicht die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 - sog. Unionsbürgerrichtlinie -, da er gerade nicht über ausreichende Existenzmittel verfügt, um Sozialleistungen nicht in Anspruch nehmen zu müssen. Da er auch - wie dargestellt - nicht Arbeitnehmer oder Selbständiger ist (Art. 7 Abs. 1 Buchst. a RL 2004/38), kann er sich nicht auf das Diskriminierungsverbot des Art. 24 Abs. 1 RL 2004/38 berufen, denn der bundesdeutsche Gesetzgeber kann für den Personenkreis, dem der Antragsteller damit zugehörig ist (kein Aufenthaltsrecht nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b Richtlinie 2004/38 und nicht als Arbeitnehmer oder Selbständiger im Sinne der Richtlinie 2004/38 im Inland) Fürsorgeleistungen nach dem SGB II in § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II ausschließen (EuGH v. 11.11.2014 - C-333/13 (Dano), Rn. 78, 81; EuGH v. 15.09.2015 - C-67/14 (Alimanovic) -, Rn. 57 ff.).
Eine Europarechtswidrigkeit des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ergibt sich auch nicht aus einem Verstoß gegen die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit - VO 883/2004 -. Die VO 883/2004 sichert den Unionsbürgern, die von der Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch machen, die Beibehaltung eines Anspruchs auf bestimmte Sozialleistungen, die im Herkunftsland gewährt wurden, und trifft daher Regelungen zur Exportierbarkeit von Leistungen (EUGH, Urteil vom 19.09.2013 - C-140/12 (Brey) -, Rn.52, 57). Art. 4 der VO 883/2004 bestimmt dabei auch, dass Personen, für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats haben wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit mit der VO nichts anderes bestimmt ist. Der persönliche Geltungsbereich der Verordnung erstreckt sich gemäß Art. 2 Abs. 1 u. a. auf Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, der sachliche Geltungsbereich gemäß Art. 3 Abs. 1 lit. h) auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit. Während Art. 3 Abs. 1 VO 883/2004 die Anwendbarkeit der VO auf die Systeme der sozialen Sicherheit regelt und damit diese einer Exportpflicht unterwirft, regelt Art. 3 Abs. 5 Lit. a) VO 883/2004 den Ausschluss der Fürsorgeleistungen vom Anwendungsbereich der VO und damit von der Exportpflicht. In Reaktion auf Ausgestaltungen von Sozialleistungssystemen in den Mitgliedsstaaten, die die Kategorisierung von Leistungen in solche der sozialen Sicherung einerseits und Leistungen der Fürsorge andererseits erschwerten, und aufgrund der Rechtsprechung des EuGH wurde bereits mit Art. 10a Abs. 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 eine Regelung geschaffen, die für etwaige "Mischleistungen", nämlich für besondere beitragsunabhängige Leistungen, eine Ausnahme von der generellen Exportpflicht (Art. 10 Abs. 1 VO 1408/71) vorsah. Für diese Leistungen, sofern sie denn als beitragsunabhängige Sonderleistungen von den Koordinierungsregelungen der VO erfasst waren, sollte der Leistungstransfer in das europäische Ausland ausgeschlossen werden. Eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises war damit nicht verbunden; bereits Art. 10a Abs. 1 Satz 2 VO 1408/71 bestimmte, dass die Leistungen ausschließlich im Wohnmitgliedsstaat und ausschließlich nach dessen Rechtsvorschriften erbracht werden.
Auch nach Art. 3 Abs. 3 VO 883/2004 gilt nunmehr die (Nachfolge-)Verordnung ausdrücklich auch für die besonderen beitragsunabhängigen Geldleistungen gemäß Art. 70. Als solche Leistungen sind gemäß Art. 70 Abs. 2 lit. c) i. V. m. Anhang X für Deutschland auch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Grundsicherung für Arbeitsuchende, soweit für diese Leistungen nicht dem Grunde nach die Voraussetzungen für den befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld (§ 24 Abs. 1 SGB II) erfüllt sind, aufgeführt.
Werden die Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II als "beitragsunabhängige Geldleistungen" im Sinne des Art. 70 Abs. 2 VO 883/2004 verstanden (so EuGH v. 11.11.2014, a.a.O., Rn. 83, 47 unter Bezugnahme auf die Qualifizierung durch das vorlegende Gericht), führt dies nicht zu der Annahme eines grundsätzlichen Anspruchs aller Unionsbürger auf scheinbar alle Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Art. 4 VO 883/2004 bestimmt den Gleichbehandlungsgrundsatz "sofern in der VO selbst nichts anderes bestimmt ist". Art 4 VO 883/2004 steht einer nationalen Regelung zum Ausschluss vom Bezug "besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen" nicht entgegen (EuGH v. 11.11.2014 - C-333/13 (Dano), Rn. 84). Art. 70 Abs. 4 VO 883/2004 regelt, dass die besonderen beitragsunabhängigen Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnortlandes geleistet werden (EuGH v. 11.11.2014 - C-333/13 [Dano], Rn. 83). Hier können also Zugangsregelungen geschaffen werden. So kann auch der Zugang zu diesen beitragsunabhängigen Leistungen für nicht erwerbstätige Unionsbürger - wie der Antragsteller - von einem Recht zum Aufenthalt nach der RL 2004/38 abhängig gemacht werden (vgl. EuGH, a.a.O., Rn. 83).
Ein danach nach den unionsrechtlichen Regelungen nicht vorgesehener unbeschränkter Zugang zu Fürsorgeleistungen in einem Mitgliedstaat für zugezogene Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats widerspricht auch nicht der Charta der Grundrecht der Europäischen Union (2010/C 83/02, Abl.EU 30.03.10, S. 31 ff.) - GR-ChartaEU -. Art. 34 Abs. 2 GR-ChartaEU garantiert insoweit lediglich einen Anspruch auf Leistungen der sozialen Sichert und der sozialen Vergünstigungen nach den Regeln des Unionsrechts und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten und nimmt damit Bezug auf die Europäische Sozialcharta und z.B. die Regeln der VO 1408/71 (nachfolgend VO 883/2004). Hieraus ergeben sich daher vorliegend keine weiteren Anforderungen. Da Polen sich mit der Unterzeichnung der Europäischen Sozialcharta (25.10.2005) auch verpflichtet hat, eine wirksame Ausübung des Rechts auf Fürsorge zu gewährleisten (Art. 13 Sozialcharta) und ein System der Fürsorgeleistungen in Polen eingerichtet hat (vgl.: http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1124&langId=de&intPageId=2791), kann dahinstehen, ob aus Art. 34 Abs. 2 GR-ChartaEU weitergehende Gewährleistungs-verpflichtungen folgen, wenn ein Mitgliedstaat seinen Staatsbürgern keinen Anspruch auf existenzsichernde Fürsorgeleistungen im Land zusichert.
§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist hier auch nicht wegen des Gleichbehandlungsgebots des Art. 1 des Europäischen Fürsorgeabkommens (EFA) unanwendbar (vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - B 4 AS 14/10 R). Der Antragsteller ist nicht vom Schutzbereich des EFA erfasst, weil Polen dieses Abkommens bislang nicht ratifiziert hat.
Ein Anordnungsanspruch folgt auch nicht aus § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) i.V.m. § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II. Unabhängig davon, ob in Fällen, in denen die Behörde von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht und eine endgültige (ablehnende) Entscheidung getroffen hat und eine Reduktion des Ermessens auf Null nicht gegeben ist, überhaupt noch Raum für einen Anspruch auf vorläufige Leistungsgewährung wäre (vgl. Beschluss des Senats vom 10.12.2014 - L 20 AS 2697/14 B ER, L 20 AS 2699/14 B ER PKH); LSG NRW, Urteil vom 31. Oktober 2012 - L 12 AS 691/11 -, juris; vgl. zum Ausschluss der Anwendung einer Vorschussregelung nach endgültiger Bescheidung auch: BayVGH vom 26.6.2002 - 12 CE 02.376; a.A. LSG Berlin-Brandenburg v. 15.08.2014 - L 10 AS 1593/14 B ER, a.a.O.; v. 27.05.2014 - L 34 AS 1150/14 B ER - juris - Rn. 11), hat der EuGH in dem Verfahren C-67/14 (Alimanovic) mit Urteil vom 15.09.2015 entschieden. Einer Beiladung des Trägers der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII - bedurfte es nicht, da ein Anspruch gegen diesen nicht in Betracht kam. Der Antragsteller ist von den Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII, die hier allein geltend gemacht werden, ausgeschlossen.
Nach § 21 Satz 1 SGB XII sind Personen, die als Erwerbsfähige dem Grunde nach Leistungsberechtigte nach dem SGB II sind, von der Gewährung von Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ausgeschlossen. Grundsätzlich richten sich die Leistungsansprüche von Erwerbsfähigen und ihren Angehörigen nach dem SGB II, ein subsidiäres Eingreifen von Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII ist nicht gesetzlich vorgesehen. Die Abgrenzung der Systeme der Grundsicherung nach dem SGB II und dem SGB XII geschieht durch den Begriff der Erwerbsfähigkeit (Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Auflage, § 21, Rn. 8; Eicher in: jurisPK-SGB XII, § 21, Rn. 12, 15), wie dies auch im Wortlaut des § 21 Satz 1 SGB XII zum Ausdruck kommt. Diese Vorschrift ist, soweit Leistungen nach dem SGB XII in Erwägung gezogen werden, "als vor die Klammer gezogene Ausschlussnorm" vorab zu prüfen (Eicher, a.a.O., Rn. 8). Dies gilt auch für erwerbsfähige Ausländer, die dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB XII sind (Eicher, a.a.O.). Die Regelung des § 21 SGB XII stellt eine Norm zur Abgrenzung der Hilfesysteme nach dem SGB II und dem SGB XII anhand der Erwerbsfähigkeit dar. Dies gilt auch, soweit ein tatsächlicher Leistungsanspruch bei vorhandener Erwerbsfähigkeit nach dem SGB II nicht ausgelöst wird, da es für die Abgrenzung nur auf einen Anspruch dem Grunde nach ankommt. Durch die Abgrenzung der Leistungssysteme in § 21 SGB XII nach der Erwerbsfähigkeit und die Ausschlusswirkung bei einem Anspruch nach dem System des SGB II dem Grunde nach bei Erwerbsfähigkeit scheidet ein Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII auch für solche Personen aus, die erwerbsfähig sind, deren Anspruch jedoch aus anderen rechtlichen Gründen ausgeschlossen ist. Soweit § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII Ansprüche nach dem SGB XII für Ausländer, die sich im Inland aufhalten, normiert, ist diese Regelung nach ihrer systematischen Stellung nach § 21 SGB XII und unter Berücksichtigung dessen, dass die gleichrangigen Sicherungssysteme der Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII hinsichtlich des dem Grunde nach anspruchsberechtigten Personenkreises nach der Erwerbsfähigkeit abzugrenzen und die Normen in diesem Sinne harmonisierend auszulegen sind (Eicher, a.a.O., Rn. 9f.), dahin auszulegen, dass die Regelung in § 23 SGB XII jedenfalls nicht erwerbsfähigen Ausländern und ihren Angehörigen einen - dem Grunde nach im SGB II geregelten - Anspruch unter anderen Voraussetzungen zusätzlich oder ersatzweise zuerkennt (a.A. offenbar: Eicher, a.a.O., Rn. 26 ff.; Coseriu in: jurisPK-SGB XII, § 23, Rn. 36.3). Wie auch der Anwendungsbereich des § 22 SGB XII als Sonderregelung für Auszubildende im SGB XII deshalb begrenzt ist, weil Auszubildende regelmäßig erwerbsfähig sind und damit die Anspruchsberechtigung sich allein aus dem SGB II ergeben kann (Grube, a.a.O., Rn. 1), gilt auch ein eingeschränkter Anwendungsbereich für § 23 SGB XII, da sich auch für diesen Personenkreis die Leistungsberechtigung nach dem Leistungssystem des SGB II bestimmt. Auch in diesem Leistungssystem wird für EU-Bürger das europarechtliche Gleichbehandlungsgebot - unter Berücksichtigung des nunmehr erklärten Vorbehalts - berücksichtigt.
Der Senat verkennt nicht, dass der Antragsteller, der sich im Bundesgebiet aufhält, keinen Zugang zu existenzsichernden Fürsorgeleistungen nach dem SGB II und dem SGB XII hat, sofern er sich allein zur Arbeitssuche oder ohne Aufenthaltsrecht nach Art. 7 RL 2004/38 aufhält. Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b) RL 2004/38 verlangt der rechtmäßige Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat jedoch, soweit wie hier keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, dass der Betroffene über ausreichende Existenzmittel verfügt, um gerade nicht während seines Aufenthalts Sozialhilfeleistungen in Anspruch zu nehmen. Eine weitere Gewährleistung verlangt auch nicht die GR-ChartaEU.
Dieses Ergebnis begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere kann der Antragsteller einen Leistungsanspruch nicht aus dem Grundrecht auf Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach Art. 1, 20 Grundgesetz - GG - herleiten. Dieses Grundrecht verpflichtet alle staatliche Gewalt, bei Menschen, denen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen Mittel fehlen, weil diese weder aus einer Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter zu erlangen sind, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen dafür zur Verfügung stehen. Dieses Grundrecht steht ausländischen und deutschen Staatsangehörigen gleichermaßen zu (BVerfG v. 18.07.2012 - 1 BvL 10/10, 1 BvL 2/11 - juris, Rn. 63). Die Gewährleistung einen menschenwürdigen Existenzminimums muss durch einen gesetzlichen Anspruch gesichert sein, wobei dem Gesetzgeber ein Gestaltungsspielraum eingeräumt ist (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 62). Dies schließt es jedenfalls nicht aus, die Leistungen nur insoweit vorzuhalten, wie es erforderlich ist, um einen Betroffenen in die Lage zu versetzen, dass er existenzsichernde Leistungen seines Herkunftslandes in Anspruch nehmen kann. Ist ein Unionsbürger - wie der Antragsteller - in der Lage, ohne weiteres in sein Herkunftsland zu reisen, um dort existenzsichernde Leistungen in Anspruch zu nehmen, ist der Staat im Rahmen seiner Gewährleistungsverpflichtung allenfalls gehalten, Reise- und Verpflegungskosten zur Existenzsicherung (vgl. zur Einschränkung des Anspruchs auf Sozialhilfe für Ausländer, die eine räumlich nicht beschränkte Aufenthaltsbefugnis besitzen, wenn sie sich außerhalb des Landes aufhalten, in dem die Aufenthaltsbefugnis erteilt worden ist: BVerfG v. 09.02.2001, 1 BvR 781/98, juris zu § 120 Abs. 5 BSHG:), vorzuhalten (wie hier i.E.: LSG Baden-Württemberg v. 29.06.2015 - L 1 AS 2338/15 ER-B, L 1 AS 2358/15 B - a.a.O., Rn. 39; a.A. SG Mainz v. 02.09.2015 - S 3 AS 599/15 ER - Urteilsabdruck S. 17, nicht veröffentlicht). Soweit angenommen wird, dass der vollständige Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II "ohne anderweitige Kompensationsmöglichkeit eine Sicherung des Existenzminimums dem Grunde nach" ausschließe (SG Mainz, a.a.O.), wird verkannt, dass bei einem Unionsbürger, der sich ohne Aufenthaltsrecht im Sinne des Art. 7 RL 2004/38 im Inland aufhält und der nicht aus anerkennenswerten, schwerwiegenden Gründen an der Rückreise gehindert ist, gerade eine "Kompensationsmöglichkeit" durch Inanspruchnahme existenzsichernder Leistungen im Herkunftsland besteht. Vorliegend besteht dabei in Polen ein System der Fürsorgeleistungen, welches einen Anspruch für Personen vermittelt, deren Nettoeinkommen 542 PLN monatlich nicht erreicht. Diese Personen erhalten Sozialhilfe in Form von Geld- und Sachleistungen (vgl.: http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1124&langId=de&intPageId=2791).
Anders als der Personenkreis, für den das Asylbewerberleistungsgesetz – AsylbLG - einen Anspruch auf existenzsichernde Leistungen vermittelt, sind Personen aus Mitgliedstaaten der EU in der Regel in der Lage, kurzfristig in ihren Herkunftsstaat zu reisen. Daher kann die Gewährleistungsverpflichtung aus Art. 1, 20 GG für den Personenkreis der Anspruchsberechtigten nach dem AsylbLG, die gerade nicht in jedem Fall kurzfristig in ein anderes Land ausreisen können, um dort ihre Existenz zu sichern, auch höhere und länger andauernde Leistungen zur Existenzsicherung umfassen, als für ausländische Staatsbürger, die ihrer Notlage kurzfristig selbst begegnen können. Bei diesem Personenkreis kann sich die Gewährleistungs-verpflichtung darin erschöpfen, sie bei den Bemühungen der Selbsthilfe durch reine Nothilfemaßnahmen zu unterstützen. Über solche Leistungen (Reise- und Verpflegungskosten) war hier nicht zu entscheiden, da der Antragsteller diese nicht geltend gemacht hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Die Ablehnung der Prozesskostenhilfe beruht auf § 73a Abs. 1 SGG in Verbindung mit § 114 ZPO; der Rechtsverfolgung hatte im Beschwerdeverfahren keine Aussicht auf Erfolg.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
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